Vier Wyoming Western März 2017

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Из серии: Extra Spannung #7
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»Bis ich zurückkomme, bist du wieder auf dem Damm«, tröstete er sie, während sein Blick unwillkürlich die sich unter der hellen Bluse abzeichnenden harten Warzen der üppigen Brüste streifte. Ihre ganze Haltung war ein Versprechen für die Rückkehr.

Tortilla-Buck konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen.

Wie die Turteltauben, dachte er vergnügt. Da muss ich wohl wieder höllisch aufpassen, dass diesem Tiger an meiner Seite nichts passiert. Laut sagte er nur:

»Adios, Amigos.«

»Vaya con Dios!« riefen die Vaqueros.

Als Saltillo und Buck ihre Pferde in Bewegung setzten, löste sich ein dritter Reiter aus dem Pulk. Es war Antonio, der Jüngste in Saltillos Mannschaft, heißblütig, mutig, aber noch reichlich unerfahren. Sein Talent, sich selbst und andere in die Klemme zu bringen, wäre Saltillo schon beinahe zum Verhängnis geworden. Eine Gitarre, sein kostbarster Besitz, hing am Riemen auf seinem Rücken.

»Nimm mich mit, Patron«, bat er, als Saltillo seinen Rehbraunen anhielt. »Diesmal werd’ ich alles gutmachen.«

Buck machte sein »Das-fehlt-uns-grade-noch-Gesicht«.

Saltillo schüttelte ruhig, aber entschieden den Kopf.

»Ein andermal, Amigo. Du wirst hier gebraucht.«

Die Trauerversammlung unter der Dorfeiche hatte sich aufgelöst.

»Bring unsere Söhne und Brüder zurück, Patron«, schluchzte eine Frau.

Abseits von allen verharrte Teresa Valdez, die Frau des Alcalden. Als Saltillo vorbeikam, streckte sie ihm das Gewehr ihres Mannes entgegen. Ihre Augen waren tränenlos und ihre Stimme ruhig. Gerade diese Gefasstheit erschütterte Saltillo.

»Bring diese Waffe Rafaelo, Patron. Du und dein Amigo werdet dann nicht mehr auf euch allein gestellt sein.«

Saltillo nahm das Gewehr und legte es vor sich über den Sattel. »Ich versprech es dir, Teresa.«

*

Das Land glühte unter der Sonne. Es lag wie eine gigantische, mit staubgrauen Kräutern bedeckte Ebene, die im Süden von der blauen Silhouette der Sierra Madre begrenzt wurde, vor den beiden Reitern. Doch als sie dann Meile um Meile vorstießen, erwies sich das Ganze als ein Meer aus sanften Bodenwellen und weit verstreuten Salbei, Yucca und Kakteengruppen. Sand knirschte unter den Hufen. Die Spur des Wagens und der Reiter, die ihn begleiteten, war deutlich eingegraben. Schnurgerade, nur dann und wann einem Dickicht oder einer Felsansammlung ausweichend, näherte sie sich den fernen Bergen.

Weit und breit gab es hier keine Ansiedlung, keinen von Soldaten oder Händlern benutzten Trail. Das Land schien den Kojoten, Klapperschlangen und Skorpionen zu gehören. Von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang lag es wie tot unter dem flammenden Himmel von Chihuahua. Nirgendwo schien die Leere grenzenloser, das Schweigen bedrückender.

Diese hitzegesättigte Stille verschloss sogar Tortilla-Buck den Mund. Immer wieder wischte sich der bullige, zottelhaarige Mann den Schweiß von der Stim, ohne zu begreifen, dass seinem Gefährten diese mörderische Glut nichts auszumachen schien. Sogar hier genügte Saltillo das dichte, pechschwarze Comanchenhaar als Schutz gegen die Sonnenstrahlen.

Sie hatten genügend Wasser, Proviant und Futter für die Pferde. Dennoch waren sie von Anfang an darauf bedacht, die Rationen einzuteilen.

Der Wagen hatte einen Vorsprung von etwa sieben Stunden. Er kam nur langsam voran. Doch Saltillo und Buck ließen sich Zeit. Gerade am ersten Tag nach dem Überfall würden die Menschenräuber besonders auf der Hut sein. Jeden Fehler, den die Verfolger begingen, würden nicht nur sie selbst, sondern auch die Gefangenen bezahlen müssen.

Saltillo hatte bei den Comanchen gelernt, dass ein Jäger, der zäh und geduldig war, auch das gefährlichste Wild zur Strecke bringen konnte. Der große, ledergekleidete Reiter hielt sein gleichmäßiges Tempo auch, als die Sonne schon tief im Westen stand und Buck unruhig im Sattel hin und her zu rutschen begann.

