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Die Gräfin von Charny Denkwürdigkeiten eines Arztes 4

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Der Muth des Mannes und der Frau gibt Robespierre wieder Herz; er kehrt in die Versammlung zurück als Beobachter und bereit, Alles zu benützen, von dem Winkel aus, wo er seinen Sitz hat, wie der am Rande seines Baues im Hinterhalte liegende Fuchs. Gegen neun Uhr Abends sieht er, daß sich die Versammlung zum Sentimentalismus neigt, daß man Brüderlichkeit predigt, und daß man, um das Beispiel mit der Theorie zu verbinden, im Begriffe ist, zu den Jacobinern zu gehen, mit denen man sehr schlecht steht, und die man eine Mörderbande nennt.

Da gleitet er von seiner Bank, schleicht sich nach der Thüre, macht sich, ohne bemerkt zu werden, davon, läuft zu den Jacobinern, besteigt die Tribune, denuncirt den König, denuncirt das Ministerium, denuncirt Bailly, denuncirt Lafayette, denuncirt die ganze Nationalversammlung, wiederholt die Fabel vom Morgen, entrollt eine eingebildete Bartholomäus-Nacht und endigt damit, daß er seine Existenz auf dem Altare des Vaterlandes opfert.

Wenn Robespierre von sich selbst sprach, erlangte er eine gewisse Beredtsamkeit. Bei dem Gedanken, der tugendhafte, der strenge Robespierre laufe eine große Gefahr, schluchzt man. »Wenn Du stirbst, so sterben wir mit Dir!« ruft eine Stimme. »Ja, ja, Alle! Alle!« wiederholen im Chore die Anwesenden, und die Einen strecken die Hand aus, um zu schwören, die Andern ziehen den Degen, wieder Andere fallen aus die Kniee und erheben die Arme zum Himmel. Man erhob zu jener Zeit die Arme viel zum Himmel; das war die Geberde der Epoche. Seht nur den Schwur im Ballhause von David.

Madame Roland war da, ohne recht zu begreifen, welche Gefahr Robespierre laufen konnte. Doch sie war am Ende Weib und folglich zugänglich für die Gemüthsbewegung. Die Gemüthsbewegung war groß, sie wurde auch bewegt, sie gesteht es selbst.

In diesem Augenblick tritt Danton ein; an ihm, einer entstehenden Popularität, ist es, die wankende Popularität von Lafayette anzugreifen.

Warum dieser Haß von aller Welt gegen Lafayette? Vielleicht weil er ein ehrlicher Mann war und sich immer von den Parteien bethören ließ, wenn nur die Parteien an seinen Edelmuth appellirten.

In dem Augenblick, wo man die Nationalversammlung meldet, wo, um das Beispiel der Brüderlichkeit zu geben, Lameth und Lafayette, diese Todfeinde, Arm in Arm eintreten, macht sich von allen Seiten der Ruf hörbar:

»Danton auf die Tribune! auf die Tribune, Danton!«

Robespierre konnte nichts angenehmer sein, als seinen Platz abzutreten. Robespierre war, wie gesagt, ein Fuchs und keine Dogge. Er verfolgte den abwesenden Feind, sprang von hinten aus ihn, klammerte sich an seinen Schultern fest, zernagte ihm den Schädel bis aufs Gehirn, griff aber selten von vorne an.

Die Tribune war also leer und erwartete Danton.

Nur wurde es Danton schwierig, sie zu besteigen.

Wenn er der einzige Mensch war, der Lafayette angreifen sollte, so war Lafayette vielleicht der einzige Mensch, den Danton nicht angreifen konnte.

Warum?

Ah! wir wollen es sagen. Es war viel von Mirabeau in Danton, wie viel von Danton in Mirabeau war; dasselbe Temperament, dasselbe Bedürfniß nach Vergnügungen, dieselben Geldklemmen und folglich dieselbe Leichtigkeit für die Bestechung.

Man versicherte, wie Mirabeau, habe Danton Geld vom Hofe bekommen. Wo? Auf welchem Wege? wie viel? Man wußte es nicht, doch er hatte bekommen, dessen war man gewiß; man sagte es wenigstens.

Man vernehme, was wirklich an Allem dem war.

Danton hatte an das Ministerium seine Stelle als Advokat beim Rathe des Königs verkauft, und man sagte, er habe vom Ministerium den vierfachen Preis seiner Stelle erhalten.

Dies entsprach der Wahrheit; nur war das Geheimniß zwischen drei Personen: dem Verkäufer Danton, dem Käufer Herrn Montmorin, dem Vermittler Herrn von Lafayette.

