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Die Gräfin von Charny Denkwürdigkeiten eines Arztes 4

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Die Menge parlamentirte; sie zeigte sich so wenig feindselig, daß es unmöglich war, nicht zu parlamentiren. Der Erfolg dieses

Parlamentirens

 war, man werde den Abgeordneten erlauben, mit den Herren Pétion und Robespierre zu sprechen. Seht Ihr die Popularität neuer Namen in demselben Maaße wachsen, in welchem die der Duport, der Lameth, der Barnave, der Lafayette und der Bailly sinkt? Die Abgeordneten, sechs an der Zahl, gingen wohl begleitet nach der Nationalversammlung ab. Hiervon in Kenntniß gesetzt, liefen ihnen Robespierre und Pétion, um sie zu empfangen, zur Passage des Feuillants entgegen.



Es war zu spät, die Abstimmung war vorüber und zum Beschlusse erhoben.



Die zwei Mitglieder der Nationalversammlung, welche der Abstimmung nicht günstig waren, theilten sie wahrscheinlich den Abgeordneten des Volks nicht auf eine Art mit, um es dadurch zu veranlassen, dieselbe sanft zu verschlucken. Diese Abgeordneten kamen auch wüthend zu denen, welche sie geschickt hatten, zurück.



Das Volk hatte die Partie mit dem schönsten Spiele verloren, das je das Glück in die Hände eines Volkes gegeben.



Gerade deshalb war es zornig: es verbreitete sich in der Stadt und fing damit an, daß es die Theater schließen ließ. Sind die Theater geschlossen, so weht, wie einer unserer Freunde im Jahre 1830 sagte, die schwarze Fahne über Paris.



Die Oper hatte Garnison: sie widerstand.



Lafayette mit seinen viertausend Flinten und seinen tausend Pieken verlangte nichts Anderes, als diesen entstehenden Aufruhr zu unterdrücken; die Municipalbehörde verweigerte die Befehle hierzu.



Bis dahin war die Königin auf dem Laufenden der Ereignisse erhalten worden, doch hier waren die Berichte stehen geblieben, ihre Folge hatte sich in der Nacht, welche minder düster, als sie, verloren.



Barnave, den sie mit großer Ungeduld erwartete, sollte ihr sagen, was am Tage des 15. vorgefallen war.



Jedermann fühlte übrigens das Herannahen eines entscheidenden Ereignisses.



Der König, der Barnave auch im zweiten Zimmer von Madame Campan erwartete, war von der Ankunft des Doctor Gilbert unterrichtet worden, und um der Erzählung der Ereignisse mehr Aufmerksamkeit zu schenken, war er, Gilbert bei sich behaltend und Barnave der Königin überlassend, zu sich hinauf gegangen.



Endlich, gegen halb zehn Uhr, erscholl ein Tritt aus der Treppe, eine Stimme wurde hörbar, welche ein paar Worte mit der Schildwache, die aus dem Ruheplatze stand, wechselte; dann erschien am Ende der Flur ein junger Mann in der Kleidung eines Lieutenants der Nationalgarde.



Es war Barnave.



Die Königin, der das Herz pochte, als wäre es der angebetetste Geliebte gewesen, zog die Thüre zurück, und Barnave, nachdem er vor sich und hinter sich geschaut, schlüpfte durch die schmale Oeffnung.



Die Thüre schloß sich sogleich wieder, und ehe ein Wort gesprochen worden, hörte man das Knirschen eines Riegels in seiner Schließkappe.




CXII

Der Tag des 15. Juli

Das Herz von Beiden schlug mit gleicher Heftigkeit, jedoch unter dem Impulse von zwei sehr entgegengesetzten Gefühlen. Das Herz der Königin schlug in der Hoffnung auf Rache; das Herz von Barnave schlug im Verlangen, geliebt zu werden.



Die Königin trat rasch in’s zweite Zimmer ein; sie eilte, so zu sagen, zum Lichte. Gewiß fürchtete sie weder Barnave, noch seine Liebe; sie wußte, wie ehrfurchtsvoll und ergeben diese Liebe war; aber in einem weiblichen Instincte floh sie die Dunkelheit.



Als sie in’s zweite Zimmer gekommen war, sank sie aus einen Stuhl.



Barnave blieb aus der Schwelle der Thüre stehen und umfaßte in einem Rundblicke den ganzen Raum des nur durch zwei Kerzen erleuchteten Zimmers.



Er erwartete, den König zu finden: der König war bei seinen zwei vorhergehenden Zusammenkünften mit der Königin gegenwärtig gewesen.



