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– Warum sprechen Sie von Schwierigkeiten? fragte Magdalene. Die Schwierigkeiten scheinen doch beseitigt zu sein.



– Alle außer einer, sagte Hauptmann Wragge mit bedeutungsvollem Nachdruck auf dem letzten Worte, die große Schwierigkeit der Menschheit von der Wiege bis zum Grabe: – Geld.



Er machte langsam sein grünes Auge zu, seufzte aus tiefem Grunde und vergrub seine zahlungsunfähigen Hände in seine schlechterdings kein Erträgniß gehenden Taschen.



– Wozu wird das Geld gebraucht? fragte Magdalene.



– Um die Billete zu bezahlen, versetzte der Hauptmann mit rührender Einfachheit. Ich bitte, bemerken Sie wohl! Ich habe mich niemals dazu verstanden, werde mich nie dazu verstehen, einem menschlichen Wesen auf dem bewohnten Erdkreise einen Heller zu bezahlen. Ich spreche in Ihrem, nicht in meinem Interesse.



– Meinem Interesse?



– Gewiß Sie können morgen nicht sicher aus York hinauskommen ohne die Kutsche. Und ich kann die Kutsche nicht bekommen ohne Geld. Der Bruder der Wirthin wird sie hergeben, wenn er die Rechnung seiner Schwester quittiert sieht und wenn er das Geld für die Tagesfuhre zum Voraus erhält, nicht anders. Gestatten Sie mir die Sache von dem geschäftlichen Standpunkte aus zu beleuchten. Wir sind übereingekommen, daß ich für meinen Lehrgang in der Bühnenkunst von Ihren künftigen Bühneneinnahmen bezahlt werden soll. Sehr gut. Ich stelle lediglich Wechsel auf meine zukünftigen Aussichten aus, und Sie, von welcher diese Aussichten abhängen, sind natürlich mein Banquier. Es ist nur um des Beispiels willen, wenn ich meinen Antheil an Ihrer ersten Jahresgage zu dem gänzlich unverhältnißmäßigen Betrage von hundert Pfund schätze. Diese Summe halb, diese Summe zu einem Viertel…



– Wie viel brauchen Sie? fragte Magdalene ungeduldig.



Hauptmann Wragge war sehr in Versuchung, die an der Spitze der Handplacate ausgeworfene Belohnung zur Grundlage seiner Berechnung zu nehmen. Doch aber fühlte er, wie wichtig es für die Zukunft war, sich gegenwärtig noch zu mäßigen, und da er in Wirklichkeit ein zwölf bis dreizehn Pfund brauchte, verdoppelte er einfach den Betrag und sagte:



– Fünfundzwanzig.



Magdalene nahm das kleine Täschchen aus ihrem Busen und gab ihm mit Geringschätzung und Erstaunen über die vielen dabei verlorenen Worte, mit denen er sie überschüttet hatte, um sie auf eine so mäßige Weise zu betrügen, das Geld. In früherer Zeit flossen auf Combe-Raven durch einen Federzug ihres Vaters fünfundzwanzig Pfund in die Hände eines Jeden im Hause, der sie haben wollte.



Hauptmann Wragges Augen verweilten auf dem kleinen Täschchen, wie die Augen der Verliebten auf ihren Geliebten ruhen.



– Glücklich ein solches Täschchen! murmelte er, als sie es wieder in den Busen that.



Er stand auf, verschwand in einer Ecke des Zimmers, brachte dann sein hübsches Bücherfutteral zum Vorschein und schloß es feierlich auf dem Tische vor Magdalenen und sich auf.



– Es ist einmal meine Natur so, mein liebes Kind, einmal meine Natur, sagte er, indem er eins von den plumpen in Kalbsleder und Pergament gebundenen Bücherchen öffnete. Ein Vertrag hat zwischen uns stattgefunden. Ich muß es schwarz auf weiß haben.



Er öffnete das Buch auf einer unbeschriebenen Seite und schrieb mit schöner kaufmännischer Hand den Kopftitel ein:



Miss Vanstone die Jüngere in Abrechnung mit Horatio



Wragge, vormals in der Königl. Miliz.



Als er die Summen eingetragen und auch durch Eintragung unter dem Soll kund gegeben hatte, daß Magdalenens schnelles Gewähren seines Verlangens bei ihm nicht weggeworfen sei, drückte er sein Löschpapier auf die nasse Tinte und legte das Buch weg mit der Miene eines Mannes, der ein verdienstliches Werk vollbrachte und der sich damit großthun könnte.



– Entschuldigen Sie, wenn ich Sie sogleich verlassen muß, sagte er. Zeit ist von Wichtigkeit. Ich muß mich der Kutsche versichern. Wenn Mrs. Wragge hereinkommt, sagen Sie ihr Nichts, sie ist nicht klar genug, um sich auf sie verlassen zu können. Wenn sie sich herausnimmt, Sie auszufragen, so brechen Sie gleich ab. Sie brauchen nur laut mit ihr zu reden. Bitte, nehmen Sie mein ganzes Ansehen bei ihr an und seien Sie so laut mit Mrs. Wragge, als ich es bin!



Er setzte seinen hohen Hut auf, verbeugte sich, lächelte und trippelte aus dem Zimmer.



Indem Magdalene nur Gefühl für das Eine, für die Wohlthat, allein zu sein, und von keinem weiteren Eindruck deutliches Bewußtsein hatte, als von der unbestimmten Ahnung, daß eine ernste Veränderung mit ihr und ihrer Lage vorgegangen war: ließ sie die Vorkommnisse an dem Morgen wie Schatten an ihrer Seele vorüber ziehen und wartete gleichgültig auf Das, was der Tag weiter mit sich bringen werde. Nach Verlauf einiger Zeit öffnete sich leise die Thür. Die Riesengestalt von Mrs. Wragge schritt in das Zimmer und blieb vor Magdalenen in feierlichem Erstaunen stehen.



