Mein neuer Job - Die unerhörte Geschichte der Sabine G.

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Из серии: Kleider machen Huren #3
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Mein neuer Job - Die unerhörte Geschichte der Sabine G.
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Victoria Trenton

Mein neuer Job - Die unerhörte Geschichte der Sabine G.

Kleider machen Huren, Band 3 der Trilogie

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Inhaltsverzeichnis

Titel

Prolog

Kapitel 1 – Vorstellungsgespräch

Kapitel 2 – Anfang der Probezeit

Kapitel 3 – ein paar Besonderheiten bei der Arbeiten

Kapitel 4 – die Betriebsärztin

Kapitel 5 – hinterlassene Ungereimtheiten des Vorgängers

Kapitel 6 – der Chef, die Haushälterin und das Videoüberwachungssystem

Kapitel 7 – der große Tag

Kapitel 8 – Szenen eine Ehe

Kapitel 9 – erstes Treffen mit Madame Elle

Kapitel 10 – das neue Hobby

Kapitel 11 – besonderer Einsatz beim Verkauf eines Hotels

Kapitel 12 – Pornodreh bei Madame Elle

Kapitel 13 – Depressive Phase und Urlaub mit einem Unbekannten

Kapitel 14 – Top-Escort

Kapitel 15 – Fahrt nach Brüssel

Kapitel 16 – Michaela im Krankenhaus und ungeahnte Folgen

Kapitel 17 – Michaela vertraut mir ihr Geheimnis an

Kapitel 18 – Beginn der vorsichtigen Recherche

Kapitel 19 – Einladung nach Brüssel auf Einladung Donatis

Kapitel 20 – Einführung in NATO-Kreise

Kapitel 21 – der technische Direktor vom französischen Geheimdienst

Kapitel 22 – Picard zieht mich ins Vertrauen über den „NATO-Putsch“

Kapitel 23 – der Bauingenieur

Kapitel 24 – weitere Lehrgänge und der Mann vom MI-6

Kapitel 25 – Flug nach Brüssel und ein Nein

Kapitel 26 – der Aufhebungsvertrag

Kapitel 27 – Michaela kommt zu mir, vorübergehend

Kapitel 28 – Überraschungsbesuch und Neuanfang

Kapitel 29 – Anschlag und Flucht

Kapitel 30 – meine Beerdigung und Umzug nach Gießen

Kapitel 31 – Umzug nach Hannover, Juwelen und der kontrafaktische Professor

Impressum neobooks

Prolog

Letztes Update: 11. September 2013, 8:45 Uhr. –

Mein Name ist Sabine Greubel. Ich bin Fremdsprachensekretärin und habe einige ein wenig haarsträubende Dinge erlebt, die ich hier erzählen möchte. Diese Geschichte ist meine Geschichte, und sie ist noch nicht zu Ende erzählt. Ein guter Freund prüft regelmäßig, ob ich auf einem unscheinbaren USB-Stick, der in einem toten Briefkasten versteckt ist, einen Update aufgespielt habe oder nicht. Sobald ich keine Updates mehr liefere – aus welchen Gründen auch immer – wird er diese Geschichte auf jeden Fall veröffentlichen. So hat er es mir versprochen.

Dieser liebe Freund aus Jugendtagen, zu dem ich lange Zeit keinen Kontakt mehr gehabt hatte, hilft mir mit Rat und Tat und ermutigt mich immer wieder, dieses Buch nun rasch fertigzustellen. Er hatte eine Zeitlang in einem Verlag gearbeitet und gibt mir gute Hinweise. So entsteht jetzt angesichts meiner derzeit etwas besonderen Lebensumstände dieser autobiographische Bericht unter einer gewissen Hektik. Denn das Leben, das ich führen muß, ist etwa wie ein Leben im Untergrund oder auf der Flucht, wobei beide Begriffe nicht so recht auf meine wirkliche, absurde Situation passen.

Auf Anraten dieses Freundes, der die bisherigen Teile gelesen und auch korrigiert hat, wofür ich ihm sehr dankbar bin, versuche ich noch in einem weiteren Arbeitsgang weitere konkrete Daten und Fakten zu liefern, soweit ich das noch kann, denn viele Notizen habe ich ohne genaue Zeitangaben verfaßt, weil ich zum Zeitpunkt der Notiz stets davon ausging, sie würden sich chronologisch von selbst zuordnen. Leider habe ich viel zu viel notiert und muß daher viele Blätter unberücksichtigt lassen. Einen Teil dieser unberücksichtigten Blätter habe ich schon meinem Freund übergeben. Vielleicht entsteht daraus später ein erweiterter Band.

