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Das Mormonenmädchen Zweiter Band

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»Bleiben ein Geheimniß zwischen uns,« pflichtete Falk bei, »und unseren vereinigten Kräften und Bemühungen wird gewiß Manches gelingen, was wir in diesem Augenblick für unmöglich und unerreichbar halten.« —

Nach diesem feierlichen Uebereinkommen schien Weatherton sich mehr zu beruhigen, und bereitwillig gab er seinem Freunde eine umständliche Erzählung dessen, was Raft nur stückweise und höchst unzusammenhängend mitgetheilt hatte.

In dem Deutschen, welcher Weatherton den verhängnißvollen Brief übergeben und ihn demnächst nach dem Werft hinuntergeführt hatte, glaubte Falk wohl die aufgeblasene Gestalt des eitlen und charakterlosen Grafen zu erkennen; allein von der andern Seite schien es ihm auch wieder unglaublich, daß derselbe mit den Mormonen in

Verbindung getreten und sogar zu einem gemeinen Verbrecher herabgesunken sein könne. Jedenfalls aber beabsichtigte er, bei nächster Gelegenheit Veranlassung zu nehmen, über der beiden Edelleute heimliches Treiben genauere Erkundigungen einzuziehen, ob wirklich nur ihr meisterhaftes Kartenspiel ihnen in letzter Zeit die Mittel gewährt habe, sich mit einem ungewöhnlichen Luxus zu umgeben.

Sich noch einmal an Abraham, den schlauen Mormonenagenten zu wenden, hielten die beiden Freunde für überflüssig. Sie wußten, derselbe war, hatte er wirklich eine Hand im Spiele, zu verschlagen, zu vorsichtig und zu gut von seinen Spionen bedient, um ihnen gegenüber auch nur eine Unsicherheit in seinem Benehmen zu zeigen; abgesehen davon, daß er sie, bei seinen weit reichenden Hülfsmitteln, erst recht von der Spur Jansen’s und Rynolds’ abgeleitet und diese von jeder Verfolgung rechtzeitig in Kenntniß gesetzt haben würde.

Weatherton vertauschte in der That an demselben Abend noch des ehrlichen Stelzfußes Behausung mit dem St.-Nicolas-Hôtel. Der Verdacht, den er sowohl wie Falk schon von Anfang an auf die in New-York anwesenden Mormonen geworfen hatten, wurde zur Gewißheit, als sie entdeckten, daß die Durchsuchungsordre auf geheimnißvolle Art aus dem wohlverschlossenen Koffer Weatherton’s verschwunden sei. Sie nahmen an, daß man, wahrscheinlich um einer Durchsuchung des mit Kriegsmaterial mancher Art befruchteten Dampfbootes vorzubeugen und jede weitere Verfolgung von dieser Seite abzuschneiden, Weatherton’s Lebens als das eines gefährlichen Feindes, zu opfern beschlossen hatte.

Wegen Nichtbefolgung des an ihn ergangenen Befehls gelang es Weatherton, sich zu rechtfertigen, ohne mehr von der Wahrheit zu verrathen, als er für seine Zwecke dienlich hielt. Er gab nämlich vor, daß eben nur ein einfacher Raubmord gegen ihn unternommen worden sei. Seine Kopfwunde und Raft’s Aussagen waren der beste Beweis dafür; dagegen erholte er sich nicht so schnell von den Folgen seines Sturzes, um an Bord des Leoparden gehen zu können, als dieser schon nach zwei Tagen die Anker zu einer Kreuzfahrt nach den ostasiatischen Gewässern lichtete. Versehen mit einem zwölfmonatlichen Urlaub blieb er in New-York zurück.

Auch für Jim Raft gelang es ihm, Urlaub auszuwirken. Der alte Seemann schwankte lange in seiner Wahl zwischen dem Leoparden und dem Festlande. Die Zuneigung zu Lieutenant Dickie, dem Sohne des von ihm so hochverehrten, dahingeschiedenen alten Dickie, war indessen schließlich doch überwiegend, um so mehr, da dieser ihm bereitwillig versprach, sich durch den Urlaub nicht für gebunden zu erachten, sondern noch vor Ablauf der Frist den Leoparden auf dem andern Ende der Welt aufzusuchen.

