Eroberungen

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In einigen Fällen kam» Notzucht «durch Wehrmachtssoldaten vor Gericht. Mit den bereits besprochenen Untersuchungen von Birgit Beck und David Raub Snyder sowie der Studie von Christian Thomas Huber sind in den letzten Jahren drei Arbeiten erschienen, in denen die Akten der Wehrmachtsgerichte zu» Sittlichkeitsdelikten «umfassend ausgewertet wurden.[124] In der vorliegenden Untersuchung werden in erster Linie deren Erkenntnisse herangezogen und lediglich einzelne Gerichtsverfahren und Prozessurteile genauer analysiert.

Auch die SS- und Polizeiführung unter Heinrich Himmler sah sich gezwungen, die Sexualität ihrer Männer zum Thema zu machen. Der Persönliche Stab RF-SS war die Geschäftsstelle, die für alle Belange zuständig war, die nicht in die Fachressorts der SS-Hauptämter fielen. Insbesondere die von hier aus geführte Korrespondenz mit dem Sanitätsdienst der SS macht deutlich, dass zwar strikte Verbote für SS-Männer aufgestellt worden waren,»unerwünschtem Geschlechtsverkehr mit Angehörigen einer andersrassigen Bevölkerung «nachzugehen,[125] die Männer vor Ort aber regelhaft dagegen verstießen. Himmler unterstand zudem der Verein Lebensborn e.V., der 1936 mit dem Ziel der Unterstützung» rassisch und erbbiologisch wertvoller «kinderreicher Familien und alleinstehender Mütter gegründet worden war, sich nach Kriegsbeginn aber auch an den Planungen für die erwarteten Kinder deutscher Männer in Norwegen, den Niederlanden, Frankreich, Polen und der Sowjetunion beteiligte.[126] In der Korrespondenz des RF-SS zeigt sich, dass die Kinder bei Himmler auf besonderes Interesse stießen; er stürzte sich mit einem Eifer in dieses Projekt, der weder den tatsächlichen Kinderzahlen entsprach noch die Praxis oder die Ansichten der Männer vor Ort widerspiegelte.

Himmler war außerdem Oberster Gerichtsherr von SS und Polizei. Deren Gerichtsbarkeit wurde 1941/42 organisatorisch erheblich erweitert.[127] Das Rechtsverständnis bei SS und Polizei unterschied sich von dem der Wehrmacht, sollte aus Himmlers Sicht die Rechtsprechung doch aus dem» starren Rahmen des Gesetzes «gelöst und» auf die lebendige Persönlichkeit der Richter übertragen «werden.[128] Zu Sexualität finden sich vor allem Stellungnahmen und Korrespondenzen zwischen Himmler und einzelnen Richtern sowie Rechtsberatern beim Hauptamt SS-Gericht. Sie geben Auskunft über die ideologischen Vorgaben der Beteiligten sowie über die Widersprüche und Konflikte, die sich aus dem Spannungsfeld zwischen den Idealen und der Situation vor Ort ergaben.

Der Umgang mit sexuell übertragbaren Krankheiten, den Heiratsgesuchen, die deutsche Männer in den baltischen Ländern einreichten, und den Kindern, die sie mit einheimischen Frauen zeugten, beschäftigte auch die zivilen Besatzungsbehörden. Die Bestände des Reichsministeriums für die besetzten Ostgebiete (RMbO), des RKO oder der Amtsärzte, beispielsweise in Riga oder Minsk, enthalten umfassende, chronologisch abgeheftete Briefwechsel, Notizen und Protokolle. Dank dieser zusammenhängend überlieferten Bestände lassen sich die Diskussionen zu bestimmten Themen, die verschiedenen, oft widerstreitenden, Interessen und das Kompetenzgerangel zwischen den beteiligten Institutionen genauer nachzeichnen. Dabei zeigt sich unter anderem, dass die Akteure im Rahmen ihrer Handlungsspielräume – je nach Überzeugung und Kenntnisstand – unterschiedlich über die Zukunft deutscher Männer und einheimischer Frauen entschieden. In vereinzelten Akten finden sich zudem schriftliche Anfragen oder Stellungnahmen von Soldaten. Deren Auffassungen gehen daraus allerdings kaum hervor; die Schriftstücke dienen in erster Linie dazu, das Anliegen der Betroffenen vor den deutschen Behörden zu rechtfertigen. Aus all diesen Akten lassen sich jedoch die zeitgenössischen Ansichten über Sexualität und geschlechtsspezifisches Rollenverhalten sowie die regimeinternen Auseinandersetzungen darüber entnehmen, was erlaubt und was unerlaubt, was» erwünscht «und was» unerwünscht«, was rechtens und was rechtswidrig sei. Die Perspektive der Frauen fehlt in diesen Quellen völlig.

Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges tendierte die Masse der zurückgekehrten Soldaten dazu, über ihre Kriegserlebnisse zu schweigen, sich in die Privatsphäre zurückzuziehen und sich auf Familie und Beruf zu konzentrieren.[129] Bei zeitgenössischen Umfragen und Fragebogen-Aktionen äußerten viele die Ansicht, sie hätten» verlorene Jahre «hinter sich.[130] Darüber hinaus kam ein großer Teil der Heimkehrer völlig entkräftet aus der russischen Kriegsgefangenschaft zurück, gezeichnet von Unterernährung, anhaltenden Ängsten und Depressionen, die nicht zuletzt mit körperlich wahrnehmbaren Formen der Entsexualisierung und Entmännlichung, zum Beispiel dem Unvermögen zu genitalen Reaktionen, einhergingen. Man kann davon ausgehen, dass die Männer sexuelle Erlebnisse in der Sowjetunion aus verschiedenen Gründen verschwiegen: Generell dürften sie kein Interesse daran gehabt haben, gewaltförmige sexuelle Kontakte zum Thema zu machen. Zudem verheimlichten diejenigen, die nach der militärischen und ideologischen Niederlage zu festen Beziehungen und Ehefrauen zurückkehrten, ihren Partnerinnen vermutlich ihre sexuelle Untreue.[131] Drittens blendeten die Männer ihre sexuellen Erlebnisse im Zuge des Vernichtungskrieges wohl auch im Angesicht der Tatsache aus, dass sie mit» massiven Tabubrüchen hinsichtlich der Ermordung Wehrloser «einhergegangen waren.[132]

