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Das Brautkleid

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X.

Symptome

Diese neuntausend Franken reichten der Baronin zum Leben für zwei Jahre hin. Aber während dieser zwei Jahre hatten sich bedeutende Ereignisse zugetragen, statt daß jedoch diese die Lage der Royalisten verbessert hätten, raubten sie ihnen jede Hoffnung.



Bonaparte war aus Ägypten zurückgekommen, hatte den achtzehnten Brumaire durchgemacht, sich zum Konsul ernannt, und die Schlacht von Marengo gewonnen.



Es gab wohl noch einige Optimisten, welche sagten, daß der junge General für die Bourbons arbeite, und daß er, wenn er mit den Jakobinern fertig geworden sei, den Scepter in die Hände des legitimen Königs niederlegen werde; aber die, welche die Sachen mit einem gesunden Auge betrachteten, glaubten auch nicht ein einziges Wort davon.



In Erwartung der Dinge zitterte Europa vor dem Sieger von Lodi, von den Pyramiden und von Marengo.



Die Baronesse wartete bis auf den letzten Augenblick, um bei der Marquisin einen neuen Versuch zu machen. Diese hatte, seitdem die Frage erhoben worden war, auch nicht eine Silbe mehr hierüber gesagt; sie beunruhigte sich auf keine Weise darüber, wovon ihre Tochter lebe, und sie hatte sie auch nicht ein einziges mal gefragt, welches ihre Hilfsquellen seien.



Deswegen erschien die Marquisin sehr erstaunt, als ihre Tochter aufs Neue von ihren Diamanten sprach.



Wie das erste mal, erschöpfte die Marquise alle Gründe, welche sie in ihrem Geiste sinken konnte, um ihren so kostbaren Schmuck zu verteidigen; aber diesmal war der Kampf hitzig, denn die Baronin bestand mit so viel Ehrfurcht, Würde und Ruhe darauf, daß endlich die Marquise, indem sie tief seufzte, sich gezwungen sah, aus ihrer Kassette ein Collier herauszunehmen, welches ungefähr fünfzehntausend Franken Wert war.



Die Baronin bestand wiederholt darauf, daß man einen einzigen Verkauf und zwar von Allem dem vornehme, was übrig geblieben sei, und daß man die fünfzigtausend Franken, welche man daraus erlösen könne, bei der Bank anlege; allein bei diesem Vorschlage schrie die Marquise dermaßen, daß Frau von Marsilly erkannte, jeder Versuch dieser Art sei erfolglos.



Die Marquise verlangte überdies noch, daß ihr von der Verkaufssumme des Collier die Summe von tausend Talern zugestellt werde, um dieselbe zu ihren kleinen persönlichen Ausgaben verwenden zu können. Frau von Marsilly verschaffte sich die fünfzehntausend Frank auf dieselbe Weise, auf welche sie sich die neuntausend Frank verschafft hatte. Wie das erste mal bot Herr Duval alle möglichen Dienste an; aber Frau von Marsilly wies sie, wie das erste mal, zurück.



Inzwischen wuchs Cäcilie heran, sie war jetzt ein schönes Mädchen von zwölf Jahren, ernst und sanft, zärtlich und religiös, sie hatte das Gesicht eines Engels in all seiner Frische, die Seele ihrer Mutter mit aller ihrer Reinheit, das heißt, wie sie gewesen war, ehe sie von dem Unglücke niedergeschmettert worden.



Oft betrachtete ihre Mutter sie, wie sie wuchs und blühte in der Mitte ihrer Rosen, ihrer Freundinnen, Gefährtinnen, Schwestern; dann dachte sie, daß das Kind in drei Jahren zu einer Frau reif sein würde, und sie seufzte tief, sie fragt: sich, welche Zukunft diesem merkwürdigen Geschöpfe der Natur vorbehalten sei.



