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Die beiden Dianen

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»Auf Wiedersehen! auf Wiedersehn!« rief Gabriel.

Und er drückte Diana mit einer stummen Umarmung an seine Brust und schaute sie zärtlich mit einer Art von Gierde an, als wollte er aus ihren schönen Augen die Kraft schöpfen, der er so sehr bedurfte.

Endlich auf ein trauriges, aber ausdrucksvolles Zeichen, das sie ihm machte, ließ er sie gehen, steckte den Ring an seinen Finger, schob den Schleier in seinen Busen und sprach noch einmal mit erstickter Stimme:

»Auf Wiedersehen Diana.«

»Gabriel, auf Wiedersehen!« rief Diana mit einer Gebärde der Hoffnung.

Gabriel entfloh gleichsam wie ein Wahnsinniger.

* * *

Eine halbe Stunde später verließ der Vicomte d’Ermès etwas ruhiger die Stadt Calais, die er Frankreich zurückgegeben hatte.

Er war zu Pferde, begleitet vom jungen Pagen André, der ihn eingeholt hatte, und von vier von seinen Freiwilligen.

Dies war Ambrosio, den es freute, nach Paris einige englische Waaren bringen zu können, deren er sich mit Vortheil in der Nähe des Hofes entäußern würde.

Dies war Pilletrousse, der in einer eroberten Stadt, wo er Herr und Sieger . . . mit den Anderen, Versuchungen und einen Rückfall zu seinen alten Gewohnheiten befürchtete.

Was Yvonnet betrifft, so hatte er in diesem provinzmäßigen Calais nicht einen einzigen seines Vertrauens würdigen Schneider gefunden, und seine Kleidung hatte unter so vielen Strapazen zu sehr gelitten, um fortan präsentabel zu sein. Sie würde sich nur auf geziemende Weise in Paris ersetzen lassen.

Lactance endlich hatte seinen Herrn zu begleiten verlangt, um sich bei seinem Beichtvater zu versichern, daß seine kriegerischen Handlungen das Maß seiner Bußübungen nicht überstiegen hätten, und daß das Activum seiner Geißelungen dem Passivum seiner Waffenthaten gleich käme.

Pierre und Jean Peuquoy hatten mit Babette die fünf Reiter bis zu dem genannten Pariser Thor begleiten wollen.

Hier mußte man sich durchaus trennen. Gabriel sagte mit der Stimme und der Hand ein letztes Lebewohl seinen guten Freunden, die ihm, Thränen in den Augen, tausend Segnungen und tausend Wünsche nachsandten.

Doch bald verloren die Peuquoy, die kleine Truppe, welche im Trab weg ritt und an der Biegung der Straße verschwand, aus den Augen. Die braven Bürger kehrten mit blutendem Herzen zu Martin-Guerre zurück.

Gabriel fühlte sich ernst, aber nicht traurig.

Er hoffte!

Schon einmal hatte er Calais so verlassen, um in Paris eine Lösung seines Schicksals zu suchen. Doch damals waren die Umstände viel weniger günstig; er war unruhig über Martin-Guerre, unruhig über Babette und die Peuquoy, unruhig über Diana, die er in der Gewalt des verliebten Lord Wentworth zurückließ. Seine unbestimmten Ahnungen über die Zukunft sagten ihm endlich nichts Gutes, denn er hatte im Ganzen nichts Anderes gethan, als den Widerstand einer Stadt verlängert; doch diese Stadt war nicht minder für das Vaterland verloren gegangen. War dies ein hinreichend großer Dienst für eine so große Belohnung?

Heute ließ er nichts so widrig Beunruhigendes zurück. Seine theuren Verwundeten, der General und der Stallmeister, waren der eine und der andere gerettet, und Ambroise Paré stand für ihre Genesung; Babette Peuquoy sollte einen Mann heirathen, den sie liebte und von dem sie geliebt wurde und ihre Ehre, wie sein Glück waren fortan gesichert; Frau von Castro blieb frei und Königin in einer französischen Stadt, und würde schon am andern Tage Gabriel nach Paris nachfolgen.

