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Die Gräfin von Charny Denkwürdigkeiten eines Arztes 4

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Bei dem Namen Billot erkannte Jeder den furchtbaren Pächter, der, in Begleitung des Adjutanten von Lafayette, den König in Varennes verhaftet und nach Paris zurückgeführt hatte.

So waren mit dem ersten Schlage die Kühnsten der Cordeliers und der Jacobiner übertroffen; von wem? Von einem Manne aus dem Volke, das heißt vom Instincte der Massen; so daß Camille Desmoulins, Danton, Brissot und Pétion erklärten, ihrer Ansicht nach, da ein solcher Act von Seiten der Pariser Bevölkerung nicht in Erfüllung gehen könne, ohne einen Sturm zu erregen, sei es nothwendig, zuerst vom Stadthause die Erlaubniß zu erlangen, sich am andern Tage versammeln zu dürfen.

»Gut,« rief der Mann aus dem Volke, erlangt, und wenn Ihr nicht erlangt, so werde ich verlangen.«

Camille Desmoulins und Brissot wurden mit diesem Schritte beauftragt.

Bailly war abwesend; man fand nur den ersten Syndicus. Dieser nahm nichts auf sich, schlug nicht ab, ermächtigte aber auch zu nichts. Er beschränkte sich nur darauf, daß er mündlich die Petition billigte. Brissot und Camille Desmoulins verließen das Stadthaus, indem sie sich als ermächtigt betrachteten.

Unmittelbar nach ihrem Abgange schickte der Syndicus zur Nationalversammlung und ließ sie von dem Schritte, den man bei ihm gethan hatte, in Kenntniß setzen.

Die Nationalversammlung war bei ihrer Blöße an, gegriffen.

Sie hatte nichts beschlossen hinsichtlich der Lage des flüchtigen, von seinem Königstitel suspendirten, in Varennes eingeholten, nach den Tuilerien zurückgeführten und seit dem 26. Juni wie ein Gefangener bewachten Ludwig XVI.

Es war keine Zeit zu verlieren.

Desmeuniers beantragte, mit allem Anschein eines Feindes der königlichen Familie, einen in folgenden Worten abgefaßten Decretsentwurf:

»Die Suspension der executiven Gewalt wird dauern, bis die Verfassungsurkunde dem König vorgelegt und von ihm angenommen worden ist.«

Um sieben Uhr Abends beantragt, war das Decret um acht Uhr mit einer ungeheuren Stimmenmehrheit angenommen.

Die Petition des Volks war also unnütz: nur suspendirt bis zum Tage, wo er die Constitution annehmen würde, war der König wieder durch diese einfache Annahme König wie zuvor.

Jeder, der die Einsetzung eines constitutionell durch die Nationalversammlung in seiner Würde erhaltenen Königs verlangen wird, so lange sich der König zu Erfüllung dieser Bedingung geneigt zeigt, wird also ein Rebell sein.

Da aber die Lage der Dinge ernst ist, so wird man die Rebellen durch alle mögliche Mittel verfolgen, welche das Gesetz zur Verfügung seiner Agenten stellt.

Es versammelten sich auch am Abend der Maire und der Municipalrath im Stadthause.

Die Sitzung wurde um halb zehn Uhr eröffnet.

Um zehn Uhr hatte man beschlossen, am anderen Tage, am Sonntag dem 17., müsse Morgens um acht; Uhr das, schon gedruckte und an allen Mauern von Paris angeschlagene, Decret der Nationalversammlung auch noch beim Trompetenschalle auf allen Kreuzwegen von den Notablen und den Huissiers der Stadt unter gehöriger Truppenbedeckung verkündigt werden.

Eine Stunde, nachdem dieser Beschluß gefaßt war, kannte man ihn bei den Jacobinern.

Die Jacobiner fühlten sich sehr schwach: der Uebergang der Mehrzahl derselben zu den Feuillants ließ sie vereinzelt und ohne Stärke.

Sie fügten sich.

Santerre, der Mann des Faubourg Saint-Antoine, der volksbeliebte Brauer der Bastille, derjenige, welcher der Nachfolger von Lafayette werden sollte, übernahm es, im Namen der Gesellschaft, nach dem Marsfelde zu gehen und die Petition zurückzuziehen.

Die Cordeliers zeigten sich noch klüger.

Danton erklärte, er werde den andern Tag in Fontenay-sous-ois zubringen; sein Schwiegervater, der Limonadier, hatte dort ein kleines Landhaus.

