Vier Wyoming Western März 2017

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Из серии: Extra Spannung #7
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Es waren Mexikaner in silberbestickten Charro-Anzügen. Kein Zweifel, sie und die Reiter beim Wagen gehörten zusammen. Wahrscheinlich waren sie als Vorhut vorausgeritten und hatten da droben einen Lagerplatz vorbereitet.

Verfluchtes Pack! dachte Saltillo verbittert. Diesen Kerlen war es nicht eingefallen, aus ihrer Deckung heraus zu Hilfe zu kommen. Sie hatten die ganze Zeit schon die wilde Jagd beobachtet.

Buck tauchte schwitzend neben dem Prärieschoner auf. Er hatte seine »Betsy« ins Sattelfutteral geschoben, hielt Saltillos Gewehr in der einen, die Zügel von Saltillos Hengst in der anderen Hand.

»Treib sie, Mann, treib sie! Diese roten Kerle sind verrückt nach meinem prächtigen Skalp!«

Die Gestalten bei den Ruinen waren verschwunden. Blitze zuckten aus dem Schatten. Blei hieb in die Reihen der Verfolger. Sekunden später dirigierte Saltillo das Gespann an einer hohen Mauer vorbei. Ein Kreis halb zerfallener Lehmziegelgebäude umschloss den freien Platz dahinter. Unkraut und Gestrüpp umwucherten sie. Das Gerüst eines Ziehbrunnens ragte dazwischen wie ein Galgen auf. Von einem Gebäude war nur noch die Steintreppe vorhanden, die gespenstisch zwischen geborstenen Säulen ins Leere emporschwang. »SAN BUENAVENTURA« stand in verwaschenen Lettern auf einer einstmals weiß getünchten Wand. Alles atmete hier Untergang und Zerfall; eine düstere Kulisse für das Krachen der Colts und Gewehre. Gellendes Geschrei vermischte sich damit.

Die Pferde waren nun so abgehetzt, dass Saltillo sie mühelos zum Stehen brachte. Ihre Flanken zitterten. Staub und Pulverdampf umschwaberten das Fahrzeug.

»Hierher!«, brüllte Tortilla-Buck irgendwo hinter ihm. »Hölle noch mal, sie brechen durch!«

Das Krachen der Colts steigerte sich zum Stakkato.

Saltillo sprang auf. Ein Reiter fegte aus den um die Mauern wogenden Schleiern heraus auf den Wagen zu.

Ein Apache. Er schwang eine riesige Streitaxt.

Saltillo sprang ihn vom Wagenbock wie ein Panther an, riss ihn vom Pferd und schmetterte ihm den Coltlauf an die Stirn.

Im nächsten Moment war er wieder auf den Füßen. Keuchend zog er die Wagenplane zur Seite. Nie würde er die angstvollen, braunen Gesichter vergessen, die sich dahinter gegen die Gitterstäbe pressten. Gesichter von Verlorenen, Verzweifelten, die schon alle Hoffnung aufgegeben halten.

»Patron!«, stieß Valdez hervor.

»Gleich, Amigos! Ich hol euch da raus!«, knirschte Saltillo. Er rannte zum Heck, zerrte auch da die Plane weg und sah, dass die Gittertür mit einem massiven Schloss und einer Kette gesichert war. Die fünf Gefangenen waren wie wilde Tiere eingesperrt.

»Mortimer hat den Schlüssel«, keuchte Valdez, der sich mit Saltillo am Gitter entlang bewegt hatte.

Der Name traf den Mann vom Rio Bravo wie ein Kolbenschlag.

Mortimer!

Der Tod wurde mit diesem einen Wort heraufbeschworen. Der Tod, der schon damals in Nuevo nach ihm gegriffen hatte, als er in Ben Mortimers Hinterhalt geritten war. Für einen Moment schien das Krachen der Schüsse und das Kampfgeschrei der immer noch angreifenden Apachen ausgelöscht. Dann erkannte Saltillo ein jähes Erschrecken auf dem schnurrbärtigen Gesicht des Alcalden.

Ehe er sich herumwerfen und den Colt hochstoßen konnte, berührte eine kalte Revolvermündung sein Genick.

*

Ein Colthammer knackte.

»Wenn du jetzt nur einen Finger ohne meine Erlaubnis bewegst, bist du ein toter Mann, Bastard!«, drohte eine mitleidlose, hasserfüllte Stimme.

Er erkannte sie sofort wieder. Es war die Stimme des Mannes, der dem Tiger vom Rio Bravo nach einer blutigen Niederlage Tod und Vernichtung geschworen hatte.

Ben Mortimer.