Gleichwohl führte diese Tabuisierung nicht dazu, dass es in den ersten Nachkriegsjahren überhaupt keine Erzählungen über die vergangenen sexuellen Erlebnisse der Männer gegeben hätte; diese ergaben sich aber meist im Privaten. So prägten entsprechende Vermutungen und Gerüchte oft das Zusammenleben von Paaren – und Zeitzeugen, die damals noch Kinder oder Jugendliche waren, erinnern sich später daran, wie ihre Mütter den Ehemann mit ihrem Verdacht konfrontierten und/oder sich in sich selbst zurückzogen. Dieter Wellershoff, der als 17-Jähriger in die Wehrmacht eingezogen wurde, merkt in seinen Kriegserinnerungen an, die Ehe seiner Eltern sei wohl auch dadurch in die Brüche gegangen, dass sein Vater, der bereits im Ersten Weltkrieg bei der Marineartillerie gedient hatte, über viele Jahre an der Front und in den besetzten Gebieten stationiert gewesen war:»Vermutlich befürchtete sie [die Mutter; R. M.], daß ihr Mann dort, wo er stationiert war, eine andere Frau hatte. Er war in seiner Majorsuniform eine auffallende Erscheinung, während sie krank und depressiv und immer dicker wurde, nur noch schlechte Romane aus der Leihbücherei las und endlos Patiencen legte.«[133]

 

Im Laufe der Jahre tauchten Hinweise auf Sexualität vor allem in Landserromanen und in den Strafverfahren gegen ehemalige Wehrmachts- und SS-Angehörige auf.[134] In Vernehmungsprotokollen von Beschuldigten und Zeugen heißt es beispielsweise, ein bestimmter SS-Mann sei ein Verhältnis mit einer einheimischen Frau eingegangen oder habe eine Vergewaltigung verübt. Die Schilderungen sind mitunter recht detailliert. Zwar kann man nicht davon ausgehen, dass es sich im strafrechtlichen Sinne immer um die Wahrheit handelte, zumal gerade Beschuldigte vor allem versuchen, von sich abzulenken und andere zu belasten;[135] aber besonders die immer wiederkehrenden Einzelheiten zeigen, dass es sich um mehr als um Ausnahmefälle handelte.

Erst im Zuge der öffentlichen Auseinandersetzung über die deutschen Verbrechen in Osteuropa und Russland in den 1990er Jahren, in denen das bis dato vorherrschende Bild der» sauberen Wehrmacht «als Mythos entlarvt wurde, kamen vereinzelt auch die sexuellen Zusammentreffen der Soldaten während des Krieges in der Öffentlichkeit zur Sprache. Zahlreiche ehemalige Soldaten beziehungsweise deren Nachkommen begannen, autobiografische Erinnerungen an die Front und die besetzten Gebiete zu publizieren. Manche Autoren setzten sich das Ziel, die Unschuld der Wehrmacht zu beweisen; andere wollten» ungeschönt «vom Krieg und den Verbrechen berichten. Im Allgemeinen handelt es sich um Abschriften von zeitgenössischen Tagebüchern oder um Erinnerungserzählungen aus der Perspektive der Gegenwart (die meistens auf früheren Notizen beruhen). Manche Autoren mischen auch beide Formen und umrahmen ihre früheren Aufzeichnungen mit nachträglichen Reflexionen und Interpretationen. In der schriftlich abgeschlossenen Form erzeugen die tagebuchähnlichen Erinnerungsberichte eine kohärente, in sich logische Erzählung im Sinne einer persönlichen biografischen Konstruktion, die – unabhängig davon, ob die Autoren den Krieg verherrlichen oder ihre kritischen Anmerkungen in den Vordergrund stellen – letztlich immer eine versöhnliche Haltung gegenüber der Vergangenheit zu erzeugen sucht. Zudem sind die Texte für die Publikation überarbeitet worden; sie enthalten also sprachliche Glättungen und Streichungen. Die Genauigkeit der Schilderungen variiert stark. Auffällig ist jedoch, dass fast alle Zeitzeugen einzelne Fälle von Vergewaltigung, sexuellem Tauschhandel oder einvernehmlichen Begegnungen beschreiben. Aus solchen nachträglichen Darstellungen kann man schließen, wie die ehemaligen Soldaten solche Ereignisse im Gesamtzusammenhang ihrer Kriegserzählungen einordnen und deuten.

Herbert Maeger war als junger Mann Rekrut der SS-Leibstandarte Adolf Hitler. Im Jahr 2000 veröffentlichte er mit der Absicht, das» Informationsdefizit «abzubauen und der historischen Wissenschaft einen» echten Erlebnisbericht «zu liefern, seine Erinnerungen» Verlorene Ehre. Verratene Treue«. Darin schreibt er heterosexuellen Zusammentreffen während des Krieges eine besondere Bedeutung zu:

Niemand, der den Russlandfeldzug erlebt hat, kann sich eine Vorstellung davon machen, wie stark bei jedem von uns die Sehnsucht war, dem Grauen dieses beispiellos gnadenlosen Krieges zu entkommen und sei es auch nur für eine Weile.»Bevor ich sterben muss«, so habe ich mehr als einmal einen der blutjungen Soldaten sagen gehört,»möchte ich wissen, wie es ist, mit einer Frau zu schlafen!«Ein letzter Wunsch, der – wenn überhaupt – allenfalls in einem Bordell erfüllt wurde und nur eine bittere Erfahrung mehr bescherte.[136]

Vorstellungen wie diese dürften weit verbreitet sein. Die Frauen bleiben in dieser Sehnsucht des verratenen Landsers auf ihren Körper reduziert. Der Zusammenhang von Sexualität und Kriegsgewalt ist ausgeblendet.

