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Das Brautkleid

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XII.
Der Mensch denkt

Am folgenden Sonntage kam, wie gewöhnlich, die Familie Duval zum Besuche bei der Baronin, welche sie auch allein empfing; die Marquise hatte ihre Migräne wieder.

Zwischen den beiden Familien wurde kein Wort gewechselt, was auf die zukünftige Heirat Bezug gehabt hätte, nur küssten sich Madame Duval und Frau von Marsilly, Eduard küsste Cäcilien die Hand, und Cäcilie errötete.

Es war offenbar, daß Alles von dem Projekte wußte, und daß dasselbe alle Wünsche des Herrn Duval, seiner Frau und seines Sohnes erfüllte. Die Herzen dieser drei flossen vor Freude über.

Was die Baronin betraf, so war sie nicht ohne eine stumme Traurigkeit; es war seit dreihundert Jahren vielleicht das Erste mal, daß man sich des Adels verlustig machte. Obwohl sie überzeugt war, daß dieser Verstoß gegen die aristokratischen Gesetze, welche ihren edlen Ahnen gehorcht hatten, bloß das Glück ihrer Tochter zum Zwecke habe, so konnte sie doch ihrer Unruhe nicht Herr werden.

Cäcilie betrachtete ihre Mutter. Seit einigen Tagen fing sie an, gewahr zu werden, daß ihre Gesundheit wanke; besonders an diesem Tage war, ohne Zweifel in Folge der statt gehabten Aufregungen, das Gesicht der Baroness einem heftigen Wechsel unterworfen; auf die lebhafteste Rothe folgte eine außerordentliche Blässe, und von Zeit zu Zeit peinigte ihre Brust ein zerreißender Husten. Bei dem Nachtisch erhob sich die Baronin und ging hinaus. Die beunruhigte Cäcilie folgte ihr nach und traf ihre Mutter an die Mauer des Korridors gelehnt, ein Sacktuch vor ihrem Munde. Als die Baronin ihre Tochter bemerkte, verbarg sie schnell ihr Sacktuch; aber dennoch nicht schnell genug, daß Cäcilien nicht Spuren von Blut wahrgenommen hätte. Cäcilie stieß einen Schrei aus, die Baroness erstickte ihn durch eine Umarmung, und dann gingen Beide in den Speisesaal zurück.

Auf der einen wie auf der andern Seite erzeugte dieser Vorfall eine Unruhe. Madame Duval hatte sich mit jener Teilnahme, welche jede Anschuldigung von Neugierde ausschließt, nach der Ursache erkundigt, welche die Baronin und Cäcilien nach einander hinausgerufen hatte. Die Baroness erwiderte, daß sie plötzlich unwohl geworden sei und Cäcilien waren einige Tränen entfallen.

Indem sie Abschied nahmen, bat Cäcilie Herrn Duval, am folgenden Tage unter irgend einem Vorwande den besten Arzt von London nach Hendon zu schicken, und Herr Duval versprach es ihr.

Als Cäcilie und ihre Mutter allein waren, brach die bisher in das arme Herz zurückgedrängte schmerzliche Aufregung los; sie hätte ihrer Mutter gerne ihre Unruhe verborgen, allein sie konnte sich noch nicht verstellen, am allerwenigsten konnte sie den Schmerz verbergen; denn Cäcilie war bisher noch nicht unglücklich gewesen.

Die Baroness hatte nicht den Mute, ihrer Tochter ihre eigene Unruhe zu verbergen; diese entschuldigte ja überdies ihre Projekte einer Verbindung der plebejischen Familie Duval mit der adeligen Familie Marsilly, und nun versuchte Cäcilie die Baroness zu trösten.

Es gibt in der Tat ein Alter, in welchem nichts unmöglicher scheint, als der Tod, und dieses Alter hatte Cäcilie erreicht. Im vierzehnten Jahre scheint in der Natur Alles ewig zu sein, weil es scheint, daß man in seinem Herzen eine Ewigkeit trage.

Am folgenden Tage stellte sich ein Freund des Herrn Duval der Baronin vor, er kam, wie er sagte, um aus Auftrag des verehrungswürdigen Banquiers, der Baronin die Summe von zehn tausend Frank zuzustellen, welche er an sie abzutragen habe. Diese Summe hatte Herr Duval am Abende zuvor in seinem Portefeuille mitgehabt; allein da ihn Cäcilie gebeten hatte, unter irgend einem Vorwand einen Arzt zu schicken, so hatte er seine Banknoten bei sich behalten und geglaubt, daß durch sie die Einführung des Arztes, als eine leichte und durchaus nicht vorbereitete Sache erscheinen wurde. Der Arzt ließ auch im Verlaufe des Gespräches merken, daß, da er einen Kranken in Hendon zu besuchen, sein Freund, Herr Duval, ihn beauftragt habe, den Auftrag an die Baronin zu vollziehen, der ihm nun die Ehre gebe, ihre Bekanntschaft zu machen.