Das Zimmer war einsam. Zum ersten Male seit seiner Promenade in der Galerie des erzbischöflichen Palastes von Meaux sollte er unter vier Augen mit der Königin zusammensein.



Seine Hand legte sich von selbst auf sein Herz, sie drängte die Schläge desselben zurück.



»Oh! Herr Barnave, sagte die Königin, nachdem sie einen Augenblick geschwiegen, »ich erwarte Sie seit zwei Stunden.«



Die erste Bewegung von Barnave auf diesen Vorwurf, der mit einer Stimme gemacht wurde, welche so sanft klang, daß sie anschuldigend zu sein aufhörte, um klagend zu werden, wäre gewesen, sich der Königin zu Fußen zu werfen, hätte ihn nicht die Ehrfurcht zurückgehalten.



»Ich! Madame, es ist wahr.« erwiderte er; »doch ich hoffe, Eure Majestät wird überzeugt sein, daß mein Wille nicht an diesem Verzuge Schuld ist.«



»Oh! gewiß,« versetzte die Königin mit einer kleinen bejahenden Kopfbewegung; »ich weiß, daß Sie der Monarchie ergeben sind.«



»Ich bin besonders der Königin ergeben,« sprach Barnave, und ich wünsche, daß Eure Majestät hiervon wohl überzeugt sein möge.«



»Ich zweifle nicht daran, Herr Barnave  . . .  Sie konnten also nicht früher kommen?«



»Ich habe es versucht, um sieben Uhr zu kommen, Madame, doch es war noch zu heller Tag, und ich traf, – wie wagt es ein solcher Mensch, sich Ihrem Palaste zu nähern! – und ich traf Herrn Marat auf der Terrasse.«



»Herrn Marat?« versetzte die Königin, als suchte sie in ihren Erinnerungen; »ist das nicht ein Journalist, der gegen uns schreibt?«



»Der gegen die ganze Welt schreibt, ja  . . .  Sein Schlangenauge folgte mir, bis ich durch das Gitter der Feuillants verschwunden war . . .  Ich ging vorüber, ohne daß ich es wagte, nur mit einem Blick nach Ihren Fenstern zu schauen. Zum Glück begegnete ich auf dem Pont Royal Saint-Prix.«



»Saint-Prix! Wer ist das?« fragte die Königin mit einer Verachtung, welche beinahe der gleich, die sie für Marat gezeigt hatte; »ein Komödiant?«



»Ja, Madame, ein Komödiant,« antwortete Barnave; »doch was wollen Sie! das ist einer der Charaktere unserer Zeit: Komödianten und Zeitungsschreiber, Leute, deren Existenz die Könige früher nur kannten, um ihnen Befehle zu geben, denen zu gehorchen sie höchst glücklich waren, Komödianten und Zeitungsschreiber sind Bürger geworden, die ihren Theil am Einfluße haben, die sich nach

ihrem

 Willen bewegen, die nach

ihrer

Eingebung handeln, die das Gute thun können, die das Böse thun können ., . Saint-Prix hat das gut gemacht, was Marat verdorben hatte.«



»Wie so?«



»Saint Prix war in Uniform. Ich kenne ihn genau, Madame; ich näherte mich ihm und fragte ihn, wo er die Wache beziehe: zum Glück geschah dies im Schloß! Ich wußte, daß ich mich seiner Discretion anvertrauen konnte und sagte ihm, ich habe die Ehre, eine Audienz bei Ihnen zu erhalten  . . . «



»Oh! Herr Barnave!«



»Wäre es besser gewesen, zu verzichten  . . . «



Barnave wollte sagen:

auf das Glück

, doch er faßte sich:



»Wäre es besser gewesen, zu verzichten aus die Ehre, Sie zu sehen, und Sie in Unwissenheit zu lassen über die wichtigen Neuigkeiten, die ich Ihnen mitzutheilen habe?«



»Nein,« erwiderte die Königin, »Sie haben wohl gethan  . . .  Und Sie denken, daß Sie Herrn Saint-Prix trauen können?«



»Madame,« sprach Barnave ernst, glauben Sie mir, der Augenblick ist entscheidend; die Männer, die Ihnen zu dieser Stunde bleiben, sind wahrhaft ergebene Freunde, denn wenn morgen, – und das wird sich morgen entscheiden, – die Jacobiner die Oberhand über die Constitutionen gewinnen, so werden Ihre Freunde Mitschuldige sein  . . .  Und Sie haben gesehen, das Gesetz entfernt die Strafe nur von Ihnen, um damit Ihre Freunde zu schlagen, die es Ihre Mitschuldigen nennt.«