5
Fort Utah

Der culturfähige Boden, der vorzugsweise die heimathlosen, westlich wandernden Mormonen zur Gründung ihres neuen Zion veranlaßte, liegt auf der Ostseite des großen Salzsees, unter den westlichen Abhängen des Wahsatch-Gebirges. Derselbe erstreckt sich in einer Breite, die zwischen zehn und fünfzig englischen Meilen schwankt, von der nördlichen Spitze des Salzsees gegen hundertfünfzig Meilen weit südlich, wo er in dem umfangreichen Becken des Utahsees endigt.

Der Jordan, ein von zahlreichen Gebirgsquellen genährter Strom, verbindet den Utahsee mit dem großen Salzsee, und führt das süße frische Wasser des ersteren in fast nördlicher Richtung dem letzteren zu. Er durchschneidet und bewässert daher einen Landstrich, der mit als der beste Theil des mächtigen Salzseethales bezeichnet werden darf, und der sogar dem Auge Scenerien bietet, auf welchem es gern und lange haften bleibt.

Am anmuthigsten erscheint dem Wanderer indessen der Utahsee selbst, mit seinem breiten stillen Wasserspiegel, mit der malerischen Einfassung zerklüfteter Gebirgszüge, die ihn von drei Seiten vollständig abschließen, mit den sanft ansteigenden Grasflächen, die von den Ufern nach den Busen der Berge hinausreichen; und endlich mit der Fernsicht gegen Norden, der einzigen Richtung, in welcher die starren Bodenerhebungen ein weites Thor offen lassen, durch welches sich der Jordan seinen Weg gegen Norden gebrochen hat.

Große Forellen beleben den See reichlich; fruchtbarer Boden, theils von der Natur schon zur Genüge bewässert, theils zur künstlichen Bewässerung sehr günstig gelegen, harrt der Urbarmachung und Bestellung entgegen; Holz, zur Feuerung und zu Bauzwecken verwendbar, schmückt die Schluchten und Ausläufer der nahen Gebirgsketten, und so darf mit Recht behauptet werden, daß die Thalgründe des Utahsees und des Jordans Alles bieten, was einem dem Ackerbau und der Viehzucht obliegenden Volke zur Erfindung von Colonien nur immer erforderlich erscheinen mag.

Der beste und untrüglichste Beweis hierfür ist, daß die Mormonen, nachdem sie weiter nördlich am großen Salzsee ihre heilige Stadt angelegt hatten, sich auch über die eben genannten Territorien zerstreuten, und nicht nur Farm auf Farm errichteten, sondern auch zur Anlegung von größeren Städten schritten, und auf diese Weise den Boden für die nachfolgenden und fast täglich eintreffenden Brüder ihrer jungen Gemeinde gleichsam ebneten.

Obgleich die Heiligen der letzten Tage, im Vergleich mit anderen civilisirten Nationen, einen friedlichen Verkehr mit den wilden Eingeborenen aufrecht erhielten, deren Grund und Boden sie sich angeeignet hatten, so war von ihnen doch nichts verabsäumt worden, was zur Sicherheit ihrer, oftmals sehr weit von einander getrennt lebenden Ansiedler beitragen konnte. Hin und wieder entstanden Blockhäuser und von Pallisaden eingeschlossene Höfe, die von den anwohnenden Familien bei feindlichen Eingriffen der Indianer als Zufluchtsstätten betrachtet wurden.

Das am Timpanogasfluß gelegene Fort Utah war einer der ersten befestigten Plätze, die man in der Nähe des prächtigen Utahsees errichtete. Dasselbe bildete eine Art Station, von welcher aus man immer wieder zur Anlage von neuen Niederlassungen schritt, und denselben dann auch noch fernerhin den nöthigen Schutz angedeihen ließ.

Was man im gewöhnlichen Leben unter der Bezeichnung »Fort« versteht, war die befestigte Ansiedelung eigentlich nicht, doch entsprach sie vollkommen den Zwecken, welche man bei ihrer Gründung im Auge hatte. Dabei entbehrte sie nichts von den Annehmlichkeiten welche den gerade nicht verwöhnten und mit bescheidenen Wünschen dorthin gekommenen Ansiedlern das Leben behaglich machen konnten.