Legendre versprach ihm ungefähr, ihm dahin mit Desmoulins und Fréron zu folgen.

Die Roland erhielten ein Billetchen, in welchem man: sie benachrichtigte, es sei unnöthig, daß sie ihre Protestation nach Lyon schicken.

Alles sei verfehlt oder aufgeschoben.

Es war nahe an Mitternacht, und Madame Roland hatte so eben ihre Abschrift der Protestation beendigt, als das Billetchen von Danton ankam, das man durchaus nicht begreifen konnte.

Gerade in diesem Augenblick legten zwei Männer, welche in einer Hinterstube einer Schenke des Gros-Caillou an einem Tische saßen und die dritte Flasche Wein für fünfzehn Sous leerten, die letzte Hand an einen seltsamen Plan.

Diese zwei Männer waren ein Perückenmacher und ein Invalide.

»Ah! was für schreckliche Gedanken habt Ihr doch, Herr Lajariette!« sagte der Invalide, aus eine obscöne, alberne Weise lachend.

»So ist es, Vater Remy,« versetzte der Perückenmacher; »nicht wahr, Ihr begreift? Vor Tagesanbruch gehen wir nach dem Marsfelde; wir heben ein Brett vom Altar des Vaterlandes auf; wir schlüpfen darunter; wir legen das Brett wieder an seinen Platz; dann machen wir mit einem Bohrer, mit einem dicken Bohrer Löcher in das Brett, . . Junge und hübsche Bürgerinnen in Menge werden auf den Altar des Vaterlands kommen, um, die Petition zu unterzeichnen, und, bei meiner Treue, durch die Löcher  . . . «

Das obscöne, alberne Gelächter des Invaliden verdoppelte sich. Offenbar schaute er, in der Einbildung, schon durch die Löcher vom Altar des Vaterlands.

Der Perückenmacher lachte nicht so gutmüthig; die ehrenwerthe und aristokratische Körperschaft der Perückenmacher, zu der er gehörte, war zu Grunde gerichtet durch das Unglück der Zeiten; die Emigration hatte den Coiffure Künstlern, – nach dem, was wir von den Coiffuren der Königin gesehen, war die Coiffure eine Kunst zu jener Zeit, – die Emigration, sagen wir, hatte diesen Künstlern ihre besten Kunden genommen. Ueberdies hatte Talma den Titus in Berenice gespielt, und die Art, wie er sich coiffirt, hatte eine neue Mode geschaffen, welche darin bestand, daß man die Haare kurz und ohne Puder trug.

Im Allgemeinen waren also die Perückenmacher Royalisten. Leset Prudhomme, und Ihr werdet sehen, daß sich am Tage der Hinrichtung des Königs ein Perückenmacher den Hals abschnitt.

Es war aber ein guter Streich, der sich den nichtsnutzigen Patriotinnen, wie sie die wenigen in Frankreich zurückgebliebenen vornehmen Damen nannten, spielen ließ, sie unter einem Brette hervor zu beschauen, und Meister Lajariette rechnete aus seine erotischen Erinnerungen, um damit einen Monat lang seine Conversationen am Morgen zu schmücken. Der Gedanke dieses Scherzes war ihm gekommen, während er mit einem seiner Freunde, einem alten Braven, trank, und er theilte es ihm mit und dieser fühlte darüber die Nerven des Beines beben, das er bei Fontenay gelassen und großmüthig vom Staate, durch ein hölzernes Bein ersetzt erhalten hatte.

Dem zu Folge verlangten die zwei Trinker eine vierte Flasche, welche der Wirth herbeizubringen sich beeilte.

Sie wollten sie eben angreifen, als der Invalide auch eine Idee hatte.

Es war die Idee, ein Fäßchen zu kaufen, die Flasche in das Fäßchen statt in ihre Gläser zu gießen, zwei weitere Flaschen diesem beizufügen, für den Augenblick ihren Durst unberücksichtigt zu lassen und das Fäßchen mitzunehmen.

Der Invalide stützte seinen Vorschlag auf das Axiom, es sei sehr erhitzend, in die Lust zu schauen.

Der Perückenmacher lächelte huldreich; und da der Wirth seinen zwei Gästen bemerkte, wenn sie nicht mehr trinken, sei es unnütz, daß sie in der Schenke bleiben, so kamen unsere zwei Schlauköpfe mit ihm über den Preis eines Bohrers und eines Fäßchens überein, steckten den Bohrer in ihre Tasche, gossen ihre drei Flaschen Wein in das Fäßchen, und wandten sich aus den Schlag zwölf Uhr mitten durch die Finsterniß nach dem Marsfelde, hoben das Brett auf, streckten sich, – das Fäßchen zwischen Beiden, – weich auf dem Sande aus und entschliefen.

