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Der Secretair der Marquise Du-Deffand

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Es macht mir kein Vergnügen, Ihnen alle Vorfälle meines Pensions -Lebens zu erzählen. Sie sind wenig interessant, mit Ausnahme eines einzigen, den ich Ihnen morgen erzählen werde, nicht etwa, weil er meine Person betrifft, oder vielleicht aus eben diesem Grunde. Es ist das erste Auftreten einer Person, von der ich später zu reden haben werde, und zwar in andern Ausdrücken. Dies beweist uns wieder einmal, daß man an den Anordnungen Gottes nichts ändern muß, denn wir können nicht so gut handeln, als er.

Meine Schwester Engel-Marie hatte in ihrer Zelle ein Jesuskind von Wachs, umgeben von einer Blumenfolie und spanisch gekleidet, ein niedliches Ding nach der alten Mode.

Eine meiner Genossinnen und ich, wir hatten entdeckt, daß dieses Bild, vor dem die Schwester, und nicht minder die übrigen Nonnen, eine lebhafte Verehrung zeigte, nichts als eine Puppe war, welche die Königin Anna von Oesterreich vorstellte, als sie Ludwig XIII. zu heirathen im Begriffe stand.

Man hatte sie geschickt, um einen Begriff von diesen spanischen Kleidern zu geben, und um zu wissen, ob man sie für die Damen bei der Heirath des Königs adoptiren sollte.

Dieses Bild war von einem Manne in Sevilla gefertigt, der ein besonderes Glück in solchen Arbeiten hatte. Der Kardinal Richelieu hatte es einer seiner Verwandten, einer Priorin des Klosters von Traisnel geschenkt, und diese hatte auf der Stelle ein Christkind daraus gemacht, indem sie der Puppe ein Kreuz in die Hand gab.

Diese Geschichte war auf ein altes, vergilbtes Blatt Papier geschrieben, das wir sorgfältig verborgen in der Muschelgrotte fanden, in der das Christkind aufgestellt war. Die kleinen Mädchen durchstöberten jeden Winkel.

Wir machten nun unsern Fund bekannt, ohne uns um die verletzten Gläubigen weiter zu kümmern. Man zankte uns aus, und man hatte Unrecht, denn wir konnten noch nicht schlecht handeln.

Ich erzähle diesen Vorfall, weil er einen großen Einfluß auf die übrige Zeit meines Aufenthaltes im Kloster ausübte, selbst auf die übrige Zeit meines Lebens. Gebe Gott, daß dieser Einfluß nicht sehr groß auf mein ewiges Heil sein möge. Dies werde ich wahrscheinlich bald erfahren.

Drittes Kapitel

Die Liebe, von der ich bis dahin keine Ahnung gehabt, sollte bald in den heiligen Mauern eine Rolle spielen, damit ich sie in ihrer ganzen Gewalt und Romantik kennen lernte. Zwei Fräuleins von Roquelaure wurden dem Kloster übergeben. Die eine war um vier bis fünf Jahre älter als ich, die andere stand mit mir in gleichem Alter. Ich muß bekennen, daß die Schönheit der älteren, und vorzüglich ihre Lebendigkeit, die oft an Trotz und Uebermuth grenzte, mich mit einer gewissen Achtung und dem Wunsche erfüllte, eine Freundin der Roquelaure zu werden. Diese aber hielt sich stets allein und zeigte durchaus keine Neigung, in ein näheres Freundschaftsverhältniß mit irgend einer ihrer Genossinnen zu treten.

Anfangs hielt ich die junge Dame für stolz, da sie der mächtigen und reichen Familie Roquelaure angehörte, später aber entdeckte ich (sie war nämlich ein Gegenstand meiner besonderen Aufmerksamkeit geworden), daß ein Geheimniß der Grund ihrer Absonderung war.

Beide Schwestern hatten ihre Gouvernanten mit in das Kloster gebracht, zwei bejahrte Frauen mit strengen Gesichtern, die ihren Zöglingen wie Schatten überall folgten. Man sah sie in der Kapelle, in dem Klostergarten während der Spaziergänge und in dem Sprechzimmer, wo sie mit wahren Argusblicken die Mädchen überwachten.

Jeder Anderen entging diese Art specielle Polizei, da sie von den Gouvernanten mit großer Vorsicht ausgeübt wurde, man erkannte in ihnen nur die sorgsamsten und aufmerksamsten Dienerinnen, die selbst von der Superiorin gelitten wurden. Mir aber war dieses Verhältniß der Roquelaure, für die selbst die Clausur nicht streng genug zu sein schien, ein Gegenstand des Forschens geworden.

