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Der Graf von Moret

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»Kommt näher, Herr Michel!«

»Hier bin ich. Monseigneur!«

»Ich habe mich in Euch nicht getäuscht, als ich Euch mein Vertrauen schenkte; Ihr seid ein geschickter Mensch.«

»Wenn Ew. Eminenz mit mir zufrieden sind, so bin ich auch ein glücklicher Mensch.«

»Sehr zufrieden! Nur liebe ich die Rätsel nicht, weil, ich nicht Zeit habe, sie aufzulösen. Wie kommt es, dass Ihr die Details, die meine Person betreffen, so genau kennt?«

»Monseigneur!« sagte Souscarières mit selbstzufriedenem Lächeln, »ich setzte voraus, dass Ew. Eminenz sich von der Brauchbarkeit der durch Euch ins Leben gerufenen neuen Transportmittel würden in Person überzeugen wollen.«

»Nun?«

»Nun. Monseigneur, ich stellte mich in dieser Voraussetzung an die Ecke der Place Royal und wartete.«

»Und dann?«

»Monseigneur, der größere Träger Eurer Sänfte, derselbe, welcher an das Thor des Klosters pochte, welcher die Frau von Coëtman aus ihrer kalten Zelle an das Kaminfeuer trug, und welcher die geschlossene Sänfte holte, das war ich selbst!«

»Teufel!« rief der Kardinal, und vergaß somit schon zum dritten Male in einer Stunde seine Würde und seine Stellung.

Der Gegenstand musste ihn eben außerordentlich interessieren.

XIII.
Die Spicknadeln des Königs Ludwig XIII

Unsere Leser müssen wir jetzt im Interesse der Erzählung näher mit dem König Ludwig XIII. bekannt machen, den sie nur flüchtig während jener Nacht erblickt haben, als er durch die Ahnungen des Kardinals Richelieu nach dem Zimmer der Königin getrieben wurde, in dem er nur so lange blieb, um sich zu überzeugen, dass man dort keine Cabalen schmiede, und dann zu verkünden, dass er am nächsten Tage abführen und am Tage darauf zur Ader lassen würde.

Er hatte abgeführt, hatte zur Ader gelassen, aber er war danach weder heiterer noch gesünder geworden; im Gegenteil schien seine Melancholie nur noch zugenommen zu haben.

Diese Melancholie, deren Ursache Niemand kannte, und die den König in dem Alter von vierzehn oder fünfzehn Jahren befallen hatte, brachte ihn dahin, alle möglichen Arten von Zerstreuungen zu versuchen, ohne dass eine derselben ihn zerstreute. Dazu nehme man noch, dass er und sein Narr, L'Angely, an dem ganzen Hofe beinahe die Einzigen waren, welche sich ganz schwarz kleideten und dass er dadurch noch viel trüber erschien.

Nichts war daher düsterer, als seine Zimmer, zu denen außer der Königin Anna von Österreich und der Königin-Mutter nie eine Dame Zutritt hatte; und selbst diese ließen sich stets zuvor anmelden, wenn sie dem Könige einen Besuch machen wollten.

Wenn man eine Audienz bei ihm hatte, so wurde man oft, wenn man zu der bezeichneten Stunde bei ihm erschien, entweder durch Beringhen, den ersten Kammerdiener, empfangen, oder durch Herrn von Tréville, oder endlich durch Herrn von Guitaut; einer dieser Herren führte dann den Ankommenden in einen Salon, in welchem die Augen sich vergeblich nach dem Könige umsahen. Der König stand dann in einer Fenstervertiefung mit einem seiner Vertrauten, zu dem er gesagt hatte: »Herr So und So, kommt mit, wir wollen uns langweilen.« Und in dieser Beziehung konnte man stets versichert sein, dass er sich und Andern gewissenhaft Wort hielt.

Öfter als einmal hatte die Königin, um über diesen melancholischen Menschen Herrin zu werden, entweder aus eigenem Antriebe, oder aus den Rat der Königin-Mutter, in ihren vertrauteren Umgang irgend ein reizendes Geschöpf gezogen, dessen Treue sie gewiss sein durfte, und durch dessen schöne Augen sie das Eis dieses Herzens zu schmelzen hoffte; ober alle Mühe war vergeblich geblieben.