»Das ist wahr  . . . « Sie sagen also, Herr Saint-Prix?  . . . «



»Herr Saint-Prix, Madame, hat mir gesagt, er sei in den Tuilerien von neun bis elf Uhr auf der Wache, er werde bemüht sein, den Posten des Entresol zu bekommen, und dann, während dieser zwei Stunden, habe Eure Majestät jede Freiheit, mir Ihre Befehle zu ertheilen  . . .  Nur hat er mir gerathen, selbst die Kleidung eines Officiers der Nationalgarde zu nehmen, und ich befolgte seinen Rath, wie Eure Majestät sieht.«



»Und Sie haben Herrn Saint-Prix, auf seinem Posten gesunden?«



»Ja, Madame  . . .  Es hat ihn zwei Theaterbillets gekostet, um diesen Posten von seinem Sergenten zu erhalten  . . .  Sie sehen, die Bestechung ist leicht,« fügte Barnave bei.



»Herr Marat  . . .  Herr Saint-Prix . . .  zwei Theaterbillets . .,« wiederholte die Königin, indem sie einen erschrockenen Blick in den Abgrund warf, auf welchem die kleinen Ereignisse hervorgehen, die an Revolutionstagen das Geschick der Könige weben.



»Oh! mein Gott! ja,« sagte Barnave; »das ist seltsam, nicht wahr, Madame? Es ist das, was die Alten das Verhängniß nannten; es ist das, was die Philosophen den Zufall nennen; es ist das, was die Gläubigen die Vorsehung nennen.«



Die Königin zog an ihrem schönen Halse eine Haarlocke vor, schaute sie traurig an und sprach:



»Es ist das, was meine Haare bleichen gemacht hat!«



Dann sagte sie zu Barnave, zur politischen Seite der Lage, welche einen Augenblick um der unbestimmten und pittoresken willen verlassen worden war, zurückkehrend:



»Aber ich glaubte gehört zu haben, wir haben heute in der Nationalversammlung einen Sieg erlangt?«



»Ja, Madame, in der Nationalversammlung ist uns, der Sieg geworden; doch bei den Jacobinern haben wir eine Niederlage erlitten.«



»Mein Gott!« rief die Königin, »ich begreife gar nicht mehr  . . .  Ich glaubte, die Jacobiner gehören Ihnen, Herrn Lameth und Herrn Duport; Sie halten sie in der Hand; Sie machen mit ihnen, was Sie wollen?«



Barnave schüttelte traurig den Kopf und erwiderte:



»So war es einst; doch ein neuer Geist hat auf die Nationalversammlung geweht.«



»Von Orleans, nicht wahr?« fragte die Königin.



»Ja, für den Augenblick kommt die Gefahr von da her.«

 



»Die Gefahr? Ich frage Sie noch einmal, sind wir ihr nicht durch die Abstimmung entgangen?«



»Begreifen Sie wohl, Madame, – denn um einer Lage die Stirne zu bieten, muß man sie kennen, – Folgendes ist der heutige Beschluß: »»Wenn ein König seinen Eid widerruft, wenn er sein Volk angreift oder nicht vertheidigt, so dankt er ab, wird einfacher Bürger und ist wegen der nach seiner Abdankung von ihm begangenen Verbrechen anzuklagen.««



»Nun wohl,« sagte die Königin, »der König wird seinen Eid nicht widerrufen; der König wird sein Volk nicht angreifen, und wenn man sein Volk angreift, so wird es der König vertheidigen.«



»Ja, doch durch diesen Beschluß, Madame, bleibt den Revolutionären und den Orleanisten eine Thüre geöffnet. Die Nationalversammlung hat nicht über den König statuirt: sie hat Präventivmaßregeln gegen eine zweite Flucht votirt, doch sie hat die erste bei Seite gelassen, und wissen Sie, was heute Abend bei den Jacobinern von Laclos, dem Manne des Herzogs von Orleans, beantragt worden ist?«



»Oh! etwas Erschreckliches, ohne Zweifel! Was kann der Verfasser der

Liaisons dangereuses

 Heilsames beantragen?«



»Er hat verlangt, daß man in Paris und durch ganz Frankreich eine Petition mache, um die Entsetzung zu reclamiren, und hat sich dabei für zehn Millionen Unterschriften verbürgt.«



»Zehn Millionen Unterschriften!« rief die Königin; »mein Gott! sind wir denn so sehr gehaßt, daß uns zehn Millionen Franzosen verwerfen?«



