Depression. Das Richtige tun

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Wenn kein Auslöser erkennbar ist

Verständlicherweise suchen Betroffene nach dem auslösenden Moment, der Krise, dem Trauma, allgemein der Ursache für die Depression. Auch Sie als Angehöriger möchten verstehen, warum der geliebte Mensch erkrankt ist, obwohl er doch vorher ganz anders war. Die verschiedenen möglichen Ursachen zeigen auch, dass es wichtig ist, nach konkreten Auslösern zu suchen, zumal sich einige der körperlichen Ursachen sogar sehr einfach behandeln lassen.

In vielen Fällen wird jedoch keine körperliche Ursache für die Depression gefunden. Ebenso wenig ist immer ein traumatisches (Kindheits-)Ereignis bekannt, das ursächlich sein könnte. Manche Depressionen treten ohne klar nachvollziehbaren Auslöser auf. Meist liegt es dann an einer Kombination aus erblichen und Umweltfaktoren, aus Entwicklungs- und Persönlichkeitsfaktoren und neurobiologischen Störungen. Dann sieht es so aus, als gäbe es keinen Grund, weil wahrscheinlich keiner der Parameter allein ausreichen würde, um die Krankheit auszulösen.

Auch wenn man sich wünscht, zu verstehen, warum der Angehörige die Krankheit bekommen hat, ist es nicht zielführend, sich auf die Suche nach einer eindeutigen Ursache zu versteifen. Vielmehr sollte der Fokus darauf gerichtet werden, die Krankheit als vorhanden zu akzeptieren und im Hier und Jetzt nach dem bestmöglichen Umgang damit zu suchen.

Verlauf in Phasen

Depressionen können nicht nur in unterschiedlicher Stärke bzw. Schwere auftreten, sondern unterscheiden sich auch dadurch, ob es eine einmalige Episode ist oder ob sie wiederkehrt. Unbehandelt dauert eine Erkrankungsphase meist zwischen sechs und zwölf Monaten. Durch eine professionelle Behandlung verkürzen sich sowohl die Dauer als auch die Schwere der Symptome.

Wird erstmalig eine Depression diagnostiziert, weiß weder der Erkrankte noch der Arzt, ob es sich um eine einmalige Phase handelt oder nicht. Weit häufiger als eine einzige Episode ist jedoch das wiederholte Auftreten. Etwa 60 Prozent erleben mindestens zwei Episoden. Interessanterweise können sich erneute Episoden deutlich von den vorangegangenen unterscheiden, sodass manche Erkrankte von der Art der Ausprägung selbst überrascht werden und die Beschwerden nicht gleich als eine neue depressive Phase erkennen. Häufiger ist es jedoch so, dass sich die Episoden ähneln. Während der Therapie erarbeiten Erkrankte, wie die Depression bei ihnen begonnen hat und auf welche frühen Anzeichen sie achten können, um bei einer erneuten Erkrankung schnell reagieren zu können.

Bei etwa jedem zehnten Erkrankten dauert die depressive Episode länger als zwei Jahre. In dieser Zeit kann die Intensität der Symptome schwanken, doch sie gehen nie ganz weg. Bei diesen Patienten spricht man von einer chronischen Depression.

Abgrenzung zur einer bipolaren Störung

Bei wiederkehrenden Formen der Depression wird zusätzlich zwischen unipolarer und bipolarer Ausprägung unterschieden. Während Betroffene einer unipolaren Depression nur ein Extrem kennen, wechseln sich bei bipolar Erkrankten die beschriebenen Phasen der Niedergeschlagenheit (siehe S. 13) mit Phasen großen Tatendrangs voller Übermut und Aktivität ab. Gebräuchlich ist auch noch der ältere Begriff „manisch-depressiv“.

Manien können gefährlich werden

Während einer solchen manischen Phase empfinden sich Betroffene häufig nicht als leidend. Vielmehr werden die große zur Verfügung stehende Energie, die Kreativität, der Schaffensdrang und das geringe Schlafbedürfnis als angenehm empfunden. Es besteht aber die Gefahr, dass die Betroffenen in dieser Phase die Kontrolle über ihre Fähigkeiten und ihr Handeln verlieren und die Konsequenzen ihrer Taten nicht mehr einschätzen können. Riskante Verhaltensweisen und fatale Fehleinschätzungen sind nicht selten. So wird beispielsweise während manischer Phasen der Job gekündigt oder viel Geld ausgegeben.

