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Der Graf von Moret

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III.
Der Proceß Marillac

Als Richelieu seine zwei ärgsten und gefährlichsten Feinde, die Königin-Mutter und den Herzog von Orleans, außer Land wußte, durfte er sich halbwegs sicher fühlen. Der König war jetzt ganz und gar nur seinen Einflüssen ausgesetzt und Anna von Oesterreich, persönlich in der Intrigue unbeholfen, was ihr nur zur Ehre angerechnet werden kann, ergab sich mit stummer Resignation in die neuen Verhältnisse. Die Herzogin von Chevreuse war auf eines ihrer Güter in der Bretagne verbannt und Madame du Fargis, dieser lebenslustige Kobold, in das Magdalenenkloster zu Paris gesteckt worden. – Der Cardinal räumte so gründlich in der Umgebung der Königin auf, daß nicht die letzte Zofe im Dienste blieb, wenn auf ihr nur der leiseste Verdacht einer Sympathie für die beiden hohen Verbannten ruhte.

Der Herzog von Guise wurde seines Gouvernements in der Provence entsetzt und nach Paris berufen, um über die während seines Regimes in Aix und Umgegend stattgehabten Aufstände Erklärungen abzugeben. Er fand es jedoch zweckmäßig, statt nach Paris zu reisen, wo er höchst wahrscheinlich die königliche Gastfreundschaft in der Bastille genossen haben würde, eine Wallfahrt nach Loretto, im Römischen, anzutreten.

Epernon, der stolze Epernon, schätzte sich glücklich, daß er durch eine dem Cardinal öffentlich geleistete Abbitte Verzeihung für seine im Lager der Königinnen geleisteten Dienste erhielt und den Rest seiner Tage unangefochten in Paris verleben durfte..

Der Herzog von Savoyen wurde gezwungen, Mouod zu entlassen und dessen rechten Arm, den Abbé Scaglia, nach Rom zurückzusenden.

Ebenso mußten die Herzoge von Florenz und Mantua von ihrem Hofe alle Personen entfernen, welche mit Maria von Medicis und Monsieur ein Einverständniß unterhalten hatten.

Während Richelieu diese und noch viele andere vernichtende Schläge gegen die Partei der Exilirten führte, amusirten sich Gaston von Orleans und seine Anhänger, die ihm nach Lothringen gefolgt waren, bestens am Hofe des Herzogs Carl. Eine Festlichkeit folgte der andern, ein Vergnügen jagte das andere.

Monsieur machte Margarethe, der Schwester des Herzogs, eifrig den Hof. – Anfangs mochte er es damit nicht sehr ernst meinen, aber sowohl Margarethe als der Herzog setzten alle Hebel und Kniffe in Bewegung, um diese Liebelei zur Leidenschaft zu steigern. Es lohnte sich wohl der Mühe, Gaston von Orleans zu erobern, denn nach des kinderlosen Ludwig XIII. Tode, auf welchen man so sicher von Monat zu Monat rechnete, setzte er die Krone Frankreichs sich auf das Haupt.

Anfangs December 1631 hielt Monsieur um Margarethens Hand bei ihrem Bruder an.

Großartige Vorbereitungen zu den Hochzeitsfesten begannen alsbald.

Der Cultus der Venus und des Bacchus, der seit Monaten seinen Sitz am Hofe des Herzogs von Lothringen aufgeschlagen hatte, drohte in tägliche Orgien auszuarten, würdig der berüchtigten Bargia's.

Der Sinnentaumel, der dort Alles beherrschte und befangen hielt, ließ jedwede Vorsicht nach außen vergessen. Man that wirklich so, als ob Frankreich und sein als Feind, furchtbarer Cardinal-Minister in einem andern Welttheile sich befänden. Umsonst erschollen von Brüssel, wo die Königin-Witwe sich aufhielt, ernste Warnungen, umsonst drängte in Straßburg der spanische Gesandte, die kostbare Zeit nicht zu vergeuden. Es wurde fort und fort sinn- und planlos in den Tag hineingelebt.

Ein sehr strenger Winter hatte sich im Monate December eingestellt. Am 20. December, also vier Tage vor dem heiligen Abende, fand die Trauung Monsieurs mit Margarethe von Lothringen statt.

Am nächsten Morgen wurden die Neuvermälten durch; die Schreckenskunde geweckt, daß eine vom Könige selbst und dem Cardinal-Minister commandirte starke Armee plötzlich auf einer, jetzt für ganz ungangbar gehaltenen Route in Lothringen eingefallen sei und in Eilmärschen auf das herzogliche Hoflager losmarschire.