Dieser König, den Luynes nach vierjähriger Ehe in das Zimmer seiner Gemahlin tragen musste, dieser König hatte männliche Günstlinge, doch niemals weibliche.

Die schöne Herzogin von Chevreuse, welche man die Unwiderstehliche nannte, hatte ebenfalls den Versuch gemacht; aber trotz des dreifachen Vorzuges der Jugend, der Schönheit und des Geistes scheiterte auch sie.

.»Aber, Sire,« sagte sie eines Tages, durch eine so große Kälte zur Ungeduld gebracht, »habt Ihr denn keine Mätresse?«

»O ja,« entgegnete der König; »ich habe eine.«

»Wie liebt Ihr sie dann aber?« fragte die Herzogin. »Von dem Gürtel aufwärts.«

»Gut!« sagte die Herzogin von Chevreuse, »künftig werde ich meinen Gürtel um die Knie binden.«

Eine solche Hoffnung war die Ursache gewesen, dass man an den Hof jenes schöne und keusche Kind berief, welches wir unseren Lesern unter dem Namen Isabella von Lautrec vorgestellt haben. Man kannte ihre innige Ergebenheit für die Königin, welche sie hatte erziehen lassen, obgleich ihr Vater zu den Dienern des Herzogs von Rethellois gehörte. In der Tat war sie so schön, dass der König sich anfangs viel mit ihr beschäftigte; er hatte mit ihr gesprochen und war durch ihren Geist entzückt worden. Sie ihrerseits hatte keine Ahnung von den Absichten, die man mit ihr hegte, und sie antwortete daher dem Könige mit Bescheidenheit und Ehrerbietung. Sechs Monate vor der Zeit jedoch, zu der wir gelangt sind, hatte er einen neuen Kammerpagen angenommen, und seitdem beschäftigte er sich nicht nur nicht mehr mit Isabella, sondern er ging auch beinahe nie mehr zu der Königin.

In der Tat folgten die Günstlinge einander bei dem Könige mit einer solchen Schnelligkeit, dass der, welcher augenblicklich in Gunst kam, keine sehr beruhigende Ausficht hatte.

Zuerst war Pierret der Günstling gewesen, jener kleine Bauer, den wir als Aufseher der königlichen Vögel nannten.

Dann folgte Luynes, der Oberaufseher der Kabinettsvögel; dann des Königs Armbrustträger, von Esplan, den Ludwig XIN, zum Marquis von Grimaud machte.

Darauf kam Chalais, dem er den Kopf abschlagen ließ.

Dann Baradas, der Günstling des gegenwärtigen Augenblickes.

Und endlich Saint-Simon, der Günstlingscandidat, welcher darauf rechnete, dass Baradas in Ungnade fallen würde, etwas, das man stets erwarten durfte, da man die Vergänglichkeit jenes eigenthümlichen Gefühles kannte, welche bei Ludwig XIII. eine nicht zu bezeichnende Mitte zwischen Freundschaft und Liebe einnahm.

Außer diesen Günstlingen hatte Ludwig XIII. noch seine Vertrauten; diese waren: Herr von Tréville, der Kommandant seiner Musketiere, mit denen wir uns in einigen unserer Bücher so viel beschäftigt haben, dass wir uns hier mit ihrer Nennung begnügen können; – der Graf von Nogent-Beautru, der Bruder eben jenes Beautru, den der König so eben nach Spanien geschickt hatte, und der das erste Mal, als er bei Hof erschien, so glücklich war, den König in dem Tuileriengarten auf seinen Schultern über eine Stelle zu tragen, auf welcher sich Wasser angesammelt hatte, und der noch überdies des Vorrechtes genoß, dem Könige, gleich dessen Narren L'Angely, Alles sagen zu dürfen, und dem es sogar durch seine Scherze zuweilen gelang, das finstere Gesicht des Königs aufzuheitern.

Bassompierre, welcher im Jahre 1622 zum Marschall ernannt worden war, weit mehr in Erinnerung an seine Adcoventaten bei Marin von Medicis, als in Erinnerung an seine Kriegstaten, gehörte ebenfalls zu den Männern, die der König seines vertrauteren Umgangs würdigte. Er war übrigens ein Mann von Geist und so herzlos, dass er als ein Muster jener Zeit gelten konnte, welche den Übergang von dem siebzehnten zu dem achtzehnten Jahrhundert bildete.

