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Das Mormonenmädchen Zweiter Band

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»Aber nicht hier, nicht hier laßt uns diesen Gegenstand weiter erörtern,« sagte Werner dringend, als Weatherton eben mit seiner Schilderung beginnen wollte. »Begeben wir uns hinauf; in meiner Stube sind wir ungestörter, und nachtheilig kann es nach keiner Richtung hin wirken, wenn wir den letzten Rest meiner California-Weinproben auf guten Erfolg leeren.«

Weatherton und Falk gingen auf den Vorschlag ein, und bald darauf saßen sie bei dem stark duftenden, edelsten Erzeugniß des Goldlandes, vertieft in die Unterhaltung, welche sie unten in der Halle abgebrochen hatten. —

Während die drei Freunde, von Niemand beobachtet, ihre Gedanken und Pläne für die Zukunft austauschten und die entsprechenden Verabredungen trafen, war die Landungsbrücke, neben welcher der California-Dampfer lag, schon leer geworden. Auch auf den angrenzenden, aus Brettern und Balken gezimmerten Werften zeigte sich nur noch wenig Leben. Hin und wieder schwankte ein Matrose, der des Guten etwas zu viel gethan, dem heimathlichen Schiff zu; andere, denen es gelungen war, die Wachsamkeit der Posten zu täuschen, schlüpften wie Schatten in die Stadt nach den wohlbekannten Schänken. Auch sah man wohl ein paar Schiffsrheder, die den Abend bei ihrem Capitän zugebracht, Arm in Arm den Heimweg antreten, doch vermochten alle diese Gestalten nicht den Charakter tiefster Ruhe zu verdrängen, der sich nach einem geräuschvollen Tage auf die Werfte und die vor denselben liegenden zahlreichen Kauffahrer gesenkt hatte.

Die hellen Gaslaternen warfen ein unbestimmtes Licht auf die schwarzen Schiffsrumpfe, die ihnen zunächst lagen, und auf die unteren Masten. Ueber die nächsten Schiffsrumpfe hinaus und bis in die obere Takelage hinein drang die Beleuchtung indessen nicht. Was außerhalb des Lichtkreises der Laternen lag, das fiel mit der nächtlichen Dunkelheit zusammen, dort als schwarze Masse, ähnlich schlummernden gigantischen Ungeheuern, sich mit dem dunkeln Wasserspiegel vereinigend, hier nur schwach und mit verwischten Umrissen vor dem gestirnten Firmament abhebend. Wenn auch in der Ferne Fährdampfer und kolossale Flußschiffe mit ihren zahlreichen erleuchteten Fenstern, wie schwimmende Städte, dumpf stöhnend und ächzend dahinbrausten und eilig die ihnen vorgeschriebene Bahn verfolgten, so schien in der Nähe des California-Dampfers Alles zu schlafen.

Verschlafen gurgelte das Fluthwasser an den gekupferten Wanten entlang; verschlafen hingen die Wimpel, von keinem Lufthauch bewegt, niederwärts, und selbst die Laternen, die als Signale auf den verschiedenen vereinsamten Verdecken aufgestellt worden waren, wie die durch die Kajütenfenster schimmernden Lampen brannten, im Vergleich mit den Gasflammen, so trübe und düster, als wenn auch sie sich schon halb im Traume befunden hätten.

Die an den Werften vorüberführende Straße war noch belebt; dieselbe bildete aber gewissermaßen ein Reich für sich selbst, und die Leute, die sich dort noch geräuschvoll hin und her bewegten, waren eben nur Betrunkene, oder solche, die sich irgendwo verspätet hatten und mit schnellen Schritten nach Hause eilten.

Nur vor dem Eckhause, in welchem sich das Bureau der California-Dampfschifffahrts-Gesellschaft befand, stand ein Mann, der keine Eile zu haben schien.