»Oh! Madame, die Majoritäten sind leicht zu machen!«



»Und die Motion von Herrn Laclos ist durchgegangen?«



»Sie hat eine Discussion hervorgerufen, Danton hat sie unterstützt.«



»Danton? Ich glaubte, dieser Herr Danton gehöre uns?  . . .  Herr von Montmorin sprach mir von einer, ich weiß nicht mehr, verkauften oder gekauften Stelle eines Advocaten beim Rathe des Königs, welche uns diesen Mann gebe.«



»Herr von Montmorin hat sich getäuscht, Madame; gehörte Danton irgend Jemand, so würde er dem Herzog von Orleans gehören.«



»Und Herr von Robespierre? Hat er gesprochen? . . .  Man sagt, er fange an einen großen Einfluß zu gewinnen.«



»Ja, Robespierre hat gesprochen. Er war nicht für die Petition; er war einfach für eine Adresse an die, Jacobiner-Gesellschaften in der Provinz.«



»Man müßte aber Herrn von Robespierre haben, wenn er einen solchen Einfluß erlangt  . . . «



»Man hat Herrn von Robespierre nicht, Madame, Herr von Robespierre gehört sich selbst, – einer Idee, einem Utopien, einem Phantom, einem Ehrgeize vielleicht.«



»Wir können ja seinen Ehrgeiz, welcher es auch sein mag, befriedigen, . . Nehmen Sie an, er wolle reich sein.«



»Er will nicht reich sein.«



»Also Minister sein?«



»Vielleicht will er mehr als Minister sein.«



Die Königin schaute Barnave mit einer gewissen Bangigkeit an.



»Mir schien jedoch,« sagte sie, »ein Ministerinm sei das höchste Ziel, das einer unserer Unterthanen erreichen könne?«



»Wenn Herr von Robespierre den König als entsetzt betrachtet, so betrachtet er sich nicht als den Unterthan des Königs.«



»Aber wonach strebt er denn?« fragte die Königin erschrocken.



»Madame, es gibt in gewissen Augenblicken Menschen, welche von neuen politischen Titeln an der Stelle der alten erloschenen Titel träumen.«



»Ja, ich begreife, daß der Herr Herzog von Orleans davon träumt, Regent zu sein  . . .  Gut; seine Geburt beruft ihn zu dieser hohen Function. Doch Herr von Robespierre, ein kleiner Provinzadvocat!  . . . «



Die Königin vergaß, daß Barnave auch ein kleiner Provinzadvocat war.



Barnave blieb unempfindlich, mochte nun der Streich abgeglitten sein, ohne ihn zu treffen, mochte er den Muth gehabt haben, ihn zu empfangen und den Schmerz davon zu verbergen.



»Marius und Cromwell waren aus den Reihen des Volks hervorgegangen, Madame,« sagte er.



»Marius! Cromwell!  . . .  Ach! wenn ich diese Namen in meiner Kindheit nennen hörte, vermuthete ich nicht, sie werden eines Tags so unheilvoll meinem Ohre klingen!  . . .  Doch, lassen Sie hören, – denn wir entfernen uns unablässig von den Thatsachen, um uns in den Schätzungen umherzutreiben, – Herr von Robespierre, sagen Sie mir, habe sich der von Herrn Laclos beantragten und von Herrn Danton unterstützten Petition widersetzt?«



»Ja, doch in diesem Augenblick ist eine Volkswoge hereingebrochen, die gewöhnlichen Beller des Palais Royal, eine Bande von öffentlichen Mädchen, eine Maschine, in Bewegung gesetzt, um Laclos zu unterstützen; und die Motion ist nicht nur durchgegangen, sondern es ist sogar beschlossen worden, daß morgen Vormittag um elf Uhr die versammelten Jacobiner die Lesung der Petition hören sollen, daß sie von da nach dem Marsfelde zu tragen, auf dem Altar des Vaterlandes zu unterzeichnen und sofort an die Provinz-Gesellschaften, welche sie ebenfalls unterzeichnen werden, zu schicken sei.«



»Und wer verfaßt diese Petition?«



»Danton, Laclos und Brissot.«



»Drei Feinde?«



»Ja, Madame.«



»Aber, mein Gott! unsere Freunde, die Constitutionellen, was machen sie denn?«



»Ah! das ist es!  . . .  Madame, sie sind entschlossen, morgen um Alles gegen Alles zu spielen.«



»Aber sie können nicht bei den Jacobinern bleiben?«



»Madame, Ihre bewunderungswürdige Kenntniß der Menschen und der Dinge läßt Sie die Lage der Dinge so ansehen, wie sie ist. Ja, geführt von Duport und Lameth haben sich Ihre Freunde so eben von Ihren Feinden getrennt. Sie setzen die Feuillants den Jacobinern entgegen.«



