Читать книгу: «Seewölfe - Piraten der Weltmeere 166», страница 2

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2.

Was war geschehen? Was hatte Thorfin Njal, den Wikinger, an diesem Abend bewogen, Tortuga anzulaufen, jenes Piratennest, wo man nur darauf wartete, endlich mit dem Wikinger und Siri-Tong, der Roten Korsarin, abzurechnen?

Der Grund war einfach. „Eiliger Drache über den Wassern“ hatte die Heimfahrt von China bis auf kleinere Schäden durch die Stürme, die das große Schiff abwettern mußte, gut überstanden. Auch vom Muschelbewuchs war der Schiffsrumpf in knochenharter Arbeit auf der Schlangen-Insel inzwischen wieder befreit worden. Eine Arbeit, die manchem Mann der Crew des schwarzen Seglers das Fluchen noch besser beigebracht hatte, als es selbst der narbengesichtige Profos der „Isabella“, Edwin Carberry, verstand.

Aber eine genaue Überprüfung des laufenden und des stehenden Guts, eine Inspektion des gesamten Schiffes vom Kielschwein bis in die Toppen hatte ergeben, daß doch so einiges erneuerungsbedürftig war, ehe man daran denken konnte, mit dem großen Viermaster wieder auf Fahrt zu gehen.

Außerdem mußten die Pulvervorräte des schwarzen Seglers ergänzt werden – und dafür gab es weit und breit, wollte man sich nicht von Beuteschiffen bedienen, nur die Schildkröteninsel Tortuga und dort den dicken Wirt Diego, der in seinem Magazin alles führte, was der Wikinger und Siri-Tong brauchen.

Beide, der Wikinger und die Rote Korsarin, wußten, daß die Piraten der Insel es nicht gerne sahen, wenn sie auf Tortuga ihre Vorräte ergänzten. Aber sie wußten ebenfalls, daß keiner der Piraten es wagen würde, den fetten Diego daran zu hindern, ihnen zu verkaufen, was sie brauchten, denn er ganz allein verfügte über die nötigen Verbindungen und Beziehungen, um immer wieder alles zu besorgen, was die Piraten noch dringender benötigten als der schwarze Segler.

Aus diesem Grunde hatten sie es bisher auch noch nie gewagt, Diego ans Leder zu gehen. Was Pongo sich an diesem Abend in dieser Hinsicht geleistet hatte, war ein absolutes Novum für Tortuga.

Das war die Lage an diesem Abend, an dem ein Unwetter über die Schildkröteninsel zog, wie es ihre Bewohner seit langem nicht mehr erlebt hatten. Aber es war auch genau das Wetter, was Pongo und El Diablo für ihre Pläne brauchten, um die Vernichtung des schwarzen Seglers völlig unbeobachtet am anderen Ende der Insel in einer kleinen Bucht vorzubereiten.

Der Wikinger stand auf dem Achterkastell des schwarzen Seglers, beobachtete die zuckenden Blitze und lauschte dem rollenden Donner, der das Schiff jedesmal bis ins Kielschwein erbeben ließ.

Er warf Siri-Tong, die völlig durchnäßt neben dem Boston-Mann und Juan, dem Bootsmann, stand; einen prüfenden Blick zu. Immer noch klatschte der Regen an Deck und ließ kleine Wasserfontänten nur so über die schwarzen Planken tanzen. In der Takelage heulte der Gewittersturm und fauchte über die Decks, auf denen sich die übrige Crew des Seglers in den Windschatten der Geschütze drängte. Es war eine Höllennacht.

Der Wikinger kratzte sich unbehaglich an seinem schweren Kupferhelm, den er genau wie seine grauen Nordlandfelle fast ständig trug, auch bei allergrößter Hitze. Eine Marotte, für die jede logische Erklärung fehlte, an die sich aber jedermann an Bord des schwarzen Seglers längst gewöhnt hatte.

Langsam ging er gegen den Sturm zu Siri-Tong und den beiden anderen Männern hinüber. Dabei glitten seine Blicke abermals prüfend über den schlanken, biegsamen Körper der Roten Korsarin, die gerade erst eine schwere Infektionskrankheit, von der niemand wußte, wie sie entstanden war, überwunden hatte.