Die Nacht kam mit der in diesen Breiten üblichen Schnelligkeit. In einer geschützten Mulde schlugen sie ihr Lager auf. Mit Stockschlägen prüften sie, dass sie die Decken nicht zufällig auf einer Schlange oder einem Skorpion ausrollten.

»Kein Feuer«, entschied Saltillo.

Buck warf die dürren Zweige weg, die er aufgesammelt hatte.

»Wenn du mich fragst, Hombre: Sie sind höchstens noch zehn Meilen vor uns. Wir sollten es hinter uns bringen. Glaub nur nicht, ich fall’ aus dem Sattel, wenn wir noch ein Stück reiten, bevor der Mond aufgeht.«

»Doch«, grinste Saltillo hart. »Das glaub ich. Denn heute Nacht liegen die Halunken bestimmt abwechselnd auf der Lauer und passen wie Schießhunde auf, dass sie keinen überraschenden Besuch kriegen. Hau dich lieber aufs Ohr und nimm dir ’nen Hut voll Schlaf, bevor du mit der Wache dran bist.«

»Auch das noch!«, seufzte Buck, streckte sich aber grinsend auf der Decke aus und zog gemütlich den verbeulten Stetson über das Gesicht.

Es war das erste Abenteuer, das sie gemeinsam bestehen wollten; zwei Männer, die sich vor Monaten noch als Feinde gegenübergestanden waren. Buck Mercer und Layla Sheen hatten Ben Mortimers Landpiraten angehört. Bis Mortimer den Fehler machte, sich mit dem Tiger vom Rio Bravo, Saltillo, anzulegen. Im entscheidenden Kampf hatten Layla und Buck sich auf Saltillos Seite geschlagen. Nur Mortimer und der Verräter Trujillo, dem die Bodega in Nuevo gehört hatten, waren damals entkommen. Die Weite Mexikos hatte sie verschluckt - wie den Wagen, dem die beiden Partner nun folgten.

Mit dem ersten Sonnenstrahl saßen sie wieder im Sattel. Der Tag war heiß, wolkenlos und still wie der vorangegangene. Das grüne Land am Fluss kam ihnen so weit entfernt vor, als wären sie nicht erst einen Tag, sondern schon Wochen auf dem Trail. Das Gelände wurde felsiger, hügeliger. Hinter den Hitzeschleiem traten die schroffen Flanken der Sierra deutlicher hervor.

Kurz nach Mittag entdeckten sie den Mann. Eine weiß gekleidete, schwankende Gestalt erschien plötzlich auf einem kahlen Hügelkamm weit vor ihnen, verharrte gekrümmt und stolperte dann den sandigen Hang herab. Kein Geräusch durchdrang die Stille.

Buck, der Augen wie ein Falke besaß, stellte sich in den Bügeln auf.

»Ich will nie mehr ’ne Flasche oder ’ne hübsche Muchacha anfassen, wenn das nicht einer der Boys aus dem Dorf ist«, stieß er heiser hervor. »He, was ...«

Saltillo lenkte sein Pferd in den Schatten hoher Pitahaya-Kakteen. Buck folgte ihm hastig. Der schwankende Mann war in einer Senke verschwunden. Es dauerte fünf Minuten, bis sie ihn zwischen den Radfurchen wieder ausmachten.

»Manolo«, murmelte Saltillo gepresst. Es war tatsächlich einer der Entführten. Der junge Mexikaner schleppte sich auf bloßen Füßen durch den heißen Sand. Immer wieder schaute er sich gehetzt um.

Da tauchte auch schon ein Reiter auf dem Kamm hinter ihm auf; ein sehniger Mann mit einem spitzkronigen Sombrero und einem Gewehr, das er lässig vor sich auf dem Sattel hielt. Sein dunkler, mit Silberfäden bestickter Charro-Anzug war staubbedeckt. Seine Haltung strahlte tödliche Ruhe und Überlegenheit aus. Beinahe gemächlich ritt er auf den Fußstapfen des Flüchtenden den Hang hinab.

Der junge Dörfler versuchte verzweifelt schneller zu laufen, stolperte jedoch, fiel auf die Knie. Mühsam raffte er sich auf. Eine Hand gegen die rechte Seite gepresst, hastete er gekrümmt weiter.

Saltillo und Buck entdeckten einen dunklen Fleck auf seinem Leinenkittel: Blut. Saltillos Miene wirkte wie aus Mahagoniholz geschnitzt. Mit funkelnden Augen zog Buck seine »Betsy«, die langläufige Harpers Ferry-Rifle, aus dem Scabbard.

