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Denkwürdigkeiten eines Fechtmeisters

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– Sire, antwortete Pahlen, die folgenden wer den diese vergessen lassen.

– Aber, ruft Alexander aus begreifen Sie denn nicht, daß man mich als den Mörder meines Vaters nennen wird?

– Sire, sagte Pahlen, denken Sie in diesem Augenblicke nur an eine Sache: in diesem Momente. . .

– Und woran wollen Sie, mein Gott! daß ich anderes denke, als an meinen Vater?

– Denken Sie daran sich von der Armee anerkennen zu lassen.

– Aber meine Mutter, aber die Kaiserin, ruft Alexander aus, was wird aus ihr.

– Sie ist in Sicherheit, Sire, antwortete Pahlen; aber im Namen des Himmels, Sire, verlieren Sie keinen Augenblick.

– Was muß ich thun? Fragte Alexander, unfähig, so niedergeschlagen ist er, einen Entschluß zu fassen.

– Sire, antwortete Pahlen, Sie müssen mir augenblicklich folgen, denn der geringste Verzug könnte daß größte Unglück herbeiführen.

– Machen Sie mit mir, was Sie wollen, sagte Alexander, hier bin ich.

Pahlen zog nun den Kaiser mit sich nach dem Wagen, den man herbeigeschafft hatte, um Alexander nach der Festung zu führen; der Käfer steigt weinend hinein, der Schlag schließt sich, Pahlen und Subow stellen sich gleich Bedienten hinten auf, und der Wagen, der das neue Schicksal Rußlands trägt, führt begleitet von zwei Bataillonen Garde im Galopp nach dem Winterpalaste, Benningsen ist bei der Kaiserin geblieben, denn eine letzte Empfehlung Alexanders ist für seine Mutter gewesen.

Auf dem Admiralitäts-Platze findet Alexander die angesehensten Regimenter der Garde: Der Kaiser! der Kaiser! rufen Pahlen und Subow, indem sie andeuten, daß es Alexander ist, den sie herbeiführen. Der Kaiser der Kaiser rufen die beiden Bataillone, welche ihn begleiten. Es lebe der Kaiser! antworten wie mit einer einzigen Stimme alle Regimenter.

Nun stürzt man an den Schlag, man zieht Alexander bleich und entstellt aus seinem Wagen, man schleppt ihn fort, man trägt ihn endlich; man schwört ihm endlich mit einer Begeisterung Treue, welche beweist, daß die Verschworenen, indem sie ein Verbrechen begangen, nur den allgemeinen Wunsch erfüllt haben; er muß demnach wohl, wie groß auch in Verlangen sein mochte, seinen Vater zu rächen, darauf verzichten, die Mörder zu bestrafen.

Diese hatten sich, da sie nicht wußten, was der Kaiser im Bezug auf sie beschließen würde, in ihre Wohnungen zurückgezogen.

Am andern Tage leistete die Kaiserin ihrem Sohne den Schwur der Treue; nach der Verfassung des Reiches war sie es, die ihrem Gatten folgen sollte, als sie aber das Dringende der Lage sah, verzichtete sie zuerst auf ihre Rechte.

Der Chirurg Wette und der Arzt Stoff, mit der Leichenschau beauftragt, erklären, daß der Kaiser Paul an einem Schlagflusse gestorben sei; die Wunde an der Wange wurde dem Falle zugeschrieben, den er gethan, als ihn der Schlag getroffen hatte.

Der Körper wurde einbalsamiert und vierzehn Tage lang auf einem Parade-Bette ausgestellt, an dessen Stufen die Etikette Alexander mehrere Male führte; aber nicht ein Mal stieg er sie hinauf oder hinab, ohne daß man ihn nicht erbleichen oder Thränen vergießen sah. Nach und nach wurden demnach auch die Verschworenen vom Hofe entfernt; die eine empfingen Gesandtschaften, die anderen wurden Regimentern einverleibt, welche in Sibirien standen nur Pahlen blieb noch übrig, der seine Stelle als Militair-Gouverneur von St. Petersburg behauptet hatte, und dessen Anblick beinahe ein Gewissensvorwurf für den neuen Kaiser geworden war; r benutzte demnach die erste sich bietende Gelegenheit um auch ihn zu entfernen. Sehen wir hier, wie die Sache zuging.