CXIV
Die Petition

Es gibt gewisse Augenblicke, wo das Volk, durch successive Aufregungen, wie eine Fluth steigt und einer großen Abkühlung bedarf, um wie der Ocean, in das Bett zurückzukehren, das Ihm die Natur gegraben hat.

So war es mit dem Pariser Volke während der ersten vierzehn Tage des Juli, in denen es so viele Ereignisse in Gährung gebracht hatte.

Am Sonntag dem 10. war man dem Zuge von Voltaire entgegengegangen; doch das schlechte Wetter verhinderte es, daß das Fest stattfand, und der Zug hielt bei der Barrière von Charenton an, wo die Menge den ganzen Tag gestanden war.

Am Montag dem 11. hatte sich das Wetter aufgehellt; der Zug setzte sich in Bewegung, durchschnitt Paris unter einem ungeheuren Volkszusammenlaufe und machte Halt vor dem Hause, wo der Verfasser des Dictionaire philosophique und der Puselle gestorben war, um Madame Villette, seiner Adoptivtochter, und der Familie der Calas Zeit zu lassen, den Sarg zu bekränzen, der von den Chören der Künstler der großen Oper begrüßt wurde.

Am Mittwoch dem 13. Schauspiel in Notre-Dame; man spielt dort die Einnahme der Bastille mit großem Orchester.

Am Donnerstag dem 14, Jahrestag der Föderation, Wallfahrt nach dem Altar des Vaterlands; drei Viertel von Paris sind auf dem Marsfelde, und die Köpfe erhitzen sich immer mehr bei dem tausendfach wiederholten Rufe: »Es lebe die Nation!« und beim Anblick der allgemeinen Beleuchtung, unter der der Palast der Tuilerien, düster und stumm, ein Grab zu sein scheint.

Die Petition.


Am Freitag dem 15. Abstimmung in der Kammer, beschützt durch die viertausend Bajonnete und die tausend Pieken von Lafayette, Petition der Menge, Schluß der Theater, Lärmen und Geräusche aller Art den Abend hindurch und einen Theil der Nacht.

Am 16. endlich Desertion der Jacobiner, um zu den Feuillants überzugehen; heftige Scenen auf dem Pont-Neuf, wo Menschen von der Polizei Fréron schlagen und einen Engländer nebst einem italienischen Sprachmeister Namens Rotondo verhaften; Aufregung auf dem Marsfelde, wo Billot in der Petition den Satz von Laclos entdeckt; Volksabstimmung über die Entsetzung von Ludwig XVI,; Zusammenkunft beschlossen für den andern Tag, um die Petition zu unterzeichnen.

 

Finstere, bewegte Nacht voller Tumulte, wo, während die großen Führer der Jacobiner und Cordeliers sich verbergen, weil sie das Spiel ihrer Gegner kennen, die gewissenhaften und naiven Männer der Partei sich versprechen, zusammenzukommen und, was auch geschehen möge, dem angefangenen Unternehmen Folge zu geben.

Dann wachen noch Andere in weniger redlichen und besonders weniger philanthropischen Gefühlen; das sind die Menschen des Hasses, die man bei jeder großen Erschütterung der Gesellschaft wiederfindet, diese Leute, welche die Unruhe, den Tumult, den Anblick des Blutes lieben, wie die Geier und die Tiger die Heere lieben, die sich schlagen und ihnen Leichname liefern.

Marat in seiner unterirdischen Wohnung, wohin ihn seine Monomanie verweist, Marat glaubt immer verfolgt, bedroht zu sein, oder stellt sich, als glaubte er es: er sieht in der Finsterniß wie die Raubthiere und die Nachtvögel; aus dieser Finsterniß kommen, wie aus der Höhle von Trophonius oder von Delphi, alle Morgen Unheil weissagende Orakel hervor, zerstreut aus Blättern des Journals, das man den Ami du peuple nennt. Seit ein paar Tagen schwitzt das Blatt von Marat Blut; seit der Rückkehr des Königs schlägt er als einziges Mittel, die Rechte und die Interessen des Volkes zu schirmen, einen einzigen Dictator und eine allgemeine Schlächterei vor. Nach der Behauptung von Marat muß man vor Allem die Nationalversammlung erwürgen und die Behörden aufhängen; dann beantragt er, in Form einer Variante, da ihm das Erwürgen und das Hängen nicht genügen, die Hände abzusägen, die Daumen abzuschneiden, lebendig zu begraben, aus Pfähle zu stecken! Es ist Zeit, daß der Arzt von Marat nach seiner Gewohnheit kommt und ihm sagt: »Sie schreiben roth, Marat, ich muß Ihnen zur Ader lassen!«