Nicht selten erschien eine glänzende Karosse, um die beiden Fräuleins abzuholen. Unter Begleitung der Gouvernanten stiegen sie in den Wagen, der wiederum in der Begleitung von drei bis vier glänzenden Dienern davonfuhr. Ebenso kehrten die Pensionärinnen nach fünf oder sechs Stunden zurück.

– Wohin fahren diese jungen Mädchen? fragte ich mich. Was kann der Zweck ihres Aufenthaltes in dem Kloster sein, wenn sie durch diese häufigen Besuche stets zu der Welt in Beziehung bleiben? Und warum isoliren sie sich von ihren Mitschülerinnen?

Man erinnert sich, daß ich nicht aus Neigung in das Kloster gegangen war, sondern nur um dem Befehle meines Vaters zu gehorchen. Der Gedanke war daher sehr natürlich, daß die beiden Fräuleins von Roquelaure ein gleiches Schicksal haben könnten. Dies war abermals ein Umstand, der meine Neugierde reizte, und zwar um so mehr, als es mir in den Sinn kam, dasselbe zu thun, was sie thun würden, um sich der ihnen gewaltsam aufgedrängten Bestimmung zu entziehen.

Ein Zufall setzte mich von dem Ziele ihrer Besuche in Kenntniß. Ich befand mich bei der Superiorin, die nicht nachließ, mir ihre besondere Aufmerksamkeit zu schenken; es schien, als ob die gute Frau den Entschluß nach und nach in mir feststellen wollte, das fromme Klosterleben zu meinem Berufe zu wählen. Sie kannte ohne Zweifel die Absicht meines Vaters, aber auch meine Abneigung, dieser Absicht zu entsprechen. Ich ward demnach oft zu frommen Gesprächen in ihr Zimmer geladen.

Bei einer solchen Gelegenheit also wurden unsere Betrachtungen durch den Eintritt des Fräuleins von Roquelaure, dem älteren nämlich, unterbrochen.

Die Superiorin empfing sie mit großer Güte und Milde.

Das stolze Fräulein von Roquelaure verneigte sich und küßte ihr ehrfurchtsvoll die Hand.

– Was bringen Sie mir, mein liebes Kind? fragte die Superiorin.

– Einen Brief von Frau von La Vieuville. Hier ist er.

– Wer brachte ihn? fragte zwar die Superiorin sehr freundlich, und weder der Ton ihrer Stimme noch irgend ein Gesichtsausdruck verrieth einen Argwohn; mir aber, die ich scharf beobachtete, entging es nicht, daß in der Frage selbst eine Art Inquisition lag, zu der die würdige Klosterfrau Auftrag erhalten haben mußte.

Auf Fräulein von Roquelaure brachte diese Frage nicht den geringsten Eindruck hervor. Als ob sie ganz natürlich wäre, antwortete sie:

– Ein Diener der Freundin meiner Mutter, der Frau von La Vieuville.

Die Superiorin war zufrieden.

Sie öffnete und las den Brief. Dann sagte sie:

– Frau von La Vieuville sucht um die Erlaubniß für Sie nach, diesen Mittag bei ihr zu speisen, da eine Verwandte Ihrer Mutter gegenwärtig in Paris ist. Ich habe keinen Grund, Ihnen diese Erlaubniß zu verweigern. Theilen Sie es Ihrer Schwester mit.

– Meine Schwester zieht es vor, bei der Prozession zu bleiben, die heute stattfinden soll.

– Ihre Schwester ist ein gutes, frommes Kind!

– Ich würde ihrem Beispiele folgen, wenn ich in dieser Einladung nicht einen Befehl meiner Mutter erblickte. Frau La Vieuville vertritt ihre Stelle in Paris.

– Darum folgen Sie der Einladung. Ich erwarte Sie um die gewohnte Zeit zurück.

– Ich kenne meine Pflicht! sagte Fräulein von Roquelaure, indem sie ehrfurchtsvoll die Hand der Superiorin küßte.

Dann entfernte sie sich.

Ich war erstaunt über das demüthige Betragen des jungen Mädchens, das sich sonst so stolz zeigte. Mein mir angeborner Scharfsinn, vielleicht auch ein Instinkt, über den ich damals nicht recht im Klaren war, sagte mir, die Roquelaure ist eine sehr kluge Person, sie verfolgt durch ihre scheinbare Demuth einen wichtigen Plan.