Er hatte sich in einen weiten Mantel gehüllt, ein runder Filzhut saß ihm tief auf der Stirn, so daß von seinen Gesichtszügen gar nichts zu erkennen war, und wie er sich an einen der das einfache eiserne Gitter vor der Hausthür tragenden Pfeiler lehnte, zeitweise auch wohl einige Schritte auf und ab ging, da hatte man ihn für eine Schildwache halten mögen, die hier zur Sicherheit des Hauses aufgestellt worden. Die meisten der Vorübergehenden mochten ihn auch wohl für einen Wachposten ansehen, denn nur selten nahm sich Jemand die Zeit, die dicht verhüllte Gestalt genauer zu betrachten, dagegen kam Keiner in deren Nähe, ohne daß ein Paar finstere Augen sich unter dem schirmenden Rande des Hutes hervor mit durchbohrendem, forschendem Ausdruck auf ihn gerichtet hätten.

Die Zeit verrann, die Straßen wurden leerer, doch der Mann verharrte auf seinem Posten. Bald sitzend, bald sich anlehnend, oder auf und ab schreitend, verrieth er nicht den geringsten Grad von Ungeduld.

Da meldeten Thurmuhren und Schiffsglocken die elfte Stunde an, und noch zitterten die letzten Schläge in leisen Schwingungen durch die stille Atmosphäre, da ließ sich von der Mitte der Stadt her das in diesem Theil der Straße zur Nachtzeit nicht gewöhnliche Rollen eines Wagens vernehmen.

Der Wachposten schaute gespannt die Straße hinauf, von woher sich das Geräusch näherte.

In der Entfernung von ungefähr zweihundert Schritten hielt der Wagen plötzlich still.

»Sie sind es, endlich!« murmelte der Mann vor sich hin, und zugleich bewegte er sich langsam auf den Wagen zu.

Er hatte die Strecke, die ihn von demselben trennte, noch nicht zur Hälfte durchmessen, da trat ihm ein anderer, ebenfalls sorgfältig verhüllter Mann entgegen.***45

»Jansen,« redete ihn derselbe an.

»Abraham,« lautete die Antwort, und schweigend reichten sich beide Männer die Hände.

»Ist Alles sicher?« fragte Abraham sodann, sich an Jansen’s Seite stellend und, gleich ihm, die Straße hinaufblickend.

»Alles sicher,« antwortete dieser. »Bis gegen sieben Uhr befand sich im Bureau ein junger Mensch, den wir häufig in der Gesellschaft des Malers beobachteten, sobald aber das Bureau geschlossen wurde, entfernte er sich. Seit jener Zeit hat sich kein verdächtiges Gesicht mehr blicken lassen. Sind wir sicher, daß die Durchsuchung des Schiffes nicht stattfindet?«

»Ich hoffe es,« antwortete Abraham mit eigenthümlich drohender Ruhe.

Ihre Unterhaltung wurde durch das Rasseln des davoneilenden Wagens unterbrochen, und gleich darauf gesellten sich noch drei Gestalten zu ihnen, die offenbar in dem Wagen gekommen und weiter oberhalb ausgestiegen waren.

Zwei derselben ließen in ihrer noch dichteren Umhüllung Damen errathen, während die dritte sich in ihrem Aeußern nur durch die Größenverhältnisse von den beiden zuerst erwähnten Männern unterschied.

Als sie in unmittelbarer Nähe von Jansen und Abraham angekommen waren, warf die schlankere und höhere der beiden Frauengestalten den dichten Schleier von ihrem Antlitz zurück, und in dem hellen Schein der nahen Laterne zeigten sich die lieblichen, mit einem schwärmerischen Ernst angehauchten Züge Hertha’s.

»Onkel!« sagte sie leise und doch mit so melodischer Stimme, daß bei deren Klang das starre Herz eines Urwilden hätte erweicht werden können; »Onkel!« wiederholte sie, Jansen’s dargebotene Hand ergreifend; »ist es denn wahr, müssen wir, wie Verbrecher, unter dem Schutze nächtlicher Dunkelheit unsere Flucht bewerkstelligen.«

»Selig sind, die um des Herrn willen verfolgt werden, denn sie werden das Himmelreich erschauen!« antwortete er hohl und unheimlich, indem er des jungen Mädchens Arm durch den seinigen zog und dann, sich kurz umkehrend, die Richtung nach dem Werft hinunter einschlug.

»Amen,« sagte Hertha mit Ergebenheit, und schweigend schlossen sich Abraham, Rynolds und Demoiselle Corbillon an.