Eine Sache beruhigte Frau von Marsilly vorzüglich, nicht wegen ihr selbst, sondern ihres Kindes wegen, sie fühlte, daß unter diesem nebeligen Klima von England, in Mitte dieser ewigen Vorsicht, welche für sie und ihre Tochter erheischt wurde, ihre Gesundheit anfing, zerrüttet zu werden. Frau von Marsilly hatte immer eine schwache Brust gehabt und obgleich sie das zweiunddreißigste Jahr erreicht hatte, ohne einen ernsten Anfall erlitten zu haben»so hatte sie doch nie ganz den organischen Fehler beseitigen können, der seit einiger Zeit, vorzüglich im Herbste, ihr diese Leiden zuzog, welche schreckliche Symptome einer nicht zu heilenden Krankheit waren.



Indessen war es unmöglich, daß Jemand außer ihr diesen unsichtbaren Kummer bemerkt hätte. Im Gegenteile mußte den Augen anderer ihre Gesundheit besser scheinen, als sie je war. Ihr gewöhnlich blasser Teint färbte sich mit einem Roth, welches das einer zweiten Jugend schien. Ihre Stimme, die gewöhnlich etwas schwach war, und die das Unglück und die Traurigkeit dumpf gemacht hatten, belebte sich manchmal durch einen regen und scharfen Akzent, der nichts anders als die Aufregung des Fiebers war, den man aber für ein Übermaß an Lebenskraft halten konnte.



In der Tat war Fräulein de la Roche-Bertaud als junges Mädchen nicht so schön und liebenswürdig gewesen, als es Frau von Marsilly war.



Aber diese Symptome der Zerstörung ihrer Gesundheit entgingen ihr nicht; gegen das Jahr 1802, in dem Augenblicke, in welchem sich die Tore Frankreichs den Emigranten wieder öffneten, hatte sie einen Augenblick lang den Gedanken, nach Frankreich zurückzukehren, obgleich das Hotel in der Straße Verneuil verkauft war, obgleich ihre beiden Landgüter in der Normandie und die drei Güter in der Touraine und in der Bretagne veräußert waren, und zwar zu sehr geringen Preisen an Spekulanten, welche ein Geschäft daraus machten, nationale Ländereien zu kaufen, wie man es zu jener Epoche nannte. Aber es war ein bedeutungsvoller Umstand, nach Frankreich zurückzukehren, ohne hinsichtlich des Vermögens gesichert zu sein; eine Wohnungsveränderung, ein Verkauf, eine Reise brachten den kleinen Hilfsquellen der Baronin einen schrecklichen Nachtheil. Die Marquise trieb wohl ihre Tochter an, das Meer zu durchschiffen, und ihren Rang und ihren Titel in Paris wieder anzunehmen, und sie behauptete, daß sie, wenn sie nur einmal in Paris sein würde, durch ihre alten Bekannten in der Hauptstadt Mittel finden werde, den Aufkäufern an die Kehle zu gehen, welche sich so unbefugter Weise der Hotels, der Landgüter und der Schlösser bemächtigt hatten. Wie man leicht begreifen wird, hatte die Baronin kein großes Vertrauen auf die ökonomische Geschicklichkeit ihrer Mutter, sie entschloss sich daher, noch zu warten, ehe sie einen Beschluss fassen würde.



So erreichte man das Jahr 1803. Cäcilie zählte dreizehn Jahre, schien aber fünfzehn alt. Ihr Herz hatte, indem es ganz die Gefühle eines jungen Mädchens annahm, seinen kindlichen Glauben bewahrt, und, die Spiele mit Eduard ausgenommen, welche übrigens seit zwei oder drei Jahren außerordentlich zurückhaltend geworden waren, hatte sie nie mit einem andern Manne, als mit Herrn Duval gesprochen. Die Vorsorge ihrer Mutter hatte vollkommen zu ihrer Erziehung genügt.