»Na warte, du verdammter Menschenjäger!«

Saltillo griff nach seinem Arm..

»Komm!« Er lenkte sein Pferd von der Wagenspur, auf der der Fliehende herantaumelte. Buck ritt hinter ihm durch eine staubgefüllte Senke und im Bogen um eine Anhöhe, bis sie die Deckung verwitterter Felsen erreichten.

»Was hast du vor?«

Statt einer Antwort wies Saltillo auf einen Staubschleier, der schräg rechts von dem Verfolgten über einem Dornbuschgürtel hing. Noch weiter rechts waberte ebenfalls eine durchsichtige Staubfahne.

»Teufel!«, entfuhr es Buck. »Sie sind zu dritt.«

»Mindestens«, nickte Saltillo. Der Verwundete bewegte sich noch immer auf der Radspur nach Norden. Er brachte kaum mehr die Füße vom Boden. Der Reiter folgte ihm im Schritt. Knöcheltiefer Sand dämpfte den Hufschlag. Bucks Augen suchten wieder die Staubfahne, die nun hinter einem langgestreckten Höhenzug fast schon auf gleicher Höhe mit dem jungen Mexikaner war.

»Sieht wie ’ne Falle aus, was?« Er bleckte angriffslustig die Zähne.

Saltillos Hände umspannten das Gewehr, das Teresa ihm mitgegeben hatte.

»Das sieht nicht nur so aus, Amigo. Die Kerle warten nur drauf, dass jemand auftaucht und Manolo hilft. Wenn nichts geschieht, werden sie überzeugt sein, dass ihnen niemand folgt.«

»Mann, das heißt doch nicht etwa, dass wir den Jungen opfern?«

Saltillo lächelte hart.

»Das heißt, Amigo, dass keiner dieser Schurken zum Wagen zurückkehren darf, bevor wir die Gefangenen befreit haben.«

»Worauf du dich verlassen kannst.«

»Bueno.« Saltillos Lächeln erstarrte. Er sprach jetzt leise und schnell, weil Manolo und sein Verfolger nun schon ziemlich nahe waren. »Schnapp dir den Kerl. Ich werd’ versuchen, den anderen in den Rücken zu kommen, bevor...«

Diesmal war es Buck, der seinen Arm festhielt.

»Schätze, du wirst deine Pläne ändern müssen, Amigo.«

Aus zusammengekniffenen Augen spähte er in die Richtung, in die Manolo floh.

Saltillos Kopf ruckte herum. Er presste den Mund zusammen. Ein weiterer Reiter war plötzlich auf der Bildfläche erschienen; ein junger, drahtiger Bursche. Er hatte seinen Braunen neben einer zerklüfteten Felsgruppe gezügelt. Betroffen blickte er auf den knapp zweihundert Yard entfernten Manolo, der nun keuchend stehenblieb, Halt suchend eine Hand ausstreckte und im nächsten Moment mit einer halben Drehung in den Staub schlug.

 

»Antonio!«, kam es über Saltillos Lippen, halb als Stoßseufzer, halb als Fluch.

*

Die Stille, die ihn seit eineinhalb Tagen umgab, verdichtete sich in Antonios Ohren zu einem unheilvollen Sirren.

Gleichzeitig mit ihm hatte Manolos sehniger Verfolger das Pferd angehalten. Sie waren beide ungefähr gleich weit von dem Gestürzten entfernt.

Antonios Rechte tastete zum Paterson Colt, der in einer am Sattel aufgenähten Halfter steckte. Seine Gitarre hing daneben. Er führte das Instrument stets bei sich. Jetzt war sie ihm freilich hinderlich.

Schweißrinnsale furchten die Staubschicht auf seinem jungen, angespannten Gesicht. Der Strohsombrero hing an einer Lederschnur auf dem nun leicht gebeugten Rücken. Das Hemd klebte auf der Haut. Seine aus frischer Rindshaut genähte Hose saß wie angegossen. Er ritt barfuß. Die hochhackigen Stiefel, an die er sich nicht gewöhnen konnte, waren in dem hinter seinem Sattel festgeschnürten Bündel verstaut.

Der Junge war auf alles gefasst gewesen, vor allem auf eine Strafpredigt des Patrons - nur nicht auf dieses Zusammentreffen.

Der Fremde beobachtete ihn kalt. Ein spöttisches Grinsen erschien auf seinem Gesicht, als er merkte, dass Antonio allein war und nicht wusste, was er nun tun sollte.

