Wann die Zeiten wehen

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Wann die Zeiten wehen
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Erich Rudolf Biedermann

WANN DIE ZEITEN WEHEN

Historischer Roman

Imprint

Wann die Zeiten wehen

Erich Rudolf Biedermann

published by: epubli GmbH, Berlin

www.epubli.de

Copyright: © 2012 Erich Rudolf Biedermann

ISBN 978-3-8442-4432-8

Lektorat: Erik Kinting / www.buchlektorat.net

Titelgestaltung: Erik Kinting

Inhaltsverzeichnis

Imprint

Inhaltsverzeichnis

Vorwort

Studentenjahre

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Unterwegs

Kapitel 9

Kapitel 10

Kapitel 11

Kapitel 12

Kapitel 13

Kapitel 14

Kapitel 15

Kapitel 16

Kapitel 17

Kapitel 18

Kapitel 19

Kapitel 20

Kapitel 21

Kapitel 22

Kapitel 23

Kapitel 24

Kapitel 25

Kapitel 26

Kapitel 27

Kapitel 28

Kapitel 29

Kapitel 30

Kapitel 31

Kapitel 32

Kapitel 33

Kapitel 34

Kapitel 35

Kapitel 36

Kapitel 37

Kapitel 38

Kapitel 39

Kapitel 40

Kapitel 41

Kapitel 42

Kapitel 43

Kapitel 44

Kapitel 45

Kapitel 46

Kapitel 47

Kapitel 48

Kapitel 49

Kapitel 50

Kapitel 51

La montagne est passé …

Kapitel 52

Der Autor

Vorwort

Von der konzeptionellen Idee bis zur Fertigstellung dieses Buches, verging ein halbes Leben. Schon während meiner Studentenzeit hatte mich das abenteuerlich-bewegte Leben eines älteren Kommilitonen und Kriegsteilnehmers fasziniert. Bereits damals spielte ich mit dem Gedanken, es einmal literarisch aufzugreifen.

Diese Absicht war lange im Druck beruflicher Belastung untergegangen. Als ich meinen Studienkollegen dann nach Jahrzehnten wiedertraf, dachte ich erneut an die Verwirklichung meines Vorhabens. Mein Freund war davon wenig begeistert. Erst nach gutem Zureden war er bereit, Vergangenes wieder lebendig werden zu lassen. Danach saßen wir öfters beisammen — er berichtete und ich versuchte seine von der Zeit getrübten Berichte in einen logischen Kontext zu bringen und Lücken zu schließen.

Als das Manuskript des Buches endlich stand, erschien es einem kritischen Lektor überdimensioniert, danach sah ein erfahrener Buchautor den Inhalt zu straff erzählt. Der Handlung fehle das Fleisch.

Natürlich habe ich die Ratschläge meiner Kritiker, soweit ich es vor mir vertreten konnte, angemessen berücksichtigt und so hege ich die unbescheidene Hoffnung, dass der Roman nunmehr meinen verehrten Lesern gefallen möge.

Erich Rudolf Biedermann

München, im Herbst 2012

Studentenjahre

Kapitel 1

An einem Herbstnachmittag des Jahres 1958 fragte mich ein Kommilitone, ob ich Lust auf ein Tennismatch hätte. Wir wohnten damals beide im gleichen Münchner Studentenheim, doch ich kannte den Frager bisher nur vom Sehen. Es lag wohl auch daran, dass er nicht wie ich Volkswirtschaft, sondern Medizin studierte. Abgesehen davon, war er erheblich älter als ich.

Von nun an spielten wir öfters miteinander Tennis. Bei unseren sportlichen Kontakten stellte sich heraus, dass uns neben der Begeisterung für den weißen Sport, auch viele andere Interessen verbanden. So diskutierten wir gerne über die Münchner Kulturszene oder unterhielten uns über das aktuelle Fußballgeschehen. Zudem war uns ein ausgeprägtes Interesse am schöneren Geschlecht gemein. Wir unterschieden uns darin nicht von den allermeisten Studenten unseres Heims. Was meinen neuen Bekannten aber auszeichnete und über den Durchschnitt unserer Mitbewohner hinaushob, war sein ungewöhnlicher Erfolg bei jungen Damen. Trotz seines Alters galt er im Studentenheim als berüchtigter Herzensbrecher.