Diese Scene brachte die Wirkung auf mich hervor, daß ich vor dem Fräulein eine gewisse Ehrfurcht hegte, denn es erschien mir wie das unschuldige Opfer irgend einer Intrigue. Dadurch gewann die ganze Sache an Romantik, die meine leicht entzündbare Phantasie bis zu den äußersten Grenzen trieb. Ich bedauerte, daß ich dem armen schönen Kinde nicht nützlich sein konnte.

Kurz vor der Mittagstafel traf ich die jüngere Roquelaure in der großen, düstern Kastanienallee des Klostergartens. Die Gouvernante, die sie stets begleitete, saß auf einer Steinbank und war eingeschlafen. Die ihrer Aufsicht Anvertraute ging auf und ab und las in einem Buche.

Als ich mich ihr näherte, grüßte sie mit einem Lächeln, das deutlich ihre Neigung verrieth, mit mir Bekanntschaft zu machen. Nichts kam mir erwünschter, und ich beschloß, die Gelegenheit zu benutzen und meinen längst gehegten Wunsch zu befriedigen. Ein Gespräch war bald angeknüpft. Es bewegte sich zunächst um die Prozession, die zur Vesperzeit aus der Kapelle durch die weiten Gänge des Gartens stattfinden sollte. Die Vorbereitungen dazu waren schon getroffen.

– In dem Garten findet die Prozession statt? fragte verwundert die Roquelaure, ein allerliebstes rothwangiges Mädchen.

– Wo anders? entgegnete ich. Wir dürfen die Mauern unter keiner Bedingung überschreiten. Selbst unsere Andachtsübungen bleiben den Augen der Welt verborgen. Die Altäre, bei denen die Prozession Halt macht, sind an den verborgensten Orten des Gartens errichtet.

– Ich habe noch keiner Prozession beigewohnt.

– Sie ist höchst poetisch, vorzüglich unter dem stillen, majestätischen Blätterdome dieser Kastanien.

Die Roquelaure sah mich verwundert an.

– Mir ist eine Prozession feierlicher, als ein Gottesdienst in der Kirche, fuhr ich fort. In der stillen Abgeschiedenheit liegt für mich ein Reiz, den ich nicht beschreiben kann. Sie sollen die mit Kränzen geschmückten Steinaltäre sehen – überhangen von schweren Zweigen – —

– Wo sind diese Altäre?

– Ich will sie Ihnen zeigen. Folgen Sie mir!

– Aber Meine Gouvernante —

Wir sahen nach der guten Frau zurück. Ihr Kopf war auf die Lehne der Bank gesunken, sie lag in einem festen Schlafe.

– Ich möchte sie nicht gern wecken, sagte die Roquelaure, denn sie klagt über heftigen Kopfschmerz.

 

– Nun, meinte ich, so lassen wir sie bis zu unserer Rückkehr schlafen. Ich denke, fügte ich hinzu, daß wir einen Weg unternehmen, den wir später vollkommen rechtfertigen können.

Meine neue Freundin lächelte mir Beifall zu.

– Ich glaube es! flüsterte sie.

– Wollen wir gehen?

– Ja!

– So folgen Sie mir.

– Aber wir kehren rasch zurück.

– Ehe die Gouvernante erwacht, sagte ich mit einem leichten Anfluge von Ironie.

Hand in Hand gingen wir nun rasch durch die schattigen Alleen. Ich führte meine Begleiterin zu einem Altare, der in dem entferntesten Theile des Gartens dicht an der hohen Klostermauer stand. Dieser Altar hatte für mich in der That etwas Ehrwürdiges, denn er war mit Moos bewachsen und lag in einem dämmernden Haine. Das Madonnenbild in der Nische desselben hatte man mit Bändern, Flittergold und Kränzen geschmückt. Zur Seite rieselte eine Quelle, deren melancholisches Murmeln den stillen, schattigen Hain mit einem steten Geräusche erfüllte. Als wir uns näherten, sang eine Nachtigall in den Wipfeln der hohen Bäume, die schweigend wie ein majestätisches Dach sich über uns wölbten. Der Boden war mit frischen Blumen bestreut, die einen lieblichen Duft verbreiteten. Außer uns zeigte sich nirgends ein menschliches Wesen. Am Fuße des Altars blieben wir stehen. Ich muß bekennen, daß ich das Erstaunen theilte, das sich meiner Begleiterin bemächtigte.

– Von diesem Altare herab, flüsterte ich, ertheilt der Priester den Segen. Dann beginnt der Gesang, der hier wie in den Hallen einer Kirche klingt.

– Was ist das? fragte Plötzlich die Roquelaure.