Einige Tage nach dem Tode Pauls stellte ein Priester ein Heiligen-Bild aus, von dem er behauptete, daß es ihm von einem Engel gebracht worden sei; an: dem Fuße desselben standen folgende Worte geschrieben: Gott wird alle Mörder Paul I. bestrafen. Unterrichtet, daß sich das Volk in Masse nach der Kapelle begäbe, wo das wundervolle Bild ausgestellt war, und voraussehend, daß dieses Getreibe irgend einen verdrießlichen Eindruck auf den Geist des Kaisers machen könnte, bat ihn Pahlen um die Erlaubniß, den Ränken des Priesters ein Ende machen zu dürfen, eine Erlaubniß, welche Alexander bewilligte. Dem zu Folge wurde der Priester gepeitscht, und in Mitte der Strafe erklärte er, daß er nur auf Befehl der Kaiserin gehandelt. Als Beweis seiner Aussage behauptete er, daß man in dem Betsaale der Kaiserin ein dem seinigen gleiches Bild finden würde. Auf diese Anzeige ließ Pahlen die Kapelle der Kaiserin öffnen, und als er das bezeichnete Bild wirklich darin gefunden, ließ er es wegnehmen; die Kaiserin betrachtete diese Wegnahme mit gutem Recht als eine Beleidigung, und verlangte von ihrem Sohne deshalb Genugthuung. Alexander suchte nur nach einem Vorwande, um Pahlen zu entfernen, er hütete sich demnach wohl, die sich bietende Gelegenheit vorübergehen zu lassen, und Herr von Becklecleuw wurde augenblicklich beauftragt, dem Grafen Pahlen von Seiten des Kaisers den Befehl zu überbringen, sich auf seine Güter zurückzuziehen. – Ich war darauf gefaßt, sagte Pahlen lächelnd, und meine Anstalten waren im Voraus getroffen.

– Eine Stunde nachher hatte der Graf Pahlen beim Kaiser die Entlassung von allen seinen Stellen eingereicht, und am selben Abende befand er sich auf dem Wege nach Riga.

XIII

Der Kaiser hatte das vier und zwanzigste Jahr noch nicht erreicht, als er den Thron bestieg. Er war unter den Augen seiner Großmutter und nach einem von ihr selbst entworfenen Plane erzogen, dessen vornehmster Artikel folgender war: Man wird den jungen Großfürsten weder Poesie noch Musik lehren, weil man diesen Studien, wenn sie, Früchte tragen sollten, zu viel Zeit widmen müßte. Alexander empfing demnach eine feste und strenge Erziehung, von welcher die schönen Künste beinahe gänzlich ausgeschlossen waren. Sein von der Kaiserin selbst ausgewählter Lehrer La Harpe, den man am Hofe nur den Jakobiner nannte, weil er nicht allein ein Schweizer, sondern auch noch, ein Bruder des tapferen, in der französischen Armee dienenden Generals La Harpe war, war wohl in allem der Mann, dessen es bedurfte, um seinem Zöglinge großmüthige und rechtschaffene Gedanken einzuflößen, welche vor allem bei denen so wichtig sind, wo die Eindrücke des ganzen übrigen Lebens die Jugend-Erinnerungen bekämpfen müssen. Diese Wahl war von Seiten Katharinens merkwürdig zu einer Zeit, in welcher, erschüttert durch den revolutionären Vulkan, alle Throne wankten, wo Leopold, wie man sagte, vergiftet starb, wo Gustav durch Ankarström ermordet sie, und wo Ludwig XVI. sein Haupt auf das Schaffot trug:

