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Der Schiffs-Capitain

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XI

Des folgenden Tages erwachten die Bewohner des Schlosses d'Auray, von Furcht und Hoffnung , wie sie ihr verschiedenes Interesse mit sich brachte, mehr als jemals beschäftigt; denn für alle sollte es ein entscheidender Tag sein. Die Marquise, die jetzt unsere Leser als eine zwar weder verdorben, noch boshaft, jedoch sehr hochmüthige und unbeugsame Frau kennen, sah in ihm das Ende ihrer stets erneuten Angst, denn ganz besonders wollte sie in den Augen ihrer Kinder jenen fleckenlosen Ruf erhalten, dessen Behauptung ihr so heuer zu stehen kam. Für sie war Lectour nicht nur ein passender Schwiegersohn, der einen, den ihrigen würdigen Namen führte, sondern auch ein Mann, vielmehr ein guter Genius, der zugleich ihre Tochter als seine Gemahlin sondern auch ihren Sohn, dem der Minister, behufs dieser Vermälung, ein Regiment zu geben versprochen hatte, entfernt. Waren diese Kinder einmal fort, und der Erstgeborene erschienen, so fand das Geheimniß keinen Widerhall. Auch gab es tausend Mittel ihm den Mund zu stopfen. Das Vermögen der Marquise war ungeheuer, und sie hielt in solchen Fällen das Gold für ein unfehlbares Mittel. So stark als demnach ihre Furcht war, betrieb sie auch diese Verbindung: also, daß sie nicht nur Lectours Zudringlichkeit unterstützte, sondern auch Manuels Eifer anfeuerte. Dieser hatte es satt, unbekannt in Paris zu leben, oder sich in der Bretagne zu vergraben; verloren unter der Jugend, die des Königs Hofstaat ausmacht, oder verbannt in das alte Schloß seiner Ahnen, zu den alten Familienbildern, klopfte er eifrig an das goldne Thor, welches ihm sein künftiger Schwager in Versailles aufzuthun versprach.

Der Kummer und die Thränen seiner Schwester hatten ihn wohl einen Augenblick betrübt, denn er war mehr ehrgeizig aus Furcht vor der Langenweile, die ihm in seiner Behausung erwartete, und aus Verlangen an der Spitze eines Regiments zu paradieren, um die Köpfe der Frauen durch seinen Reichthum und seine geschmackvolle Uniform verrücken zu können, als aus Stolz und Härte des Herzens; da er aber selbst einer ernstlichen Leidenschaft unfähig war, so betrachtete er die Liebe seiner Schwester, ohnerachtet der traurigen Folgen, die sie gehabt hatte, als eine kindische Neigung, welche das Geräusch der Welt und ihre Freuden, bald aus ihrem Gedächtnisse vertilgen würden, und glaubte sich überzeugt, daß kein Jahr vorübergehen werde, ohne daß sie es ihm zuerst Dank wissen würde, ihren Gesinnungen Gewalt angethan zu haben. Was aber Margarethen, dieses arme, unwiderruflich verurtheilte Opfer betraf, die den Befürchtungen der Mutter und dem Ehre geize des Bruders hingegeben werden sollte, so hatte der Auftritt in Achards Hause, auf sie einen tiefen Eindruck gemacht; sie konnte sich das sonderbare Gefühl nicht erklären, welches der schöne Jüngling in ihr erregt hatte, der ihr Lusignans Grüße gebracht, sie über sein Schicksal ermuthigt, und endlich seine Schwester genannt, und an sein Herz gedrückt hatte. Eine oberflächliche, instinktmäßige Hoffnung sagte ihr, daß dieser Mensch, von Gott zu ihrem Schutze gesendet sei; da sie aber nicht wußte, welches Band sie an ihn zog, welch Geheimniß ihm Macht verlieh über den Willen ihrer Mutter, kurz, welchen Entschluß er über ihre Zukunft ausüben konnte, so wagte sie es doch nicht sich diesen glücklichen Ideen zu überlassen, gewohnt, wie sie seit sechs Monaten war, den Tod als das einzige, mögliche Ende ihres Unglücks zu betrachten. Nur der Marquis war mitten in den verschiedenen Aufregungen, die ihn umgaben, einzig in seiner antheillosen, stumpfen Gleichgültigkeit geblieben, denn für ihn hatte die Welt still gestanden, seit dem schrecklichen Tage, wo eine Vernunft verloren ging; unaufhörlich in eine einzige Erinnerung, in die jenes tödlichen, zeugenlosen Duells versunken, sprach er nichts als die Worte des Grafen von Morlaix, als er ihm das Leben schenkte. Er war zum kindischen Greise geworden, dem seine Frau mit einem Winke befahl, und der, was sie kalt und beharrlich wollte, seit zwanzig Jahren gehorsam that, weil es ihm der Instinkt, seiner, Vegetation, an der Stelle eigner Vernunft, gebot. An diesem Tage war eine Revolution in seinen Gewohnheiten vorgegangen. Ein Kammerdiener war zu ihm gekommen, und vertrat die Stelle der Marquise, bei einem Ankleiden; er hatte ihm seine Feldmarschalluniform angelegt und die Orden welche er besaß; dann hatte ihn die Marquise eine Feder in die Hand gegeben und befohlen zu versuchen seinen Namen zu schreiben, und er hatte leidend und gleichgültig gehorcht, ohne daran zu denken, daß man ihm die Rolle des Henkers einstudiere!