Doch, sie ist zäh wie eine Katze, diese Siri-Tong, dachte der Wikinger bei sich. Nicht jeder hätte diese Krankheit überstanden, das ständige hohe Fieber, den Durchfall und das dauernde Erbrechen. Wochenlang war das so gegangen. Die Rote Korsarin war zum Schluß nur noch ein Schatten ihrer selbst gewesen. Besserung und endgültige Ausheilung, hatten erst die Schlangen-Insel, ihr gesundes Klima und die absolute Ruhe bewirkt.

Aus schmalen Augen blickte sie dem Wikinger entgegen. Ihr war nicht entgangen, daß Thorfin sich an seinem Helm gekratzt hatte. Ein Zeichen des Unbehagens und der Ratlosigkeit bei ihm, wie sie aus Erfahrung wußte.

Sie wies auf den wie ausgestorben daliegenden Hafen der Insel, in dem sich neben einer größeren Galeone, dem Schiff Pongos, nur noch eine wesentlich kleinere Karacke und ein paar Schaluppen befanden.

„Mir wäre lieber gewesen, sie hätten uns einen heißen Empfang bereitet, Thorfin“, sagte sie und starrte wieder zum Hafen. „Dagegen hätten wir schon Rat gewußt. Aber dieses Unwetter hier, diese menschenleere Insel – das alles gefällt mir gar nicht. Das ist wie ein Omen.“

Auch der Wikinger blickte düster zum Hafen.

„Mir wäre es auch anders lieber gewesen. Auf einen heißen Empfang waren wir vorbereitet. Dann hätten wir mit diesem ganzen Räubernest gleich gründlich aufgeräumt, nachdem wir wußten, daß Pongos Flotte auf Raub aus ist. Mir geht es wie dir. Ich spüre, daß etwas im Gange ist, aber ich weiß nicht, was. Denn diese paar lächerlichen Kähne dort können unserem Schiff nichts anhaben, gar nichts. Wenn sie sich nur mucksen, dann ist es aus mit ihnen, so wahr ich Thorfin Njal, der Wikinger, bin!“

Wieder starrte er mißtrauisch in die dichter und dichter werdende Dunkelheit.

„Anderseits – auch uns hilft dieses Wetter. Ich werde mich jetzt mit Eike, Arne, Olig und dem Stör auf den Weg machen, um mit dem fetten Diego zu verhandeln. Er hat, was wir brauchen, und er wird es uns auch verkaufen. Was wir zu bieten haben, ist schließlich auch nicht ohne, oder?“

Der Wikinger faßte nach einem großen Lederbeutel, der an seinem breiten Gürtel hing und voller Goldmünzen, Perlen und Edelsteinen war. Dann stieß er sein dröhnendes Lachen aus. Anschließend rief er nach seinen vier Wikingern, jenen Nordmännern, die mit ihm als einzige der Besatzung seiner „Thor“, seinem damaligen Schiff, die legendäre Schlacht in der Windward Passage überlebt hatten. Sie stellten eine kampferprobte Truppe dar, mit der bisher noch keiner ihrer Gegner fertig geworden war.

Die vier Wikinger erschienen auf dem Achterkastell. Wie Thorfin trugen auch sie Kupferhelme, waren in graue Nordlandfelle gekleidet, und auch an ihren Hüften hingen jene Waffen mit den breiten Klingen, die stark an die einstigen Wikingerschwerter erinnerten. Durch ihr überaus fremdartiges Aussehen schockten sie Gegner, die sie nicht kannten, immer wieder aufs neue. Das hatte ihnen schon so manches Mal geholfen.

„Boot aussetzen, wir gehen an Land“, wies der Wikinger sie an. „Steckt euch zu den Schwertern noch Pistolen ein, falls es mit den Kerlen da Schwierigkeiten geben sollte.“

„An Land, Pistolen einstecken!“ echote der Stör, und sein ohnehin langes Gesicht schien sich noch mehr in die Länge zu ziehen. Der Wikinger warf ihm einen undefinierbaren Blick zu. Er kannte diese Eigenart des Störs, alles zu wiederholen. Das hatte zwar beileibe nichts damit zu tun, daß der Stör auf irgendeine Weise beschränkt war, aber manchmal ging dem Wikinger das auf die Nerven. Diesmal jedoch sagte er nichts. Statt dessen wandte er sich der Roten Korsarin zu, die sich vom Schanzkleid abgestoßen hatte und nun mit verschränkten Armen im klatschenden Regen vor ihm stand.