Eine Anzahl kleiner, fester Blockhäuser, durch Pallisaden mit einander verbunden, umgaben einen großen Hofraum, in dessen Mitte, auf starken Pfählen ruhend, eine Art von Plattform erbaut worden war. Diese Plattform, auf der man eine Berghaubitze aufgestellt hatte, welche die nähere Umgebung des Forts beherrschte, diente eben so wohl zur Vertheidigung bei feindlichen Angriffen, als auch zu öffentlichen Versammlungen, in welchem letztern Falle man den Raum unterhalb des Schutzdaches zum Aufenthalt wählte. Die Berathungen, welche dort abgehalten wurden, verloren indessen durch die Einfachheit des luftigen Sitzungssaales nichts von ihrer Wichtigkeit; eben so wenig wie die etwaige Vertheidigung des Postens vielleicht minder nachdrücklich gewesen wäre, weil derselbe, aus der Ferne betrachtet, den Eindruck einer friedlichen Niederlassung hervorrief. Denn gefährlicher noch, als die Berghaubitze, wären bei solchen Gelegenheiten die langen Büchsen gewesen, welche, obgleich nur gering an Zahl, aber geführt von eisernen Fäusten und furchtlosen Herzen, zwischen den Balken der kleinen Blockhütten hindurch den Angreifern entgegengestarrt hätten. —

Der Winter neigte sich seinem Ende zu, aber noch immer hielt er die Natur mit eisigen Fesseln umfangen. Unter einer tiefen Schneedecke schlummerten die Gärten und Felder, welche Fort Utah in weitem Umkreise umgaben, und wie in tiefem Schlummer versunken erschienen die in reines Weiß gekleideten Gebirgszüge. Selbst die Hütten mit der Schneelast auf den Dächern, die beschneite Plattform und die im Freien stehenden Wagen und Ackergeräthschaften, auf deren oberen Flächen die in Masse gefallenen Flocken kleine Berge und lange blendende Streifen gebildet hatten, sahen aus, als wenn sie fröstelnd lauter wärmende Decken über ihre Häupter gezogen hätten, und unfähig, der Uebermüdung länger zu widerstehen, Eins nach dem Andern eingenickt wären.

Nur der Timpanogas war noch munter und sprudelte und gurgelte lustig in seinem Bett dahin. Er war zu stark, zu jugendkräftig, als daß der Frost auch an ihm seine Gewalt hätte ausüben können. Bildete sich aber auf dem stillen Wasser in den Biegungen wirklich eine schwache Eiskruste, so hemmte das doch nicht seinen rüstigen, eiligen Lauf, und in wenigen Minuten spülte und riß er oftmals Alles wieder fort, woran die Kälte eine ganze Nacht hindurch mit vieler Mühe gearbeitet und gebaut hatte. Ein Dutzend Krähen brachte ebenfalls noch etwas Leben in die stille Abendlandschaft. Die armen Thiere sahen indessen sehr verhungert aus, und wateten so schwerfällig durch den Schnee, wo sie in den Spuren von Menschen und Vieh einige Brosamen zu finden hofften, oder thronten so verdrießlich mit gesträubten Federn auf einem horizontalen Baumast, daß man hätte Mitleid mit ihnen empfinden und ihnen ein warmes Plätzchen in einer der Blockhütten wünschen mögen, die so einladend ihre schwarzen, von kienigem Holz herrührenden Rauchsäulen in die stille Atmosphäre hinaufsendeten.

 

Der Himmel war grau und einfarbig, als habe er jeden Augenblick von Neuem beginnen wollen, seine schwere Flockenlast von sich abzuschütteln. Doch gerade die Farbe des gleichmäßig vertheilten Gewölks und die dem Einbruch der Nacht weit vorauseilende Dämmerung waren es, was der ganzen winterlichen Landschaft, so weit das Auge reichte, den Charakter einer erhabenen, feierlichen Ruhe verlieh.

Da schlug plötzlich ein Hund auf dem Westende des Forts an. Zuerst dumpf und verdrossen, als habe er sich gescheut, sein warmes Lager unter einem mit Stroh angefüllten Schuppen zu verlassen und einen Spaziergang durch den Schnee anzutreten. Als aber andere Hunde antworteten und sich ihm sogar helfend näherten, da schwanden seine letzten Bedenken. Grimmig heulend stürmte er aus seinem Versteck hervor, seine Kameraden schlossen sich ihm, nicht minder geräuschvoll, an, und dahin ging es in wilder Jagd, durch den stäubenden Schnee, einer nahen Bodenerhebung zu, von wo aus sie das Thal des Timpanogas bis fast zu seiner Vereinigung mit dem Utahsee zu überblicken vermochten.

Auf das Gebell der Hunde öffneten sich mehrere Thüren, die nach dem Innern des Hofes zu lagen, und in denselben wurden Männer sichtbar, welche sich gegenseitig anriefen und über die Ursache der unvermutheten Störung befragten.

