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Denkwürdigkeiten eines Fechtmeisters

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In diesem Augenblicke eilt Eugen herbei, indem er eine neue Verstärkung mitbringt; aber es ist zu spät, um sich in diese unbekannten Engpässe zu wagen, die Nacht bricht herein, und man will den andern Morgen abwarten. Murat und Eugen bezeichnen jedem seine Stellung, errichten auf einer Höhe alles was sie von Geschütz besitzen, zu einer Batterie, und kehren zurück, um sich ganz angekleidet unter demselben Zelte niederzulegen.

Mit Anbruch des Tages stehen sie auf. Die Russen sind ihrer Seits aufgestellt; aber es ist nicht mehr eine einfache Arrier-Garde, mit der Murat und Eugen zuthun haben, es ist ein ganzes Armee-Korps. Pahlen und Konownizin haben sich mit Ostermann vereinigt; was liegt daran! sind sie nicht selbst die Avant-Garde der großen Armee, und wird nicht selbst Napoleon zu ihnen stoßen?

Um fünf Uhr Morgens sind die Franzosen auf den Beinen, Murat ordnet seinen Angriff an, und schon rückt der linke Flügel gegen die Russen, als der rechte noch seine Befehle empfängt. Plötzlich hört Murat lautes Geschrei: es ist das Hurrah von zehn Tausend Russen, die unseren Angriff nicht abwarten, und die in dichten Massen aus dem Walde rückend, auf unsere Cavalerie und unsere Infanterie stoßen, und sie zweimal zurückdrängen. Diese Tapferen sind zu lange zurückgewichen; der Befehl ist ihnen gegeben, vorwärts zu gehen, und sie benutzen ihn.

Murat sieht sie auf unsere Artillerie anrücken, die anfängt, besorgt zu werden, da sie sieht, wie sie vergeblich schießt, und wie die Furchen, die sie in diesen dichten Colonnen zieht, sich augenblicklich wieder schließen. Das 84. Regiment und ein Bataillon Kroaten halten inzwischen vor diesen Massen, und weichen nur Schritt vor Schritt zurück; aber in dem Maße, als sie zurückweichen, sieht man in dem mit jedem Augenblick enger werdenden Raume, daß sich ihre Todten aufhäufen, während dem daß es hinter ihnen von Verwundeten wimmelt, die man fortbringt, und einigen Flüchtlingen die schon das Weite suchen: entweder werden sie über den Haufen geworfen und vernichtet werden, oder sie werden sich auflösen und unsere Kanonen ohne andere Bedeckung lassen, als ihre Artilleristen. Bei diesem Anblicke wird der rechte Flügel, der noch nicht angegriffen hat, unruhig, Vorboten der Verwirrung brechen aus; es ist kein Augenblick zu verlieren, denn in den Engpässen würde jeder Rückzug eine Niederlage seyn.

Murat ertheilt seine Befehle mit der Schnelligkeit und der Strenge, welche eine solche Lage erheischt. Der rechte Flügel, anstatt abzuwarten, daß man ihn angreift, soll angreifen. Es ist der General Piré, der mit dieser Bewegung beauftragt ist.

Der General Anthouard eilt zu seinen Kanonieren, und läßt sie ihren Posten behaupten: es ist ihre Pflicht, sich auf ihren Stücken niedersäbeln zu lassen.

Der General Girardin soll das 106. Regiment, das in vollem Rückzuge ist, wieder sammeln, und sie wieder gegen den rechten Flügel der Russen, der fortfährt vorzurücken, führen, während dem daß Murat sie von der Seite mit einem Regimente polnischer Uhlanen angreifen wird.

Jeder begibt sich mit der Schnelligkeit des Blitzes auf seinen Posten. Murat eilt vor die Fronte der Polen, um sie durch eine Anrede anzufeuern; das Regiment, welches glaubt, daß der König sich an ihre Spitze setze, stößt ein lautes Geschrei aus, senkt seine Lanzen und stürzt vorwärts. Murat hat sie nur anreden wollen, er muß sie führen: die Lanzen treiben ihn von hinten, sie nehmen die ganze Breite des Weges ein, er kann weder anhalten, noch sich zur Seite werfen, er ergreift daher sein Theil als Tapferer, zieht seinen Säbel, ruft vorwärts, greift zuerst wie ein einfacher Kapitain an, und verschwindet mit seinem ganzen Regimente in den feindlichen Reihen, welche er von einer Seite zur andern durchschneidet, und in die er durch diese ungeheure Lücke die Verwirrung wirft.