Dieses Schreiben basiert auf meinen Erinnerungen und auf Tagebuchnotizen, die ich im Laufe meiner Geschichte aufgezeichnet habe. Manche Namen habe ich ändern müssen; wenn ich zitiere, so geschieht dies aus meinen Erinnerungen, die ich entweder in einer meiner Notizen festgehalten habe, oder nun im Rahmen dieses Buches wiedergebe. Daher kann ich nicht für den einzelnen Wortlaut, aber doch für den Wortsinn bürgen. Mit diesen kleinen Unschärfen müssen wir alle zurechtkommen, wenn wir uns erinnern.

Ich werde versuchen, die Ereignisse in etwa chronologisch darzustellen und beginne kurz bevor ich im Juli 2007 meinen neuen Job bei Antonio Lukas antrat.

Anmerkungen des Herausgebers:

Bedauerlicherweise ist der Kontakt zu Sabine plötzlich abgebrochen, ohne daß sie die oben erwähnte Überarbeitung noch abschließen konnte. Über ihr Verbleiben haben wir keine Informationen. Auch eine vertrauliche Telefonnummer, die sie uns für Notfälle hinterlassen hatte, ist nun nicht mehr geschaltet.

Wir enthalten uns hier bewußt jeglicher Spekulation, welche Wendung ihr Schicksal genommen haben mag, und welche weiteren Maßnahmen, dies zu ergründen, wir unsererseits ergriffen haben. Dennoch sei an dieser Stelle der Appell an jene Leser gestattet, die hierzu möglicherweise aufgrund zufälliger Begebenheiten nützliche Informationen geben könnten, sich mit uns in Verbindung zu setzen. Zu diesem Zweck finden Sie am Schluß des Buches eine Kontaktadresse.

Wir uns nun entschlossen, diese leider nicht abgeschlossenen Geschichte ohne weitere, umfänglichere Bearbeitung zu veröffentlichen, da wir denken, hiermit ihrem Wunsch am ehesten zu entsprechen. Das nun vorliegende Werk mag dem einen Leser zu pornographisch, dem anderen zu politisch erscheinen. Jeder bilde sich sein Urteil selbst.

In einem unserer früheren Telefonate sprach sie einmal davon, der Seelenfrieden sei ihr immer das Wichtigste gewesen, ohne selbst besonders religiös zu sein. Sie habe zuweilen Trost und Erbauung in dem Schiller-Gedicht „Ode an die Freude“ gefunden, – jenem Gedicht, das in der Vertonung durch Beethoven zur Europa-Hymne wurde. Eine frühe Fassung des Gedichtes habe ihr besonders gefallen. Sie sprach einmal davon, die Worte „Allen Sündern soll vergeben, Und die Hölle nicht mehr sein!“ aus der letzten Strophe dieses Gedichtes, sage ihr am meisten zu. Diese Worte seien ihr zuweilen wie ein Motto für ihr Leben vorgekommen.

Als Einstimmung in ihre Gedanken möchte ich daher hier das ganze Schiller-Gedicht als Zitat ihrem Bericht quasi als Widmung voranstellen:

Ode an die Freude

Freude, schöner Götterfunken,

Tochter aus Elysium!

Wir betreten feuertrunken,

Himmlische, dein Heiligtum;

Deine Zauber binden wieder,

Was die Mode streng geteilt;

Alle Menschen werden Brüder,

Wo dein sanfter Flügel weilt.

Chor

Seid umschlungen, Millionen,

Diesen Kuß der ganzen Welt!

Brüder! über'm Sternenzelt

Muß ein lieber Vater wohnen.

Wem der große Wurf gelungen,

Eines Freundes Freund zu sein,

Wer ein holdes Weib errungen,

Mische seinen Jubel ein!

Ja, wer auch nur eine Seele

Sein nennt auf dem Erdenrund' -

Und wer's nie gekonnt, der stehle

Weinend sich aus diesem Bund.

Chor

Was den großen Ring bewohnet,

 

huldige der Sympathie!

Zu den Sternen leitet sie,

wo der Unbekannte thronet.

Freude trinken alle Wesen

An den Brüsten der Natur;

Alle Guten, alle Bösen

Folgen ihrer Rosenspur,

Küsse gab sie uns und Reben,

Einen Freund, geprüft im Tod;

Wollust ward dem Wurm gegeben,

Und der Cherub steht vor Gott!

Chor

Ihr stürzt nieder, Millionen?