Saltillos Schläfen pochten. Seine Kehle wurde trocken. Vor ihm war immer noch Valdez’ zerfurchtes, aschgraues Gesicht hinter den Käfigstäben. Der Alcalde rüttelte verzweifelt an ihnen. Die anderen, weitaus jüngeren Gefangen drängten sich hinter ihn. Saltillo erinnerte sich an jene andere schluchzende Stimme, die ihm in Nuevo nachgerufen hatte:

»Bring unsere Söhne und Brüder zurück, Patron!«

Da waren sie. Er hatte sein Leben für sie, alles auf eine Karte gesetzt und verloren. Plötzlich wurde ihm bewusst, dass der wüste Kampfeslärm verhallt war. Hufgetrappel entfernte sich. Ein einzelner Schuss krachte noch, dann triumphierte eine raue Stimme: »Denen haben wir’s gezeigt, Muchachos! Die kommen nicht wieder. Die Hölle soll sie fressen!«

Die Spannung löste sich in hartem Gelächter. Tritte malmten, Sporen klirrten. Doch das alles schien sich in einer anderen Welt abzuspielen. Wirklichkeit war nur der Druck des Fünfschüssers in Saltillos Nacken und wieder diese erbarmungslose Stimme, die befahl: »Weg mit dem Eisen, Bastard!«

Saltillo zögerte, verkrampfte sich. Nein, er hatte keine Chance. Ein Fingerdruck, und es würde weder für ihn, noch für Valdez und die jungen Dorfbewohner eine Rückkehr an den Rio Bravo geben. Der Paterson fiel in den Staub. Der Mann hinter Saltillo lachte spöttisch.

»All right, nun kannst du dich umdrehen, Bastard.«

Als der große, ledergekleidete Kämpfer sich umwandte, wich der andere ein Stück zurück. Der Colt schimmerte matt in seiner Faust. Die Mündung zielte genau dorthin, wo Saltillos Herz wie eine Apachentrommel hämmerte.

Die Schatten der Dämmerung flossen bereits zwischen die Mauern. Darin wirkte die breitschultrige, in einen schwarzen Mantel gehüllte Gestalt des Banditen noch drohender. Nichts an ihm erinnerte an die Verletzung, mit der er aus Nuevo entkommen war. Augen wie Eissplitter funkelten unter dem flachkronigen, schwarzen Hut. Nur das kantige, glattrasierte Gesicht war gezeichnet. Saltillo kannte den Namen der Krankheit, die an Mortimer fraß: Hass. Er würde erst erlöschen, wenn Mortimer sich an ihm gerächt hatte.

Ihre Blicke prallten gegeneinander wie damals in der Barranca Grande, als sie sich zum ersten Mal begegnet waren. Schon damals hatte jeder im anderen den Todfeind erkannt. Die Geräusche ringsum waren verstummt.

Saltillo spürte, wie sich alle Blicke auf ihn und Mortimer richteten.

Was war mit Buck geschehen? Aber Saltillo brachte es nicht fertig, jetzt den Blick von Mortimer abzuwenden.

Die schmalen Lippen des Bandenführers verzogen sich zu einem Grinsen.

»Zuerst einmal besten Dank dafür, dass du den Wagen durchgebracht hast, Bastard! Da, nimm!«

Er war so unheimlich schnell wie eh und je. Sein Hieb mit dem Coltlauf kam so plötzlich, dass Saltillo den Kopf nicht mehr zur Seite brachte.

Saltillo prallte gegen den Wagen, stürzte in den Sand.

»Lump! Mörder! Verfluchter Hund!«, hörte er Valdez’ heisere Stimme wie durch eine dicke Wand.

Er biss die Zähne zusammen. Ein gemeiner Tritt traf ihn. Kein Laut kam aus seiner Kehle. Er wälzte sich herum, stemmte sich auf die Knie, zog sich am Wagen hoch. Alles um ihn drehte sich. Er hörte Stimmen, Tritte. Jemand nahm ihm den Waffengurt ab, an dem außer seiner Colthalfter auch sein Bowiemesser hing. Dann zerriss der Schleier vor seinen Augen.

Drei mit Gewehren bewaffnete Mexikaner trieben die Männer aus Nuevo Saltillo zu einem auf dem Platz angezündeten Feuer. Dort mussten sie sich niederkauern. Jeder erhielt einen Becher Wasser und ein Stück trockenes Maisbrot. Stahlklammern, zwischen denen Ketten klirrten, umspannten nun ihre Handgelenke.

Valdez bekam einen Tritt, der ihn fast ins Feuer warf, als er sich nach Saltillo umschaute und aufstehen wollte. Sein Becher schwappte über. Das Brot fiel ihm aus der Hand und verschwand unter einem Stiefelabsatz. Eine Gewehrmündung hinterließ einen Abdruck auf der Wange des erstarrenden Alcalden.