Verrière, dieser abscheuliche Buckelige, dieser entsetzliche Zwerg mit den langen Armen und den langen Beinen, den wir am Anfange dieses Buches haben erscheinen sehen, um den 5. und 6. October zu machen, und der, nachdem der 5. und der 6. October gemacht waren, in die Dunkelheit zurückgekehrt ist, – am Abend des 16. ist er wieder erschienen, man hat ihn wieder gesehen, eine Vision der Apokalypse, sagt Michelet, auf dem weißen Pferde des Todes reitend, an dessen Flanken seine langen Beine mit den dicken Knieen und den großen Füßen baumelten; er hat an jeder Straßenecke, auf jedem Kreuzwege angehalten und, ein Unglücksherold, für den andern Tag das Volk auf das Marsfeld zusammenberufen.

Fournier, der sich zum ersten Male producirt und den man Fournier den Amerikaner nennen wird, nicht weil er in Amerika geboren ist, – Fournier ist ein Auvergnat, – sondern weil er in St. Domingo Sklavenjäger war; Fournier zu Grunde gerichtet, erbittert durch einen verlorenen Proceß, außer sich durch das Stillschweigen, mit dem die Nationalversammlung die zwanzig Petitionen, die er ihr nach und nach zugeschickt, aufgenommen hat, und das ist ganz einfach, die Führer der Nationalversammlung sind Pflanzer: die Lameth, oder Freunde der Pflanzer: Duport, Barnave. Bei der ersten Gelegenheit wird er sich auch rächen, das gelobt er sich, und er wird sein Wort hatten, dieser Mensch, der in seinem Geiste die Tücke des Viehs und in seinem Gesichte das Grinsen der Hyäne hat.

Seht, dies ist die Lage Aller in der Nacht vom 16. auf den 17.

Der König und die Königin warten ängstlich in den Tuilerien: Barnave hat ihnen einen Triumph über das Volk versprochen; er hat ihnen nicht gesagt, welcher Triumph es wäre, noch aus welche Art er sich bewerkstelligen würde; daran war ihnen auch wenig gelegen! Sie bekümmerten sich nichts um die Mittel; man handelte für sie . . .  Nur wünscht der König diesen Triumph, weil er die Stellung des Königthums verbessern, die Königin, weil dies ein Anfang der Rache sein wird, und dieses Volk hat sie so viel leiden lassen, daß es ihr nach, ihrer Meinung wohl erlaubt ist, sich zu rächen.

Gestützt aus eine erkünstelte Majorität, wartet die Nationalversammlung mit einer gewissen Ruhe; ihre Maßregeln sind getroffen, sie wird, was auch geschehen mag, das Gesetz für sich haben, und eintretenden Falles, wenn das Bedürfniß gekommen ist, wird sie das supreme Wort: öffentliches Wohl! anrufen.

Lafayette wartet auch ohne Furcht: er hat seine Nationalgarde, die ihm noch ganz ergeben ist, und unter dieser Nationalgarde ein Corps von neunhundert Mann, bestehend aus ehemaligen Militären, Gardes-Françaises und Freiwilligen. Dieses Corps gehört mehr dem Heere als der Stadt; es ist überdies bezahlt: auch nennt man es die besoldete Garde. Ist am andern Tage eine furchtbare Execution vorzunehmen, so wird dieses Corps sie vollziehen.

Bailly und die Municipalität warten ihrerseits. Bailly, nach einem ganz im Studium und im Cabinet zugebrachten Leben, wird plötzlich in die Politik hinein- und auf die öffentlichen Plätze und die Kreuzwege hinausgestoßen. Er hat am Tage vorher von der Nationalversammlung einen Verweis wegen der Schwäche erhalten, die er am Abend des 15. gezeigt, und er ist eingeschlafen, den Kopf auf das Kriegsgesetz gestützt, das er am andern Tage, wenn es Noth thut, in seiner ganzen Strenge, anwenden wird.

Die Jacobiner warten, doch in der vollständigsten Dislocation. Robespierre ist verborgen; Laclos, der seine Phrase hat durchstreichen sehen, schmollt; Pétion, Buzot und Brissot halten sich bereit, in der Voraussetzung, der kommende Tag werde ein harter sein; Santerre, der Morgens um elf Uhr nach den, Marsfelde gehen soll, um die Petition zurückzuziehen, wird ihnen Nachrichten geben.

