Mehrsprachige Leseförderung: Grundlagen und Konzepte

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Kapitel 2 Mehrsprachige (Lese-)texte aus der Perspektive der Fremdsprachendidaktik

Daniela Elsner

Fragen

1 Das Thema Mehrsprachigkeit im Fremdsprachenunterricht hat in den letzten Jahren zunehmend an Bedeutung gewonnen. Welche Gründe könnte es hierfür geben?

2 Zunehmend werden mehrsprachige Texte im Fremdsprachenunterricht eingesetzt. Welche Formate mehrsprachiger Texte sind Ihnen bekannt? Gelingt Ihnen eine Systematisierung dieser Texttypen?

3 Benennen Sie die drei zentralen Kompetenzbereiche des Fremdsprachenunterrichts. Welchen Mehrwert können mehrsprachige Texte zu deren Förderung Ihrer Meinung nach beitragen?

Abstract

In diesem Kapitel werden die Chancen und Grenzen des Einsatzes mehrsprachiger Texte im Fremdsprachenunterricht diskutiert. Das Kapitel befasst sich zum einen mit der Bedeutung von „Mehrsprachigkeit“ als Bildungsziel und als Bildungsvoraussetzung im Kontext des Fremdsprachenunterrichts, zum anderen werden didaktische Überlegungen zu einem mehrsprachigkeitsorientierten Unterricht angestellt. Sie erfahren, wie und zu welchem Zweck Sie mehrsprachige Texte in einem Fremdsprachenunterricht einsetzen können, der Mehrsprachigkeit als wichtiges Unterrichtsziel anerkennt. Das Kapitel schließt mit einem Einblick in die Ergebnisse verschiedener Untersuchungen zum Potenzial mehrsprachiger Lesetexte im Kontext des gesteuerten Fremdsprachenerwerbs.

Einleitung

Das Thema Mehrsprachigkeit liegt derzeit nicht nur in Elternkreisen stark im Trend. Auch in (fremd-)sprachendidaktischen Wissenschaftsdiskursen hat das Thema Umgang mit und Erziehung zur Mehrsprachigkeit sichtbar an Bedeutung gewonnen. Ein Vergleich des Handbuchs Fremdsprachenunterrichts von 2003 (Bausch/Christ/Krumm) mit dem von 2016 (Burwitz-Melzer/Mehlhorn/Riemer/Bausch/Krumm) zeigt sowohl eine qualitative als auch quantitative Erweiterung des Themas. Während in der älteren Ausgabe das Thema Mehrsprachigkeit lediglich einmal im Rahmen des Kapitels „Erwerbstypen“ abgehandelt wurde (Bausch 2003), wird Mehrsprachigkeit in der jüngsten Ausgabe nicht mehr nur als eine Form des Spracherwerbs diskutiert (Bausch 2016), sondern daneben auch die Frage nach der Integration von Herkunftssprachen im Zweit- und Fremdsprachenunterricht (Hu 2016) gestellt sowie das Potenzial einer gezielten Vernetzung von Sprachen im Rahmen eines Mehrsprachigkeitsunterrichts skizziert (Krumm/Reich 2016).

Ein diachroner Blick in die Marburger Bibliographie „Moderner Fremdsprachenunterricht“ (IFS) der letzten 10 Jahre offenbart schließlich auch eine deutliche Zunahme an Forschungspublikationen, welche sich mit der Frage beschäftigen, wie und warum monolinguale Sprachlernkonzepte überwunden oder zumindest ergänzt werden sollten.

Schließlich kann auch auf internationaler Ebene ein steigendes Interesse am Thema „Umgang mit Mehrsprachigkeit im Kontext des Zweit- und Fremdsprachenunterrichts“ verzeichnet werden, was Stephen May (2013) sowie Jean Conteh und Gabriela Meier (2014) immerhin dazu veranlasste den Multilingual Turn für den Zweit- und Fremdsprachenunterricht zu prophezeien bzw. zu propagieren.