Ferner müssen wir Lublet des Noyers nennen, des Königs Sekretär, oder vielmehr seinen Diener, Vieuville, den Oberintendanten der Finanzen, Guitaut, seinen Gardecapitän, einen Mann, der ihm, so wie der Königin Anna, unbedingt ergeben war, und der auf alle Anerbietungen, welche der Kardinal ihm machte, um ihn für sich zu gewinnen, stets die Antwort gab: »Unmöglich, Eure Eminenz; ich gehöre dem Könige, und das Evangelium verbietet, zwei Herren zugleich zu dienen.« – Endlich war ein Vertrauter des Königs auch noch der Marschall Marillac, der Bruder des Siegelbewahrers, der einer von den blutigen Flecken der Regierung Ludwigs XIII., oder vielmehr des Kardinal Richelieu, werden sollte.

Dies als einleitende Erläuterung.

Den Tag nachdem Souscarières einen so ausführlichen und wahrheitsgetreuen Bericht über die Vorgänge der verflossenen Nacht abgestattet hatte, wandte sich der König, nachdem er mit Baradas gefrühstückt, mit Nogent Federball geschlagen und befohlen hatte, man möge ihm die Herren Molinier und Justin holen, damit ihn der Eine mit seiner Laute, der Andere mit seiner Viola während der wichtigen Beschäftigung unterhalte, der er sich nun überlassen wollte, an die Herren Bassompierre, Marillac, des Royers und La Vieuville, welche ihm eben ihre Aufwartung gemacht hatten, mit den Worten:

»Meine Herren, gehen wir spicken!«

»Gehen wir spicken!« wiederholte L'Angely näselnd, »wie das schön zusammenpasst, eine Majestät und eine – Spicknadel!«

Und nach diesem mittelmäßigen Scherze setzte er seine Kappe aufs Ohr und drückte Nogent einen Filzhut auf den Kopf.

»Narr, was tust Du?« fragte Nogent.

»Ich bedecke mich und Euch!« sagte L'Angely.

»Vor dem Könige?«

»Pah! Für Narren, wie wir sind, schickt sich das schon.«

»Sire, gebietet doch Eurem Narren, dass er schweige,« rief Nogent wütend.

»O, Nogent,« sagte der König, »wisst Ihr nicht, dass man L'Angely nicht zum Schweigen bringen kann?«

»Man bezahlt mich, damit ich Alles sage,« lachte L'Angely; »wenn ich schwieg, so würde ich es wie Herr Vieuville machen, der Oberintendant ist, damit er die Finanzen verwalte, und der gar keine Finanzen hat; ich würde meinem Herrn das Geld aus der Tasche stehlen.«

»Aber haben denn Ew. Majestät nicht gehört, was L'Angely sagte?«

»Ja, aber Du sagst mir zuweilen auch schöne Dinge.«

»Euch, Sire?«

»Ja, und wenn ich Dich nicht ein wenig als den Kollegen L'Angely's ansähe, so würde ich Dir solche Worte nicht gestatten. – Doch nun, meine Herren, gehen wir 'spicken!«

 

Diese Worte des Königs: »Gehen wir spicken!« verdienen eine Erklärung; wir wollen sie in Folgendem geben.

Wir haben bereits früher einmal erwähnt, dass der König, um seiner Melancholie Herr zu werden, verschiedene Zerstreuungen versuchte, die ihn aber alle nicht zerstreuten. Als Kind hatte er aus Leder Kanonen gefertigt, aus Federkielen Springbrunnen gemacht, als junger Mann hatte er Kupferstiche koloriert (seine Höflinge nannten es malen), er hatte trommeln gelernt (die Höflinge nannten es musizieren), und in dieser Übung hatte er es zu einer gewissen Fertigkeit gebracht; er fing an köstliche Confecte zu bereiten; dann wurde er Gärtner und brachte es dahin, dass er im Monat Februar frische Erbsen zog, welche er verkaufen ließ, und welche ihm Herr von Montauron, um ihm den Hof zu machen, zu hohen Preisen abkaufte.