»Was ist das, die Feuillants? Entschuldigen Sie mich, ich weiß nichts. Es kommen so viele neue Namen und Wörter in unsere politische Sprache, daß ich fortwährend fragen muß.«



»Madame, die Feuillants, das ist das große Gebäude bei der Reitschule, das seinen Namen der Terrasse der Tuilerien gibt.«



»Und wer wird bei diesem Club sein?«



»Lafayette, das heißt die Nationalgarde, Bailly, das heißt die Municipalität.«



»Lafayette, Lafayette . . .  Sie glauben auf Lafayette zählen zu können?«



»Ich glaube, daß er dem König aufrichtig ergeben ist.«



»Dem König ergeben wie der Holzfäller der Eiche, die er an ihrer Wurzel abhaut! Bailly will ich noch gelten lassen: ich habe mich nicht über ihn zu beklagen gehabt; ich sage noch mehr: von ihm ist mir die Anzeige der Frau, welche unsere Abreise verrathen hatte, übergeben worden. Aber Lafayette  . . . «



»Eure Majestät wird ihn bei Gelegenheit beurtheilen.«



»Ja, es ist wahr,« sprach die Königin, einen schmerzlichen Blick rückwärts werfend, »ja  . . .  Versailles . . .  Nun denn, dieser Club, kommen wir hieraus zurück: was wird man dort machen? Was wird man dort beantragen? Welche Macht wird er haben?«



»Eine ungeheure Macht, da er, wie ich Eurer Majestät sagte, zugleich über die Nationalgarde, die Municipalität und die Majorität der Nationalversammlung, welche mit uns stimmt, verfügen wird. Was wird den Jacobinern bleiben? Fünf bis sechs Deputirte vielleicht: Robespierre, Pétion, Laclos, der Herzog von Orleans! lauter heterogene Elemente, welche nichts mehr auszuführen finden können, als den Haufen der neuen Mitglieder, Eindringlinge, eine Bande von Bellern, welche Lärm machen, aber keinen Einfluß haben werden.«



»Gott wolle es, mein Herr! Mittlerweile, was gedenkt die Nationalversammlung zu thun?«



»Sie gedenkt schon morgen dem Herrn Maire von Paris über sein heutiges Zögern und seine weichliche Unentschlossenheit einen scharfen Verweis zu geben. Daraus wird entspringen, daß der gute Bailly, der zur Familie der Pendeluhren gehört und, um zu gehen, nur zu seiner Stunde ausgezogen zu werden braucht, gehen wird, da er ausgezogen ist.«



In diesem Augenblick schlug es drei Viertel aus elf Uhr, und man hörte die Schildwache husten.



»Ja, ja,« murmelte Barnave, »ich weiß es, es ist Zeit, daß ich mich entferne, und mir scheint doch, ich hatte Eurer Majestät noch tausend Dinge zu sagen.«



»Und ich, Herr Barnave,« sprach die Königin, »ich habe Ihnen nur Eines zu antworten: daß ich Ihnen, Ihnen und Ihren Freunden, dankbar bin für die Gefahren, denen Sie sich für mich aussetzten.«



»Madame, die Gefahr ist ein Spiel, bei dem ich Alles zu gewinnen habe, mag ich besiegt werden oder Sieger sein, wenn nur die Königin, bin ich besiegt oder Sieger, mich mit einem Lächeln belohnt.«



»Ach! mein Herr,« versetzte die Königin, »ich weiß kaum mehr, was lächeln ist! Doch Sie thun so viel für mich, daß ich es versuchen werde, mich der Zeit zu erinnern, wo ich glücklich war, und ich verspreche Ihnen, daß mein erstes Lächeln Ihnen gehören soll.«



Barnave legte die Hand auf sein Herz, verbeugte sich und ging, rückwärts schreitend, ab.



»Ah!« rief die Königin, »wann werden wir uns wiedersehen?«



Barnave schien zu berechnen.



»Morgen die Petition und die zweite Abstimmung der Kammer, . . Uebermorgen der Ausbruch und die provisorische Unterdrückung  . . .  Am Sonntag Abend, Madame, werde ich zu kommen suchen, um Ihnen zu sagen, was auf dem Marsfelde vorgefallen ist.«



Und er entfernte sich.



Die Königin ging ganz nachdenkend zu ihrem Gemahle hinaus, den sie eben so nachdenkend fand. Der Doctor Gilbert war kurz vorher von ihm weggegangen, und er hatte ihm ungefähr dieselben Dinge gesagt, welche Barnave der Königin gesagt hatte.