Diese Erziehung war überhaupt mehr eine ausgezeichnete, als eine höhere; sie verstand Alles, was eine Frau von der Welt wissen mußte, um sich desselben zu bedienen, nicht um es zu lehren; das Englische und Italienische waren hiervon allein ausgenommen. Sie zeichnete auch auf eine bezaubernde Weise Blumen und Landschaften; allein ihr Talent beschränkte sich auf das Aquarell und erhob sich nicht bis zu der Ölmalerei. Sie spielte auch auf dem Piano, um sich zu begleiten, wenn sie mit ihrer sanften, lieblichen, biegsamen, vibrierenden Stimme irgend eine zärtliche Romanze, oder einen melancholischen Abendgesang sang; aber es würde ihr nie der Gedanke gekommen sein, Effekt machen zu wollen, wenn sie eine Sonate oder eine Arie sang. Es ist wahr, daß sie sich oft auf ihrem Piano seltsamen Improvisationen hingab, wunderbaren Träumen mit unbekannten Melodien, aber das war, wenn man so sagen darf, die Musik ihres Herzens, welche aus demselben unwillkürlich hervorquoll. Nebst dem kannte sie Geschichte und Geographie auf eine ausgezeichnete Weise, aber sie glaubte im Ernste, sie nur darum gelernt zu haben, damit sie im Falle des Gefragtwerdens darauf antworten könne.



Was die Sprachen betraf, so wußte sie nicht, daß es ein Talent sei, mehrere Sprachen zu sprechen, und sie sprach sie ohne Unterschied; das Italienische und Französische mit ihrer Mutter, englisch mit der Dienerschaft und mit den Lieferanten.



Inzwischen hatte die gute Familie Duval, welche fortfuhr glücklich zu sein, die Verbindungen mit der Baronin aufgegeben. Tausendmal hatte Herr Duval die Marquise, die Frau von Marsilly und Cäcilie eingeladen, eine Woche, vierzehn Tage, oder einen Monat in ihrem Hause zu London zuzubringen. Aber Frau von Marsilly hatte es immer abgelehnt, sie wußte, wie leicht es ist, auf die Seele eines Mädchens von vierzehn Jahren Eindrücke zu machen, und sie zitterte da«vor, in das ruhige und eingezogene Leben Cäciliens irgend ein Verlangen eindringen zu lassen, welchem nicht genügt werden konnte. So oft sie dagegen die Familie Duval's sah, warf sie ihr die Seltenheit ihrer Besuche vor, und sei es nun, daß er durch diesen Vorwurf aufgeregt wurde, oder daß er irgend einen Entschluss hegte, den er Niemand mitteilte, Herr Duval fing in der Tat an, viel häufiger in der kleinen Einsiedelei zu erscheinen, in welcher seine Ankunft, so wie die seiner Gattin und seines Sohnes, stets mit dem größten Vergnügen begrüßt wurden, die Marquise ausgenommen, welche mit ihren aristokratischen, uns bereits bekannten Ideen, mehr als einmal ihr Staunen über die Neigung aussprach, welche ihre Tochter gegen diese Bürgerlichen hegte. Indessen hatte sie ihren Entschluss gefasst und seit langer Zeit, wenn die Familie Duval ihre Sonntage in Hendon zubrachte, kam die Marquise zum Mittagessen. Dann aber machte sie große Toilette, schmückte sich mit dem, was ihr von Diamanten geblieben war, was ihr, nach ihrer Meinung eine große' Überlegenheit über Madame Duval gab, die man stets im einfachsten Anzuge und ohne den geringsten Schmuck sah.



Alle diese kleinen Affectationen machten der Baroness außerordentlich viel zu leiden, allein sie erlaubte sich ihrer Mutter gegenüber auch nicht die geringste Bemerkung.



Herr und Madame Duval schienen übrigens diese Regungen der Marquise nicht zu bemerken,oder, wenn sie etwas davon merkten, gaben sie sich das Ansehen, es sehr natürlich zu finden; jedoch konnte man leicht wahrnehmen, daß sie der Baronin Dank wusste, weil sie sich gegen sie ganz anders benahm, als die Marquise.

 



Cäcilie, das anbetungswürdige Kind, hatte nicht die geringste Idee von allen diesen sozialen Unterschieden; sie wusste, daß Herr Duval ihrer Mutter einen großen Dienst geleistet habe. Sie lachte, wenn sie eintrat, sie reichte ihm die Hand, wenn sie hinausging, sie nahte Madame Duval fast so oft, als ihrer Mutter, und sagte, sie möchte wohl einen Bruder haben wie Eduard.



Diese treffliche und liebenswürdige Herzlichkeit rührte diese guten Leute bis zu Tränen, und Während ihres ganzen Heimweges, oft auch den folgenden Tag hindurch, richtete sich ihre Unterhaltung aus die Baroness und auf Cäcilien.