„Mich, den Kapitän dieses Schiffes, braucht wohl niemand zu fragen, was?“ fragte sie, und in ihrem Gesicht begann es zu wetterleuchten.

Überrascht blieb der Wikinger stehen. Er kannte diese ständigen Auseinandersetzungen. Sie stellten den einzigen wunden Punkt ihres sonst so guten Zusammenlebens an Bord des schwarzen Seglers dar. Dabei waren sie beide Eigner des Schiffes und im Grunde genommen auch beide völlig autark in ihren Entscheidungen.

„Was soll das heißen?“ fragte der Wikinger, und wieder spürte er den alten Arger, den diese Auseinandersetzungen stets in ihm emporsteigen ließen. „Fängst du schon wieder mit diesem verdammten Unfug an, Siri-Tong?“ fragte er, und in seiner Stimme war unüberhörbar fernes Donnergrollen.

„Unfug!“ echote der Stör und wollte den Kopf mißbilligend schütteln, aber dazu kam er nicht. Der Wikinger fuhr herum und packte ihn.

„Wenn du mit deinem idiotischen Nachgequatsche nicht endlich aufhörst, bei Odin, ich schlage dir mein Schwert solange über deinen dämlichen Helm, bis du …“

Der Wikinger stockte, denn Siri-Tong lachte auf. Selbst der schweigsame Boston-Mann konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen.

„Dämlicher Helm“, echote der Stör und zog sich unter mißbilligendem Kopfschütteln zurück. Das hatte er aus dem Munde des Wikingers noch nie gehört, solange er sich erinnern konnte.

Juan, der Bootsmann, bog sich ebenfalls vor Lachen, und er beruhigte sich erst, als er einen jener Blicke des Wikingers auffing, der ihm anzeigte, daß sich der Spaß jener bedenklichen Phase näherte, die man lieber gar nicht erst provozierte.

Juan verzog sich, und hinter ihm her brüllte der Wikinger mit einer Stimme, die an Lautstärke sogar die Ed Carberrys noch übertraf: „Das Boot zu Wasser, ihr dreimal geteerten Bilgenratten, oder ich werde euch Beine machen!“

Siri-Tong lachte immer noch, auch sie fing sich einen ärgerlichen Blick des Wikingers ein, und sein Gesicht verfinsterte sich noch mehr, als sie ihn weiterfoppte.

„Dämlicher Helm! Thorfin Njal, du hast Jahre gebraucht, bis du dich endlich zu dieser grandiosen Erkenntnis durchgerungen hast …“

Sie lachte abermals, aber dann wurde sie plötzlich und übergangslos wieder ernst.

„Ich werde euch begleiten“, erklärte sie in einem Ton, der gar keinen Widerspruch zuließ. Der Wikinger kannte das, trotzdem versuchte er es.

„Siri-Tong, du hast noch nicht einmal die Folgen deiner Krankheit ganz überwunden“, grollte er, „du bist noch nicht wieder in deiner alten Form. Das wird bestimmt kein Spaziergang. Außerdem sollte an Bord des schwarzen Seglers jemand sein, der bei unvorhersehbaren Zwischenfällen sofort handelt oder uns heraushaut, wenn das nötig ist. Vergiß nicht, in was für einem Hafen wir vor Anker gegangen sind, oder muß ich gerade dir erst in Erinnerung rufen, welch ein verdammtes, lausiges Rattennest diese Schildkröteninsel ist?“

Siri-Tong funkelte den Wikinger an, jähe Wut schoß in ihr hoch.

„Nichts brauchst du mir ins Gedächtnis zu rufen, Wikinger!“ schrie sie ihn an. „Auch wenn Caligu längst tot ist, ich habe nicht vergessen, was er mir auf dieser Insel angetan hat. Das läßt sich nicht einmal mit Blut abwaschen, damit du es weißt!“

Die schrecklichen Bilder ihrer größten Demütigung zuckten durch ihr Hirn. Unwillkürlich krampften sich ihre Hände zusammen, alle Farbe wich aus ihrem Gesicht. So war es immer, wenn sie nur in die Nähe dieser Insel geriet.

Nur mühsam gewann sie ihre Beherrschung wieder.