Klagte Danton Lafayette an, so konnte ihm Lafayette die Geschichte von dieser für ihren vierfachen Werth verkauften Stelle ins Gesicht werfen.

Ein Anderer wäre zurückgewichen.

Danton, im Gegentheil, ging vorwärts: er kannte Lafayette, diese Großmuth des Herzens, welche zuweilen in Albernheit ausartete. Wir erinnern an 1830.

Danton sagte sich, Herr von Montmorin, der Freund von Lafayette, Herr von Montmorin, der die Pässe des Königs unterzeichnet hatte, sei in diesem Augenblick zu sehr compromittirt, als daß ihm Lafayette diesen neuen Stein an den Hals hängen würde.

Er stieg aus die Tribune.

Seine Rede war nicht lang.

»Herr Präsident,« sagte er, »ich klage Lafayette an; der Verräther wird sogleich kommen; man errichte zwei Schafotte, und ich will das eine besteigen, wenn er nicht das andere zu besteigen verdient hat.«

Der Verräther kam, er konnte die furchtbare Anklage hören, welche aus dem Munde von Danton hervorging: doch er hatte, wie dieser vorhergesehen, die Großmuth, nicht darauf zu antworten.

Lameth übernahm diese Sorge; er goß über die Lava von Danton das laue Wasser von einer seiner gewöhnlichen Pastoralen aus, er predigte die Brüderlichkeit.

Dann kam Sieyès, der auch die Brüderlichkeit predigte.

Dann Barnave, der abermals die Brüderlichkeit predigte.

Diese drei Popularitäten gewannen am Ende die Oberhand über die von Danton. Man wußte Danton Dank, daß er Lafayette angegriffen, aber man wußte Lameth, Sieyès und Barnave auch Dank, daß sie ihn vertheidigt hatten, und als Lafayette und Danton von den Jacobinern weggingen, da war es Lafayette, den man mit Fackeln begleitete, den man unter Acclamationen zurückführte.

Die Hofpartei hatte einen großen Sieg in dieser Lafayette dargebrachten Huldigung davon getragen.

Die zwei großen Mächte des Tages waren in der Person ihres Hauptes geschlagen:

Die Jacobiner in Robespierre;

Die Cordeliers in Danton.

Ich sehe wohl, daß ich es abermals auf das andere Kapitel verschieben muß, zu sagen, was für eine Protestation es war, die Madame Roland ihrem Mann gegenüber in diesem kleinen Salon des dritten Stockes vom Hotel Britannique abschrieb.

CXI
Das Entresol der Tuilerien

Sogleich werden wir erfahren, was die Protestation enthielt, welche Madame Roland copirte; damit aber der Leser vollkommen mit der Lage vertraut sein möge und klar in einem der dunkelsten Mysterien der Revolution sehe, muß er vor Allem mit uns am Abend des 15. Juli durch die Tuilerien gehen.

Hinter der Thüre einer Wohnung, die auf einen finstern, öden, im Entresol des Palastes liegenden Corridor ging, stand eine Frau, mit gespanntem Ohr, die Hand auf dem Schlüssel und bebend bei jedem Tritte, der ein Echo in der Umgegend erweckte.

Diese Frau zu erkennen, wäre uns schwer, wüßten wir nicht, wer sie ist, denn außer der Dunkelheit, welche selbst mitten am Tage in diesem Corridor herrscht, ist die Nacht gekommen, und, war es nun Zufall, war es Vorbedacht, das Licht der einzigen Laterne, welche hier brennt, ist niedergesunken und scheint dem Erlöschen nahe.

Dabei ist nur das zweite Zimmer der Wohnung beleuchtet und diese Frau wartet, bebt und horcht an der Thüre des ersten.

Wer ist die wartende Frau? Marie Antoinette.

Wen erwartet sie? Barnave.

O stolze Tochter von Maria Theresia, wer Dir an dem Tage, da man Dich zur Königin der Franzosen salbte, gesagt hätte, es werde ein Augenblick kommen, wo Du, verborgen hinter der Thüre der Wohnung Deiner Kammerfrau, bebend vor Furcht und Hoffnung, einen kleinen Advocaten von Grenoble erwartest, Du, die Du Mirabeau so lange warten ließest, und ihn nur einmal zu empfangen die Gnade haben wolltest!