Es waren wieder einige Monate mehr entschwunden und mit ihnen hatten sich die Mittel der Baronin vermindert. Wie gesagt, hatte die Marquise, als sie ihr ihre Diamanten zustellte, verlangt, daß eine bestimmte Summe ihr ausgehändigt werde. Die Baronin hatte sie ihr zugestellt, und sie hatte diese Summe in bloßen Geringfügigkeiten vergeudet.



Es gab eine viel peinlichere Scene, als die bereits erzählte, als Frau von Marsilly einen neuen Schritt bei ihrer Mutter tun mußte. Die Marquise begriff nicht, wie in, so kurzer Zeit der Preis für dieses Collier verschwunden sei, und die Baronin mußte ihr den Datum in das Gedächtnis zurückrufen, und die Verwendung des Geldes nachweisen, wenn sie ihren Bitten nachgeben sollte. Sie stellte hierauf ihrer Tochter eine Agrafe zu, welche ungefähr zehntausend Frank wert sein konnte.



Frau von Marsilly schrieb wie gewöhnlich an Herrn Duval, und Herr Duval kam wie gewöhnlich herbei. Er fand die Baronin schrecklich verändert, obgleich es keine acht Tage waren, seit er sie gesehen hatte, ihr Gesicht konnte die Spuren der Tränen nicht verleugnen.



Selbst Cäcilie, welche keinen Begriff von der Lage ihrer Mutter hatte und nicht, wußte, daß das arme Kind auf dieser Welt verlassen sei, hatte seit zwei oder drei Tagen die Traurigkeit ihrer Mutter wahrgenommen, eine Traurigkeit, welche so zu sagen die physischen Leiden offen an den Tag legte, welche sie bisher unter dem Schleier ihrer ununterbrochenen Heiterkeit verborgen hatte.



Cäcilie erwartete also Herrn Duval und als er anlangte, hielt sie ihn im Korridor an.



»O, mein Gott, mein Herr Duval,« sagte sie, »ich habe Sie mit Unruhe erwartet; meine Mutter ist sehr traurig und sehr unruhig. Ich habe sie gefragt, was sie habe, allein sie betrachtet mich wie ein Kind, und will mir nichts sagen. Herr Duval, wenn Sie etwas für sie tun können, so bitte ich Sie, es zu tun.«



»Meine teure Cäcilie,« erwiderte der brave Mann, indem er sie zärtlich betrachtete,« ich habe Ihrer Frau Mutter mehr als einmal alle die kleinen Dienste angeboten, welche ich ihr erweisen kann; aber stets wurden sie abgelehnt. Ach!« fügte er seufzend hinzu, ich bin nicht ihres Gleichen, und darum nimmt sie nichts von mir an.«



»Sie sind nicht ihres Gleichen, mein lieber Herr Duval? Ich verstehe Sie nicht recht. Empfängt Sie meine Mutter, wenn Sie uns besuchen, anders, als Sie empfangen zu werden wünschen?«



»O, nein, Gott sei Dank, die Frau Baronin ist im Gegenteil voll Güte für mich.«



»Sollten Sie sich vielleicht zufälliger Weise über mich zu beklagen haben, mein lieber Herr Duval? In diesem Falle, ich schwöre es Ihnen, wäre es ohne meine Absicht geschehen, wenn ich je etwas getan haben sollte, was Ihnen unangenehm war, und ich bitte Sie deshalb vielmals um Vergebung.«



»Ah, wie sollte ich mich über Sie beklagen können, mein teures Kind?« rief Herr Duval, hingerissen von der Zärtlichkeit gegen Cäcilien.



»Eben so gut würde man sich über einen Engel des Himmels beklagen können; ich sollte mich über Sie beklagen, o, nein, nein!«



»Aber was hat denn meine Mutter?«



»Was sie hat? Ich weiß es,« sagte Herr Duval.



