Faust in 60 Minuten

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Faust in 60 Minuten
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Johann Wolfgang von Goethe

Faust

in 60 Minuten

Der Tragödie erster Teil

in einer gekürzten Fassung von Lukas Jan Reinhard

Vorwort

Warum sollte man eine gekürzte Fassung von Faust lesen? Bei einem literarischen Meisterwerk, wie dem Lebenswerk von Goethe, gibt es keinen einzigen belanglosen Satz, ist es um jede Szene schade. Wieso sollte man auch nur eine dem Leser vorenthalten wollen? Man kauft ja schließlich auch kein halbes Hemd?

Faust ist ein sehr umfangreiches Werk. Gerade die Menge an Ideen und Gedanken lassen den noch unerfahrenen Leser schnell schwindlig werden. Im Faust steckt so viel, dass ein Einsteiger in die Literatur schnell den Überblick verliert und Gefahr läuft, das gewaltige Werk bald schon frustriert auf die Seite zu legen. Das ist vielleicht doch nichts für mich, mag er denken. Oder schlicht: Das ist mir zu hoch. Und das ist schade, denn im Kern ist Faust eine einfache Geschichte.

Faust beruht auf einer alten Legende: Der Teufel wettet mit Gott, dass er den nach Wahrheit strebenden Dr. Faust zum Bösen bekehren kann. Um dies zu erreichen, bietet er Faust einen Pakt an: allumfassende Weisheit gegen dessen Seele. Bei Goethe umgeht Faust den Pakt und bietet dem Teufel im Gegenzug eine Wette: Wenn es diesem gelänge, Faust von seinem Streben nach der Erkenntnis der letzten Dinge abzubringen und stattdessen zu schnöder Lust zu verführen, dann könne er dessen Seele erhalten.

FAUST:

Werd ich zum Augenblicke sagen:

Verweile doch! du bist so schön!

Dann magst du mich in Fesseln schlagen,

Dann will ich gern zugrunde gehn!

Faust glaubt an seine Standfestigkeit und daran, dass er seinen neuen, höllischen Gefährten mit dessen magischen Fähigkeiten dazu benutzen kann, zu erkennen “was die Welt im Innern zusammenhält”. Der eine benutzt den anderen zu seinen eigenen Zielen. Wer ist stärker? Daraus bezieht Faust seine Spannung.

Um Fausts Sehnsucht nach Höherem zu niederen irdischen Gelüsten umzulenken, hilft Mephistopheles ihm das junge, hübsche Gretchen zu verführen. Faust verliebt sich aber aufrichtig und zärtlich in das tugendhafte Mädchen, und diese scheint eher das Gute in ihm zu wecken. Der Plan des Teufels droht schiefzugehen, aber der Teufel wäre nicht der Teufel, wenn er nicht noch einen teuflischen Plan in Petto hätte.

So klingt das Ganze wie die Inhaltsangabe zu einem fantastischen Film. Goethe war als junger Mann von einer Aufführung der alten Faustsage in einem Puppentheater so begeistert, dass er ein anspruchsvolles Schauspiel für die große Bühne darüber schreiben wollte. Er arbeitete sein halbes Leben daran, und heraus kam sein wichtigstes Werk und das vielleicht neben Shakespeares “Hamlet” wichtigste Werk des abendländischen Theaters.

Wenn die Geschichte so einfach ist, weshalb gilt dieses Drama als so anspruchsvoll? Warum ist das Werk so umfangreich? Was macht daran das Tiefgründige aus? Goethe nutze die einfache Geschichte, um in seinem Text all die Fragen zu stellen, die ihn am meisten im Leben bewegten. Seine Länge bezieht die Tragödie vor allem aus den wunderbaren, inhaltsschweren Monologen, aus Streitgesprächen zwischen Faust und Mephistopheles oder zwischen Faust und seinem Schüler und Gehilfen Wagner, sowie aus zahlreichen kleinen Nebenhandlungen. Es ist eigentlich aufgebaut wie ein großes Deckengemälde, in dem sich um das zentrale Motiv zahlreiche kleinere Motive tummeln, viele wunderbare kleine Szenen von großer poetischer Kraft und teilweise auch voll geistreichen Witzes. Lässt man all diese Szenen fort, und beschränkt die Monologe und Dialoge lediglich auf das, was für die eigentliche Handlung notwendig ist, so schrumpft das Werk in seiner Länge schnell um die Hälfte.