Thorfin Njal ergab sich in sein Schicksal. Minuten später stieß das Boot vom schwarzen Segler ab und kämpfte sich durch das unruhige Wasser des Hafens. Die Rote Korsarin warf einen Blick auf die Blitze, die nicht mehr so wild aus den schwefelgelben Wolken herniederzuckten wie noch wenige Augenblikke zuvor. Sie kannte das. Das Unwetter würde so rasch nachlassen, wie es sich zusammengebraut hatte. Das aber war dann der Moment der Gefahr. Sie wußte es nicht nur, sondern sie spürte es mit jeder Faser ihres Körpers.

Die Rote Korsarin sollte recht behalten.

Pongo, El Diablo und Tonga hatten mit ihren Spießgesellen keine Zeit verloren. Trotz des Unwetters hatten sie wie die Wilden geschuftet, und dabei mußte Pongo auch noch den anfänglichen Widerstand El Diablos brechen und seine Bedenken ausräumen. Denn die Karacke, mit der El Diablo nach Tortuga gesegelt war, sollte als Brander gegen den schwarzen Segler eingesetzt werden.

Aus dem Magazin des fetten Diego hatten sie Pulverfässer an Bord des ranken Schiffes gemannt. Naß bis auf die Knochen hockten sie jetzt an Deck und fluchten vor sich hin.

El Diablo starrte Pongo an.

„Gut“, sagte er, „ich sehe ein, daß dies eine einmalige Chance ist, diesen verfluchten Wikinger und die Rote Korsarin zu erledigen. Aber, zum Teufel, der schwarze Segler, den ich haben wollte, geht auch mit drauf. Das paßt mir überhaupt nicht. Erst recht nicht, daß meine Karacke ebenfalls zu den Fischen geht.“ Er sah Pongo scharf an. „Wer sagt mir denn, daß du ein ehrliches Spiel mit mir treibst, Pongo? Ich werde ohne Schiff sein, du hast mich in der Hand, weil ich die Insel nicht mehr verlassen kann, und den schwarzen Segler hast du ebenfalls vom Hals!“ Er schwieg einen Moment, dann sah er Pongo abermals an.

„Hör mir gut zu, Pongo“, sagte er, „wenn du mit uns ein falsches Spiel treibst, werden mich meine Männer, deren Schiffe in den Buchten der Caicos-Inseln liegen, rächen. Sie wissen, wo ich bin. Sie haben genug Schiffe, um dich auf Tortuga zu erledigen. Aber ich habe von dir gehört, Pongo. Du bist gerissen, zu gerissen, um es mit uns von den Caicos-Inseln zu verderben. Du weißt genau, daß wir zusammen die ganze Karibik beherrschen können, einer allein schafft das nicht. Irgendwann würden ihn die Spanier vernichten, wenn sie ihre Schiffe sammeln und zu einer Strafexpedition aufbrechen.“

Wieder schwieg El Diablo einen Moment. In seinen Zügen arbeitete es. Dann aber sah er Pongo voll an.

„Zwei Vorschläge mache ich dir. Der erste: Wir gründen nach der Vernichtung des schwarzen Seglers und der Besetzung der Schlangen-Insel eine Bruderschaft der Freibeuter. In diesem Fall werden die Schätze, die wir dort erbeuten, gerecht nach der Kopfregel aufgeteilt. Die Bruderschaft der Freibeuter arbeitet auch weiterhin zusammen, das heißt, wir unternehmen zusammen Beutezüge gegen die Spanier und ihre Geleitzüge. Auch dabei wird die Beute ehrlich geteilt. Einer ist dem anderen im Notfall – etwa bei einer Strafexpedition der Spanier – mit allen Schiffen und allen Männern zur Hilfe verpflichtet. Das würde uns so mächtig werden lassen, wie es die Karibik-Piraten noch niemals waren.“

Auch Pongo hatte sich aufgerichtet. Aufmerksam beobachtete er El Diablo. Der Plan war nicht schlecht. Der scharfe Verstand Pongos erkannte sofort die Vorteile, die er bot. Denn das war das einzige, was den schwarzen Piraten wirklich beunruhigte: daß die Spanier eines Tages mit einer Vielzahl stark armierter Schiffe eine Aktion gegen das ihnen verhaßte Piratennest Tortuga starten könnten. Trotzdem wollte Pongo auch den zweiten Vorschlag El Diablos hören, obwohl er bereits zu wissen glaubte, wie er lauten würde.

„Und dein zweiter Vorschlag, El Diablo?“ fragte er.

El Diablo nickte, als habe er mit dieser Frage gerechnet.