»O, wenn Sie es wissen, so sagen Sie es mir. . . . und wenn ich etwas vermag. . . .«



»Sie vermögen viel, mein Kind.«



»O, so sagen Sie es.«



»Ich will zunächst Ihre Frau Mutter sehen, ich will aufrichtig mit ihr sprechen, und wenn sie das genehmigt, was ich ihr sagen werde,. . . . wohlan, so ist es an Ihnen, die Gnade zu erflehen, von welcher vielleicht das Glück von uns Allen abhängt.«



Cäcilie betrachtete Herrn Duval mit großen, er«staunten Augen; allein dieser drückte ihr, ohne ein Wort zu sagen, die Hand und trat zu Frau von Marsilly ein.



XI.

Entwürfe

Wie wir gesagt haben, traf Herr Duval Frau von Marsilly so verändert, daß seine ersten Worte waren, sie zu fragen, ob sie krank sei? Frau von Marsilly machte mit dem Kopfe ein Zeichen, daß dies nicht der Fall, reichte Herrn Duval die Hand und bat ihn, sich zu ihr zu setzen.



»Mein lieber Herr Duval,« sagte sie nach einem augenblicklichen Schweigen, »ich habe wohl nicht nothwendig, Ihnen zu sagen, warum ich Sie habe rufen lassen, Sie zweifeln wohl nicht daran?«



»Ach, ja, Frau Baroness,« antwortete der brave Geschäftsmann, »und ich gestehe Ihnen, daß ich bei dem Empfange Ihres Briefes mir gelobte, mit Ihnen eine Erörterung zu beginnen, wenn Sie es erlauben werden.«



»Ich höre Sie, mein teurer Herr,« versetzte die Baronin, »wir sind gegen einander so vertraut, daß es erlaubt sein wird, gegenseitig kein Geheimnis zu haben; überdies bin ich überzeugt, daß Sie diese Erörterung aus Teilnahme, nicht aus Neugierde verlangen.«



»Frau Baroness entgegnete Duval,« sich verbeugend,« es ist das dritte mal, daß Sie mir Diamanten zu verkaufen geben, und ich weiß nicht, ob Ihnen noch viel übrig bleibt.«



»Ungefähr für dieselbe Summe, die Sie mir schon zugestellt haben.«



»Nun, so erlauben Sie mir eine Bemerkung, wenn Sie sie alle zusammen und auf einmal verkauft hätten, so würden Sie sechzig oder siebzigtausend Livres auf einmal bekommen haben; diese siebzigtausend Livres bei der Bank von England angelegt, würden Ihnen eine Rente von hundertachtzig Pfund Sterling abgeworfen haben, und wenn Sie ein oder zweitausend Franken jährlich dieser Rente beifügten, so würden Sie haben leben können.«



»Ich weiß es, und dies war auch mein erster Gedanke; aber diese Diamanten gehören nicht mir, sondern meiner Mutter, und als ich ihr dieses Mittel vorgeschlagen habe, hat sie es förmlich verworfen.«



»O, daran erkenne ich sie,« versetzte Herr Duval, »das ist zu vernünftig für sie. . . .«Dann, indem er sich fasste, fuhr er fort: »Verzeihen Sie mir das, was ich sagte, Frau Baroneß, aber es ist mir unwillkürlich entwischt.«



»O, das hat nichts zu sagen, mein lieber Freund; meine Mutter hat einige Lächerlichkeiten, ich weiß es wohl; aber ich habe auch gesehen, daß Sie, der Sie das oft bemerkten, die Güte hatten, nicht darauf zu achten. Um indessen auf den Gegenstand meines Briefes zurückzukommen, so empfangen Sie hier, mein lieber Herr Duval, eine Agrafe, welche zehntausend Franks ungefähr wert ist, und ich bitte Sie, sie zu Geld zu machen.«



»Sehr gerne,« erwiderte Herr Duval, indem er die Agrafe in seiner Hand hin und her drehte; »das heißt, wenn ich sage, sehr gerne, so ist es eine Art, so zu reden, denn ich gestehe es Ihnen, daß es mir schwere Sorge macht, wenn ich sehe, wie Sie sich so nach und nach aller Reste Ihres Glückes berauben.«



»Was wollen Sie, mein lieber Duval?«entgegnete die Baronin mit einem melancholischen Lächeln, »wir müssen die Prüfungen hinnehmen, die Gott uns sendet.«