Ahndest du den Schöpfer, Welt?

Such' ihn überm Sternenzelt!

Über Sternen muß er wohnen.

Freude heißt die starke Feder

in der ewigen Natur;

Freude, Freude treibt die Räder

in der großen Weltenuhr.

Blumen lockt sie aus den Keimen,

Sonnen aus dem Firmament,

Sphären rollt sie in den Räumen,

Die des Sehers Rohr nicht kennt.

Chor

Froh, wie seine Sonnen fliegen

Durch des Himmels prächt'gen Plan,

Laufet, Brüder, eure Bahn,

Freudig wie ein Held zum Siegen!

Aus der Wahrheit Feuerspiegel

lächelt sie den Forscher an;

Zu der Tugend steilem Hügel

Leitet sie des Dulders Bahn.

Auf des Glaubens Sonnenberge

Sieht man ihre Fahnen wehn,

Durch den Riß gesprengter Särge

Sie im Chor der Engel stehn.

Chor

Duldet mutig, Millionen!

Duldet für die bess're Welt!

Droben überm Sternenzelt

Wird ein großer Gott belohnen!

Göttern kann man nicht vergelten,

Schön ist 's ihnen gleich zu sein.

Gram und Armut soll sich melden,

Mit dem Frohen sich erfreun!

Groll und Rache sei vergessen,

Unserm Todfeind sei verziehn;

Keine Träne soll ihn pressen,

Keine Reue nage ihn!

Chor

Unser Schuldbuch sei vernichtet,

ausgesöhnt die ganze Welt!

Brüder, überm Sternenzelt

Richtet Gott - wie wir gerichtet.

Freude sprudelt in Pokalen;

In der Trauben goldnem Blut

Trinken Sanftmut Kannibalen,

Die Verzweiflung Heldenmut. -

Brüder, flieget von den Sitzen,

wenn der volle Römer kreist;

Laßt den Schaum zum Himmel spritzen:

Dieses Glas dem guten Geist!

Chor

Den der Sterne Wirbel loben,

Den des Seraphs Hymne preist,

Dieses Glas dem guten Geist

Überm Sternenzelt dort oben.

Festen Mut in schweren Leiden,

Hilfe, wo die Unschuld weint,

Ewigkeit geschwornen Eiden,

Wahrheit gegen Freund und Feind,

Männerstolz vor Königsthronen, -

Brüder, gält es Gut und Blut, -

Dem Verdienste seine Kronen,

Untergang der Lügenbrut.

Chor

Schließt den heil'gen Zirkel dichter!

Schwört bei diesem goldnen Wein,

Dem Gelübde treu zu sein;

Schwört es bei dem Sternenrichter!

Rettung von Tyrannenketten,

Großmut auch dem Bösewicht,

Hoffnung auf den Sterbebetten,

Gnade auf dem Hochgericht!

Auch die Toten sollen leben!

Brüder, trinkt und stimmet ein:

Allen Sündern soll vergeben,

Und die Hölle nicht mehr sein!

Chor

Eine heitre Abschiedsstunde!

Süßen Schlaf im Leichentuch!

Brüder, einen sanften Spruch

Aus des Totenrichters Munde!

Kapitel 1 – Vorstellungsgespräch

Nach einem halben Jahr Arbeitslosigkeit machte ich mir ernsthafte Gedanken, wie es mit meinem Leben weitergehen würde. Ich war nicht nur aus der Firma rausgeflogen, sondern hatte, wenige Monate bevor ich meine gute Arbeit verlor, mir eine eigene Wohnung genommen, hatte meine Sieben Sachen gepackt und war bei meinem damaligen Freund ausgezogen. Ich liebte ihn schon noch, irgendwie, aber seine Art war mir zunehmend auf den Geist gegangen. Er war wenig experimentierfreudig und erdrückte mich mit seiner Zuneigung und seinen peniblen Regeln; Zahnputzbecher rechts, Duschmatte nach dem Duschen aufhängen, Socken einzeln über einen Bügel, ach, seine pedantische Art war schrecklich. Ordnung schön und gut, aber wenn ich ihn spontan spüren wollte, warum mußten wir dann immer erst unter die Dusche? Es war das Schlimmste für ihn, verlassen zu werden, genau deshalb mußte ich es tun. Der wahre Grund war aber eher, daß ihm jeder Sinn für Tiefsinnigkeit fehlte. Wenn ich mich in meinem Freundeskreis bewege, möchte ich mich auch über interessante Themen unterhalten, nicht nur über Fußball; wobei das zunehmend schwerer wird, denn die wenigsten haben noch eine solide Allgemeinbildung.