Gaston von Orleans, auch diesmal ein erbärmlicher Feigling wie immer, ergriff über Hals und Kopf die Flucht über den Rhein, seine Frau, seinen Schwager und seine sonstigen Anhänger ihrem Schicksale überlassend. Einige Tag später traf er in Brüssel bei seiner Mutter ein.

Der so arg dupirte Herzog von Lothringen mußte sieh auf Gnade und Ungnade ergeben. Durch den Vertrag vom 31. December 1631 willigte er ein, in seine besten Festungen für immer französische Garnisonen aufzunehmen. Hierdurch wurde Lothringen ein offenes Land, in das eine französische Armee jederzeit ohne Schwertstreich einzurücken vermochte.

Durch einen Zusatzartikel vom 6. Jänner 1632 machte sich der Herzog weiter verbindlich, dem Bruder Ludwigs XIII. nie mehr in seinen Staaten den Aufenthalt zu erlauben und Margaretha bei sich zu behalten.

Innerlich höchst befriedigt von dem Erfolge dieser Wintercampagne, welche den Herzog von Lothringen zu einen Vasallen Frankreichs gemacht, kehrte der König nach Paris zurück. Richelieu, dessen Energie und Umsicht er diesen neuem Lorbeer zu danken hatte, war zur Stunde, wo möglich, noch allmächtiger als zuvor, und er unterließ es abermals nicht, die Reihen seiner Feinde zu lichten. Die Köpfe des unzufriedenen Adels fielen dutzendweise.

An Vorwand gebrach es nicht. Die Versuche, den Cardinal-Minister durch Dolch oder Gift zu beseitigen, folgten immer rascher auf einander. Aber alle diese Anschläge scheiterten theils an der Wachsamkeit Richelieu's, theils an Zufälligkeiten, die gänzlich außer aller menschlichen Berechnung lagen und in der That zur Ansicht berechtigen, die Vorsehung selbst habe das Leben dieses großen, außerordentlichen Mannes noch ferner benöthigt, um eine Neugestaltung Europas zu bewerkstelligen.

Die an dem kleinen Adel, wie bemerkt, en masse vollzogenen Justificrirungen konnten jedoch Richelieu nicht genügen. Zu jener Zeit, wo auch bei friedlichen Zuständen die Henker gegen jetzt wenigstens zehnmal mehr Beschäftigung fanden, brachten die Massenhinrichtungen von »Abgeneigten« keinen sonderlichen moralischen Eindruck hervor; um diesen zu erzielen, mußte eine Person von Bedeutung, die zu den verbannten zwei Mitgliedern des königlichen Hauses in nächster Beziehung stand, das Schaffot besteigen; denn dadurch wurde zugleich der Beweis geliefert, daß die gestürzte Partei total ohnmächtig geworden sei, daß jeder, der sich derselben auch jetzt noch anschloß, seinem sicheren Untergange entgegeneile.

Eine solche Person von Bedeutung stand dem Cardinal in dem Marschall von Marillac zur Verfügung der kurz nach dem Tölpeltage inmitten seiner Armee in Piemont durch den Herzog von Schomberg verhaftet worden war, und dessen Prozeß bereits seit einigen Monaten im Zuge sich befand.

Der Marschall von Marillac war von Schomberg in das Schloß von Sainte-Ménéhould abgeliefert worden, wo man den Gefangenen durch geraume Zeit ohne jedes Verhör gelassen hatte. Später wurde er nach der Citadelle von Verdun abgeführt. Marillac, der vor einigen Jahren Grenzgouverneur gewesen, hatte den Bau der genannten Citadelle zu leiten gehabt. Verschiedene dortige Grundbesitzer, Gewerbsleute und Bauunternehmer, welche, so lange Marillac in Gunst stand, vergeblich vielfache und zumeist wohlbegründete Klagen anhängig gemacht, traten jetzt, wie auf Commando, neuerlich damit hervor. Nicht weniger als vierundzwanzig Richter bildeten das Tribunal, welches zur Abführung des Processes Marillac eigens zusammengesetzt worden war.

Plötzlich befahl Richelieu, daß die Untersuchung zu Ruelle, einem kleinen Orte in der Nähe von Paris, und zwar in dem dortigen Hause des Cardinals weitergeführt werde.

Die Anklagen, falsche und begründete, häuften sich nun auf eine erschreckende Weise; in der Schlußacte waren deren nicht weniger als zweihundert und sechzig enthalten.