Männer, die sehr jung in die Wehrmacht eingezogen wurden, machen in solchen Berichten auch ihre sexuelle Sozialisation zum Thema. Wolfgang von Buch und Gerhard Thamm sprechen von sich selbst als» Kindersoldaten«. Sie beschreiben, wie aufregend es für sie gewesen sei, Prostituierte zu sehen und fremde Mädchen zu treffen. Gerade gegenüber älteren Kameraden hätten sie wirken wollen, als seien sie sexuell erfahren.[137] Da der Drang nach heterosexuellen Erlebnissen ein normaler, in der Regel erwünschter Teil männlichen Erwachsenwerdens ist, haben Buch und Thamm die Möglichkeit, ihr Begehren vergleichsweise offen anzusprechen. Aufsehenerregend werden solche Schilderungen erst in dem Moment, in dem die Grenze zur Gewalttätigkeit überschritten wird. Dass die Vergemeinschaftungsprozesse von Jungen sich mitunter bereits in sehr frühem Alter über den Ausschluss von Mädchen und die Ausübung von Gewalt gegen sie vollzogen, beschreibt Jost Hermand in seinen Erinnerungen an eine» Kinderlandverschickung«(KLV). Er und andere Jungen suchten sich Mädchen für Doktorspiele,»um sich auf übelste Weise an ihren ›Weichteilen‹ zu schaffen «zu machen.[138] Selbst dies wird im Gesamtzusammenhang der Darstellung allerdings nicht als übermäßig beunruhigend gewertet, sondern als zwar schlimmer, aber letztlich doch normaler Teil männlicher Entwicklung.

Neben solchen schriftlich verfertigten Erinnerungen liegen dieser Untersuchung mündliche Zeugnisse ehemaliger Soldaten zugrunde. Im Kontext der Ausstellung» Vernichtungskrieg. Verbrechen der Wehrmacht 1941–1944«ist eine Reihe von narrativen Interviews mit ehemaligen Soldaten entstanden, die sich direkt nach ihrem Besuch der Ausstellung bereit zeigten, ihre Sichtweise darzustellen.[139] Auch im Rahmen von Forschungs- und Filmprojekten nutzten Wissenschaftler und Journalisten die letzte Lebensphase der Zeitzeugen, um entsprechende Gespräche zu führen. Der Zeitpunkt der Interviews hatte dabei ebenso Einfluss auf das Erzählen der Zeitzeugen wie die politische und mediale Diskussion. Generell gilt, was Ela Hornung im Zuge ihrer Gesprächsanalysen beschreibt: Das» Erzählverhalten ist immer mitbestimmt von dem, was gesellschaftlich erlaubt oder sanktioniert wird«.[140] In einer für sie sicheren Umgebung, beispielsweise am Stammtisch oder beim Veteranentreffen, erzählen ehemalige Soldaten vermutlich in sich geschlossene Geschichten, oft über herausragende Ereignisse. Genau solche Abenteuer- oder Heldengeschichten sind jedoch kein Thema, das sie in den Interviews zur Sprache bringen. In der Regel blenden die ehemaligen Soldaten ihre direkte Beteiligung am Krieg weitgehend aus und beschönigen besonders die Passagen, in denen es um direkte Gewaltausübung geht.[141] Dabei entstehen subjektive, oft sehr bruchstückhafte und durchaus widersprüchliche Darstellungen des Erlebten.

Einige der Interviewerinnen und Interviewer nehmen Erwähnungen der Zeitzeugen über» Flintenweiber «oder Bordelle zum Anlass, um explizit nach sexueller Gewalt und dem männlichen Blick auf die» Frauen des Feindes «zu fragen.[142] Auch dann berichten die Männer fast nie von sich selbst. Auffällig ist, dass manche Zeitzeugen – wie der eingangs zitierte Otto Pauls – relativ unbefangen über Prostitution, sexuelle Affären oder Romanzen reden, während sie sich entschieden dagegen verwahren, jemals eine Vergewaltigung gesehen zu haben. Im Einzelfall mag dies stimmen, in der Gesamtschau entspricht es jedoch nicht der historischen Realität. Mit der kategorischen Abgrenzung und Ablehnung von sexueller Gewalt möchten die Zeitzeugen vielmehr häufig die vermeintliche Ehrenhaftigkeit der Wehrmachtssoldaten hervorheben. Dies ist jedoch, wie im Laufe der Untersuchung noch deutlich werden wird, eine höchst ambivalente Figur. Denn während es nach Kriegsende als Ehrenbeweis galt, keine Vergewaltigung gesehen zu haben, wurden sexuelle» Eroberungen «während des Krieges durchaus als Ausdruck soldatischer Stärke und Männlichkeit betrachtet. Möglicherweise sind die Ursachen für das hartnäckige Stillschweigen vieler deutscher Zeitzeugen über sexuelle Gewalt genau in dieser Umwertung zu suchen. Zu fragen wäre dann auch, inwieweit das Schweigen über Sexualität mit dem Mythos von der» sauberen Wehrmacht «zusammenhängt.