Die Männer verschwanden wieder in den Thüren, gleich darauf erschienen indessen auf der Außenseite der Einfriedigung zwei derselben, die sich mit ihren Büchsen bewaffnet hatten und geraden Weges auf die Hunde zuschritten, während ein dritter sich nach der Plattform hinaufbegab, um von dort aus in die Ferne zu spähen. Die Hunde hatten sich unterdessen auf dem Hügel niedergelassen, und aus dem kurzen, abgebrochenen Gebell, welches sie jetzt nur noch abwechselnd erschallen ließen, ging deutlich hervor, daß sie dasjenige, was sie aus ihrer Ruhe aufgestört harte, mochte es nun sein, was es wolle, eben für keine drohende Gefahr erkannten.

Die Mannen welche sich zu ihnen gesellten, mochten ein Aehnliches denken, denn kaum waren sie bei den wachsamen Thieren angekommen, die nunmehr ihren Lärm ganz einstellten und sich schmeichelnd und ihre buschigen Schweife wedelnd an sie herandrängten, so stützten sie ihre Büchsen vor sich auf den Boden, und sich dann auf dieselben lehnend, bekundeten sie die Absicht, die Ankunft der Personen abzuwarten, die sich auf der nach der Salzsee-Stadt führenden Straße schnell näherten.

Es waren dies drei Männer, welche, auf kräftigen Maulthieren reitend, sich so in ihre weiten wollenen Decken gehüllt hatten, daß ihre Gestalten sich kaum noch als menschliche Figuren auszeichneten. Sie wären in der That schwer von großen Waarenballen zu unterscheiden gewesen, wenn nicht die breitkrämpigen, tief in die Stirn gedrückten Filzhüte und die quer auf den Sätteln ruhenden Büchsen auf ihren Charakter hingedeutet hätten.

Sie ritten so, daß ein Thier immer in die Spuren des andern trat, und indem sie sich schweigend dahinbewegten, und die tiefe Schneelage den Schall der Hufe dämpfte, erhielt die kleine Karavane etwas Unheimliches, was aber im vollen Einklang mit der winterlichen Umgebung und der Oede stand, die trotz der mannichfachen Merkmale von der Nähe von Menschen auf Berg und Thal ruhte.

Als die beiden Späher ihrer zuerst ansichtig wurden, mochten sie wohl noch gegen fünfhundert Schritte weit von dem Fort entfernt sein. Es verstrichen daher mehrere Minuten, bis sie nahe genug an die Bodenerhebung herangelangten, um angeredet werden zu können. Wenn die Späher sich aber in Muthmaßungen über den späten Besuch und dessen Zwecke ergingen, so thaten sie es Jeder für sich, denn seitdem sie die Blockhütten verlassen hatten, war noch kein einziges Wort zwischen ihnen gewechselt worden.

Der Weg führte gerade an dem kleinen Hügel vorbei. Als die Reiter sich also am Fuße desselben befanden, waren sie kaum noch zehn Schritte weit von den schweigsamen Schildwachen entfernt, die noch immer keine Miene machten, ihnen entgegenzutreten.

»Guten Abend, meine Brüder,« redete endlich der vorderste Reiter die Späher an, indem er sein Pferd anhielt und, die Decke zurückwerfend, ihnen ein hageres, wettergebräuntes Gesicht einhüllte, aus welchem ein Paar dunkle Augen mit eigenthümlich ernstem, aber etwas verschmitztem Ausdruck hervorleuchteten.

Sobald die Wachen den Fremden erkannt hatten, legten sie ihre Büchsen über die Schultern, und den Gruß erwidernd, traten sie zu den Reitern heran, um jedem Einzelnen derselben die Hand zu reichen. Aus ihrem Benehmen ging übrigens hervor, daß sie mit Allen auf mehr oder minder vertraulichem Fuße standen, und daß sogar der Reiter, der den Zug schloß, und der, als er seine Decke niedergleiten ließ, die sehnige, in Leder gekleidete Gestalt eines indianischen Kriegers zeigte, schon früher in näherem Verkehr mit ihnen gestanden haben mußte.

»Wie geht es den Brüdern im Norden?« fragte der ältere der beiden Späher, indem er nach der ersten Begrüßung an die Seite des vordersten Reiters trat, und sodann mit diesem den Weg nach der Thoröffnung der Pallisaden einschlug.