Gegen drei Uhr Nachmittag rollte eine Postchaise in den Schloßhof, deren Geräusch sehr verschieden in den Herzen derer wiederklang, die ihn erwarteten.

Manuel war hinaus geeilt, einen ankommen den Schwager zu empfangen; Lectour sprang leicht aus dem Wagen. Er hatte sich auf der letzten Station verweilt, um sich gehörig angekleidet vor zustellen, folglich kam er in aller Eleganz der neuesten Hofmode an. Manuel lächelte über diese Vorsicht, denn es war erwiesen, daß Lectour keinen seiner persönlichen Vortheile dadurch beeinträchtigen wollte, daß er sich im Reisekostüm darstellte. Seine weibische Gewohnheit, seine Frauenkenntniß hatte ihm gelehrt, daß diese fast immer von dem ersten Anblicke urtheilen, und das nichts die bösen oder guten Eindrücke, die in ihrem Geiste oder ihrem Herzen entstanden sind, zu verlöschen vermag. Uebrigens müssen wir ihm in dieser Beziehung Gerechtigkeit wiederfahren lassen; sein angenehmes, graziöses und elegantes Aussehen, würde für jede Frau gefährlich geworden sein, deren Herz nicht für einen Andern eingenommen gewesen wäre.

»Erlauben sie, lieber Baron,« sagte Manuel auf ihn zugehend, »daß ich sie in der Abwesenheit der Damen, die indes nicht lange dauern wird, empfangen und in dem Schlosse meiner Väter die Honneurs mache. Sehen sie,« fügte er hinzu, auf den obersten Stufen der Treppe stillstehend, und ihm die Thürmchen und Bastionen zeigend, »als Architektur schreibt sich das von Philipp August und als Decoration von Heinrich IV. Her.«

»Auf Ehre, eine herrliche Festung!« antwortete der Baron, mit jenem gezierten Ausdrucke; den die Leute des vornehmen Standes zu der Zeit annehmen, sie verbreitet drei Meilen in der Runde eine Atmosphäre von Baronie, die einen Lieferanten parfümieren könnte. »Wenn mir je die Lust ankäme, gegen Sr. allerchristlichsten Majestät zu rebellieren,« fuhr er fort, durch die Vorhalle und eine, auf beiden Seiten, mit Familienbildern geschmückte Gallerie tretend, »würde ich sie bitten, mir dieses Kleinod zu leihen, und« setzte er hin, zu, die Augen zu der langen Ahnenreihe erhebend, »die Garnison dazu.«