Eine der Hauptempfehlungen Katharinens war noch, aus dem Geiste der jungen Großfürsten jeden auf den Unterschied der Geschlechter und die Liebe, welche sie einander nähert, Bezug habenden Gedanken zu entfernen. Der berühmte Pallas ließ sie in den kaiserlichen Gärten einen kleinen botanischen Cursus machen: die Erklärung des Lineeischen Systems über die Geschlechter der Blumen und über die Art, mit der sie sich befruchten, hatte von Seiten der erhabenen Schüler eine Menge von Fragen herbeigeführt, welche schwer zu beantworten waren. Protasow, der Aufseher der Prinzen, sah sich in die Nothwendigkeit versetzt, seinen Bericht Katharinen zu machen, welche Pallas, kommen ließ und ihm anempfahl, alle Einzelheiten über die Fruchtröhren und die Staubgefäße zu vermeiden. Da diese Empfehlung den botanischen Cursus beinahe unmöglich machte, und das Schweigen des Professors den Fragen nur eine neue Thätigkeit gab, so wurde er gänzlich unterbrochen. Inzwischen konnte ein solcher Erziehungsplan nicht lange fortgesetzt werden, und so sehr Alexander noch Kind war, so mußte Katharina doch bald daran denken, ihn zu verheirathen.

Drei junge deutsche Prinzessinnen wurden an den russischen Hof geführt, damit die Großmutter unter ihnen eine Wahl für ihre Enkel treffen könnte. Katharine erfuhr ihre Ankunft in St. Petersburg, und, beeilt sie zu sehen und sie zu beurtheilen, ließ sie dieselben ersuchen, sich nach dem Palaste zu begeben, und erwartete sie gedankenvoll an einem Fenster, von wo aus sie dieselben im Hofe aussteigen sehen konnte. Einen Augenblick nachher hielt der sie bringende Wagen an, der Schlag öffnete sich, und eine der Prinzessinnen springt sogleich auf den Boden, ohne den Wagentritt zu berühren.

– Die wird nicht Kaiserin von Rußland, sagte die alte Katharine den Kopf schüttelnd, sie ist zu rasch.

Nun stieg die zweite aus, und verwickelte die Beine in ihrem Kleide, so daß sie beinahe gefallen wäre.

– Die wird auch nicht Kaiserin von Rußland, sagte Katharine, sie ist zu linkisch.

Endlich stieg die dritte aus, schön, majestätisch und ernst.

– Das ist die Kaiserin von Rußland, sagte Katharine.

Es war Louise von Baden.

Katharine ließ während dem, daß die jungen Prinzessinnen bei ihr waren, ihre Enkel holen, in dem sie ihnen sagte, daß, da sie ihre Mutter, die Herzogin von Baden-Durlach, eine geborene Prinzessin von Darmstadt, kenne, und da die Franzosen ihr Land genommen, sie dieselbe nach Petersburg habe kommen lassen, um sie bei sich zu erziehen, Nach Verlauf eines Augenblickes wurden die beiden Großfürsten wieder fortgeschickt, bei ihrer Rückkehr sprachen sie, viel über die drei jungen Mädchen. Alexander sagte, daß er die älteste sehr hübsch finde. – Nun, und ich, sagte Konstantin, ich finde weder die eine noch die andere hübsch. Man sollte sie nach Riga zu den Kurländischen Prinzen schicken; für die sind sie gut.

Die Kaiserin erfuhr am selben Tage die Meinung ihres Enkels über diejenige, welche sie ihm bestimmte, und betrachtete diese mit ihren Absichten übereinstimmende jugendliche Zuneigung als eine Gunst der Vorsehung. In der That hatte der Großfürst Konstantin Unrecht gehabt, denn die junge Prinzessin hatte außer der Frische ihres Alters, schöne und lange dunkelblonde Haare, welche über prächtige Achseln walten, den schlanken und biegsamen Wuchs einer Fee von den Ufern des Rheines, und große und blaue Augen von Göthes Margarethe.