»Sie sind voller Vertrauen auf Gott und ihre gerechte Sache. Bereit, das heilige Zion zu beschützen, wird ihre Kraft nie erlahmen. Die Heiligen der letzten Tage sind stark in ihrem Glauben, und die Hand des Herrn wird ihnen helfen die Amalekiter schlagen,« antwortete der finstere Mormone, seine fanatischen Blicke auf die beschneiten Kuppen des Wabsatchgebirges richtend, als habe er von dort her ein göttliches Zeichen erwartet.

»Amen,« sagte der Späher, indem er seinen Hut etwas lüftete. »Sind Nachrichten aus dem Osten eingelaufen?« fragte er gleich darauf weiter.

»Die Horden der Gentiles halten die äußeren Eingänge der Passe besetzt,« antwortete der Reiter, der sich zu der Würde eines Apostels emporgeschwungen hatte, »aber die Hand des Herrn liegt schwer auf ihnen. Es mangelt ihnen an Lebensmitteln, und es fehlen ihnen die Zelte, um sich gegen Sturm und Kälte zu schützen. Der Herr bekleidet die Thiere des Waldes, er füttert die hungrigen Raben, doch ihnen versagt er Alles. Unsere Feinde sind geschwächt, und leicht gelingt es unsern Läufern, ihre Posten zu täuschen und den Verkehr mit den über die Vereinigten Staaten zerstreuten Brüdern aufrecht zu erhalten.«

»Es sind also Nachrichten eingetroffen?«

»Nachrichten der wichtigsten Art,« erwiderte der Apostel, »zu wichtig, um sie hier den Winden preiszugeben Zwischen starken Wänden und umgeben von Gläubigen will ich sie verkünden.«

Der Späher, wohl einsehend, daß es vergebliche Mühe sei, noch weiter in den Apostel zu dringen, schwieg und ließ das Haupt sinnend auf die Brust sinken, gleichsam anerkennend die Macht, welche derselbe als sein Vorgesetzter über ihn wie über alle anderen Mormonen, welche noch nicht denselben Rang erreicht hatten, besaß.

Gleich darauf bogen sie in den Hofraum des Forts ein. Ohne die Blicke nach rechts oder links zu wenden, begaben sie sich nach der gegenüberliegenden Seite des Hüttenvierecks hinüber, wo sie vor einem größeren Blockhause von mehreren in einfachster Tracht gekleideten Männern und unter diesen vom Commandanten des Postens erwartet wurden. Zugleich eilten aber aus allen Richtungen Männer herbei, die Einen, um die Angekommenen zu begrüßen und sich dem Apostel zur Verfügung zu stellen, die Anderen, um die dampfenden Thiere in Empfang zu nehmen und in warme Ställe unterzubringen.

Frauen bemerkte man nirgends. Es drückte sich wohl hin und wieder eine weiße Stirn an die trüben Scheiben der unregelmäßig angelegten Fensterchen, und neugierige Blicke schweiften nach der Wohnung des Commandanten hinüber, weiter reichte aber das Vorrecht des schwächern Geschlechts nicht, und wer nicht zufällig dergleichen Erscheinungen im Innern der Hütten entdeckte, der hätte das Fort für nur von Männern bewohnt halten mögen.

Die Begrüßungen, die gewechselt wurden, waren nur sehr kurz, doch schien die eigentliche Begrüßung mehr in dem festen Druck der Hand, als in gesprochenen Worten zu bestehen. Die Spannung, mit welcher man den Nachrichten des so urplötzlich und unverhofft unter ihnen erschienenen Apostels entgegensah, mochte indessen mit zu dem tiefernsten Wesen Aller beitragen; denn wenn die eigentlichen blutigen Feindseligkeiten zur Zeit noch nicht ausgebrochen waren, so sagte sich doch Jeder, daß, bei der erbitterten Stimmung auf beiden Seiten der geringfügigste Umstand die Fackel eines erbarmungslosen Krieges entzünden und die letzte Hoffnung auf eine, aus noch schwebenden Verhandlungen hervorgehende Ausgleichung vollständig und unwiderruflich abschneiden könne.

Auf ein einladendes Zeichen des Commandanten, eines noch jugendlichen, hoch und kräftig gebauten, aber hagern Amerikaners, trat der Apostel in das Haus ein.

Ihm nach folgten die Leute, die ihn auf seiner Reise begleitet hatten, welchen sich dann die herbeigeeilten Männer des Fort’s und ganz zuletzt der Commandant selbst anschlossen.