Ältere Studenten waren während dieser Zeit keine Seltenheit. Viele Jugendliche hatten während des Zweiten Weltkrieges ein Notabitur gemacht und waren danach zu den Waffen gerufen worden. Manche hatten sich auch freiwillig zum Wehrdienst gemeldet. Waren sie anfangs froh, dem Schulalltag Adieu sagen zu können, so folgte das bittere Ende oft auf dem Fuße. Viele dieser Unerfahrenen fielen, wie es damals hieß, für Führer, Volk und Vaterland. Die endlosen Gräberreihen auf den Soldatenfriedhöfen Europas zeugen noch heute von ihrem schrecklichen Schicksal. Diejenigen, die das Glück hatten mehr oder weniger heil nach Hause zu kommen, standen vor den Trümmern eines zerstörten beruflichen Lebens. Ein Teil von ihnen schrieb sich an Hochschulen ein und begann, mangels beruflicher Alternativen, mit einem Studium.

Einer dieser späten Studenten war mein Tennispartner. Mit seiner athletischen Figur, seinen grau-blauen Augen und den blonden Haaren, die meist zerzaust über die Stirn fielen, war er ein Mann, der gefiel. Seine durch die Jahre härter gewordenen Gesichtszüge verliehen ihm den Ausdruck von Verwegenheit. Jedoch wurde dieser eher martialische Eindruck, durch seine Art sich zu artikulieren, angenehm überdeckt. Auf Äußerlichkeiten legte er wenig Wert und seine nachlässige Kleidung schien junge Damen nicht zu stören. Es war wohl seine Ausstrahlung und die Art sich zu geben, die sie anzog und bewog, ihn in seiner Studentenbude zu besuchen. Seine Freundinnen waren durchwegs hübsch und gaben uns anderen Mitbewohnern oft Anlass zu Neid. Es war einfach nicht nachvollziehbar, weshalb sich das weibliche Interesse derart auf ihn konzentrierte, obwohl es im Hause doch ansehnliche Alternativen gab.

 

Kapitel 2

Mein Freund zeigte sich vom Tennissport geradezu besessen. Wann immer es das Wetter zuließ, war er auf der Suche nach einem Mitspieler. Natürlich sprach sich sein Faible im Studentenheim herum und es dauerte nicht lange, bis ihm scharfzüngige Kommilitonen den Spitznamen Tenniscrack oder kurz Crack anhängten.

Eigentlich hieß er Nikolaus Bisdorff und stammte aus dem Baltikum. Ich rief ihn Niki, weil er seinen Spitznamen nicht so gerne hörte. Mit der Zeit freundeten wir uns an, wobei der Altersunterschied von rund zwanzig Jahren nicht störte. Rivalitäten, wie sie bei Gleichaltrigen auftreten können, gab es bei uns nicht. Natürlich imponierte auch mir sein Glück bei Frauen, doch nach der Maxime ein Gentleman schweigt, sprach er nie über seine Eroberungen und war klug genug, sich nie damit zu brüsten.

Trotz allem Trainingsfleißes machte Niki auf dem Tennisplatz nur mäßige Fortschritte. Der Grund lag wohl darin, dass wir uns nie einen Trainer leisten konnten und deshalb immer wieder die gleichen Fehler machten. Eine Freundin, der ich unvorsichtigerweise einmal von unseren sportlichen Aktivitäten erzählt hatte, beobachtete uns eines Tages und zeigte sich danach wenig beeindruckt.

„Ihr spielt beide schlecht!“, kritisierte sie auf ihre direkte bayerische Art, „von euch ist keiner besser als der andere.“

Kapitel 3

Wir befanden uns wieder einmal auf dem Tennisplatz, als sich dort unerwarteter Besuch einstellte. Nikis neue Freundin Maggy gab sich die Ehre. Die junge Frau, sie mochte Anfang dreißig sein, erinnerte mit ihrem hübschen Gesicht, dem herzförmig geschminkten Mund, ihren blonden Haaren und ihrer hübschen Kleidung an eine Vorführdame in einem Modejournal.