 

Am folgenden Tage besuchte sie die Kaiserin in einem der Palaste Potemkins, in welchem sie abgestiegen waren. Da sie sich an ihrer Toilette befanden, so brachte sie ihnen Stoffe, Schmuck und endlich das Band des Sankt Katharinen-Ordens. Nachdem sie eine Weile geplaudert, ließ sie sich ihre Garderobe zeigen, und nahm jedes Stück davon, eines nach dem anderen in die Hand; als sie ihre Untersuchung beendigt, küßte sie dieselben lächelnd auf die Stirne, indem sie zu ihnen sagte: Ich war nicht so reich, meine Freundinnen, als ich nach St. Petersburg kam. – In der That, Katharina war arm nach Rußland gekommen, aber in Ermangelung einer Mitgift hinterließ sie eine Erbschaft: das war Polen und Taurien.

Uebrigens hatte die Prinzessin Louise das von ihr hervorgebrachte Gefühl mitempfunden. Alexander, welchen Napoleon später den schönsten und den feinsten der Griechen nennen sollte, war ein liebenswürdiger junger Mann voller Anmuth und Natürlichkeit, von einer vollkommen gleichmäßigen Laune, und einem so sanften und so wohlwollenden Charakter, daß man ihm vielleicht wenig Schüchternheit hätte vorwerfen können; in ihrer Unschuld versuchte die junge Deutsche auch nicht einmal ihre Zuneigung für den Czarewitsch zu verbergen, so daß Katharina, entschlossen, diese Einigkeit zu benutzen, bald allen beiden verkündete, daß sie eines für das andere bestimmt wären. Alexander hüpfte vor Freuden, und Louise weinte vor Glück.

Nun begannen die Vorbereitungen zur Heirath. Die junge Braut that von Herzen alles, was man von ihr verlangte. Sie lernte die russische Sprache, unterrichtete sich in der griechischen Religion, legte öffentlich das Bekenntniß ihres neuen Glaubens ab, empfing auf ihren nackten Armen und auf ihren reizenden Füßen die heilige Salbung, und wurde zur Großfürstin unter dem Namen Elisabeth Alexiewna proklamiert, welches der Name der Kaiserin Katharina, der Tochter Alexis, selbst war.

Trotz der Vorsorge Katharinens wäre diese frühzeitige Ehe beinahe unheilbringend für den einen geworden, während dem sie für die andere bestimmt unglückselig wurde. Alexander wäre beinahe taub geworden; was die Kaiserin anbelangt, so war sie schon eine alte Gattin in dem Alter, in welchem man noch eine junge Frau ist. Der Kaiser war schön, er hatte, wie wir bemerkt, das Herz Katharinens geerbt, und kaum war der Hochzeitskranz auf der Stirne der Braut verwelkt, als er für die Frau eine Dornen-Krone wurde.

Wir haben gesehen, durch welche Begebenheit Alexander auf den Thron stieg. Der tiefe Schmerz, den der neue Kaiser über den Tod seines Vaters empfand, gab ihn seiner Gattin wieder. Obgleich ihr Paul beinahe fremd war, so beweinte sie ihn doch, als ob sie seine Tochter gewesen wäre; die Thränen suchen die Thränen, und die Tage des Unglücks führten glückliche Nächte herbei.

Es gehört der Geschichte an, von Auftritt und Friedland, Tilsit und Erfurt, von 1812 und 1814 zu erzählen. Während zehn Jahren ward Alexander durch das Licht Napoleons erleuchtet, als eines Tages aller Blicke, indem sie dem Besiegten folgten, sich auf den Sieger wandten: dort ist es, wo wir ihn wieder auffassen wollen.