Kaum war die Thür hinter dem Letzten zugefallen, da erhellten sich auch die drei kleinen Fenster, welche nach rechts von dem Eingang lagen, ein Zeichen, daß man zum Empfang der Gäste dürres Holz in das Kamin geworfen hatte, um zugleich Licht und Wärme zu verbreiten.

Auf dem Hofe des Forts war es unterdessen wieder ganz ruhig geworden. Die Dämmerung hatte bedeutend zugenommen, und dunkler und schwerer wölbte sich der Himmel über der winterlichen Landschaft.

Die Hunde lagen wieder in ihren warmen Winkeln; durch die kleinen Fenster der Hütten schimmerte der matte, flackernde Schein der Kaminfeuer, und gleichmäßig und geräuschlos sanken aus der stillen Atmosphäre große und dichte Flocken auf die Erde nieder.

Schwärzer wurde die Dunkelheit, so schwarz, daß man nur noch in den durch die trüben Scheiben in’s Freie fallenden Lichtstreifen die sich niederwärts wiegenden Flocken zu erkennen vermochte. Um so behaglicher fühlten sich dafür die Leute unter ihrem sichern Obdach; doppelt behaglich, wenn sie der grauenhaften Wildniß gedachten, welche sie in weitem Umkreise umgab, und an welche sie zeitweise durch das Geheul der Wölfe erinnert wurden, die, gepeinigt von Heißhunger, das Fort umkreisten.

Ja, der tiefe Klageton der wilden Bestien drang bis in die Hütten; deutlich vernehmbar, weil keine lebhafte Unterhaltung, kein Lachen oder Singen das unheimliche Concert übertönte, und selbst die an Dergleichen gewohnten Hunde nur selten auf die Herausforderung ihrer Todfeinde antworteten. Man sah ja allgemein mit Besorgniß schweren Kriegszeiten entgegen, und Niemand konnte ahnen, wie lange er sich noch der kaum gegründeten neuen Heimath würde erfreuen können.

Die Männer waren ernst und in sich gekehrt. All’ ihr Sinnen und Trachten bezog sich auf den Widerstand, den sie ihren Feinden entgegenzustellen gedachten, und beseelt von dem grimmigsten Hasse sprachen sie nur wenig und dann noch meist im flüsternden Tone zu einander. Sie wollten die Angst und Sorge, in welcher ihre Familien schwebten, nicht noch vergrößern. Aber wenn sie beobachteten, wie der Frohsinn immer mehr aus deren Kreise wich, und wie die Mütter, Verzweiflung im Herzen, auf ihre Kinder schauten, dann legte sich wohl hin und wieder eine Faust mit krampfhaftem Griff um das Heft des breiten Bowiemessers, und Rachedurst und Erbarmungslosigkeit sprühten aus den in fanatischer Wildheit glühenden Augen.

Wenn nun in den Blockhütten eine gedrückte Stimmung herrschte, so machte sich die ängstliche Spannung nicht weniger im Hause des Commandanten fühlbar, wo sich die Aeltesten von Fort Utah zu einer ernsten Berathung um den Apostel geschaart hatten.

Dort saßen sie bei einander auf roh gezimmerten Bänken und Stühlen, allein wortkarg und scheinbar Jeder seinen eigenen Gedanken nachhängend, oder mit verstellter Theilnahmlosigkeit in die lodernden Flammen des Kamins stierend.

Die Berathung hatte noch nicht begonnen; die beiden Frauen des Commandanten gingen noch ab und zu, und versahen die eingetroffenen Fremden mit Speisen und Erfrischungen, wie sie ihre einfache Küche eben aufzuweisen hatte.

Sie verrichteten ihr Amt als Wirthinnen freundlich und mit Aufmerksamkeit, und war auch in ihrer ganzen Haltung eine gewisse religiöse Ueberspanntheit nicht zu verkennen, so schienen sie doch mit ihrem Loose vollkommen zufrieden zu sein und sogar die schwesterlichsten Gefühle für einander zu hegen.

Schwestern waren sie indessen nicht; man brauchte nur auf ihre Physiognomien zu blicken, um darüber nicht in Zweifel zu bleiben, und in der einen eine Engländerin, in der andern dagegen eine Französin zu errathen. Worin sie sich aber glichen, das war ihr Wesen, welches, trotz der einfachen, ja groben Stoffe, in welche sie gekleidet waren, zwei den gebildeten Ständen entsprossene Damen nicht verkennen ließ.

