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Die beiden Dianen

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»Das ist herrlich für die Vergangenheit,« entgegnete Jean Peuquoy, der von der Milde des Stallmeisters nur mittelmäßig erbaut zu sein schien, »aber die Zukunft? wer wird uns für die Zukunft stehen.«

»Ich, der ich über sie wachen werde,« sprach Pierre. »Der Gatte von Babette kommt nicht aus meinen Augen, er muß ein ehrlicher Mann bleiben und einen geraden Weg gehen, wenn nicht . . .«

»So wollt Ihr selbst Gerechtigkeit üben?« unterbrach ihn Jean. »Es wird wohl Zeit dazu sein! mittlerweile wird aber Babette immer geopfert bleiben.«

»Ei, ei! ist die Lage schwierig, so unterziehe ich mich derselben, ich habe sie nicht gemacht,« rief Pierre voll Ungeduld. »Habt Ihr, der Ihr sprecht, einen andern Ausgang gefunden, als den, welchen ich vorschlage?«

»Ja, gewiß, es gibt einen andern Ausgang,« versetzte Jean Peuquoy.

»Welchen?« fragten gleichzeitig Pierre und Babette, und Pierre, man muß es sagen, mit eben so viel Eifer als seine Schwester.

Der Vicomte d’Ermès schwieg immer noch, doch er verdoppelte seine Aufmerksamkeit.

»Nun wohl,« sprach Jean Peuquoy »dürfte sich nicht ein ehrlicher Mann finden, der, mehr gerührt als erschrocken über das Unglück von Babette, einwilligte, ihr seinen Namen zu geben?«

Pierre schüttelte mit einer ungläubigen Miene den Kopf und erwiderte:

»Hoffen wir das nicht. Um so die Augen zu schließen, müßte er verliebt, oder feig sein. In allen Fällen wären wir verbunden, in unser schmerzliches Geheimniß Fremde, Gleichgültige einzuweihen; und obgleich Herr d’Ermès und Martin ergebene Freunde für uns sind, bedaure ich doch, daß die Umstände ihnen das enthüllt haben, was nie hätte aus der Familie kommen sollen.«

Jean Peuquoy erwiderte mit einer Erschütterung, die er vergebens zu verbergen suchte:

»Ich würde Babette keinen Feigen zum Gatten vorschlagen, doch, Pierre, ist Eure Voraussetzung nicht gleichmäßig zulässig? Wenn Einer meine Base liebte, wenn ihn die Ereignisse von dem Fehler, zugleich aber auch von der Reue unterrichtet hätten, und wenn er entschlossen wäre, um sich eine glückliche und ruhige Zukunft zu sichern, eine Vergangenheit zu vergessen, welche Babette gewiß durch Tugenden tilgen würde? . . . . Wenn dies wäre, was würdet Ihr sagen, Pierre? Babette, was würdet Ihr sagen?«

»Oh! das ist nicht möglich! das ist ein Traum!« rief Babette, deren Augen sich dennoch von einem Strahle der Hoffnung erleuchteten.

»Solltet Ihr einen solchen Mann kennen, Jean?« sagte Pierre Peuquoy, der etwas positiver zu Werke ging. »Oder ist es nicht vielmehr von Eurer Seite nur eine Hypothese und, wie Babette sagt, ein Traum?«

Bei dieser bestimmten Frage zögerte, stammelte, zitterte Jean Peuquoy.

Er bemerkte nicht die stillschweigende, tiefe Aufmerksamkeit, mit der Gabriel jeder seiner Bewegungen folgte, er war ganz vertieft in die Anschauung von Babette, welche, bebend und die Augen zu Boden geschlagen, von einer Erschütterung ergriffen zu sein schien, von der der brave Weber, wenig erfahren in solchen Dingen, nicht wußte, wie er sie sich deuten sollte.

Er entschloß sich nicht zu einer für seine Wünsche günstigen Verdolmetschung, denn mit kläglichem Tone antwortete er auf die unmittelbare Frage seines Vetters:

»Ah! Pierre, es ist wahrscheinlich, ich gestehe es, daß das, was ich sagte, nur ein Traum war: Es könnte in der That für die Verwirklichung meines Traumes nicht genügen, daß Babette innig geliebt würde, sie müßte auch ein wenig lieben; sonst wäre sie abermals unglücklich. Derjenige aber, welcher so von Babette sein Glück um den Preis des Vergessens erkaufen würde, hätte sich ohne Zweifel seinerseits einen Nachtheil verzeihen zu lassen und wäre wahrscheinlich weder jung, noch schön, noch liebenswürdig. Es hat also keinen Anschein, daß Babette selbst seine Frau zu werden einwilligen würde, und deshalb war Alles, was ich gesagt habe, wie ich befürchte, nur ein Traum.«