Der Eine und die Andere brauchten nur einen Blick zu wechseln, um zu sehen, daß auf beiden Selten die Nachrichten düster gewesen waren.



Der König hatte so eben einen Brief geschrieben.



Er reichte diesen Brief der Königin, ohne ein Wort zu sagen.



Es waren Vollmachten Monsieur ertheilt, damit er im Namen des Königs von Frankreich die Intervention des Kaisers von Oesterreich und des Königs von Preußen nachsuche.



»Monsieur hat mir viel Schlimmes angethan,« sprach die Königin, »Monsieur haßt mich und wird mir abermals alles Böse anthun, was er mir anthun kann, da er jedoch das Vertrauen des Königs besitzt, so hat er auch das meinige.«



Und sie nahm ihre Feder und setzte heldenmüthig ihre Unterschrift neben die des Königs.




CXIII

Wo wir endlich zu der Protestation kommen, welche Madame Roland abschrieb

Die Unterredung der Königin mit Barnave hat, wie wir hoffen, unsern Lesern eine bestimmte Idee von der Lage gegeben in der sich alle Parteien am 15. Juli 1791 befanden:



Die neuen Jacobiner an der Stelle der alten vordringend;



Die alten Jacobiner den Club der Feuillants schaffend;



Die Cordeliers in der Person von Danton, Camille Desmoulins und Legendre sich mit den neuen Jacobinern verbindend;



Die Nationalversammlung royalistisch constitutionell geworden, entschlossen, den König um jeden Preis zu erhalten;



Das Volk entschlossen, die Entsetzung durch alle mögliche Mittel zu erlangen, zu gleicher Zeit aber auch entschlossen, zuerst das der Protestation und der Petition anzuwenden.



Was hatte sich nun während des Tages und der Nacht ereignet, welche zwischen der durch den Schauspieler Saint-Prix, begünstigten Zusammenkunft von Barnave mit der Königin und dem Augenblick, wo wir zu Madame Roland zurückkehren, verlaufen war.



Wir wollen es mit ein paar Worten sagen.



Während dieser Unterredung vor Allem und gerade in der Minute, wo sie endigte, saßen drei Männer um einen Tisch mit Papier, Federn und Tinte vor sich, denn sie hatten von den Jacobinern den Auftrag erhalten, die Petition abzufassen.



Diese drei Männer waren Danton, Laclos und Brissot.



Danton war nicht der Mann solcher Zusammenkünfte; bei seinem Leben, das ganz vom Bedürfnisse des Vergnügens und der Bewegung in Anspruch genommen war, erwartete er immer mit Ungeduld das Ende von jedem Ausschusse, zu dem er gehörte.



Nach einem Augenblicke stand er auch auf und ließ Brissot und Laclos die Petition abfassen, wie sie es verstünden.



Laclos sah ihn weggehen und folgte ihm mit den Augen, bis er verschwunden war, mit dem Ohr, bis er ihn die Thüre hatte schließen hören.



Diese doppelte Function seiner Sinne schien ihn einen Moment der erkünstelten Schlafsucht zu entziehen, unter der seine unermüdliche Thätigkeit verbarg; dann sank er in seinen Lehnstuhl zurück, ließ die Feder seiner Hand entfallen und sagte:



»Ah! bei meiner Treue, mein lieber Herr Brissot, fassen Sie das ab, wie es Ihnen beliebt; ich, was mich betrifft, ich unterwerfe mich . . .  Ah! wäre es ein schlechtes Buch, wie man bei Hofe sagt, eine Fortsetzung der

Liaisons dangereuses

, so würde ich meine Sache machen; doch eine Petition, eine Petition  . . . « fügte er bei, indem er gähnte, um sich die Kinnlade auszurenken, »das langweilt mich entsetzlich!«



Brissot war im Gegentheil der Mann von solchen Redactionen. Ueberzeugt also, er werde die Petition besser als irgend Jemand abfassen, nahm er das Mandat, das ihm die Abwesenheit von Danton und die Abdankung von Laclos gaben, an, während Laclos die Augen schloß und es sich in seinem Lehnstuhle so bequem als möglich machte, als wollte er ruhig schlafen, dabei aber sich anschickte, jeden Satz, jeden Buchstaben abzuwägen, um bei Gelegenheit einen Vorbehalt für die Regentschaft seines Prinzen einzuschalten.