Während dieser zehn Jahre war der Jüngling zum Manne geworden. Die Gluth seiner ersten Leidenschaften hatte in nichts abgenommen. Aber so anmuthig und lächelnd er bei den Frauen, so höflich und artig er mit den Männern war, so zogen doch von Zeit zu Zeit finstere Wolken auf seiner Stirne auf, das waren die stummen, aber fürchterlichen Erinnerungen an jene blutige Nacht, wo er den väterlichen Todeskampf über seinem Haupt hatte ringen hören. Nach und nach, und in dem Maße, als er älter wurde, belagerten ihn diese Erinnerungen häufiger, und droheten eine immerwährende Schwermuth zu werden. Er suchte sie durch Entwürfe und Bewegung zu bekämpfen, und nun sah man ihn von unmöglichen Verbesserungen träumen und sinnlose Reisen machen.

Alexander, wie wir bemerkt, durch den Bruder des Generals La Harpe erzogen, hatte von seiner freisinnigen Erziehung eine Neigung zur Ideologie bewahrt, welche durch seine Reisen in Frankreich, England und Holland nur vergrößert wurde. Während der Besetzung des Landes geschöpfte Freiheitsgedanken keimten in aller Köpfen, und anstatt sie zu unterdrücken, ermuthigte sie der Kaiser selbst, indem er von Zeit zu Zeit das Wort Konstitution über seine Lippen fallen ließ. Endlich langte Frau von Krüdener an, und der Mysticismus vereinigte sich mit der Ideologie; unter diesem doppelten Einflusse befand sich der Kaiser zur Zeit meiner Ankunft in St. Petersburg.

Was die Reisen anbelangt, so waren sie für uns Pariser etwas Fabelhaftes. Man hat berechnet, daß der Kaiser bei seinen verschiedenen Ausflügen sowohl im Innern, als außerhalb seines Reiches, schon zweimal hundert Tausend Werte gemacht hat, was ohngefähr so viel als fünfzig Tausend Stunden ist. Und das Außerordentliche bei solchen Reifen ist, daß der Tag der Ankunft am Tage der Abfahrt selbst bestimmt ist. So war der Kaiser in dem Jahre vor meiner Reise am 26. August nach Klein-Rußland abgegangen, indem er ankündigte, daß er am 2. November zurück sein würde, und die Ordnung, welche in der Anwendung der Tage herrschte, ist so genau und so unveränderlich im Voraus vorgeschrieben, daß, nachdem er eine Entfernung von achtzehn Hundert und siebzig Stunden durcheilt, Alexander an dem bestimmten Tage, und beinahe um die bestimmte Stunde nach St. Petersburg zurückkam.

Der Kaiser unternahm diese langen Reisen nicht allein ohne Garden, nicht allein ohne Bedeckung, sondern auch selbst fast allein, und wie man sich wohl denken kann, lief keine ganz ab, ohne sonderbare Begebenheiten oder unvorhergesehene Gefahren herbeizuführen, welchen der Kaiser mit der Gutmüthigkeit Heinrichs IV. oder dem Muthe Karls XII. die Spitze bot. So ereignete es sich bei einer Reise nach Finnland mit dem Fürsten Peter Wolkonski, seinem einzigen Gefährten, daß in dem Augenblicke, wo dieser letztere eben eingeschlafen war, der einen jähen und sandigen Berg hinauf fahrende kaiserliche Wagen durch seine Schwere die Kräfte des Gespannes ermüdete, und zurückzuweichen begann. Sogleich springt Alexander, ohne seinen Gefährten auf zu wecken, heraus, und beginnt mit dem Kutscher und der Dienerschaft die Räder zu drücken. Während dieser Zeit erwacht der durch den plötzlichen Wechsel der Bewegung in seinem Schlummer gestörte Schläfer, und findet sich allein in der Kutsche; erstaunt blickt er um sich, und bemerkt den Kaiser, wie er sich die Stirn abtrocknet: man war auf die Höhe des Berges gekommen.