»Ja, es war ein Traum« sprach traurig Babette,«doch nicht aus den Gründen, die Ihr genannt habt, mein Vetter. Den Mann, der edelmüthig genug wäre, mir mit einer solchen Ergebenheit beizustehen, müßte ich, und wäre er der verwelkte und verdrießlichste Greis, jung finden, denn seine Handlung würde von einer Seelenfrische zeugen, die man mit zwanzig Jahren nicht immer hat; ich müßte ihn schön finden, denn so gute und mildherzige Ansichten können nur einen edlen Ausdruck einem Gesicht verbreiten; ich müßte ihn endlich liebenswürdig finden, denn er hätte mir den größten Beweis von Liebe gegeben, den eine Frau empfangen kann. Es wäre daher meine Pflicht und meine Freude, ihn mein Leben lang von ganzem Herzen zu lieben, und das wäre ganz einfach unmöglich und unwahrscheinlich, aber ist es, eine Selbstverleugnung wie die, von der Ihr spracht, mein Vetter, für ein armes Mädchen, wie ich, ohne Schönheit und ohne Ehre zu finden. Es gibt vielleicht Männer; welche groß und mild genug sind, um den Gedanken eines solchen Opfers zu fassen, und das ist schon viel, aber mit der Ueberlegung würden die Einen zweifeln, die Andern im letzten Augenblick zurückweichen, und ich würde von meiner Hoffnung wieder in meine Verzweiflung versinken. Dies, mein guter Jean, sind die wirklichen Gründe, aus denen Ihr gesagt habt, es wäre nur ein Traum.«

»Und wenn es dennoch die Wahrheit wäre?« sprach plötzlich Gabriel sich erhebend.

»Wie? was sagt Ihr?« rief Babette Peuquoy ganz erschüttert.

»Ich sage, Babette,« erwiderte Gabriel, »daß dieser ergebene, dieser edle Mann lebt.«

»Ihr kennt ihn?«« fragte Pierre ganz erschüttert.

»Ich kenne ihn,« antwortete lächelnd der junge Mann. »Er liebt Euch in der That, Babette, aber mit einer eben so väterlichen als zärtlichen Zuneigung, mit einer Zuneigung, welche gern beschützt, vergibt. Ihr könnt auch ohne Hintergedanken sein Opfer annehmen, in das sich keine Verachtung mischt, und das nur durch das zarteste Mitleid und durch die aufrichtigste Ergebenheit hervorgerufen wird. Ueberdies werdet Ihr eben so viel geben, als Ihr empfangt, Babette, Ihr werdet die Ehre empfangen, aber Ihr werdet das Glück geben; denn derjenige, welcher Euch liebt, ist allein, vereinzelt in der Welt, ohne Freude, ohne Interessen, ohne Zukunft, und Ihr werdet ihm dies Alles bringen und macht ihn, wenn Ihr ihn annehmt, heute eben so glücklich, als er Euch eines Tags glücklich machen wird . . . . Ist es nicht wahr, Jean Peuquoy?»

»Aber . . . . Herr Vicomte . . . . ich weiß nicht,« stammelte Jean Peuquoy, zitternd wie Laub.

»Ja, Jean,« fuhr Gabriel stets lächelnd fort, »ja, Ihr wißt vielleicht Eines in der That nicht: daß Babette ihrerseits für denjenigen, welcher sie liebt, nicht nur eine tiefe Achtung, nicht nur eine innig gefühlte Dankbarkeit, sondern auch eine fromme Zärtlichkeit hegt. Babette hat, wenn nicht errathen, doch wenigstens unbestimmt die Liebe geahnt, deren Gegenstand sie war, und sie fühlte sich dadurch zuerst in ihren eigenen Augen erhoben, sodann gerührt und endlich glücklich. Seitdem hat sie eine so heftige Abneigung gegen den Elenden gefaßt, der sie hintergangen. Deshalb flehte sie so eben ihren Bruder auf den Knieen an, sie nicht mit dem Mann zu verbinden, den sie nur gleichsam aus einem Irrthum, in Folge einer Art von Ueberrumpelung geliebt hat, und den sie heute in voller Zuneigung für den, welcher sie retten will, verabscheut . . .  Täusche ich mich, Babette? . . .«

»In Wahrheit . . . . gnädiger Herr . . . . ich weiß nicht . . .« erwiderte Babette, bleich wie Schnee.