Weiblichkeitsvorstellungen

Auch die Erzählungen über sexuelle Zusammentreffen von Zeitzeuginnen und – zeugen aus dem Gebiet der ehemaligen Sowjetunion sind von nationalen Geschichtsdeutungen und hegemonialen Geschlechtervorstellungen geprägt. Für die vorliegende Untersuchung wurde nur auf Quellen zurückgegriffen, die in deutscher oder englischer Sprache vorliegen. Dabei handelt es sich zum einen um lebensgeschichtliche Erinnerungsinterviews mit jüdischen Frauen, zumeist mehrstündige Gespräche, die nicht nur auf die Zeit der Verfolgung ausgelegt sind. Die Zeitzeuginnen berichten zunächst von ihrer Kindheit und Jugend und kommen dann auf den Beginn und die Radikalisierung der Gewalt zu sprechen. Dabei geben die Erzählerinnen Hinweise auf das, was geschehen ist, offenbaren aber vor allem, wie sie die Ereignisse subjektiv erklärt, eingeordnet und verarbeitet haben. In den meisten Fällen geben sie keine direkte Auskunft über sexuelle Zusammentreffen, erzählen aber beispielsweise von Vorsorgemaßnahmen und Verstecken, mit deren Hilfe sie versucht haben, sexuellen Angriffen zu entgehen.[143] Dies lässt nicht unbedingt darauf schließen, wie sich die Interviewten tatsächlich geschützt haben, sondern zeugt vor allem von dem Druck, der auf den Frauen bis heute lastet, ihre» sexuelle Unschuld «zu beweisen.

 

Zum anderen liegen dieser Untersuchung publizierte Erinnerungsberichte von NS-Opfern sowie von Augenzeuginnen und – zeugen zugrunde, die die Massenverbrechen gegen Zivilistinnen und Zivilisten zum Thema haben. Viele sind in Sammelbänden erschienen und stellen nur sehr kurze Ausschnitte aus unterschiedlichen Erinnerungserzählungen dar, die thematisch oder nach bestimmten Orten zusammengestellt wurden. Einige dieser Berichte sind zeitgenössisch, andere beruhen auf Interviews, die erst Jahrzehnte nach dem Krieg erhoben wurden. Leider wird nicht immer ausgewiesen, wann und wie die Schilderungen zustande kamen. Obgleich es in diesen Berichten nur in manchen Fällen ausführlich um sexuelle Zusammentreffen geht, ermöglichen implizite Beschreibungen oder Nebenbemerkungen insgesamt eine genauere Kontextualisierung sexueller Erlebnisse im Rahmen des Kriegsgeschehens und geben über die Geschlechter- und Sexualitätsvorstellungen verfolgter Frauen Auskunft.[144]

In der Gesamtschau der Quellen wird deutlich, dass die Frauen in den Ländern der ehemaligen Sowjetunion, die während des Krieges sexuelle Zusammentreffen mit deutschen Soldaten erlebt haben, hohe Risiken eingingen, wenn sie darüber sprachen – unabhängig davon, ob sie freiwillig ein intimes Verhältnis mit einem Deutschen eingegangen oder Opfer sexueller Gewalttaten geworden waren. In einigen NKWD-Berichten, in denen die Geheimdienstmitarbeiter über die Kollaboration der einheimischen Bevölkerung mit den Besatzern klagten, wurde die Fraternisierung junger Frauen mit deutschen Offizieren und Infanteristen besonders hervorgehoben.[145] Für viele Frauen war es vor diesem Hintergrund naheliegend, zumindest in der Öffentlichkeit über ihre Erfahrungen zu schweigen und sich, wenn überhaupt, auf private Aufzeichnungen zu beschränken. Eine junge Lehrerin aus Kiew vertraute beispielsweise ihrem Tagebuch an, dass sie in ihrer Vorkriegsbeziehung keine Perspektive gesehen habe und ihren ukrainischen Freund für einen deutschen Soldaten verlassen wollte.[146] Vermutlich verfassten auch andere Frauen solche privaten Notizen; eine systematische Untersuchung dazu steht aber noch aus.[147]

Sogar Frauen, die sexuelle Gewalt erlebt hatten, sahen sich mit der Unterstellung konfrontiert, sie hätten sich freiwillig mit den Deutschen eingelassen. Die ehemalige Feldkrankenschwester Tatjana Poli-karpowna Nanijewa war 1942 als Angehörige der Roten Armee von den Deutschen gefangen genommen und in einem Lager in Südpolen inhaftiert worden. Während der Gefangenschaft wurde sie Zeugin einer Reihe brutaler Vergewaltigungen durch das deutsche Aufsichtspersonal. Bei der Befreiung des Lagers durch die Rote Armee im Januar 1945 traten zwei sowjetische Offiziere auf sie zu und beschimpften sie als» Hure«, die sich im Lager sexuell amüsiert hätte.[148] Damit, dass die Männer sie von einer Armee-Kameradin zu einer» leichtlebigen Frau «degradierten, verweigerten sie ihr symbolisch die Teilhabe am Sieg in diesem Kampf. In einer bizarren Verdrehung erschien sie als Schuldige für das, was sie beobachtet hatte, und stand plötzlich unter Druck, sich dafür rechtfertigen zu müssen.[149] Auch Frauen, die in deutschen Konzentrationslagern inhaftiert gewesen waren und repatriiert werden sollten, wurde von sowjetischen Soldaten vorgeworfen, sie hätten mit den Deutschen geschlafen.[150] Partisaninnen wurden nach 1945 ebenfalls als» gefallene Frauen «bezeichnet. Nicht zuletzt, um dieser Stigmatisierung zu entgehen, entschieden sich einige, ihre Teilnahme am Partisanenkampf zu verschweigen – eine Reaktion, die aus anderen ehemals besetzten Ländern ebenfalls bekannt ist.[151]

Die Vorstellung, dass Frauen leichtfertig ihr Vaterland verrieten und auf die deutschen Soldaten zugingen, scheint bis heute die Erinnerung vieler zu prägen. Eine Forschergruppe aus Hannover bat ehemalige Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter aus der Ukraine und Weißrussland Ende der 1990er Jahre, schriftlich zu erläutern, ob sie etwas über Vergewaltigungen während des Krieges wüssten. Ein Viertel derer, die auf dieses Schreiben hin antworteten, erklärte, ihnen sei nichts darüber bekannt; stattdessen berichteten sie aber von sich aus über freiwillige Verhältnisse. In der Mitteilung eines ehemaligen Zwangsarbeiters hieß es:»Unsere jungen Frauen liefen selbst zu den Soldaten, sie tändelten mit ihnen herum und trafen sich.«[152] Unabhängig davon, ob dies die historische Realität abbildet, zeigt sich hier, wie abfällig über die Frauen gesprochen wurde und welchem Generalverdacht sie sich ausgesetzt sahen.