Auf der andern Seite findet er Girardin und sein Regiment wieder, von der Höhe des Hügels sieht er das Feuer seiner Artilleristen sich verdoppeln, während dem daß ein wohlunterhaltenes Gewehrfeuer auf der äußersten Rechten ihn benachrichtigt, daß der General Piré seinen guten Ruf behauptet.

Nun stellt sich der Kampf wieder her, und dauert mit einem gleichen Vortheile während zweier Stunden. Hierauf weichen die Russen und fangen an Terrain zu verlieren, aber Schritt vor Schritt und als Männer, die eher Befehlen nachgeben, als wie als Besiegte, die sich zurückziehen; endlich kehren sie langsam in ihre Waldung zurück, in der sie verschwinden, und die Franzosen befinden sich wieder in der Ebene. Murat und Eugen zögern, sie in diesen dichten Forsten zu verfolgen. In diesem Augenblicke erscheint der Kaiser, setzt ein Pferd in Galop, langt auf dem Hügel an, welcher das Schlachtfeld beherrscht, und dort, in Mitte der Artillerie, hält er ohne Bewegung und gleich einer Reiterstatue an. Murat und Eugen befinden sich bald an seiner Seite; sie berichten ihm, was vorgefallen ist, und die Ursache, welche sie zurückhält.

– Durchbrecht diesen Wald, sagt Napoleon, er ist nur ein Vorhang, in dem sich die Russen nicht halten werden.

Bald hört man die Musik von ankommenden Regimentern. Sicher, unterstützt zu werden, setzen sich Murat und Eugen von neuem an die Spitze ihrer Soldaten, und dringen entschlossen in den Wald ein, den sie einsam und düster, wie den bezauberten Wald Tassos finden.

Nach Verlauf einer Stunde kommt ein General-Adjutant, um Napoleon zu melden, daß die Avant-Garde den Wald passiert hat, und daß von der, von ihr eingenommenen Stellung aus, man Witebsk erblickt,

– Dort ist es, wo sie uns erwarten, sagt Napoleon, ich hatte mich nicht getäuscht.

Nun gibt er den Befehl, daß die ganze Armee ihm folge; dann, ein Pferd in Galop setzend, sprengt auch er nun durch den Wald, und holt Murat und Eugen wieder ein. Seine Lieutenants haben die Wahrheit gesagt, Witebsk erhebt sich amphitheatralisch auf seinem doppelten Hügel vor seinen Augen.

Aber der Tag ist schon zu weit vorgerückt, um etwas zu unternehmen; er bedarf Zeit, um zu recognosciren, das Land zu erforschen und einen Plan zu fassen; außerdem ist der übrige Theil der Armee noch in den Engpässen verwickelt, die Napoleon selbst erst kaum seit drei Stunden verlassen hat. Er befiehlt, daß man ein Zelt auf einer Höhe zur linken der großen Straße aufschlage, läßt seine Karten entfalten, und beugt sich über sie.

Die Nacht bricht herein, die Feuer entzünden sich; nach ihrer Ausdehnung und nach ihrer Zahl ist nicht mehr daran zu zweifeln, daß man die russische Armee erreicht hat, sie ist da, sie erwartet ihn.

Stunde vor Stunde erwacht Napoleon und fragt, ob die Russen noch immer auf ihren Posten sind; man antwortet ihm mit ja. Sieben Male läßt er in dieser Nacht Berthier kommen, das letzte Mal führt er ihn selbst bis an die Thüre seines Zeltes zurück und versichert sich mit seinen eigenen Augen, daß man ihn nicht getäuscht hat; dann endlich schläft er ein wenig ruhiger ein, indem er den Befehl gibt, daß man ihn mit Tagesanbruch wecke.

Aber dieser Befehl ist unmöthig, er selbst ist es, der um drei Uhr Morgens seine Generaladjutanten ruft und ein Pferd verlangt. Da immer eins bereit stand, so führt man es ihm herbei. Er springt hinauf, und nur von einigen Stabs-Officieren begleitet, durcheilt. er die ganze Linie. Russen und Franzosen sind an ihren Posten, und als der Tag anbricht, sieht Napoleon voller Freuden die ganze feindliche Armee auf den Terrassen, welche die Zugänge von Witebsk beherrschen. Drei Hundert Fuß unter ihnen fließt die Luczissa, ein reißender Strom, der von den Gebirgen herab sich in die Dwina ergießt. Vor der Armee stehen gleich Vorposten zehn Tausend Mann Cavalerie, die sich zu ihrer Rechten an die Dwina, und zu ihrer Linken an einen mit Infanterie besetzten und mit Kanonen bespickten Wald lehnen. Alles zeigt, wie man sieht, von einem festen Willen zu schlagen.