Dann fing er zu rasieren an, und in der ersten Leidenschaft für diese neue Art Unterhaltung ließ er eines Tages alle seine Hausbeamten versammeln und rasierte sie mit höchst eigenen Händen, indem er ihnen in seiner knauserischen Freigebigkeit nur jenen Haarbüschel stehen ließ, welchen man seit dem Tage zum Andenken an eine königliche Handlung Royale nannte.

Über dieses Ereignis kam am nächsten Tage im Louvre ein Spottgedicht in Umlauf.

Endlich wurde Ludwig Xlll. auch des Rasierens überdrüssig, und da er einmal zufällig in die Küche kam, um daselbst eine jener Ersparungsmaßregeln einzuführen, die er so sehr liebte, bemerkte er, wie der Koch und die Küchenjungen Kalbslenden, Hammelkeulen, Hasen, Fasanen spickten. Er fand diese Arbeit ungemein unterhaltend, und das Resultat war, dass einen Monat später der König eine neue Lieblingsbeschäftigung hatte; er – spickte und mit ihm spickten alle seine Höflinge.

Es ist schwer zu sagen, ob die Hochkunst dabei gewann, dass sie durch die Hand eines Königs ausgeübt wurde, aber die Küchenornamentik machte entschieden große Fortschritte. Kalbslenden und Rinderbraten zumal, welche eine größere Oberfläche darboten, kamen aus der Küche mit den verschiedensten, durch die Spicknadel hervorgebrachten Zeichnungen bedeckt. Der König beschränkte sich auf landschaftliche Zeichnungen, er spickte Bäume, Häuser, zuweilen auch Blumen, Wölfe, Hirsche, Lilien, Jagdhunde, aber Nogent und die Andern blieben hierbei nicht stehen und schufen fantastische Gestalten, deren Formen ihnen von dem züchtigen Könige oft einen herben Tadel eintrugen, und ihren Produkten die Zulassung auf die königliche Tafel unmöglich machten.

Da unsere Leser nun über diesen Gegenstand hinreichend unterrichtet sind, können wir den Faden unserer Erzählung wieder aufnehmen.

Nach der Aufforderung des Königs beeilten sich Alle, ihm zu folgen.

Das Ziel der Wanderung war ein großer an die Speisezimmer grenzender Saal, in welchem auf mehreren Marmortischen Kalbsseiten, Rindslenden, Fasane, Hasen bereit lagen, und wo der Stallmeister Georges vor einem Büffet stand, auf dem sich eine Menge von Tellern mit fein in Streifen geschnittenem Speck und Spicknadeln befanden, die er den einzelnen Herren überreichte, welche aus Artigkeit für den König in seiner Gesellschaft Küchenjungendienste verrichteten, und diese Artigkeit so weit trieben, dass sie absichtlich sehr ungeschickt waren, um ihm den Triumph zu lassen, der einzige vollendete Spickkünstler am Hofe zu sein.

Bassompierre benützte den Moment, als man sich an den Tischen aufstellte, um dem Oberintendanten der Finanzen die Hand auf die Schulter zu legen, und ihm, leise genug, dass die Form beobachtet, laut genug, dass er von den Andern gehört wurde, zu sagen:

»Kann man, ohne zu neugierig zu sein, Euch fragen. wann Ihr gesonnen seid, mir meinen Quartalsgehalt als General-Oberst der Schweizer zu zahlen, welche Stelle mich hunderttausend baare Taler kostet?«

Statt ihm jedoch zu antworten, streckte Herr Vieuville, der zu Zeiten wie Nogent den Harlekin machte, seine Arme aus und zog sie dann wieder an sich, indem er sagte:

»Ich schwimme; ich schwimme; ich schwimme!«

»Bei Gott,« sagte Bassompierre, »ich habe genug Rätsel in meinem Leben gelöst, aber den Schlüssel zu diesem vermag ich nicht zu finden.«

»Herr Marschall, wenn man schwimmt, so hat man doch den Boden unter den Füßen verloren, nicht wahr?«

»Ja!«

»Nun, mir geht es so; ich habe keinen Boden mehr unter den Füßen; ich schwimme!«

In diesem Augenblicke wurde die Gesellschaft durch den Herzog von Angoulème, den natürlichen Sohn Carl's IX. und Marie Touchet's, vermehrt, der in Gesellschaft des Herzogs von Guise kam, welchen Letzteren wir bereits in der Soire bei der Prinzeß Marie gesehen haben und dem der Herzog von Orleans ein Armeecorps für den Fall versprochen hatte, dass er Generallieutenant des Königs in dem italienischen Feldzuge werden würde.