Doch man täusche sich nicht; die Königin erwartet Barnave in einem ganz politischen Interesse; an diesem stockenden Athem, an diesen nervösen Bewegungen, an dieser Hand, welche den Schlüssel streifend zittert, hat das Herz keinen Antheil, und der Stolz allein ist hierbei interessiert.

Wir sagen der Stolz, denn trotz der tausend Verfolgungen, denen der König und die Königin seit ihrer Rückkehr ausgesetzt sind, ist ihr Leben doch unverletzt geblieben und die ganze Frage faßt sich zusammen in den paar Worten: »Werden die Flüchtlinge von Varennes den Rest ihrer Macht verlieren, oder werden sie ihre verlorene Macht wiedererobern?«

Seit jenem verhängnißvollen Abend, wo Charny die Tuilerien verlassen hat, um nicht mehr dahin zurückzukehren, hat das Herz der Königin zu schlagen aufgehört. Ein paar Tage lang ist sie gleichgültig gegen Alles geblieben, selbst gegen Beleidigungen; allmälig aber hat sie bemerkt, es gebe zwei Punkte ihrer mächtigen Organisation, durch welche sie noch lebe: den Stolz und den Haß, und sie ist wieder zu sich gekommen, um zu hassen und um sich zu rächen.

Nicht um sich an Charny zu rächen, nicht um Andrée zu hassen, nein; wenn sie an Charny und Andrée denkt, so haßt sie sich selbst, so möchte sie sich an sich selbst rächen; denn sie ist zu redlich, um sich nicht zu sagen, auf ihrer Seite sei alles Unrecht gewesen, und auf jener Seite alle aufopfernde Hingebung.

Oh! wenn sie Jene hassen könnte, sie wäre zu glücklich! Was sie haßt, und zwar aus der tiefsten Tiefe ihres Herzens, das ist das Volk, das Hand an sie gelegt hat, wie an eine gewöhnliche Flüchtige, das sie mit Plackereien überhäuft, mit Beleidigungen verfolgt, mit Schmach und Schande getränkt hat.

Ja, sie haßt es so sehr, dieses Volk, das sie Madame Deficit, Madame Veto genannt hat, das sie die Oesterreicherin nennt, das sie die Witwe Capet nennen wird!

Und wenn sie sich rächen kann, oh! wie wird sie sich rächen! Was ihr Barnave bringen wird am 15. Juli 1791 um neun Uhr Abends, während Madame Roland ihrem Manne gegenüber in dem kleinen Salon des dritten Stockes vom Hotel Britannique die Protestation abschreibt, deren Inhalt wir noch nicht kennen, ist vielleicht die Ohnmacht und die Verzweiflung, es ist vielleicht aber auch die göttliche Speise, die man die Rache nennt.

 

Die Lage der Dinge ist in der That im höchsten Grade bedrohlich.

Allerdings ist durch Lafayette und die Nationalversammlung der erste Streich mit dem constitutionellen Schilde parirt worden; man hatte den König entführt, er war nicht geflohen.

Doch man erinnert sich des Anschlags der Cordeliers, doch man erinnert sich des Antrages von Marat, doch man erinnert sich der Diatribe des Bürgers Prudhomme, doch man erinnert sich des seltsamen Einfalls von Bonneville, doch man erinnert sich der Motion von Familie Desmoulins, doch man erinnert sich des Axioms des Genfers Dumont, doch man erinnert sich endlich, daß ein neues Journal gegründet werden soll, an welchem Brissot zu arbeiten gedenkt, und daß dieses Journal der Republicain heißen wird.

Will man den Prospect dieses Journals kennen lernen? Er ist kurz, aber bestimmt. Der Amerikaner Thomas Payne hat ihn abgefaßt, dann wurde er von einem jungen Officier, der den Unabhängigkeitskrieg mitgemacht, übersetzt und mit der Unterschrift von Duchatelet öffentlich angeschlagen.

Was für ein seltsames Ding ist doch das Verhängniß, das von den vier Ecken der Welt diesem einstürzenden Throne neue Feinde herbeiruft! Thomas Payne! Was will hier Thomas Payne? dieser Mensch, der von allen Ländern ist: Engländer, Amerikaner, Franzose, der alle Gewerbe betrieben hat, der Fabrikant, Schulmeister, Zolleinnehmer, Matrose, Journalist war! Was er will? Er will seinen Athem mit diesem Sturmwinde vermischen, der unbarmherzig auf die erlöschende Kerze bläst!

Folgendes ist der Prospect des Republicain von 1791, dieses Journals, das erschien oder erscheinen sollte, als Robespierre fragte, was eine Republik sei.