Ein Stück vom Feuer entfernt standen die Pferde der Entführer. Saltillos und Bucks Tiere hatten sich ihnen zugesellt. Ein Mexikaner hängte gerade die Waffengurte der beiden Männer an die Sättel. In Bucks Scabbard steckte noch das Harpers Ferry-Gewehr. Auf der ins Leere ragenden Steintreppe zeichnete sich verschwommen die kauernde Gestalt eines Wachtpostens ab.

»Nun hast du hoffentlich kapiert, dass du hier nicht mehr lebend wegkommst«, zwang Mortimers höhnische Stimme Saltillos Kopf herum. Mortimer war nicht mehr allein. Mexikaner mit angeschlagenen Revolvern standen neben ihm. Ihre braunen Gesichter waren verkniffen. Sie trugen ihre Charro Anzüge wie Uniformen. Zwei stämmige Kerle hielten Buck fest. Mit einem zufriedenen Grinsen hielt ihm ein dritter den Colt unter das Kinn.

Es war Esteban Trujillo, der ehemalige Bodegabesitzer aus Nuevo Saltillo, der mit Mortimer gemeinsame Sache gemacht hatte, ein vierschrötiger, untersetzter Bursche. Ein Stoppelbart umrahmte das aufgeschwemmte Gesicht. Wenn er grinste wie jetzt, glich er einem zähnebleckenden Schimpansen.

Bucks rotes Baumwollhemd war zerrissen. Schweiß lief ihm über die Wangen.

»Sorry, Amigo«, schnaufte er. »Bis ich merkte, an wen wir da geraten sind, hatten sie mich schon.«

Mortimer lachte klirrend. »Es musste ja klappen. Nur die verdammten Rothäute hätten mir beinahe ’nen Strich durch die Rechnung gemacht. Ansonsten hab ich keinen Augenblick daran gezweifelt, dass ihr versuchen würdet, die Schollenbrecher rauszuhauen.«

Saltillo ballte die Fäuste. Zeit gewinnen war alles, was ihm vorerst blieb, und es war wenig genug.

»Wenn du deiner Sache so sicher warst, Mortimer, weshalb hast du dann Manolo als Köder entkommen lassen und drei Killer hinter ihm hergeschickt?«, fragte er mit spröder Stimme.

Mortimer brannte sich gemächlich ein dünnes, schwarzes Zigarillo an. Der Colt steckte jetzt in der Halfter unter seinem vom offenen Mantel.

»Ihr habt sie also erwischt? Na schön, damit war zu rechnen. Dabei hätten diese Dummköpfe nur rausfinden sollen, mit wieviel Gegnern wir es zu tun bekommen. Aber nun wissen wir’s ja.« Mit einem spöttischen Auflachen schnippte er das Streichholz weg. »Der ganze Aufwand hat sich gelohnt. Du musst nämlich wissen, Halbblut, dass ich für jeden dieser Männer aus deinem Dorf fünfhundert Pesos kassieren werde. Kein schlechtes Geschäft, was?«

 

Saltillo straffte sich und spuckte aus.

»Du hast dich also auf Menschenraub verlegt, nachdem es mit der Hazienda nicht geklappt hat.«

Mortimers Gesicht verschwand hinter einem Schleier aus Tabakqualm.

»Warum nicht? Hauptsache, der Peso rollt!« Sein Achselzucken war eine Spur zu lässig. Saltillo hörte erneut den Hass aus seiner Stimme. Mortimer wies beiläufig mit dem Zigarillo auf den Fuchsgesichtigen, der beim Wagen geritten war.

»Pablo hat uns den Job verschafft. Er ist ein alter Freund von Trujillo. Und ohne den wiederum wär’ ich kaum ins Geschäft gekommen. Denn die Leutchen hier sind nicht besonders gut auf fremde Gringos zu sprechen.

Don Felipe Alvantarez schert sich allerdings darum einen Dreck. Für den gibt’s nur ein Problem: Er braucht ständig genug neue, hm, Arbeitskräfte für seine Goldmine drüben in der Sierra Caliente. Der Bursche ist nicht auf den Kopf gefallen. Der hat schnell gewittert, dass ich genau der Richtige bin, für den Nachschub von Männern zu sorgen, die sich in seinem Bergwerk die Seele aus dem Leib schuften dürfen.«

Er lachte auf eine Weise, dass Saltillo ihm am liebsten an die Kehle gesprungen wäre. Aber Mortimer und seine Kumpane warteten nur darauf.