Genau dies wurde in dieser Ausgabe getan, um dem Leser den Einstieg in Goethes Poesie zu erleichtern. Sie soll wie ein Wegweiser beim ersten Lesen helfen, den roten Faden der Geschichte durch das Mammutwerk nicht zu verlieren. Sie soll dem Leser so etwas wie ein “geführtes Querlesen” ermöglichen. Es ist auch unter Literaturliebhabern, und gerade unter Fachleuten, nicht unüblich sich einem neuen Text erstmal durch ein “Querlesen” anzunähern. Man liest den Anfang, dann blättert man ein paar Seiten vor, schaut was da passiert und wiederholt dies zwei bis dreimal. So hat man schon einmal einen ungefähren Überblick über die Handlung und den Charakter des Werkes bekommen, und kann entscheiden, ob sich dessen Lektüre lohnt.

Bei Goethes Faust könnte es theoretisch leicht passieren, dass man von Monolog zu Monolog weiterblättert, von Nebenhandlung zu Nebenhandlung und so am Ende immer noch keine Vorstellung hat, um was es in diesem Stück eigentlich geht. Wie die Brotkrummen im Märchenwald von Hänsel und Gretel soll diese Ausgabe helfen den Weg der Handlung durch den ersten Teil der Tragödie zu finden, und man wird feststellen, dass diese gar nicht so kompliziert ist.

Nun kann man sagen, man könnte genauso gut eine Inhaltsangabe lesen, aber das ist nicht dasselbe, denn in einer Inhaltsangabe fehlt etwas, was gerade für dieses Werk von elementarer Bedeutung ist: Goethes zutiefst poetische Sprache.

Im Theater ist übrigens gerade bei klassischen Texten das Kürzen gang und gäbe. Eine ungestrichene Version allein vom ersten Teil der Tragödie würde problemlos bis zu fünf Stunden dauern. Selbst wenn Sie eine dreistündige Fassung sehen, können Sie davon ausgehen, dass etliches daraus gestrichen wurde. Versuchen Sie mal beim Betrachten einer Faust-Verfilmung, wie zum Beispiel der berühmten Verfilmung der Gründgens-Inszenierung, den Originaltext mit zu lesen. Sie würden schnell den Faden verlieren, weil sie ständig vorblättern müssten, und würden feststellen, dass im Original unzählige Textstellen stehen, die in der Verfilmung gar nicht gesprochen werden.

Auf dem Theater hat das Kürzen einen rein pragmatischen Zweck. Es will dem Zuschauer ersparen nach einem Arbeitstag bis nachts um eins im Theater sitzen zu müssen. Der Regisseur streicht all das, was von dem ablenkt, was er mit seiner Inszenierung sagen will. Früher gingen übrigens tatsächlich viele Theateraufführungen bereits am Nachmittag los und dauerten bis in den Abend.

Bei Buchausgaben gelten gekürzte Fassungen als verpönt, betrügt man doch den Leser um das komplette Werk. Natürlich kann eine gekürzte Fassung die Lektüre des Originals nicht ersetzen, aber sie kann darauf neugierig machen. Sie kann eine ideale Vorbereitung auf einen Theaterbesuch sein, oder einfach nur ein geistiges Vorkosten, um zu testen, ob man sich wirklich an das Original wagen möchte. Und später, beim Lesen des Originals, wird man es sehr viel leichter haben, sich darin zurecht zu finden. Und wenn jemand einfach nur eine gekürzte Fassung lesen möchte, um mitreden zu können, sich aber vor dem Original scheut oder keine Zeit findet dies zu lesen, warum nicht? Es ist ein normales menschliches Bedürfnis, mitreden zu wollen.

Diese Ausgabe wurde so gestrichen, dass die Lektüre einfach und flüssig wird, so dass man den Faust auch müde vor dem Einschlafen lesen kann, oder auf dem Handy in der U-Bahn. Um den Lesefluss zu erleichtern, wurden heute nicht mehr gängige Worte leicht verständlich kurz in Fußnoten erklärt. Faust soll hier in erster Linie spannend sein, fesseln, faszinieren und natürlich auch anrühren. Und wen diese Geschichte berührt, der wird alles weitere von allein finden. In diesem Sinne wünsche ich Ihnen spannende und anregende Stunden der Literatur.