Die Cordeliers haben abgedankt. Danton ist, wie gesagt, in Fontenay bei seinem Schwiegervater, Legendre, Fréron und Camille Desmoulins werden ihm dahin nachfolgen. Der Rest wird nichts thun: der Kopf fehlt.

Das Volk, das von Allem dem nichts weiß, wird nach dem Marsfelde gehen; es wird die Petition unterzeichnen, es wird rufen: »Es lebe die Nation!« es wird in der Runde um den Altar des Vaterlands tanzen und dabei das berüchtigt Ça ira von 1790 singen.

Zwischen 1730 und 1791 hat die Reaction einen Abgrund gegraben: um diesen Abgrund zu füllen, wird man die Todten des 17. Juli brauchen!

Wie dem auch sein mag, der Tag brach herrlich an. Von Morgens um vier Uhr an begannen alle diese kleinen herumziehenden Gewerbsleute, die von den Mengen leben, diese Zigeuner der großen Städte, welche Süßholzwasser, Pfefferkuchen, Backwerk verkaufen, nach dem Altar des Vaterlands zu ziehen, der sich einsam mitten aus dem Marsfelde, einem großen Katafalke ähnlich, erhob.

Ein Maler, welcher seinen Platz etwa zwanzig Schritte von der dem Flusse zugekehrten Seite hatte, machte eine höchst genaue Zeichnung davon.

Um halb fünf Uhr zählt man schon ungefähr hundertundfünfzig Personen auf dem Marsfelde.

Die Menschen, die so früh am Morgen aufstehen, sind in der Regel die, welche schlecht geschlafen haben, und die Meisten von denen, die schlecht schlafen, – ich spreche von Männern und Frauen aus dem Volke, – sind Leute, welche schlecht oder gar nicht zu Nacht gegessen haben.

Wenn man nicht zu Nacht gegessen oder schlecht zu Nacht gegessen bat, so ist man gewöhnlich Morgens um vier Uhr übler Laune.

Es fanden sich also unter diesen hundertundfünfzig Personen, die den Altar des Vaterlands umgaben, nicht wenig Leute von schlimmer Laune und besonders von schlimmem Aussehen.

Plötzlich stößt eine Frau, eine Limonadehändlerin, welche auf die Stufen des Altars gestiegen ist, einen Schrei aus.

Die Spitze eines Bohrers ist in ihren Schuh eingedrungen.

Sie ruft, man eilt hinzu. Der Boden ist von Löchern durchhöhlt, deren Ursache und Zweck man nicht begreift; nur deutet der Bohrer, der in den Schuh der Limonadehändlerin eingedrungen ist, die Gegenwart von einem oder mehreren Menschen unter der Plattform vom Altar des Vaterlandes an.

Was können sie hier machen?

Man ruft sie an, man fordert sie auf, zu antworten, ihre Absichten zu nennen, hervorzukommen, zu erscheinen.

Keine Antwort.

Der Schmierer steht von seinem Schemel aus, verläßt seine Leinwand und läuft nach dem Gros-Caillou, um hier die Wache zu holen.

Die Wache, welche in einer mit einem Bohrer in den Fuß gestochenen Frau kein genügendes Motiv sich zu bemühen sieht, verweigert den Dienst und schickt den Schmierer zurück.

Bei der Rückkehr von diesem erreicht die Erbitterung den höchsten Grad.

Alle Welt ist um den Altar des Vaterlandes zusammengeschaart, – wenigstens dreihundert Personen. Man hebt ein Brett auf, man dringt in die Höhle ein; man findet den Perückenmacher und unsern Invaliden, Beide ganz verblüfft.

Der Perückenmacher, der im Bohrer ein Ueberfuhrungsmittel gesehen hat, wirft ihn fern von sich; doch er hat nicht an die Beseitigung des Fäßchens gedacht.

Man packt Beide beim Kragen, man nöthigt sie, auf die Plattform zu steigen, man befragt sie über ihre Absichten, und da sie stammeln und stocken, so fuhrt man sie zum Commissär.

Hier befragt, gestehen sie, in welchem Zwecke sie sich verborgen haben; der Commissar sieht hierin nur einen Scherz ohne Folgen und setzt sie wieder in Freiheit; doch vor der Thüre finden sie die Wäscherinnen den Gros-Caillou mit ihren Bläueln in der Hand. Die Wäscherinnen des Gros-Caillou sind, wie es scheint, sehr kitzlig im Punkte der Ehre der Frauen: sie fallen, erzürnte Dianen, mit gewaltigen Bläuelstreichen über die modernen Acteons her.