Welche Gründe gibt es für das so offensichtlich steigende Interesse am Thema Mehrsprachigkeit seitens der Fremdsprachendidaktik? Und welche Rolle spielen mehrsprachige Texte in diesem Zusammenhang? Diese Fragen sollen im Folgenden diskutiert und theoretisch und praktisch überlegt werden, wie und ob – aus empirischer Sicht – mehrsprachige Texte einen Beitrag zur Förderung von Mehrsprachigkeit leisten können.

1. Mehrsprachigkeit und Fremdsprachenunterricht: Gründe für die wissenschaftliche Auseinandersetzung

Das Thema Mehrsprachigkeit wird von Sprachendidaktiker/innen bereits seit langem wiederkehrend diskutiert, nie jedoch war das Interesse an diesem Thema so groß wie heute. Folgende Gründe können hierfür Erklärungen liefern.

Steigende Flüchtlingszahlen

Knapp eine Million Asylanträge wurden im Jahr 2016 in Europa gestellt, etwa zwei Drittel davon entfielen auf Deutschland (https://www.welt.de). Laut Angaben des Bundesamtes für Statistik (https://www.destatis.de) sind ca. 120000 der im Jahr 2015 aufgenommenen Geflüchteten in Deutschland im schulpflichtigen Alter. Die Frage nach der bestmöglichen Förderung von Kindern mit nicht deutschem Sprachhintergrund stellt sich seit diesem Zeitpunkt verstärkt auch für den Fremdsprachenunterricht.

Anhaltende Bildungsbenachteiligung von mehrsprachigen Kindern mit Migrationshintergrund

Wenngleich das Thema Integration von Kindern mit vielsprachigem Hintergrund in Deutschland kein neues ist, wurde bislang offensichtlich noch keine ausreichende Strategie entwickelt, wie diese Lernenden, optimal gefördert werden können. So zeigt eine Statisitik des Statistischen Bundesamts von 2016, dass im Schuljahr 2014/15 30,6 % der Schüler/innen der Sekundarstufe mit nicht deutscher Herkunft eine Hauptschule besuchten (Statistisches Bundesamt 2016: 18). Wenngleich die Gesamtzahl innerhalb der letzten zehn Jahre gesunken ist (43,3 % im Schuljahr 2004/05), ist sie bedenklich vor dem Hintergrund, dass insgesamt in Deutschland nur 12 % der Schüler/innen eine Hauptschule besuchen.

Auch in der jüngsten PISA-Studie zeigt sich, dass der Abstand zwischen Schüler/innen mit und ohne Migrationshintergrund unverändert hoch bleibt, und zwar zum Nachteil der Kinder mit Migrationshintergrund (OECD 2016).

Obschon andere Vergleichsstudien, wie z.B. DESI (DESI Konsortium 2008) oder EVENING (Groot-Wilken 2009) zeigen konnten, dass die Unterschiede in den Leistungen ein- und mehrsprachiger Schüler/innen in der Fremdsprache nicht ganz so stark ausfallen wie in anderen Fächern, und mehrsprachige Kinder unter bestimmten Bedingungen, wie z.B. gute Kompetenzen in der Erst- und Zweitsprache und ein untersützendes Sozial- und Lernumfeld, sogar besonders gute Leistungen im Fremdsprachenunterricht erbringen können, stellt sich für den Fremdsprachenunterricht die Frage, wie die offensichtlich vorhandenen besonderen Sprachlernvoraussetzungen der Mehrsprachigen optimal berücksichtigt werden können. Bislang liegen hier nur sehr wenige Erkenntnisse vor (u.a. Poarch/Bialystok 2017).