»Die Eine weiß nicht, der Andere weiß nicht,« versetzte Gabriel. »Wie! Babette, wie! Jean, Ihr wißt nichts von Eurem eigenen Innern, Ihr kennt Eure eigenen Gefühle nicht? Geht doch, das ist unmöglich! Ich offenbare Euch nicht, Babette, daß Jean Euch liebt! Jean, Ihr vermuthetet vor mir, Ihr wäret von Babette geliebt!«

»Ist Es möglich,« rief Pierre Peuquoy entzückt, »nein, das wäre zu viel Freude!«

»Ei? seht sie!« sagte Gabriel zu ihm.

Babette und Jean hatten sich noch unentschlossen und halb ungläubig angeschaut.

Dann las Jean in den Augen von Babette eine so glühende Dankbarkeit und Babette in den Augen von Jean eine so rührende Bitte, daß sie mit einem Male überzeugt waren.

Ohne daß sie wußten, wie es geschah, lagen sie einander in den Armen.

Pierre Peuquoy hatte in seinem Entzücken nicht die Kraft, ein Wort zu sprechen, doch er drückte Jean auf eine Weise die Hand, welche beredter war, als alle Sprachen der Welt.

Martin-Guerre, hatte sich auf jede Gefahr aufgesetzt und schlug, Thränen in den Augen, ganz begeistert bei dieser unerwarteten Entwickelung in die Hände.

Als dieser erste Freudenrausch vorüber war, sprach Gabriel:

»Dies ist also abgeschlossen, Jean Peuquoy heirathet Babette so bald als möglich, und ehe sie sich bei ihrem Bruder einrichten, bringen sie einige Monate bei mir in Paris zu. So wird das Geheimniß von Babette, die traurige Ursache dieser glücklichen Heirath, begraben in der Brust der fünf Redlichen sterben, welche hier gegenwärtig sind; ein Sechster könnte dieses Geheimnis verrathen; doch dieser, wenn er sich nach dem Schicksale von Babette erkundigte, was sehr zweifelhaft ist, sollte sie nicht lange beunruhigen, dafür stehe ich Euch! Meine guten und theuren Freunde, Ihr könnt fortan ruhig und zufrieden leben und Euch in voller Sicherheit der Zukunft überlassen.«

»Mein edler, mein hochherziger Gast!« rief Pierre Peuquoy, Gabriel die Hand küssend.

»Euch,« sprach Jean, »Euch allein verdanken wir unser Glück, gerade wie der König Euch Calais verdankt.«

»Und jeden Tag, jeden Morgen und jeden Abend werden wir glühend für unsern Retter zu Gott beten.«

»Ja, Babette,« sprach Gabriel bewegt, »ich danke Euch für diesen Vorsatz: betet zu Gott, damit Euer Retter sich nun selbst retten kann.«

XV.
Glückliche Vorzeichen

»Oh!« erwiderte Babette Peuquoy auf den schwermüthigen Zweifel von Gabriel, »gelingt Euch nicht Alles, was Ihr unternehmt? Bei der Vertheidigung von Saint-Quentin und der Einnahme von Calais, wie bei dem Schlusse der Heirath der armen Babette?«

 

»Ja, es ist wahr,« versetzte Gabriel mit einem traurigen Lächeln, »Gott gestattet, daß die unüberwindlichsten und furchtbarsten Hindernisse meines Pfades sich wie durch einen Zauber vor mir zerstreuen. Doch leider ist dies kein Grund, zu glauben, ich berühre das ersehnte Ziel.«

»Ah!« entgegnete Jean Peuquoy, »Ihr habt zu viel Glückliche gemacht, um nicht selbst am glücklichen Ziele zu sein.«

»Ich nehme dieses Vorzeichen an, Jean,« sprach Gabriel, »und nichts kann für mich eine günstigere Vorbedeutung sein, als daß ich meine Freunde in Calais im Frieden und in der Freude zurücklasse. Doch Ihr wißt, ich muß nun von Euch scheiden, vielleicht um dem Schmerz und den Thränen entgegenzugehen! Lassen wir wenigstens keine Sorge zurück und ordnen wir Alles wohl an, was uns interessiert.«

Man bestimmte nun den Tag der Hochzeit, der Gabriel zu seinem großen Bedauern nicht beiwohnen sollte, und sodann den Tag der Abreise von Jean und Babette nach Paris.

»Es kann sein,« sprach Gabriel traurig, »daß Ihr mich nicht in meinem Hotel findet, um Euch zu empfangen. Diese Vorhersehung wird sich hoffentlich nicht verwirklichen; doch ich werde vielleicht genöthigt sein, mich auf einige Zeit von Paris und von Hof zu entfernen. Gleichviel! kommt immerhin. Aloyse, meine gute Amme, wird Euch an meiner Stelle empfangen, als ob ich es selbst thäte. Denkt zuweilen mit ihr an Euren abwesenden Wirth.«

Martin-Guerre mußte wider seinen Willen in Calais bleiben. Ambroise Paré hatte erklärt, seine Wiedergenesung werde lange dauern und verlange die größte Sorgfalt und die größte Schonung. Daß Martin darüber ärgerlich war, nützte ihm nichts, er mußte sich fügen.