 

Ihre Züge trugen die Spuren früherer Anmuth, und daß dieselben, namentlich bei der Engländerin, schon so früh verwischt waren, stand in seltsamem Widerspruch zu ihrem Alter, welches gerade den Abschnitt erreicht hatte, in welchem die weibliche Schönheit gewöhnlich erst zur vollsten Geltung gelangt.

Es lag überhaupt etwas Theilnahme Erregendes in ihrem Aeußern, denn wenn man sie betrachtete, dann konnte man nicht umhin, sich alle die geistigen Aufregungen und körperlichen Beschwerden und Entbehrungen zu vergegenwärtigen, welche eine so schnelle Zerstörung der Jugendreize bewirkt hatten.

Ihrem Gatten begegneten Beide mit wohlwollender Ergebenheit und zutraulicher Freundlichkeit, doch vermißte man in ihren Augen den zärtlichen Ausdruck, der, in einem liebewarmen Herzen entspringend, sich wohl beobachten, aber schwer mit Worten bei schreiben läßt. Es waltete kein Zweifel, sie erblickten in allen ihren Obliegenheiten göttliche Anordnungen, und fanden in der gehorsamen treuen Pflichterfüllung ihre innere Zufriedenheit.

Elliot, ihr gemeinsamer Gatte, war ein Mann, der in seinem Jünglingsalter sich nicht nur eines stattlichen, sondern auch eines einnehmenden Aeußern erfreut haben mußte. Derselbe hatte sich aber im Laufe der Zeit und unter dem Einfluß der ihm durch die neue Lehre zugefallenen Pflichten und den daraus entspringenden Gemüthsbewegungen so sehr verändert, daß man nur schwer wirkliches Zutrauen zu ihm zu fassen vermochte.

Obgleich erst dreißig Jahre alt, lag sein Gesicht, dessen untere Hälfte ein dichter schwarzer Bart verbarg, doch beständig in strengen Falten. Der ganze Ausdruck desselben hatte für Jeden, der ihn zum ersten Male sah, etwas Abstoßendes und verrieth eine unbeugsame Willenskraft, die, wenn es den eigenen wie religiösen Zwecken galt, in die rücksichtsloseste Starrheit ausartete, denjenigen aber, die er haßte, sehr leicht gefährlich wurde. Seine dunkeln Augen waren unstät und lugten drohend unter den zusammengezogenen Brauen hervor, und nie blickte er demjenigen, an welchen er seine Worte richtete, gerade in die Augen. Selbst seinen Frauen gegenüber beobachtete er stets das finstere, verschlossene Wesen. Wenn er ihnen im Allgemeinen auch nicht mit unfreundlicher Härte begegnete, so ließ er sich doch eben so wenig dazu verleiten, auch nur einen Blick zärtlicher Anhänglichkeit an sie zu verschwenden.

Sobald der Apostel und seine Begleitung den ihnen dargereichten Speisen zur Genüge zugesprochen, traten die Frauen noch einmal zu Elliot heran. In flüsterndem Tone richteten sie eine Frage an ihn, die er, ohne aufzuschauen, mit leisem Kopfnicken beantwortete, worauf sie das Gemach schweigend verließen, um sich zu ihren Kindern auf der andern Seite des Hausflurs zu begeben.

Die Männer waren nunmehr allein; von keiner Seite her hatten sie eine Störung oder Unterbrechung ihrer Berathung zu befürchten. Ein tiefes Schweigen herrschte während mehrerer Minuten in dem Gemach. Da ergriff der Apostel endlich das Wort, und indem er sprach, rückten die übrigen Mormonen dichter um ihn zusammen.

»Ich bringe Euch die Grüße des Propheten und aller Brüder und Schwestern in der heiligen Salzsee-Stadt,« begann er, indem er die grauen schlichten Haare von seiner Stirn zurückstrich und seine stechenden Augen im Kreise herumwandern ließ. »Sie senden Euch Grüße und ermahnen Euch zur Eintracht und zum Vertrauen. Der Krieg ist unvermeidlich geworden, und wenn bis jetzt noch kein Blutvergießen erfolgte, so ist der Grund dafür darin zu suchen, daß unseren Feinden die Mittel und Kräfte mangelten, uns anzugreifen.«

»Die Unterhandlungen schwebten noch,« unterbrach Elliot den Apostel mit Nachdruck, und aus seinen strengen Zügen sprach ein ungewöhnlicher Grad von Theilnahme; »sind sie denn so plötzlich abgebrochen, daß wir schon jetzt daran denken müssen, unseren Feinden mit einem Angriff zuvorzukommen?«