„Hallo, endlich habe ich dich gefunden“, begrüßte sie Freund lebhaft.

Niki machte mich mit ihr bekannt, doch sie hatte nur Augen für ihn und beachtete mich kaum.

„Ich würde gerne mitspielen, mein Tenniskleid habe ich schon mitgebracht“, meinte sie mit einem bezaubernden Lächeln. Ehe wir uns dazu äußern konnten, war sie auch schon zu den Umkleidekabinen unterwegs. Als sie dann in Tennisröckchen und weißer Bluse wieder vor uns stand, schlug Niki ein halbes gemischtes Doppel vor. Zunächst wollte er zusammen mit Maggy beginnen.

Doch unser Spiel klappte nicht. Meine Doppelpartner verfehlten öfters den Ball, und wenn sie trafen, kamen oft skurrile Ballwechsel zustande, bei denen auch ich keine gute Figur machte. Unser spaßiges Spiel zu dritt lockte bald einige Zaungäste an, die sich auf wenig höfliche Art über unsere Tenniskünste amüsierten.

„Ich habe noch nie Doppel gespielt“, meinte Niki schließlich entnervt zu mir, „jetzt solltest du es einmal mit Maggy versuchen.“

Auch ich hatte keine einschlägige Spielpraxis, doch schon aus kollegialen Gründen wollte ich sein Ansinnen nicht ausschlagen. Wie zu erwarten, wurde unser Spiel aber nicht besser, im Gegenteil, und unsere Zuschauer amüsierten sich immer ungehemmter, wenn wir vergeblich nach misslungenen Bällen hechteten. Während Niki und mir der Schweiß auf der Stirne stand, schien unser stümperhafter Auftritt Maggy überhaupt nichts auszumachen. Und als wir später entnervt den Platz verließen, winkte sie unseren ungalanten Zaungästen freundlich zu.

Maggy und Niki hatten sich erst vor wenigen Wochen auf der Veranstaltung einer Münchner Wohlfahrtsorganisation kennengelernt, die Spenden für in Not geratene Verbrechensopfer sammelte. Niki war als Hilfskellner engagiert gewesen und hatte den geladenen Gästen Getränke serviert. Maggys gepflegte Schönheit war ihm sofort aufgefallen. Während des Abends war sie meistens alleine, weil ihr Mann, ein höherer Kriminalbeamter, ständig im Saal unterwegs und dort in Gespräche verwickelt war. Maggy langweilte sich und wenn sie ab und zu mit ihrem Ehemann einige Sätze wechselte, war zu erkennen, dass es mit der ehelichen Harmonie nicht zu stimmen schien. Aus Erfahrung wusste Niki, dass verheiratete Frauen am ehesten zu erobern waren, wenn bei ihnen der Haussegen schief hing. Als er mit ihr im Laufe des Abends ins Gespräch kam und sie für den nächsten Nachmittag in ein Café einlud, zeigte sie Interesse und nahm die Einladung an. Nach zwei weiteren Tagen besuchte sie ihn im Studentenheim.

Maggy war von ihrem neuen Liebhaber begeistert. Er stellte das Gegenteil zu ihrem spröden Gatten dar, der als Bürohengst, wie sie ihn abfällig nannte, nur seine Akten im Kopf hatte und an den schönen Dingen des Lebens vorüberging. Anstatt während der Abende etwas zu unternehmen, hatte er sich das Rotweintrinken angewöhnt. Nach dem Leeren einer Flasche schlief er regelmäßig während der Zeitungslektüre oder vor dem Fernseher ein. Hinzu kam seine krankhafte Eifersucht, die Maggy auf ein berufsbedingtes Misstrauen gegenüber seinen Mitmenschen zurückführte. Bei Niki war das nun alles anders. Bei ihm stand sie im Mittelpunkt, zudem verstand es ihr Liebhaber auf ihre bislang unterdrückten weiblichen Sehnsüchte einzugehen. Das intensive Sexualleben in seiner Studentenbude empfand sie als hinreißendes Lebensgefühl.