Bei diesem Sachverhalte und bei der Beschaffenheit der Richter selbst konnte der Urtheilsspruch nicht zweifelhaft sein. Er lautete, daß dem Marschall von Marillac wegen Veruntreuung öffentlicher Gelder, Erpressungen, unbefugter Steuererhebungen, Fälschung von Quittungen und Rechnungen, Bedrückung und Mißhandlung von königlichen Unterthanen auf, dem Gréveplatze das Haupt abgeschlagen werden solle.

Die Verbannten in Brüssel empfunden im Voraus das ganze Gewicht der moralischen Niederlage, welche ihnen die Hinrichtung des Marschall von Marillac bereiten mußte. Nicht seiner Person, sondern ihres eigenen Interesses willen, boten daher Maria von Medicis und Gaston von Orleans alles Mögliche auf, um den Verurtheilten wenigstens vorn Tode zu retten. Man versuchte zuerst die Richter zu bestechen, schrieb an den König abwechselnd Gnadengesuche und Drohbriefe und wollte sich sogar, obwohl vergeblich, einiger Geißeln, darunter auch der Frau von Combalet, bemächtigen.

Alles nützte nichts. Am 9. Mai 1632 mußte Marschall Marillac das Blutgerüst besteigen. Er starb mit Fassung und Ergebung. Richelieu, der ihn tödtlich haßte, weil er kurz vor dem Tölpeltage im Lager, im Kreise seiner Officiere bei einem Gastmale halbbetrunken geschworen hatte, daß er den Cardinal-Minister persönlich bis zum Schaffote begleiten wolle, unterließ nichts, was ihm seine letzten Stunden zu verbittern im Stande war.

Grausam muß man es beinahe nennen, daß Richelieu am Tage der Hinrichtung, und zwar zur Stunde, als der Verurtheilte nach dem Gréveplatze geführt wurde, über denselben in Paris mit einem prächtigen Gefolge von zweihundert Reitern unter klingendem Spiele einzog und die Fanfaren immer lustiger tönten, je näher der Augenblick heranrückte, in welchem der Henker zum Todesstreiche ausholte.

Des Marschalls Bruder, der Großsiegelbewahrer Michael von Marillac, befand sich in der Bastille gleichfalls seit dem Tölpeltag, also seit mehr als einem Jahre. Man hatte es nicht der Mühe werth gefunden, auch ihm den Prozeß zu machen, denn man wußte, daß seine untergrabene Gesundheit binnen Kurzem seinen Tod erwarten lasse. Dieser erfolgte auch wirklich bald nach der Hinrichtung seines Bruders; die Nachricht von dieser Hinrichtung war die einzige, die er seit Monaten von außen vernommen hatte. Es war aber auch die letzte, die zu ihm drang.

 

Marillac der Großsiegelbewahrer hat ein Werk unter dem Titel »Le code Michault« hinterlassen. Diese Sammlung von Gesetzen wird von Fachmännern als eine sehr schätzenswerthe Arbeit gerühmt, von specieller Bedeutung für Alle, welche sich mit der damaligen Gerichtspflege Frankreichs genau bekannt machen wollen.

IV.
Die Schlacht von Castelnaudary

In den Beziehungen zwischen Cardinal Richelieu und dem Herzoge Heinrich II. von Montmorency, dem intimen Freunde des Grafen von Moret, war nach der Catastrophe von Compiègne eine Erkältung eingetreten, welche sich nach und nach in Abneigung verwandelte und seit mehreren Monaten bereits sogar den Charakter einer offenen Feindschaft anzunehmen drohte.

An diesem Wechsel der Gesinnung trug weniger der Cardinal Schuld als die Einflüsterungen, welchen der sehr ehrgeizige und reizbare Herzog von Seite der Partei der Königin-Mutter ausgesetzt war.

Richelieu hatte, wie dem Leser wohl noch erinnerlich sein wird, den Herzog von Montmorency mit der Hoffnung geködert, daß eines Tages der König das Lilienschwert eines Connetable von Frankreich in seine Hände legen werde.

Seit jenem Versprechen waren beinahe zwei Jahre verflossen, der Cardinal schien aber hierauf ganz und gar vergessen haben, ebenso wie auf den Schwur, den der Herzog an dem Krankenlager des Königs geleistet hatte, die Freiheit und das Leben des schwerbedrohten ersten Ministers zu beschützen.