Beide warteten, um vorzutreten, dass der König sie bemerke.

Bassompierre, welcher für Vieuville keine Antwort fand, es aber nicht liebte, zu kurz zu kommen, klammerte sich mutig an den Herzog von Angoulème, wir sagen mutig, weil der Herzog als ein Mensch bekannt war, der keine Antwort schuldig blieb.

»Ihr schwimmt also,« sagte er; »das ist sehr gut; die Gänse und die Enten schwimmen auch, aber das geht mich nichts.an. Ei, wenn ich falsches Geld machte, wie Angoulème, würde ich mich um die Bagatelle wenig kümmern.«

Der Herzog von Angoulème, der wahrscheinlich keine Antwort bereit hatte, tat, als hörte er nicht, aber Ludwig XIII. hörte und sagte, da er sehr schadenfroh war:

»Hört, Ihr Vetter, was Bassompierre sagt?«

»Nein, Sire, ich bin auf dem rechten Ohre taub,« antwortete der Herzog.

»Wie Cäsar!« sagte Bassompierre.

»Er fragt, ob Ihr noch immer falsches Geld macht.«

»Ich bitte um Entschuldigung,« warf Bassompierre ein, »ich frage nicht, ob Angoulème noch immer falsches Geld macht, was die Sache zweifelhaft erscheinen ließe; ich sage, dass er falsches Geld macht, und das ist eine Behauptung.«

Der Herzog von Angoulème zuckte die Achseln.

»Seit zwanzig Jahren belästigt man mich schon mit dieser Albernheit.«

»Und was ist an dieser Albernheit Wahres, Herr Vetter?«

»Sie ist die reine Wahrheit, Sire! Ich habe in meinem Schloss Grosbois ein Zimmer an einen Alchimisten, Namens Merlin, vermietet, welches derselbe vortrefflich zur Auffindung des Steines der Weisen geeignet hält. Er zahlt mir viertausend Taler jährlich unter der Bedingung, dass ich ihn nie frage, was er treibt und dass ich ihn das Privilegium genießen lasse, welches die Wohnungen der französischen Prinzen haben, nämlich, dass sie nie von den Behörden durchsucht werden. Ihr begreift, Sire, da ich für ein Zimmer mehr Miete erhalte, als ich auf gewöhnlichem Wege für das ganze Schloss erhalten würde, wäre es von mir lächerlich, etwas zu tun, wodurch ich einen so guten Mieter verlieren könnte.«

»Seht, Bassompierre, was Ihr für eine böse Zunge habt.« sagte der König; »gibt es ein anständigeres Gewerbe, als das unseres Vetters?«

»Übrigens,« sagte Angoulème, der sich noch nicht für geschlagen hielt, »wenn ich, der Sohn Carls IX., Königs von Frankreich, falsches Geld mache, so hat Euer Vater, glorreichen Andenkens, Sohn Antons von Bourbon, der nur König von Navarra war, gestohlen.«

»Wie? Mein Vater hat gestohlen?« rief der König.

»Ja,« sagte Bassompierre, »darauf bezog es sich, als er mir eines Tages sagte: »Ich bin sehr glücklich, dass ich König bin, denn sonst würde ich gehängt.«

»Der König, Euer Vater, Sire,« fuhr Angoulème fort, »stahl zunächst beim Spiel.«

»Beim Spiel?« sagte Ludwig XIII. »Nun. beim Spiel heißt das nicht stehlen, sondern escamotiren und übrigens gab er auch, wenn die Partie zu Ende war, jedesmal das Geld zurück.«

»Nicht immer!« sagte Bassompierre.

»Wie? Nicht immer?«

»Nein, und Eure erhabene Mutter kann die Tatsache bestätigen, die ich jetzt erzählen will. Eines Tages, oder vielmehr eines Abends, hatte ich die Ehre, zum Spiele des Königs zugezogen zu werden; es standen fünfzig Pistolen, aber es waren halbe Pistolen darunter.«

»Sire,« sagte ich zum Könige, »Ihr seid es, der halbe Pistolen statt ganzer gesetzt hat.«

»Nein, das waret Ihr,« sagte der König.