Bei diesen Worten des Arztes ergriff Cäcilie die Gelegenheit, ihm die Besorgnisse auszusprechen, welche sie über das Befinden ihrer Mutter hege. Die Baronin lächelte traurig; mit dem Instinkte eines Kranken hatte sie sich nicht einen Augenblick über diese ganz kleine Komödie getäuscht, sie setzte daher dem Arzt, der einer der besten Ärzte Londons war, unbefangen die Symptome auseinander, welche sie fürchten ließen, daß ihre Gesundheit ernstlich angegriffen sei.

Der Arzt schien die Unruhe der Frau von Marsilly auf keine Weise zu teilen, aber nichts desto weniger traf er die Anordnung, daß die strengste Aufmerksamkeit und Pflege erforderlich sei. Dann fügte er im Wege der Unterhaltung und wie ein Mann, der nicht weiß, ob sein Rat befolgt werden kann, bei, daß höchst wahrscheinlich eine Verbesserung der Gesundheit herbeigeführt werden würde, wenn die Baronin sieben oder acht Monate auf Hyeres, zu Nizza, oder zu Pisa zubringen könne.

Cäcilien schien Nichts leichter, als dieser letzte Teil der Anordnung des Arztes. Sie war daher außerordentlich erstaune, als sie in ihre Mutter drang, dem Rate des Arztes zu folgen, und die Mutter ihr erwiderte, daß sie in Allem folgen werde, die Reise ausgenommen. Ihr Erstaunen vermehrte sich noch, als ihre Mutter, nachdem sie in sie gedrungen hatte, einen so bedeutungsvollen Rat nicht zu verschmähen, versicherte, daß sie zu arm seien, um eine solche Ausgabe w bestreiten.

Cäcilie wußte durchaus nicht, was Reichtum und was Armut sei. Ihre Blumen sproßten, blühten, starben ab, ohne irgend einen Unterschied zwischen ihnen; alle hatten einen gleichen Anteil an dem Wasser, welches ihre Wurzeln erfrischte, an der Sonne, die ihre Blüten entfaltete, sie glaubte, daß es bei den Menschen wie bei den Pflanzen sei, und daß sie alle den gleichen Anspruch auf die Güter der Erde und die Gaben des Himmels haben.

Die Baronin erzählte nun ihrer Tochter zum Ersten mal, daß sie reich gewesen, daß dies aber nun nicht mehr der Fall sei, daß sie ein Haus, Landgüter und Schlösser gehabt, daß aber dieses Alles verkauft worden, daß ihr von Allem nichts als dieser kleine Fleck geblieben sei, auf welchem sie jetzt lebten, und überdies war dieses kleine Landhaus nicht ihr Eigentum, sie benützten dasselbe nur, indem sie eine jährliche Summe bezahlten, und wenn sie ein einziges Jahr aufhören würden, diese Summe zu bezahlen, so würde man sie aus der Wohnung hinausschicken, ohne daß sie wüssten, wohin sie gehen sollten.

Hierauf fragte Cäcilie ihre Mutter, woher das Geld gekommen, von welchem sie bisher lebten, und ihre Mutter verheimlichte ihr nicht einen Augenblick, daß die Quelle, welche bald vertrocknen müsse, die Diamanten ihrer Großmutter feien, Das arme Kind fragte, ob es Nichts zum Wohle der Familie beitragen könne, und ob es nicht, da jedes gezwungen sei, entweder von einem erworbenen Vermögen, oder durch irgend einen Erwerb zu leben, auf die eine oder die andere Weise seiner Familie helfen könne. Jetzt erfuhr sie, daß in dieser Welt das Weib sein Schicksal empfange, nicht gestalte, daß ihr Geschick fast immer von ihrem Manne abhänge.

Cäcilie dachte daher an das, was ihr ihre Mutter, von einem Verbindungsprojekte mit der Familie Duval gesagt hatte, und indem sie sich in die Arme der Baronin warf, sagte sie: »O, meine Mutter, ich werde sehr glücklich sein, ich schwöre es Ihnen, Eduard zu heiraten.«

Frau von Marsilly erkannte wohl, welche Hingebung in diesem Entschluss Cäciliens liege und daß sie von dieser Seite wenigstens keinen Einwurf gegen ihre Projekte finden würde.