Sollten Sie den Verdacht haben, dass Ihr Angehöriger nicht nur depressive, sondern auch manische Phasen erlebt, sollten Sie den Arzt oder Therapeuten darauf hinweisen (siehe S. 28). Denn Betroffene fühlen sich während ihrer Hochphase so gut und stark, dass sie häufig nicht einsichtig sind. Sie fühlen sich nicht krank und wollen daher keine Medikamente einnehmen bzw. setzen diese eigenmächtig ab. Eine Behandlung beider Extreme ist notwendig.

Gibt es einen biologischen Sinn der Depression?

Bei vielen Krankheiten, besonders bei schweren Erkrankungen, sucht man vergeblich nach dem biologischen Sinn, nach einer Erklärung dafür. Warum lässt ein Organismus zu, dass wuchernde Krebszellen ihn umbringen? Warum richten manche Krankheitserreger im Körper so schwere Schäden an, wo es ihnen doch eigentlich nur um die stetige Weiterverbreitung gehen müsste?

Auch bei Depressionen fragen sich Betroffene und Angehörige in ihrer Verzweiflung, was das denn alles soll, wofür das gut sein könnte und warum ausgerechnet man selbst bzw. der eigene Angehörige erkrankt. Die zerstörerische Art, mit der Depressionen das Leben beeinträchtigen können, scheint mindestens sinnlos, bestenfalls kontraproduktiv. Es gibt allerdings auch eine andere Betrachtungsweise, die vielleicht helfen kann, Depressionen zu verstehen:

Unterschiede zwischen Betroffenengruppen: Auch wenn jede Depression individuell ist, gibt es bei bestimmten Gruppen typische Besonderheiten. Bei Männern ist eine (leichtere) Depression oft schwerer zu erkennen, weil sie sich anders äußert (siehe S. 15), auch die Wochenbettdepression bei Frauen, die vor Kurzem ein Kind bekommen haben, ist ein Spezialfall (siehe S. 32). Depressionen bei Kindern und Jugendlichen sowie bei alten Menschen müssen ebenfalls in ihren Ursachen und Symptomen gesondert betrachtet werden.

Die Notbremse des Körpers

Psychotherapeuten sehen in der Depression eine Art Notbremse des Körpers. In den Situationen, die der Betroffene als Bedrohung erlebt, zieht er sich zurück und fährt einen Schutzschild um sich herum hoch.

Jede Depression ist anders

Die Vielfalt der möglichen Ursachen und Krankheitssymptome, die in beinahe beliebiger Kombination zusammentreffen können, zeigt, dass jede Depression ein eigenes Gesicht hat. Von Mensch zu Mensch können sich die Symptome in Schwere, Dauer, Zusammensetzung und Verlauf unterscheiden. Manche Erkrankte sind lethargisch und ohne jeden Antrieb, andere sind rastlos und extrem unruhig. Bei manchen führt die große Traurigkeit dazu, dass sie viel weinen, andere fühlen sich so gefühlsleer, dass sie nicht mal mehr weinen können. Manche leiden unter einem Morgentief, kommen kaum aus dem Bett, doch über den Tagesverlauf bessert sich das Wohlbefinden, anderen geht es am Abend besonders schlecht, wiederum andere spüren kaum Schwankungen über den Tag. Für Sie bedeutet das, dass Sie das Bild, das Sie von Menschen mit Depressionen haben, vielleicht überdenken müssen. Oft stellt man sich „den Depressiven“ traurig, weinend und im Bett liegend vor. Das kann so sein, ist aber in vielen Fällen anders – und trotzdem handelt es sich um eine Depression.


„Mir ist es wichtig, mir Freiräume fern der Depression zu schaffen.“

Riccardo Piras

Was bedeutet die Diagnose für Sie?

Depressionen wirken weit ins Umfeld hinein. Während den Betroffenen die Fähigkeit zu fühlen verloren geht, erleben die Angehörigen eine belastende Achterbahn der Gefühle.

Aus nächster Nähe mitzuerleben, wie sich ein geliebter Mensch verändert und nicht mehr zugänglich ist, ist enorm belastend. Als Angehöriger haben Sie bemerkt, dass etwas anders war als zuvor. Vielleicht konnten Sie sich zunächst keinen Reim darauf machen, waren irritiert von dem Verhalten und suchten nach Gründen. „Habe ich etwas getan, das meine Partnerin verletzt hat?“ „Was ist vorgefallen, das die Traurigkeit meines Bruders erklärt?“ „Warum sagt mir meine Tochter nicht einfach, was los ist?“ Auch der Betroffene selbst hat auf solche Fragen normalerweise keine Antworten. Denn es gehört zum Wesen der Krankheit, dass es keinen einfachen äußerlichen Grund gibt, der allein die extremen Auswirkungen auf Körper und Seele erklären könnte (siehe S. 13). Dazu kommen ganz praktische Dinge: Durch die Antriebslosigkeit und Müdigkeit bleiben in einem gemeinsamen Haushalt Dinge liegen, die eigentlich in den Aufgabenbereich des Betroffenen gefallen sind. Wäsche wird nicht mehr weggeräumt oder gewaschen, Briefe werden nicht mehr geöffnet, Rechnungen nicht mehr bezahlt, die Wohnung wird nicht mehr geputzt. Viele Angehörige übernehmen diese Aufgaben, um den Betroffenen zu entlasten und damit er sich erholen kann. Doch ist das gut so? Hilft das wirklich dem Betroffenen?