»Dreiunddreißig Ahnen,« antwortete Manuel, »ich will nicht sagen mit Fleisch und Knochen, denn alle sind längst schon Staub – aber gemalt. Der Ritter Hugo d'Auray macht den Anfang, er begleitete den König Louis VII. auf dem Kreuzzuge; gegenüber meine Tante Debora, als Judith, und geht in gerader Linie bis zu ihrem gehorsamsten Diener, Manuel d'Auray ununterbrochen fort männlicher Linie, er hat die Ehre das letzte Glied dieser illustern Familie zu sein.«

»Das ist sehr achtungswerth und authentisch man kann nicht mehr!«

»Ja, da ich mich aber nicht patriarchalisch genug fühle,« versetzte Manuel, indem er vor dem Barone herging, ihnen den Weg in sein Zimmer zu zeigen, »um mein Leben in dieser auserlesenen Gesellschaft hinzubringen, so hoffe ich, Baron, daß sie daran gedacht haben, mich herauszubringen.«

»Ohne Zweifel, lieber Graf« antwortete Lectour ihm folgend, »ich wollte ihnen sogar ihre Bestallung als mein Hochzeitgeschenk bringen. Es war eine Stelle bei den Dragoner-Regiment der Königin vacant, und so ging ich gestern zu Herrn von Maurepas um für sie darum anzuhalten, als ich erfuhr, daß auf das Ersuchen, ich weiß nicht, welches geheimnißvollen Admirals, so einer Art Corsaren, Piraten, Phantasten schon verliehen worden sei, welchem, wie die Königin es eingeführt hatte, weil sie ihm ihre Hand zu küssen gab, und der König in Affection nahm, da er die Engländer, Gott weiß wo, geschlagen hat . . . so, daß ihm Sr. Majestät mit dem militairischen Verdienstorden dekoriert, und einen goldnen Degen gegeben hat, wie einem vom alten Adel. Kurz, von der Seite ging die Parthie verloren, aber beruhigen sie sich, wir kehren uns zu einer andern.«

»Sehr wohl!« antwortete Manuel, »die Waffe verschlägt mir wenig; ich wünsche blos einen Grad, der meinem Namen angemessen ist, und eine Stellung die meinem Vermögen entspricht.«

»Vollkommen, sie werden alles erhalten.«

»Wie haben sie sich denn von ihren tausendfachen Verbindlichkeiten losmachen können?« fragte nun Manuel, um auf etwas Anderes zu kommen.

»Aber,« sagte der Baron in jenem nachlässigen Tone, der nur dieser privilegierten Classe eigen ist, und streckte sich aufs Sopha, denn nun waren sie in das für ihm bestimmte Gemach gelangt, »wie anders, als daß ich im Spiel bei der Königin ganz naiv ankündigte, ich würde mich verheirathen!«

»Bei Gott, das nenne ich Heroismus! besonders wenn sie gesagt haben, daß sie eine Frau aus Niederbretangne nähmen.«

»Das hab' ich gestanden.«

»Nun dann,« lächelte Manuel, »hat der Zorn dem Mitleide Platz gemacht?«

»Verdammt, lieber Graf,« sagt Lectour ein Bein übers andre gelegt, und damit hin und her balancierend, wie eine Schlaguhr, »sie wissen ja, daß unsere Damen denken, die Sonne gehe in Paris auf und in Versailles unter. Alles übrige von Frankreich ist Lappland, Grönland Novazembla für sie. So daß man glaubt, wie sie gesagt haben, lieber Graf, ich würde von meiner Reise zum Pol, was unbekanntes mitbringen, mit schrecklichen Fäusten und stammharten Füßen. Zum Glück, daß man sich irrt! fügte er mit halb forschendem, halb besorgte Ausdrucke hinzu, »nicht wahr, Manuel! Sie haben mir ja gesagt, daß Ihre Schwester . .

»Sie werden sie sehen!« sprach dieser.

 

»Das wird der armen Frau von Chaule höchst ärgerlich sein . . . Na – trösten muß sie sich doch . . . was giebts?« Diese Frage galt dem Bedienten des Grafen, der zur Thür hereintrat und auf der Schwelle stehen blieb, wenn ein Bedienter aus vornehmen Hause, die Befehle seines Herren erwartet.