Die Tage verflossen, ohne irgend eine Änderung in der Lage der armen Familie herbeizuführen, die ausgenommen, daß die Baronin immer schwächer wurde; inzwischen wurden die Nachrichten für die Royalisten etwas besser, das Gerücht, daß Bonaparte den Thron den Bourbonen zurückgeben müsse, gewann einige Konsistenz. Man sprach von einem vollständigen Bruche zwischen den Jakobinern und dem ersten Consul, man versicherte, daß der König Ludwig XVIII. an Letzteren über diesen Gegenstand geschrieben, und daß er von dem jungen Sieger zwei Briefe bekommen habe, welche ihm nicht alle Hoffnung raubten.

Inzwischen langte ein Brief der Herzogin de Lorges an, welche seit dem vorigen Abend nach London zurückgekehrt war und der Frau von Marsilly ihren Besuch auf übermorgen ankündigte.

Die Nachricht erzeugte große Freude bei der Baronin und Cäcilie, die Marquise aber war ganz entzückt darüber. Sie sollte sich nun in ihrer Sphäre wieder finden, wieder jemand haben, mit dem sie plaudern, und, wie sie sagte, von diesen Duvals sich säubern könne.

Sie ließ nun Cäcilie auf ihr Zimmer kommen, was nur bei außerordentlichen Gelegenheiten der Fall war, und empfahl ihr, der Herzogin auch nicht ein Wort von den unsinnigen Heiratsprojekten zu sagen, von welchen ihre Mutter in einem Augenblicke der Verwirrung gesprochen habe. Dasselbe empfahl sie der Baronin, welche, da sie im voraus die Einwürfe erriet, welche ihr ihre edle Freundin machen würde, keinen Anstand nahm, Alles zu versprechen, was sie von ihr wollte.

An dem bestimmten Tage, um zwei Uhr Nachmittags, waren die Baronin, die Marquise und Cäcilie in dem Salon versammelt, ein Wagen hielt vor dem kleinen Landhaus an, man hörte den Hammer unter einer aristokratischen Hand ertönen: einige Sekunden später kündigte die Kammerfrau die Frau Herzogin de Lorges und den Chevalier Heinrich de Sennones an.

Es war schon sieben bis acht Jahre, daß sich die Herzogin und die Baroness nicht wieder gesehen hatten, sie umarmten sich, wie zwei alte Freundinnen, deren Liebe weder Zeit noch Trennung erkalten konnte, aber während dieser Umarmung konnte die Herzogin den peinlichen Eindruck nicht verbergen, welchen das sichtbare Altern, das sich in den Zügen der Baronin ausdrückte, auf sie machte. Die Baronin bemerkte es.

 

»Sie finden mich sehr verändert, nicht wahr?«sagte sie ganz leise zu der Herzogin; »aber ich bitte Sie, sprechen Sie auch nicht ein Wort davon, Sie würden meine arme Cäcilie beunruhigen. Wir werden sogleich in den Garten gehen und plaudern.«Die Herzogin drückte ihr die Hand.

»Immer dieselbe,« sagte sie.

Dann wandte sich die Herzogin gegen die Marquise, welche große Toilette gemacht hatte, machte ihr große Komplimente Ober ihr gesundes Aussehen und wandte sich dann an Cäcilie.

»Meine schöne Cäcilie,« sagte sie, »Sie haben Alles gehalten, was Sie versprochen haben. Kommen Sie, umarmen Sie mich und empfangen Sie meine Glückwünsche; denn ich weiß von den guten Duvals, welche mir gestern schon ihre Ehrfurcht bezeugten, daß sie ein vollendetes Mädchen geworden sind.«

Cäcilie nahte sich und die Herzogin küsste sie an die Stirne.

Sich hierauf an Frau von Marsilly zurückwendend, sagte sie:

»Meine liebe Baroness, und Sie, meine theure Marquise, erlauben Sie mir, daß ich Ihnen meinen Neffen, Herrn Heinrich de Sennones, vorstelle, welchen ich Ihnen als einen charmanten jungen Mann empfehle.«

Ungeachtet dieses gerade in das Gesicht gesagten Komplimentes verbeugte sich der Chevalier sehr zierlich und mit größtem Anstand.

Sie wissen, meine Damen, die die Herzogin für mich eine zweite Mutter war, und Sie werden daher über ihr übertriebenes Lob nicht staunen.«

Die Baronin und die Marquise grüßten ihn, und als er sich gegen Cäciliens Seite wandte, verneigte sich diese.