Napoleon hat mit einem einzigen Blicke die ganze feindliche Linie aufgefaßt, und seine Befürchtung ist verschwunden. Wenn die Russen nicht geneigt sind, uns anzugreifen, so scheinen sie zum mindesten entschlossen, sich zu vertheidigen. In diesem Augenblicke kommt der Vice-König zu Napoleon, der ihm seine Befehle ertheilt, und sogleich reitet er auf einen abgelegenen Berg zur Linken der Herrstraße, von wo aus er, zur Seite des Schlachtfeldes gestellt, die beiden Armeen übersehen kann.

In einem Augenblicke sind die gegebenen Befehle überbracht. Die Division Broussier, gefolgt von dem 18. Regimente leichter Infanterie und der Cavalerie-Brigade des General Piré wendet sich zur Rechten, überschreitet die Heerstraße und wird eine kleine Brücke wieder herstellen, die der Feind zerstört hat, und welche ihr den Uebergang über eine Schlucht gewähren wird, welche sich vor unserer Fronte, wie die Luczissa vor jener der Russen ausdehnt. Nach Verlauf von einer Stunde ist die Brücke wieder hergestellt, ohne daß der Feind den mindesten Widerstand gezeigt.

Die ersten, welche über die Schlucht gehen, sind zwei Hundert, Voltigeure von dem 9. Linien-Regimente, angeführt von den Kapitainen Gayard und Savary, sie werfen sich sogleich auf die Linke, wo sie, das äußerste Ende unseres Flügels bilden sollen, der sich, wie der russische, an die Dwina stützen wird. Ihnen folgt das von Murat geführte 16. Regiment Chasseur zu Pferde, hinter welchem einige Stücke leichter Artillerie marschieren. Die Division Delzons rückt ihrer Seits vor, als plötzlich, sey es nun, daß er sich durch seine gewöhnliche Hitze hat hinreißen lassen, oder sey es, daß er einen empfangenen Befehl übel ausgelegt, Murat sich an die Spitze des 16. Chasseur-Regiments stellt, und es auf die russischen Cavalerie-Massen stürzt, welche uns bis dahin ohne Bewegung und als ob es sich um eine Parade handele, haben defilieren sehen.

Man sieht nun, mit einem mit Schrecken gemischten Erstaunen sechs Hundert Mann zu einem Angriffe auf zehn Tausend vorrücken; aber bevor sie nur noch angelangt sind, hat schon die Beschaffenheit des durch den Winterregen eingesunkenen Bodens ihre Linien gebrochen, so daß, indem sie fühlen, daß jeder Widerstand ohnmöglich ist, sie bei der ersten Bewegung der russischen Uhlanen den Rücken wenden und die Flucht ergreifen; aber die Gräben, welche ihrem Angriffe geschadet, hemmen auf eine noch unglücklichere Weise ihren Rückzug. Auf das heftigste von den Piken verfolgt, sind die Chaffeurs überfallen, in den Gräben über den Haufen geworfen, und vereinigen sich nicht eher wieder, als unter dem Feuer des 53. Linien-Regiments. Murat allein, mit ohngefähr ein sechzig Officieren und Reitern hat sich gut gehalten, und immer fechtend ist er von den feindlichen Reitern überholt worden, mit denen er so vermengt ist, daß er es ist, der sie zu verfolgen scheint. Zwei Mal rettet ihm in diesem Handgemenge sein Reitknecht das Leben, ein Mal, daß er durch einen Pistolenschuß einen Soldaten tödtet, der im Begriffe steht, ihn mit der Lanze zu durchbohren, und das andere Mal dadurch, daß er einem Cavaleristen die Faust abhauet, der schon den Säbel über ihn erhoben hat. Plötzlich erblicken die russischen Uhlanen auf dem Hügel, wo er nur von einigen Garde-Chasseuren umgeben steht, den Kaiser, von dem sie nur noch einige Hundert Schritte entfernt sind: sie sprengen gerade auf ihn zu; die ganze Armee entsetzt sich, die zwei Hundert Voltigeure kehren im Laufschritte zurück; Murat mit seinen wenigen Tapferen dringt mit der Schnelligkeit eines Pfeiles durch sie, überholt sie und stellt sich am Fuße des Hügels auf, die Chasseurs steigen vom Pferde, und umringen Napoleon den Karabiner in der Hand, Murat selbst bemächtigt sich eines Gewehres und feuert. Dieser Widerstand, auf welchen die Uhlanen nicht gefaßt sind, hält sie auf, das Gewehrfeuer verdoppelt sich, die Division Delzons kommt im Sturmschritte herbei; nun sind es die fünfzehn oder achtzehn Hundert Uhlanen, die sich gefährlich verwickelt sehen: sie wenden sich plötzlich um, und sprengen im Galopp davon; aber auf halbem Wege begegnen sie den zwei Hundert französischen Voltigeuren, welche sich jetzt allein zwischen den beiden Armeen befinden: sie werden für alle bezahlen.