„Ich wußte, daß du danach fragen würdest, Pongo. Also gut: Wir vernichten den schwarzen Segler. Aber wir müssen darauf achten, daß wir einen der Wikinger oder diese Rote Korsarin fangen, lebend. Sonst werden wir die Schätze der Schlangen-Insel vielleicht niemals entdecken, denn diese Kerle sind nicht dumm. Dann lauern wir dem Seewolf und auch dem Franzosen mit seiner ‚Le Vengeur‘ auf, auch sie müssen vernichtet werden, wenn wir vor ihrer Rache sicher sein wollen. Und ich rate dir gut, unterschätze weder den einen noch den anderen. Denk an Caligu – er ist diesem Fehler zum Opfer gefallen, er glaubte, durch die Überzahl seiner Schiffe unschlagbar zu sein.“

El Diablo stand auf und reckte seine Glieder.

„Wenn das alles vorüber ist, Pongo, und wenn du meinen zweiten Vorschlag willst, dann werden wir beide miteinander kämpfen. Der Sieger erhält die ganze Beute, alles, was der andere besaß, Schiffe, Männer, Frauen und die Inseln. Das ist mein anderer Vorschlag, du kannst wählen.“

Pongo hatte sich ebenfalls erhoben.

„Wann willst du meine Antwort?“ fragte er.

„Sobald wir den schwarzen Segler vernichtet haben. Und jetzt müssen wir segeln, sonst …“

Pongo nickte, dann fuhr er plötzlich herum. Eine der Wachen, die sie auf der Insel zurückgelassen hatten, lief durch die Dunkelheit heran. Geschickt schwang sich der Mann an Bord der Karacke.

„Sie haben ein Boot ausgesetzt. Sechs von ihnen sind an Land gegangen, sie wollen zur ‚Schildkröte‘, sollen wir sie …“

„Wer ist an Land gegangen? Männer, die Helme tragen und in Felle gekleidet sind?“ fragte Pongo dazwischen.

„Ja, seltsame Kerle, unter ihnen ein wahrer Riese mit einem grauen Bart. Auch eine Frau ist bei ihnen, sie …“

„Die Rote Korsarin, El Diablo. Der Riese ist der Wikinger, und die anderen sollen auch Nordmänner sein, kaum weniger gefährlich als er selber. Sie werden zu Diego wollen. Lassen wir sie. Wenn der schwarze Segler in die Luft geflogen ist, dann haben wir sie in der Falle. Alle. Das ist gut!“ Pongo rieb sich die Pranken.

El Diablo grinste ebenfalls, aber es war ein böses und mörderisches Grinsen, das sein Gesicht überzog.

„Du hast recht, Pongo, los jetzt. Aber laß diese Kerle beobachten, laß eine Kette von Spähern zum Hafen bilden, wir müssen genau wissen, was sie tun.“

Pongo gab die nötigen Befehle. Anschließend warf die Karacke die Leinen los und verließ die Bucht. Nur die notwendigsten Männer befanden sich an Bord, das Beiboot war bereits zu Wasser gelassen und hing im Schlepp. Es würde nicht viel Zeit bleiben, das Schiff zu verlassen und sich in Sicherheit zu bringen, wenn die Karacke zum Brander geworden war.

Nachdem Thorfin Njal, Siri-Tong und seine vier Wikinger den schwarzen Segler verlassen hatten, war der Boston-Mann aktiv geworden. Genau wie die Rote Korsarin kam ihm die ganze Sache nicht geheuer vor. Er rechnete mit irgendeiner Teufelei der Piraten.

Eine Weile stand er auf dem Achterkastell des großen Viermasters und starrte ins dunkle Wasser. Das Unwetter hatte sich gegeben, nur noch vereinzelt zuckten Blitze über das Firmament, denen später dann ein schwacher Donner folgte.

Juan, der Bootsmann, beobachtete ihn. Er war dem schweigsamen Boston-Mann nicht gerade grün, aber er hatte aus bitterer Erfahrung die Notwendigkeit eingesehen, ihn zu respektieren. Der Boston-Mann hatte unheimliche harte und schlagkräftige Fäuste, wenn es darauf ankam. Und schlagenden Beweisen trug Juan durchaus Rechnung, das war das erste, was er in seinem Leben gelernt hatte.

Der Boston-Mann trat auf ihn zu.

„Es ist gefährlich, in diesem Hafen fest an einem Anker zu hängen. Vielleicht müssen wir ganz rasch irgendwohin verholen. Deshalb schnappst du dir jetzt vier Mann, ihr nehmt eure Äxte mit und bezieht Position auf dem Vorkastell.