Ein anderes Mal hatte der Kaiser auf einer Reise in Klein-Rußland, als er in einem Flecken angelangt war und während man die Pferde wechselte, Lust, sich von der Beschwerde des Fahrens dadurch zu erholen, daß er ein oder zwei Werft zu Fuße gehen wollte; er befahl demnach den Postillonen, sich nicht zu sehr zu eilen, damit sie ihm Zeit ließen, ein wenig voraus zu gehen. Sogleich geht er allein, in einen Uniform-Ueberrock ohne irgend ein Zeichen des Ranges gekleidet, durch die Stadt, und gelangt an das äußerste Ende, wo sich die Straße in zwei gleichmäßig gebahnte Wege theilte. Alexander nähert sich einem, gleich ihm in einen Ueberrock gekleideten Manne, der auf der Schwelle des letzten Hauses seine Pfeife rauchte.

– Mein Freund, fragt ihn der Kaiser, welche von diesen beiden Straßen muß ich einschlagen, um nach *** zu gehen?

Der Mann mit der Pfeife mißt ihn von Kopf bis zu den Füßen, und erstaunt, daß ein einfacher Reisender einen Mann von seiner Wichtigkeit, besonders in Rußland, wo der Unterschied des Grades eine so große Entfernung zwischen dem Oberen und dem Untergeordneten erzeugt, mit solcher Vertraulichkeit anzureden wagt, läßt verächtlich zwischen zwei Rauchwolken die Worte fallen: – Den zur Rechten.

– Verzeihung, mein Herr, sagte der Kaiser, indem er die Hand an seinen Hut legte, noch eine Frage, wenn es Ihnen gefällig.

– Welche?

– Erlauben Sie mir Sie zu fragen, welches Ihr Grad in der Armee ist?

– Rathen Sie?

– Mein Herr ist vielleicht Lieutenant?

– Gehen Sie höher.

– Hauptmann?

– Höher.

– Major?

– Immer weiter.

– Obrist-Lieutenant?

– Endlich, nicht ohne Mühe.

Der Kaiser verbeugte sich.

– Und jetzt, sagte der Mann mit der Pfeife, überzeugt, daß er mit einem Untergeordneten zu thun habe, wer sind denn Sie, wenn’s gefällig ist?

– Rathen Sie, antwortete der Kaiser.

– Lieutenant?

– Gehen Sie höher.

– Hauptmann?

– Höher.

– Major?

– Immer weiter.

– Obristlieutenant?

– Noch weiter. Der Fragende nahm seine Pfeife aus dem Munde.

– Obrist?

– Sie sind noch nicht daran. Der Fragende richtete sich auf, und nimmt eine ehrfurchtsvolle Haltung an.

– Eure Excellenz ist demnach Generallieutenant?

– Sie kommen näher.

Der Fragende legt die Hand an seine Mütze und bleibt starr und ohne Bewegung.

– Aber in diesem Falle ist Eure Hoheit demnach Feldmarschall?

– Noch etwas weiter, Herr Obrist-Lieutenant.

– Ihre Kaiserliche Majestät! ruft nun der Fragende bestürzt aus, indem er seine in Stücken zerbrochene Pfeife zu Boden fallen läßt.

– Sie selbst, antwortete Alexander lächelnd.

– Ach! Sire, ruft der Officier auf die Knie sinkend aus, verzeihen Sie mir.

– Und was soll ich Ihnen verzeihen? antwortete der Kaiser; ich habe Sie um meinen Weg gefragt, und Sie haben ihn mir angedeutet. Ich danke.

Und bei diesen Worten grüßt der Kaiser den armen bestürzten Obristlieutenant mit der Hand, und schlägt den Weg zur Rechten ein, auf welchem ihn sein Wagen bald einholt.