Dem Staatsmanne Richelieu dürfen wir es jedoch nicht als ein Vergehen anrechnen, daß er von der Wiederherstellung des im Jahre 1627 auf sein Anrathen durch ein königliches Edict abgeschafften Connetablethums keinen Geschmack fand, da die Connetables von Frankreich ihre Vorrechte und ihre große Macht als die ersten Diener der Krone und im Range unmittelbar an die Prinzen von königlichem Geblüte sich anschließend, nur zu oft mißbraucht, immer aber eine regelmäßige Administration des Reiches fast unmöglich gemacht hatten, da ihre Anforderungen an das Budget mitunter wirklich alles Maß überschritten; überdies stand eine eigentliche Controlle der für Armeezwecke verausgabten Gelder den Ministern des Reiches einem Connetable gegenüber nicht zu. Bei der unglaublichen Corruption, welche vom Marschall abwärts bis zum letzten Gefreiten im Heere herrschte, kostete dasselbe für damalige Zeit und Verhältnisse wahrhaft horrende Summen, wobei man der gemeinen Mannschaft nichtsdestoweniger oft Monate lang den Sold schuldig blieb und dadurch selbe so zu sagen zwang, die drückendsten Requisitionen und Plünderungen auf eigene Faust vorzunehmen.

Seit jedoch die Connetablewürde in Frankreich nicht mehr bestand, hatte Richelieu, auch in dieser Beziehung sein allumfassendes Genie glänzend bewährend, gegen früher binnen kürzester Zeit eine wahre Musterwirthschaft eingeführt, zum großen Mißbehagen von einigen hundert Cavalieren, die in der Armee dienten und es bisher als ein historisches Recht ansahen, sich mit gestohlenen Staatsgeldern zu bereichern, seit es nicht mehr Sitte, oder besser gesagt, seit es bei Todesstrafe verboten war, von der Landstraße zu leben, gleich ihren edlen Vorfahren.

Ein zweiter Hebel, welcher in Bewegung gesetzt wurde, um Heinrich II. von Montmorency gegen Richelieu aufzureizen, war die beständige Auffrischung der Erinnerung an seinen Vetter Franz von Montmorency, Graf von Bouteville, welcher im Jahre 1627 sammt seinem Gegner Franz von Rosmader, Graf von Chapelles, wegen Uebertretung der Duellverbote auf dem Grêveplatze wie der gemeinste Verbrecher hingerichtet worden war.

Auch seine Gemahlin, eine geborene Fürstin d'Orsini, Verwandte der Königin-Mutter, bot alles Mögliche auf, um ihn für deren Partei zu gewinnen. Welcher Aufopferung ein Weib, wenn es sich einmal mit Leidenschaft politischen Intriguen hingibt, fähig ist, bewies bei dieser Gelegenheit die Herzogin, denn ungeachtet sie in ihren äußerst flatterhaften Gemahl wirklich verliebt war, gestattete sie ihm doch unter der Bedingung, daß er sich den »Abgeneigten« offen anschließe, für alle Zukunft noch Belieben galant zu sein, nur solle er ihr Alles erzählen.

Die Königin Anna, welche im Geheimen neuerdings dem wiedererwachenden Kampfe der Camarilla gegen den Cardinal sich angeschlossen hatte, überwand im Vereine mit dem Grafen von Moret, der in Verkleidung sehr häufig nach Paris kam, die letzten Bedenken des Herzogs von Montmorency.

Vor etwa sechs Jahren war nämlich der Herzog in Anna von Oesterreich sterblich verliebt gewesen, hatte sich aber, als Buckingham dazwischentrat, schmollend zurückgezogen. Seine Gemahlin, welche, wie wir bereits andeuteten, ihr Herz der Politik geopfert, wußte in ihm sehr geschickt seine frühere Leidenschaft für die Gemahlin Ludwigs XIII. von Neuem anzufachen, und es hat uns die Geschichte jener Tage als authentisch überliefert, daß die Herzogin von Montmorency aus diesem Anlasse eine merkwürdige Aeußerung that; sie sagte nämlich: »daß der Stolz über den hohen Stand ihrer Nebenbuhlerin sie über diese Untreue ihres Gemahls trösten werde.« .

Diese Aeußerung ist in der That um so merkwürdigen als der Herzogin, wohlgemerkt noch dazu eine Italienerin, Niemand nachsagen konnte, daß sie sich etwa auch auf eine andere Weise getröstet habe.

Richelieu verfolgte ganz im Stillen die einzelnen Phasen, in denen Heinrich II. von Montmorency allmälig seine Wandlung in einen Anhänger der Königin-Mutter vollzog.