»Wir haben erfahren, daß die Abwesenheit eines Königs besser für uns ist, als seine Gegenwart. Er ist davon gegangen und hat folglich entsagt. Die Nation wird nie ihr Vertrauen einem Meineidigen, einem Flüchtling wiederschenken. Ist seine Flucht seine That oder die Anderer? Was liegt daran! Betrüger oder Dummkopf, bleibt er immer unwürdig. Wir sind von ihm frei, und er ist er von uns; er ist ein einfaches Individuum, Herr Louis von Bourbon. Seine Sicherheit ist gewiß, Frankreich wird sich nicht entehren, das Königthum ist beendigt. Was ist ein dem Zufall der Geburt überlassenes Amt, welches von einem Blödsinnigen versehen werden kann? Ist es nicht ein Nichts?«

Man begreift, welche Wirkung ein solcher Anschlag, den man an allen Mauern von Paris erblickte, hervorbringen mußte. Der constitutionelle Malouet war darüber ganz erschrocken. Er lies voll Augst nach der Nationalversammlung, trat athemlos ein, denuncirte den Prospect und verlangte die Verhaftung der Verfasser.

»Gut,« antwortete Pétion, »doch lesen wir zuerst diesen Prospect.«

Diesen Prospect kannte Pétion, einer der seltenen Republikaner, die es damals in Frankreich gab, sicherlich. Malouet, der ihn denuncirt hatte, wich vor der Lesung zurück. Wenn die Tribunen Beifall klatschen würden! Und er war gewiß, sie würden es thun.

Zwei Mitglieder der Nationalversammlung Chabrond und Chapelier machten, das Versehen ihres Collegen wieder gut.

»Die Presse ist frei,« sagten sie, »und Jeder, Narr oder Weiser, hat das Recht, seine Meinung zu äußern. Verachten wir das Werl eines Wahnsinnigen und gehen wir zur Tagesordnung über.«

Und die Versammlung ging zur Tagesordnung über.

Gut; sprechen wir nicht mehr davon.

Doch das ist die Hydra, weiche die Monarchie bedroht.

Ein Kopf wird abgeschnitten; während er wieder wächst, beißt ein anderer.

Man hat weder Monsieur, noch die Verschwörung Favras vergessen. Der König entfernt, Monsieur zum Regenten ernannt!

Heute handelt es sich nicht mehr um Monsieur. Monsieur ist, zu gleicher Zeit wie der König, geflohen und glücklicher als der König hat er die Grenze erreicht.

Doch der Herr Herzog von Orleans ist geblieben.

Er ist geblieben mit seinem Getreuen, mit dem Manne, der ihn vorwärts treibt, mit Laclos, dem Verfasser der Liaisons dangereuses.

Es besteht ein Decret über die Regentschaft, ein Decret, das in den Mappen verschimmelt; warum sollte man dieses Decret nicht benützen?

Am 28. Juni bietet ein Journal die Regentschaft dem Herzog von Orleans an. Ludwig XVI. Existirt, wie Ihr seht, nicht mehr, was auch die Nationalversammlung dazu sagen mag; – da man die Regentschaft dem Herzog von Orleans anbietet, so gibt es keinen König mehr.

Wohlverstanden, der Herzog von Orleans gibt sich den Anschein, als wunderte er sich, und schlägt es aus.

Aber am 1. Juli proclamirt Laclos aus eigener Machtvollkommenheit die Abschaffung des Königs und will einen Regenten; am 3. behauptet Réal, der Herzog von Orleans sei wirklich Wächter des jungen Prinzen; am 4. verlangt er auf der Tribüne der Jacobiner, daß man das Decret über die Regentschaft wieder drucke und verkündige. Die Jacobiner aber, welche noch nicht wissen, was sie sind, wissen zum Unglück wenigstens, was sie nicht sind. Sie sind nicht Orleanisten, obgleich der Herzog von Orleans und der Herzog von Chartres zu ihrer Gesellschaft gehören. Die Regentschaft des Herzogs von Orleans wird bei den Jacobinern verworfen; doch die Nacht ist genügend für Laclos, um wieder Athen, zu schöpfen. Ist er nicht Herr bei den Jacobinern, so ist er doch der Herr in seinem Journal, und hier proclamirt er die Regentschaft des Herzogs von Orleans, und da das Wort Protector durch Cromwell profanirt worden ist, so wird sich der Regent, der alle Gewalt haben soll, Moderator nennen.