Unser Held hatte endlich genugsam mit dem Schicksal gekämpft, um hoffen zu können, er habe es müde gemacht. Das Unternehmen, das er zum Ende geführt, indem er den Gedanken und die Mittel, Calais zu nehmen, geliefert, gehörte nicht zu denjenigen, welche man bestreitet und um deren Preis man feilscht. Der Schlüssel von Frankreich dem König von Frankreich zurückgegeben, eine solche Heldenthat berechtigte ohne allen Zweifel zu dem höchsten Trachten, und das des Vicomte d’Ermès war so billig und so heilig!

Er hoffte! Die überzeugenden Ermuthigungen und die süßen Versprechungen von Diana erklangen noch in seinem Ohr mit den letzten Wünschen der Peuquoy. Gabriel sah um sich her André, dessen Gegenwart ihn an die Vielgeliebte erinnerte, und die er ergebenen, muthigen Soldaten, die ihn geleiteten; vor sich fest angebunden am Sattelknopf erblickte er das Kästchen, das die Schlüssel von Calais enthielt; er berührte in seinem Wamms die kostbare Capitulation und die noch viel kostbareren Briefe vom Herzog von Guise und von Frau von Castro; der goldene Ring glänzte an seinem kleinen Finger. Wie viele gegenwärtige und beredte Pfänder des Glücks!

Ganz blau und wolkenlos schien selbst der Himmel von Hoffnung zu sprechen; die lebhafte, aber reine Luft ließ das Blut in den Adern kreisen; die tausend Geräusche der Landschaft in der Abenddämmerung hatten einen Charakter der Ruhe und des Friedens und die Sonne, welche in ihrem Purpurglanze links von Gabriel unterging, gab seinem Auge und seinem Geiste das tröstlichste Schauspiel.

Man konnte sich unmöglich unter glücklicheren Vorzeichen nach einem ersehnten Ziele auf die Reise begeben! Wir werden sehen, was daraus wurde.

XVI.
Ein Quatrain

Am 12. Januar 1558 war im Louvre bei der Königin Catharina von Medicis einer von den früher von uns erwähnten Empfangsabenden, welche um den König alle Prinzen und Edelleute des Reiches versammelte.

Er war besonders glänzend und sehr belebt, obgleich der Krieg in diesem Augenblick im Norden bei dem Herzog von Guise einen großen Theil des Adels zurückhielt.

Es war hier unter den Frauen außer Catharina, der Königin dem Rechte nach, Frau Diana von Poitiers, die Königin der Sache nach, die junge Königin-Dauphine, Maria Stuart, und die schwermüthige Prinzessin Elisabeth, welche Königin von Spanien und durch ihre jetzt schon so sehr bewunderte Schönheit dereinst so unglücklich werden sollte.

Unter den Männern war das gegenwärtige Haupt des Hauses Bourbon, Anton, der zweideutige König von Navarra, ein unentschlossener, schwacher Fürst, den seine Frau mit dem männlichen Herzen, Johanna d’Albret, an den französischen Hof geschickt hatte, daß er es versuche, durch die Vermittlung von Heinrich II. wieder in den Besitz der Ländereien von Navarra zu gelangen, welche Spanien confiscirt hatte.

Doch Anton von Navarra begünstigte schon die calvinistischen Meinungen und wurde nicht mit sehr gutem Auge an einem Hofe angesehen, der die Ketzer verbrannte.