»Doch sobald Du geheilt bist, mein Treuer,« sprach der Vicomte d’Ermès zu ihm, »komm sogleich nach Paris, und ich werde, was auch geschehen mag, mein Versprechen halten und Dir Deinen seltsamen Verfolger ausliefern. Ich bin nun hierzu doppelt verpflichtet.«

»Oh! gnädiger Herr, denkt an Euch und nicht an mich,« sagte Martin-Guerre.

»Jede Schuld soll bezahlt werden,« sprach Gabriel. »Doch Gott befohlen, meine Freunde, die Stunde schlägt, und ich muß zu Herrn Guise zurückkehren. Ich habe ihn in Eurer Gegenwart um eine Gnade gebeten, die er mir hoffentlich bewilligen wird, wenn ich ihm bei diesen letzten Ereignissen nützlich sein konnte.«

Doch die Peuquoy wollten den Abschied von Gabriel nicht so annehmen. Sie würden ihn um drei Uhr an dem Pariser Thore erwarten, um ihm Lebewohl zu sagen und ihn noch einmal zu sehen.

Martin-Guerre allein trennte sich in diesem Augenblick von seinem Herrn, nicht ohne Bedauern und nicht ohne Kummer; doch Gabriel tröstete ihn ein wenig durch einige von den guten Worten, die er so trefflich zu finden wußte.

Eine Viertelstunde nachher wurde der Vicomte Ermès bei dem Herzog von Guise eingeführt.

»Seid Ihr da, Ehrgeiziger,« sagte lachend Franz von Lothringen, als er ihn eintreten sah.

»Mein ganzer Ehrgeiz bestand darin, daß ich Euch mit meinen besten Kräften zu unterstützen suchte, gnädigster Herr,« erwiderte Gabriel.

»Oh! hier seid Ihr nicht mit Ehrgeiz zu Werke gegangen,« versetzte der Balafré.« (Wir können nun dem Herzog diesen Namen oder vielmehr diesen Titel geben.) »Ich nenne Euch ehrgeizig, Gabriel,« fuhr er heiter fort, »wegen der zahlreichen und maßlosen Bitten, die Ihr an mich gerichtet habt, ohne daß ich weiß, ob ich ihnen werde entsprechen können!«

»Ich habe sie in der That mehr nach Eurer Großmuth, als nach meinen Verdiensten ermessen, gnädigster Herr,« sprach Gabriel.

»Ihr habt eine schöne Meinung von meiner Großmuth!« erwiderte der Herzog von Guise mit sanftem Spott. »Ich mache Euch zum Richter, Herr von Vandemont,« sagte er zu einem Herrn, der an seinem Bette saß und ihm in diesem Augenblick einen Besuch abstattete. »Ich mache Euch zum Richter und Ihr werdet beurtheilen, ob es erlaubt ist, einem Fürsten solche armselige Gesuche vorzutragen.«

»Nehmt an, ich habe mich schlecht ausgedrückt, gnädigster Herr,« entgegnete Gabriel, »ich habe meine Bitten nur nach meinen Verdiensten ermessen und nicht nach Eurer Großmuth.«

»Abermals falsch gesprochen!« sagte der Herzog, »denn Euer Werth steht hundertmal über meiner Macht. Doch vernehmt ein wenig, Herr von Vaudemont, welche unerhörte Gunstbezeugungen der Vicomte d’Ermès von mir verlangt.«

»Ich erkläre zum Voraus, gnädigster Herr,« sagte der Marquis von Vaudemont, »sie werden immer noch zu gering sowohl für Euch als für ihn sein. Doch nennt sie mir.«

»Erstens,« antwortete der Herzog von Guise, »verlangt Herr d’Ermès von mir daß ich die kleine Truppe, die er für eigene Rechnung angeworben hat, mit mir nach Paris nehme, bis dahin aber nach meinem Belieben verwende. Er behält nur vier Leute zu seinem Gefolge bis Paris. Und diese Muthigen, die er mir so unter dem Vorwand, sie mir zu empfehlen, leiht, sind keine andere Menschen, Herr von Vaudemont, als die eingefleischten Teufel, die mit ihm durch eine titanische Erkletterung das unüberwindliche Fort von Risbank genommen haben. Sprecht nun, wer von uns leistet dem andern hierbei einen Dienst, Herr d’Ermès oder ich?«

»Ich muß gestehen, daß es Herr d’Ermès ist,« antwortete der Marquis von Vaudemont.