 

Einen Augenblick lang hält jeder diese zwei Hundert Tapfern für verloren, als man plötzlich im Mittelpunkte dieses Kreises, der sie einhüllt, und der sie fast den Blicken entzieht, ein wohlunterhaltenes Gewehrfeuer hört, von dem man zu gleicher Zeit die Verwüstungen sieht: das kam allein daher, weil diese wenigen Tapferen nicht an sich selbst verzweifelt hatten. Durch ein rasches Manöver haben die beiden Kapitaine ein Batailloncarrée aus ihnen gebildet, dessen vier Seiten das Eisen zeigen und den Tod ausspeien, die Uhlanen ihrerseits werden erbittert auf sie; inzwischen weicht das mörderische Bataillon kämpfend zurück, und erreicht ein von Gräben und Gebüsch durchschnittenes Terrain. Die Uhlanen, sie immer einhüllend, verfolgen, drängen sie, aber der ganze Weg, den sie schon zurückgelegt, bedeckt sich mit Todten und Verwundeten, und mehr als zwei Hundert Pferde ohne Reiter schwärmen in der Ebene herum. Die Russen werden halsstarrig, verwickeln sich in dem Gestrüppe, stürzen in die Gräben; das Gewehrfeuer fährt ohne Unterbrechung und mit einer Regelmäßigkeit fort, welche anzeigt, daß das Carrée immer unangetastet bleibt; endlich wenden die Uhlanen, dieses Kampfes überdrüssig, in welchem Gefahr für sie ist, ihrerseits den Rücken, und schließen sich wieder an die anderen Regimenter an, welche, gleich uns, bewegungslose Zuschauer dieses sonderbaren Turniers gewesen sind; ein letztes Gewehrfeuer verfolgt sie, und unsere ganze Armee stößt ein lautes Freudengeschrei aus, als es diese, durch ihren eigenen Muth, auf eine so außerordentliche und wundervolle Art befreiete Handvoll Menschen sieht.

Napoleon, der die augenblickliche Gefahr, in der er geschwebt, vergessen hat, um sein Theil an diesem kriegerischen Schauspiele zu nehmen, sendet einen General-Adjutanten ab, um diese zwei Hundert Tapfern zu fragen, von welchem Korps sie sind, der General-Adjutant bringt folgende Antwort zurück: Vom 9ten, Sire, und alles Kinder von Paris.

– Kehrt zurück, ihnen zu sagen, daß sie tapfere Leute sind, die alle das Ehren-Kreuz verdienten, und daß sie zehn Decorationen empfangen, die sie selbst unter sich verheilen sollen.

Diese Nachricht wird mit dem Rufe: Es lebe der Kaiser! empfangen.

Aber alles, was bis jetzt geschehen, ist nur noch ein Spiel gewesen, und die wahre Schlacht beginnt: die Division Broussier bildet sich Regimenterweise in ein doppeltes Carrée, und durch seine Artillerie beschützt geht es gerade auf den Feind los, während dem daß die Armee von Italien, die drei Divisionen des Grafen von Lobau und Murat’s Cavalerie die Heerstraße und den Wald angreifen, auf welchen die Russen ihren linken Flügel stützen. In zwei Stunden sind alle vorgeschobenen Stellungen in unserer Gewalt, und der Feind hat sich hinter die Luczissa zurückgezogen; jeder Mann hat das Beispiel der zwei Hundert Voltigeure befolgt, und fein Möglichstes gethan; besonders Murat, der eine Scharte auszuwetzen hatte, hat Wunder gethan.