Der Junge ballte die Fäuste. Da vorn lag einer seiner Freunde aus Nuevo. Was immer geschehen würde, er durfte ihn nicht im Stich lassen. Heftig stieß er dem Braunen die Fersen gegen die Flanken und verließ den Schatten der Felsen.

Die Haltung des Sehnigen spannte sich. Rasch schlang er die Zügel um das Sattelhom und ergriff das Gewehr nun auch mit der zweiten Hand.

Nur das dumpfe Schaufeln der Hufe durchbrach die Stille. Der junge Dörfler lag wie tot im Staub. Auf halber Strecke stoppte Antonio wieder. Er hielt den Fünfschüsser auf dem Knie, ohne zu bedenken, dass die Entfernung für diese Waffe noch viel zu groß war.

»Manolo!«

Zuerst war es nur ein Krächzen, das mühsam aus seiner Kehle kam. Dann nochmals, lauter, auch verzweifelter: »Manolo!«

Der am Boden Liegende bewegte sich, hob den Kopf, starrte aus trüben Augen zu ihm her.

»Steh auf, Manolo! Komm, Amigo!«

Da sank das von Schmerz und Anstrengung verzerrte Gesicht des Verwundeten wieder in den Staub. Der Blutfleck an seiner rechten Seite vergrößerte sich.

Gehetzt blickte der junge Vaquero auf den Reiter, der noch immer am selben Fleck verharrte. Deckungslose Fläche lag zwischen ihnen.

»Na los, Amigo, hol ihn dir doch!«, höhnte der Schurke, warf den Kopf zurück und lachte schrill.

Antonios Blick jagte über die mit Felsbrocken und Chollakakteen bedeckten Hänge. Nirgends war der Schatten einer Bewegung. Stille und Hitze umschlossen ihn wie ein Panzer. Voller Ungestüm jagte er plötzlich los. Staub brodelte hinter ihm. Das Gewehr des Sehnigen flog hoch. Der in der Sonne schimmernde Lauf bewegte sich mit dem Reiter.

»Vaya al Diablo, Bandido! Geh zum Teufel, Bandit!«, schrie der Junge, feuerte, duckte sich im Aufflammen des Gewehrs und preschte weiter, als das Blei sein flatterndes Hemd aufriss.

Der Gaul des Sehnigen tänzelte erschreckt. Fluchend stieß der Mann das Gewehr in den Scabbard, zog ebenfalls den Colt und stürmte vorwärts.

Antonio war schon bei dem Verwundeten, sprang ab und rannte um Manolo herum. Mit dem Colt in beiden ausgestreckten Händen stellte er sich dem aus einer wallenden Staubwand herausjagenden Angreifer entgegen.

Es war nur das Pferd. Der Sattel war leer. Der Sehnige hing mit einem Fuß im Steigbügel und wurde von dem an Antonio vorbeistürmenden Tier wie ein Stoffbündel mitgeschleift. Einen Moment verharrte der Junge wie betäubt. Dann fuhr er halb herum, immer noch den Paterson krampfhaft in Augenhöhe erhoben.

»Pass bloß auf, dass das Ding nicht aus Versehen doch noch losgeht«, erreichte ihn die beherrschte Stimme aus der Staubwand. Eine große, schlanke Gestalt mit breiten Schultern und rabenschwarzem Haar schälte sich aus den Schwaden.

Antonio hatte plötzlich weiche Knie. Sein Colt sank herab.

»Patron!« Ein Leuchten glomm in seinen Augen.

Ruhig ritt Saltillo heran.

Er hatte mit dem Colt geschossen, der nun wieder in seiner Halfter steckte. Valdez’ Gewehr, eine Hall-Rifle, einschüssig wie alle Gewehrmodelle dieser Zeit, lag lässig in seiner Armbeuge.

»Wir sprechen uns später noch«, sagte er leise und ohne die Miene zu verziehen, als er geschmeidig aus dem Sattel glitt.

Erschrocken starrte Antonio ihn an. Saltillo ging an ihm vorbei zu dem leise stöhnenden Verwundeten.

»Wirf dich auf den Bauch, wenn’s losgeht«, raunte er. »Es ist gleich soweit ...«

Ein trompetendes Wiehern hallte in die Senke.

Antonio bewies sowohl Geistesgegenwart als auch Mut: Er ließ sich nicht nur einfach fallen, sondern warf sich schützend über den Verletzten.

Saltillo schnellte mit dem plötzlich angeschlagenen Gewehr herum. Pulverdampf umhüllte die beiden Reiter auf dem Kamm links von ihm. Im Donnern der Schüsse versank jedes andere Geräusch. Sandfontänen spritzten hoch.

Gleichzeitig fetzte das Blei aus Saltillos Waffe. Bucks »Betsy« wummerte dazu.