Wachsende Erkenntnisse im Bereich des multiplen Spracherwerbs und zum bilingualen Unterricht

Zwar nutzen Mehrsprachige dieselben Gehirnareale wie einsprachige Menschen, allerdings zeigen computer-tomographische Aufnahmen (z.B. Franceschini 2002), dass die Sprachregionen bei multilingualen Menschen häufig anders ausgebildet sind. Das betrifft insbesondere einen Teil des Broca‘schen Sprachenzentrums in der Großhirnrinde. Dieses Areal steuert unter anderem unsere Entscheidungsprozesse. Mehrsprachige Menschen nutzen dieses Areal deutlich häufiger als Einsprachige, weil sie geübt darin sind, schnell zu entscheiden, in welcher Sprache sie sprechen müssen. Häufig fällt es Frühbilingualen – im Vergleich zu Monolingualen – deshalb bei der Aufgabenbearbeitung leichter, wichtige von unwichtigen Informationen zu trennen (vgl. Bialystok/Poarch/Luo/Craik 2014). Für den Zweit- und Fremdsprachenunterricht stellt sich die Frage, wie mit den unterschiedlichen Prädispositionen Früh- und Spätmehrsprachiger umgegangen werden kann (vgl. hierzu Poarch/Bialystok 2017).

Ein ansteigendes Forschungsinteresse lässt sich zudem auch im Bereich des bilingualen Unterrichts ausmachen, woraus sich natürlicherweise auch neue Erkenntnisse auf diesem Gebiet ergeben. Insgesamt zeigt sich, dass Schüler/innen, die an bilingualen Unterrichtsmaßnahmen teilnehmen, unter bestimmten Bedingungen nicht nur hinsichtlich der Fremdsprache einen höheren Zuwachs verbuchen können als Lernende, die am herkömmlichen Fremdsprachenunterricht teilnehmen (z.B. Zydatiß 2009). Darüber dhinaus kann der bilinguale Unterricht auch zu verbesserten Kompetenzen in den Sachfächern sowie in Teilbereichen der Muttersprache, wie z.B. dem Lesen, führen (z.B. Zaunbauer/Gebauer/Möller 2013). Insgesamt wird deutlich, dass geförderte unterrichtliche Zwei- und Mehrsprachigkeit offensichtlich ein hohes Potenzial für Lernende birgt und deshalb weiter erforscht werden sollte.

Die Bedeutung von mehrsprachigen Kompetenzen in einer globalen Gesellschaft

Die steigende Nachfrage an mehrsprachigen Lerngelegenheiten ist zweifellos auch ein Resultat der weltweiten Vernetzung von Unternehmen, der wirtschaftlichen Globalisierung und der zunehmenden Mobilität in unserer Gesellschaft. Etwa 7000 Sprachen gibt es auf der Welt. In der Europäischen Union werden aktuell 24 Sprachen als Amts- und Arbeitssprachen anerkannt. Um sich beruflich oder privat mit anderen verständigen zu können, ist die Beherrschung mindestens einer gemeinsamen Verkehrssprache essentiell. Seit dem 2. Weltkrieg ist Englisch als wichtigste lingua franca anerkannt und muss deshalb von allen Schüler/innen in Europa gelernt werden. Dennoch plädiert die EU schon lange dafür, dass europäische Bürger/innen neben ihrer Muttersprache nicht nur Englisch, sondern mindestens noch eine weitere Fremdsprache erlernen.

Langfristig verfolgt die Kommission das Ziel, die individuelle Mehrsprachigkeit zu fördern, bis alle Bürger/innen zusätzlich zu ihrer Muttersprache über praktische Kenntnisse in mindestens zwei weiteren Sprachen verfügen. (Kommission der EG 2005: 4)

 

Diese Forderung führt für Fremdsprachendidaktiker/innen und Lehrkräfte gleichermaßen zur Frage, wie Kinder, Jugendliche und Erwachsene möglichst viele Fremdsprachen so gut wie möglich und so schnell wie möglich erlernen können.

Wachsender Bedarf an geeigneten Sprachlehr- und Lernmethoden

In Deutschland beispielsweise wurde das Ziel Muttersprache plus 2 lange Zeit lediglich durch den verbindlichen Fremdsprachenunterricht (spätestens) ab Klasse 3 sowie durch das je nach Schulform verbindliche oder freiwillige Angebot einer zweiten Fremdsprache ab Klasse 7 umgesetzt.