»Was giebts?« wiederholte der Graf. »Fräulein Margarethe d’Auray läßt den Herren Baron von Lectour um die Ehre einer Unterhaltung bitten.«

»Mich?« sagte Lectour und erhob sich, »ei, mit dem größten Vergnügen!«

»Ach! nicht doch!« sagte Manuel, »daß ist wohl ein Irrthum! du irrst dich Celestin!«

»Ich habe die Ehre dem Herren Grafen zu versichern,« betheuerte der Kammerdiener, »daß ich den mir gegebenen Befehl pünktlich ausrichte.«

»Nicht möglich!« sagte der Graf, im höchsten Grade beunruhigt über den gewagten Entschluß seiner Schwester, »glauben sie mir, Baron, geben sie der kleinen Närrin kein Gehör!«

»Warum nicht gar!« antwortete dieser, und stand auf, »was für ein Blaubart von Bruder sind sie denn? Celestin!« – nicht wahr, so heißt der Bursche? Manuel bejahte ungeduldig. »Gut also, Celestin, sage meiner schönen Braut, daß ich mich ihr zu Füßen werfen würde, und ihr Befehle erwarte, ob ich sie aufsuchen soll, oder ob sie hierher kommen will. Und hier, etwas für die Gesandtschaft! (Er gab ihm eine Börse. Und ich hoffe doch, Graf, sie werden mir genug Vertrauen schenken, um mir ein tête-à-tête zu erlauben.«

»Aber das ist ja über alle Maßen lächerlich!«

»Gar nicht,« antwortete Lectour.

»Im Gegentheile vollkommen convenabel. Ich bin ja kein gekröntes Haupt, um eine Frau nach dem Portrait und mit Procuration zu heirathen. Ich wünsch sie persönlich zu sehen. Gehen sie, Manuel!« fuhr er fort und trieb ihn in eine Seitenthür, damit er seiner Schwester nicht begegne. »Lassen sie hören unter uns gesagt, ist sie vielleicht – bucklich?«

»Ei, bei Gott, mitnichten!« rief der Graf »im Gegentheile! schön wie ein Engel!«

»Nun dann weiß ich freilich nicht, was da bedeuten soll? Wie denn – muß ich vielleicht Wache herbeirufen?«

»Nein; auf mein Wort, ich besorge, da meine Schwester, die gar keine Idee von der Welt hat, Alles zu Nichte machen will, was wir beschlossen haben!«

»O, wenn es weiter. Nichts ist!« antwortete Lectour, die Thür aufmachend, »da können sie ruhig sein. Der Bruder ist mir zu lieb, als daß ich nicht der Schwester einen kleinen Eigensinn oder . . . etwas Wunderliches durchlassen sollte, und ich gebe ihnen meine Cavalierparole, daß, wenn sich anders der Teufel nicht drein mengt – und der ist jetzt, wie ich hoffe, in einem andern Welttheile beschäftigt – Fräulein Margarethe d’Auray in drei Tagen Frau Baronesse von Lectour sein wird, und sie in einem Monate ein Regiment haben werden.«

Dieses Versprechen schien Manuel etwas zu beruhigen, der sich zur Thüre hinaustreiben ließ, ohne weitere Schwierigkeiten zu machen. Lectour lief sogleich vor einen Spiegel, um die geringen Spuren von Unordnung zu verbessern, welche die Stöße des Wagens während der letzten drei Meilen in seiner Toilette hervorgebracht hatten. Kaum war er damit fertig, seine Kleider und Haare in die gewöhnlichen Falten zu bringen, als die Thüre aufging und Celestin Fräulein Margarethe d’Auray meldete.