Ein Pferd und ein Mann wirbelten in einer Staubwolke als Knäuel den Hang herab. Der Gaul des anderen Reiters stand mit leerem Sattel reglos vor dem glutübergossenen Firmament.

Mit aschfahlem Gesicht richtete Antonio sich auf. Jetzt erst wurde ihm voll bewusst, in welcher Gefahr er die ganze Zeit geschwebt hatte.

»Por Dios!«, ächzte er. »Ich hab gedacht ...«

»Das ist es ja, mein Junge«, lachte Tortilla-Buck, der seinen hässlichen, rammsnasigen Pinto durch Staub und Pulverqualm herantrieb. »Wenn du schon mal denkst. Uberlass das lieber deinem Pferd. Das hat ’nen größeren Kopf.«

Antonio machte ein schuldbewusstes Gesicht, aber Saltillo hatte jetzt andere Sorgen. Er kniete schon neben Manolo, stützte ihn mit einem Arm und hielt ihm die lederüberzogene Sattelflasche an die zuckenden, aufgesprungenen Lippen.

»Trink, Amigo, es wird dir helfen.«

Bereits nach dem ersten durstigen Schluck drehte Manolo den Kopf weg.

»Kehr um, Patron!«, stieß er mühsam hervor. »Reite nicht zu den ...«

Seine Hand rutschte von Saltillos Arm. Ein Schleier senkte sich über seine fiebrigen Augen. Behutsam legte Saltillo ihn auf die Erde zurück.

»Wer sind diese Männer, Manolo? Was haben sie vor?«

Der Verwundete atmete flach. Schmerzen zerrissen sein Gesicht.

»Sierra ... Goldbergwerk... Sie wollen ...«

Seine Stimme war nur mehr ein Flüstern. Es erlosch, als Saltillo sich tiefer hinab beugte, um ihn besser zu verstehen. Manolo hatte wieder die Besinnung verloren. Saltillo blickte auf.

»Nun kannst du dich doch noch nützlich machen, Antonio. Bau’ mit Buck eine Schleppbahre. Ich werde Manolo inzwischen verarzten. Dann bringst du ihn ins Dorf zurück. Die alte Juana soll sich um ihn kümmern.«

»Si, Patron«, nickte der Junge beklommen.

Buck kratzte sich hinter dem Ohr. »Er wollte dich warnen, Amigo. Nur - wovor?«

Der Haziendero erhob sich.

»Bald werden wir das wissen.«

Stunden später fanden sie die Abdrücke unbeschlagener Hufe. Sie kamen aus den Hügeln im Westen, kreuzten die Wagenfährte, begleiteten sie eine Meile und schwenkten wieder in das raue Gelände westlich davon zurück.

Saltillo stieg ab. Seine Finger tasteten über die Spurenränder, von denen noch kein Krümchen abgebröckelt war. Sein Schatten fiel lang auf die Erde, als er sich erhob. Seine Stimme kratzte leicht. Nicht nur die Hitze, der Staub und der lange Ritt, der hinter ihnen lag, war daran schuld.

»Jetzt geht’s um jede Minute.«

Mit einem Satz war er wieder im Sattel. Buck stellte keine Fragen. Nebeneinander preschten sie los, den Radfurchen nach. Sie bogen um eine mit Felsen bedeckte Anhöhe und strebten den nun schon zum Greifen nahen Gebirgshängen zu. Die Hufe trommelten den uralten Rhythmus vom Jagen und Gejagtwerden, der zu diesem öden Land gehörte wie die Sonne und der Staub. Kakteen und Dornbüsche huschten vorbei.

Saltillos brennende Augen suchten nach dem Planendach des Wagens, der irgendwo vor ihnen durch die Wildnis rollte. Doch da waren nur immer neue, mit Sand und Geröll bedeckte Bodenwellen. Sie glichen einer erstarrten Brandung vor der Mauer der Sierra.

Die Pferde wurden langsamer. Der Himmel im Westen überzog sich mit flammendem Rot. Der Tag neigte sich dem Ende zu. Bevor sie schließlich das Fahrzeug zu Gesicht bekamen, hörten sie wildes Peitschenknallen, Hufgetrappel und Schüsse.

Mit den Gewehren in den Fäusten jagten sie einen steilen Hang hinauf. Felskegel ragten neben ihnen empor. Vor ihnen öffnete sich ein staubiges, in kupfernes Licht getauchtes Becken.

Der Wagen!