Ungeachtet der bescheidenen Ablehnung des Chevalier war man doch gezwungen, einzugestehen, das die Herzogin nicht zu viel gesagt habe, Heinrich hatte sein zwanzigstes Jahr vollendet, und er war ein schöner, junger Mann, an welchem man jene Eleganz der Manieren solcher Kinder bemerkt, welche, durch einen Hofmeister aufgezogen, das elterliche Haus nie verlassen haben und mit einer treueren Sorge auferzogen und bewahrt wurden, als man sie gewöhnlich bei der Erziehung auf den Universitäten findet. Heinrich war übrigens, wie der größte Teil der Emigranten, ohne Vermögen. Er hatte seine Mutter fast schon bei der Geburt verloren, sein Vater war guillotiniert worden, und er hatte von Niemand ein Vermögen zu erwarten als von einem Onkel, der sich nach Guadelupe begeben und, wie man sagte, durch große kommerzielle Spekulationen sein Vermögen verzehnfacht hatte. Vermöge einer besonderen Eigentümlichkeit seines Charakters hatte die er Onkel erklärt, daß sein Neffe von ihm nichts zu erwarten haben solle, wenn er sich nicht dem Handel widmen würde.

, Es ist leicht begreiflich, daß der Rest der Familie über eine solche Bedingung murrte, und daß man Heinrich de Sennones zu einem ganz andern Zweck erzogen hatte, als um aus ihm einen Zucker- und Kaffee Kramer zu machen.

Alle diese Einzelheiten wurden in jener gleich«gültigen Weise der Unterhaltung ausgetauscht, welche unter Leuten einer gewissen Welt gewöhnlich ist. Man wird leicht begreifen, daß die ganze Handelswelt von der Herzogin und ihrem Neffen mit vieler Leichtfertigkeit behandelt wurde, und daß die Marquise sich hierbei hervortat. Die Baronin und Cäcilie, welche empfanden, daß ein Teil ihrer Stichelreden auf die gute Familie falle, welche ihre gewöhnliche Gesellschaft war, machten sich wenig in die Unterhaltung, welche bald eine so scherzhafte Wendung nahm, daß die Baronin, um sie abzubrechen, sich des Arms der Herzogin bemächtigte und sie, wie sie bei der ersten Umarmung versichert hatte, in den Garten führte.

Die Marquise, Cäcilie uns Heinrich blieben allein.

Kaum hatte die Marquise Heinrich bemerkt, als sie vermöge ihrer eigen Opposition gegen die Projekte der Baronin zu sich selbst sagte, daß dieser der Mann sei, welcher sich für Cäcilie schicke, nicht aber ein Bürgerlicher, wie dieser Eduard Duval.

So wie die Baronin und die Herzogin aus dem Zimmer weggegangen waren, gab die Marquise der Sehnsucht nach, ihr geliebtes Kind glänzen zu lassen, und unter dem Vorwand, den Chevalier zu unterhalten, hieß sie dieselbe nach und nach ihre Stickereien und ihre Album herbeibringen.

Obgleich Heinrich, wie wir zu seinem Lobe zu sagen uns beeilen, die Meisterstücke der Stickerei während der langen Soireen in England und Deutschland zu würdigen gelernt und eine große Anzahl derselben bei seiner Tante hatte ausführen sehen, so war er doch über die Albums sehr erstaunt. Diese enthielten, wie wir bereits gejagt haben, die Abbildungen der schönsten Blumen, welche in Cäciliens Garten gewachsen waren, und jede Blume hatte ihren eigenen Namen, der unten angeschrieben stand. Überhaupt bemerkte Heinrich mit Überraschung, daß, wenn man so sagen darf, jede dieser Blumen eine eigentümliche, Physiognomie hatte, die mit dem ihr gegebenen Namen übereinstimmte. Er bat Cäcilie um die Erklärung dieser Eigentümlichkeit, und Cäcilie gab sie einfach und wahr, indem sie ihn, erzählte, wie sie in Mitte dieser Blumen aufgezogen worden sei, wie sie sich in ein intimes Verhältnis mit diesen frischen und duftenden Freundinnen gesetzt habe, wie sie, von Sympathie hingerissen, wenn man so sagen kann, sich bestrebt habe, die Freuden und die Leiden ihrer Lilien und Rosen kennen zu lernen, und wie sie endlich nach ihren Charakteren und ihren Abenteuern sie getauft und ihnen einen mit ihren Verhältnissen im Einklang stehenden Namen gegeben habe.