Wir lauschten. Ein Geräusch ließ sich vernehmen, das auf der Mauer über dem Altare verursacht wurde. Meine Begleiterin, sichtlich erschreckt, wollte entfliehen; ich hielt sie bei der Hand zurück. Was konnte uns in dem Klostergarten begegnen? Mein Muth wuchs mit der Neugierde, die sich meiner bemächtigte. Da die Baumzweige dicht auf der Mauer lagen, konnten wir den Gegenstand nicht sehen, von dem das Rauschen ausging. Soviel aber ließ sich unterscheiden, daß er sich auf dem Rande hin und her bewegte, denn es fielen Steine und Erdbrocken an verschiedenen Stellen herab. Anfangs war ich der Meinung, ein Thier machte dort oben, in einer fast schwindelnden Höhe, seine Sprünge, aber schon nach einer Minute ward ich eines Besseren belehrt, denn ich sah die Beine eines Mannes, welche hervorragende Steine zu Stützpunkten suchten.

– Die Strickleiter, Jean! rief eine Stimme.

Es ward eine Strickleiter herabgelassen.

– Hast Du sie befestigt? hörte ich fragen.

– Ja, Sie können sich ihrer ohne Furcht bedienen, mein Prinz.

– Gut, so bleibe oben!

– Suchen Sie den Altar zu erreichen! rief die Stimme aus den Zweigen herab. Ich irre nicht, er muß sich an dieser Stelle der Mauer befinden!

Das Wort »Prinz« durchzuckte mich wie ein elektrischer Schlag. Ein Prinz stieg mit Gefahr seines Lebens über die hohe Klostermauer! Was konnte ihn dazu veranlassen? Ich sah fragend meine Begleiterin an. Ihre Gesichtsfarbe hatte sich verändert, sie war glühend roth geworden. Konnte ich noch zweifeln, daß der Besuch ihr galt? Aber sie war noch so jung, und hatte schon eine geheime Liebschaft! Ich suchte sie durch einen freundlichen Händedruck zu beruhigen, denn sie zitterte am ganzen Körper und war unvermögend, einen Schritt zu thun. Aber auch ich zitterte vor Freude über dieses Abenteuer, denn es war das erste, das mir begegnete. Was hätte ich darum gegeben, wenn ein junger hübscher Prinz meinetwegen die gefährliche Reise über die Mauer gemacht hätte. Seine Liebe mußte wahrlich keine geringe sein. Bei diesen Gedanken empfand ich etwas, das dem Neide ähnlich war. Sie sehen, daß ich meine Schwächen nicht verberge, daß ich sie vielmehr frei eingestehe.

– Wollen wir uns entfernen? fragte ich ein wenig boshaft.

– Nein, nein! flüsterte sie.

– Kennen Sie den kühnen Mann?

– Ja.

– Wer ist er denn?

– Der Prinz von Leon.

Ich erinnerte mich, von seiner Familie gehört zu haben. In dem Augenblicke, als ich eine Frage an meine neue Freundin, die durch diesen Besuch meine Vertraute geworden war, richten wollte, sank der Prinz mit Blitzesschnelle auf den Altar herab. Ich glaubte, er müßte den Hals brechen, und stieß einen lauten Schreckensschrei aus. Meine Freundin fiel zitternd zu Boden. Unser Schrecken war vergebens gewesen, denn der Prinz stand wohlerhalten auf der mit einem weißen Tuche bedeckten Platte des Altars. Als er uns erblickte, sprang er herab und lief zu uns.

– Wo ist Ihre Schwester. Cecile? rief er aus.

Cecile konnte nicht gleich antworten, denn der Schrecken hatte ihr fast die Besinnung geraubt.

– Sie ist bei Frau von La Vieuville, gab ich statt ihrer zur Antwort.

Jetzt erzitterte der verwegene Prinz.

– Bei Frau von La Vieuville? fragte er bestürzt.

– Ja. Vor einer halben Stunde ist sie zu ihr gefahren.

– Mein Gott! Das trifft sich schlecht. Und wann wird sie zurückkehren?

– Gegen Abend, antwortete Cecile, die sich wieder erholt hatte.

Ich begriff, daß der Besuch der älteren Roquelaure galt. Der Prinz war ein schöner junger Mann von einigen zwanzig Jahren, und seine Liebe zu dem jungen Mädchen schien mir vollkommen gerechtfertigt,

– Haben Sie Schaden gelitten? fragte Cecile den Prinzen, der rath- und trostlos vor uns stand.

– Nein, Cecile! Der dumme Teufel hatte die Strickleiter nicht genug befestigt. Ach, das ist nichts, das macht mir wenig Kummer – aber wie fange ich es an, daß ich Ihre Schwester spreche? Ich muß sie sprechen!