»Und meiner Treue! ich nehme diese neue Verbindlichkeit an,« sprach heiter der Herzog von Guise. »Ich werde Eure acht Braven nicht durch zu viel Muße verderben, Gabriel. Sobald ich aufstehen kann, führe ich sie mit mir vor Ham; denn ich will diesen Engländern nicht einen Zoll breit Land in unserem Frankreich lassen. Malemort selbst, der ewig Verwundete, soll mitkommen. Meister Paré hat ihm versprochen, er würde in derselben Zeit, wie ich, geheilt werden.«

»Das würde ihn sehr glücklich machen, gnädigster Herr,« sagte Gabriel.

»Somit ist also eine erste Gnade bewilligt und zwar ohne zu große Anstrengung von meiner Seite. Als zweite Verbindlichkeit erinnert mich Herr d’Ermès daran, daß sich hier in Calais Frau Diana von Castro, die Tochter des Königs, befindet; Ihr kennt sie, Herr von Vaudemont, die Engländer haben sie hier gefangen gehalten. Unter den vielen Geschäften, mit denen ich überhäuft bin, läßt mich der Vicomte d’Ermès zu rechter Zeit daran denken, daß ich dieser Dame von königlichem Blut den Schutz und die Ehre, worauf sie Anspruch zu machen hat, sichern muß. Ist dies nicht abermals ein Dienst, den mir Herr d’Ermès leistet, ja oder nein?«

»Ohne allen Zweifel,« antwortete der Marquis von Vaudemont.

»Dieser zweite Punkt ist also geordnet,« sprach der Herzog von Guise. »Meine Befehle sind schon gegeben, und obgleich ich für einen ziemlich schlechten Höfling gelte, halte ich doch zu fest an meinen Pflichten als Edelmann gegen die Damen, um die durch die Person und den Rang von Frau von Castro gebotenen Rücksichten zu vergessen. Frau von Castro wird, wann und wie es ihr beliebt, durch eine schickliche Escorte nach Paris begleitet werden.«

Gabriel verbeugte sich statt jedes Dankes vor dem Herzog; er befürchtete, das Interesse und das Gewicht, das er auf dieses Versprechen legte, durchblicken zu lassen.

»Drittens,« fuhr der Herzog von Guise fort, »drittens ist der englische Gouverneur dieser Stadt vom Vicomte d’Ermès zum Gefangenen gemacht worden. In der Lord Derby bewilligten Capitulation machten wir uns anheischig, ihn gegen Lösegeld anzunehmen. Doch Herr d’Ermès, dem Gefangener und Lösegeld gehören, erlaubt uns noch großmüthiger zu verfahren. Er verlangt in der That die Vollmacht, Lord Wentworth nach England zurückzuschicken, ohne daß er irgend einen Preis für seine Freiheit zu bezahlen hat. Wird uns diese Handlung unserer Höflichkeit nicht jenseits des Canals große Ehre machen, und leistet uns Herr d’Ermès nicht somit einen wahren Dienst?«

»Noch der edlen Art und Weise, wie der gnädigste Herr die Sache versteht, ist dies gewiß,« sprach Herr von Vaudemont.

»Seid zufrieden, Gabriel,« fuhr der Herzog fort, »Herr von Thermes ist in Eurem und in meinem Auftrag abgegangen, um Lord Wentworth zu befreien und ihm seinen Degen zurückzugeben. Sobald er es wünscht, kann er abreisen.«

»Ich danke Euch, gnädigster Herr,« sprach Gabriel, »doch haltet mich nicht für so großmüthig. Ich bezahle nur meine Schuld für das artige Benehmen von Lord Wentworth gegen mich, als ich selbst sein Gefangener war, und will ihm zugleich eine Biedermanns-Lection geben, deren Vorwurf und stillschweigende Anspielung er verstehen wird, wie ich hoffe.«

»Ihr habt mehr als jeder Andere das Recht, bei diesen Fragen streng zu sein,« sagte der Herzog von Guise mit ernstem Tone.

»Nun, gnädigster Herr,« sprach Gabriel, als er voll Unruhe sah, daß seine Hauptsorge von Franz von Lothringen mit Stillschweigen übergangen wurde, »erlaubt mir, Euch nun an das zu erinnern, was Ihr mir am Vorabend der Einnahme des Fort von Risbank zu versprechen die Gnade hattet.«

»Wartet doch, ungeduldiger junger Mann,« rief der Balafré. »Auch den drei ungeheuren Diensten, die ich Euch leiste und die Herr von Vaudemont bestätigt hat, steht mir wohl das Recht zu, einen von Euch zu fordern. Ich bitte Euch also, da Ihr morgen nach Paris abreist, die Schlüssel von Calais mitzunehmen und dem König zu überreichen.«

»Oh! gnädigster Herr,« unterbrach ihn Gabriel mit überschwenglicher Dankbarkeit.