Während einer anderen Reise, welche er um seine nördlichen Provinzen zu besuchen unternommen hatte, wurde der Kaiser im Ueberfahren über einen, im Gouvernement Archangelks gelegenen See von einem heftigen Sturm überfallen, – Mein Freund, sagte der Kaiser zu dem Schiffer, es ist ohngefähr achtzehn Hundert Jahre her, daß bei einem ähnlichen Umstande ein großer römischer Feldherr zu seinem Schiffer sagte: »Fürchte nichts, denn Du führst Cäsar und sein Glück.« Ich, der ich weniger vertrauungsvoll als Cäsar bin, sage Dir ganz einfach: Mein Freund, vergiß, daß ich der Kaiser bin, sieh in mir nur einen Menschen, gleich Dir, und trachte uns alle beide zu retten. – Der Schiffer, welcher bei dem Gedanken an die auf ihm lastende Verantwortlichkeit anfing den Kopf zu verlieren, faßte sogleich wieder Muth, und die durch eine feste Hand geleitete Barke landete ohne Unfall am Ufer.

Alexander war nicht immer so glücklich gewesen, und bei geringeren Gefahren waren ihm zuweilen ernstere Unfälle begegnet. Während feiner letzten Reife in den Provinzen des Dom, wurde er mit seiner Droschke gewaltsam umgeworfen, und verwundete sich am Beine. Sclav der Ordnung, welche er sich selbst vorgeschrieben, wollte er feine Reise fortsetzen, um am bestimmten Tage anzukommen; aber die Ermüdung und der Mangel an Vorsichtsmaaßregeln verschlimmerten die Wunde; seit dieser Zeit erzeugte sich, und zwar zu wiederholten Malen, Rothlauf an diesem Beine, welcher den Kaiser zwang, Wochen lang das Bett zu hüten, und Monate lang zu hinken. Während dieser Anfälle verdoppelte sich dann seine Schwermuth, denn dann befand er sich der Kaiserin gegenüber, und in diesem betrübten und bleichen Gesichte, aus welchem das Lächeln verschwunden zu sein schien, fand er einen lebendigen Vorwurf, denn er war es, der diese Traurigkeit und diese Blässe erzeugt hatte.

Der letzte Anfall dieses Uebels, welcher im Winter des Jahres 1824, zur Zeit der Heirath des Großfürsten Michael und in dem Augenblicke statt fand, wo er von Konstantin das Dasein jener ewigen aber unsichtbaren Verschwörung, die man errieth, ohne sie zu sehen, erfahren, hatte lebhafte Besorgnisse eingeflößt. Es war zu Czarsko-Selo, der Lieblings-Residenz des Fürsten, die ihm in dem Maaße immer theurer wurde, als er sich mehr und mehr in diese unbesiegliche Schwermuth vertiefte. Nachdem er seiner Gewohnheit gemäß allein zu Fuße spazieren gegangen war, kehrte er von Frost geschüttelt in das Schloß zurück, und ließ sich sein Mittagsessen auf sein Zimmer bringen. Am selben Abende zeigte sich noch ein viel heftigerer Rothlauf, als einer der früheren, begleitet von Fieber, Irrereden und Gehirnentzündung; in derselben Nacht brachte man den Kaiser in einem verschlossenen Schlitten nach St. Petersburg, und eine Berathung der vereinigten Aerzte entschied, ihm das Bein abzunehmen, um dem Brande zuvorzukommen; der einzige Doctor Wyllie, Leibchirurgus des Kaisers, widersetzte sich dagegen, indem er sich mit seinem Kopfe für den erhabenen Kranken verantwortlich machte. In der That gelangte der Kaiser durch seine Sorgfalt wieder zur Gesundheit, aber seine Schwermuth hatte sich während dieser letzten Krankheit noch vergrößert, so daß, wie ich es erzählt, die letzten Feste des Carneval dadurch ganz trübselig geworden waren.