Welche Wertungen vorherrschten, wenn Frauen sich tatsächlich auf sexuelle Beziehungen mit Deutschen einließen, wird beispielsweise in dem 1947 erstmals erschienenen autobiografischen Roman» Kharkiv «von Olena Zvychaina aufgegriffen, der sich mit der deutschen Besetzung der Ukraine auseinandersetzt. Zvychaina konstatiert zwar die Entwicklung einer» neuen Moral «im Krieg, deren Grundprinzip gelautet habe, dass alles» gut «sei,»was es mir ermöglicht, nicht an Hunger zu sterben«. Gleichzeitig illustriert ihre Erzählung aber, dass die Grenzen dieser» neuen Moral «eng gesteckt waren.[153] Denn Zvychaina führt als Hauptfigur die gute, reine Frau ein, die schwangere Katrusia, die sich erbittert gegen zahlreiche sexuelle Angebote deutscher Soldaten wehrt und auf die Rückkehr ihres Ehemannes wartet.[154] Ihr stellt sie Halya gegenüber, die unmoralische, befleckte Frau, die solche Skrupel nicht kennt:

Halya hielt ihren Luxuskörper, um den sie sich stets und sehr gewissenhaft kümmerte, für ihre wichtigste Waffe […]. Halya lernte» Herrn Fritz «kennen, der in der Versorgungseinheit arbeitete, und wurde rasch seine Geliebte. Als Fritz’ Geliebte hatte sie nicht nur genug Brot, sondern auch Gelegenheit, sich andere Dinge wie Wurst, Butter und Zucker zu verschaffen. Und das eröffnete ihr die Möglichkeit, sich ihren Luxuskörper zu bewahren. Halya hatte unter anderem einen Ehemann irgendwo an der Front, aber das hielt sie nicht davon ab, Fritz’ Geliebte zu sein.[155]

Zvychainas Charakterisierung der Halya fällt eindeutig negativ aus: Halya ist ein Luxusgeschöpf, eitel auf seine Schönheit bedacht und ohne zu zögern bereit, ihren für sie an der Front kämpfenden Ehemann zu betrügen. Sie kollaboriert mit den Deutschen und genießt ihren Körper, während ihre Nachbarinnen Hunger leiden. Ihre sexuelle Hinwendung zum Feind – die sich zwischen sexuellem Tauschhandel, Affäre und Romanze bewegt – geht aus Sicht ihres Umfelds mit politischem und gesellschaftlichem Verrat einher. Insofern ist es nur konsequent, dass die anderen Halya ausschließen.

Die Aussagen von Zeitzeuginnen und – zeugen bestätigen, dass sexueller Tauschhandel auf besondere Weise mit moralischen Verwerfungen und sozialer Ausgrenzung verbunden war. Wenn Frauen nach Einschätzung der jeweiligen Situation und der damit verbundenen Gefahren den Entschluss fassten, ihren Körper taktisch oder strategisch einzusetzen, wurden sie zu» schlechten Frauen«. Sie widersetzten sich den vorherrschenden Vorstellungen über die weibliche Natur und irritierten die symbolische Ordnung. Nur wenige scheinen dieses Verhalten im Nachhinein als normale Folge des Krieges zu sehen.[156] Aus Wendy Jo Gertjejanssens Gesprächen mit Zeitzeuginnen und – zeugen in der Ukraine geht hervor, dass Frauen, die sich während des Krieges mit Deutschen eingelassen hatten, die soziale Ächtung drohte; sie fanden zum Beispiel keinen Ehemann.[157] Eine ihrer Interviewpartnerinnen war nicht bereit, den Namen einer Nachbarin zu nennen, die während des Krieges im Tausch gegen Nahrungsmittel mit Deutschen Sex gehabt hatte. Sie begründete dies damit, dass der Sohn dieser Frau noch lebte und sie ihm die Schande der Mutter ersparen wolle.[158] Hier zeigt sich die langfristige Wirkungsmacht des gesellschaftlichen Urteils, das sogar nachfolgende Generationen betreffen kann.

In einem anderen Interview Gertjejanssens schildern zwei Zeitzeuginnen die Vergewaltigung einer jungen Frau im Jahr 1942. Zwei Deutsche hatten die 14-Jährige in ein Kornfeld verschleppt, wo sie sie brutal folterten und vergewaltigten. Erfahren hatten die Erzählerinnen diese Geschichte aber nicht von der Frau selbst, sondern von Dritten:

Frau 1: Sie wollte es nicht herumerzählen.

Frau 2: Niemand sollte über sie Bescheid wissen. Wissen Sie, sie [war] ein Mädchen.

Frau 1: Aber sie hat niemals geheiratet.

Interviewerin: Sie hat niemals geheiratet?