Der Baron kehrte sich schnell um und erblickte seine Braut blaß und bebend auf der Thürschwelle stehen. Trotz aller ihm von Manuel gegebenen Versicherungen, war ihm doch ein gewisser Zweifel, wo nicht über ihre Schönheit, wenigstens über ihre Haltung und Manieren im Herzen geblieben; er war also voll erstaunender Verwunderung, als er dieses zarte, anmuthige Wesen sah, dem selbst die allerstrengste Kritik der Formen Nichts vorwerfen konnte, als ein wenig Blässe. Heirathen, wie die, so Lectour eingegangen war, waren nicht selten in einer Zeit, wo die Convenienzen des Ranges und Vermögens gewöhnlich die Verbindungen adlicher Häuser bestimmten; aber das, was kaum einmal unter Tausenden geschah, das war, in der Lage des Barons, in einem Winkel der Provinz eine ungeheuer reiche und schöne Frau zu finden, die er bei dem ersten Anblicke durch ihre Haltung und Eleganz würdig finden konnte, in den glänzendsten Zirkeln des Hofes zu figurieren. Er ging also auf sie zu, nicht mit dem Uebergewichte eines Hofmannes über ein Mädchen aus der Provinz, aber mit jener ehrfurchtsvollen Freimüthigkeit, die in dieser Zeit das Siegel der guten Gesellschaft war.

»Verzeihung, mein Fräulein!« sagte er, ihr die Hand bietend, um sie zum Sessel zu führen, die sie aber nicht annahm. »An mir war es, um die Begünstigung zu bitten, die sie mir gewähren, und nur die Besorgniß, unbescheiden zu sein, das glauben sie mir, läßt die Schuld über mich ergehen, daß ich mir habe zuvorkommen lassen.«

»Ich bin ihnen für diesen Zartsinn sehr dankbar, Herr Baron!« sprach Margarethe mit bebender Stimme, that einen Schritt zurück und blieb stehen. »Er giebt mir Muth zu dem Vertrauen, daß ich, ohne sie gesehen und gekannt zu haben, in ihre Rechtlichkeit setze!«

»Zu welchem Zwecke es auch dienen soll, so ehrt mich doch dieses Vertrauen, und ich werde suchen, mich dessen würdig zu machen! aber, mein Gott, was ist ihnen denn?«

»Nichts, Herr Baron, nichts!« antwortete sie, bemüht, ihre Aufregung zu unterdrücken; »aber . . was ich ihnen zu sagen habe – entschuldigen sie – ich bin nicht Herrin genug – meiner selbst!«

Sie wankte; der Baron flog auf sie zu und wollte sie unterstützen; aber kaum hatte er sie angerührt, so stieg eine Flammenglut auf ihre Wangen, und mit einer Empfindung, die der Züchtigkeit eben so gut gehören konnte, als die Widerwillen, machte sie ihren Arm los. Lectour hatte sie bei der Hand genommen und sie zu de Sessel geführt, an den sie sich lehnte, ohne sich setzen zu wollen.

»Guter Gott!« sagte der Baron, immer noch die Hand haltend, der er sich bemächtigt hatte, »es ist also etwas sehr Schweres, was sie mir zu sagen haben und was sie zu mir führt? oder giebt mir der Titel Bräutigam schon das gewichtige Ansehn des Ehemannes?«

Margarethe machte von Neuem eine Bewegung, ihre Hand los zu machen, welches ihn veranlaßte, auf dieselbe zu blicken.

»Wie,« rief er, »es ist nicht genug an ein anbetungswerthen Gestalt, an dem Wuchse ein Fee! . . . auch noch reizende Hände! Hände ein Königin! – ach wollen sie, daß ich sterben soll?

»Ich hoffe, Herr Baron,« sagte Margarethe ihre Hand mit Gewalt zurückziehend, »daß ihre Worte nichts weiter sind, als Galanterie!«

»Nein! nein! auf Seele! die reinste Wahrheit sind sie!« antwortete er.