 



So wie Brissot einen Satz schrieb, las er ihn vor, und Laclos billigte mit einer kleinen Bewegung des Kopfes und einem kleinen Tone der Stimme.



Brissot setzte, die Lage bezeichnend, ins Licht:



1) Das heuchlerische oder furchtsame Stillschweigen der Nationalversammlung, welche über den König nicht hatte beschließen wollen oder über ihn zu beschließen nicht gewagt hatte.



2) Die factische Abdankung von Ludwig XVI., da er geflohen war und die Nationalversammlung ihn suspendirt und zu seiner Verfolgung und Verhaftung Befehl gegeben hatte. Man verfolgt aber, man verhaftet, man suspendirt einen König nicht, oder wenn man ihn verfolgt, wenn man ihn suspendirt, wenn man ihn verhaftet, so geschieht es weil er nicht mehr König ist.



3) Die Notwendigkeit, besorgt zu sein für seine Ersetzung.



»Gut! gut!« sagte Laclos bei dem letzten Worte.



Dann, als Brissot fortfahren wollte, sprach der Secretär des Herzogs von Orleans:



»Warten Sie  . . .  warten Sie! Mir scheint nach diesen Worten: »»Auf seine Ersetzung«« ist etwas beizufügen  . . .  etwas, was die schüchternen Geister an uns anschließt. Es ist noch nicht Jedermann so weit wie wir, daß er sich über Alles wegsetzt.«



»Das ist möglich  . . .  was würden Sie beifügen?«



»Oh! es ist viel mehr Ihre Sache als die meinige, das zu finden, mein lieber Herr Brissot  . . .  Ich würde beifügen  . . .  Laß sehen  . . . «



Laclos gab sich den Anschein, als suchte er einen Satz, der aber, längst völlig ausgebildet in seinem Geiste, nur aus den Augenblick, daraus hervorzugehen, wartete.



»Nun denn,« sagte er endlich, »nach den Worten zum Beispiel: »»Die Nothwendigkeit, besorgt zu sein für seine Ersetzung«« würde ich beifügen: »»durch alle constitutionelle Mittel.««



Studiert und bewundert, Ihr Politiker, vergangene, gegenwärtige und zukünftige Verfasser von Petitionen, Protestationen, Gesetzesentwürfen!



Nicht wahr, es ist sehr wenig, diese harmlosen Worte? Nun denn, Ihr werdet es sehen, – das heißt, diejenigen von unsern Lesern, welche das Glück haben, keine Politiker zu sein, werden sehen, wohin uns diese vier Worte: »

Durch alle coustitutionelle Mitte

l,« führen.



Alle constitutionelle Mittel, für die Ersetzung des Königs besorgt zu sein, beschränkten sich auf ein einziges.



Dieses einzige Mittel war die Regentschaft.



In Abwesenheit des Grafen von Provence und des Grafen von Artois, der Brüder von Ludwig XVI. und Oheime des Dauphin, – die sich überdies durch ihre Emigration der Volksgunst beraubt hatten, – wem kam die Regentschaft zu?



Dem Herzog von Orleans.



Diese kleine unschuldige, in eine im Namen des Volkes abgefaßte Petition eingeschobene Phrase wachte also immerhin im Namen dieses Volkes den Herzog von Orleans zum Regenten!



Nicht wahr, es ist etwas Schönes um die Politik? Nur wird das Volk noch viel Zeit brauchen, um klar darin zu sehen, wenn es mit Männern von der Stärke von Herrn Laclos zu thun hat.



Errieth nun Brissot die in diesen vier Worten enthaltende, ganz zum Ausbruche, wenn es sein müßte, bereite Mine nicht, sah er die Schlange nicht, welche unter diese Beifügung geschlüpft war und ihr zischendes Haupt erheben würde, sobald der Augenblick gekommen wäre, oder war es endlich ihm selbst, da er wohl wußte, welche Gefahr er als Verfasser dieser Petition lief, nicht unangenehm, sich eine Ausgangsthüre vorzubehalten, er machte keine Einwendung, fügte den Satz bei und sagte:



»In der That, das wird uns einige Constitutionelle anschließen  . . .  die Idee ist gut, Herr Laclos!«



Der Rest der Petition entsprach dem Gefühle, das ihren Beschluß, veranlaßt hatte.



Am andern Tage begeben sich Pétion, Brissot, Danton, Camille Desmoulins und Laclos zu den Jacobinern. Sie überbringen die Petition.



Der Saal ist leer oder beinahe leer.



Barnave hatte sich nicht getäuscht: die Desertion war vollständig.



Sogleich läuft Pétion zu den Feuillants.