Wir müssen es hier dem Cardinal zu seiner Ehre nachsagen, daß er über die Verirrung Montmorencys das lebhafteste Bedauern empfand und nichts unterließ, ihn wieder zu seinem Freunde zu machen. Alles vergeblich. Montmorency hatte sich das Versprechen entlocken lassen, in Hinkunft zur Partei von Monsieur und Maria von Medicis zu stehen und nichts in der Welt hätte ihn zu bewegen vermocht, sein einmal verpfändetes Wort zurückzunehmen.

Für einen Richelieu war ein übersprudelnder Hitzkopf wie der Herzog von Montmorency kein gefährlicher Gegner, zumal er weder besondere Feldherrentalente besaß, noch als Staatsmann einer hervorragenden Leistung fähig war. Der Umstand, daß der Cardinal nichtsdestoweniger einen letzten Versuch machte, um Montmorency von dem Abgrunde zurückzuhalten, in welchen auch er, wie schon so viele Andere vor ihm, stürzen mußte, indem er sich dem feigen und perfiden Gaston von Orleans anschloß, liefert also einen weiteren Beweis für die vom Cardinal für Montmorency gehegten freundschaftlichen Gesinnungen.

Richelieu sandte nämlich zur Zeit, wo Montmorency sich bereits zur offenen Rebellion bekannt hatte, nämlich im Juni 1632, Herrn von La Valette, welcher etwas später Cardinal wurde, in die Languedoc, wo der Herzog eben im Begriffe stand, eine Armee zu bilden.

Herr von La Valette, ein Sohn des alten, stolzen Epernon und Bruder des Herrn von Candale, galt bis zum Jahre 1639 für einen der verläßlichsten Anhänger Richelieu's, so daß sein eigener Vater von ihm als er Cardinal wurde, sagte: » Ce n'est pas le Cardinal de Valette, mais le valet du Cardinal.«3

Dieser väterliche Witz ist in der That durch die Correspondenz der beiden Cardinäle, welche sich im Bande von d'Auberh's Memoiren – Seite 240 bis 418 – vor findet, vollkommen gerechtfertigt, denn der Cardinal La Valette verstieg sich dabei (siehe Seite 243) so weit in seinen Ergebenheitsbetheuerungen, daß er sich bereit erklärte, Vater und Brüder zu opfern, wenn sie sich schuldig erweisen sollten.

Herr von La Valette kehrte jedoch ganz unverrichteter Dinge aus der Languedoc zurück.

Der Herzog von Montmorency hatte den Boten Richelieu's sehr freundlich, ja fast herzlich empfangen und bedauerte es selbst, die Partei Monsieurs ergriffen zu haben, meinte aber, da er einmal sein Wort gegeben, so könne er nicht mehr anders.

»Monseigneur!« rief ihm La Valette beim Abschiede warnend zu, »bedenkt, daß Ihr dem Schaffote entgegeneilt.«

»Ich hoffe.« entgegnete Montmorency düster, »daß eine feindliche Kugel mich vor dieser Schmach bewahren werde.«

Inzwischen war Gaston von Orleans in Frankreich mit einigen verwilderten Haufen über Burgund eingefallen. Monsieur lebte in der Einbildung, daß er sich jetzt in Frankreich nur zu zeigen brauche und Alles werde ihm zuströmen, ihn mit Jubel begrüßen und empfangen. Statt dessen schlossen vor ihm die meisten Städte ihre Thore, das Landvolk ergriff mit allem beweglichen Gute die Flucht, Haus, Hof und Ernte im Stiche lassend, und der ganze Zuzug, den er erhielt, bestand aus einigen Unzufriedenen vom Adel, welchen das strenge Regiment des Cardinals nicht behagte.

Zur allgemeinen Mißstimmung, die sein Einbruch über die Grenzen in Frankreich selbst hervorbrachte, trugen jedenfalls das Meiste seine Truppen bei, denn diese bestanden aus desertirten deutschen Landsknechten, Wallonen, Neapolitanern und dem Auswurfe der spanischen Armee, durchwegs Marodeurs und Banditen, welche nur die Hoffnung auf reiche Beute unter Monsieurs Fahnen gelockt hatte. Diese Banden zählten zusammen nicht mehr als etwas über 2000 Mann mit nicht weniger als zehn Generälen. Die Truppen, welche der Herzog von Montmorency inzwischen in der Languedoc gesammelt, betrugen etwa 8000 Mann, und waren, was Disziplin betraf, anfangs nicht viel besser als das von Monsieur zusammengeraffte Gesindel.