Und Alles dies ist, wie man sieht, ein Feldzug gegen das Königthum, ein Feldzug, in welchem das Königthum, durch sich selbst unmächtig, keinen andern Verbündeten hat als die Nationalversammlung; die Jacobiner aber sind eine viel einflußreichere und besonders viel furchtbarere Versammlung, als die Nationalversammlung.

Am 8. Juli bringt dahin Pétion die Frage von der königlichen Unverletzbarkeit,

Nur trennt er die politische Unverletzbarkeit von der persönlichen Unverletzbarkeit.

Man wendet ihm ein, man werde sich mit den Königen entzweien, wenn man Ludwig XVI absetze.

»Wenn die Könige uns bekämpfen wollen,« antwortet Pétion, »so nehmen wir ihnen, indem wir Ludwig XVI. absetzen, ihren mächtigsten Verbündeten, während wir denselben, wenn wir ihn aus dem Throne lassen, die ganze Stärke geben, die wir ihm wieder verliehen haben werden.«

Brissot besteigt auch die Tribune und geht noch weiter. Er untersucht die Frage: Kann der König gerichtet werden?

»Später,« spricht er, »werden wir, im Falle der Entsetzung, erörtern, welches die Regierung sein wird, die die Stelle des Königthums einnehmen soll.«

Es scheint, Brissot war herrlich. Man höre, was Madame Roland, welche der Sitzung beiwohnte, hierüber sagt:

»Es war kein Beifallklatschen mehr, es waren Schreie, Entzückungen: dreimal hat sich die ganze Versammlung völlig hingerissen, die Arme ausstreckend, die Hüte empor haltend, in einer unaussprechlichen Begeisterung erhoben. Es vergehe aus ewig derjenige, welcher diese großen Bewegungen empfunden oder getheilt hat und die Ketten wieder annehmen könnte!«

Es kann also nun nicht nur der König gerichtet werden, sondern man zollt sogar begeisterten Beifall demjenigen, welcher die Frage löst.

Beurtheilt, welch ein erschreckliches Echo das Beifallsgeschrei in den Tuilerien haben mußte.

Auch die Nationalversammlung mußte ihrerseits diese entsetzliche Frage abthun.

Die Constitutionellen, statt vor der Debatte zurückzuweichen, riefen sie hervor: sie waren der Majorität sicher.

Doch die Majorität der Nationalversammlung repräsentirte entfernt nicht die Majorität der Nation: gleichviel, Versammlungen dieser Art bekümmern sich im Allgemeinen wenig um solche Anomalien.

Am 13. Juli sind die Tribunen gefüllt mit sicheren Leuten, die man im Voraus mit besonderen Billets eingeführt hatte. Das ist das, was wir heute Claquers nennen würden.

Ueberdies bewachten die Royalisten die Flurgänge.

Man hat für diese Gelegenheit die Ritter vom Dolche wieder gefunden.

Auf den Vorschlag eines Mitglieds schließt man endlich die Tuilerien.

Oh! ohne Zweifel hatte am Abend dieses Tages die Königin Barnave ebenso ungeduldig erwartet, als sie ihn am Abend des 15. erwartet.

Und an diesem Tage sollte doch nichts entschieden werden. Nur der im Namen der fünf Ausschüsse abgefaßte Bericht wurde verlesen.

Dieser Bericht sagte:

»Die Flucht des Königs ist kein in der Constitution vorhergesehener Fall; doch die königliche Unverletzlichkeit steht darin geschrieben.«

Die Ausschüsse, welche den König als unverletzlich betrachteten, überlieferten dem Gerichte also nur die Herren von Bouillé, von Charny, Frau von Tourzel, die Couriere, die Bedienten, die Lackeien. Nie hatte die geistreiche Fabel von den Großen und den Kleinen eine so vollständige Anwendung erhalten.

Uebrigens wurde die Frage viel mehr bei den Jacobinern, als in der Nationalversammlung erörtert. Da sie aber nicht zur Entscheidung kam, so blieb Robespierre im Unbestimmten. Er war weder Republikaner, noch Monarchist; man konnte frei sein unter einem König wie unter einem Senat.

Das war ein Mann, welcher sich selten compromittirte, dieser Herr von Robespierre, und wir haben am Ende des vorigen Kapitels gesehen, welche Schrecken ihn erfaßten, selbst wenn er nicht compromittirt war.

Doch es fanden sich da Menschen, die nicht diese kostbare Klugheit besaßen; diese Menschen waren der Exadvocat Danton und der Schlächter Legendre, ein Bulldogg und ein Bär.