»Da stand ich auf, nahm das ganze Geld, ganze und halbe Pistolen, und warf es zum Fenster in den Hof hinunter, wo sich die Lakaien darum rauften.«

»Ha! Das tatet Ihr,Bassompierre?« fragte der König.

»Ja, Sire, und Eure erlauchte Mutter sagte dabei: »Heute macht Bassompierre den König und der König Bassompierre.«

»Auf Edelmanneswort, das war gut gesagt,« rief der König. »Und was antwortete mein Vater?«

»Sire, seine ehelichen Leiden mit Margarethe hatten ihn ohne Zweifel ungerecht gemacht, denn er antwortete, meiner Meinung nach sehr mit Unrecht: »Ihr wolltet ohne Zweifel, dass er König wäre, weil Ihr dann einen jüngeren Gatten hättet!«

»Und wer gewann die Partie?« fragte wieder Ludwig XNI.

»Der König Heinrich IV., Sire; und wahrscheinlich in der Zerstreutheit, welche die Bemerkung der Königin verursacht hatte, steckte er, was auch Eure Majestät dazu sagen mögen, das ganze Geld in die Tasche, selbst ohne uns die Differenz zwischen den ganzen und den halben Pistolen herauszugeben.«

»Nun,« sagte Angoulème, »ich sah ihn noch entschiedener stehlen.«

»Meinen Vater?« fragte Ludwig XIII.

»Ich habe gesehen, wie er einen Mantel stahl.«

»Einen Mantel?«

»Es ist wahr, dass er damals nur noch König von Navarra war.«

»Erzählt das. Vetter!«

»König Heinrich III. war eben in St. Cloud in den Armen des nachmaligen Heinrich IV. gestorben. Dieser war zu jener Zeit so arm, dass er sich nicht ein Wams und einen Mantel von violettem Samt, damals die Trauerfarbe bei Hofe, anzuschaffen vermochte. Da der eben Gestorbene einen weiten Mantel von dieser Farbe hatte, rollte Heinrich IV. ihn vorsichtig zusammen, nahm ihn unter den Arm und verließ das Zimmer, in der Meinung, es habe ihn Niemand gesehen. Der König hatte dabei die Entschuldigung – wenn Könige überhaupt einer Entschuldigung für das Stehlen bedürfen – er sei so arm, dass er ohne diesen Diebstahl die Trauer nicht hätte tragen können/'

»Beklagt,Euch nun, Herzog,« sagte der König, »dass Ihr Eure Dienerschaft nicht bezahlen könnt. Ihr seht, der große König Heinrich IV. war viel ärmer und besaß nicht einmal ein Zimmer, das er für viertausend Taler jährlich einem Alchimisten vermieten konnte.«

»Entschuldigt, Sire,« sagte Angoulème, »es ist wohl möglich, dass meine Dienerschaft sich darüber beklagt, von mir nicht bezahlt worden, zu sein; ich spreche nie darüber. Als sie sich zum letzten Male bei mir beklagte, sie hätte nicht einen Livre mehr in der Tasche, sagte ich ganz einfach: »Dummköpfe, das ist Eure eigene Schuld; das Hotel Angoulème ist von vier Straßen begrenzt, Ihr seid auf einem guten Posten; schafft Euch Geld!« Seit dieser Zeit beklagen sie sich nicht mehr, aber man hört täglich von nächtlichen Diebstählen, die in der Nähe meines Hotels begangen werden.«

»Nun,« sagte Ludwig XIII., »eines Tages kann es Euren Herren Bedienten begegnen, dass ich sie vor dem Thore Eures Hotels aufhängen lasse.«

»Das heißt, wenn der Herr Kardinal gerade bei Laune ist und Ihr bei ihm in Gunst steht, Sire,« lachte Angoulème.

»Spicken wir, meine Herren!« rief der König wütend.

Und er warf sich auf eine Kalbslende, die er so eifrig zu durchstehen anfing, als ob die Spicknadel ein Degen und die Kalbslende der Herr Kardinal in eigener Person wäre.

»Meiner Treu, Ludwig,« rief L'Angely, »ich glaube, jetzt bist Du selbst ein wenig gespickt worden.«

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