Sein Bruder, Louis von Bourbon, Prinz von Condé war auch da; doch dieser wußte sich mehr Achtung, wenn auch nicht mehr Liebe zu verschaffen. Er war jedoch ein viel mehr überwiesener Calvinist, als der König von Navarra, und man nannte ihn als das geheime Haupt der Rebellen. Doch er besaß die Gabe, sich beim Volk beliebt zu machen. Er war ein kühner Reiter und handhabte geschickt den Degen und den Dolch, obgleich er einen kleinen Wuchs und etwas übertriebene Schultern hatte. Er war dabei galant, witzig, liebte leidenschaftlich die Frauen, und das Volkslied sagte von ihm:

 
Dieser hübsche kleine Mann
Lacht und scherzt, so viel er kann,
Küsset die Geliebte sein,
Gott behüt’ das Männelein!«
 

Um den König von Navarra und den Prinzen von Condé gruppierten sich natürlich die Edelleute, welche offen oder insgeheim zu der Partei der Reform hielten, der Admiral Coligny, la Renaudie, der Baron von Castelnau, der kürzlich erst aus der Touraine, seiner Provinz, angekommen, an diesem Tag zum ersten Male bei Hof vor gestellt wurde.

Die Versammlung war folglich, trotz der Abwesenden, wie man sieht, zahlreich und von Bedeutung. Doch mitten unter dem Geräusch der Aufregung und der Freude blieben zwei Männer zerstreut, ernsthaft und beinahe traurig.

Dies waren aus sehr entgegengesetzten Gründen der König und der Connétable von Montmorency.

Die Person von Heinrich II. war im Louvre, doch sein Geist war in Calais.

Seit drei Wochen, seit dem Aufbruch des Herzogs von Guise, dachte er unablässig, bei Tag und bei Nacht an dieses gewagte Unternehmen, das auf immer die Engländer aus dem Königreich vertreiben, aber auch das Heil Frankreichs auf eine sehr ernste Weise gefährden konnte.

Heinrich machte es sich mehr als einmal zum Vorwurf, daß er Herrn von Guise einen so gefahrvollen Zug erlaubt hatte.

Scheiterte das Unternehmen, welche Schmach in den Augen von Europa! welcher gewaltigen Anstrengungen würde es bedürfen, um eine solche Niederlage wieder gut zu machen! Der Saint-Laurent-Tag wäre nichts gegen dieses. Der Connétable hatte eine Niederlage erlitten, Franz von Lothringen hätte sie gesucht.

Der König, der seit drei Tagen keine Nachricht von der Belagerungsarmee hatte, war also in traurige Gedanken versunken und hörte kaum auf die Ermuthigungen und Versicherungen des Cardinals von Lothringen, der, bei seinem Lehnstuhle stehend, seine Hoffnung wiederzubeleben suchte.

Diana von Poitiers bemerkte wohl die düstere Laune ihres königlichen Liebhabers, da sie aber andererseits Herrn von Montmorency wenigstens eben so trübe gestimmt sah, so ging sie auf ihn zu.

Es war auch die Belagerung von Calais, was den Connétable quälte, doch, wie gesagt, in ganz verschiedenem Sinne.

Der König hatte Furcht vor der Niederlage, der Connétable hatte bange vor dem Gelingen.

Ein günstiger Erfolg würde in der That den Herzog von Guise entschieden in den ersten Rang stellen und den Connétable gänzlich in den zweiten zurückwerfen. Das Heil Frankreichs war der Untergang dieses armen Connétable, und es ist nicht zu leugnen, seine Selbstsucht hatte immer den Vortritt vor seiner Vaterlandsliebe gehabt.

Er empfing auch die schöne Favoritin, welche lächelnd auf ihn zutrat, sehr verdrießlich.

Man erinnert sich, welche seltsame, entartete Liebe die Geliebte des galantesten Königs der Welt für diesen rohen Kriegsknecht hegte.

 

»Was hat denn heute mein alter Krieger?« fragte sie ihn mit dem liebkosendsten Tone.

»Ah! Ihr auch, Ihr verspottet mich auch, Madame?« sprach Montmorency voll Bitterkeit.