»Ich denke, das wird Euch nicht zu sehr belästigen,« fügte der Herzog bei. »Ihr seid schon an solche Botschaften gewöhnt, Ihr, der Ihr mit der Ueberbringung der Fahnen unseres Feldzugs in Italien beauftragt wart.«

»Oh! Ihr wisst die Wohlthaten durch die freundliche Weise, wie Ihr sie ertheilt, zu verdoppeln, gnädiger Herr!« rief Gabriel entzückt.

»Mehr noch,« fuhr der Herzog von Guise fort, »Ihr übergebt Seiner Majestät bei derselben Gelegenheit eine Abschrift von der Capitulation und diesen Brief, der ihm unsern Sieg verkündigt, und den ich, trotz der Gebote von Meister Ambroise Paré, diesen Morgen ganz mit eigener Hand geschrieben habe. Doch,« fügte er mit einer bezeichnenden Miene bei, »ohne Zweifel hätte Niemand mit so viel Ansehen wie ich Euch Gerechtigkeit widerfahren lassen und Gerechtigkeit verschaffen können, Gabriel. Ich hoffe, Ihr werdet mit mir und folglich mit dem König zufrieden sein. Nehmt, mein Freund, hier ist der Brief, hier sind die Schlüssel. Ich brauche Euch nicht Sorgfalt zu empfehlen.«

»Und ich, gnädigster Herr, ich brauche Euch nicht zu sagen, daß ich Euch gehöre auf Leben und Tod!« rief Gabriel mit bewegter Stimme.

Er nahm das Kistchen von geschnitztem Holz und den gesiegelten Brief, den ihm der Herzog von Guise reichte. Es waren kostbare Talismann, die ihm vielleicht die Freiheit seines Vaters und sein eigenes Glück eintragen würden.

»Nun halte ich Euch nicht mehr zurück,« sagte der Herzog von Guise. »Ihr habt ohne Zweifel Eile, abzureisen und, nicht minder glücklich als Ihr, fühle ich nach diesem bewegten Morgen eine Müdigkeit, die mir gebieterischer als Meister Paré einige Stunden Ruhe verordnet.«

»Gott befohlen, und abermals meinen Dank, gnädigster Herr,« sagte der Vicomte d’Ermès.

In diesem Augenblick trat ganz bestürzt Herr von Thermes ein, den der Herzog von Guise zu Lord Wentworth abgeschickt hatte.

»Ah!« sagte der Herzog, als er ihn erblickte, »unser Botschafter bei dem Sieger wird nicht abgehen, ohne unsern Botschafter bei dem Besiegten gesehen zu haben. Doch was gibt es, Herr von Thermes? Ihr scheint ganz betrübt?«

»Ich bin es auch, Monseigneur,« antwortete Herr von Thermes.

»Wir? was ist vorgefallen?« fragte der Balafré, »Ist Lord Wentworth . . .?«

»Lord Wentworth, dem ich Eurem Befehl gemäß seine Freiheit ankündigte und seinen Degen zurückgab, nahm diese Gunst kalt und ohne eine Wort zu sagen an. Ich verließ ihn erstaunt über dieses sonderbare Benehmen, als mich ein gewaltiges Geschrei zu ihm zurückrief. Den erste Gebrauch, den er von seiner Freiheit machte, war, daß er sich den Degen, den ich ihm übergeben hatte, durch den Leib rannte. Er starb auf der Stelle, und ich habe nur seinen Leichnam wiedergesehen.«

»Ah!« rief der Herzog von Guise, »die Verzweiflung über seine Niederlage wird ihn zu diesem äußersten Entschluß angetrieben haben. Denkt Ihr das nicht auch, Gabriel? Das ist ein wahres Unglück!«

»Nein, gnädigster Herr,« entgegnete Gabriel mit traurigem Ernste, »nein, Lord Wentworth hat sich nicht getödtet, weil er besiegt worden ist.«

»Wie! aus welcher Ursache denn?« fragte der Balafré.