»Lieutenant Weatherton hat sich also auch bei Dir nicht blicken lassen?« fragte Hertha, nachdem sie einige Schritte zurückgelegt hatten, und in ihrer Stimme offenbarte sich eine Traurigkeit und Theilnahme, wie Jansen noch nie an ihr bemerkt zu haben glaubte.

»Sprich nicht von ihm,« erwiderte er so finster, daß Hertha von einem innern Beben befallen wurde. »Er steht an der Spitze derjenigen, welche die Auserwählten des Herrn verfolgen. Arglos theilte Rynolds ihm mit, wo wir zu finden sein würden, und er antwortete darauf, daß er sich eine Vollmacht zur Durchsuchung des morgen abgehenden Dampfbootes ausfertigen ließ.«

»Sollte darüber kein Irrthum obwalten können?« fragte Hertha schüchtern, nachdem sie sich einige Schritte, schweigend und in Gedanken versunken, an der Seite ihres Onkels hinbewegt hatte. »Er ist der Letzte, von dem ich eine derartige Unaufrichtigkeit erwartet hätte. Seine Worte klangen so ehrlich, so wohlmeinend, und was er zu mir sprach, schien mir —«

»Schien Dir?« fragte Jansen heftig auffahrend und den Arm seiner Nichte fest an sich drückend.

»Schien mir aus einem theilnahmvollen Herzen, aus den edelsten Gesinnungen zu entspringen.«

Sie bogen jetzt, an der Werftstraße angekommen, um die Ecke, und schritten nach der Richtung hin, in welcher der California-Dampfer lag.

»Wie kannst Du, mein Kind, bei den erklärten Feinden unserer auserwählten heiligen Gemeinde freundliche Theilnahme und edle Gesinnungen erwarten?« fragte Jansen nach einer Weile, denn die Art, in welcher Hertha des Officiers gedachte, flößte ihm Besorgniß ein. »Sie verfolgen uns, sie suchen uns Schaden zuzufügen, wie einst das Volk Israel von seinen Widersachern heimgesucht wurde. Du zweifelst vielleicht an meinen Worten; aber wenn morgen der Lieutenant Weatherton kurz vor der Abfahrt des Bootes an Bord erscheint, in der einen Hand die Vollmacht zur Durchsuchung, in der andern einen Verhaftsbefehl gegen uns, im Falle er die Waffensendung und unsere Beziehung zu derselben entdecken sollte, dann wirst Du erkennen, wie recht ich handelte, in meinem Verkehr mit ihm nie über die gewöhnlichen Grenzen der Höflichkeit hinauszugehen, unsere Abreise aber in das strengste Geheimniß zu hüllen. Sprich also nicht mehr von ihm, gedenke seiner auch nicht weiter; er verdient es nicht; er hat sich gezeigt als Wolf im Schafskleide, und das Schwert Gideons wird auch ihn erreichen.«

Hertha seufzte tief; sie konnte sich mit dem Gedanken nicht aussöhnen, auch Weatherton als einen Feind ihres Glaubens betrachten zu müssen. Und dennoch erschien es ihr als ein untrüglicher Beweis seiner Falschheit, daß er nicht mehr vor sie hingetreten war, wie er es an Bord des Leoparden so fest versprochen, statt dessen aber einen Durchsuchungsbefehl für sich erwirkt hatte.

 

Was veranlaßte ihn zu solch feindlichem Auftreten? Was aber konnte er bezwecken, als er, anstatt in seinem Verkehr mit ihr sich als offenen, ehrlichen Feind auszuweisen, sich hinterlistig mit der Maske opferwilliger Freundschaft umgab?

Indem Hertha so dachte, vergegenwärtigte sie sich Alles was Weatherton während der kurzen Bekanntschaft zu ihr gesprochen hatte, und so lebhaft schwebten die Scenen ihres letzten Zusammenseins mit ihm ihrem Geiste vor, daß sie sogar den wohlwollenden Ton seiner Stimme zu vernehmen meinte.

»Unmöglich, unmöglich,« klang es traurig und zweifelnd unter ihrem Schleier hervor, den sie wieder hatte fallen lassen.