»Ich Euch verspotten, Freund! Ihr denkt nicht an das, was Ihr sagt.«

»Ich denke an das, was Ihr sagt,« erwiderte der Connétable brummend. »Ihr nennt mich Euren alten Krieger. Alt? es ist wahr, ich bin nicht mehr ein Jungfernknecht von zwei und zwanzig Jahren. Krieger? nein, Ihr seht, daß man mich nur noch für gut genug hält, um mich in den Sälen des Louvre mit einem Paradedegen zu zeigen.«

»Sprecht nicht so,« sagte die Favoritin mit einem süßen Blick, »seid Ihr nicht noch immer der Connétable?«

»Was ist ein Connétable, wenn es einen Generallieutenant des Königreichs gibt.«

»Dieser letzte Titel vergeht mit den Ereignissen, welche seine Uebertragung veranlaßt hatten. Ohne einen möglichen Widerruf an die erste militärische Würde des Königreiches geknüpft, wird der Eurige nur mit Euch vergehen.«

»Ich bin auch schon vergangen und hingeschieden,« sagte der Connétable mit einem bitteren Lachen.

»Warum sagt Ihr das, Freund?« versetzte Frau von Poitiers. »Ihr habt nicht aufgehört, mächtig und eben so furchtbar gegen Eure öffentlichen Feinde außen, als gegen Eure persönlichen Feinde im Innern zu sein.«

»Sprechen wir im Ernste, Diana, und suchen wir uns nicht einander durch Worte zu reizen.«

»Wenn ich Euch täusche, so geschieht es, weil ich mich selbst täusche,« entgegnete Diana. »Gebt mir Beweise von der Wahrheit, und ich werde nicht nur meinen Irrthum auf der Stelle anerkennen, sondern ihn auch, so viel in meinen Kräften liegt, wieder gut zu machen suchen.«

»Nun wohl! Ihr laßt vor Allem die äußeren Feinde vor mir zittern, und das sind tröstliche Worte; doch wen schickt man in der That gegen diese Feinde? Einen General, der jünger und ohne Zweifel glücklicher ist, als ich, der aber nur eines Tages dieses Glück für seine eigene Rechnung benützen dürfte.«

»Wo seht Ihr, daß es dem Herzog von Guise gelingen wird?« fragte Diana mit der geschicktesten Schmeichelei.

»Wenn er unterläge,« versetzte heuchlerisch der Connétable, »wäre es für Frankreich ein gräßliches Unglück, das ich bitter für mein Vaterland beklagen würde; doch sein Sieg würde vielleicht ein noch viel gräßlicheres Unglück, das ich für meinen König befürchten müßte.«

»Glaubt Ihr denn, der Ehrgeiz von Herrn von Guise . . .?«

»Ich habe ihn sondiert, und er ist tief,« erwiderte der neidische Hofmann. »Habt Ihr bedacht, Diana, was, wenn durch irgend einen Zufall eine Regierungsveränderung einträte, dieser Ehrgeiz, unterstützt durch den Einfluß von Maria Stuart, über einen jungen und unerfahrenen König vermöchte? Meine Anhänglichkeit an Eure Interessen hat mir die Zuneigung der Königin Catharina völlig entzogen. Die Guisen wären mehr Souverains als der Souverain.«

»Ein solches Unglück ist, Gott sei Dank, sehr unwahrscheinlich und sehr entfernt,« erwiderte Diana, die sich des Gedankens nicht erwehren konnte, ihr Connétable von sechzig Jahren muthmaße zu leicht den Tod eines Königs von vierzig.

»Es gibt gegen uns noch andere, viel näher liegende und beinahe eben so furchtbare Chancen,« sprach Herr von Montmorency mit ernster Miene den Kopf schüttelnd.

»Diese entgegenstehenden Chancen, nennt sie mir, mein Freund.«

»Habt Ihr das Gedächtniß verloren, Diana, oder stellt Ihr Euch nur, als wüßtet Ihr nicht, wer mit dem Herzog von Guise nach Calais abgegangen ist, wer ihm allem Anschein nach den Gedanken dieses verwegenen Unternehmens eingeblasen hat, wer triumphierend mit ihm, wenn er triumphiert, zurückkehren und sich vielleicht durch ihn einen Theil der Ehre des Sieges zuschreiben zulassen wissen wird?«

»Sprecht Ihr vom Vicomte d’Ermès?« fragte Diana.