In diesem Augenblick läuft ein Mensch herbei: man hat unter dem Altar des Vaterlandes ein Pulverfaß gefunden; die zwei Schuldigen waren dort, nicht, wie sie gesagt haben, um Löcher zu bohren und in die Lust zu schauen, sondern um die Plattform in die Luft zu sprengen.

Man brauchte nur den Zapfen des Fäßchens zu ziehen und sich zu versichern, daß es Wein und nicht Pulver war, was es enthielt; man brauchte nur zu bedenken, daß die zwei Verschwörer, wen sie Feuer an das Fäßchen legten, – angenommen, dieses Fäßchen enthielt Pulver, – sich zuerst und noch viel sicherer als die Patrioten in die Luft sprengten, und die zwei angeblichen Schuldigen waren gerechtfertigt, ihre Unschuld hatte sich erwiesen; doch es gibt Augenblicke, wo man nichts überlegt, wo man nichts bewahrheitet, oder vielmehr, wo man nicht überlegen will, wo man etwas zu bewahrheiten sich wohl hütet.

Auf der Stelle verwandelt sich der Windstoß in einen Sturm. Eine Gruppe Menschen erscheint; woher kommt sie? Man weiß es nicht  . . .  Woher kamen jene Menschen, welche Foulon, Berthier, Flesselles gethödtet, welche den 5. und 6. October gemacht haben? Aus der Finsterniß, in die sie zurückkehren, wenn ihr Todeswerk beendigt ist. Diese Menschen bemächtigen sich des unglücklichen Invaliden und des armen Perückenmachers: Beide werden niedergeworfen; der Eine von ihnen, der Invalide, erhebt sich, von Messerstichen durchbohrt, nicht mehr; der Andere, der Perückenmacher, wird unter eine Laterne geschleppt: man schlingt ihm einen Strick um den Hals und hißt ihn auf  . . .  In einer Höhe von ungefähr zehn Fuß zerreißt das Gewicht seines Körpers den Strick. Er fällt lebendig nieder, zerarbeitet sich einen Augenblick und sieht den Kopf seines Gefährten am Ende einer Pieke  . . .  wie fand sich gerade hier eine Pieke? . . .  Bei diesem Anblick stößt er einen Schrei aus und wird ohnmächtig. Da schneidet oder sägt man ihm vielmehr den Kopf ab, und es findet sich wie gerufen eine zweite Pieke, um die blutige Trophäe in Empfang zu nehmen!

Sogleich bemächtigt sich der Menge das Bedürfniß, die zwei abgeschnittenen Köpfe in Paris umherzutragen, und gefolgt von etwa hundert ihnen ähnlichen Banditen schlagen die Kopfträger singend den Weg nach der Rue de Grenelle ein.

Um neun Uhr verkündigten die Municipalbeamten, die Notabeln, mit Huissiers und Trompetern, aus dem Platze des Palais Royal das Decret der Nationalversammlung und die Repressivmaßregeln, welche jede Verletzung dieses Decretes nach sich ziehen würde, als durch die Rue Saint Thomas-du-Louvre die Mörder ausmündeten.

Der Municipalität wurde hierdurch eine bewunderungswürdige Stellung gemacht: so herb ihre Maßregeln waren, sie würden nie die Höhe des Verbrechens erreichen, das so eben begangen worden.

Die Nationalversammlung fing an sich in ihrem Locale einzufinden; vom Platze des Palais Royal bis zur Reitschule war es nicht weit; die Neuigkeit macht nur einen Sprung und bricht im Saale aus.

Nur sind es nicht mehr ein Perückenmacher und ein Invalide, die man übermäßig wegen eines Bubenstreiches bestraft hat; es sind zwei gute Bürger, zwei Freunde der Ordnung, welche man ermordet, weil sie den Revolutionären Achtung vor den Gesetzen empfohlen haben.

 

Da stürzt Regnault von Saint-Jean d’Angely aus die Tribune und ruft:

»Bürger, ich verlange das Kriegsgesetz, ich verlange, daß die Nationalversammlung diejenigen, welche durch individuelle oder collective Schriften das Volk zum Widerstande bewegen würden, als schuldig des Verbrechens der beleidigten Nation erklärt.«

Die Nationalversammlung erhebt sich beinahe ganz und erklärt auf die Motion von Regnault von Saint-Jean d’Angely als schuldig des Verbrechens der beleidigten Nation diejenigen, welche durch individuelle oder collective Schriften das Volk zum Widerstande bewegen.