Eines Nachmittags war Niki mit seinem Fahrrad im Westen Münchens, in der Nähe von Maggys Wohnung, unterwegs. Spontan und ohne sich Gedanken über sein plötzliches Kommen zu machen, entschloss er sich ihr einen Besuch abzustatten. Schon lange interessierte ihn wie sie wohnte und natürlich hoffte er auf ein schnelles Abenteuer.

„Weshalb kommst du her?“, begrüßte ihn Maggy reserviert und wenig begeistert, „Du weißt, mein Mann kommt unregelmäßig nach Hause und mit ihm ist nicht gut Kirschen essen.“

Doch Niki tat ihre Bedenken ab, drängte in die Wohnung und kam dort im Wohnzimmer zur Sache. Mit geübter Hand streifte er ihren Slip ab und um den Größenunterschied zwischen ihnen auszugleichen, setzte er sie auf seine ineinander verschlungenen Hände, hob sie in die passende Position und drang in sie ein. Während er mit dem Rücken an der Zimmerwand lehnte, unterstützte sie seine kräftigen Bewegungen mit ihren Beinen. Von seiner spontanen Art überrumpelt, gab sich die Überraschte dem unerwarteten Vergnügen hin und sie waren mitten im Liebesspiel, als im Flur plötzlich Geräusche zu hören waren.

Mit einem leisen Schrei löste sich Maggy. „Mein Mann! Versteck´ dich!“ Blitzartig schob sie Niki in ein angrenzendes Zimmer.

Wie er sofort feststellte, war es das Schlafgemach des Ehepaares. Ein Kleiderschrank, das Ehebett und ein großer Toilettentisch mit Spiegel waren die einzigen Einrichtungsgegenstände. Wo wollte er sich hier verstecken? Auch im angrenzenden Badezimmer ließ sich kein Schlupfwinkel entdecken und es gab auch keinen weiteren Ausgang. Er war gefangen und Panik erfasste ihn. Ohne zu überlegen öffnete er das Fenster des Schlafzimmers und sprang hinaus. Er wusste nicht wohin er sprang, doch er spürte es sofort. Unter dem Fenster waren Heckenrosenbüsche gepflanzt, in die er der Länge nach stürzte. Heftiger Schmerz durchfuhr ihn, doch er rappelte sich sofort wieder hoch und bahnte sich einen Weg durch das Gestrüpp.

Maggys Ehemann hatte nichtsahnend das Wohnzimmer betreten, doch als er das entgeisterte Gesicht seiner Frau und den am Boden liegenden Schlüpfer sah, erfasste er die Situation blitzschnell.

„Wo ist der Kerl?“, fuhr er Maggy an und versetzte ihr eine Ohrfeige.

Die völlig Verstörte brachte zunächst kein Wort über die Lippen und begann dann hysterisch zu schreien. Ihr Mann blickte um sich und riss dann die Tür zum Schlafzimmer auf. Als er das offene Fenster sah, griff er nach seiner Dienstpistole und machte sich an die Verfolgung des Nebenbuhlers.

Niki war in der Zwischenzeit um den Häuserblock zu seinem Fahrrad gelaufen, das er am Eingang des Hauses abgestellt hatte. Es war höchste Zeit das Weite zu suchen, denn der Ehemann kam, mit der Pistole in der Hand, bereits aus dem Haus gestürzt.

„Halt, du verdammtes Schwein, bleib´ stehen, oder ich schieße!“, brüllte er hinter dem Flüchtenden her. Doch Niki kümmerte sich nicht darum, sondern trat mit aller Macht in die Pedalen. Um seinem Verfolger kein festes Ziel zu bieten, fuhr er in Schlangenlinien von einer Straßenseite auf die andere. Über mehrere Umwege gelangte er schließlich wieder ins Studentenheim und versteckte sein Fahrrad dort im Keller.