Diese Worte rief der Prinz im Ausdrucke der Verzweiflung. Er schien meine Anwesenheit, obgleich ich mit ihm schon gesprochen hatte, entweder nicht zu bemerken, oder nicht zu fürchten.

– Bedenken Sie, wo Sie sind! sagte ängstlich Cecile.

– Legen Sie sich keinen Zwang an, mein Herr! warf ich rasch ein. Sie haben nichts von mir zu fürchten, vielmehr Alles zu hoffen. Kann ich Ihnen nützlich sein, so zählen Sie auf mich.

Cecile drückte mir dankbar die Hand.

– Sind wir hier vor Ueberraschung sicher? fragte der Prinz.

– Wenn die Gouvernante nicht erwacht und uns aufsucht, ja!

– Die Gouvernante! rief Cecile erschreckt. Sie darf uns nicht sehen.

– Gut, so weichen wir ihr aus. Folgen Sie mir! Ich führte den Prinzen und meine Freundin in ein dichtes Bosket, von dem ich wußte, daß es wenig betreten ward, da es in dem dunkelsten Winkel des Gartens lag. Hier angekommen, wollte ich mich entfernen; Cecile bat mich, zu bleiben.

– Nachdem Sie so viel wissen, meinte sie, können Sie Alles erfahren. Auf Ihre Verschwiegenheit glaube ich rechnen zu dürfen.

Ich wiederholte, daß man in jeder Beziehung auf mich zählen könne.

– Ach, Cecile, sagte der Prinz im Ausdrucke des höchsten Schmerzes, antworten Sie mir offen auf meine Fragen, ich beschwöre Sie, verhehlen Sie mir nichts, denn das Glück meines Lebens hängt davon ab. Man sagte mir, Ihre Schwester selbst hätte den Entschluß gefaßt, in daß Kloster zu gehen, sie sei nicht davon abzubringen gewesen, ihr Leben der Kirche zu weihen. Ich kann es nicht glauben, da ich weiß, daß sie mich aufrichtig liebt. Ist wirklich eine Veränderung mit ihr vorgegangen?

– Nein, Prinz, sagte das junge Mädchen eifrig, meine Schwester liebt Sie noch, und erst diesen Morgen noch hat sie mir zugeschworen, daß sie Ihnen treu bleiben würde, es möge kosten, was es wolle. Man hat sie zu dem Klosterleben gezwungen, das ihr in tiefster Seele zuwider ist.

– Wie abscheulich!

– Meine arme Schwester leidet viel. Unsere Verwandte tragen die Schuld daran.

– Aber sie haben es bewirkt, daß wir uns kennen lernen mußten. Der Plan unserer Verbindung ist ja ein Werk Ihrer Verwandten.'

– Aber sie haben diesen Plan geändert.

– Aus welchem Grunde?

– Aus Geiz. Ihre Verwandte, Prinz, haben eine bedeutende Mitgift gefordert.

– Ich will nichts, nichts, ich will das Mädchen, das ich liebe!

– Der Bruch zwischen Ihrer und unserer Familie ist ein vollständiger, das frühere Verhältniß wird kaum wieder herzustellen sein.

– Und darunter sollen wir leiden? Cecile, Ihre Schwester liebt mich noch? rief der Prinz.

– Ich kann versichern, mehr als je. Unsere Besuche bei Frau von La Vieuville, der intimen Freundin unserer Mutter, haben keinen anderen Zweck, als meine arme Schwester von der Liebe zu Ihnen zurückzubringen. Man läßt uns von Gouvernanten streng bewachen, und diese müssen an Frau von La Vieuville Bericht erstatten. Nur wenn der Wagen dieser Frau uns abholt, und wenn sie die Superiorin in einem Briefe darum ersucht hat, dürfen wir das Kloster verlassen. Man behandelt uns wie Gefangene.

Der Prinz hatte einen Augenblick nachgedacht,

– Ich werde diesen Plan vereiteln! sagte er dann entschlossen. Geben Sie mir Gelegenheit, daß ich meine Braut sprechen kann.

Das junge Mädchen sah mich fragend an.

– Können Sie morgen denselben Weg machen, den Sie heute gemacht haben? fragte ich den jungen Mann.

– Und wenn die Mauer bis in die Wolken reichte! rief er aus.

– So ist es leicht, Ihrem Wunsche zu genügen. Morgen ist ein Fast- und Bettag, die Nonnen werden sich in ihren Zellen aufhalten. Wenn Sie um Mittag in diesem Bosket sind, kann Fräulein von Roquelaure ihre Schwester zu Ihnen führen.