Der Einfall Gastons in Frankreich kam so unvermuthet, daß der Cardinal nicht in der Lage war, denselben zu verhindern. Er beunruhigte sich jedoch darüber nicht allzusehr, weil der Herzog von Lothringen in Folge des Handstreiches, der im letzten Winter seine sämmtlichen Festuugen in Frankreichs Hände gespielt hatte, sich wohl hütete, seinem Schwager irgendwelche ernstliche Unterstützung angedeihen zu lassen, und dadurch den letzten Rest seiner Souveränität in Gefahr zu bringen, denn Richelieu wünschte ja nichts sehnlicher als einen halbwegs stichhältigen Verwand, um Lothringen zu rauben, oder, wie man heutzutage sagt, zu annectiren.

Von seinem Vorhaben, schon jetzt, nämlich im Monate Juni, in Frankreich einzufallen, hatte Gaston nicht einmal den Herzog von Montmorency benachrichtigt. Letzterem kam dieses unerwartete Ereigniß sehr ungelegen, denn er war mit der Organisation seiner kleinen Armee noch nicht zur Hälfte fertig und er fürchtete, daß die zuchtlosen Horden, welche Monsieur mitbrachte, die wenige Disciplin, die er mit vieler Mühe unter seinen eigenen Truppen hergestellt, wieder von Grund aus zerstören werden, wie es denn auch wirklich geschah.

Richelieu, von Allem wohl unterrichtet und mithin die sogenannte Armee Monsieurs, der sich gegen Ende Juli mit Montmorency in der Languedoc vereinigt hatte, – nach ihrem wahren Werthe schützend, hielt es nicht der Mühe werth, besondere Rüstungen einzuleiten oder die Beobachtungscorps, die an der flandrischen und lothringschen Grenze standen, vorläufig auch nur um einen Mann zu schwächen. Er schrieb nur an Marschall Schomberg, der in Piemont stand, wo eine mehrwöchentliche Waffenruhe herrschte, folgenden Brief:

»Mein lieber Marschall von Schomberg!

»Nehmt von Eurer Armee 4000 Mann und vernichtet damit die 10.000 Strolche Monsieurs. Belästigt Euch nicht mit Gefangenen; was dem Schwerte entrinnt, laßt zur See oder über die spanische Grenze entlaufen. Wegen des Herzogs von Moutmorency und insbesondere wegen des Grafen von Moret werden Euch in Avigvon mein Gardelieutenant Latil und ein gewisser Cabalero de Lerida weitere Befehle überbringen. Herrn von Latil könnt Ihr unbedingt vertrauen und laßt ihm in Allem und Jedem freie Hand. Wenn möglich, sucht die Schlacht in der Nähe von Castelnaudary herbeizuführen. Herr von Pontis, der seit vierzehn Tagen wieder in meiner Nähe sich befindet, arbeitet für Euch an einem herrlichen Operationsplane. Die Detailzeichnungen u.s.w. erhaltet Ihr in Avigvon von Latil. Euch im voraus als Sieger beglückwünschend, verbleibe ich Euer Freund

»Paris, 18. Juli 1632. Richelieu.«

Der Marschall von Schomberg machte sich bereits am 27. Juli, also am zweiten Tage, nachdem er diese Ordre erhalten, mit 4000 Mann auf den Marsch.

Am 20, August stand er in der Languedoc und seinen geschickten Operationen war es wirklich gelungen, daß der Feind, ohne es selbst zu wissen und zu wollen, zur Concentrirung und Aufstellung seiner ganzen Macht bei Castelnaudary, wie es Richelieu gewünscht, veranlaßt wurde.

 

Castelnaudary oder, wie es auch noch geschrieben wird, Chatel-Naudary war auch dazumal schon eine sehr belebte Handelsstadt und liegt im heutigen Departement Aude auf einer Anhöhe, in einer fruchtbaren Ebene am Südcanale und den Fresquels. In der Nähe ist das Becken von St. Ferréol, vom Südcanale gebildet. – Castelnaudary war einst die feste Hauptstadt der Grafschaft Lauragais. Hier lieferten Raimund von Toulouse und Simon von Montfort 1212 eine blutige Schlacht. Im Jahre 1355 wurde es vom schwarzen Prinzen eingenommen, verbrannt und, nachdem es elf Jahre in Schutt gelegen, wieder erbaut.