Es war noch nicht Mittag, es blieb demnach Zeit genug übrig, um die Schlacht wieder anzuknüpfen, aber ohne Zweifel sieht Napoleon voraus, daß die Russen, erschreckt durch diese erste Niederlage, uns mit einer Arrier-Garde unterhalten, und sich von neuem auf den Rückzug begeben; er will den Anschein haben zu zögern, um weniger gefürchtet zu seyn. Dem zu Folge befiehlt er, mit dem Angreifen aufzuhören, durchwandert ruhig die ganze Linie, fordert jeden auf, sich zum Kampfe für den anderen Tag vorzubereiten, und geht zum Frühstücken auf einen Hügel in Mitte der Scharfschützen, wo eine Kugel einen Soldaten drei Schritte weit von ihm verwundet.

Während des Tages vereinigen sich die verschiedenen Armee-Korps, und langen nach und nach an.

Am Abende verläßt Napoleon Murat, indem er ihm sagt: – Auf morgen früh um fünf Uhr, die Sonne von Austerlitz.

Murat schüttelt als Zeichen des Zweifels den Kopf, und läßt sein Zelt an den Ufern der Luczissa, einen halben Flintenschuß weit von den feindlichen Vorposten aufschlagen.

Napoleon hatte sich nicht getäuscht: Barclay de Tolly hatte die Absicht sich zu halten, und den Eintritt von Smolensk zu vertheidigen, das er Bagration zum Sammelplatze bestimmt hatte, und wo von einem Augenblicke zum andern sich derselbe mit ihm vereinigen mußte; aber um elf Uhr in der Nacht erfährt der russische General, daß Bagration bei Mohilow geschlagen, und hinter den Dnieper zurückgeworfen ist; so daß, da alle Verbindungen abgeschnitten sind, er gezwungen ist, Smolensk wieder zu erobern, wo er die Befehle des Generals en Chef erwarten wird.

Um Mitternacht befiehlt Barclay de Tolly den Rückzug, der mit einer solchen Ordnung und in solcher Stille geschieht, daß Murat selbst nicht die mindeste Bewegung hört, in der That, da die für die Nacht angezündeten Feuer brennend geblieben sind; so glaubt die ganze Armee noch an die Gegenwart der Russen. Mit Anbruch des Tages erwacht Napoleon und tritt vor die Schwelle eines Zeltes, alles ist still und öde dort, wo am Abende vorher noch sechzig Tausend Mann standen; die Russen sind ihm nochmals zwischen den Händen entschlüpft.

Napoleon kann noch nicht an ihren Rückzug glauben, so sehr hat er ihre Gegenwart gewünscht, er befiehlt, daß die Armee nicht ohne eine starke Avantgarde und mit Spähern auf den Flügeln vorrückt, so sehr ist er besorgt, überrascht zu werden; aber bald ist er gezwungen, sich der Wirklichkeit zu ergeben: er befindet sich in Mitte des Lagers von Barclay selbst, und ein Soldat, den man unter den Gebüschen entschlafen überrascht, ist alles, was von der russischen Armee übrig geblieben.

Zwei Stunden nachher zieht man in Witebsk ein: Witebsk ist verlassen; mit Ausnahme einiger Juden begegnet man darin keinem Einwohner. Napoleon, der noch nicht an diesen ewigen Rückzug glauben kann, läßt sein Zelt im Hofe des Schlosses aufschlagen, wohl um anzudeuten, daß er nur einen Halt macht. Zwei Recognoseirungen sind angeordnet, die eine geht den Lauf der Dwina hinauf, die andere soll den Weg von Smolensk durchsuchen; die eine wie die andere kehren zurück, ohne etwas anderes gesehen zu haben, als einige herumziehende Kosacken, die sich bei ihrer Annäherung zerstreueten; aber von den sechzig Tausend Mann, die man am Abende zuvor vor den Augen hatte, ist keine Spur mehr da, sie sind gleich Gespenstern verschwunden.

Zu Witebsk überfallen Napoleon die traurigsten Nachrichten; nach den Berichten Berthiers ist der sechste Theil der Armee von der Ruhr befallen; der zu Rath gezogene Belliard antwortet: daß, noch sechs Tage eines solchen Marsches, es keine Cavalerie mehr geben würde. Nun wirft Napoleon von den Fenstern des Schlosses aus die Blicke auf die Stadt, die er durch die Natur so bewunderungswürdig vertheidigt sieht, daß die Kunst fast nichts mehr für sie zu thun hat. Sogleich folgen sich in feinem Kopfe die Ideen einander: man ist sechs Hundert Stunden von Frankreich, Litthauen ist erobert, es muß organisiert werden; man ist Besieger, freilich nicht von Menschen, aber man ist Besieger von Orten; es ist demnach erlaubt still zu halten, und den frühzeitigen und schrecklichen Winter Rußlands abzuwarten. Witebsk wird ein herrlicher Kantonnirungs-Hauptort seyn; der Lauf der Dwina und des Dnieper werden die französische Linie bezeichnen; das Belagerungsgeschütz wird nach Riga gehen, der linke Flügel der Armee sich auf diese letztere Stellung stützen. Witebsk, dem die Natur Wälder gegeben hat, und dem Napoleon Mauern geben will, wird als verschanztes Lager im Centrum dienen; der rechte Flügel wird sich bis nach Bobruisk erstrecken, dessen man sich bemächtigt! Blockhäuser werden auf der ganzen Linie erbaut.