Heinrich hörte diese ganze Erklärung, wie wenn er eine bezaubernde Erzählung einer Fee hörte. Jedes andere Mädchen, welches ihm so etwas gesagt haben würde, hätte er für eine Närrin, oder für eine Zierpuppe gehalten; aber bei Cäcilien war es nicht so; man sah, daß das reine Kind sein Leben erzählte, seine Gefühle, seine Freuden und Leiden. Vielleicht lieh sie diese nur ihren Blumen, aber das war in gutem Glauben, und sie erzählte unter anderem Heinrich die Geschichte einer Rose, welche so unglücklich war, daß diese Geschichte ihm fast Tränen in die Augen trieb.

Die Marquise hörte dies Alles mit an, und versuchte von Zeit zu Zeit der Unterhaltung eine ändere Wendung zu geben; alle diese botanischen Abenteuer schienen ihr nachgerade fade und unzweckmäßig; aber Heinrich, der ihrer Meinung nicht war, führte ohne Unterlass die Unterhaltung auf diesen Gegenstand zurück, so neu und merkwürdig schien ihm die Sache, so sehr schien es ihm, daß er nicht mit einem menschlichen Geschöpfe, sondern im Gegenteile mit irgend einer phantastischen Schöpfung eines Ossian oder eines Goethe zusammen sei.

So wie indessen die Marquise das Wort Musik aussprach und das Piano öffnete, bat Heinrich, welcher selbst ein vortrefflicher Musiker war, Cäcilien ihm etwas zu singen.

Diese wußte nicht, um was sie gebeten werde. Sie wußte damals noch nicht, ob sie ein Talent hierzu besitze oder nicht; vielleicht wußte sie auch nicht, was Talent sei.

Wie die Malerei, so war musikalische Übung für Cäcilie ganz Gemütssache, und als sie nun eine oder zwei Romanzen und einige Abendgesänge mit einem Zauber und mit einer unendlichen Anmut gesungen hatte, fragte sie Heinrich mit der größten Einfachheit, ob sie ihn nicht etwas hören lassen wolle, was sie selbst gedichtet habe.

Cäcilie, ohne sich bitten zu lassen und ohne sich zu sträuben, ließ ihre Hände auf das Piano niedersinken, und begann eine jener besonderen Träumereien, wie sie sie oft auf dem melodischen Instrumente machte. Ein sanfter Takt mit einem dämpfenden Pedale zeigte an, daß es,Nacht sei. Alles Geräusch der Erde erstarben nach und nach, ein fast allgemeines Schweigen herrschte, welches nur das Murmeln eines Baches unterbrach; dann erhob sich in Mitte dieser erhabenen Ruhe der Dunkelheit der Gesang eines Vogels, eines melodischen, unbekannten Vogels, welcher weder die Nachtigall, noch die Grasmücke war. Ein Vogel, welcher in dem Herzen Cäciliens, wie ein Echo himmlischer Melodien sang, und dessen Stimme fast immer sagte: Glaube, Liebe, Hoffnung!

Als Heinrich diese eigenen Symphonien hörte, bedeckte er seine Stirn mit seinen beiden Händen, und als er sie wegnahm, ohne daran zu denken, eine Träne zu trocknen, die in den Wimpern seiner Augen zitterte, sah er Cäcilien den Kopf zurück gebeugt, die Blicke gen Himmel gerichtet uns die Augen feucht. Heinrich war auf dem Punkte, sich ihr zu Füßen zu werfen, und sie gleich einer Madonna anzubeten. In diesem Augenblick kamen die Baronin und die Herzogin zurück.

XIII.
Gott lenkt

Als die Herzogin de Lorges und Heinrich de Sennones abgereist waren, nachdem die Marquise und die Baronin sich in ihre Zimmer zurückgezogen hatten, als sich Cäcilie endlich allein fand, schien es ihr, daß in ihrem Leben eine große Änderung eingetreten sei. Aber wahrend sie darnach forschte, worin diese Änderung bestehe, fand sie es nicht, sie konnte es sich nicht sagen.

Ach, das erste Gefühl der Liebe war in das Herz des armen Kindes gekommen, und gleich dem ersten Strahle der Sonne zeigte es ihren Augen eine Menge von Dingen, welche bisher in der Nacht ihrer Gleichgültigkeit sich verloren hatten.