»Aber nach Ihrem eigenen Geständnisse, Frau Baroness,« fuhr Duval fort, »und ich muß Sie um Entschuldigung bitten, wenn ich darauf zurückkomme, aber nach Ihrem eigenen Geständnisse haben Sie schon die Hälfte Ihrer Diamanten veräußert. Mit dieser Hälfte haben Sie sechs oder sieben Jahre gelebt, und mit der andern Hälfte werden Sie auch noch sechs oder sieben Jahre leben; aber dann, was soll dann aus Ihnen werden?«



»Was dem Herrn gefällt, Herr Duval.«



»Und Sie haben keine Entwürfe gemacht?«



»Keine.«



»Keine Hoffnung für die Zukunft?«



»Ich habe die Hoffnung, daß der König Ludwig XVIII. nach Frankreich zurückkehren, und daß man uns die Güter zurückgeben wird, welche man uns konfisziert hat.«



»Ach, Frau Baroness, Sie wissen wohl, daß dieses eine Hoffnung ist, die täglich schwacher wird. Bonaparte machte sich, nachdem er General en Chef gewesen war, zum Consul, darauf zum ersten Consul, und jetzt, sagt man, daß er sich zum Kaiser machen wolle. Sie sind keine von denen, welche glauben, daß er den Thron den Burbonen zurückgeben werde.«



Die Baronin machte mit dem Haupt eine verneinende Bewegung.



»Nun, ich wiederhole es Ihnen, was werden Sie beginnen, wenn diese fünf oder sechs Jahre verflossen sein werden?«Die Baronin seufzte, antwortete aber nichts.



»Fräulein Cäcilie zählt vierzehn Jahre,« bemerkte Herr Duval.



Die Baronin vergoss eine Träne.



»In zwei oder drei Jahren muß man daran denken, sie zu verheiraten.«



»O, mein lieber Herr Duval,« rief Frau von Marsilly,« sprechen Sie doch nicht davon; wenn ich an das Schicksal denke, welches dieses teure Kind erwartet, dann könnte ich an der Vorsehung zweifeln.«



»Und Sie haben Unrecht, Frau Baroness, man darf nicht glauben, daß Gott seine Engel, wie dieser einer ist, auf die Erde herab sendet, um sie zu verlassen; sie wird irgend einem jungen edlen Manne Liebe einflößen, und dieser wird ihr ein reiches, glückliches und geehrtes Leben bereiten.«



»Ach, mein lieber Herr Duval, Cäcilie ist arm, und solche Hingebungen sind selten, wer sollte sie übrigens hier suchen? Seit den zehn Jahren, welche wir hier wohnen, sind Sie und Eduard die einzigen Männer, welche dieses Haus betraten. Aber entschuldigen Sie, mein lieber Herr Duval, daß ich vergessen habe, Sie um Nachrichten von Ihrer Frau und Ihrem Sohne zu fragen; wie befindet sich Madame Duval, wie geht es dem lieben Eduard?«



»Dem Himmel sei Dank, beiden geht es gut; ich danke Ihnen, Frau Baroness, und ich bin vorzüglich mit meinem Sohne sehr zufrieden; er ist ein braver Junge, für den ich, wie für mich selbst gut stehe, und der, ich bin überzeugt, eine Frau einst glücklich machen wird.«



»Er würde das Beispiel seines Vaters vor Augen haben,« sagte lächelnd die Baroness, »und er wird ihm folgen, ich hoffe es. Ja, Sie haben Recht, es wird eine glückliche Frau werden, welche Eduard heiraten wird.«



»Ist das wirklich Ihre Meinung, Frau Baroness?«fragte Duval lebhaft.