»Warum entfernen wir uns denn heimlich, wie Verbrecher?« fragte Jansen, und seine Zähne rieben heftig auf einander vor fanatischer Wildheit, und weil Hertha noch immer an der mit so viel Ueberlegung vorgespiegelten Verrätherei des verhaßten und zugleich gefürchteten Officiers zweifelte.

»Leider, leider bin ich gezwungen, an seine Unaufrichtigkeit zu glauben,« erwiderte Hertha leise, es wurde mir nur schwer, die gute Meinung, die ich von ihm hegte, so plötzlich aus meinem Herzen zu reißen. Aber an ihn denken muß ich unwillkürlich, lieber Onkel,« fügte sie mit kindlicher Offenheit hinzu, »ich werde seiner gedenken, so wie er sich auf dem Schiff zeigte, freundlich und theilnehmend, jedoch wie eines Verstorbenen; ich werde denken, es sei Jemand anders, der uns feindlich nachstellt; und wenn ich mich dadurch gegen unsere heilige Lehre versündige, so mag Gott mir vergeben, denn ich kann nicht anders.«

Sie bogen jetzt über die Straße nach der Landungsbrücke der California-Dampfer hinüber. Jansen antwortete daher nicht mehr auf die Aeußerungen seiner Nichte; aber besorgt schaute er nach beiden Seiten, und vorsichtig vermied er mit den vereinzelten Gestalten, welchen sie hin und wieder auf der Werftstraße begegneten, in zu nahe Berührung zu kommen.

Die anderen beiden Mormonen und Demoiselle Corbillon folgten ihm schweigend nach.

Als Jansen die Brücke erreichte und die schwarzen Umrisse des zur Fahrt bestimmten Bootes deutlicher hervortraten, blieb er stehen, scheinbar um sich nach seinen Genossen umzuschauen. Es mußte dies ein verabredetes Zeichen sein, denn es bewegte sich ein Mann hinter einem der mächtigen hölzernen Tragpfeiler hervor und schritt gerade auf die Gruppe der Mormonen zu.

Hertha wurde von heftigem Zittern befallen und schmiegte sich ängstlich an den Arm ihres Onkels an.

»Beruhige Dich, es ist ein Freund,« flüsterte Jansen, und gleichzeitig wendete er sich dem Angekommenen zu, der sich jetzt dicht vor ihm befand.

»Ist Alles sicher?« fragte er hastig.

»Ich habe nichts Verdächtiges wahrgenommen,« antwortete der Baron in wichtigem Tone, denn er war es, der von seinen neuen Brodherren hier als Schildwache aufgestellt worden war.

»Sind Eure Sachen an Bord?« fragte Abraham herantretend.

»Alle an Bord; wir können jeden Augenblick nachfolgen.«

»Gut, Herr; begebt Euch also nach der bewußten Stelle, um Euern Freund daselbst zu erwarten. Sobald er bei Euch eingetroffen ist, kommt Ihr auf’s Schiff, wo Ihr Euch Mr. Jansen, Eurem nächsten Vorgesetzten, zur Verfügung, stellt. Vor allen Dingen vergeßt nicht, was ich Euch betreffs der Thür an’s Herz legte.«

»Ich werde, um das Anrufen zu vermeiden, bis dahin auf dem Verdeck bleiben,« fügte Jansen hinzu, sobald Abraham geendigt.

»Verlaßt Euch auf mich,« versetzte der Baron etwas gedehnt, denn er strengte sich auf’s äußerste an, durch die Dunkelheit hindurch einen Blick auf Hertha’s und demnächst auf Demoiselle Corbillon’s Züge zu erhaschen.

Die Damen waren aber zu dicht verschleiert, und als er, vielleicht mehr aus Gewohnheit, als um seine Sehkraft zu verschärfen, das Lorgnon vor sein Auge gebracht hatte, da war die ganze Gesellschaft schon, ohne ihn weiter zu beachten, bei ihr vorübergeglitten.