Der Operationsplan, welchen de Pontis ausgearbeitet hatte, war in der That vortrefflich, Marschall Schomberg kannte durch ihn alle Wege und Stege auf zehn Meilen in der Runde, denn wir dürfen nicht vergessen, daß es damals mit der Kartographie noch sehr übel aussah, da genaue trigonometrische Messungen nur für einzelne wenige Punkte, Catastralmappen und sonstige Detailkarten en gros, aber gar nicht vorlagen.

Der überzahlreiche Feldherrnstab des Herzogs Gaston von Orleans hatte bisher an nichts weniger gedacht, als sich solche Behelfe für den eigenen Operationsrayon zu beschaffen; man lebte und schwelgte im Lager der Rebellen in den Tag hinein und unterschätzte die Handvoll königlicher Truppen, die gegenüberstanden. Schombergs kleine Armee beobachtete die musterhafteste Disziplin und wurde von dem Landvolke, welches auch in der Languedoc vor den zügellosen Banden Monsieurs überall Haus und Hof verlassen hatte, mit Lebensmitteln im Ueberflusse versehen, während seit Kurzem die Rebellen oft Tage lang an dem Nöthigsten Mangel zu leiden hatten.

Die Lage von Monsieur begann kritisch zu werden, denn die Spanier sendeten bis Ende August noch immer nicht die versprochenen Hilfstruppen und eine Geldsendung von 600.000 Livres, die Gaston heimlich von Paris erhalten sollte, fiel in die Hände des Cardinals.

Inzwischen rückte auch von Orleans her unter dem Befehle des Herzogs de la Force eine königliche Armee nach Süden, eine Maßregel, welche in den letzten Tagen dringend geboten schien, falls die Spanier den Rebellen wirklich zu Hilfe kamen.

De la Forre belagerte im Vorbeimarsche das Schloß von Beaucaire, nahm es und ließ dem Commandanten, sowie allen seinen Officieren den Kopf vor die Füße legen. Das gleiche Schicksal traf von da an Jeden, der mit den Waffen in der Hand aufgegriffen wurde. Entsetzen befiel die Meuterer, für die es keine Rettung gab, als Schomberg, welcher auf den Höhen von Castelnaudary die Rolle eines Fabius Cunctator spielte, aufs Haupt zu schlagen und dadurch nicht nur Luft, sondern auch den fast gänzlich verlorenen moralischen Einfluß wieder zu gewinnen. Die Städte, welche vor den Agenten und Truppen der Rebellen die Thore schlossen, empfingen mit Jubel und als Retter die Vollstrecker der königlichen Autorität.

Zu dieser sehr prekären Lage der »Abgeneigten« paßte äußerst schlecht der Hochmuth, welchen nichtsdestoweniger Gaston und Montmorency an den Tag legten.

Richelieu, einen geheimen Wunsch des Königs errathend, beauftragte Schomberg einen letzten Versuch zu machen, um die Rebellen zur Niederlegung der Waffen zu bewegen. Sämmtliche Führer sollte eine wirklich sehr gelinde Strafe, nämlich blos das Exil, treffen. Diese Vorschläge langten von Paris am 31. August Mittags an.

Schomberg beeilte sich einen gewissen Herrn Cavoye sogleich in das feindliche Lager als Parlamentär zu entsenden.

Herr Cavoye that seine Schuldigkeit nach Kräften. Gaston von Orleans schwankte. Da aber trat Montmorency inzwischen und rief: »Geht, geht, Herr Cavoye, nach der Schlacht werden wir parlamentiren.«

Cavoye ging und Gaston zog sich mißmuthig in seine Gemächer zurück; seine angeborne Feigheit hatte ihn überkommen und er traf ganz im Geheimen seine Vorbereitungen, um Montmorency und dessen ganzes Heer im Stiche zu lassen.

Der Herzog von Montmorency, der diese Absicht Monsieurs errathen mochte, hatte Gaston doch schon wie oft in ähnlichen Fällen einer solchen erbärmlichen Handlungsweise sich schuldig gemacht, traf sogleich seine Vorbereitungen, um am nächsten Morgen die Entscheidungsschlacht zu schlagen.

Vergeblich warnten ihn seine Freunde, darunter auch der Graf von Moret und der Marquis von Pisani, vor seinem tollkühnen Unternehmen. Sie beschworen ihn wenigstens noch drei Tage zu warten, um in dieser Zeit den Herzog von Elboeuf, der mit ein paar tausend Mann dem Herzog von La Force entgegengezogen war, zur Verstärkung wieder heranzuziehen. Alles umsonst.