Buck fluchte. Saltillos Miene verkantete sich. Das klobige, von einer Plane überdachte Gefährt war aus den Hügeln schräg links von ihnen gekommen. Ein rötlicher Staubnebel umhüllte es. Die Räder verschwammen zu flirrenden Scheiben. So raste es auf einen den Bergen vorgelagerten Höhenrücken zu, auf dem die bizarren Ruinen einer ehemaligen spanischen Missionsstation in der Abendsonne zu brennen schienen.

Der Fahrer, ein Schatten im brodelnden Staub, hatte die Füße fest eingestemmt und knallte wild mit der Peitsche. Die Pferde galoppierten, als wären ihnen Kakteen unter die Schweife gebunden.

Vier Reiter, alle in staubbedeckten Charro-Anzügen, hetzten neben dem schlingernden Gefährt her. Ihre Sombreros hingen auf den Rücken. Revolver lagen in ihren Fäusten. Halb in den Sätteln gedreht, feuerten sie auf die Verfolger. Ein Dutzend Yard hinter ihnen lief ein reiterloses Pferd, aus dessen Sattel ein gefiederter Pfeil ragte.

Auch in das Hackbrett des Planwagens hatten sich Pfeile gebohrt Saltillos Rechte krampfte sich hart um das Hall-Gewehr, als er an die Männer dachte, die hilflos in den Käfig unter der schwappenden Plane eingeschlossen waren. Eine wilde Wut packte ihn.

Es waren mindestens zwanzig Reiter auf gescheckten, zähen, kurzbeinigen Mustangs, die das Fahrzeug verfolgten. Ihre Körper schimmerten wie Bronze. Sie waren nur mit Lendenschurz und kniehohen Mokassins bekleidet. Bunte Stirnbänder umschlangen das flatternde schwarze Haar. Die Hufe ihrer Ponys schienen auf der Wagenspur dahinzufliegen. Schrille Schreie ertönten. Immer wieder blitzten im vollen Galopp abgeschossene Pfeile in den Wolken aus kupfern schimmerndem Staub. Der Stahl von Tomahawks und Lanzenspitzen blinkte. Keiner der Indianer besaß jedoch ein Gewehr.

Tortilla-Buck blickte schnell auf seinen Partner, der angespannt und etwas vorgeneigt auf seinem Rehbraunen verharrte. Alles an dem großen Mann war nun Wildheit und Härte.

»Comanchen?«, fragte Buck heiser. Er wusste, dass Saltillo nach dem Tod seines Vaters mehrere Jahre bei diesem Volk gelebt hatte.

»Apachen«, erwiderte Saltillo kehlig. Sein Ton wurde ätzend. »Seit dem Massaker von Santa Rita del Cobre, bei dem vierhundert Krieger, Frauen und Kinder umgekommen sind, hassen sie nicht nur die Weißen, sondern auch jeden Mexikaner wie die Pest.«

Das war im Sommer 1837, ein Jahr nach dem blutigen Kampf um den Alamo, geschehen. Fünfzehn Jahre lang hatten die Apachenstämme des Südwestens mit den Mexikanern einigermaßen friedlich in diesem weiten Land gelebt - bis es bei den Kupferminen von Santa Rita zu jenem grauenvollen, von mexikanischen Soldaten und Missouri-Trappern entfesselten Blutbad gekommen war. Seitdem war für die Apachen jeder Fremde in ihren Jagdgründen ein Feind und Todgeweihter.

Rasch holten die bronzehäutigen Jäger auf. Ein Hagel von einem Dutzend gleichzeitig von den Sehnen schnellender Pfeile sauste durch die Luft. Einer der Wagenbegleiter fuhr im Sattel hoch, breitete die Arme aus und stürzte von dem in Panik weiterrennenden Pferd. Die Colts der anderen krachten. Einer ritt nun neben den Wagenpferden und hieb verzweifelt mit einer zusammengerollten Reata auf die Tiere ein. Aber bei diesem Rennen hatte das viel zu schwerfällige Fuhrwerk keine Chance. Die einzige Hoffnung der Flüchtenden war, dass sie noch den Schutz der Ruinen auf dem ins Becken vorstoßenden Kamm erreichten.

 

Buck drehte den Kopf zur Seite, spuckte aus.

»Teufel noch mal! Wenn sich die Kerle nicht beeilen, schnappte sich die Rothäute den Ratterkasten, bevor wir von hier aus zum Schuss kommen. Verdammt, da hat’s schon wieder einen erwischt!«

Der Mexikaner mit der Reata sank plötzlich nach vom. Ein Pfeil steckte in seinem Rücken. Ein paar Sekunden hielt er sich noch mit den in die Mähne gekrallten Händen auf dem Pferd, dann kippte er seitlich herab. Die anderen preschten vorbei, nichts anderes im Sinn, als die eigenen Skalps zu retten. Der Staub senkte sich wie ein graues Leichentuch auf den Getroffenen.