»Die Nationalversammlung kann den König freisprechen,« sagte Danton. »Das Urtheil wird von Frankreich reformiert werden, denn Frankreich verdammt ihn!«

»Die Ausschüsse sind verrückt,« sagte Legendre: »würden sie den Geist der Massen kennen, so kämen sie zur Vernunft zurück; übrigens,« fügte er bei, »wenn ich so spreche, so geschieht es für ihr Heil.«

Solche Reden entrüsteten die Constitutionellen.

Zu ihrem Unglück waren sie aber nicht in der Majorität bei den Jacobinern, wie sie es in der Nationalversammlung waren.

Sie beschränkten sich also darauf, daß sie weggingen.

Sie hatten Unrecht; die Leute, welche den Platz verlassen, haben immer Unrecht, und es gibt hierüber ein altes sehr sinnreiches Sprichwort, welches sagt: »Wer seinen Platz verläßt, verliert ihn.«

Die Constitutionellen verloren nicht nur ihren Platz, sondern der Platz wurde sogar von Volksdeputationen eingenommen, welche Adressen gegen die Ausschüsse brachten und mit Acclamationen empfangen wurden.

Zu gleicher Zeit wurde eine Adresse, die eine gewisse Wichtigkeit in den folgenden Ereignissen erlangen sollte, am andern Ende von Paris, im Marais, in einem Club oder vielmehr in einer brüderlichen Gesellschaft von Männern und Frauen abgefaßt, die man nach dem Orte ihrer Zusammenkunst die Gesellschaft der Minimes nannte.

Diese Gesellschaft war eine Succursale der Cordeliers und auch belebt von der Seele von Danton. Ein junger Mann von kaum dreiundzwanzig bis vierundzwanzig Jahren, dessen Inneres Danton mit seinem Hauche angefacht hatte, führte die Feder und faßte die Adresse ab.

Dieser junge Mann war Jean Lambert Tallien.

Die Adresse hatte als Unterschrift einen furchtbaren Namen; sie war unterzeichnet: das Volk.

Diesmal war es unmöglich gewesen, dem Publikum die Tribunen zu verwehren; – unmöglich auch, wie die ersten Male die Corridors und die Zugänge mit Royalisten und Rittern vom Dolche zu verstopfen; unmöglich endlich, den Garten der Tuilerien zu schließen.

Der Prolog war vor Claqueurs gespielt worden, die Komödie aber sollte vor dem wahren Publikum dargestellt werden.

Und man muß sagen, das Publikum war schlecht gestimmt.

So schlecht gestimmt, daß man Duport, der drei Monate vorher noch volksbeliebt, mit einem finstern Stillschweigen zuhörte, als er darauf antrug, auf die Umgebung des Königs das Verbrechen des Königs zurückfallen zu machen.

Er ging indessen bis zum Ende und war nur sehr erstaunt, da er zum ersten Male sprach, ohne ein Wort, ein Zeichen der Billigung hervorzurufen.

Er war eines von den Gestirnen jener Triade, deren Licht allmälig am politischen Himmel erlosch: Duport, Lameth, Barnave.

Robespierre bestieg nach ihm die Tribune, Robespierre, der kluge Mann, der sich so gut zu decken wußte, was würde er sagen? Der Redner, der acht Tage vorher erklärt hatte, er sei weder Monarchist, noch Republikaner, für wen würde er sich aussprechen?

Er sprach sich nicht aus.

Er stellte sich mit seiner säuerlichen Süßigkeit als Advocat der Menschheit auf; er sagte, nach seinem Dafürhalten wäre es zugleich Ungerechtigkeit und Grausamkeit, nur die Schwachen zu schlagen; er greife den König nicht an, da die Nationalversammlung den König als unverletzbar zu betrachten scheine, er vertheidige aber Bouillé, Charny, Frau von Tourzel, die Couriere, die Lackeien, die Bedienten, kurz alle diejenige, welche durch ihre abhängige Stellung zu gehorchen genöthigt gewesen seien.

 

Die Nationalversammlung murrte stark während dieser Rede. Die Tribunen hörten mit großer Aufmerksamkeit zu, da sie nicht wußten, ob sie billigen oder mißbilligen sollten; endlich sahen sie in den Worten des Redners das, was in Wahrheit darin war: einen wirklichen Angriff auf das Königthum und eine falsche Vertheidigung der Höflinge.

Da klatschten die Tribunen Robespierre Beifall.

Der Präsident versuchte es, den Tribunen Stillschweigen zu gebieten.

Prieux (von der Marne) wollte die Debatte auf ein vollkommen von Ausflüchten und Paradoxen entblößtes Terrain führen.