»Gold«, fuhr Mortimer nach einem genießerischen Zug an seinem Zigarillo fort, »darum dreht sich zur Zeit fast alles in Mexiko. Don Felipe kann gar nicht genug erzbeladene Wagen zu den Schmelzöfen nach Santa Rosa schicken. Und weißt du, warum? Weil es in diesem Land mehr denn je brodelt, seit Texas sich der Union angeschlossen hat. Texas als Vorposten der Gringos sozusagen direkt vor der Haustür Mexikos, das hat einigen in der Hauptstadt ganz schön Dampf unter den Hintern gemacht. Füchse wie mein neuer Freund Don Felipe profitieren natürlich davon. Du kannst dir ja sicher denken, wozu das Gold, das er in die Hauptstadt liefert, so dringend gebraucht wird.«

Mortimer kniff die Augen zu. Das Ganze war natürlich Theater. Er wusste genau, dass Saltillo anderes im Sinn hatte als die gespannte politische Lage zwischen den beiden Ländern. Aber er wusste auch, dass Saltillo vergeblich sein Gehirn nach einem Ausweg zermarterte. Deshalb weidete er sich an der Situation.

»Waffen«, murmelte Saltillo, während seine Gedanken tatsächlich fieberhaft nach einer Chance suchten - auch wenn er Mortimer durchschaute.

»Richtig, Bastard: Waffen!«, versetzte der Anführer der Entführer schroff. »Das Gold, das deine Bohnenpflanzer aus der Alvantarez-Mine holen werden, wird für Rüstungskäufe im alten Europa gebraucht. Schau dir nur die Schießprügel meiner Amigos an. Baker-Gewehre aus England, fabrikneu, frisch importiert! Verlass dich darauf, Rothaut: Mit dem Anschluss von Texas ist ein Stein ins Rollen gekommen, der über kurz oder lang ’ne Lawine auslösen wird.

Denk nur an das Land zwischen dem Nueces und dem Rio Bravo, das seit nun fast zehn Jahren von beiden Seiten beansprucht wird. Da muss es ja mal krachen. Und dann ist auch noch Santa Ana da, der ums Verrecken nicht verwinden kann, wie ihr Tejanos damals am Rio Jacinto seinen Soldaten das Laufen beigebracht und ihn gefangen habt. Well, mir soll's recht sein! Wenn das Pulverfass demnächst explodiert, hab ich garantiert längst mein Schäfchen im Trockenen. Und was deine Hazienda betrifft, Halbblut...«

Das Glitzern in den hellen Raubvogelaugen verstärkte sich. Er nahm das Zigarillo aus dem Mund, beugte sich vor. »Mein alter Traum ist nicht begraben, Bastard! Ich bin nach wie vor überzeugt, dass dein Königreich droben am Rio Bravo bald ’nen neuen Besitzer haben wird.«

»Du wirst dir nur wieder gründlich die Pfoten verbrennen, Ben«, rief Buck dazwischen. »Wenn ich dir ’nen guten Rat geben darf...« Trujillo drückte ihm mit dem Revolver das Kinn hoch, so dass Buck verstummte. Mortimer drehte sich halb zu ihm um.

»Ich pfeif auf den Rat eines Mannes, den morgen schon die Geier fressen«, erklärte er kalt. »Du hast damals den Fehler deines Lebens gemacht, Buck, als du dich auf die Seite dieses verdammten Comanchen geschlagen hast. Genau wie Layla. Sie kriegt vielleicht noch ’ne Chance, wenn sie ihre Entscheidung überdenkt. Du nicht, Buck! Du wirst zusammen mit diesem Bastard in der Hölle schmoren.«

»Nach dir, Ben, immer nach dir«, grinste Tortilla-Buck. »Kennst mich doch. weißt doch, dass ich mich bei solchen Gelegenheiten niemals vordrängle. Außerdem, Ben, kann ich dir schon jetzt sagen, wie Layla sich entscheiden wird.«

»Ich werd sie selber fragen, Buck, schon bald! Deine Meinung interessiert mich nicht.«

»Sollte sie aber«, beharrte Buck. Saltillo ahnte, dass er verzweifelt versuchte, die Banditen, vor allem aber Mortimer, von ihm abzulenken. Genau wie er selbst hatte Buck inzwischen die Chance erkannt, die ihnen vielleicht doch noch blieb. Die Schurken hatten sie im Vertrauen auf ihre Übermacht nicht gefesselt. Außerdem brannte das Feuer nieder. Der Lichtkreis um den Wagen schmolz. Der Mond stand noch hinter den Hügeln, und zwischen den alten Mauern nistete pechige Finsternis.