 

Kaum wieder hergestellt war er demnach auch nach Czarsko-Selo zurückgekehrt, und hatte daselbst seine gewohnte Lebensweise wieder begonnen; der Frühling fand ihn daselbst allein, ohne Hof, ohne Reichsmarschall, und nur seine Minister an den bestimmten Wochentagen empfangend; dort war ein Leben eher das eines seine Fehler beweinenden Einsiedlers, als das eines großen, für das Glück seines Volkes sorgenden Kaisers. In der That stand Alexander um sechs Uhr im Winter, und um fünf Uhr im Sommer auf, kleidete sich an, trat in sein Kabinet, indem er nicht die geringste Unordnung leiden konnte, und wo er ein gefaltetes Batist-Schnupftuch auf seinem Schreibetische, und ein Packet von zehn frisch geschnittenen Federn fand. Nun setzte sich der Kaiser an die Arbeit, indem er sich niemals einer Feder vom vorigen Tage bediente, und hätte er auch nur seinen Namen damit zu schreiben gehabt; wenn dann der Courier abgefertigt und die Unterschriften beendigt; so ging er in den Park hinab, wo er trotz der seit zwei Jahren umlaufenden Verschwörungsgerüchte immer allein und ohne eine andere Wache spazieren ging, als die am Alexander-Palaste stehende Schildwache. Gegen fünf Uhr kehrte er zurück, aß allein zu Mittag, und legte sich bei dem Zapfenstreiche, welchen die Musik der Garden unter seinen Fenstern spielte, zu Bett, und schlief endlich unter den immer von ihm selbst unter den schwermüthigsten Sachen ausgewählten Stücken in einer ähnlichen Stimmung ein, in der er den Tag zugebracht hatte.

Auch die Kaiserin Elisabeth lebte in einer tiefen Eingezogenheit, indem sie über den Kaiser wie ein unsichtbarer Engel wachte; das Alter hatte die tiefe Liebe, welche ihr der junge Czarewitsch auf den ersten Blick eingeflößt, nicht erlöscht, und dieselbe hatte sich trotz der zahlreichen und öffentlichen Untreuen ihres Gatten rein und dauernd erhalten. Sie war zu der Zeit, als ich sie sah, eine Frau von vier und vierzig bis fünf und vierzig Jahren, mit einem noch schlanken und wohlgebaueten Wuchse, und auf ihrem Gesichte unterschied man noch Spuren einer großen Schönheit, welche einem dreißigjährigen Kampfe mit dem Schmerze zu unterliegen begann. Uebrigens züchtig wie eine Heilige hatte niemals selbst die bitterste und eifrigste Verläumdung ihr etwas anhaben können, so daß sich bei ihrem Anblicke jedermann weniger noch vor der erhabenen Macht verneigte, als wie vor der hohen Güte, weniger vor der auf Erden herrschenden Frau, als wie vor dem aus dem Himmel stammenden Engel.

Als der Sommer herbeikam, entschieden die Aerzte einstimmig, daß eine Reise zur gänzlichen Wiederherstellung des Kaisers nothwendig sei, und bestimmten selbst die Krimm als das Land, dessen Clima für seine Genesung am günstigsten wäre. Alexander hatte gegen seine Gewohnheit für dieses Jahr keine Ausflüge beschlossen, und empfing die Anordnung der Aerzte mit einer vollkommenen Gleichgültigkeit; kaum war übrigens der Entschluß zur Abreise gefaßt, als die Kaiserin um die Erlaubniß nachsuchte und sie erlangte, ihren Gatten zu begleiten. Diese Abreise brachte ein Uebermaaß von Arbeit für den Kaiser herbei, denn jedermann beeilte sich, seine Angelegenheiten mit ihm vor dieser Reise zu beendigen, als ob man ihn nicht mehr wiedersehen sollte; er mußte demnach während ein vierzehn Tagen früher aufstehen und später zu Bett gehen. Inzwischen war seine Gesundheit nicht sichtlich angegriffen, als er im Laufe des Monat Juni nach einer zur Segnung seiner Reise gesungenen Messe, der die ganze Kaiserliche Familie beiwohnte, St. Petersburg, begleitet von der Kaiserin, geführt von seinem getreuen Kutscher Iwan, und gefolgt von einigen unter den Befehlen des General Diebitsch stehenden Ordonanz-Officieren verließ.

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