Diese nacheinander folgenden Maßnahmen alleine reichten aus Sicht der EU und der KMK (Kultusminsterkonferenz) jedoch nicht aus, um Mehrsprachigkeit umfassend und im europäischen Sinne zu fördern. So fügte die Europäische Kommission 2003 ergänzend hinzu:

Es ist wesentlich, dass Schulen und Ausbildungseinrichtungen im Sprachunterricht einen ganzheitlichen Ansatz verwenden, der geeignete Verbindungen herstellt zwischen dem Unterricht in der Muttersprache, den Fremdsprachen, der Unterrichtssprache und den Sprachen der Migrantengemeinschaften; entsprechende Strategien erleichtern es den Kindern, das volle Spektrum ihrer kommunikativen Fähigkeiten zu entwickeln. (Kommission der EG 2003: 10)

Es geht somit nicht nur darum, dass verschiedene Sprachen in der Schule im Rahmen von Fachunterricht gefördert werden, sondern auch darum, hierfür einen holistischen Sprachvermittlungsansatz zu wählen, der die wertschätzende, fördernde und strategische Einbindung verschiedener Erstsprachen beim Fremdsprachenerwerb unterstützt und Bezüge zwischen den verschiedenen Sprachen der Lernenden herstellt. Wie dies methodisch umgesetzt werden kann, soll im Folgenden überlegt werden.

2. Fachdidaktische Überlegungen zur Förderung von Mehrsprachigkeit im Fremdsprachenunterricht

Wenngleich die Entwicklung individueller Mehrsprachigkeit sowohl von der KMK als auch in den Curricula der Bundesländer als das zentrale Ziel des Fremdsprachenunterrichts betont wird (vgl. u.a. KMK 2012: 11), wurde lange Zeit das Prinzip der Einsprachigkeit als wichtiges Qualitätsmerkmal des fremdsprachlichen Unterrichts gehandelt. Begründet wurde (und wird) dies von Fremdsprachenlehr- und lernforscher/innen auf der Grundlage natürlicher Spracherwerbsprozesse, bei denen der/die Erwerbende vollständig in die fremde Sprache eintaucht und sich „aus der Not heraus“ aus dem jeweiligen Kontext und mit Unterstützung des jeweiligen Sprachpartners/der jeweiligen Sprachpartnerin die Bedeutung einzelner Wörter und Redemittel erschließt (vgl. Klippel 2016: 317). In jüngster Zeit werden jedoch Stimmen lauter, welche die klare Überlegenheit dieses recht dogmatischen Verfahrens anzweifeln.

So argumentiert u.a. Wolfgang Butzkamm (2012), dass eine ausschließlich einsprachige Unterrichtsführung gerade Sprachlernanfänger/innen nicht nur darin hindere, eine Fremdsprache möglichst schnell und ohne Umwege zu lernen (ebd.: 122), schlichtweg, weil sie ohne den Einsatz der Muttersprache nur wenig verstünden, sondern, dass das Ausklammern anderer Sprachen die Lernenden darüber hinaus auch später in ihrer Spontaneität und Kreativität hemme, weil sie stets nur das Vokabular verwenden können, das sie bereits kennen. Damit, so Butzkamm, wirke der einsprachige Unterricht der Befriedigung des Kommunikationsbedürfnisses der Lernenden deutlich entgegen. Ebenfalls verlaufe Butzkamm zufolge die (spontane) Kommunikation in Klassenräumen, in denen die Lehrkraft auf Einsprachigkeit bestehe, deutlich oberflächlicher (wenn sie überhaupt zustande kommt) als in einem mehrsprachig gestalteten Unterricht (ebd.: 123ff.).

Darüber hinaus erklärt Butzkamm, dass allein durch den direkten Vergleich der Fremdsprache mit anderen Sprachen negative Interferenzen vermieden, sowie positiver Transfer ermöglicht werden könnte (ebd.: 121f. und 128). Für Butzkamm ist die Mitwirkung der Erst- bzw. Zweitsprache der Lernenden deshalb „[…] nicht nur unvermeidlich, sondern notwendig“ (Butzkamm 2012: 122).