Buck höhnte: »Layla wird dir ein geladenes Schießeisen unter die Nase halten, wenn du dich je wieder bei ihr blicken lässt, Ben! Sie hat sich dir damals doch nur angeschlossen, weil sie ihre Haut retten musste. Nachdem sie dich so richtig kennengelernt hat, Ben, würde sie lieber ’ne Klapperschlange zu sich ins Bett nehmen ...«

Trujillo schlug ihm fluchend den Revolver ins Gesicht. Bucks Knie knickten ein. Der verkrustete Riss auf seiner Wange platzte auf. Er wäre gestürzt, hätten ihn die beiden Mexikaner nicht gehalten.

Saltillo duckte sich. Da schnellte Mortimer schon herum. Seine Rechte war unter dem langen, schwarzen Mantel verschwunden.

»Buck hat von jeher das Maul dann am weitesten aufgerissen, wenn er wusste, dass es ihm an den Kragen geht«, sagte er eisig. »Rechne dir bloß nichts aus, Comanche! Diesmal funktioniert kein Trick. Du kannst dich noch von den Kerlen aus deinem Dorf verabschieden, das ist alles.«

Pablo, der Fuchsgesichtige, schob sich näher.

»Tot sind die beiden nur ein Fressen für die Geier. Lebend bringen sie uns zusätzliche tausend Pesos. Das ist viel Geld.«

Ein Schatten verdüsterte Mortimers Gesicht. Schnell blickte er auf die Männer. Gier glitzerte in ihren Augen. Pesos! Das war eine Zauberformel für diese verrohten Kerle. Für Geld war jeder von ihnen bereit, den eigenen Bruder dem schurkischen Bergwerksbesitzer auszuliefem, der Sklaven für sich schuften ließ, damit er schnell reich wurde. Mortimer tat, als müsste er überlegen. Und prompt reagierte Trujillo, wie er es haben wollte.

»Leg sie um, Mortimer! Lass dich auf nichts sonst ein. Ich verzichte auf jeden zusätzlichen Anteil, wenn wir sie nur endlich vom Hals haben.«

»Da hörst du’s, Pablo«, lächelte Mortimer verkniffen. »Dein Freund Esteban weiß Bescheid. Das sind nicht irgendwelche Hombres, die man für ein paar Monate in die Mine stecken kann, damit sie da krepieren wie die anderen. Drück denen 'ne Schaufel oder ’nen Pickel in die Hand, und sie gehen in der nächsten Minute garantiert auf dich los. Trujillo hat recht, Amigo: Die Hölle ist der einzige Platz, wo sie ein für allemal gut aufgehoben sind.«

Langsam zog er den Colt unter seinem schwarzen Mantel hervor. Ebenso langsam hob er die Waffe, bis die Mündung Saltillo wie ein schwarzes Todesauge anstarrte. Alle hielten den Atem an. Nur die Flammen knisterten leise.

»Wenn du beten willst, Bastard, dann tu’s Du hast genau zehn Sekunden.«

*

Das Feuer, an dem die Gefangenen hockten, brannte inzwischen so niedrig, dass einer der Bewacher eine Handvoll trockene Zweige auf die Glut warf.

Im selben Augenblick fuhr Rafaelo Valdez hoch, stürzte sich auf den Mann und schlug ihm die zusammengeketteten Fäuste ins Genick. Der Posten fiel nach vorn. Sein Körper erstickte die eben aufzüngelnden Flammen. Brüllend und um sich schlagend, wälzte er sich aus der Glut. Seine Kleidung qualmte.

Valdez brachte noch eine gefesselte Hand an das im Sand liegende Baker-Gewehr. Da war schon ein anderer Aufpasser hinter ihm. Ein wuchtiger Kolbenhieb schleuderte den Alcalden neben den schreienden Banditen. Der dritte Posten jagte einen Warnschuss über die aufspringenden jungen Dörfler.

Mortimer und seine Sklavenfänger waren herumgezuckt.

Das war Saltillos Chance, für die Valdez sein Leben eingesetzt hatte.

Saltillo nutzte sie. Als Mortimer mit einer wilden Verwünschung auf ihn schoss, lag er schon am Boden, schleuderte dem Schwarzgekleideten eine Handvoll Sand ins Gesicht und rollte sich katzengewandt unter den Planwagen.

Mortimers blitzschnell abgegebener zweiter Schuss streifte nur das rechte Vorderrad.

Während Saltillo auf der anderen Wagenseite hochfederte, wurde plötzlich auch Tortilla-Buck wieder lebendig. Mit einem heiseren Schrei riss er sich los, rammte den beiden Bewachern neben sich die Ellenbogen in den Leib und zwang Trujillo mit einem gezielten Tritt, sich auf den Hosenboden zu setzen.