Frau 1: Nein … Nach dem Krieg hat sie es niemandem erzählt. Sie hat einfach alles für sich behalten, aber die Leute hatten gesehen, wie sie geschnappt wurde und wie sie sie für eine lange Zeit gefoltert haben …[159]

Die Interviewpassage macht deutlich, dass die Menschen im Umfeld der betroffenen Frau davon wussten, aber nicht mit ihr oder öffentlich darüber sprachen. Diese Art des Umgangs konnte einer Frau leicht vermitteln, dass sie Schuld an dem trug, was ihr widerfahren war. Die Aussage» sie war ein Mädchen «verweist nicht nur auf das Alter der Frau, sondern vor allem auf ihre Unerfahrenheit. Mit 14 Jahren galten Mädchen als» Jungfrauen«, symbolisierten Reinheit und Unberührtheit. Nach ihrer Vergewaltigung verlor eine Frau die kulturelle Zuschreibung der Unschuld und galt als» beschmutzt«. Im gesellschaftlichen Verständnis war ihre Ehre dann ebenso verletzt wie die des männlichen Kollektivs, das nicht in der Lage gewesen war, sie zu schützen.[160] Vor diesem Hintergrund überrascht es nicht, dass die oben zitierten Frauen es für folgerichtig halten, dass die vergewaltigte Frau in ihrem späteren Leben nicht geheiratet hat.

Die mit solchen Vorwürfen und Verdrehungen verbundene Atmosphäre aus Scham und Unterstellung wurde den bereits durch die sexuelle Gewalttat gedemütigten Frauen zusätzlich aufgebürdet. Man kann davon ausgehen, dass es für viele Frauen, die Opfer einer Vergewaltigung geworden waren, keinen Raum gab, ihre Verletzung zu äußern, geschweige denn, sich öffentlich gegen das ihnen widerfahrene Unrecht zu wehren.[161] Vermutlich entschieden sich viele, das Erlebte zu verdrängen, nicht zuletzt, um ihre Alltagsnormalität wiederherzustellen. Das heißt möglicherweise auch, dass zahlreiche Frauen ihre sexuellen Gewalterfahrungen bis heute nicht annähernd verarbeitet haben.[162]

Auf spezifische Weise kompliziert war und ist die Thematisierung sexueller Gewalt für Frauen, die während des Nationalsozialismus als Jüdinnen verfolgt wurden. Zwar hat die Angst vor Vergewaltigung und sexuellen Übergriffen, zum Beispiel durch erzwungenes Auskleiden und das Rasieren der Schamhaare, eine zentrale Bedeutung in Selbstzeugnissen jüdischer Frauen.[163] Gleichwohl wurde das Erleben sexueller Gewalt bis in die 1990er Jahre selten als eigenständige Frage angesprochen.[164] Joan Ringelheim führt dies darauf zurück, dass jüdische Frauen häufig davon ausgehen, ihre Erfahrungen sexueller Gewalt seien im Verhältnis zur Auslöschung der europäischen Jüdinnen und Juden nebensächlich, mehr noch: Schilderungen sexueller Gewalt würden die Aufmerksamkeit von der eigentlichen Katastrophe der» Endlösung «ablenken.[165]

Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler wie auch die Kinder der Überlebenden gingen lange davon aus, dass der Straftatbestand» Rassenschande «deutsche Männer prinzipiell davon abgehalten habe, sexuelle Gewalt gegen jüdische Frauen zu verüben.[166] Auch manche der überlebenden Frauen scheinen sich mit dieser Vorstellung psychologisch geschützt zu haben. Die 1920 geborene polnische Jüdin Bella Katz erklärte während eines lebensgeschichtlichen Erinnerungsinterviews in Yad Vashem:»Ein Deutscher verspürte niemals Lust nach einem jüdischen Mädchen, denn es war nicht erlaubt, er entehrte seine Rasse, wenn er mit einem jüdischen Mädchen wegging.«[167] Möglicherweise vermittelten Katz die NS-Rassengesetze bereits während der historischen Situation ein subjektives Sicherheitsgefühl – ähnlich wie in den Fällen, die eine Überlebende des KZ Ravensbrück schildert: Sogar nichtjüdische Frauen hätten mitunter behauptet, sie wären Jüdinnen, um sexuelle Angriffe abzuwehren.[168]

In der Gesamtschau zeigt sich, dass sowohl jüdische als auch nichtjüdische Frauen sich oft nicht in der Lage sahen, explizit über ihre Erfahrungen mit sexueller Gewalt zu sprechen.[169] Einige Frauen entschieden sich, nicht über eigene, sondern über die Erlebnisse anderer Frauen (der Nachbarin, der Freundin oder der Schwester) zu sprechen oder ihre eigene Rolle in der Erzählung zu verschleiern. Die Juristin Fionnuala Ni Aolain hat vorgeschlagen, ein differenziertes Verständnis und Vokabular zu entwickeln, um Verletzungen der sexuellen Integrität in den Narrationen von Überlebenden zu erkennen und zu beschreiben.[170] Neue sprachliche Möglichkeiten können, wie Hyunah Yang in Bezug auf Überlebende des» comfort women«-Systems der japanischen Armee verdeutlicht hat, für die betroffenen Frauen ein erster Schritt sein, sich als Gewaltopfer zu begreifen und sich auf eine neue Weise mit dem Erlittenen auseinanderzusetzen.[171]

Auch die Schilderungen von Frauen und Männern, die Gewalttaten nicht am eigenen Leib erfahren, aber beobachtet oder davon gehört haben, bleiben in vielen Fällen ungenau. Formulierungen wie»[die Soldaten] fielen über die Frau her «oder»[der Soldat] stellte dem Mädchen nach «lassen in manchen Kontexten offen, ob es sich um einen sexuellen Angriff handelte. Zumindest aber ist die Wortwahl so uneindeutig, dass sich das jeweilige Ereignis nicht konkretisieren lässt.[172] Auffällig ist darüber hinaus, dass sich viele Geschichten in Inhalt, Wortwahl und Struktur ähneln. So findet man bei der Durchsicht von Interviews mit Überlebenden vergleichsweise häufig Passagen darüber, dass und wie es Frauen gelang, den Vergewaltigern auszuweichen und die Tat zu verhindern. Ebenso ist eine Reihe von Erzählungen über Selbstmorde von Frauen direkt vor oder nach Vergewaltigungen bekannt.[173] In den häufiger weitergegebenen Geschichten werden generell die Unschuld der Frauen und ihre Bereitschaft betont, ihr Leben zu opfern, um ihre Ehre entweder im Vorfeld zu schützen oder nach einer erfolgten Vergewaltigung wiederherzustellen. Deutlich wird, dass diese Berichte bereits voraussetzen, die Unschuld und Ehre einer Frau werde durch ihre Vergewaltigung infrage gestellt.