Als er kurz danach in meiner Studentenbude erschien, keuchte er vor Anstrengung. Blut klebte an Stirn und Händen und seine Jacke war an mehreren Stellen zerrissen. Allmählich beruhigte er sich. Seine Verletzungen versorgte ich mit Jod und Heftpflaster und die Risse in seiner Kleidung waren für ihn nicht der Rede wert.

Während Niki sein Abenteuer glimpflich überstand, musste Maggy für ihren Seitensprung schwer büßen. Der Gatte verprügelte sie und für mehrere Tage konnte sie, wegen mehrerer Hämatome an Gesicht und Körper, das Haus nicht verlassen. Trotz seines ständigen Drängens, den Namen ihres Liebhabers preiszugeben, schwieg Maggy standhaft. In seiner Eifersucht gebärdete sich ihr Mann wie ein Irrer und verdächtigte fast jeden männlichen Bekannten als potenziellen Nebenbuhler. Zur Strafe sollte Maggy die Wohnung nicht mehr alleine verlassen. Erst nach einer Pause von drei Wochen gelang es ihr, Niki im Studentenheim wieder zu besuchen. Zwar ging ihr Liebesleben dort wieder seinen gewohnten Gang, doch sie bestand darauf, die gemeinsamen Nachmittage in meiner Studentenbude zu verbringen. Während dieser Zeit zog ich dann in Nikis Zimmer und versuchte mich dort auf meine Arbeit zu konzentrieren.

Das Ende ihrer Beziehung kam wie ein Blitz aus heiterem Himmel: Mit einem Mal ließ sich Maggy von ihrem Mann scheiden. Der Grund war aber keineswegs Niki. Anlass war ein begüterter Witwer, den Maggy erst kürzlich bei einer Freundin kennen gelernt hatte und der am Bodensee ein luxuriöses Landhaus und ein Gestüt besaß. Der Wohlsituierte war von ihr sofort begeistert gewesen und als er der Überraschten einen Heiratsantrag machte, sagte sie auf der Stelle ja.

Niki war über Maggys Verhalten außer sich und der verletzte Stolz des abgehalfterten Liebhabers kochte in ihm hoch. Wer war er denn, das sie so mit ihm umspringen konnte? War das die Liebe, von der sie immer gesprochen hatte? Wie konnte er sich nur so täuschen lassen?

Auf seine emotionalen Ausbrüche reagierte Maggy kühl und als er sie schließlich um eine letzte Aussprache bat, schlug sie ihm auch diese ab. Noch vor ihrer Scheidung zog sie zu ihrem künftigen Mann an den Bodensee.

Erst nach vielen Jahren begegnete Niki seiner früheren Geliebten wieder. Während eines sonntäglichen Spaziergangs in Münchens Englischem Garten traf er Maggy und Ihren Mann am Chinesischen Turm beim Kaffeetrinken. Das Ehepaar verbrachte, nach dem Besuch einer Opernaufführung, einige Tage in der Stadt. Aus dem biegsamen Geschöpf von einst war eine vollschlanke resolute Dame geworden, die ihren Mann, einen inzwischen weißhaarigen Zausel, nach Lust und Laune kommandierte. Ihre autoritäre Art schien ihm jedoch nichts auszumachen. Im Gegenteil, er schien glücklich, wenn die Gattin alles in seinem Sinn regelte.

Nach den ersten befangenen Sätzen wurde es dann doch ein angenehmes Wiedersehen, bei dem selbstverständlich jeder Hinweis auf die gemeinsame Vergangenheit taktvoll vermieden wurde. Beim Abschied lud ihn Maggy sogar zu einem Besuch an den Bodensee ein. Der Ehemann hatte nichts dagegen und als Niki einige Wochen später der Einladung folgte, hatte er Gelegenheit, das stilvolle Landleben auf einem Gestüt kennenzulernen.