Gleich darauf geriet der Wagen in eine Bodenrinne. Mindestens zehn Yard weit rumpelte er auf nur zwei Rädern dahin. Schreiend bog sich der bärtige Fahrer auf dem Bock nach rechts, um das Gewicht zu verlagern. Dann waren wieder alle vier Räder auf der knöcheltief zu Staub verfallenen Erde. Zweihundert Yard noch, dann würde das Fahrzeug in etwa auf gleicher Höhe mit den im Schatten der Felsen verborgenen Gefährten sein. Vielleicht zweihundert Yard zuviel, dachte Saltillo. Wieder schwirrten die gefiederten Todesboten. Saltillo stieß seinem Hengst die Fersen gegen die Flanken.

»Gib mir Feuerschutz, Amigo!«

Der blonde Kentuckier hatte bereits die Harpers Ferry-Rifle an die Schulter gehoben. Mann und Waffe wirkten wie aus einem Stück. Buck war auch der beste Gewehrschütze, der Saltillo jemals begegnet war. Nun zuckte er herum.

»He, zum Teufel, bleib in Deckung, Mann! Willst du deinen Skalp verlieren?«

»Ich will den Wagen, auf dem die Gefangenen sind«, rief Saltillo. Dann war er schon auf dem Hang unterhalb der Felskegel. Buck fluchte. Für ihn war es halber Selbstmord, diesen verhältnismäßig sicheren Platz auf dem Hügel zu verlassen. Der Planwagen war inzwischen knapp über die Mitte des schlüsselförmigen Tals hinaus, aber immer noch weit vom Fuß der Anhöhe mit der Ruine entfernt.

Saltillos Gewehr blitzte. Doch vom galoppierenden Pferd besaß er höchstens die Chance eines Zufalltreffers. Hastig wechselte er die Waffe in die Linke und zog im Vorpreschen den Colt. Die Zügel hatte er um das Sattelhom geschlungen. Wie ein Comanche lenkte er den Rehbraunen nur mit den Schenkeln.

Die Männer beim Wagen hatten ihn noch nicht entdeckt, dafür jedoch die Apachen. Ein Krieger war bei dem vom Pferd geschossenen Mexikaner abgesprungen. Er skalpierte ihn. Vier andere lösten sich aus dem weiterbrausenden Pulk und sprengten Saltillo entgegen.

*

Es waren gedrungene, muskulöse Männer, die mit ihren struppigen Ponys wie verwachsen wirkten. Ihre breitflächigen Gesichter waren mit schwarzen und weißen Streifen bemalt. Von weitem glichen sie Dämonenmasken. Zwei hielten die Zügel zwischen den Zähnen, zogen Pfeile aus den Köchern auf ihrem Rücken und legten sie auf die Bogensehnen. Die beiden anderen hielten stoßbereite Lanzen.

Saltillo duckte sich, zog seinen Rehbraunen etwas nach rechts und versuchte im spitzen Winkel an ihnen vorbei zum Wagen zu kommen. Der Abstand zwischen ihnen verringerte sich schnell. Das Donnern der Hufe schien den ganzen Raum zwischen Erde und Himmel auszufüllen. Dann gellte ein wilder Schrei.

Ein Pfeil zischte haarscharf an Saltillos Gesicht vorbei. Der andere hieb in den Lederschutz, der seinen linken Steigbügel umschloss.

Saltillos Colt krachte. Schräg hinter ihm dröhnte Tortilla-Bucks Gewehr. Der eine Pfeilschütze wurde wie von einem Keulenschlag vom Pferd gefegt. Der Mustang des zweiten brach vom ein, und der Krieger sauste kopfüber in den wallenden Staub. Dann war der eine Lanzen-Reiter fünfzehn Schritte vor Saltillo. Sein Stammesbruder tauchte im brodelnden Staub direkt neben dem Haziendero auf.

Scorro fing den tödlichen Stoß mit der blitzschnell quergehaltenen Rifle ab. Stahl klirrte gegen Stahl. Die Lanzenspitze glitt ab. Die Pferde jagten jetzt Kopf an Kopf dahin. Der Skalpschrei des Indianers gellte Saltillo in den Ohren. Bevor der Mann nochmals zustoßen konnte, schlug Saltillo ihn mit dem Gewehr aus dem fellüberzogenen Sattel.