»Famos!« murmelte er vor sich hin, indem er sich auf dem Hacke umkehrte und der Stadt wieder zuschritt. »Entführungen, verschleierte Frauen, eifersüchtige Männer? Famos! Die Sache wird interessant. Fortuna ist nicht blind, und weiß wohl, wen sie mit ihren Gunstbezeugungen zu beehren hat. Auf Ehre! verspricht eine famose Existenz zu werden!« So denkend, schlenderte er langsam davon. Er war so zufrieden mit sich selbst und den sich ihm eröffnenden Aussichten, als wenn die von ihm angerufene Glücksgöttin wirklich ihr ganzes Füllhorn voll lauter Blumen und süßer, wonniger Traume über ihn ausgeleert hätte.

Die Mormonen waren unterdessen bei dem Dampfer angekommen, wo sie, in Folge eines kurz vorher gegebenen, wenig auffälligen Signals, am Fuße der treppenähnlichen Laufplanke von einem Manne in Seemannstracht empfangen wurden. Nur einige Worte wechselten sie mit diesem in flüsterndem Tone, worauf sie beim Schein einer trüben Schiffslaterne die Treppe hinaufstiegen.

Derselbe Mann, der sie unten erwartet hatte und der offenbar mit zu der Bemannung des Dampfers gehörte, begleitete sie bis an die Kajütentreppe, auf welcher ein schwarzer Aufwärter mit einem Lichte stand, um ihnen hinunter zu leuchten.

Der zuerst erwähnte Mann löschte seine Laterne aus und entfernte sich. Er hatte das, was man von ihm verlangte und wofür er gewiß sehr hoch bezahlt worden war, ausgeführt und wollte daher nicht weiter hindern.

»Wir müssen scheiden,« sagte Abraham, als Jansen eben im Begriff stand, seine Nichte hinunterzuführen.

»Schon?« fragte Jansen, die Stufe, die er hinuntergestiegen war, schnell wieder hinauftretend.

»Es dürfte nicht rathsam für mich sein, hier länger zu verweilen,« versetzte Abraham, indem er zuerst Jansen und dann Rynolds die Hand reichte. »Wir haben berathen, was zu berathen war; Ihr seid im Besitz der Briefe und Documente; Ihr wißt, an wen Ihr Euch nach Eurer Ankunft in Kalifornien zu wenden habt; es bleibt mir daher nur noch übrig, die Grüße zu wiederholen, welche ich Euch an unsere Brüder und Schwestern aufgetragen habe. Versichert sie meiner opferwilligen Treue, und ich hoffe, die Zeit ist nicht mehr fern, in welcher auch ich meine Heimath in der heiligen Salzsee-Stadt aufschlage, die dann wohl schon die Metropole eines unabhängigen, starken, im steten Wachsthum begriffenen Staates sein wird.«

»Das walte Gott!« sagten wie aus einem Munde Jansen und Hertha, während Rynolds diese Worte nur mechanisch aussprach, und Demoiselle Corbillon einen sehr vielsagenden, tiefen Seufzer ausstieß.

»Nur noch eine Bitte richte ich an Euch,« sagte Hertha, als Abraham auch ihr die Hand zum Abschied drückte, »nur noch eine Bitte,« wiederholte sie, und der Ton ihrer Stimme verrieth, daß sie mit Gewalt gegen eine mächtige innere Erregung ankämpfte. »Wenn vor Abgang dieses Schiffes Nachrichten von meiner Schwester einlaufen sollten, o, dann sucht es möglich zu machen, mir dieselben noch zuzustellen.«

»Es soll geschehen, mein liebes Kind,« antwortete Abraham zögernd, denn er vergegenwärtigte sich unwillkürlich den Schmerz, welchen Hertha bei der Nachricht, daß sie keine Schwester mehr habe, empfinden würde.

»So lange vernahm ich nichts Zuverlässiges über sie,« fuhr Hertha sanft klagend fort, »und eine unerklärliche Angst ergreift mich, wenn ich überhaupt an sie denke. Ich hatte so sicher darauf gerechnet, Briefe von ihr vorzufinden; aber es war eine bittere Täuschung. Wenn ihr nur kein Unglück widerfahren ist!«

Jansen hatte sich abgewendet; das ursprünglich weiche, aber mit harter Rinde umgebene Herz des finstern Fanatikers rührte sich bei den Ausbrüchen inniger, schwesterlicher Liebe und Besorgniß. Er wagte in diesem Augenblick nicht zu seiner Nichte zu sprechen.