»Von wem sonst, Madame? Habt Ihr sein wahnsinniges Versprechen vergessen, so wird er sich desselben erinnern! Mehr noch, der Zufall ist so sonderbar! der Vicomte ist ein Mann, es zu halten und laut das des König reclamiren.«

»Unmöglich!« rief Diana.

»Was scheint Euch unmöglich, Madame? daß Herr d’Ermès sein Wort hält? oder daß der König sein Wort hält?«

»Die beiden Alternativen sind gleich unsinnig und albern, und die zweite noch mehr als die erste.«

»Wenn jedoch die erste sich verwirklicht, so müßte die zweite nachfolgen, der König ist schwach in Ehrenfragen; er wäre wohl im Stande, es für eine Sache ritterlicher Rechtschaffenheit zu halten und sein Geheimniß und das unsrige in feindliche Hände zu liefern.«

»Ich wiederhole, das ist ein wahnsinniger Traum!« rief Diana erbleichend.

»Wenn Ihr aber diesen Traum mit Euren Händen berührtet und mit Euren Augen sähet, was würdet Ihr thun, Diana?«

»Ich weiß es nicht, mein guter Connétable,« sprach Frau von Valentinois; man müßte überlegen, suchen, handeln. Alles eher, als einen solchen äußersten Schritt des Königs! Verließe uns der König, so müßten wir ohne ihn handeln, und zum Voraus sicher, daß er es nicht wagen würde, uns nach dem Ereigniß zu verleugnen, müßten wir uns unserer eigenen Gewalt, unseres persönlichen Ansehens bedienen.«

»Ah! hier erwartete ich Euch!« sagte der Connétable. »Unsere eigene Gewalt, unser persönliches Ansehen! Sprecht von dem Eurigen, Madame, was das meinige betrifft, so ist es so tief gesunken, daß ich es wahrhaftig als todt betrachte. Meine Feinde im Innern, die Ihr vorhin so sehr beklagtet, hätten sicherlich zu dieser Stunde ein leichtes Spiel mit mir. Es gibt keinen Edelmann am französischen Hof, der nicht mehr Macht besitzt, als dieser klägliche Connétable. Seht nur, welche Leere um meine Person! das ist ganz einfach! wem würde es einfallen, einer gesunkenen Größe den Hof zu machen? Es ist also sicherer für Euch, Madame, fortan nicht mehr auf die Unterstützung eines alten in Ungnade gefallenen Dieners ohne Freunde, ohne Einfluß, sogar ohne Geld zu rechnen.«

»Ohne Geld?« wiederholte Diana etwas ungläubig.

»Ja wohl, Gottes Ostern! Madame,« sagte zum zweiten Male der Connétable voll Zorn, »und das ist vielleicht in meinem Alter und nach den Diensten, wie ich sie geleistet, das Schmerzlichste! Der letzte Krieg hat mich zu Grund gerichtet; mein Lösegeld und das von einigen meiner Leute haben meine letzten Geldmittel erschöpft. Sie wissen es wohl, die Menschen, die mich verlassen! Ich werde nächster Tage darauf angewiesen sein, durch die Straßen zu gehen und Almosen zu fordern, wie jener carthagische General Belisar, glaube ich, von dem ich meinen Neffen, den Admiral, habe sprechen hören.«

»Ei, Connétable, habt Ihr keine Freunde mehr?« versetzte Diana, zugleich über die Bildung und die Habgier ihres alten Freundes lächelnd.