– Und Sie begleiten uns! sagte Cecile.

Nachdem wir unsere Verabredungen getroffen, entfernte sich der Prinz. Wir sahen ihn mit bewunderungswürdiger Geschicklichkeit die Mauer ersteigen, wobei ihm der alte Steinaltar gute Dienste leistete. Nun eilten wir nach der Bank zurück. Die Gouvernante schlief noch so fest, daß wir sie wecken mußten. Denselben Abend, auf einer Promenade durch den Garten, lernte ich Cecile's Schwester näher kennen. Sie begrüßte mich, obgleich sie älter war als ich, mit großer Herzlichkeit und nannte mich ihre Freundin. Ich mußte feierlich ein tiefes Schweigen geloben. Die ganze Nacht träumte mir von Liebesscenen und Entführung.

Viertes Kapitel

Am nächsten Tage fanden wir uns um die verabredete Stunde in dem Bosket ein. Der Prinz wartete bereits. Kaum bemerkte er uns, als er sich auf die Kniee warf und Thränen vergoß, indem er seine Blicke und seine Hände zum Himmel emporhob.

– Mademoiselle! Mademoiselle! rief er aus.

– Ach, mein Prinz! entgegnete die Roquelaure, indem sie ihre Augen mit der Hand bedeckte, wie eine Iphigenia auf Aulis.

– So kann es nicht gehen; man wird uns nicht trennen, und wir werden nicht das Opfer unserer Verwandten und ihres Geizes werden.

– Sie werden davon zurückkommen, warf ich ein.

– Nein, Mademoiselle, nein, sie werden nicht davon zurückkommen. Sie kennen sie wenig. Sie werden Fräulein von Roquelaure im Kloster vergehen lassen – und ich werde darüber sterben, das ist sicher!

– Und doch sind sie es, die diese Heirath erdacht haben; sie haben es bewirkt, daß wir uns kennen und lieben gelernt. Erst fanden sie unsere Verbindung passend, und nun zerreißen sie sie. Ach, mein Gott, was soll daraus werden?

– Mademoiselle, lassen wir uns nicht betrügen.

– Mein Herr, was rathen Sie mir?

– Mademoiselle, es bleibt uns nur eins zu thun.

– Aber was, mein Prinz? Ich verstehe Sie nicht, ich will Sie nicht verstehen.

Sie stützte sich auf meine Schulter, indem sie vermied, ihren Alcindor anzusehen, dessen Auge der Zorn weit aufgerissen hatte, was nicht eben verführerisch aussah.

– Mademoiselle, ich kann Ihnen nicht genug wiederholen: es bleibt uns nur ein Ausweg, ein einziger. Haben Sie den Muth, ihn zu betreten, und es geht Alles gut. Erlauben Sie mir, Sie von hier zu entführen, Sie mit mir zu nehmen und Sie zum Altare zu geleiten.

Sie stieß einen Schrei aus und verbarg ihren Kopf mehr als je hinter meinem Rücken.

Ich bemerkte indeß, daß sie nicht mehr weinte, und daß sie aufmerksam zuhörte.

– Ja, fuhr er fort, wir werden uns verheirathen, und so aufgebracht sie auch sein mögen, sie werden sich besänftigen. Ja, wir werden so fest verbunden sein, daß man uns nicht trennen kann, und so machen wir uns unabhängig von ihren Launen.

– Mein Herr!

– Mademoiselle, ich beschwöre Sie, lassen Sie sich erweichen!

Der Form wegen ließ sie sich lange bitten; endlich entriß er ihr die Einwilligung, die zu ertheilen sie sicherlich vor Begierde brannte.

Es handelte sich nun darum, wie man am zweckmäßigsten zu Werke ginge.

Er forderte drei Tage um Alles vorzubereiten, und schwor ihr, daß sie dann für das ganze Leben glücklich sein würden.

Man ließ auch mich schwören, daß ich schweigen wolle. Wir schworen Alle. Ich glaube, daß sie mich wer weiß wohin gewünscht hätten; aber sie bedurften einer dritten Person, und ich erschreckte sie weniger als die Gouvernante.

 

Dies war das letzte Mal, und ich habe nie erfahren, auf welche Weise sie in der Folge ihre Correspondence unterhalten.

Von diesem Augenblicke an forderte man von mir nichts mehr, als zu schweigen, und ich schwieg getreulich. Dies war nöthig,

Wie man weiß, gingen die Fräulein von Roquelaure nur aus, um Frau von La Vieuville zu besuchen, die vertraute Freundin der Herzogin von Roquelaure. Mochten sie zusammen oder getrennt gehen, ihre Gouvernanten begleiteten sie. Herr de Leon war davon unterrichtet.