Zuerst schien es ihr, als bedürfe sie frische Luft; sie ging in den Garten. Eine Gewitterschwüle herrschte, ihre Blumen neigten sich auf ihren Stängeln, wie wenn auch für sie die Luft zu drückend wäre. Sonst tröstete sie Cäcilie, heute aber senkte Cäcilie den Kopf gegen die Brust, ohne Zweifel im Vorgefühle eines nahenden Gewitters.

Sie machte zweimal die Runde um ihre kleine Welt, sie setzte sich in ihre Laube, sie versuchte, dem Gesang einer Grasmücke zu folgen, welche auf einem Fliederbaume saß, allein es war wie eine Art von Schleier zwischen ihrem Geist und den Gegenständen, von denen sie umgeben war; sie war nicht mehr die Herrin ihrer Gedanken, es lag etwas Unbekanntes in ihr, welches neben ihr dachte; ihre Pulse schlugen Plötzlich so heftig, daß sie zitterte, als hätte sie ein Fieber. Einige große Regentropfen fielen und ein Donnerschlag ließ sich hören; Cäcilie hörte den Donner nicht, sie fühlte den Regen nicht; ihre beunruhigte Mutter rief sie, aber erst bei dem zweiten Rufe erkannte sie die Stimme derselben.

Als sie in den Salon zurück kehrte, sah sie noch ihr Album auf dem Tische, ihr Piano noch geöffnet. Sie betrachtete ihre Blumen, sie blieb bei den Seiten stehen, welche sie mit Heinrich betrachtet hatte, und ließ an ihrem Gedächtnisse Alles das vorüber ziehen, was sie dem jungen Manne gesagt und was er ihr geantwortet hatte.

Dann setzte sie sich an ihr Piano, ihre Finger fielen auf dieselben Tasten, und dieselbe melodienreiche Phantasie begann; aber sie war noch viel inniger, viel melancholischer, als die erste.

Bei dem letzten Ton ihrer Stimme, bei dem letzten Klange der Saiten empfand Cäcilie, daß sich eine Hand auf ihre Schulter legte; es war die Hand ihrer Mutter.

Die Baronin war noch viel blasser, als gewöhnlich, und lächelte auch viel trauriger, als sonst.

Cäcilie schauderte, sie glaubte, daß ihre Mutter mit ihr von Heinrich sprechen wolle.

Von Heinrich! In diesem Augenblicke von Furcht war es das erste Mal, daß der junge Mann sich so persönlich ihrem Geiste darstellte; bis jetzt lag ein Etwas von ihm in Allem umher gestreut, was sie umgab, allein dieses Etwas war unkörperlich, wie ein Dunst, unbetastbar, wie ein Duft.

Sie glaubte also, daß ihre Mutter von Heinrich mit ihr sprechen wolle.

Sie täuschte sich; ihre Mutter sprach nur von dem, was die Herzogin ihr gesagt hatte; diese wußte bestimmt, daß es für Ludwig XVIII. durchaus keine Hoffnung gebe, nach Frankreich zurückzukehren. Bonaparte's Macht befestigte sich von Tag zu Tag mehr, sie befestigte sich aber für seine eigene Rechnung. Die Herzogin, an das Haus der Gräfin von Artois geknüpft, hatte daher fast schon den Entschluss gefasst, im Ausland zu bleiben, und dies war auch der Entschluss, welchen die Baronin nehmen mußte.

Während dieser ganzen Unterredung war auch nicht ein Wort von Heinrich gesprochen worden, und dennoch schien es Cäcilien, daß jedes Wort, welches ihre Mutter sprach, auf ihn Bezug habe.

Jedes Wort, welches sie sprach, hatte aber auf Eduard Bezug.

In der Tat, wenn man Cäcilien gesagt hätte, daß die politischen Ereignisse fort fuhren, ihre Mutter in das Exil zu verurteilen, und eben so ihre Großmutter, so hieß es ihr sagen, daß die Projekte der Verbindung mit der Familie Duval mehr fest gestellt seien, als je, weil Cäcilie jetzt die pekuniären Verhältnisse kannte, in welchen sich die Baronin und die Marquise befanden.

Nebst dem fügte Frau von Marsilly einige Worte über ihre eigene Gesundheit bei, und nun wandte sich Cäcilie gegen ihre Mutter, betrachtete sie und vergaß Alles.

War es nun eine Folge ihrer vorgefassten Meinungen, oder war die Krankheit in jene Periode vor«gerückt, in welcher sie sich reißender entwickelt, die Baronin war, wie wir gesagt haben, schrecklich verändert, sie bemerkte den Eindruck, den ihr Anblick auf' ihre Tochter machte, und sie lächelte traurig.