Wen findet er dort? Barnave, Duport und Lameth, die eine Adresse an die Jacobiner-Gesellschaften der Provinz abfassen, eine Adresse, durch welche sie diesen verkündigen, der Club der Jacobiner bestehe nicht mehr und sei zu den Feuillants unter dem Titel

Gesellschaft der Freunde der Constitution

 übergegangen.



Diese Association, deren Gründung so viel Mühe gekostet hat und die sich wie ein Netz über ganz Frankreich ausbreitet, wird also, gelähmt durch das Zaudern, zu handeln und zu wirken aufhören.



Wem wird Frankreich glauben, wem wird es gehorchen, den alten oder den neuen Jacobinern?



Mittterweile wird man den contrerevolutionären Staatsstreich machen, und das Volk, das keinen Stützpunkt bat, wird mit dem Glauben an diejenigen, welche für dasselbe wachen, entschlummernd, besiegt und geknebelt aufwachen.



Es handelt sich darum, dem Sturme die Stirne zu bieten.



Jeder wird seine Protestation abfassen und in der Provinz dahin schicken, wo er einiges Ansehen zu haben glaubt, Roland ist der specielle Deputirte von Lyon; er bat einen großen Einfluß aus die zweite Hauptstadt des Königreichs; Danton, ehe er sich nach dem Marsfelde begibt, – wo man, in Ermangelung der Jacobiner, die man nicht gesunden hat, das Volk die Petition unterzeichnen lassen soll, – gebt zu Roland, erklärt ihm die Lage der Dinge und fordert ihn auf, ohne Verzug an die Lyoner eine Protestation zu schicken, wobei er sich in Betreff der Abfassung dieses wichtigen Stückes aus ihn verläßt.



Das Volk von Lyon wird dem Volke von Paris die Hand reichen und zu gleicher Zeit mit diesem protestiren.



Diese von ihrem Gatten abgefaßte Protestation ist es, was Madame Roland abschreibt.



Danton aber ist zu seinen Freunden auf dem Marsfelde zurückgekehrt.



In dem Augenblick, wo er ankommt, wird eine große Discussion ausgefochten: mitten aus einer ungeheuren Arena ist der für das Fest am 14. errichtete Altar des Vaterlandes; er ist hier wie das Gerippe der Vergangenheit stehen geblieben.



Es ist, wie wir aus Anlaß der Föderation von 1790 gesagt haben, eine Plattform, zu der man aus vier, den vier Cardinalpunkten entsprechenden, Stufen hinaufsteigt.



Aus dem Altar ist ein Gemälde, den Triumph von Voltaire, der am 12. stattgefunden hat, darstellend; auf dem Gemälde ist der Anschlag der Cordeliers mit dem Schwure von Brutus.



Die Discussion fand gerade über die von Laclos in die Petition eingeschobenen vier Worte statt.



Sie wären beinahe unbemerkt durchgegangen, als ein Mensch, der nach seiner Tracht und seinen Manieren der Volksclasse anzugehören schien, ein Mensch von einer Offenherzigkeit, welche an Gewaltthätigkeit gränzte, ungestüm den Leser unterbrach und ausrief:



»Halt! halt! man täuscht das Volk!«



»Wie so?« fragte der Leser.



»Mit den Worten: »»Alle constitutionelle Mittel,«« ersetzt Ihr 1 durch 1  . . .  Ihr macht wieder ein Königthum, und wir wollen keinen König mehr.«



»Nein, kein Königthum mehr! nein, keinen König mehr!« rief die Mehrzahl der Anwesenden.



Seltsame Erscheinung! es waren nun die Jacobiner, welche die Partie des Königsthums nahmen.



»Meine Herren, meine Herren,« riefen sie, »nehmen Sie sich in Acht! Kein Königtum mehr, keinen König mehr, das ist die Erhebung der Republik, und wir sind nicht reif für die Republik.«



»Wir sind nicht reif?« versetzte der Mann aus dem Volke?  . . .  Es mag sein  . . .  Doch ein paar Sonnen wie die von Varennes werden uns reifen.«



»Zur Abstimmung! die Petition zur Abstimmung!«



»Abstimmung!« wiederholten diejenigen, welche schon gerufen hatten: »Kein Königthum mehr! keinen König mehr!«



Man mußte abstimmen.



»Diejenigen, welche wollen, daß man weder Ludwig XVI., noch irgend einen andern König anerkenne, mögen die Hand ausheben,« sprach der Unbekannte.



Es erhob eine so mächtige Majorität die Hände, daß man nicht einmal die Gegenabstimmung vorzunehmen hatt

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