Doch nicht nur Wolfgang Butzkamm spricht sich für den Einbezug anderer Sprachen im Fremdsprachenunterricht aus. Auch die KMK selbst empfiehlt die Einbringung anderer Sprachen im Fremdsprachenunterricht, allerdings weniger im Sinne einer unterstützenden „Helferspache“ als als Mittel zur Förderung von Sprach(lern)bewusstheit:

Der Unterricht in der ersten Fremdsprache stellt den Erwerb der angestrebten Kompetenzen [Anm. DE: kommunikative, interkulturelle und methodische Kompetenzen] fachlich und pädagogisch dadurch sicher, dass (…) Bezüge zwischen den von den Schülerinnen und Schülern erlernten Sprachen hergestellt werden und sie durch entsprechende Methoden und Einsichten ihre Fähigkeit zu lebenslangem, selbständigem Sprachenlernen weiter entwickeln, (…). (KMK 2003: 7f.)

Weitere Überlegungen dazu, wie die bereits vorhandenen Sprachen der Schüler/innen gewinnbringend im Fremdsprachenunterricht genutzt werden können, werden seit mehreren Jahren von verschiedenen Fremdsprachendidaktiker/innen angestellt – insbesondere jenen, die sich mit der Didaktik einer zweiten schulischen Fremdsprache befassen (vgl. zusammenfassend Krumm/Reich 2016). Aber auch diejenigen, die sich mit der Didaktik des Unterrichts in der ersten Fremdsprache beschäftigen, stellen in jüngster Zeit zunehmend Überlegungen an, wie im Fremdsprachenunterricht sinnvoll und effektiv mit mehreren Sprachen gearbeitet werden kann (zusammenfassend Blell/Doff 2014).

So stellen z.B. Grünewald und Sass (2014) Überlegungen dazu an, wie man Englisch und Spanisch miteinander vernetzen kann. Die Autoren zeigen u.a. konkrete Beispiele, wie im Spanisch- oder Englischunterricht zweisprachige Songs, Videoclips, Spielfilme oder Jugendromane eingesetzt werden können, um beide Sprachen zu fördern. Leitzke-Ungerer entwirft mehrsprachige Aufgabenformate zur vernetzten Förderung sprachlicher Kompetenzen im Französischen und Englischen. Mehlhorn (2014) gibt Beispiele für die Erschließung unbekannter Texte mithilfe sprachfamilienübergreifender Interkomprehension im Russischunterricht. Kutzelmann/Massler/Peter/Götz/Ilg (2017) veranschaulichen wie man die Lese- und Sprechkompetenzen in vielen Sprachen gleichzeitig im Rahmen des Mehrsprachigen Lesetheaters fördern kann, und Elsner (2014: 2015) zeigt, wie man mehrsprachige Lesetexte für den Computer im Englischunterricht einsetzen kann.

Bei diesen und anderen Unterrichtsvorschlägen für den mehrsprachigen Fremdsprachenunterricht werden zwei Dinge deutlich: Erstens eignen sich alle sprachvernetzenden Übungen und Aufgaben grundsätzlich dazu eine oder mehrere Aspekte der drei Kernkompetenzbereiche (kommunikative, interkulturelle, methodische Kompetenz) des fremdsprachlichen Unterrichts zu unterstützen. Dies bedeutet, dass mehrsprachige Unterrichtsansätze zwar mit mehreren Sprachen arbeiten, dabei aber niemals die Kernziele des Fremdsprachenunterrichts aus dem Blick geraten. Zweitens ist allen Unterrichtsideen gemein, dass die Arbeit mit Texten in verschiedenen Sprachen im Zentrum steht, seien diese mündliche oder schriftliche Texte, kurz oder lang, visuell, audio-visuell oder rein auditiv zu entschlüsseln.