 

Cäcilie stützte ihren^Kopf auf die Schulter ihrer Mutter und sing zu weinen an; in ihrem Herzen sprach es, aber die Lippen hatten die Kraft nicht, zu sagen: O, seien Sie ruhig, meine Mutter, ich werde Eduard heiraten.«

Ihr armes Kind machte einen großen Eindruck auf sie, denn man muß es gestehen, daß der Vergleich! welchen das Herz der Baronin zwischen dem Neffen der Herzogin de Zorges und dem Sohne des Herrn Duval gleich von dem ersten Anblicke des Ersteren an gemacht hatte, durchaus nicht zum Vorteile des Letzteren war; wohl waren Beide von demselben Alter, wohl hatten Beide eine ausgezeichnete Erziehung erhalten, wohl waren Beide schön, und dennoch bestand ein großer Unterschied zwischen Beiden. Der zwanzigjährige Eduard war noch ein furchtsamer, fast ein linkischer Schüler, während Heinrich ein junger, eleganter Mann und für die große Welt geschaffen war. Beide hatten eine ausgezeichnete Erziehung erhalten; aber Eduard hatte, wenn man so sagen darf, nur den materiellen Teil seiner Erziehung bewahrt, er wußte, was er gelernt hatte, und das war Alles; aber seine individuelle Organisation, sein eigener Geist hatte zu den erlangten Kenntnissen Nichts hinzugefügt. Was dagegen Heinrich wußte, und bei den wenigen Worten war es Cäcilien leicht gewesen, zu sehen, daß er viel wisse, so hätte man sagen können, daß er es immer gewusst habe, und daß jedes Ding, von seinem Geiste aufgefasst und verbessert, einen neuen Wert durch die glückliche Organisation erhalten habe, welche sich mit ihm beschäftigte. Beide waren schön, allein Eduard war von jener bedeutungslosen Schönheit, welche sich merkwürdiger Weise mit der Gemeinheit der Physiognomie verbindet, während Heinrich die ausgezeichnete Schönheit besaß, welche die Race allein gibt und die physische Erziehung entwickelt; kurz, um in zwei Worten Alles auszudrucken, der Eine hatte gewöhnliche Manieren, der Andere die eines vollkommenen Edelmannes.

Als am kommenden Sonntage Eduard mit seinen Eltern kam, da war es, wo der Unterschied Cäcilien bemerklich wurde, und um so bemerklicher werden mußte, als die Marquise gegen ihre Gewohnheit diesmal herbei gekommen war, und, mag es Zufall, oder mag es Berechnung gewesen sein, den Augenblick benutzte, in welchem Herr Duval einen Gang in das Dorf, und Madame Duval mit der Baronin einen Spaziergang im Garten machte, um die Scene zu wiederholen, welche mit Heinrich statt gehabt hatte. Instinktmäßig hatte Cäcilie immer ihre Talente vor Eduard geheim gehalten, aber diesmal mußte sie in Folge der Aufforderung ihrer Großmutter, ihr Album aus dem Pulte hervor ziehen und die schönen Blumen an das Tageslicht bringen, welche es umschloss. Aber Eduard, indem er Cäcilien die Komplimente machte, welche die schöne Ausführung verdiente, begriff den Gedanken nicht, der diese Blumen geschaffen hatte, obgleich die Namen am Ende jeder Seite geschrieben standen. Cäcilie begriff, daß jede Erklärung in dieser Hinsicht nutzlos sein würde, und machte nicht einmal den Versuch, dem jungen Manne den verborgenen und innigen Sinn anzudeuten, in welchem sie zu ihm sprechen wollte, als er noch Kind war und so viel darüber gelacht hatte. Alle diese Blumen, welche nach und nach an den Augen Eduards vorüber gingen, waren also nichts, als eine Reihe von Bildern, weite mehr oder weniger gut illuminiert waren. So hatte sie Heinrich nicht betrachtet. Die Marquise, welche die jungen Leute nicht aus den Augen verlor, bemerkte, welchen Eindruck Eduards Prosaismus auf ihre Enkelin machte; obgleich sie für sich selbst die ganze poetische Zartheit nicht begriff, welche Cäcilie an dem jungen, ihr bestimmten Manne vermisste, so sah sie doch, daß sein Prosaismus ihr wehe tue; sie entschloss sich daher, ihn bis auf den Grund bloß zu stellen, und als das Album geschlossen war, bat sie Cäcilien, sich an das Piano zu setzen. Zum ersten Male weigerte sich Cäcilie; sie hatte noch nie vor Eduard gesungen, und obgleich Eduard jedes mal bei seiner Hierherkunft das Piano gesehen, so hatte er doch an das junge Mädchen noch nie eine Frage in diesem Betreff gestellt. Als jedoch die Marquise den Vorschlag machte, unterstützte er ihn sehr artig, und so, daß Cäcilie nicht anders konnte, und diesen doppelten Bitten nachgab.