Ohne Zweifel, welchen Grund sollte ich haben, die Wahrheit nicht zu sagen?«»O, ich habe gewusst, daß Sie mir hierauf antworten, wie man auf einen andern Gegenstand antwortet, oder vielmehr, daß es geschah, um mir Vergnügen zu machen.«



»Nein, ich habe Ihnen nach meinem Herzen geantwortet.«



»Ja, wenn Sie mir das versichern, so ermutigt es mich, Frau Baroness. Hören Sie, ich bin hierher gekommen, um mit Ihnen von einem Entwurf zu sprechen. Als ich zu London war, schien mir nichts einfacher, als dieser Entwurf; allein je mehr ich mich Hendon genaht habe, je mehr fühlte ich, daß dieser Entwurf etwas Gewagtes, etwas Kühnes, ich möchte fast sagen etwas Lächerliches habe.«



»Ich verstehe Sie nicht, Herr Duval?«



»Ein Beweis, daß mein Entwurf keinen gewöhnlichen Sinn hat.«



»Warten Sie,« entgegnete die Baronin, »ich glaube indessen. . . .«



»Sie lächeln, davon bin ich überzeugt; ich habe Ihnen gesagt, daß Fräulein Cäcilie einen Mann sehr glücklich machen würde; Sie haben nur gesagt, daß Eduard eine Frau sehr glücklich machen würde . . .«



»Herr Duval. . .!«



»Verzeihen Sie, Frau Baroness, es ist eine große Kühnheit, ich weiß es, und glauben Sie nicht, daß ich den Zwischenraum vergesse, der uns trennt. Aber in der Tat, wenn ich an den Zufall denke, welcher zwei so getrennte Leben, wie die unsrigen waren, sich nahe brachte, dann erlaube ich mir zu hoffen, daß die Vorsehung den Willen habe, meine Familie zu ehren und zu segnen. Dann, sehen Sie, Frau Baroness, würde dieses da viele Dinge ausgleichen. Ich spreche nicht von meinem kleinen Vermögen; ich habe es Ihnen angeboten, Sie haben es zurückgewiesen; aber Sie wissen, daß in England der Handelsstand angesehen ist; nun, mein Sohn wird Banquier werden. . . . O, mein Gott, ich weiß sehr gut, daß Madame Eduard Duval kurzweg genannt zu werden, sehr wenig für die Tochter der Frau Baroness von Marsilly ist, und für die Enkelin der Frau Marquise de la Roche-Bertaud; aber sehen Sie, wenn mein Eduard Herzog wäre und wenn es Gott gefiele, daß er Millionen zu den Füßen Cäciliens legen könnte, er würde sie ihr zu Füßen legen, wie die drei- oder viermal hunderttausend Frank, welche wir besitzen. Und Sie weinen nun?«



»Ja, ich weine, mein lieber Herr Duval, denn Ihr Vorschlag, und besonders die Art, womit Sie ihn gemacht haben, geht mir zu Herzen. Wenn ich allein in dieser Sache zu befragen wäre, so würde ich Ihnen, mein lieber Herr Duval, die Hand reichen und Ihnen sagen: Ein solcher Vorschlag überrascht mich nicht, denn er kommt von Ihrem Herzen, und ich nehme ihn an. Aber Sie wissen das wohl, ich muß mit Cäcilien, ich muß mit meiner Mutter davon sprechen.«

 



»O!« entgegnete Herr Duval, »was Fräulein Cäcilien betrifft, so glaube ich wohl, daß es von ihrer Seite gehen würde. Vor einem Jahre stieg dieser Gedanke in mir auf, und seit dem beobachte ich sie, wenn sie mit Eduard beisammen ist. Gewiß liebt sie ihn nicht, ich weiß es wohl, daß einem jungen Mädchen aus einer Familie wie Fräulein Cäcilie nie der Gedanke gekommen sein würde, daß sie einen Menschen, der Nichts ist, wie mein Sohn, lieben könne. Aber sie kennt ihn nun seit langer Zeit, sie verabscheut ihn nicht, und wenn sie weiß, daß es Ihnen Vergnügen macht, so wird sie sich gewiss dazu entschließen. Aber was die Frau Marquise de la Roche-Bertaud betrifft, so gestehe ich Ihnen, daß ich mich auf dieser Seite im Voraus für geschlagen halte.«



»Lassen Sie mich diese Angelegenheit leiten, mein lieber Herr Duval,« sagte die Baroness, »ich gebe Ihnen mein Wort, daß ich mein Bestes tun werde.«