124Beck, Wehrmacht und sexuelle Gewalt; Snyder, Sex Crimes; Huber, Rechtsprechung.
125Hauptamt SS-Gericht, SS-Reichsamt, 4. Sammelerlaß, 1. 4. 1941, Befehl vom 19. 4. 1939, BArch, NS 7/3, Bl. 84–129, hier Bl. 90.
126Vgl. Lilienthal,»Lebensborn e.V.«; Olsen, Vater: Deutscher. Die überlieferten Bestände entsprechen nicht mehr ihrer zeitgenössischen Ordnung. Zur Vorbereitung der Nachkriegsprozesse wurden viele von ihnen auseinandergenommen und thematisch neu sortiert. Zur Nachkriegsgeschichte des Bestands vgl. Henke, Persönlicher Stab Reichsführer-SS, S. XIIXff.
127Sie war allerdings schlechter aufgestellt als die Wehrmachtsjustiz, der das Interesse wehrpflichtiger Juristen zugute kam, die Kriegszeit bei der Justiz von Heer, Marine oder Luftwaffe zu verbringen (Messerschmidt, Wehrmachtsjustiz, S. 79).
128Schreiben des Hauptamtes SS-Gericht, 5. 11. 1942, zit. n.: ebenda.
129Biess,»Männer des Wiederaufbaus«, S. 352; Kühne, Kameradschaft, S. 219ff.
130Kühne, Kameradschaft, S. 220. Die Mehrheit der Soldaten überließ die Auseinandersetzung über den Krieg einer Minderheit, die sich bei Veteranentreffen und Gedenkfeiern öffentlich äußerte (ebenda, S. 214ff. und S. 221).
131Heineman, What Difference, S. 119; Meyer/Schulze, Von Liebe, S. 133ff.
132Dagmar Herzog, die sich mit den lustfördernden Aspekten des Nationalsozialismus befasst hat, stellt die These auf, dass dies einer der Gründe dafür ist, dass sexuelle Zusammentreffen von Soldaten in der deutschen Nachkriegsgesellschaft tabuisiert worden sind (Herzog, Politisierung der Lust, S. 80). Ich gehe davon aus, dass dieser Umstand auch für das Schweigen der zurückkehrenden Soldaten eine Rolle gespielt hat.
133Wellershoff, Ernstfall, S. 27.
134Zu den Landserromanen vgl. Kühne, Kameradschaft, S. 245ff.
135Zum Wert solcher Vernehmungsprotokolle als Quelle vgl. Angrick, Besatzungspolitik und Massenmord, S. 16 und S. 26ff.; Eschebach,»›Ich bin unschuldig‹«, S. 65ff.; Hoffmann,»Recht – Sprache – Diskurs«, S. 9ff.
136Maeger, Verlorene Ehre, S. 270.
137Buch, Wir Kindersoldaten, S. 44, S. 50 und S. 54; Thamm, Boy Soldier, S. 65ff. und S. 143ff.
138Hermand, Pimpf, S. 37f.
139Vgl. z.B. Hamburger Institut (Hg.), Besucher einer Ausstellung.
140Hornung,»Schweigen zum Sprechen bringen«, S. 185.
141Ebenda, S. 187ff. und S. 202f.
142Beckermann, Jenseits des Krieges, Dokumentarfilm; Kaminski, Liebe im Vernichtungskrieg, Dokumentarfilm.
143Vgl. z.B. Interview mit Claudia R. L., 16. 3. 2004, USHMM, RG-50.030*0484. Vgl. auch Gertjejanssen, Victims, Heroes, Survivors, S. 267ff. und S. 274ff.; Cohen/Kagan, Surviving the Holocaust, S. 43.
144Zur Auseinandersetzung mit Narrationen als Quelle historischer Forschung vgl. Jureit, Erinnerungsmuster.
145Burds,»Sexual Violence in Europe«, S. 40.
146Ebenda.
147Für die Mühe, nach entsprechenden Artikeln und Forschungsprojekten auf Ukrainisch oder Russisch zu recherchieren, danke ich Olena Kersten.
148Zit. in: Rees, Hitlers Krieg im Osten, S. 222f.
149Ähnliches erleben die Überlebenden des» comfort women«-Systems, die von der japanischen Armee sexuell versklavt worden sind und bis heute ihre Unschuld beweisen sollen (Kim,»Narrative Darstellung«). Trotz aller Gegenbeweise behaupten japanische Politiker, die Frauen hätten bereits vor dem Krieg in der Prostitution gearbeitet oder sich explizit dazu entschieden (Chung,»Diskurse in japanischen Medien«, S. 157f.). Auch den Frauen, die die Bordelle in den nationalsozialistischen Konzentrationslagern überlebt haben, wurde nach Kriegsende unterstellt, sie hätten sich freiwillig gemeldet; vgl. Amesberger/Auer/Halbmeyer, Sexualisierte Gewalt, S. 107ff.; Schikorra,»Prostitution weiblicher KZ-Häftlinge«, S. 116f.; Baumgartner, Die vergessenen Frauen, S. 94ff.; Paul, Zwangsprostitution, S. 86f.
150Binner,»Repatriierung«, S. 210.
151Tec, Resilience and Courage; Walke,»Biographien jüdischer Überlebender«, S. 501. Zu Norwegen vgl. z.B. Lenz, Haushaltspflicht und Widerstand; zu Italien vgl. La resistenza.
152Nolte,»Vergewaltigungen durch Deutsche«, S. 120f.
153Zvychaina, Kharkiv, S. 24.
154Ebenda, S. 30f.
155Ebenda, S. 34, auch zit. in: Victims, Heroes, Survivors, S. 97.
156Eine Ausnahme ist zit. in: Nolte,»Vergewaltigungen durch Deutsche«, S. 121.