Mit dem Gesang war derselbe Fall, wie mit den Zeichnungen. Eduard applaudierte und lobte Cäcilie ungemein, aber er applaudierte und lobte sie, wie ein Mensch, der sie nicht verstanden hatte. Je ungestümer seine Lobeserhebungen und sein Beifall wurde, um so weher taten sie Cäcilien, weher, als wenn er geschwiegen hätte.

So kam es, daß, als die Marquise ihre Enkelin bat, die Symphonie zu spielen, welche sie drei oder vier Tage früher gespielt hatte, oder wenigstens etwas dergleichen, Cäcilie für dies Mal standhaft sich weigerte. Einen Augenblick stand Eduard der Marquise aus Höflichkeit bei, allein da er nur ein sehr mittelmäßiger Freund der Musik war, bestand er nicht mit indiskreter Weise darauf. Übrigens muß man sagen, daß, wenn er darauf bestanden hätte, Cäcilie auf ihrer Weigerung beharrt haben würde, weil es ihr eine Entweihung geschienen hätte, vor Eduard das zu singen, was sie vor Heinrich gesungen hatte. Sie zeigte eine wahrhaft dankbare Gesinnung gegen ihre Mutter, als diese mit Madame Duval herein kam und durch ihre Gegenwart den Bitten ein Ende machte, durch welche sie das erste Mal, ohne daß man sich einen Grund hiervon denken konnte, ihre Großmutter ermüdete.

Der Rest des Tages ging, wie gewöhnlich vorüber, nur wurde es Cäcilien, trotz der Mühe, die sie sich gab, unmöglich, ihre Geistesabwesenheit zu verbergen. Übrigens bemerkte diese Niemand, ausgenommen die Baronin und die Marquise.

Die Baronin war sehr ermüdet und begab sich auf ihr Zimmer, so wie die Duvals fort waren, Cäcilie begleitete sie in ihr Zimmer und bemerkte, daß ihre Mutter sie von Zeit zu Zeit mit Unruhe betrachtete. Woher kam dieser ungewöhnliche Blick? Sie hatte gute Lust, ihre Mutter um den Grund zu fragen, aber ihre drei oder vier Mal,zu dieser Frage geöffneten Lippen schlossen sich wieder, ohne es getan zu haben.

Die Baronin beobachtete Stillschweigen, aber als sie sich trennten, schloss sie ihre Tochter viel heftiger in ihre Arme, als sie es sonst gewohnt war, und als sie ihr den Kuß auf die Stirne drückte, stieß sie einen tiefen Seufzer aus.

Cäcilie ging aus dem Zimmer ihrer Mutter, um in ihr Zimmer zu gehen; aber in dem Korridor traf sie Mademoiselle Aspasia, welche sie im Namen ihrer Gebieterin bat, zu dieser zu kommen.

Die Marquise lag zu Bett und las; sie hatte früher, die kokette Gewohnheit gehabt, welche dem achtzehnten Jahrhundert ganz eigentümlich war, im Bett ihre Besuche zu empfangen, und diese Gewohnheit hatte sie beibehalten, obgleich sie sechzig Jahre alt war und niemand mehr empfing. Übrigens waren alle ihre aristokratischen Erinnerungen an eine andere Zeit für die Marquise so natürlich, daß sie dadurch nicht lächerlich wurde.

Als sie Cäcilie gewahrte, legte sie ihr Buch unter ihr Kopfkissen, gab ihrer Enkelin ein Zeichen, sich zu ihr zu setzen, und das junge Mädchen gehorchte.

»Sie haben mich rufen lassen, gute Großmutter?«sagte Cäcilie, indem sie die auf der Bettdecke liegende Hand derselben, die noch Zeichen der ehemaligen Schönheit, in Folge der außerordentlichen Sorge trug, welche die Marquise dafür hatte, küßte; ich hatte einen Augenblick gefürchtet, Sie möchten unwohl sein, aber Ihr gutes Aussehen zeugt von dem Gegenteile.«

»Das täuscht Dich, mein gutes Kind, ich habe schreckliche Vapeurs, ich kann diese Duval's nicht sehen, ohne daß mir ihr Anblick schon meine Migräne zuzieht; um so schlimmer ist es, wenn ich sie höre.«

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