Dies ist wenig überraschend, denn Texte bilden erstens den Auslöser bzw. Motivator jeglicher fremdsprachlichen Kommunikation im Unterricht, zweitens können sie als mündliches oder schriftliches Produkt der Lernenden deren Entwicklung in der/den Fremdsprache/n sichtbar machen und drittens liefern Texte sprachlichen Input, welcher zur Weiterentwicklung in mehreren Sprachen dienlich sein und das Verständnis in der Zielfremdsprache unterstützen kann.

Im Folgenden sollen systemtatische Überlegungen angestellt werden, wie mehrsprachige Texte methodisch für den Fremdsprachenunterricht aufbereitet werden können. Desweiteren soll gezeigt werden, welche Effekte der Einsatz solcher Texte in Bezug auf die Entwicklung fremdsprachlicher Kompetenzen, insbesondere der Lesekompetenz, haben kann.

3. Mehrsprachige Texte im Fremdsprachenunterricht

Wenn von mehrsprachigen Texten die Rede ist, so lassen sich vier unterschiedliche Formate finden.

Mehrsprachige Texttypen

Bei Texttyp 1 bezieht sich Mehrsprachigkeit darauf, dass der Text zunächst in einer Sprache verfasst und anschließend in andere Sprachen übersetzt wurde. Dieser Texttyp tritt in zwei Varianten auf.

Bei Variante A liegen die verschiedenen Sprachausgaben als einzelne Produkte, Bildergeschichten, Aufsätze, Bücher, Filme, Informationstexte, Handbucheinträge etc. in verschiedenen Sprachausgaben vor und können als ganze Texte nacheinander oder abschnittsweise wechselweise gelesen, angesehen, angehört werden. Diese Texte können in Papierform oder in elektronischer Form vorliegen (z.B. My First Stories, Oldenbourg Verlag, Schülerenzyklopädie Britannica etc.).

Bei Variante B des Texttyps 1 liegt der Text in mindestens zwei Sprachen vor, welche im Produkt parallel sichtbar sind. Kleinere Textabschnitte sind hier z.B. auf einer Seite (digital oder Papierform) sicht- oder hörbar. Dies ist z.B. bei zwei oder mehrsprachigen Bilderbüchern der Fall (z.B. die Bücher der Edition bi:libri) oder bei Filmen mit Untertiteln, in denen sich die gesprochene Sprache und die Sprache des Untertitels unterscheiden. Auch zweisprachige Wörterbücher (auch Bildwörterbücher) zählen zu diesem Texttyp.

Texttyp 2 umfasst ebenfalls mehrere (mindestens zwei) Sprachen. Anders als bei Texttyp 1 werden die Sprachen jedoch hier jeweils auf der intersententalen oder der intrasententalen Ebene gewechselt (Version A). Diese Texte sind somit schriftliche Ausgaben des Phänomens Code-Switching und nutzen den Wechsel von Sprachen als Stilmittel. Ein gutes Beispiel hierfür sind z.B. das digitale Lernspiel MelangE (www.melang-e.eu), das Mehrsprachige Lesetheater von Kutzelmann/Massler/Peter/Götz/Ilg. (2017) oder mehrsprachige Gedichte und Romane (vgl. hierzu Elsner 2012).

Auch in Version B des Texttyps 2 werden die Sprachen innerhalb eines Textes gewechselt, allerdings geschieht dies nicht auf der Satz- oder Wortebene, sondern jeweils nach längeren Textabschnitten (z.B. das Mehrsprachige Vorlesen durch die Lehrperson von Hilbe/Kutzelmann/Massler/Peter (2017a).

Überlegungen zur praktischen Anwendung mehrsprachiger Texte im Unterricht

Für Lehrkräfte stellt sich die Frage, wie und mit welchem Ziel die verschiedenen Textversionen im Unterricht eingesetzt werden können. Die folgende Systematik, welche sich an den Kompetenzfeldern des Fremdsprachenunterrichts orientiert, soll hier konkrete Hilfestellung leisten.

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