Auf diese Weise gelagert, wird der großen Armee nichts fehlen; außer den Magazinen von Danzig, von Wilna und von Minsk, wird man Kurland und Samogitien in Contribution setzen; sechs und dreißig ungeheure Backöfen werden erbaut werden, welche auf einmal dreißig Tausend Pfund Brod liefern können. – Das für die materielle Nothdurft.

Elende Hütten verderben den Schloßplatz, sie sollen abgebrochen und die Trümmern fortgeschafft werden; die Stadt ist verlassen, man wird die reichsten Herren und die elegantesten Frauen von Wilna und Warschau einladen, um den Winter daselbst zuzubringen; man wird ein Schauspielhaus bauen, und zu seiner Einweihung werden Talma und Demoiselle Mars nach Witebsk kommen, wie sie nach Dresden gekommen sind. – Das für den Luxus.

Nachdem dieser Plan, zu dessen Reifwerden eine halbe Stunde ausgereicht, einmal in seinem Geiste gefaßt war, schnallt Napoleon seinen Degen ab, wirft ihn auf einen Tisch, und sich dann an den eben eintretenden König von Neapel wendend, sagte er zu ihm:

– Murat, der erste Feldzug von Rußland, ist beendigt: pflanzen wir hier unsere Adler auf, ich will hier zu mir selbst kommen und mich sammeln; zwei große Flüsse bezeichnen unsere Stellung; bilden wir das geschlossene Carrée; Kanonen an die Ecken und ins Innere, damit ihr Feuer sich überall kreuzt; 1813 wird uns zu Moskau sehen, 1814 zu St. Petersburg. Der Krieg von Rußland ist ein Krieg von drei Jahren.

Das war der gute Genius Napoleons, der auf diese Weise in diesem Augenblicke sprach, aber der Dämon des Krieges sollte nicht zögern, seine Herrschaft wieder zu ergreifen; nach Verlauf von vierzehn Tagen waren alle diese großen Pläne wieder verschwunden; und gleich einem ermüdeten Riesen, der wieder Athem geschöpft, setzte er nach vierzehn Tagen seinen Lauf fort. Am 18. August fiel Smolensk in unsere Gewalt; am 16. September stand Moskau in Flammen, und am 13. December ging Napoleon nächtlicher Weise flüchtig wieder über den Niemen, allein und verfolgt durch das Gespenst der großen Armee.

Ein andächtiger Pilger unseres Ruhmes wie unsrer Unglücksfälle, war ich seit Wilna demselben Wege gefolgt, den Napoleon zwölf Jahre zuvor gemacht hatte, indem ich alle die Sagen sammelte, welche die guten Litthauer über seinen Durchzug bewahrt hatten. Gern hätte ich auch noch Smolensk und Moskau, dieses neue Pultawa, sehen mögen; aber dieser Weg hätte mich gezwungen, zwei Hundert Stunden mehr zu machen, und das war mir ohnmöglich. Nachdem ich einen Tag in Witebsk geblieben und das Schloß besucht, auf welchem sich Napoleon vierzehn Tage aufgehalten hatte, ließ ich Pferde und einen jener kleinen Wägen kommen, deren sich die russischen Couriere bedienen, und die man Perekladnoi’s nennt, weil man sie auf jeder Post wechselt. Ich warf meinen Mantelsack hinein und hatte bald Witebsk hinter mir, fortgeführt durch meine drei Pferde, von denen das mittlere mit hochgehobenem Kopfe trabt, während die beiden anderen zur Rechten und zur Linken galoppieren, indem sie wiehern und den Kopf senken, als ob sie die Erde verzehren wollten.

 

Uebrigens verließ ich nur eine Erinnerung für eine andere. Dieses Mal folgte ich dem Wege, welchen Katharina bei ihrer Reise nach Tauris eingeschlagen hatte.

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