Jetzt verstand er auch Maggys damalige Entscheidung, ihn Hals über Kopf zu verlassen. Was hätte er ihr außer Sex bieten können? Gewiss wäre ihre Beziehung nicht von Dauer gewesen. Wie er sich kannte, hätte er sich nach gegebener Zeit, eine andere gesucht. Hier hingegen führte sie, im Kreis kultivierter und vermögender Freunde, ein Leben wie Gott in Frankreich und erfreute sich einer hoch geachteten gesellschaftlichen Position. Bei einigen Ausritten unterhielten sie sich über Gott und die Welt. Von den Umständen ihrer Trennung oder gar einer Wiederbelebung der alten Beziehung war jedoch nie die Rede.

Kapitel 4

Nikis frustrierende Enttäuschung wegen Maggy hielt nicht lange an. Sein verletztes Ego lechzte nach Selbstbestätigung. Die aus seinem Bemühen um Frauen resultierenden Beziehungen waren in der Regel aber von so kurzer Dauer, dass deren Ende und der Beginn einer neuen Liaison ineinander übergingen. Es kam deshalb ständig zu stürmischen Auseinandersetzungen mit den jeweils Enttäuschten, was Niki aber nicht viel auszumachen schien.

 

In diesem Beziehungskarrussell gab es eine Ausnahme. Marga, so hieß die junge Dame, war in der Tat etwas Besonderes. Niki hatte sie auf einem Sommerfest der Universität kennengelernt. Sie studierte Betriebswirtschaft, kam aus gutem Hause, hatte eine makellose Figur und sah blendend aus. Wenn sie ihr schulterlanges blondes Haar zu einem Knoten hochsteckte, glich sie in ihrer schlanken Anmut einer antiken Liebesgöttin, die in marmorner Vollkommenheit die Jahrhunderte überdauert hatte. Wegen ihrer grazilen Schönheit nannte sie Niki mein Schwanenhals.

Neben ihrem Liebreiz besaß Marga ein Charaktermerkmal, das man bei ihr, auf dem ersten Blick, nicht vermutet hätte: Sie verfügte über eine ausgeprägte Willensstärke, wusste immer, was sie wollte, und war nur ungern zu Kompromissen bereit. Nach Wochen des ersten Liebesglücks befriedigte sie die perspektivlos dahinplätschernde Beziehung nicht mehr, und sie begann, sich Gedanken über eine gemeinsame Zukunft zu machen. Sicher wurden diese Überlegungen auch von ihrer Familie bestärkt, die das lose Verhältnis der Tochter gern in eine feste Beziehung umgemünzt sehen wollte. Wie es sich in guten Kreisen gehörte, sollte sich das Paar verloben, nach angemessener Frist heiraten und natürlich auch Kinder haben. Bis zu Nikis Examen wären Margas vermögende Eltern für den Unterhalt der jungen Familie aufgekommen und selbstverständlich hätten sie auch bei der Einrichtung einer ärztlichen Praxis des Schwiegersohns eine finanzielle Hilfestellung gegeben. Für die Verwirklichung dieses Lebensplans hätte Marga sogar ihr Studium an den Nagel gehängt. Allein Nikis bohemienhafter Charakter konnte sich mit ihren Vorstellungen nicht anfreunden. Er wollte vor allem keine Einengung seiner persönlichen Freiheiten hinnehmen. Eine Heirat hätte ihn gebunden und sein Studium nur noch weiter verzögert. Familie und Kinder wären da ein Klotz am Bein gewesen. Zunächst wollte er sein Studium abschließen, was danach kam, würde die Zukunft schon zeigen.

Diese unterschiedliche Sicht der Dinge führte regelmäßig zu Streit, und weil seine Freundin unbeirrt an ihren Ansichten festhielt, brach Niki die Beziehung schließlich ab. Für Marga bedeutete die Trennung eine Katastrophe. Mit aller Macht wehrte sie sich gegen das Ende ihrer Beziehung und versuchte zu retten, was nicht mehr zu retten war — Niki war nämlich schon wieder auf Freiersfüßen gewesen. Allerdings genoss die neue Freundin im Studentenheim nicht den allerbesten Ruf. Regelmäßig nahm sie an den gesellschaftlichen Veranstaltungen im Hause teil und hatte dort schon zwei Liebschaften hinter sich. Meistens erschien sie in Begleitung einer ansehnlichen Busenfreundin, die es mit Männerbekanntschaften ebenfalls recht locker nahm. Wohl deshalb hatten ihnen die Studenten den eher unpassenden Spitznamen die beiden Mistamseln angehängt.