Lukas Jan Reinhard

Der Tragödie erster Teil

Prolog im Himmel.

Der Herr. Die himmlischen Heerscharen. Nachher Mephistopheles.

Die drei Erzengel treten vor.

RAPHAEL:

Die Sonne tönt, nach alter Weise,

In Brudersphären Wettgesang,

Und ihre vorgeschriebne Reise

Vollendet sie mit Donnergang.

GABRIEL:

Und schnell und unbegreiflich schnelle

Dreht sich umher der Erde Pracht;

Es wechselt Paradieseshelle

Mit tiefer, schauervoller Nacht.

ZU DREI:

Der Anblick gibt den Engeln Stärke,

Da keiner dich ergründen mag,

Und alle deine hohen Werke

Sind herrlich wie am ersten Tag.

MEPHISTOPHELES:

Von Sonn' und Welten weiß ich nichts zu sagen,

Ich sehe nur, wie sich die Menschen plagen.

Der kleine Gott der Welt* bleibt stets von gleichem Schlag,

Und ist so wunderlich als wie am ersten Tag.

* Gemeint ist der Mensch, der laut der Bibel ja nach dem Ebenbild Gottes geschaffen wurde.

DER HERR:

Hast du mir weiter nichts zu sagen?

Kommst du nur immer anzuklagen?

Ist auf der Erde ewig dir nichts recht?

MEPHISTOPHELES:

Nein Herr! ich find es dort, wie immer, herzlich schlecht.

Die Menschen dauern mich in ihren Jammertagen,

Ich mag sogar die armen selbst nicht plagen.

DER HERR:

Kennst du den Faust?

MEPHISTOPHELES:

Den Doktor?

DER HERR:

Meinen Knecht!

Wenn er mir auch nur verworren dient,

So werd ich ihn bald in die Klarheit führen.

MEPHISTOPHELES:

Was wettet Ihr? den sollt Ihr noch verlieren!

Wenn Ihr mir die Erlaubnis gebt,

Ihn meine Straße sacht zu führen.

DER HERR:

Solang er auf der Erde lebt,

So lange sei dir's nicht verboten,

Es irrt der Mensch so lang er strebt.

MEPHISTOPHELES:

Da dank ich Euch; denn mit den Toten

 

Hab ich mich niemals gern befangen.

Am meisten lieb ich mir die vollen, frischen Wangen.

DER HERR:

Nun gut, es sei dir überlassen!

Zieh diesen Geist von seinem Urquell ab,

Und führ ihn, kannst du ihn erfassen,

Auf deinem Wege mit herab,

Und steh beschämt, wenn du bekennen mußt:

Ein guter Mensch, in seinem dunklen Drange,

Ist sich des rechten Weges wohl bewußt.

MEPHISTOPHELES:

Schon gut! nur dauert es nicht lange.

Mir ist für meine Wette gar nicht bange.

Wenn ich zu meinem Zweck gelange,

Erlaubt Ihr mir Triumph aus voller Brust.

Staub soll er fressen, und mit Lust,

Wie meine Muhme*, die berühmte Schlange.

* Altdeutsche, umgangssprachliche Bezeichnung für weibliche Verwandte

DER HERR:

Du darfst auch da nur frei erscheinen;

Ich habe deinesgleichen nie gehaßt.

Von allen Geistern, die verneinen,

ist mir der Schalk am wenigsten zur Last.

Des Menschen Tätigkeit kann allzu leicht erschlaffen,

er liebt sich bald die unbedingte Ruh;

Drum geb ich gern ihm den Gesellen zu,

Der reizt und wirkt und muß als Teufel schaffen.

Der Himmel schließt, die Erzengel verteilen sich.

MEPHISTOPHELES allein:

Von Zeit zu Zeit seh ich den Alten gern,

Und hüte mich, mit ihm zu brechen.

Es ist gar hübsch von einem großen Herrn,

So menschlich mit dem Teufel selbst zu sprechen.

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