Plötzlich schien es, als hätten die Entführer die ganze Zeit versucht, einen wildgewordenen Büffel festzuhalten.

Bevor Bucks Aufpasser überhaupt begriffen, was geschah, hatte er sie am Kragen gepackt und ihre Köpfe zusammengeschmettert.

Dann wirbelte der bullige Mann wie ein wütender Grizzly herum. Mit einem einzigen Hieb fegte er einen Gewehr schwingenden Mexikaner zur Seite.

»Zu den Pferden, Buck!«, gellte Saltillos Ruf durch das jäh entstandene Durcheinander. Der große, indianerhafte Haziendero entriss einem vor ihm auftauchenden Banditen den Colt und schlug den Mann damit nieder.

Eine Kugel zupfte an seinem Wildlederhemd. Geduckt schnellte er herum und jagte einen Schuss zu dem Wagen, über dessen Fahrerbank Mortimers hassverzerrtes Gesicht von einem Mündungsblitz angestrahlt wurde. Männer rannten fluchend über den Platz. Der ins Feuer gestürzte Posten hatte die Glut auseinandergerissen. Nur mehr wenige Flammen verbreiteten schwache Helligkeit. Pablo schrie: »Pass auf die Gefangenen auf!«

Mit einem halben Dutzend wilder Sätze war Saltillo bei seinem Hengst. Das Pferd scheute. Eine Kugel brannte über sein Fell. Rasch packte Saltillo die Zügel und feuerte abermals in Richtung Wagen. Mündungsfeuer blitzten. Es krachte und dröhnte, als würden die Mauern ringsum einstürzen. In dem Qualm und Staub waren für die Mexikaner Freund und Feind kaum zu unterscheiden. Saltillo konnte seinen Gefährten nirgends sehen.

»Buck!«, schrie er besorgt. Wieder donnerte der Fünfschüsser in seiner Faust. Der heisere Schrei eines Getroffenen antwortete. Blei klatschte gegen die Mauer neben Saltillo.

»Worauf wartest du eigentlich noch, Amigo?«, meldete sich Buck etwas atemlos hinter ihm. Der Kentuckier hatte sich bereits auf seinen rammsnasigen Pinto geschwungen und schnappte sich die im Scabbard steckende Rifle.

»Wenn du mich fragst, Häuptling: Nichts wie weg!«

Der Pinto sauste los, als wollte er die letzten noch aufrechten Mauern über den Haufen rennen.

Saltillo sprang ebenfalls in den Sattel, stieß dann erst die Füße in die Bügel und fegte hinterher. Kugeln umschwirrten ihn. Aber die Mexikaner knallten nur einfach wütend drauflos. In der von Rauch und Staub durchdrungenen Dunkelheit sahen sie die Reiter nur als Schemen, die über den Platz und an den Ruinen vorbeiflogen und gleich darauf von der Nacht verschluckt wurden. Die hangabwärts hämmernden Hufe rissen dichte Staubschwaden hoch.

Buck, der ein Stück voraus war, schwenkte triumphierend seine »Betsy« und versuchte Saltillos Comanchen-Kampfschrei nachzuahmen. Das Ergebnis war ein schauerliches Aufheulen, das bestimmt eine ganze Rinderherde in Stampede gejagt hätte. Mit flatternder Zottelmähne drehte Tortilla-Buck sich zu seinem Freund um.

»Gleich geht der Mond auf. Wir müssen aus dieser verflixten Staubschüssel raus und in die Berge.«

Sie hatten den Fuß der Steigung erreicht, warfen die Pferde nach links - und da sahen sie die Männer, die im Schein einer rasch angezündeten Fackel droben zwischen den Mauern auftauchten. Buck riss sofort sein Gewehr hoch, schoss aber nicht.

Die Kerle hatten Valdez. Sie stießen den Alcalden, der Mühe hatte, sich auf den Beinen zu halten, gegen eine rissige Wand. Einer hielt die Fackel über seinen Kopf, ein anderer presste ihm die Mündung eines Baker-Gewehrs an die Kehle.

 

Vom Fackelschein geblendet, konnten die Entführer die Reiter am Fuß der Anhöhe nicht sehen. Nur das Hufgetrappel wies ihnen die ungefähre Richtung. Mortimers Stimme peitschte durch die noch mondlose Nacht:

»Kommm zurück, Saltillo, sonst stirbt Valdez!«

Saltillo riss seinen Rehbraunen so heftig zurück, dass der Hengst wiehernd vorn hochstieg. Staub umwallte ihn. Saltillo hielt noch den erbeuteten Banditencolt.