 

Wahrscheinlich wissen Sie aber auch nach der Diagnose nicht genau, wie Sie mit dem depressiv Erkrankten am besten umgehen sollen, was helfen könnte und was möglicherweise schadet. Leider ist von dem Betroffenen dazu oft nicht viel Konkretes zu erfahren. Während einer depressiven Phase kreisen seine Gedanken und Sorgen viel um ihn selbst. Für die Bedürfnisse anderer Personen ist wenig Raum. Ganz anders in diesem Buch, das die Bedürfnisse der Angehörigen in den Mittelpunkt stellt. Dabei soll das große Leid des Betroffenen keineswegs aus dem Blickfeld geraten. Doch gerade bei einer Krankheit wie einer Depression sind die nahestehenden Angehörigen und enge Freunde stark mitbetroffen, stärker als bei vielen anderen Erkrankungen.

Die Krankheit akzeptieren

Eine Depression ist anders als andere Krankheiten. Sie hat die Kraft, auch die Angehörigen in einen negativen Strudel zu ziehen.

Eine Depression ist schwer zu verstehen. Von außen ist nichts zu sehen, es ist oft kein Auslöser erkennbar, der das Verhalten des Betroffenen erklären würde. Und dennoch leidet er, Sie selbst können scheinbar nichts tun, um die Situation für ihn zu bessern. Vielleicht haben Sie zunehmend das Gefühl, ungerecht behandelt zu werden und selbst Opfer der Krankheit zu sein. Das Umfeld, sofern es von der Erkrankung weiß, zeigt häufig viel Mitgefühl mit dem Betroffenen, jeder versucht, ihn zu unterstützen und zu helfen. Oder das Umfeld kann mit der Diagnose nichts anfangen, zieht sich zurück oder denkt insgeheim, dass Sie sich zu wenig um den Betroffenen gekümmert hätten. Ihre eigene Situation gerät dabei möglicherweise in den Hintergrund. Die Folge kann, neben einer hohen Belastung und Erschöpfung, auch Groll sein – zuerst auf die Krankheit, nach und nach auch auf den Erkrankten.

Wenn Sie so empfinden, dann ist das gut nachvollziehbar. Eine Reihe Ihrer eigenen Probleme ist ja tatsächlich erst durch die Krankheit des anderen entstanden. Dennoch verbieten sich viele Angehörige diese Emotionen oder fühlen sich schlecht dabei. Es erscheint ihnen moralisch und emotional nicht richtig, sich zu beschweren. Schließlich ist man selbst gesund, während der andere doch tatsächlich krank ist. Also versucht man, sein schlechtes Gewissen zu beruhigen und noch mehr zu helfen – doch die Lage verbessert sich nicht. Gerade darin liegt eine Gefahr:

Hilflosigkeit und Selbstüberschätzung

Angehörige glauben häufig, die Krankheit in den Griff zu bekommen und die Situation kontrollieren zu können. Das funktioniert leider nicht. Die Hilflosigkeit kombiniert mit Selbstüberschätzung kann sehr belastend sein, es kommt immer wieder zu Misserfolgen und Enttäuschungen. Auf diese Weise können Sie dem Kranken nicht helfen, es kann sogar seine Situation verschlechtern und Sie selbst krank machen.

Wahrscheinlich lesen Sie dieses Buch, um zu erfahren, wie Sie mit der Gesamtsituation, Ihren teilweise widerstrebenden Gefühlen und dem Betroffenen umgehen sollen. Doch vor dem Handeln steht eine bedeutende, schwierige, aber sehr wichtige Aufgabe: die Krankheit Depression zu akzeptieren. Aber was bedeutet das für Sie nun genau?