Er ließ eine Karosse von derselben Form und mit derselben Ausschmückung anfertigen, als die der Frau von La Vieuville; er kleidete drei Lakaien in ihre Livree, machte einen Brief dieser Freundin nach, den er mit ihrem Wappen siegelte, und schickte diese ganze Equipage an einem schönen Maimorgen nach dem Kloster, wo sie nach Fräulein von Roquelaure der ältern fragen sollte. Diese war genau unterrichtet, sie trug den Brief zu der Superiorin, und erhielt ohne Schwierigkeit die gewöhnliche Erlaubniß.

Ich sah meine Genossin fortgehen, und dabei fand ich in ihr so etwas von einem Eroberer, das mich in Erstaunen setzte; ich konnte es mir damals nicht erklären, aber ich begriff es nachher.

Fräulein und Gouvernante stiegen in die Karosse, die an der Biegung der ersten Straße hielt.

Der Prinz von Leon wartete. Er ließ den Schlag öffnen, und sprang zu seiner Schönen, die sich beeilte ihm Platz zu machen, wahrend die Gouvernante verblüfft sitzen blieb.

Der Kutscher schwang die Peitsche. Man fuhr ab, und Madame Paulier, die Gouvernante, begann aus Leibeskräften zu schreien. Der Liebhaber ließ sich dadurch nicht aus der Fassung bringen, er bemächtigte sich ihrer Hände, und mit Hilfe der Schülerin steckte er der Schreienden ein Schnupftuch in den Mund. Fräulein Roquelaure suchte ihr in dieser Zeit begreiflich zu machen, daß es in ihrem Interesse sei, ihnen zu dienen.

Sie reisten direct nach Brüyères, dem Landhause des Herzogs von Lorges, unweit Mesnilmontant. Der Herzog und der Graf von Rieux, beide intime Freunde des Prinzen von Leon, erwarteten sie hier.

Man hatte einen bretanischen abgesetzten Priester, ein sehr schlechtes Subject, herbeigeholt, der sie, obgleich er dies war, in Gegenwart der beiden großen Herren nicht weniger verheirathete. Nach der Trauung führte man sie in ein Zimmer, wo das Bett und die Toilette vorbereitet waren. Man ließ die Vermählten zwei oder drei Stunden allein, dann setzte man sich zu Tische, und nahm fröhlich ein Mal ein, ausgenommen die Gouvernante, deren Augen nicht trocken wurden, und die sich verloren sah.

Die Braut war die fröhlichste Person von der Welt. Sie sang, sprach tolles Zeug, pries begeistert ihr Glück, schwor, daß sie sich jetzt, wo sie eine Fürstin von Leon sei, nicht mehr leiten lassen wolle, und daß sie es denen schon begreiflich machen würde, die daran zweifelten

Dann bestiegen sie die Karosse wieder, die sie nach dem Kloster Madeleine du Traisnel zurückbrachte.

Die Frau Fürstin ging geraden Wegs zu der Superiorin. Stolz den Kopf erhoben und gefolgt von der Gouvernante, die sich kaum noch aufrecht erhalten konnte, trat sie ein. Indem sie die Thür öffnete, sagte sie ohne Umstande:

– Madame, ich habe Ihnen mitzutheilen, daß ich verheirathet bin, und daß ich nicht mehr hierher zurückkehre.

– Jesus Maria! Was sagen Sie da? Verheiratet? Das ist unmöglich!

– Es ist gewiß! Fragen Sie nur Madame Paulier, die weint und Alles gesehen hat.

– Es ist leider nur zu wahr!

Die Gouvernante bestätigte es durch ihr Schluchzen, und die gute Frau schrie im Vereine mit der Priorin so laut, daß sie das ganze Kloster zusammenriefen – Nonnen und Pensionärinnen stimmten in das Geschrei mit ein.

Frau von Leon ging ruhig auf und ab, sie rieb sich die Hände und sah uns eine nach der andern an.

– Nun, warum schreien Sie denn? Wozu soll das führen? Ich bin verheirathet, ich weiß es, und damit abgemacht! Lassen Sie mich gehen, ich will an meine Mutter schreiben, ihr die That gestehen und sie um Verzeihung bitten, wenn sie mir nämlich verzeihen will.

Stolz und entzückt entfernte sie sich. Sie schrieb ihren Brief, während die Gouvernante an die Herzogin schrieb, und ihr die Gewaltthätigkeiten meldete, die sie hatte ertragen müssen, ihre Verzweiflung, ihre Rechtfertigung und die ganze Geschichte von der falschen Frau von La Vieuville.