Buck preschte erschrocken zurück. Er schrie etwas, doch Saltillo hörte nur wieder die Stimme seines Todfeindes;

»Stell dich, du Bastard, sonst...«

Da war Buck neben ihm. Klirrend stießen ihre Steigbügel zusammen.

Bucks Gewehrlauf schwang herum und schleuderte Saltillo in ein schwarzes Nichts.

*

Eine Hand an seiner Schulter rüttelte Saltillo in die Wirklichkeit zurück. Sein Kopf schmerzte heftig. Aber er brauchte nur eine Sekunde, bis er merkte, dass er auf felsigem Boden lag, ein Meer von Sternen über sich. Schwarze Felszacken ragten ringsum auf. Mondlicht versilberte ihre Ränder. Eine seltsame gläserne Stille umgab ihn. Dann schnaubte in der Nähe ein Pferd. Eine raue, besorgte Stimme murmelte:

»Hölle noch mal! Ich hab doch nicht ahnen können, dass du so lange flach liegst, wenn ich dich ein bisschen mit dem Schießprügel antippe.«

Bucks Gesicht neigte sich über ihn. Im matten Sternenglanz erkannte Saltillo, dass der Freund schwitzte, obwohl er selbst nun die Nachtkühle deutlich spürte. Als er sich aufsetzte, wurde ihm schwindlig. Er lehnte sich gegen einen Felsblock und betastete vorsichtig die Beule über seinem rechten Ohr.

»Bist du sicher, dass mein Kopf noch an einem Stück ist?«

»Ich denk schon.« Buck Mercer alias Tortilla-Buck grinste schief. Er reichte Saltillo die Canteenflasche, und als der Haziendero erst einmal den faden Geschmack aus der Kehle gespült hatte, fühlte er sich etwas besser.

»Wartest du jetzt darauf, dass ich mich bei dir bedanke?«, knurrte er, als er Buck die Flasche zurückgab.

»Das nicht gerade. Aber du musst zugeben, dass meine Betsy das schnellste und überzeugendste Argument war, dich in Sicherheit zu bringen. Außerdem wärst du dem Teufel ganz umsonst in den Rachen gesprungen. Diese verdammten Sklavenfänger sind doch viel zu gierig hinter jedem Peso her, um Valdez tatsächlich zu töten.«

»Du hättest warten können, bis ich von selbst darauf komme«, beschwerte sich Saltillo.

»Hm«, machte Buck zweifelnd, verschluckte aber vorsichtshalber, was ihm noch auf der Zunge lag.

Das Geheul eines Kojoten kam aus der Dunkelheit. Stimrunzelnd schaute Saltillo sich um.

»Wo sind wir eigentlich?«

Buck zuckte die Achseln.

»Irgendwo in der Sierra und nicht allein.« Er reichte Saltillo den zusammengerollten Waffengurt, aus dem der Walnussholzgriff des Paterson ragte. »Ein paar von unseren roten Freunden schleichen draußen rum«, erklärte er beiläufig. Er schüttelte die verfilzte Mähne. »Vielleicht sollte ich mir doch mal die Haare schneiden lassen, was meinst du?«

»Ich erinnere mich, dass du irgendwas von Sicherheit gefaselt hast.«

Tortilla-Buck setzte ein unternehmungslustiges Grinsen auf.

»Noch leben wir - wenn mich nicht alles täuscht.«

Saltillo richtete sich geduckt auf. »Was mich betrifft, bin ich da nicht so sicher, nachdem du mir diesen Hammer verpasst hast.«

Der Kojote heulte wieder, näher als zuvor.

Saltillo hörte jetzt genauer hin. Die Tierstimme war gut nachgeahmt, aber nicht täuschend genug für einen Mann, der in der Wildnis aufgewachsen war und den besten Lehrmeister gehabt hatte, den er sich wünschen konnte: Kirk O’Hara, den Mountain Man und späteren Alamo-Kämpfer.

»Sie halten uns für ahnungslos«, raunte Buck. »Ich hab ’ne kleine Überraschung vorbereitet. Sieh zu, dass du aufs Pferd kommst, wenn’s losgeht. Hinter den Klippen drüben führt ein Pfad zu einer Felsterrasse hinauf. Da droben kann uns keiner mehr was anhaben. Nur muss alles schnell gehen. Ruh dich noch ein bisschen aus, damit du nicht vor lauter Schädelbrummen die falsche Richtung einschlägt.«

»Rührend, wie du dich um mich kümmerst«, grinste Saltillo dünn. »Beinahe, als hättest du ein schlechtes Gewissen.«