»Der Krieg, der unheilvolle Krieg,« sagte Abraham, nachdem er eine Weile vergeblich darauf geharrt, daß ein Anderer das Wort ergreifen würde; »auch Ihr, meine Tochter, seid bis zu einem gewissen Grade, trotz Eurer Jugend, schon eine Märtyrin des Mormonenthums; auch Ihr seid dazu auserkoren, zu leiden von den Nachstellungen der ruchlosen Feinde, die fast jede Verbindung unserer heiligen Stadt mit der Außenwelt abgeschnitten haben. Aber Gott wird sie züchtigen und jeden Tag unserer irdischen Sorgen in ein Jahrhundert paradiesischer Freuden verwandeln. Darum vertraut auf ihn, der sichtbar sein Wohlgefallen an der Gemeinde der Heiligen der letzten Tage durch die wunderbare Uebermittelung der verlorenen Gesetzestafeln an den Tag gelegt hat.« —

»Ich vertraue auf ihn!« entgegnete Hertha mit festerer Stimme, indem sie sich aufrichtete, »aber solcher erhebender Ermahnungen, wie die Eurigen, werde ich noch oft bedürfen, sollen die irdischen Sorgen in schwachen Stunden mein Vertrauen und meinen Glauben nicht erschüttern.«

»So lebt denn wohl; was ich eben zu Euch sprach, ist nur ein schwacher Abglanz der göttlichen Lehren unserer weisen Propheten. Gottes Segen geleite Euch auf Eurer langen Reise und führe Euch wohlbehalten dahin, wo Ihr im Kreise von Schwestern und Brüdern die Herrlichkeit des Erlösers erschaut und mit ganzer Hingebung verehren lernt.«

»Amen!« sagte Hertha innig, ihre großen unschuldigen Augen andächtig zum nächtlich erleuchteten Firmament aufschlagend.

Abraham gab der Gouvernante die Hand und lüftete zugleich seinen Hut etwas. Die genannte Dame verneigte sich übermäßig höflich, hätten ihre Augen aber die Dunkelheit besser zu durchdringen vermocht, so würde sie erschrocken sein vor dem höhnischen Zug, der um Abraham’s Mund spielte.

In der nächsten Minute befand der Mormonen-Agent sich auf der Treppe, die nach der Landungsbrücke hinunterführte. Hertha und ihre Begleitung dagegen begaben sich nach der Kajüte hinab. Der Neger leuchtete ihnen voran und zeigte ihnen die Kojen, die sie vor Abfahrt des Bootes nicht mehr zu verlassen gedachten. —

Draußen indeß wurde es stiller und stiller. Nur noch selten schallte das Schnauben von Flußdampfern herüber, die den Werften zueilten. Die Laternen auf den Schiffen brannten düstern, das summende und rasselnde Geräusch in den Straßen der Stadt begann zu ersterben; die Nachtschwärmer dachten daran, sich auf den Heimweg zu begeben; der ehrsame Bürger aber lag schon längst im tiefsten Schlaf, nur noch in seinen Träumen den Verkehr mit der übrigen Welt aufrecht erhaltend. Hier zählte er Unmassen von Goldstücken, die sich plötzlich und zu seinem Schrecken unter seinen Händen in lauter Austerschalen verwandelten; dort ordnete er mühsam die in seinem Laden befindlichen Verkaufsgegenstände, die alle Leben erhalten hatten und sich auf beängstigende Weise durcheinander bewegten. Auch gebetet wurde in den Träumen, und Neger wurden gepeitscht, und sogar von Leuten, die Beides noch nicht oft in ihrem Leben gethan hatten. Dann erwachte auch wohl der Eine oder der Andere, um sich zu freuen; Dieser, weil sein schrecklicher Traum eben nur ein Traum gewesen, Jener, weil er an glückliche Verheißungen glaubte. Und so streute der Schlaf zusammen mit seinen Mohnkörnern die neckischsten Bilder auf die müden Menschen herab, hier ängstigend und strafend, dort tröstend, erfreuend und die Schmerzen lindernd. Unter dem Schutze der Dunkelheit aber schlichen einher in den verödeten Straßen die Sünde und das Verbrechen.

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