157Gertjejanssen, Victims, Heroes, Survivors, S. 93f. und S. 96.
158Ebenda, S. 96. Dies ist ein Motiv, das in Verbindung mit sexueller Gewalt, sexueller Versklavung und Prostitution in Kriegen häufig auftaucht. Die betroffenen Frauen geben an, dass sie das Bedürfnis hätten zu sprechen, aber dennoch schweigen wollen, solange ihre Eltern, Partner oder Kinder noch leben. Entweder wissen die Familienangehörigen gar nichts davon, oder die Frauen fürchten, selbige durch ein öffentliches Bekenntnis in Verlegenheit und Schwierigkeiten zu bringen; zum Erzählen und Schweigen der koreanischen Frauen, die durch die japanische Armee versklavt wurden, vgl. Kim,»Narrative Darstellung«.
159Zit. in: Gertjejanssen, Victims, Heroes, Survivors, S. 262.
160Zum Zusammenhang von Reinheit, Weiblichkeit, Ehre und Nation vgl. Yuval-Davis, Geschlecht und Nation, S. 18 und S. 78ff.; Lentin,»Introduction«.
161Dies ist ein bis heute in verschiedenen Kriegsgebieten vorherrschendes Muster. Dabei ist es nicht so, dass Frauen generell das Gefühl hätten, nicht über Sexualität und insbesondere sexuelle Gewalterfahrungen sprechen zu können. Der gesellschaftliche Umgang legt es aber selbst Frauen, die sich öffentlich äußern wollen, nahe, sich nicht über die unsichtbaren Grenzen von Scham und voyeuristischen Zuschreibungen hinwegzusetzen; vgl. Mischkowski,»›Ob es den Frauen selbst‹«, S. 240ff.; Leiby,»Digging in the Archives«, S. 80.
162Joachim,»Sexualisierte Kriegsgewalt«, S. 60ff.
163Vg. u.a. Ringelheim,»Women and the Holocaust«, S. 376; Goldenberg,»Memoirs of Auschwitz Survivors«.
164Ofer/Weitzman,»Introduction«, S. 12ff.; Ringelheim,»Split«, S. 340f.; Baer/Goldenberg,»Introduction«, S. xviiff. Zu den Kontroversen um dieses relativ junge Feld der historischen Forschung vgl. Roth,»Equality«; Bos,»Women and the Holocaust«.
165Ringelheim,»Split«, S. 343ff. Zu den Fragen, die sich daraus für die Forschung ergeben, vgl. Ni Aolain,»Sex-Based Violence«, S. 47.
166Vgl. z.B. Laska (Hg.), Women, S. 26. Dies führte auch dazu, dass Nachkommen oder Forscherinnen die Zeitzeuginnen nicht danach gefragt haben; vgl. Rosenthal,»Sexuelle Gewalt«, S. 29; Ringelheim,»Split«, S. 344.
167Zeuginnenaussage 03/8196, Yad Vashem Archives [YV Arch], zit. n.: Ni Aolain,»Sex-based Violence«, S. 53, Fn. 24.
168Amesberger/Auer/Halbmayr, Sexualisierte Gewalt, S. 142.
169Rosenthal,»Sexuelle Gewalt«, S. 28ff.
170Ni Aolain,»Sex-based Violence«. Zur Bedeutung der Vielfältigkeit weiblicher Erfahrungen für die Historiographie vgl. auch Bos,»Women and the Holocaust«, S. 37ff.
171Häufig sprachen die Frauen, wenn sie Anfang der 1990er Jahre erstmals eine Aussage machten, in verklausulierter Sprache von» dem, was die Japaner da unten gemacht haben«. Die Einführung und Ausdifferenzierung von Begriffen wie Vergewaltigung und sexueller Versklavung für diesen historischen Kontext, die die südkoreanische Frauenbewegung vorantrieb, ermöglichte es vielen, sich als Opfer einer Gewalttat zu sehen, ihre Erfahrungen detaillierter zu beschreiben und für die eigenen Rechte einzutreten (Yang,»Korean ›Military Comfort Women‹«). Die überlebenden Frauen, die aus unterschiedlichen asiatischen Ländern stammen, verständigen sich auf internationalen Anhörungen mitunter auch auf Japanisch. Die» Sprache der Täter «bietet ihnen die Möglichkeit, sich aus einer gewissen Distanz mit dem eigenen Schicksal zu konfrontieren (Nakahara,»Righting History«).
172Vgl. z.B. Grossman,»Minsker Ghetto«, S. 266;»Tagebuch von A. Jeruschalmi«, S. 577. Natürlich spielt in solchen Fällen auch die Frage der Übersetzung eine Rolle.
173Etwa die der 93 Mädchen der Beth-Jacob-Schule in Krakau. Die jungen orthodoxen Frauen und ihre Lehrerinnen entschieden sich, Gift zu nehmen, als der Überfall durch die Deutschen bevorstand. In der jüdischen Geschichtsschreibung wurden die jungen Frauen zu Märtyrerinnen. Ob es die 93 jungen Frauen real gegeben hat, ist bis heute umstritten. Judith Tydor Baumel hat sich sehr detailliert und aufschlussreich mit der Überlieferung der Geschichte und ihrer Bedeutung befasst (Tydor Baumel, Double Jeopardy, S. 117–138).
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