»Aber was würdet Ihr denn thun, Bürger,« rief er, »wenn man, nachdem der König außer den Prozeß gestellt wäre, von Euch verlangte, daß er in seine ganze Gewalt wiedereingesetzt werde?«

Die Frage war um so peinlicher, als sie direct kam; doch es gibt Augenblicke der Unverschämtheit, wo nichts die reactionären Parteien in Verlegenheit bringt.

Desmeuniers nahm die Apostrophe aus und schien, zum Nachtheil des Königs, die Sache der Nationalversammlung zu vertheidigen.

»Die Nationalversammlung,« spricht der Redner, »ist ein allmächtiger Körper, und in seiner Allmacht hat er wohl das Recht, die königliche Gewalt zu suspendiren und diese Suspension zu behaupten, bis zu dem Augenblick, wo die Constitution vollendet sein wird.

So würde also der König, der nicht geflohen, sondern entführt worden war, nur für den Augenblick, und weil die Constitution noch nicht vollendet, suspendirt werden; sobald aber die Constitution vollendet, würde er mit vollem Rechte in die Ausübung seiner königlichen Functionen wieder eintreten.

»Endlich,« rief der Redner, »da man von mir verlangt,« – Niemand verlangte es von ihm, – da man von mir verlangt, daß ich meine Erklärung als Decret abfasse, so ist Folgendes der Entwurf, den ich vorschlage:

»1. Die Suspension wird dauern, bis der König die Constitution annimmt.

»2. Nähme er sie nicht an, so würde ihn die Nationalversammlung für entsetzt erklären.«

»Oh! seid unbesorgt.« rief Gregoire von seinem Platze aus, »er wird nicht nur annehmen, sondern auch Alles, was Ihr wollt, beschwören!

Und er hatte Recht, wenn er nicht etwa hätte sagen sollen: er wird Alles, was Ihr wollt, beschwören und annehmen.

Die Nationalversammlung war vielleicht nahe daran, den Entwurf von Desmeuniers gleichsam im Fluge zu ergreifen; Robespierre schlenderte aber auch von seinem Platze aus das Wort hin:

»Nehmt Euch in Acht! ein solches Decret beschließt zum Voraus, daß der König nicht gerichtet werden könne!«

Man war auf der That ertappt und wagte es nicht, abzustimmen. Ein Geräusch, das man vor der Thüre hörte, entzog die Nationalversammlung ihrer Verlegenheit.

Es war eine Deputation der brüderlichen Gesellschaft der Minimes, welche die von Danton eingegebene, von Tallien abgefaßte und »das Volk« unterzeichnete Proclamation brachte.

Die Nationalversammlung rächte sich an den Petitionären; sie weigerte sich, ihre Adresse zu hören.

Da erhob sich Barnave und sprach:

»Sie mag heute nicht gelesen werden, doch morgen höret sie, und laßt nicht eine erkünstelte Meinung Einfluß auf Euch üben  . . .  Das Gesetz braucht nur sein Signal auszupflanzen, und man wird alle gute Bürger sich um dasselbe sammeln sehen.«

Leser, behalte wohl diese paar Worte, lies sie wieder, diese sieben Worte, denke nach über den Satz: Das Gesetz braucht nur sein Signal aufzupflanzen! Die Phrase ist am 14. ausgesprochen worden; die Metzelei des 17. liegt in dieser Phrase!

Man begnügte sich nicht mehr damit, daß man dem Volke die Allmacht escamotirte, deren Herr es wieder durch die Flucht seines Königs oder, besser gesagt, durch den Verrath seines Mandatars geworden zu sein glaubte, man gab öffentlich diese Allmacht Ludwig XVI. zurück, und wenn das Volk reclamirte, wenn das Volk Petitionen machte, so war es nur eine erkünstelte Meinung, mit der die Nationalversammlung, dieser andere Mandatar des Volks, indem sie ihr Signal aufpflanzte, wohl fertig werden würde.

Was bedeuteten die Worte: Das Signal des Gesetzes aufpflanzen?

»Das Kriegsgesetz verkündigen und die rothe Fahne aufstecken.«

Am andern Tag, am 15., das ist der entscheidende Tag, bietet die Nationalversammlung in der That einen furchtbaren Anblick; Niemand bedroht sie, doch sie will das Ansehen haben, als würde sie bedroht. Sie ruft Lafayette zu Hilfe, und Lafayette, der immer am wahren Volke vorbeigegangen ist, ohne es zu sehen, Lafayette schickt der Versammlung fünftausend Mann Nationalgarde, unter welche er, um scheinbar das Volk zu betheiligen, tausend Pieken vom Faubourg Saint Antoine zu mischen besorgt ist.