»Wüsste nicht, weshalb.« Buck hängte die Wasserflasche an den Sattel zurück und benutzte die Gelegenheit, über den Pferderücken zu den Felsen zu spähen, die ihren Lagerplatz umschlossen. Ein kaum hörbares Rascheln kam von dort. »Hat wohl keinen Zweck, den Gentlemen zu erklären, dass wir nur auf der Durchreise sind. Irgendwie hab ich das komische Gefühl, dass die mich sehen.« Er sprach so leise, dass nur Saltillo ihn verstand. »Schade, dass wir Ben nicht hier haben. Jetzt könnte er zeigen, wie gut er mit seiner Kanone wirklich ...« Er brach ab, glitt ein Stück von den Pferden weg und fingerte an seiner ledernen Kugeltasche. »Da drüben beim Busch neben dem Felsen steckt einer!«

»Fünf Schritte rechts davon hockt ein zweiter«, sagte Saltillo leise. »Und genau hinter dir lauert einer auf ’nem Felsen und wird dir ’nen Pfeil in den Rücken schießen, wenn du nicht aufpasst.« Als Buck hörbar einatmete, hob Saltillo die Hand. »Dreh jetzt nicht durch. Mit etwas Glück sind wir in ein paar Stunden schon auf dem Weg zur Alvantarez Mine.«

»Was redest du da?« Buck vergaß für einen Moment die anschleichenden Indianer. »He! Du brauchst wohl dringend fünfhundert Pesos und willst mich als Bergwerkssklave an die Mexikaner verschachern?«

»Pass auf, da ist auch einer links von dir«, flüsterte Saltillo. »Sonst hast du den Nagel aber auf den Kopf getroffen, Amigo.«

»Bis jetzt kapier ich nur, dass ich vielleicht doch nicht so hart hätte zuschlagen sollen«, brummte der Kentuckier kopfschüttelnd. »Zur Hölle, du willst doch nicht wirklich zu diesem Hundesohn von Minenboss reiten ...«

»Wenn du ’ne bessere Idee hast, spuck sie aus, bevor dich die Apachen skalpieren. Eher fällt hier nämlich mitten im Sommer Schnee, als dass wir nochmals an Valdez und die Boys aus dem Dorf rankommen, solange sie in Mortimers Wagen zur Mine unterwegs sind. Also werden wir dort auf sie warten.«

Der Kojote heulte wieder. Saltillo hechtete nach vorn, stiess Buck zur Seite, und in dem Moment, bevor sein Colt krachte, hörte der Kentuckier das Schwirren eines Pfeils. Ein wütender Schrei mischte sich in die Detonation.

»Schlag bloß keine Wurzeln«, mahnte Saltillo, schwang sich auf seinen Hengst und schoss auf eine aus der Dunkelheit schnellende Gestalt. Eine Lanze fauchte an ihm vorbei. Diesmal war es kein Kojoten-, sondern Kriegsgeheul, das um sie aufbrandete. Die Pferde wieherten erschreckt

»Nur nicht so hastig, Companeros«, schmetterte Buck. Hastig riss er ein Streichholz an und warf es auf den Schießpulverstreifen, den er über den Felsboden gezogen hatte, bevor Saltillo aufgewacht war. Eine Stichflamme puffte hoch. Eine knisternde, funkensprühende Spur hinter sich herziehend, leckte sie über den Lagerplatz.

Die aus der Deckung springenden Apachen wurden jäh von roter Helligkeit übergossen.

Saltillos Colt krachte wieder. Tortilla-Bucks »Betsy« meldete sich donnernd vom Pferderücken. Das Ergebnis: Zwei Messer und Tomahawk schwingende Angreifer wurden zwischen die Felsen zurückgeschleudert.

Dann waren die Partner schon zwischen den Klippen.

*

Eine lange Reihe rumpelnder Kastenwagen wand sich aus einem brutheißen, windstillen Sierra-Tal zum Plateau der Alvantarez-Mine hinauf. Je acht knochige Maultiere stemmten sich in die Sielen vor jedem Fahrzeug. Ebenso knochig und ausgemergelt wirkende Mexikaner in verschlissenen weißen Leinenanzügen trieben sie mit zur Gewohnheit gewordenem Peitschengeknall an. Die schweren Räder knirschten über Schotter und Sand, vorbei an zerklüfteten Felsen und Domengestrüpp, immer wieder aus einer neuen Biegung heraus. Der einzige Pfad zum Plateau schien an den heißen Berghang geklebt. An keiner Stelle war er breiter, als dass gerade noch ein Mann neben dem Gespann hätte marschieren können. Somit genügten die beiden mit Colts und Gewehren bewaffneten Posten, die droben die Kolonne erwarteten, damit kein ungebetener Besuch auf das Bergwerksgelände vordrang.

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