Ich hatte mir also ein kleines, schickes Apartment genommen und war schon am zweiten Tag, nachdem ich über ein verlängertes Wochenende im Mai alles eingerichtet hatte, nicht allein ins Bett gegangen. Herrlich, diese neue Freiheit! Leider lief es im Job von da an immer schlechter. Vielleicht habe ich zuviel an meine neue Freiheit gedacht, die ich als totale Befreiung empfand, und daran, wie ich das Jucken zwischen meinen Beinen am nächsten Abend stillen würde. Vielleicht war mein Ex, von dem ich mich in „aller Freundschaft“ – und dem ganzen Bla-Bla – getrennt hatte, hinter meinem Rücken aktiv geworden. Ein Verdacht, der mir erst viel, viel später kam. Schließlich hatten wir uns indirekt über die Arbeit kennen gelernt, er damals bei einem unserer wichtigsten Kunden. Sei es drum.

Nun stand ich da, mit einem eigentlich zu teuren Zweiraum-Apartment und ohne Job. Gut, nachdem ich bei Gunter & Kiesling rausgeflogen war, weil ich erst grundlos eine Abmahnung bekam, dann mich regelrecht gemobbt fühlte und schließlich tatsächlich einen Bock geschossen hatte, ein dummer Fehler, eine Nachlässigkeit, ein Ärgernis, daß normalerweise mit zünftigen Kommentaren von den Chefs versehen worden wäre und dann ad acta gelegt, aber nun zu meiner Entlassung geführt hatte, sah ich die Dinge zunächst nicht weiter tragisch. Der Schleimi von Betriebsrat hat noch vermittelt und meinte, nachdem ich zu einem Aufhebungsvertrag genötigt wurde, ich solle ihm noch dankbar sein, weil ich so noch zwei Monatsgehälter Abfindung erhielt. So ein Mist.

Ich fand dann auch gleich eine neue Stelle, die war zwar schlechter bezahlt, aber immerhin. Sie war sogar näher, als meine alte Arbeitsstelle, ich hätte vielleicht auf meinen schwarzen Polo verzichten können. Dort flog ich aber schon in der Probezeit, genauer nach nur sechs Wochen, wieder raus. Das Blöde ist, in der Probe braucht es keine Begründung. Und die Trottel von der Personalabteilung haben mir nicht auch nur andeutungsweise gesagt, wieso ich meinen Schreibtisch wieder räumen durfte. War ich zu langsam? Haben sie doch keine Kohle für die zusätzliche Stelle mehr gehabt? Hat die flachbusige Vorstandszicke mich mit Blick auf meine 80 D beneidet? Oder weil ich besser mit dem Arsch wackeln kann und auch in hohen Schuhen sicher laufe? Oder etwa, weil ich den unbeholfenen Avancen des Chefbuchhalters keine Beachtung geschenkt hatte? Der Mann hatte scheinbar viel Einfluß, und er hat mich mit seinen Blicken regelrecht ausgezogen. Ich steh aber nicht auf dickbäuchige Halbglatzen, und das gab ich ihm auch zu verstehen. Vermutlich ein Fehler. Sonst habe ich mich ja auch nicht geniert, meine weiblichen Reize einzusetzen. Im Nachhinein denke ich, hierin den wahren Grund für meine schnelle Entlassung zu sehen. Gekränkte männliche Eitelkeit.

Jedenfalls sollte es nicht sein.

Und irgendwie war danach der Wurm drin. Sicher warf auch die Wirtschaftskrise bereits ihre Schatten voraus. Ich schrieb an die 50 Bewerbungen und erhielt kaum mal eine Einladung zum Vorstellungsgespräch, obwohl ich früher oft schon allein meines nicht unattraktiven Äußeren wegen eingeladen worden war. Damit die Herren Chef mal was zu glotzen haben.

Bei der Annonce im Main-Echo hatte ich zwar ein seltsames Gefühl, aber ich habe doch geschrieben, weil die Stellenbeschreibung recht gut zu meinen Fähigkeiten zu passen schien. Und prompt wurde ich eingeladen. Der Mann am Telefon hatte eine merkwürdige Stimme, nicht uninteressant aber auch nicht so recht männlich. Jedenfalls suchte er eine Privatsekretärin, wobei er das „Privat“ besonders betonte. Schon in der Anzeige waren die Begriffe Verschwiegenheit, Loyalität und Diskretion überdeutlich betont worden.