»Nein,« erwiderte der Connétable, »ich habe keine Freunde mehr, sage ich Euch.«

Mit dem allerpathetischsten Tone fügte er bei:

»Die Unglücklichen haben keine Freunde.«

»Ich will Euch das Gegentheil beweisen,« erwiderte Diana. »Ich sehe nun wohl, woher Eure ungestüme Laune kommt. Doch was sagtet Ihr mir so eben? Es fehlt Euch also an Zutrauen zu mir? Das ist schlimm. Gleichviel ich will mich nur als Freundin rächen. Sagt, hat der König nicht in der vorigen Woche eine neue Steuer erhoben?«

»Ja, meine theure Diana,« antwortete der Connétable sonderbar besänftigt, »eine sehr gerechte und sehr schwere Steuer, um die Kriegskosten zu bestreiten.«

»Das genügt, und ich will Euch sogleich zeigen, daß eine Frau die Ungerechtigkeiten des Glücks gegen Leute von Eurem Verdienste mehr als gut zu machen im Stande ist. Heinrich scheint mir auch sehr übler Laune zu sein; gleichviel! ich will ihn auf der Stelle angehen, und Ihr werdet mir wohl sodann zugestehen müssen, daß ich eine treue Verbündete und eine gute Freundin bin.«

»Ach! Diana, eben so gut als schön, ich erkläre es laut,« sagte Montmorency galanter Weise.

»Doch Eurerseits,« versetzte Diana, »werdet Ihr mich, wenn ich die Quellen Eures Ansehens und Eurer Gunst wieder erneuert habe, in der Noth nicht verlassen, mein alter Löwe? Ihr werdet nicht mehr mit Eurer ergebenen Freundin von Eurer Ohnmacht gegen ihre Feinde und die Eurigen sprechen?«

»Ei, liebe Diana, gehört nicht Alles, was ich bin, und Alles, was ich vermag, Euch,« entgegnete der Connétable, »und wenn ich mich zuweilen über den Verlust meines Einflusses betrübe, geschieht es nicht einzig und allein, weil ich meiner schönen Gebieterin minder gut zu dienen befürchte?«

»Gut!« sagte Diana mit einem vielversprechenden Lächeln.

Sie legte ihre weiße, königliche Hand auf die hurtigen Lippen ihres ausgedienten Liebhabers, der einen zärtlichen Kuß darauf drückte, beruhigte ihn durch einen letzten Blick und wandte sich ohne Verzug gegen den König.

Der Cardinal von Lothringen stand immer noch bei Heinrich, betrieb die Angelegenheiten seines abwesenden Bruders und beruhigte mit seiner ganzen Beredtsamkeit den König über den zu befürchtenden Ausgang der verwegenen Expedition nach Calais.

Doch Heinrich hörte mehr auf die Unruhe in seinem Innern, als auf den tröstenden Cardinal.

In diesem Augenblick trat Frau Diana auf ihn zu.

»Ich wette,« sagte sie rasch zum Cardinal, »Eure Eminenz spricht Schlimmes zum König über den armen Herrn von Montmorency?«

»Oh! Madame,« entgegnete Carl von Lothringen, betäubt durch diesen unvorhergesehenen Angriff, »ich darf wohl Seine Majestät zum Zeugen nehmen, daß der Name des Herrn Connétable in unserem Gespräch nicht genannt worden ist.«

»Das ist wahr,« sagte nachlässig der König.

»Eine andere Manier, ihm zu schaden,« äußerte Diana.

»Aber wenn ich über den Connétable weder sprechen, noch schweigen darf, ich bitte, was soll ich denn thun Madame?«

»Ihr müßtet über ihn sprechen, um Gutes von ihm zu sagen,« versetzte Diana.