Die Flinten, das war die Aristokratie der Nationalgarde; die Pieken, das war ihr Proletariat.

Wie Barnave überzeugt, sie brauche nur das Signal des Gesetzes aufzupflanzen, damit sie, nicht das Volk, sondern Lafayette, den Commandanten der Nationalgarde, sondern Bailly, den Maire von Paris, mit sich verbinde, war die Nationalversammlung entschlossen, eine Ende zu machen.

Obgleich erst zwei Jahre vorher geboren, war die Nationalversammlung doch schon schlau wie eine Versammlung von 1829 oder von 1846: sie wußte, daß es sich nur darum handelte, Mitglieder und Zuhörer durch untergeordnete Discussionen zu ermüden und die Hauptfrage auf das Ende zu verschieben, um diese Frage im Sturme zu entscheiden, Sie verlor eine Hälfte der Sitzung damit, daß sie die Lesung eines militärischen Berichts über die Angelegenheiten des Departement anhörte; dann ließ sie gefällig drei bis vier Mitglieder sprechen, welche mitten unter Privatconversationen zu reden pflegten; an den Kränzen der Discussion angelangt, schwieg sie endlich, um zwei Reden, eine von Salles, eine von Barnave, zu hören.

Zwei Advocatenreden, welche die Nationalversammlung so gut überzeugten, daß sie, nachdem Lafayette den Schluß verlangt hatte, mit aller Ruhe abstimmte.

Und, in der Thal, an diesem Tage hatte die Nationalversammlung nichts zu befürchten: sie hatte die Tribunen gemacht; man lasse uns diesen rothwälschen Ausdruck hingehen, wir wenden ihn als den bezeichnendsten an: die Tuilerien waren geschlossen; die Polizei war zu den Befehlen des Präsidenten; Lafayette saß mitten in, der Kammer, um den Schluß zu verlangen; Bailly stationirte aus dem Platze an der Spitze des Municipalraths und ganz bereit, seine Aufforderungen ergehen zu lassen. Ueberall bot die öffentliche Gewalt unter den Waffen dem Volke den Kampf an.

Das Volk, das nicht zu kämpfen im Stande war, verließ sich auch die Bajonnete und die Pieken entlang und zog nach seinem Aventinus Mons, das heißt, nach dem Marsfelde.

Und bemerkt wohl, es ging nicht nach dem Marsfelde, um sich zu empören; nein, es ging nach dem Marsfelde, weil es sicher war, dort den Altar des Vaterlands wiederzufinden, welchen man seit dem 14. zu zerstören noch nicht Zeit gehabt hatte, so geschwinde sonst die Regierungen die Altäre des Vaterlands zu zerstören pflegen.

Das Volk wollte hier eine Protestation abfassen und diese Protestation der Nationalversammlung überschicken.

Während die Menge ihre Protestation abfaßte, votirte die Nationalversammlung:

1. Die Präventivmaßregel:

»Wenn der König seinen Schwur widerruft, wenn er sein Volk angreift oder es nicht vertheidigt, so dankt er ab, wird einfacher Bürger, und kann wegen der nach seiner Abdankung von ihm begangenen Verbrechen angeklagt werden.«

2. Die Repressivmaßregel:

»Es sollen gerichtlich verfolgt werden: Bouillé als Hauptschuldiger, und als secundäre Schuldige alle Personen, welche an der Entführung des Königs Theil genommen haben.

In dem Augenblick, wo die Nationalversammlung votirt hatte, hatte die Menge ihre Protestation abgefaßt und unterzeichnet; sie kam zurück, um sie der Versammlung zu überreichen, welche sie besser als je bewacht fand. Alle Gewalten waren an diesem Tage militärisch: der Präsident der Nationalversammlung war Charles Lameth, ein junger Oberst, der Commandant der Nationalgarde war Lafayette, ein junger General; Jeder, bis aus unsern würdigen Astronomen Bailly, der auf seinen nachdenkenden Kopf den municipalen Dreispitz gesetzt und um seinen Gelehrtenrock die dreifarbige Schärpe gebunden, hatte ein gewisses kriegerisches Aussehen; so daß ihn Madame Bailly, wenn sie ihn so sah, für Lafayette hätte halten können, wie sie zuweilen, der Sage nach, Lafayette für ihn hielt.

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