Ich entschloß mich, trotzdem hinzufahren, denn Absagen kann man ja immer und die Monate, die mir das Arbeitsamt noch ALG I zahlen würde, wurden weniger. Und dann Miete, Auto... Urlaub war sowieso schon gestrichen.

Das Anwesen lag etwas außerhalb, mit einem richtigen schmiedeeisernen Tor – welches allerdings immer offen stand – und eigener Zufahrt. Rechts ein größerer Garagenanbau, weiter hinten auf dem recht großen Grundstück ein kleines Gewächshaus mit irgendeinem Gebäude, wie ein Geräteschuppen, aber innen wohnlich ausgebaut, wie ich später erfuhr. Eine Art Cottage.

Ich ging die fünf Stufen hinauf, und bevor ich klingeln konnte – wo war eigentlich die Klingel? – machte mir eine junge Dame auf. So ganz jung war sie auf den zweiten Blick dann doch nicht, aber sie machte zunächst einen sehr mädchenhaften Eindruck. Weil ich vor dem Bewerbungsgespräch ziemlich aufgeregt war, beachtete ich erst einmal nicht weiter, daß sie klassisch wie eine Haushälterin angezogen war, mit kleinem schwarzen Kleid, weißer Schürze und sogar einem weißen Häubchen. In welcher Zeit leben wir eigentlich?

Sie war sehr freundlich und bat mich hinein. In einem kleinen Raum, oder besser: einer Art Diele, durfte ich mich setzen. Alles war mit alten Stilmöbeln sehr vornehm eingerichtet. Der Polsterstuhl, auf dem ich saß, war vermutlich ein Vermögen wert, aber er war ein wenig klein und auch straff, so daß ich in der nun kommenden, längeren Warterei doch unbequem saß. Die Haushälterin servierte Kaffee, ziemlich stark. Sie ließ sich länger nicht blicken, als sie dann wieder vorbeischaute, um mir zu sagen, daß es noch etwas dauern würde, Herr Lukas, der Chef, sei noch in einer Besprechung, bat ich um ein Glas Wasser, was sie mir umgehend besorgte. Ich war erstaunt, wie schnell sie dieses kleine Fläschchen San Pellegrino samt Glas herbeizauberte, die Flasche öffnete und einschenkte.

Es dauerte länger. Jetzt, ich saß wohl schon fast eine Stunde, traute mich aber nicht auf die Uhr zu sehen, weil ich mich irgendwie beobachtet fühlte, mußte ich auch noch auf die Toilette. Aber wo war eine? Die Haushälterin war auch verschwunden, und beim letzten Mal, wo sie sich nach meinem Befinden erkundigte, dachte ich noch, ich kann locker anhalten, bis das Gespräch gelaufen sein wird. Ich stand auf, betrachtete mir eine Weile die zwei Ölbilder an der Wand, die offenbar Originale waren, und ging durchs Zimmer, von dem aus mehrere Türen abgingen. Ich war mir jetzt nicht mal mehr sicher, durch welche ich hereingekommen war. Endlich hörte ich sie. Sie trat ein, und bevor sie mir etwas sagen konnte, fragte ich nach der Toilette. Sie zeigte mir den Weg, ging mit hinein und sagte mir dort, daß Herr Lukas jetzt bereit sei, mich zu sprechen. Klasse. Echt peinlich. Sie stand jetzt mitten in dem großen, luxuriös eingerichteten Bad und machte keine Anstalten, zu gehen, um mich schnell mein Geschäft machen zu lassen. Schließlich bemerkte sie meine Verlegenheit und sagte: „Oh, ich lasse sie dann mal kurz alleine, sie kommen danach bitte sofort raus!“ Wieso sprach sie so mit mir, ich meine, als Haushälterin? War das ihre Angst vor ihrem Chef, wenn sie nicht gleich mit mir antanzt? Ich beeilte mich. Ich hätte mich gern noch etwas frisch gemacht, aber ein kurzer Blick in den Spiegel mußte reichen.