Somit sind die Petitionäre schuldig des Verbrechens der beleidigten Nation. Das ist es, was man wollte.

Robespierre war in einem Winkel der Nationalversammlung verborgen; er hörte den Beschluß verkündigen und lief zu den Jacobinern, um ihnen Nachricht von der Maßregel zu geben, welche getroffen worden.

Der Saal der Jacobiner war verlassen; kaum fünfundzwanzig bis dreißig Mitglieder irrten in dem alten Kloster umher. Santerre war da und wartete auf die Befehle der Häupter.

Man schickt Santerre nach dem Marsfelde ab, daß er die Petitionäre von der Gefahr, die sie laufen, benachrichtige.

Er findet sie, zwei- bis dreihundert an der Zahl, auf dem Altar des Vaterlands, die Petition der Jacobiner unterzeichnend.

Der Mann des vorhergehenden Tages, Billot, ist der Mittelpunkt dieser großen Bewegung; er versteht es nicht, zu schreiben, doch er hat seinen Namen genannt, er hat sich die Hand fuhren lassen und hat Einer der Ersten unterzeichnet.

Santerre steigt zum Altar des Vaterlandes hinaus, verkündigt, die Nationalversammlung habe so eben Jeden als Rebellen proclamirt, der es wagen würde, die Entsetzung des Königs zu verlangen, und erklärt, er sei von, den Jacobinern abgesandt, um die von Brissot verfaßte Petition zurückzuziehen.

Billot steigt drei Stufen hinab und befindet sich von Angesicht zu Angesicht dem berühmten Bierbrauer gegenüber. Die zwei Männer des Volks schauen sich an, prüfen sich, Beide Symbole der zwei materiellen Kräfte, welche in diesem Augenblick die Provinz, Paris in Bewegung setzten.

Beide erkennen sich als Brüder: sie haben nebeneinander bei der Bastille gekämpft.

»Es ist gut!« spricht Billot, »man kann den Jacobinern ihre Petition zurückgeben; doch man wird eine neue machen.«

»Und diese Petition,« sagt Santerre, »braucht man nur zu mir nach dem Faubourg Saint-Antoine zu bringen; ich werde sie unterzeichnen und von meinen Arbeitern unterzeichnen lassen.«

Und er reichte ihm seine breite Hand, in die Billot die seinige legte.

Beim Anblick dieser mächtigen Brüderschaft, welche die Provinz mit der Stadt verbindet, klatscht man Beifall.

Billot gibt Santerre seine Petition zurück, und dieser entfernt sich, indem er dem Volke eine von den Gebärden des Versprechens und der Bestimmung macht, in denen sich das Volk nicht täuscht; überdies fängt es an Santerre zu kennen.

»Die Jacobiner haben nun Angst,« spricht Billot, »gut; da sie Angst haben, so sind sie berechtigt, ihre Petition zurückzuziehen, auch gut; doch wir, die wir keine Angst haben, sind berechtigt, eine neue zu machen.«

»Ja, ja,« rufen mehrere Stimmen, »eine andere Petition! hier! Morgen!«

»Und warum nicht heute?« fragt Billot; »morgen! wer weiß, was von jetzt bis morgen geschehen wird?«

»Ja, ja,« rufen mehrere Stimmen, »heute! sogleich!«

Eine Gruppe ausgezeichneter Leute hat sich um Billot gebildet: die Stärke besitzt die Eigenschaft des Magnets: sie zieht an.

Diese Gruppe besteht aus Abgeordneten der Cordeliers oder Liebhaber-Jacobinern, welche, schlecht unterrichtet oder verwegener als die Häupter, trotz des Gegenbefehls nach dem Marsfelde gekommen sind.

Diese Männer hatten, der Mehrzahl nach, damals unbekannte Namen; sie sollten alle ungesäumt diesen Namen sehr verschiedenartige Celebritäten schaffen.