Verstehen und helfen

Auch der Betroffene versteht nicht, was mit ihm geschieht. Er merkt nur, dass etwas mit ihm nicht stimmt, dass sich eine innere Leere und bleierne Müdigkeit ausbreiten. Wahrscheinlich kämpft er sogar dagegen an und versucht, den Alltag zumindest in einigen Bereichen aufrechtzuerhalten. Beispielsweise versucht er, den Arbeitsalltag noch so gut es geht zu absolvieren. Doch dann ist zu Hause keine Kraft mehr übrig für die Beziehung zum Partner, zu den Kindern oder Freunden. Unverständnis gerade der Menschen, die ihm am nächsten stehen, verstärkt dann das Gefühl des Versagens und der Hilflosigkeit.

Die Symptome als Teil der Krankheit erkennen

Vielleicht wehren Sie sich noch dagegen, anzuerkennen, dass der Betroffene nicht aus Unlust, Faulheit oder mit irgendeiner Absicht so handelt, wie er es tut. Vielleicht haben Sie an sich schon beobachtet, dass Sie den Zustand des Betroffenen kleinreden möchten. „Jeder hat mal eine schwere Zeit, da muss man sich zusammenreißen“ oder „Man kann doch wohl erwarten, dass sich der Betroffene ein bisschen mehr anstrengt. So schlimm kann das doch gar nicht sein.“ Kennen Sie solche Gedanken? Das wäre nicht verwerflich, das Verhalten eines depressiv Erkrankten ist für andere schwer nachvollziehbar. Doch selbst wenn es schwerfällt, dies voll und ganz zu begreifen: Die typischen Symptome wie mangelnder Antrieb, ständige Müdigkeit und Erschöpfung, Niedergeschlagenheit und Hoffnungslosigkeit sind die Krankheit. Ein depressiv erkrankter Mensch kann nicht sagen: „Ich bin zwar gerade in einer depressiven Phase, aber ich komme da wieder raus, das wird wieder besser.“ Zur subjektiven Realität des Kranken gehört die Überzeugung, dass es keinen Ausweg gibt und dass es nie wieder besser werden wird.

Dass es sich beim Zustand Ihres Angehörigen um eine Depression handelt und dass dies eine Krankheit ist, wissen Sie wahrscheinlich schon länger. Aber im Vergleich zu anderen Erkrankungen ist das Bild so schwer greifbar. Was ist diese Depression? Symptome wie „Antriebslosigkeit“ oder „Niedergeschlagenheit“ sind zunächst nur abstrakte Begriffe. Umfangreiches Wissen zum Wesen der Krankheit, zu möglichen Ausprägungen, Folgen und Auswirkungen können dabei helfen, Ihre Sicht auf den Betroffenen zu verändern und den Einfluss der Krankheit auf Ihren Alltag zu erkennen. Wenn Sie verstehen, dass die Depression es unmöglich macht, den Betroffenen auf herkömmliche Art aufzumuntern, kann Ihnen das Enttäuschungen ersparen und Sie können die Energie in anderen Bereichen besser einsetzen. Sie sollten also lernen, die Krankheit wirklich zu verstehen, damit Sie selbst während dieser schweren Phase gesund bleiben und Ihren Angehörigen möglichst gut begleiten können.

Es kann helfen, sich vor Augen zu führen und darüber zu informieren, dass eine Depression tatsächlich nachweisbare Veränderungen im Gehirn bewirkt (siehe S. 29). Niemand sucht sich aus, depressiv zu sein, und niemand ist schuld daran, zu erkranken.

Die Belastung für die Beziehung akzeptieren

Wenn es gelingt, wirklich zu verstehen, dass das Verhalten des Betroffenen Teil der Krankheit ist, kann das eine große Erleichterung sein. Anstelle des Nichtwahrhabenwollens tritt nun die Akzeptanz der Diagnose. Wichtig ist dann Folgendes:

Grau ist die Farbe der Depression. Depressiv Erkrankte sehen im Wortsinn schwarz oder zumindest grau. Sie können Kontraste nicht mehr so deutlich wahrnehmen und fühlen sich von gedeckten Farben mit Grautönen angezogen. Die Welt um sie herum verliert an Farbe und Fröhlichkeit.

„So schlimm ist das doch gar nicht!“ Solche Aussagen helfen nicht. Ob jemand depressiv erkrankt, ist nicht davon abhängig, wie schlimm ein möglicher Auslöser ist – es muss nicht immer ein schweres Trauma sein, auch scheinbar „banale“ Gründe können eine Depression auslösen. Und zum Teil findet man auch gar keinen Auslöser. Daher sind Aussagen wie „Wegen so einer Lappalie muss man doch nicht gleich so reagieren“ oder „So was haben schon ganz andere durchgemacht“ nicht hilfreich.