Wir stöckelten durch mehrere Zimmer, klack-klack-klack, klack-klack-klack, ich war mehr darauf bedacht, ihrem schnellen Schritt zu folgen, da riß mich schon ein kräftiger Händedruck aus meinen Gedanken. Das war also der Herr Lukas. Ganz ansehnlich, obwohl nicht besonders groß. Er hat ein sympathisches Lächeln, wirkt charmant. Wir setzen uns, die Haushälterin geht, sie kommt allerdings schon schon kurze Zeit später wieder und bringt erneut Kaffee, Wasser und Schnittchen und geht dann ganz. Er beginnt zunächst von sich etwas zu erzählen, während er selbst ein Häppchen nimmt und mich mit einer Geste auffordert, es ihm gleich zu tun. Er berichtete über seine Arbeit im Immobilienbereich und andere Geschäfte. Er ist im Irgendwo-Vorstand, leitet ein Architektenbüro, hat verschiedene Beteiligungen und Beteiligungsgesellschaften und einen Aufsichtsratsposten hat er auch noch. Überall hat er seine Leute plaziert, meistens Sekretärinnen in den Firmen und Büros, die ihn auf dem Laufenden halten. Er hat sich gerade von einem langjährigen Mitarbeiter getrennt, der eine Art Assistent war und Kommunikationsströme für ihn hier gebündelt hatte. Jetzt soll den Part eine sympathische, loyale, diskrete Frau übernehmen. Zwar sagt er auch, er habe Kinder und sei verheiratet, aber spätestens, wo er erwähnt, daß seine Gattin nur zeitweise bei ihm wohnt, beschlich mich das Gefühl: hier wird nicht nur eine Sekretärin gesucht.

 

Natürlich merke ich auch, wie er mich mustert, obwohl er dies nicht aufdringlich tut, sondern gentlemanlike nebenbei. Ich scheine ihm zu gefallen, er gibt sich Mühe und schafft eine angenehme Atmosphäre, wo ich viel über mich erzähle. Zu viel. Tatsächlich erzähle ich sogar über mein letztes Intermezzo und meinen Rausschmiß bei Gunter & Kiesling zuvor. Ich hätte nie gedacht, daß er die Firma kennt, wer kennt schon einen Großhändler für Gartenbaufachbetriebe? Vielleicht tut er aber auch nur so, irgendwie bin ich mir bei ihm nicht sicher. Auch scheinen seine Bemerkungen manchmal, wenn auch nicht doppeldeutig im platten Sinne, so doch irgendwie ambivalent zu sein. Manchmal erscheint mir der Herr Lukas merkwürdig. Zum Beispiel erzählt er mir, er heiße mit Vornamen in Wahrheit Anton, nenne sich aber immer Antonio und auch alle seine Briefköpfe lauten so. Und sogar in seinem Paß steht Antonio. Aber wenn es in seinem Paß so steht, dann heißt er doch Antonio. Nein, das ist quasi sein Künstlername. Antonio klingt italienisch und er habe ein Faible für Italien. Und Pässe können auch auf Künstlernamen ausgestellt werden. Das habe ich nicht gewußt.

Aber warum erzählt er mir das? Ich finde es eher peinlich. Mein Name klingt ja auch ein wenig schräg, wenn man von nördlich des Weißwurstäquators kommt, aber warum sollte ich mich anders nennen. Ich bin eben die Sabine Greubel. Nun ja, jeder hat so seine Marotten.

Nun unterbrach uns die Haushälterin. Tat sie noch öfter. Und ich bekam auch mit, warum: wir saßen mehr als zweieinhalb Stunden zusammen und zwei Bewerberinnen, die wie ich einen Termin hatten, wurden einfach wieder weggeschickt. Das hätte der mit mir mal wagen sollen! Unverschämtheit! Da war mein malträtiertes Sitzfleisch nichts dagegen.

Ich schien also spürbar in die engere Wahl zu kommen. Er gab mir zum Abschied einen Arbeitsvertrag in die Hand, allerdings mit der deutlichen Warnung, dies sei keinesfalls als Vorentscheidung zu verstehen, schließlich habe er selbst den Vertrag noch nicht unterschrieben. Ich solle mich nur mit dem Inhalt schon mal vertraut machen, für unser zweites Gespräch zu dem er mich bereits einlade. Termin ausgemacht, nach Hause gefahren, Bad genommen. Puh, was für ein Tag! Ich hatte Riesenschweißflecken unter den Achseln. Hatte er die bemerkt?

Erst am nächsten Tag fand ich Kraft, mir den Arbeitsvertrag genauer anzuschauen. Oder besser, ich hätte es tun sollen. Ein Monstrum von 24 eng beschrieben Seiten, oder so. Ja, ich gebe zu, ich habe ihn nicht gelesen, jedenfalls nicht ganz. Nach dem üblichen Bla-Bla am Anfang habe ich weitergeblättert, ob irgendwo was vom Gehalt und Zusatzgratifikationen steht. Dann habe ich da gelesen 4500 Euro monatlich, plus Weihnachtsgeld, plus Urlaubsgeld und 30 Tage Urlaub und dachte nur noch: das wäre geil! Manche Leute scheinen Kohle ohne Ende zu haben. Ich meine, ich hatte fast 2700 Euro bei Gunter & Kiesling und fand das schon absolut spitzenmäßig. Und war entsprechend sauer, da rausgeflogen zu sein. Bei der Trotteltruppe, wo ich nur sechs Wochen schaffen durfte, war es deutlich weniger. Bei meinem Lehrbetrieb, wo ich noch drei Jahre geblieben war, sowieso.