Es waren: Robert, Fräulein von Kéralio, Roland, Madame Roland, Brune, Buchdrucker-Gehilfe, der Marschall von Frankreich sein wird; Hébert, öffentlicher Schreiber, zukünftiger Redacteur des furchtbaren Pere Duchêne; Chaumette, Journalist und Student der Medicin; Sergent, Kupferstecher, der der Schwager von Marceau sein und die patriotischen Feste in Scene setzen wird; Fabre d’Eglantine, der Verfasser der Intrigue epistolaire; Henriot, der Gendarme der Guillotine; Maillard, der erschreckliche Huissier des Chatelet, den wir seit dem 6. October aus dem Gesichte verloren haben und am 2. September wiederfinden werden; Isabey Vater und Isabey Sohn, der Einzige vielleicht von den Schauspielern dieser Scene, der sie erzählen kann, jung und lebhaft, wie er mit achtundachtzig Jahren noch ist.41

»Sogleich!« rief das Volk, »ja, sogleich!«

Ein ungeheures Beifallsgeschrei erhob sich auf dem Marsfelde.

»Wer wird aber die Feder führen?»fragte eine Stimme.

»Ich, Ihr, nein, Jedermann,« rief Billot; »das wird wirklich die Petition des Volks sein.«

Ein Patriot lief weg: er holte Papier, Tinte und Federn.

In Erwartung seiner Rückkehr nahm man sich bei den Händen und fing an, das berufene Ça ira singend, Farandolen zu tanzen.

Der Patriot kam nach zehn Minuten zurück; er hatte eine Flasche Tinte, ein Paquet Federn und fünf bis sechs Hefte Papier gekauft.

Da nahm Robert die Feder und schrieb, während Fräulein von Kéralio, Madame Roland und Roland nach und nach dictirten, folgende Petition:

»Petition an die Nationalversammlung, abgefaßt
auf dem Altar des Vaterlands, am
17. Juli 1791
Repräsentanten der Nation,

»Ihr waret dem Ziele Eurer Arbeiten nahe, bald sollten Nachfolger, Alle vom Volke ernannt, aus Eurer Spur fortschreiten, ohne den Hindernissen zu begegnen, welche Euch die Abgeordneten von zwei privilegirten Klassen, nothwendige Feinde aller Grundsätze der heiligen Gleichheit, boten.

»Ein großes Verbrechen wird begangen: Ludwig XVI. flieht; er verläßt unwürdig seinen Posten; das Reich ist zwei Finger breit von der Anarchie entfernt; Bürger verhaften ihn in Varennes, und er wird nach Paris zurückgeführt. Das Volk dieser Hauptstadt bittet Euch inständig nichts über das Loos des Schuldigen zu entscheiden, ehe Ihr den Ausdruck des Willens der zweiundachtzig anderen Departements gehört habt.

»Ihr verschiebt: zahlreiche Adressen kommen der Nationalversammlung zu; alle Sectionen des Reiches verlangen gleichzeitig, Ludwig soll gerichtet werden. Ihr habt vorläufig entschieden, er sei unschuldig und unverletzbar, und durch Euer Decret vom 16. erklärt, die constitutionelle Charte werde ihm vorgelegt werden, sobald die Constitution vollendet sei. – Gesetzgeber, das war nicht der Wille des Volkes, und wir haben geglaubt, Euer höchster Ruhm, Eure Pflicht sogar bestehe darin, daß Ihr Organ des öffentlichen Willens seit. Ohne Zweifel seid Ihr zu dieser Entscheidung hingerissen worden durch die Menge jener widerspänstigen Abgeordneten, welche zum Voraus ihre Protestation gegen die Verfassung gemacht haben; aber, Repräsentanten eines edelmüthigen und vertrauensvollen Volkes, erinnert Euch, daß zweihundert und neunzig Protestirende keine Stimme in der Nationalversammlung hatten; daß folglich dieses Decret der Form und dem Inhalte nach null und nichtig ist; nichtig dem Inhalte nach, weil es dem Willen des Souverain widerspricht; nichtig, der Form nach, weil es von zweihundert und neunzig Individuen ohne die erforderliche Eigenschaft gegeben wurde.

»Diese Erwägungen, alle diese Rücksichten auf das öffentliche Wohl, der gebieterische Wunsch, die Anarchie zu vermeiden, der uns der Mangel an Einklang zwischen den Vertretern und den Vertretenen aussetzen würde, Alles macht es uns zum Gesetze, von Euch im Namen von ganz Frankreich zu verlangen, dieses Decret wieder aufzuheben; in Betracht zu ziehen, daß das Vergehen von Ludwig XVI. erwiesen ist, daß dieser König abgedankt hat, seine Abdankung anzunehmen und einen neuen constituirenden Körper zu berufen, um auf eine wahrhaft nationale Weise zur Aburtheilung des Schuldigen und besonders zur Einsetzung und Organisation einer neuen executiven Gewalt zu schreiten.

41im Sommer 1853.
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