»Es sei,« erwiderte der listige Cardinal, »in diesem Fall werde ich also sagen, denn die Befehle der Schönheit haben mich stets gehorsam und unterwürfig gefunden, ich werde sagen, Herr von Montmorency sei ein großer Kriegsmann, er habe die Schlacht am Saint-Laurent-Tage gewonnen und das Glück von Frankreich wieder gehoben, und noch in diesem Augenblick habe er, um sein Werk zu vollenden, eine glorreiche Offensive gegen die Feinde genommen und betreibe ein merkwürdiges Unternehmen unter den Mauern von Calais.«

»Calais! Calais! ah! wer wird mir Nachricht von Calais bringen?« murmelte der König, der in dem Wortkrieg zwischen dem Minister und der Favoritin nur diesen Namen gehört hatte.

»Ihr habt eine bewunderungswürdige und christliche Weise, zu loben, Herr Cardinal,« sprach Diana, »und ich mache Euch mein Compliment über eine so kaustische Nächstenliebe.«

»Wahrhaftig, Madame,« erwiderte Carl von Lothringen, »ich sehe nicht, welches andere Lob man für diesen armen Herrn von Montmorency, wie Ihr ihn so eben nanntet, finden könnte.«

»Ihr sucht schlecht, Messire,« sagte Diana. »Könnte man nicht zum Beispiel dem Eifer Gerechtigkeit widerfahren lassen, mit dem der Connétable in Paris die letzten Vertheidigungsmittel organisiert und die wenigen Truppen sammelt, welche Frankreich bleiben, während Andere die wahren Kräfte des Vaterlandes in abenteuerlichen Unternehmungen wagen und gefährden?«

»Oh!« machte der Cardinal.

»Ach!« seufzte der König, zu dessen Geist nur gelangte, was auf seine Sorge Bezug hatte.

»Könnte man nicht beifügen,« fuhr Diana fort, »wenn der Zufall die glorreichen Anstrengungen des Herrn von Montmorency nicht begünstigt, wenn das Unglück sich gegen ihn erklärt habe, so sei er wenigstens frei von allem persönlichen Ehrgeiz und kenne keine andere Sache, als die des Vaterlandes, und dieser Sache habe er Alles aufgeopfert, sein Leben, das er zuerst ausgesetzt; seine Freiheit, die man ihm so lange geraubt; sein Vermögen sogar, von dem ihm zu dieser Stunde nichts mehr bleibt?«

»Ah!« machte Carl von Lothringen mit der Miene des Erstaunens.

»Ja, Eure Eminenz, Herr von Montmorency, wißt es wohl, ist zu Grunde gerichtet.«

»Zu Grunde gerichtet! wahrhaftig?« versetzte der Cardinal.

»Und zwar so sehr zu Grunde gerichtet,« fuhr die freche Favoritin fort, »daß ich gerade Seine Majestät bitten will, den redlichen Diener in seiner Noth zu unterstützen.«

Und da der König, immer noch in Gedanken versunken, nicht antwortete, sagte Diana, indem sie sich, um seine Aufmerksamkeit rege zu machen, unmittelbar an ihn wandte:

»Ja, Sire, ich beschwöre Euch ausdrücklich, Eurem treuen Diener, den sein Lösegeld und die beträchtlichen Kosten eines für den Dienst Eurer Majestät unterhaltenen Krieges seiner letzten Mittel beraubt haben, zu Hilfe zu kommen . . . . Sire, Ihr hört mich?«

 

»Madame, entschuldigt mich,« erwiderte Heinrich, »meine Aufmerksamkeit vermöchte heute Abend nicht bei diesem Gegenstand zu verweilen. Der Gedanke eines möglichen Unglücks in Calais nimmt mich ganz und gar in Anspruch, wie Ihr wißt.«

»Gerade deshalb,« sagte Diana, »gerade deshalb muß Eure Majestät, wie mir scheint, den Mann begünstigen und schonen, der sich zum Voraus anstrengt, um die Wirkungen dieses Unglücks, wenn es auf Frankreich fällt, zu schwächen.«

»Aber es fehlt uns eben so sehr an Geld, als dem Connétable,« entgegnete der König.

»Und die neue Steuer, die man erhebt?« fragte Diana.

»Dieses Geld ist zur Bezahlung und zum Unterhalt der Gruppen bestimmt,« antwortete der Cardinal.