Sie brauchen Geduld

Nach der Diagnose möchten die meisten Angehörigen gern etwas tun. Sie wollen helfen, damit es dem Betroffenen besser geht und die Krankheit möglichst schnell überstanden sein wird. Alles soll so bald wie möglich wieder so sein wie früher. Doch leider ist es nicht so einfach. Die Behandlung einer Depression braucht Zeit – ebenso brauchen Sie Zeit, um einen Weg zu finden, gut damit umzugehen.

Angehörige und auch Freunde finden sich häufig in dem Zwiespalt wieder, einerseits helfen zu wollen, aber gleichzeitig der bedrückenden Stimmung entkommen zu wollen. Eine depressiv erkrankte Person in der näheren Umgebung ist eine schwere Belastungsprobe für eine Beziehung, egal, ob es sich um eine Paarbeziehung, eine Eltern- Kind-, Geschwisterbeziehung oder enge Freunde handelt. Nicht jede Erkrankung führt dazu, dass Beziehungen kaputtgehen. Aber es ist im Bereich des Möglichen, denn die Negativität, Schwere und Leere kann tief in eine Beziehung eindringen. Unter Umständen ist es wichtig, dass Sie sich selbst davor schützen (siehe S. 164).

Dem Wesen der Krankheit ins Auge blicken

Die Krankheit zu akzeptieren bedeutet vor allem, sich von unrealistischen Hoffnungen zu verabschieden:

Vielleicht wird die Krankheit Sie und Ihren Angehörigen ein Leben lang immer wieder einmal begleiten.

Vielleicht wird es nicht mehr so, wie es vor dem Beginn der Erkrankung war.

Sie werden es nicht schaffen, den Erkrankten zu heilen, selbst wenn Sie sich noch so sehr anstrengen.

Sie können trotz großer Liebe und Zuneigung professionelle Hilfe nicht ersetzen.

Die Krankheit hält sich nicht an Vorgaben und Regeln und nimmt auch keine Rücksicht auf Ihre Bedürfnisse.

Die Depression ist eine Krankheit, die gut behandelt werden kann – wenn man sie behandelt!

Verstehen und helfen

Teufelskreis der Schuldgefühle. Einige Angehörige von depressiv Erkrankten gehen auf Distanz, um sich selbst zu schützen, denn im Hintergrund nagt oft die Frage, ob der Grund für das Verhalten des Betroffenen nicht auch ein schlechtes Gewissen sein könnte. Vielleicht hat der Betroffene tatsächlich einen großen Fehler gemacht oder ist in irgendeinem Zusammenhang schuldig geworden? Schließlich hat er ja Schuldgefühle! Doch diese Schuldgefühle sind ein Symptom der Krankheit, das durch das Verhalten der Menschen im Umfeld dann unbeabsichtigt noch weiter verstärkt werden kann.

Das klingt für Sie wahrscheinlich sehr hart. Vielleicht erzeugen diese Aussagen Trotz und Sie möchten das Buch zur Seite legen. Oder es macht sich Trauer in Ihnen breit, weil Sie ahnen, dass das ein schwerer Weg werden könnte. Egal, welche Gefühle Sie gerade wahrnehmen, es wird Ihnen helfen, wenn Sie nicht die Augen vor der Realität verschließen. Lassen Sie diese Gefühle zu. Sie werden wahrscheinlich besser durch diese Krise kommen, wenn Sie diese akzeptieren und sich nicht gegen die Krankheit auflehnen, gegen sie kämpfen, sie zu ignorieren versuchen und dabei auf die falschen Mittel setzen. Dadurch verausgaben Sie sich, werden vielleicht selbst krank und könnten unter Umständen den Krankheitsverlauf Ihres Angehörigen sogar ungünstig beeinflussen.

Wenn es Ihnen gelingt, die zuvor genannten Tatsachen als gegeben anzunehmen, werden Sie viel Kraft sparen, die Sie in den nächsten Monaten an anderen Stellen dringend brauchen. Die Krankheit zu akzeptieren bedeutet aber nicht, gegenüber dem Betroffenen gleichgültig zu werden, ihn gar aufzugeben oder nur noch auf sich zu schauen. Ganz im Gegenteil: Indem Sie sich nicht falschen Hoffnungen hingeben, verringern Sie die Gefahr, in Aktionismus zu verfallen, den Betroffenen unter Druck zu setzen und damit selbst in den Zustand der Erschöpfung zu rutschen. Sie erhalten sich also Ihre Kraft, was auch Ihrem Angehörigen zugutekommt.

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