Als Marga wieder einmal bei Niki vorbeikam, fand sie die Tür zu seiner Studentenbude verschlossen. Die nach außen dringenden Geräusche waren aber eindeutig und nicht zu überhören. Weinend erschien die maßlos Enttäuschte in meiner Stube. Ich ahnte bereits den Grund.

„Wusstest du, dass er eine andere hat?“, fragte sie nach einer Weile.

Ich wagte nicht, mit der Wahrheit herauszurücken, setzte mich neben sie und legte tröstend den Arm um ihre Schultern. Sie tat mir von Herzen leid.

„Dieser gemeine Schuft, zumindest hätte er es mir sagen können“, brach es aus ihr hervor, „nun muss ich auch noch erleben, wie er es mit einer anderen treibt. Ist das nicht widerlich?“

„Ich kann nicht verstehen, weshalb er sich mit dieser Gans eingelassen hat, im Vergleich zu dir ist sie eine Null. Er hätte doch keine Bessere finden können, als dich“, versuchte ich zu trösten.

Meine Worte halfen ein bisschen.

„Kann sein“, meinte sie, „jedenfalls danke ich dir.“

Allmählich beruhigte sie sich.

„Jetzt ist aber endgültig Schluss! Er wird mich kennenlernen!“, sagte sie nach einer Weile bestimmt.

„Was hast du vor?“

„Ich nehme mir einen anderen. Er soll nur nicht glauben, dass ich keinen finde.“

„Marga, du bist eine wunderschöne Frau und jeder im Studentenheim wäre glücklich, wenn er dich als Freundin hätte. Du bist überhaupt nicht auf ihn angewiesen.“

Lange herrschte Schweigen, doch ich merkte, wie es in ihrer Seele kochte.

„Weshalb kann er nicht so sein wie du?“, fragte sie plötzlich.

„Wie meinst du das?“

„Ich kann es dir jetzt ja sagen“, meinte sie zögernd, „manchmal überlegte ich schon, wie es wäre, wenn du mein Freund wärst. Sicher wären mir die vielen Streitereien erspart geblieben.“

Ich war über dieses Geständnis überrascht und auch nicht sicher, ob ihre Meinung so ganz zutraf.

Unvermittelt nahm sie meine Hand. „Weißt du, was ich jetzt möchte?“

„Nein, aber du wirst es mir sagen.“

„Komm´, geh’n wir ins Bett, ich möchte mit dir schlafen. Das bringt mich auf andere Gedanken!“

Ich glaubte nicht richtig gehört zu haben, doch es war klar, dass sie es Niki heimzahlen und ihren Rachefeldzug mit mir beginnen wollte.

„Nein, Marga, gerade weil ich dich so gern habe, machen wir das lieber nicht. Ich könnte dir sonst nie wieder in die Augen sehen.“

Sie schien einen Augenblick enttäuscht, doch dann nickte sie. Und als sie mich nach einer Stunde verließ, ging es auch mir hundeelend.

Am späteren Abend, als Niki bei mir auftauchte, sparte ich nicht mit Vorwürfen. Bewusst erzählte ich ihm von Margas Wunsch, mit mir ins Bett zu gehen. Er schien darüber betroffener, als er es sich anmerken lassen wollte.

Sein Verhältnis mit der einen Mistamsel dauerte wie üblich nur kurze Zeit. Schon nach zwei Wochen befand sie sich in der gleichen Situation wie ihre Vorgängerin. Als sie dann eines Abends an meine Tür klopfte und sich über die Untreue Nikis beklagte, tat sie mir leid. Helfen konnte ich indes auch diesmal nicht.

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