Der Apache vor Saltillo konnte gerade noch seinen Mustang vor dem heranbrausenden großen Hengst zur Seite reißen. Seine Faust, die die Lanze umklammerte, war über die Schulter zurückgebogen. Mit dem linken Unterarm hielt er einen dickgepolsterten, buntbemalten Büffelhautschild vor die Brust. Aber nun waren es nur mehr sieben oder acht Schritte, die die beiden Reiter trennten.

Saltillos Kugel durchschlug den Schild und warf den Krieger vom Pferd.

Fünfzig Yard noch zum Wagen, der nun nach rechts abbiegen musste, um einer Felsgruppe auszuweichen. Das kostete Zeit.

Die Apachen preschten jetzt von der Seite auf das Fahrzeug zu. Pfeile schlugen in die Plane. Saltillos Fünfschüsser schwang herum. Wieder zuckte eine Stichflamme aus dem Lauf. Der durchdringende Kriegsruf der Penateka-Comanchen, bei denen Saltillo lange Zeit gelebt hatte, durchzitterte den ohrenbetäubenden Lärm. Er bekam ein wildes Echo aus einem Dutzend Apachenkehlen. Denn seit Jahrzehnten, noch ehe Mexikaner und Weiße in die Wüsten und Canyons des Südwestens vorgedrungen waren, lagen diese beiden indianischen Völker in erbitterter Feindschaft miteinander.

Und dann mischte sich noch eine Stimme ein. Ein uriges Gebrüll, dem ein schmetterndes Krachen folgte. Wieder war der Rücken eines Apachenmustangs leer.

Hufe trommelten neben Saltillo. Ein staub- und schweißverschmiertes Gesicht, in dem verwegene blaue Augen blitzten, wandte sich ihm zu. »Du hast doch wohl nicht erwartet, dass ich da oben bloß den Zuschauer mime, was?«

Buck fluchte, als ein Pfeil einen roten Kratzer auf seiner rechten Wange hinterließ, aber es klang mehr nach Begeisterung als nach Schreck oder Wut. Dann waren sie neben den beiden letzten Wagenbegleitem. Die schweißüberströmten Gesichter der Mexikaner waren angstverzerrt, ihre Colts leergeschossen. Ohne volle Reservetrommeln war ein Nachladen auf den dahinjagenden Pferden unmöglich.

»Haltet sie auf, Amigos, haltet sie auf!«, schrie der Bursche mit dem Fuchsgesicht. Das dünne Bärtchen auf seiner Oberlippe wirkte wie ein Kohlestrich.

Saltillo feuerte auf das Pferd des am weitesten vorn galoppierenden Apachen. Da riss ein verzerrter Schrei seinen Kopf herum.

»Jose!« Es war der Kumpan des Fuchsgesichtigen. Entsetzt starrte er auf den bärtigen Wagenlenker, der plötzlich heftig auf dem Fahrersitz hin und her schwankte. Die Zügel drohten ihm zu entgleiten. Ein Pfeil war ihm schräg von hinten unterhalb der linken Schulter in den Rücken gedrungen. Sein Mund stand offen, aber sein Schrei versank im Rattern der Räder und dem Hufgedröhn.

Schaum flockte von den Nüstern der Pferde. Ihre Augen waren verdreht. In der Hinterhand des rechten braunen Handpferds steckte ebenfalls ein Apachenpfeil. Im Höllentempo stürmten die Gäule auf einen mindestens knietiefen Graben zu. Unter der Wagenplane drangen entsetzte Rufe hervor.

»Buck!«, schrie Saltillo und warf dem Freund das Gewehr zu, das ihn jetzt behinderte. Er trieb seinen Rehbraunen an den beiden Mexikanern vorbei neben den Wagen, zog die Füße aus den Bügeln und schnellte wie eine Raubkatze auf den Bock hinüber. Im letzten Moment erwischte er die Zügel. Der Bärtige kippte schwer zur Seite. Saltillo bekam noch seinen Ärmel zu fassen, aber der Stoff riss, und in der nächsten Sekunde war er allein auf der Fahrerbank.

Er hatte keine Zeit, sich um etwas anderes zu kümmern als um das Gespann. Mit aller Kraft stemmte er sich gegen die Zügel. Unaufhaltsam schlitterte das Gefährt auf den Graben zu. Saltillo bog den Oberkörper zurück, seine Muskeln verkrampften sich.

Endlich! Die Pferde reagierten, schwenkten ab. Knapp einen Yard neben dem Graben fegte der Planwagen dahin. Da war auch schon der Hang, über dem sich die zerklüfteten, von der sinkenden Sonne angestrahlten Mauern erhoben. Saltillo traute seinen Augen nicht! Da droben standen Männer, schrien, winkten mit Sombreros und Gewehren, feuerten sie an.

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