»Erlaubt mir, Euch diese Ursache zu verschweigen, gnädigster Herr,« antwortete der Vicomte d’Ermès. »Ich hätte dieses Geheimniß beim Leben von Lord Wentworth bewahrt, und werde es auch bei seinem Grab bewahren. Doch vor diesem stolzen Tod,« fuhr Gabriel die Stimme dampfend fort, »kann ich Euch, gnädigster Herr, anvertrauen, daß ich an seiner Stelle gehandelt hätte, wie er gehandelt hat. Ja, Lord Wentworth hat wohl gethan! denn hätte er auch nicht vor mir zu erröthen gehabt, so ist schon das Gewissen eines Edelmanns ein hinreichend lästiger Zeuge, daß man ihm um jeden Preis Stillschweigen auferlegen muß, und wenn man dem Adel eines edlen Landes angehört, so gibt es ein unseliges Fallen, von dem man sich nur erhebt, wenn man in den Tod sinkt.«

 

»Ich verstehe Euch, Gabriel,« sprach der Herzog von Guise. »Wir haben Lord Wentworth nur noch die letzte Ehre zu erweisen.«

»Er ist derselben nun würdig,« erwiderte Gabriel, »und während ich bitter dieses nothwendige Ende beklage, ist es mir nichtsdestoweniger lieb, daß ich bei meinem Abgange denjenigen, dessen Gast ich in dieser Stadt gewesen bin, wieder schätzen und beweinen kann.«

Als Gabriel nach einigen Augenblicken vom Herzog von Guise unter erneuertem Dank Abschied genommen hatte, ging er geraden Wegs nach dem ehemaligen Hotel des Gouverneurs, wo Frau von Castro noch verweilte.

Er hatte Diana seit dem vorhergehenden Tage nicht gesehen; doch sie hatte schnell und mit ganz Calais den glücklichen Dazwischentritt von Ambroise Paré und die Rettung des Herzogs von Guise erfahren. Gabriel fand sie daher beruhigt.

Die Liebenden sind abergläubisch, und diese Ruhe seiner Vielgeliebten that ihm wohl.

Diana war natürlich noch viel zufriedener, als ihr der Vicomte d’Ermès mittheilte, was zwischen dem Herzog von Guise und ihm vorgefallen war, und ihr den Brief und das Kästchen zeigte, das er durch so viele und so große Gefahren erkauft hatte.

Selbst unter dieser Freude drückte sie ein christliches Bedauern über das traurige Ende von Lord Wentworth aus, der sie allerdings eine Stunde lang beleidigt, aber drei Monate lang geehrt und beschützt hatte.

»Gott verzeihe ihm, wie ich ihm verzeihe,« sagte sie.

Gabriel sprach sodann von Martin-Guerre, von den Peuquoy, von dem Schutz, den Herr von Guise ihr, Diana, angedeihen ließ . . . er sprach ihr von Allem, was sie umgab, ohne ganz ihr zu, gehören.

Er hätte gern, um zu bleiben, tausend andere Gegenstände der Unterhaltung gefunden, und dennoch nahm ihn der Gedanke, der ihn nach Paris rief, gebieterisch in Anspruch. Er wünschte abzureisen und zu bleiben; er war zugleich glücklich und unruhig.

Endlich, da die Stunde vorrückte, mußte Gabriel seine Abreise ankündigen, die er nicht mehr länger als einige Augenblicke verschieben konnte.

»Ihr reist, Gabriel? Desto besser, aus tausend Gründen!« sagte Diana. »Ich hatte nicht den Muth, mit Euch von dieser Abreise zu sprechen, und Ihr gebt mir doch, wenn Ihr sie nicht verschiebt, den größten Beweis von Zuneigung, den ich von Euch empfangen kann. Ja, mein Freund, reist ab, damit ich minder lang zu leiden und zu warten habe. Reist ab, damit sich unser Schicksal rascher entscheide.«

»Seid gesegnet für diesen guten Muth, der den meinigen unterstützt!« sagte Gabriel.

»Ja, so eben,« fuhr Diana fort, »fühlte ich, als ich Euch hörte, eine gewisse Beklemmung, und Ihr mußtet, während Ihr zu mir spracht, dasselbe empfinden. Wir plauderten von hundert Dingen und wagten es nicht, die wahre Frage über unsere Herzen und unsere Existenzen anzugreifen. Doch da Ihr in einigen Minuten von hinnen geht, können wir ohne Furcht auf den einzigen Gegenstand, der uns interessiert, zurückkommen.«

»Ihr lest mit einem Blick in meiner Seele und der Eurigen.«

»Hört mich also,« sprach Diana. »Außer diesem Brief, den Ihr dem König vom Herzog von Guise überbringt, werdet Ihr Seiner Majestät einen andern übergeben, den ich diese Nacht geschrieben habe. Ich erzähle ihm, wie Ihr mich befreit und gerettet habt. So wird es für ihn und für Alle klar werden, daß Ihr dem König von Frankreich seine Stadt und dem Vater seine Tochter zurückgegeben habt. Ich spreche so, denn ich hoffe, die Gefühle von Heinrich II. für mich täuschen sich nicht, und ich habe wohl das Recht, ihn meinen Vater zu nennen.«

»Theure Diana! möchtet Ihr wahr sprechen!« rief Gabriel.