Aber noch hatte ich den Job nicht, sondern nur das erste Gespräch. Für mich aber war schon klar: Ich würde mich auf zu ziemlich alles einlassen, wenn ich so ein super Gehalt bekommen kann, anstatt Hartz IV, was sonst bald drohen würde. Und wenn er wirklich mehr wollte als nur Sekretariatsarbeit? Auch darüber dachte ich nach; Prostitution war ja seit 2002 nicht mehr strafbar und besonders prüde war ich nicht. Solange also alles irgendwie im Rahmen blieb, wer weiß wie weit ich gehen würde? Ich würde jetzt erst einmal alles auf mich zukommen lassen.

Gleich am folgenden Montag fand das zweite Gespräch statt. Er hatte angedeutet, daß er meine Fähigkeiten testen will, ob ich meine Fremdsprachenkenntnisse nicht verlernt habe, wie gut ich in verschiedenen Office-Programmen bin, etc. Gut, ich war vorbereitet. Meinen Job kann ich. Und was ich nicht weiß, lerne ich. Das ich von Immobilien keine Ahnung hatte, hab ich ihm ja gleich gesagt. Das ich bei Herrn Lukas noch einiges lernen würde, hatte ich mir damals zwar schon gedacht, aber ich hatte keine Vorstellung, was es sein würde.

Ich hatte mich total aufgedonnert. Ich dachte nur, jetzt will ich es wissen. Beinahe hätte ich mir ein neues Kostüm gekauft, konnte mich aber gerade noch zurückhalten, denn erstens ist mein Kleiderschrank ziemlich gut gefüllt und zweitens würde ich mir doppelt in den Hintern beißen, wenn ich den Job dann doch nicht bekommen hätte, schließlich gab es weitere Bewerberinnen.

Schade nur, daß ich Herrn Lukas nur zweimal kurz zu Gesicht bekam und er mir sogar ein Gefühl vermittelte, als kenne er mich kaum – was ja ehrlicherweise auch stimmte. Bei unserer ersten Begegnung an diesem Tag begrüßte er mich kurz und ein bißchen kalt sogar, und drückte mir mehrere Blätter in die Hand, mit Aufgaben, die ich in einer bestimmten Zeit erledigen sollte.

Aber zuvor begegnete ich natürlich wieder der Haushälterin, die ich diesmal aufmerksamer musterte. Sie trug nicht nur ein schwarzes Kleid, wie es Haushälterinnen in diesen Kreisen wohl zu tragen pflegen. Es war eng geschnitten an der Taille, aber nach unten hin bauschte es auf, bzw. wurde durch ein Unterkleid aufgebauscht. Und es war ziemlich kurz. Sie hatte sehr schöne lange Beine, die in einer schwarzen Strumpfhose steckten. Ihr Busen war eher klein, aber schien straff zu sein. Sie hatte zwar Fältchen im Gesicht, war aber auf ihre Art durchaus eine Schönheit. Und sie hatte etwas Schelmisches. Außerdem trug sie Stilettos. Für Hausarbeit eher ungeeignet. Sie bewegte sich dabei absolut sicher und natürlich in diesen hohen schwarzen Schuhen. Sie sah elegant aus, und, ja, auch erotisch. Diese langen Beine in diesem kurzen Kleidchen. Mit Schürze. Und dann ein Häubchen. Und sie trug eine Seidenbluse. Tatsächlich, sie trug wirklich eine halbtransparente, schwarze Seidenbluse unter ihrem Kleid, wie ich sie vielleicht ins Theater anziehen würde. Als Arbeitskleidung einer Haushälterin.

Zum Schluß nahm er mir die Blätter wieder ab, entschuldigte sich dafür, daß er heute kaum Zeit für mich habe und verabschiedete mich mit der Floskel, er werde sich auf jeden Fall bei mir melden.