»Nun, Frau Baroness,« bemerkte Duval, indem er die Diamanten-Agrafe in seinen Händen hin- und herdrehte, »nun scheint es mir, nachdem die Sachen zwischen uns auf diesen Punkt gekommen sind, unnütz. . . .«



»Mein lieber Herr,« unterbrach ihn die Baroness; »noch ist nichts entschieden; Sie wissen es, ich habe es Ihnen gesagt. Aber, wenn auch Alles entschieden wäre, so zählt Cäcilie doch erst vierzehn Jahre, und erst in zwei Jahren würden wir ernstlich über die Sache sprechen können. Dieses abwartend, bitte ich Sie, mir den Dienst zu erzeigen, wegen dessen ich Sie um die Güte gebeten habe, zu mir zu kommen.«



Herr Duval sah wohl, daß es kein Mittel gebe, die Baroness zu einer entschiedenen Antwort vor Ablauf der festgesetzten Frist zu bringen; er erhob sich, und schickte sich an, wegzugehen. Die Baroness versuchte vergebens, ihn beim Mittagessen zurückzuhalten; Herr Duval hatte Eile, seiner Frau die Hoffnung zurückzubringen, welche er gefasst hatte. Er ging weg, indem er auf's Neue die Interesse Eduards der Frau von Marsilly empfahl.



Der erste Gedanke der Baronin, als sie sich allein befand, war der, dem Himmel zu danken; ohne Zweifel würde jede andere an ihrer Stelle dieses Gluck nur als ein sehr mittelmäßiges betrachtet haben; allein zehn Jahre des Unglücks lehrten die Baroness die Dinge aus dem wahren Gesichtspunkte zu betrachten. Aus Frankreich verbannt, ohne irgend eine Hoffnung, da«hin zurückzukehren, zu Grunde gerichtet, ohne irgend eine Hoffnung, das zertrümmerte Glück wieder zu er«langen, von einer Krankheit befallen, welche den Menschen gewöhnlich nicht lange am Leben lässt, konnte sie für Cäcilien nichts Besseres wünschen, als die Gelegenheit, welche sich ihr darbot, ergreifen.



Woher kam ihr Unglück, woher kam ihre Verbannung, woher ihr Ruin? bloß von ihrem hohen Stande. Der Adel ist der Epheu des Königtums, das Königtum, indem es fiel, hatte den Adel mit sich gerissen, und sie, eines der schwachen Trümmer des großen umgestürzten Gebäudes, sie eilte dem Untergange in der Einsamkeit des Unglücks und in der Nach der Verbannung entgegen. Aller Wahrscheinlichkeit nach würde ein Mann der Kaste Cäcilien in ihrer Einsamkeit nicht aufgesucht haben. Überdies hatten die jungen Leute von Adel in diesem Augenblicke überhaupt wegen ihrer finanziellen Erschütterung notwendig reiche Erbinnen zu heiraten, um ihr Leben fristen zu können Cäcilie war arm, sie hatte nichts mehr, als ihren schönen Namen, aber der Namen der Frau verliert sich, wie man weiß, in dem des Mannes. Daher konnte man Cäcilien nicht ihres Namens, wegen suchen, und wir wiederholen es, Cäcilie hatte nichts, als ihren Namen.



Indessen darf man nicht glauben, daß die Baroness sich ohne einen Kampf entschloss; es war erforderlich, daß sie sich die Vorteile dieser Verbindung einen nach dem andern vergegenwärtigte, damit ihr Geist ohne eine gewisse Reue dabei verweilen, könnte, und dennoch hatte, wie wir gesehen haben, die Baronin mit Herrn Duval eine persönliche Verpflichtung nicht eingehen wollen sondern sie hatte eine doppelte Genehmigung zur Bedingung gemacht, die ihrer Tochter und die ihrer Mutter.



Was Frau von Marsilly gedacht hatte, trat ein; Cäcilie hörte mit einem mit Unruhe gepaarten Erstaunen das, was ihr die Baroness hinsichtlich ihrer Entwürfe für die Zukunft sagte. Als sie geendet hatte, fragte Cäcilie:



»Ich soll Sie verlassen, meine Mutter?«



»Nein, mein Kind,« entgegnete die Bar

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