»Dann muß der beste Theil dem Chef der Truppen zukommen.«

»Wohl! dieser Chef ist in Calais,« erwiderte Carl von Lothringen.

»Nein, er ist in Paris, im Louvre,« sagte Diana.

»Ihr wollt also, daß man die Niederlage belohne, Madame?«

»Das ist immer noch besser, als den Wahnsinn zu ermuthigen.«

»Genug!« unterbrach sie der König, »seht Ihr nicht, daß dieser Streit mich ermüdet und beleidigt? Kennt Ihr, Madame, kennt Ihr, Herr Cardinal, den Quatrain, den ich kürzlich in meinem Gebetbuch gefunden habe?«

»Einen Quatrain?« wiederholten gleichzeitig Diana und Carl von Lothringen.

»Wenn ich ein gutes Gedächtnis habe,« sagte Heinrich, »so lautet er, wie folgt:«

 
»Herr, wenn Ihr Euch laßt zu sehr von dem regieren,
Wie es Diana thut und wie es Carl begehrt,
Euch wenden laßt und schmelzen, kneten, führen, —
Seid Ihr nur Wachs und Herr zu sein nicht werth.«
 

Diana kam nicht im Geringsten aus der Fassung.

»Ein galantes Wortspiel!« sagte sie, »das mir nur mehr Einfluß, als ich leider über den Geist Eurer Majestät besitze, zuschreibt!«

»Ei! Madame,« entgegnete der König. »Ihr solltet diesen Einfluß, gerade weil Ihr wißt, daß Ihr ihn habt, nicht mißbrauchen.«

»Habe ich ihn wirklich, Sire?« sagte Diana mit ihrer weichen Stimme. »Eure Majestät bewilligt mir also das, was ich für den Connétable verlange?«

»Es sei!« sprach der belästigte König. »Doch ich denke, Ihr werdet mich nun meinen schmerzlichen Ahnungen, meiner Unruhe überlassen.«

Vor dieser Schwäche wußte der Cardinal nur die Augen zum Himmel aufzuschlagen. Diana warf ihm einen triumphierenden Seitenblick zu.

»Ich danke Eurer Majestät,« sprach sie zum König, »ich gehorche, indem ich mich entferne; doch verbannt die Unruhe und die Furcht, Sire! der Sieg liebt die Großmüthigen, und ich glaube, daß Ihr siegen werdet.«

»Ah! ich nehme das Vorzeichen an, Diana,« sprach Heinrich. »Doch mit welchem Entzücken wurde ich die Kunde empfangen! Seit einiger Zeit schlafe ich nicht mehr, lebe ich nicht mehr. Mein Gott! wie beschränkt ist die Macht der Könige! nicht einmal ein Mittel haben, um zu erfahren, was in diesem Augenblick in Calais vorgeht! Ihr mögt sagen, was Ihr wollt, Herr Cardinal, das Stillschweigen Eures Bruders ist erschreckend. Ah! Nachrichten von Calais, mein Jesus, wer wird sie mir bringen!«

In diesem Augenblick trat der Huissier vom Dienst ein, verbeugte sich vor dem König und meldete mit lauter Stimme:

»Ein Abgesandter von Herrn von Guise, der von Calais kommt, bittet um die Gnade, vor Eure Majestät gelassen zu werden!«

»Ein Abgesandter von Calais!« wiederholte der König, indem er, das Auge glänzend, rasch aufstand und sich kaum zu halten vermochte.

»Endlich,« sagte der Cardinal, ganz zitternd vor Furcht und Freude.

»Führt den Boten von Herrn von Guise ein, führt ihn auf der Stelle ein,« rief der König.

Es versteht sich von selbst, daß alle Gespräche verstummt waren, daß jede Brust zitterte, daß alle Blicke sich der Thüre zuwandten.

Gabriel trat mitten unter einem Stillschweigen von Bildsäulen ein.

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