»Ich beneide Euch, Gabriel,« sagte Frau von Castro, »Ihr werdet vor mir den Schleier unseres Geschickes lüften. Doch ich folge Euch von Nahem, Freund. Da Herr von Guise so gut für mich gesinnt ist, werde ich schon morgen abzureisen verlangen, und obschon ich langsamer reisen muß, als Ihr, werdet Ihr doch nur wenige Tage vor mir in Paris ankommen.«

»Ja, ja, kommt rasch!« sagte Gabriel, »mir scheint, Eure Gegenwart wird mir Glück bringen.«

»Ja in jedem Fall,« fuhr Diana fort, »will ich nicht ganz von Euch abwesend sein; es soll Euch Jemand von Zeit zu Zeit an mich erinnern. Da Ihr Euren treuen Stallmeister Martin-Guerre hier zu lassen genöthigt seid, so, nehmt den französischen Pagen mit, den Lord Wentworth zu meiner Verfügung stellte. André ist nur ein Kind, er ist kaum sechzehn Jahre alt und sein Charakter ist vielleicht noch jünger als sein Alter. Doch er ist treu, redlich und kann Euch nützlich sein. Nehmt ihn von mir an. Unter den anderen rauhen Gesellen die Euch begleiten, wird er ein sanfterer, liebevollerer Diener sein, den ich gerne an Eurer Seite weiß.«

»Oh! ich danke für diese zarte Fürsorge,« sprach, Gabriel, »doch Ihr wißt, daß ich in wenigen Augenblicken abreise . . .«

»André ist benachrichtigt,« erwiderte Diana. »Wenn Ihr wüßtet wie stolz er ist, Euch anzugehören! Er trifft seine Vorkehrungen, und ich habe ihm nur noch einige letzte Instructionen zu geben, während Ihr von der guten Familie Peuquoy Abschied nehmt. André, wird Euch einholen, ehe Ihr Calais verlassen habt.«

»Ich nehme Euer Anerbieten mit Freuden an!« versetzte Gabriel. »Ich werde wenigstens Jemand haben, mit dem ich zuweilen von Euch sprechen kann.«

»Daran dachte ich auch,« sagte Frau von Castro, ein wenig erröthend. »Doch nun fahret wohl!« fügte sie lebhaft bei, »wir müssen uns Gott befohlen sagen.«

»Oh! nicht: Fahret wohl,« entgegnete Gabriel, »das ist das traurige Wort der Trennung! Nicht: Fahret wohl! sondern: auf Wiedersehen.«

»Oh! wann und besonders wie werden wir uns wiedersehen? Löst sich das Räthsel unseres Schicksals durch das Unglück, so wird es das Beste sein, wenn wir uns nie wiedersehen!«

»Ach! sagt das nicht, Diana,« rief Gabriel, »sagt das nicht . . . Wer wird Euch übrigens außer mir die traurige oder günstige Entwickelung mittheilen können?«

»Ah! Gott!« versetzte Diana schaudernd, »mag sie günstig oder traurig sein, mir scheint, ich werde, wenn ich sie von Eurem Munde hören muß, vor Freude oder Schmerz sterben.«

»Aber wie sollt Ihr denn erfahren . . .«

»Wartet einen Augenblick,« sagte Frau von Castro.

Sie zog von ihrem Finger einen goldenen Ring, nahm aus einer Kiste den Nonnenschleier, den sie im Kloster der Benedictinerinnen in Saint-Quentin getragen hatte, und sprach feierlich:

»Hört, Gabriel; da sich wahrscheinlich Alles vor meiner Rückkehr entscheiden wird, schickt mir André von Paris entgegen. Ist Gott für uns, so soll er diesen Hochzeitring der Vicomtesse von Montgommery überreichen. Trügt uns unsere Hoffnung, so soll er im Gegentheil diesen Nonnenschleier der Schwester Bénie zustellen.«

»Oh! laßt mich zu Euren Füßen Euch anbeten wie einen Engel!« rief der junge Mann, die Seele durchdrungen von diesem rührenden Beweis der Liebe.

»Nein, Gabriel, nein, steht auf. Seien wir fest und würdig vor den Plänen Gottes. Drückt auf meine Stirne einen keuschen, brüderlichen Kuß, wie ich einen auf die Eurige drücke, indem ich Euch, so viel in meiner Macht liegt, mit Glauben und Thatkraft ausrüste.«

Sie tauschten stillschweigen diesen frommen, schmerzlichen Kuß aus.

»Und nun, mein Freund,« sprach Diana, »verlassen wir uns, es muß sein, und sagen wir uns nicht: Fahre wohl, da Ihr dieses Wort fürchtet, sondern: Auf Wiedersehen in dieser Welt oder in der andern!«

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