»Nun so hoffe ich mein Herr, daß selbst dann, wenn sie dächten, was sie mir sagen zu müssen glauben – woran ich aber zweifle! – es nicht aus diesen und ähnlichen Gründen sein wird, daß sie der unter uns projectirten Verbindung einen großen Werth beilegen!«

»Aber – ich schwöre! – «

»Und dennoch,« fuhr sie fort, mit Gewalt Athen holend, so beklommen war ihre Brust, »halten sie die Ehe für eine ernstliche Sache?«

»So – so!« lächelte Lectour, »wenn ich z. B. eine Witwe heirathete.«

»Kurz,« versetzte Margarethe mit entschloßnerem Ausdrucke, »so vergeben sie, Herr Baron, wenn ich mich geirrt habe; ich glaubte zuweilen, sie hätten sich im Voraus wegen der zwischen uns angeregten Verbindungen Ideen gegenseitiger Gesinnungen gemacht?«

»Nie!« fiel er ihr ins Wort, denn er schien eben so bedacht, eine offene Erklärung zu vermeiden, als sie es war, sie herbei zu führen. »Nein! besonders seitdem ich sie gesehen, habe ich nicht gehofft, ihrer Liebe würdig zu sein, und gleichsam giebt mir mein Name, meine Stellung in der Gesellschaft, wenn auch nicht Einfluß auf ihr Herz doch Ansprüche auf ihre Hand.«

»Wie aber, Herr Baron,« sprach Margarethe furchtsam, »wie trennen sie das Eine von Andern?«

»Wie drei Theile von denen, die sich verrathen, Fräulein!« antwortete er mit einer Nachlässigkeit, die augenblicklich alles Zutrauen in einer minder aufrichtigen Frau, als Margarethe war, erstickt hätte. »Man heirathet, weil der Mann eine Frau, die Frau einen Mann haben will, das ist einmal eine gesellschaftliche Einrichtung; was wollen sie denn Fräulein, Liebe und Empfindung dabei zu schaden haben soll?«

»Vergeben sie, ich drücke mich vielleicht nicht Recht aus,« fuhr Margarethe fort, »sie that sich alle Gewalt an, dem Manne, von dem ihr Schicksal abhing, den schmerzlichen Eindruck zu verbergen, die seine Worte auf sie machten. »Sie müssen mein Zaudern der Schüchternheit eines jungen Mädchens zuschreiben, Herr Baron, das durch gebieterische Verhältnisse gezwungen ist, von so Etwas zu sprechen!«

»Mitnichten!« sagte er, mit höhnischem Ausdrucke, sich verbeugend. »Sie sprechen mein Fräulein, wie Clarisse Harlove; und Alles liegt klar am Tage. Gott hat mir so viel Verstand gegeben, daß ich Alles verstehe, was man mir mit halben Worten sagt, das glauben sie, Fräulein!«

»Wie, mein Herr!« rief Margarethe, »sie verstehen, was ich sagen will, und lassen mich fortfahren. Wenn ich nun – mein Herz geprüft, meine Empfindungen untersucht und die Unmöglichkeit gefunden hätte – den je zu lieben, den man mir zum Gatten geben will?«

»Ja dann,« sprach er wie zuvor, »sollten sie es wenigstens ihm nicht sagen!«

»Und warum nicht, Herr Baron?«

»Je nun, weil . . . weil das gar zu naiv wäre!«

»Und wenn ich nun dieses Bekenntniß nicht aus Naivität, sondern aus Zartgefühl ablegte . . . Wenn ich hinzusetzte – wehe denen, die mich zu diesem Geständnisse zwingen! daß ich geliebt habe – und noch liebe!«

»Nicht wahr, so ein Vetterchen?« sprach Lectour nachlässig, ein Bein über's andre schlagend, und mit einem Jabot spielend, »das ist eine verfluchte Race, die Vetterchens, auf Ehre aber zum Glück weiß man schon wie man mit solchen Liebeleien daran ist, und es giebt nicht eine Kostgängerin, die zu Ende der Vacanzen, nicht mit einer kleinen Passion im Herzen, in's Kloster zurückkehrt.«