»Die Verhandlungen schweben noch,« antwortete der Apostel, »und sie werden so lange schweben, bis unsere Widersacher es für angemessen halten, die Maske, unter welcher sie uns den Frieden anbieten, fallen zu lassen. Sie wollen nur Zeit gewinnen, um größere Truppenmassen außerhalb unseres Thales zusammenzuziehen und uns demnächst zertreten zu können. – Im Kampfe gegen die Elemente, gegen Hunger und Elend wendete sich unsere geächtete und vertriebene Gemeinde dem Westen zu; unermüdlich und in festem Vertrauen auf den Erlöser verfolgte sie ihren langen beschwerlichen Weg durch die endlosen Wildnisse, bis der Herr ihr die Stelle bezeichnete, wo er sein heiliges Zion, seinen Tempel gegründet haben wollte.

»Der Segen des Herrn hat sichtbar auf uns und unseren Unternehmungen geruht. Unter unseren Händen entstanden Städte, Dörfer und Ansiedelungen, und in einen Mantel des üppigsten Getreides kleidete sich vor unserm Fleiß die Wildniß. Von Nah und Fern eilten die Gläubigen herbei; mit den Arbeitskräften wuchs unser Wohlstand, und da, wo vor wenig Jahren noch der wilde Utah Wurzeln zu seiner Nahrung aus dem Erdboden grub, da lebt jetzt das starke und reich gesegnete Volk der Mormonen.

»Wenn wir nun einen Staat gründeten, bei der Gründung nur nach unseren eigenthümlichsten Gesetzen verfuhren und niemals unsere Pflichten gegen den großen Staatenbund verletzten, haben wir dann nicht eben so gut das Recht, uns einen Gouverneur aus unserer Mitte zu wählen, wie jeder einzelne Staat der großen Republik?! Sollen wir es dulden, daß die Regierung in Washington uns mit Waffengewalt eine Obrigkeit aufdrängt, die, mit unseren Gesetzen, mit unserer Religion nicht vertraut, nach Willkür in unserem Volke schaltet und unsere heiligsten Einrichtungen leichtsinnig verletzt und schändet?!«

»Nein! Nein! Wir sind die Herren des gelobten Landes, in welches uns die Hand des Erlösers führte! Lieber Kampf und Tod, als die reine Lehre verläugnen und sich unter das ungerechte Joch der verfluchten Gentiles beugen!« lautete die Antwort der durch die Ansprache des Apostels in Wuth versetzten Versammlung.

»Nun gut, meine Brüder,« fuhr der Redner nach einer Pause fort; »was bedarf es weiterer Erörterungen? Was Ihr eben spracht, sind meine, sind jedes rechtgläubigen Mormonen Gedanken. Doch vernehmt, schon wieder ist die Aufforderung an uns ergangen, die Truppen der Vereinigten Staaten in unser Thal aufzunehmen und den von ihnen vorgeschlagenen Gouverneur anzuerkennen, und wiederum ist ihre Aufforderung mit Abscheu zurückgewiesen worden. Es geschah mit Einstimmigkeit in der Voraussetzung, daß jedes Mitglied unserer Gemeinde dieses Verfahren billigen würde.«

»Einverstanden, einverstanden mit Allem, was der Prophet und die Aeltesten der Gemeinde beschließen! Einverstanden mit Allem, was unsere Rechte sicher stellt und uns nicht in der Ausübung unserer Gottesverehrung hindert!« riefen die Mormonen wild durcheinander.

»Die nächste Antwort auf unsere Zurückweisung wird ein Angriff auf die von uns befestigten und vertheidigten Pässe sein,« entgegnete der Apostel, einen lauernden Blick im Kreise herumsendend.

»Lieber heute, als morgen!« antworteten die fanatisirten Männer.

»Nicht heute, nicht morgen,« versetzte der Apostel ruhig und bestimmt; »doch vielleicht nach drei Monaten. Der Weg nach Washington ist weit, und ehe der Befehl von dort eingetroffen, darf nicht zum Angriff geschritten werden. Beschlossen ist der Angriff längst; doch was wollen sie mit ihren paar Regimentern verhungerter und halb erfrorener Soldaten? Aber nach drei oder vier Monaten, wenn sie Verstärkungen und Kriegsmaterial an sich gezogen haben, dann werden sie nicht lange fragen, ob wir uns gutwillig ihren Anordnungen fügen wollen.«

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