Am 1. September um acht Uhr Früh, als Montmorency bereits seine Truppen in Schlachtordnung aufgestellt hatte, bemächtigte sich Schomberg eines Hauses, das nur zehn Minuten von den Vorposten der Rebellen entfernt war, und machte diesen strategisch wichtigen Punkt zur Hauptwache.

Montmorency nahm fünfhundert Mann und griff das gedachte Haus mit Ungestüm an. Die königlichen Truppen räumten es ohne vielen Widerstand«,denn kein einziger Tropfen Blut wurde dabei vergossen. Montmorency, durch diesen wohlfeilen Sieg berauscht, wies barsch den Parlamentär zurück, der um Gehör bat. Schomberg hatte ihm nämlich durch das Scheingefecht nur Gelegenheit geben wollen. daß er, ohne sein Wort zu brechen, nunmehr unterhandeln könne.

Als er zurückkam, traf er in dem ersten Hause den Herzog Gaston, den Grafen von Moret, den Marquis von Pisani und den Marschall Rieux.

»Prinz,« sagte Montmorency, »heute werdet Ihr über alle Eure Feinde siegen, aber Euer Schwert muß sich bis an das Heft blutig färben.«

Der Prinz verabscheute bloße Degen und noch dazu blutgeröthete; er verfärbte sich, wendete die Augen ab und sagte kleinlaut:

»Werdet denn Ihr Eure Reden vom Tode nicht aufgeben? Was Ihr jetzt thatet, hat gar keinen Einfluß auf das Weitere und gibt uns höchstens Hoffnungen.«

»Nun,« erwiderte Montmorency mit stolzem Selbstbewußtsein, »wenn ich Euch auch nur Hoffnungen gebe, so thue ich doch mehr als der König, Euer Bruder, der Euch alle Hoffnungen nimmt und zwar sogar die, mit dem Leben davonzukommen.«

»Glaubt Ihr?« entgegnete Gaston achselzuckend, »daß das Leben des muthmaßlichen Thronerben je gefährdet sein könne? Was auch geschehen mag, ich habe stets die Gewißheit, Frieden für mich und drei Personen zu machen.«

Gaston zog sich nach diesen Worten in das anstoßende Zimmer zurück.

Montmorency lächelte bitter und sagte zu dem Grafen von Moret, zu Pisani und Rieux, welche zurückgeblieben waren:

»Ach! er will mit drei Personen entfliehen, seid Ihr es?«

Alle Drei verneinten.

»Nun gut!« rief Montmorency, »so schließt Euch mir an.«

»Führt uns,« entgegneten alle drei Männer mit einer Stimme, denn alle drei fühlten gleich Montmorency das Unwürdige ihrer gegenwärtigen Lage und zogen deren längerer Dauer den Tod vor.

Der Herzog von Montmorency, mit den Farben des Prinzen geschmückt, bestieg einen Grauschimmel und ritt bis auf fünfzig Schritte an die feindliche Linie heran, als ob er sich durch die königlichen Scharfschützen absichtlich wolle tödten lassen.« – Aber kein einziger Schuß fiel auf ihn, denn der Graf von Moret ritt unmittelbar an seiner Seite und dessen Leben, so gebot es ein strenger Befehl des Cardinals, durfte nicht mitgefährdet werden.

Nach dieser Recognoscirung kehrte Montmorency zum Gros seiner Truppen zurück. Den rechten Flügel übernahm er selbst, den linken überließ er dem Grafen von Moret, das Centrum sollte Gaston, welchem Marschall Rieux beigegeben war, commandiren.

Nach dem ersten Schuß aber salvirte sich der tapfere Herzog von Orleans, indem er unter einem nichtigen Vorwande nach Castelnaudary im Galoppe zurückritt, es Rieux überlassend, seinen Platz ganz nach Belieben auszufüllen.

Es ist begreiflich, daß dieses Benehmen Monsieurs auf seine Truppen, welche ohnehin nur von sehr geringer Kampflust beseelt waren, den demoralisirendsten Eindruck machte. – Die Mehrzahl der Fähnlein im Centrum bestand aus Italienern, welche, Rieux und seine Officiere mochten dagegen thun, was nur in Menschenkräften stand, dem Beispiele ihres obersten Kriegsherrn folgend, nach den nächsten paar Schüssen »Kehrt Euch« machten und in zügellosester Unordnung das unglückliche Castelnaudary überschwemmten, dort plünderten und zahllose Gräuel aller Art begingen.

3Das ist nicht der Cardinal Valette, sondern der Valet – der Knecht – des Cardinals. – Ein unübersetzbares Wortspiel.
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