»Zum Unglück bin ich keine solche!« erwiderte Margarethe mit so traurig-ernster Stimme, als die einige leichtsinnig und spöttisch war; »obgleich noch jung, habe ich schon längst läppische Spiele und kindische Neigungen vergessen. Wenn ich zu dem Manne rede, der mich mit dem Antrage beehrt, mir einen Namen geben und meine Hand begehren zu wollen; so versteht es sich wohl, daß von einer ernsthaften, tiefen, ewigen Liebe die Rede ist, von einer Liebe endlich, die ihre Spur im Herzen und Leben zurückläßt!«

»Der Teufel!« brach Lectour jetzt aus, als ob ihm diese Entdeckung jetzt wichtiger erschiene, »das ist ja ein Schäferroman, der! – Wir wollen sehen! ist's ein anständiger junger Mann, den man aufnehmen kann?«

»O! mein Herr!« rief Margarethe, sich der Hoffnung überlassend, welche diese Worte ihr einflösten, »glauben fiel mir! es ist das beste Wesen, die treueste Seele! – «

»Aber darnach – nach den Eigenschaften seines Herzens frag ich ja nicht. Er besitzt alle, zugegeben! – ich frage: ob er von Adel, von Familie ist, ob ihm eine anständige Dame – avoniren kann, ohne Nachtheil für ihren Mann?«

»Er hat seinen Vater sehr jung verloren, der ein Jugendfreund des meinigen und Hofrath zu Rennes war.«

»Hm! Magistratsadel!« murmelte Lectour verächtlich, »was anders wäre mir lieber! ist er wenigstens Maltheserritter?«

»Er bestimmte sich für's Militair.«

»Nun gut, so sucht man ein Regiment für ihn, damit er eine Anstellung hat. So ist's arrangiert. Hören sie. Sechs Monat läßt er vorbeigehen, des Anstandes wegen; nimmt dann Urlaub, was nicht schwer sein wird, da wir nicht Krieg haben, läßt sich bei ihnen durch einen gemeinschaftlichen Freund vorstellen, und die Sache ist abgemacht!«

»Ich verstehe sie nicht, Herr Baron!« antwortete Margarethe, und betrachtete ihn in dem Ausdrucke des höchsten Erstaunens.

»Nun, das ist aber doch klar genug, wie ich ihnen sage!« antwortete er mit einiger Ungeduld, »sie haben ihre Engagements. Ich ha die meinigen. Das darf uns nicht hindern, eine Verbindung zu vollziehen, die in jeder Beziehung zuträglich ist, und einmal vollzogen, muß mit sie erträglich zu machen suchen. Verstehen mich endlich?«

»O! Verzeihung, Verzeihung, mein Herr rief Margarethe, vor diesen Worten zurückschaudernd, »ich bin sehr unvorsichtig, vielleicht selber strafbar gewesen, aber so wie ich bin, glaube ich, doch keine solche Beleidigung zu verdiene . . . o! o mein Herr! ich erröthe in ihrer Seele! ja ich verstehe sie. Eine scheinbare und eine verborgene Liebe! das Gesicht des Laster mit der Larve der Tugend! Und mir – mit der Tochter der Marquise d’Auray, schlägt man diesen ehrlosen Handel, diese erniedrigende, schändliche Stellung vor? – Ach!« fuhr sie fort, sank in den Sessel, und verbarg ihr Gesicht in den Händen, »ich muß doch ein sehr unglückliches, sehr verächtliches und verlorenes Geschöpf sein! o! mein Gott! mein Gott!«

 

»Manuel! Manuel!« rief der Baron, die Nebenthür aufreißend, wo er diesen zu finden, nicht zweifelte, »so kommen fiel doch, mein lieber! ihre Schwester hat Krämpfe! . . . auf solche Dinge muß man Acht geben, daß sie nicht chronisch werden . . . Frau von Milau ist daran gestorben! – da – da Graf, hier ist mein Flacon! Ich werde in den Park heruntergehen, und wenn sie Zeit haben, so kommen sie nach, und bringen mir Nachrichten von ihrer Schwester!«

Mit diesen Worten entfernte er sich mit seiner bewundernswerthen Leichtigkeit, und ließ die Geschwister bei einander zurück.

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