„Äxte?“ fragte Juan und zog ein wirklich saudummes Gesicht.

„Äxte. Genau das. Und mit ihnen werdet ihr die Ankertrosse kappen, sobald ich das befehle. Außerdem läßt du ein Boot bemannen, das große. Nimm die stärksten Männer. Sie werden sich vor den Bug unseres Schiffes hängen. Wenn nötig, wird gepullt, was das Zeug hält. Kapiert?“

Juan schüttelte den Kopf.

„Du hast es also nicht begriffen“, sagte der Boston-Mann geduldig. „Dann will ich es dir noch einmal genau erklären.“

Die Augen des Bootsmannes begannen tückisch zu funkeln. Diesen Ton vertrug er am allerwenigsten. Aber er hielt sich zurück, denn die Miene des Boston-Mannes verhieß nichts Gutes.

„Ich will, daß wir manövrierfähig bleiben. Und zwar so schnell, wie das vielleicht geschehen muß. Kannst du dir nicht vorstellen, daß wir von See her angegriffen werden könnten? Wenn nicht, dann denk drüber nach, aber veranlasse jetzt alles, was ich befohlen habe. Verstanden?“

Juan spürte die kalte Wut in sich hochsteigen, aber wieder sagte er nichts, sondern verschwand vom Achterdeck. Einen Augenblick später brüllte er seine Befehle über Deck.

Der Boston-Mann beobachtete, wie die Männer nur widerwillig gehorchten. Vor allem sah er noch im Schein der Deckslaternen, daß Missjöh Buveur wieder einmal stockbetrunken war.

Mit ein paar Sätzen war er auf dem Geschützdeck.

Dann griff er sich den Betrunkenen.

„Jetzt reicht’s, Buveur. Ich habe dich oft genug gewarnt, morgen früh melde ich dich dem Kapitän. Was dir dann blüht, das weißt du.“

Missjöh Buveur erbleichte, und vor Schreck rülpste er so laut, daß die Umstehenden erschrocken zusammenfuhren. Erstens verwirrte ihn, daß der Boston-Mann sich plötzlich gesprächig zeigte. Normalerweise brachte er den Mund kaum auf, sondern sagte nur hin und wieder ein paar Worte, wenn sie unumgänglich notwendig waren. Zum zweiten hatte er panische Angst davor, sich bei der Roten Korsarin melden zu müssen, denn die konnte wirklich verdammt ekelhaft werden.

„D – da – das ka – kannst du nicht tun“, stotterte er voller Entsetzen. „Ei – ein kleiner Schluck, d – das ka – kann doch ni – nicht schaden, Ma – Mann!“

Dem Boston-Mann riß die Geduld. Er packte den Betrunkenen kurzerhand im Genick und schob ihn dem Bootsmann zu.

„Einsperren, Juan, in die Vorpiek. Der Kerl ist uns nur im Wege. Diesmal reicht’s endgültig. Und jetzt an die Arbeit, verdammt!“

Die letzten Worte waren für die Verhältnisse des Boston-Mannes sehr laut gesprochen. Muddi, der in diesem Moment hinter einem der Geschütze auftauchte, blieb wie angewurzelt stehen. Aus schmalen Augen beobachtete er die Szene, aber dann flitzte er los, als Juan ihn anbrüllte.

Bill the Deadhead, ein großer stämmiger Kerl, der immer eine schwere, grobe Kette mit einem handtellergroßen Totenkopf aus massivem Gold um den Hals trug, lachte.

„Recht so, Juan, es wird Zeit, daß du diesen beiden Bilgenschweinen mal ordentlich Feuer unter den Hintern machst. Ich bin ganz der Meinung vom Boston-Mann: Heute nacht ist noch einiges gefällig! Also los, runter mit dem Boot, ihr lausigen Decksaffen!“

Bill the Deadhead konnte sich diesen Ton durchaus leisten, denn er war auf der langen Reise zum Decksältesten avanciert. Außerdem war er genau der Kerl, der sich auch gegen drei andere gleichzeitig mit seinen Fäusten durchzusetzen wußte.

Eine hektische Tätigkeit auf dem schwarzen Segler begann. Nicht zu früh – das sollte den Männern des schwarzen Drachenschiffes schon sehr bald klar werden.

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9783954395033
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