Irgendwie war es blöd gelaufen. Und ich wußte nicht, woran ich war. Und ich mußte warten. Ich wartete zwei Wochen und dachte die ganze Zeit an nichts anderes als an diese beiden Gespräche. An nichts anderes. Ich erledigte nur das Nötigste im Haushalt, schrieb keine Bewerbungen mehr, obwohl ich das dringend hätte machen müssen und brachte nicht einmal mehr die Konzentration auf, ein Buch zu lesen. Ich wurde immer unruhiger. Dann kam eine E-Mail. Darin in einem Anhang der Vertrag, unterschrieben von Herrn Lukas und ein längerer Begleitbrief.

Ich möge doch am 02.07.2007 zwischen 8:00 Uhr und 8:30 erscheinen, falls ich noch an dem Job interessiert sei. Bedauern, daß es so lange gedauert habe, aber es seinen interessante Mitbewerberinnen aufgetreten und ich hätte hinsichtlich der fachlichen Qualitäten nicht an der Spitze gelegen. Die Aufgaben samt Korrekturen – wie in der Schule, oder was? – waren auch angehängt. Und tatsächlich hatte ich eine Aufgabe schlicht falsch verstanden und darüber hinaus zwei oder drei kleinere Fehler gemacht. Es war keine Katastrophe, aber schlechter als ich selbst gedacht hatte, einfach suboptimal. Vielleicht weil ich zu nervös gewesen war und die halterlosen Strümpfe, die sich immer wieder aufgerollt hatten, mich ständig ablenkten. Das Aufdonnern war beim zweiten Termin einfach unnötig.

Es hieß auch, der Vertrag sei an mehreren Stellen geändert worden und ich sollte ihn noch einmal gründlich lesen, bevor ich unterschriebe. Als Gehalt waren nun nur noch 4.200 Euro angegeben. Immerhin, noch deutlich mehr, als ich jemals verdient hatte, trotzdem ärgerte ich mich über mich selbst. Überstunden mit abgegolten, von denen reichlich versprochen wurden, durch mehrtägige Dienstreisen, auch über Wochenenden, die mich erwarteten. So kam es auch, dazu aber später. Dann waren noch juristische Klauseln, über die ich stolperte, von wegen, daß Verschwiegenheit über den Inhalt des Vertrages gelte, daß sich beide Parteien einig seien, daß auch jene Paragraphen gültig, bzw. von beiden Seiten einzuhalten seien, die von Dritten als sittenwidrig eingestuft werden könnten, daß beide Seiten sich verpflichten, etwaige Streitfragen nicht vor dem Arbeitsgericht klären zu lassen, sondern sich immer einvernehmlich zu einigen. Es kam mir vor, wie ein Arbeitsvertrag mit geheimen Zusatzklauseln, denn über den Inhalt des Vertrags sollte generelles und absolutes Stillschweigen vereinbart sein.

Dazu gehörten ziemliche Klopse: Ich sollte mich zu absoluter Verschwiegenheit verpflichten, durch eine zweite Unterschrift übrigens, auch gegenüber „Betriebsgeheimnissen“, die mit dem Gesetzbuch im Widerspruch stehen könnten. Im Klartext: ich soll Verbrechen decken, und möglicherweise auch als Mittäter aktiv werden. Ich hatte das schon damals durchaus so verstanden, mein IQ ist schließlich über dem Durchschnitt, aber ich hatte es trotzdem verdrängt, bzw. hierbei zunächst nur Schlüpfriges im Sinn. Und damit lag ich ebenfalls durchaus richtig.

Es waren noch weitere heikle Klauseln in dem nochmals gewachsenen Vertragswerk, auf die ich hier nicht näher eingehen werde, nur zu einer noch etwas, die sich als Falle erwies, in die ich sehenden Auges hineinschritt. Seltsamerweise kam mir nicht in den Sinn, an dem Vertrag etwas zu ändern, oder nachzuverhandeln. Dieser Gedanke kam mir gar nicht, muß ich gestehen. Das hätte ich sicher versuchen sollen. Die Klausel, mit der er mich aufs Kreuz gelegt hat, sowohl im übertragenen Sinne als auch buchstäblich, war der kleine Passus:

„Während der Dienstzeit trägt die Arbeitnehmerin ausschließlich Dienstkleidung. Die Dienstkleidung wird vom Arbeitgeber gestellt. Die Reinigung bzw. Reinigungskosten werden vom Arbeitgeber übernommen. Die Umsetzung dieser Regelung hinsichtlich der Reinigung bzw. Reinigungskosten werden entsprechend der Bedürfnisse des praktischen Arbeitsalltags geregelt. Ein pauschaler Reinigungskosten-Zuschuß zur Abgeltung der Reinigungskosten ist möglich.“

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