Die Herzogin wollte schier vor Zorn bersten. Im ersten Augenblicke klagte sie ihre Freundin an und bereitete ihr eine schreckliche Scene, von der diese nichts verstand. Sie hatte Mühe ihr begreiflich zu machen, daß sie keinen Verrath begangen habe, und daß sie von der ganzen Sache nichts wisse.

Frau von Roquelaure war wie eine Löwin, sie wußte nicht, was sie beginnen sollte. Sie wandte ihren Zorn gegen Herrn von Leon, der sie seit dem Bruche so gut amüsirt hatte, daß er von ihr das Versprechen einer ewigen Freundschaft erhalten. Sie sah ganz einfach, daß er sich über ihre Artigkeit lustig machte, und hätte ihn mit eigenen Händen zerrissen. Was ihre Tochter anbetraf, so sollte er verhindert werden, sie zu sehen; man wußte nicht, wie weit sie in ihrem Zorne gehen würde. Die Lieder von der Brüyères konnte sie nicht verzeihen.

– Sie hat gesungen, die Unverschämte, als sie vor Scham hätte sterben müssen.

– Ah bah! antwortete ihre Tochter mit ungezwungener Miene, ich habe mich ganz allein verheirathet; hätte ich dies nicht gethan, so würde mich meine Frau Mutter Zeitlebens eine Jungfer bleiben lassen.

Herr und Frau von Rohan schrien wie enragirte Pfauen, als ob man ihnen ein blutjunges Mädchen genommen hätte. Man hat nie so viel schreien gehört, als bei dieser Angelegenheit, es war wie eine Epidemie. Die beiden Familien beklagten sich mit einander um die Wette und machten wahre Wunder von Ansuchen. Wenn die Einen Frau von Soubise hatten, so hatten die Andern Frau von Roquelaure, eine alte Erinnerung des Königs, nicht weniger gebieterisch, obgleich weniger mächtig.

Sie lief nach Marly, sprengte alle Thüren, die der Frau von Maintenon mit inbegriffen, und forderte von Ludwig XIV., indem sie sich ihm zu Füßen warf, Gerechtigkeit gegen Herrn de Leon.

Der König hob sie auf und suchte sie zu beruhigen; aber da er seinen Zweck nicht erreichen konnte, und sie beharrlich blieb, sagte er zu ihr:

– Wissen Sie, Madame, wie weit Ihre Bitte geht? Sie fordern nichts weniger als den Kopf des Prinzen von Leon.

– Ich will seinen Kopf, ich will Alles, was ich von ihm haben kann, ich will, daß er meine Tochter nicht behalte!

Der König versprach ihr endlich volle Gerechtigkeit.

Man kann ermessen, daß unsere Verliebten den Ton herabstimmten: die Furcht bemächtigte sich ihrer. Die Roquelaure vergoß unendlich viel Thränen und zitterte für ihren Gatten. Ihr Vater schrie lauter als die Herzogin, sie gingen so weit, daß sie die Schande ihrer Tochter vor die Oeffentlichkeit, und den Prinzen von Leon auf das Schaffot bringen wollten.

Der König wollte weder das Eine noch das Andere, er ließ mit ihnen unter der Hand reden. Ihre Verwandten und Freunde traten dazwischen und schlugen ein Arrangement vor. Aber die Leons wollten einen größeren Vortheil von ihrer Stellung ziehen. Sie kümmerten sich wenig um ihren Sohn, ein kleines Exil für ihn schien ihnen angenehmer, als diese Heirath; so entledigten sie sich seiner auf eine anständige Weise.

Dies führte zu unendlichen Unterhandlungen. Der König, getrieben durch Frau von Soubise, die ganz im Interesse ihres Neffen handelte, that, was er noch nie in seinem Leben gethan hatte, er trat mit seiner Autorität dazwischen, befahl, daß man sie sofort verheirathete, damit die Sache zu Ende käme. Alle Partheien mußten gehorchen.

Die Roquelaure ward nicht außer Acht gelassen, Tag und Nacht ward sie von fünf oder sechs Nonnen bewacht, damit sie nicht entfliehen konnte.

Die beiden mürrischen Familien, bereit sich eine auf die andere zu stürzen, kamen nach dem Kloster. Man las für sie die Messe, verheirathete sie, gab ihnen als eigenthümliches Vermögen fünfzehntausend Livres Renten, packte sie sorgfältig in eine Karosse, und sagte ihnen:

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