– Wo sind Ihre Sachen? fragte Mrs. Wragge mit einem Ausbruch unverhaltbarer Sorge. Ich bin oben gewesen und habe in Ihre Schubkasten gesehen. Wo sind Ihre Nachtgewänder und Nachthauben? und Ihre Unterröcke und Strümpfe? und Ihre Haarnadeln und Bärenfettbüchsen und alles Uebrige?



– Mein Gepäck ist auf dem Bahnhofe geblieben, sagte Magdalene.



Mrs. Wragges Mondgesicht erheiterte sich ein wenig. Der unverwüstliche weibliche Zug der Neugier versuchte in ihren matten blauen Augen aufzublitzen, flimmerte aber nur kläglich und erstarb.



– Wie viel Gepäck? frug sie vertraulich. Der Hauptmann ist fortgegangen. Wir wollen gehen und es holen!



– Mrs. Wragge! schrie eine entsetzliche Stimme an der Thür.



Zum ersten Male seit Magdalene zurückdenken konnte, war Mrs. Wragge taub für den gewöhnlichen Sporn. Sie versuchte wirklich eine schwache Gegenvorstellung in Gegenwart ihres Mannes.



– Ach, laß sie doch ihre Sachen holen! bat Mrs. Wragge. Ach, die arme Seele, laß sie doch ihre Sachen holen!



Der unerbittliche Zeigefinger wies auf einen Winkel des Zimmers, senkte sich dann langsam, wie seine Frau sich vor demselben zurückzog, und blieb plötzlich in der Gegend ihrer Schuhe halten.



– Höre ich doch immer ein Klappen auf den Dielen! rief Hauptmann Wragge mit vollkommener Abscheu aus. Ja, allerdings. Wieder hinten übergetreten! Der linke Schuh dies Mal! Zieh ihn an, Mrs. Wragge! zieh ihn an! – Die Kutsche wird morgen früh neun Uhr hier sein, fuhr er zu Magdalenen gewendet fort. Wir können möglicherweise Ihren Koffer nicht mehr einfordern. Hier ist Schreibpapier, Setzen Sie ein Verzeichniß des Nothwendigsten, das Sie brauchen, auf. Ich will damit in einen Laden gehen, die Rechnung für Sie bezahlen und das Paquet hierher bringen. Wir müssen den Koffer opfern, wir müssen in der That.



Während Mrs. Wragges Gatte so mit Magdalenen sprach, hatte sie selbst sich wieder aus ihrem Winkel hervorgeschlichen und war noch dem Hauptmann nahe genug gekommen, um die Worte Laden und Paquet zu verstehen. Sie schlug ihre großen Hände in unverhohlener Aufregung zusammen und verlor sofort alle ihre Selbstbeherrschung.



–– Ach, wenn es, im Laden zu kaufen gibt, laß mich Das machen! schrie Mrs. Wragge Sie geht aus, um ihre Sachen zu kaufen! Ach, laß mich mit ihr gehen, bitte, laß mich mit ihr gehen!



– Setz Dich! schrie sie der Hauptmann an. Gerade! Mehr nach rechts, noch mehr. Bleib, wo Du bist!



Mrs. Wragge faltete ihre Hände in stiller Verzweiflung auf ihrem Schooße und brach sanft in Thränen aus.



– Ich kaufe so gern im Laden, bat das arme Geschöpf, und ich komme jetzt so wenig dazu!



Magdalene schrieb ihr Verzeichniß fertig, und Hauptmann Wragge verließ sofort das Zimmer mit demselben.



– Lassen Sie sich nicht Von meiner Frau belästigen, sagte er freundlich, als er fortging. Halten Sie sie kurz, die arme Seele, halten Sie sie kurz!



– Weinen Sie nicht, sagte Magdalene und suchte Mrs. Wragge zu trösten, indem sie selbige auf die Schultern klopfte. Wenn das Paquet kommt, sollen Sie es zuerst aufmachen.



– Ich danke Ihnen, meine Liebe, sagte Mrs. Wragge, indem sie sanft ihre Thränen trocknete, ich danke Ihnen herzlich. Geben Sie nicht acht auf mein Taschentuch, ich bitte. Es ist so klein! Ich hatte früher eine hübsche Anzahl davon mit Spitzenrändern. Sie sind alle fort. Es thut Nichts! Es wird mich freuen, Ihr Paquet zu öffnen und Ihre Sachen zu sehen. Sie sind sehr gut gegen mich. Ich habe Sie gern. Ich dächte – Sie werden aber nicht böse? – Sie gäben mir einen Kuß.



Magdalene beugte sich über sie mit der freien Anmuth und Liebenswürdigkeit früherer Zeiten und berührte ihre verblichenen Wangen.



– Lasse man mich etwas Unschuldiges thun! dachte sie mit geheimem Schmerz. Ach, lasse man mich etwas Unschluldiges und Freundliches thun um der alten Zeiten willen!



Sie fühlte ihr Auge feucht werden und wandte sich schweigend hinweg.



In der Nacht kam keine Ruhe über sie. In der Nacht kämpften die empörten Mächte des Lichts und der Finsterniß ihren schrecklichen Kampf um ihre Seele und ließen den Streit zwischen sich noch unentschieden, als der Morgen graute. Als die Uhr des Yorker Münsters Neun schlug, folgte sie Mrs. Wragge an den Wagen und nahm ihren Platz neben dem Hauptmann ein. Eine Viertelstunde später, und York lag hinter ihnen, die Landstraße streckte sich offen und hell im Morgenlichte vor ihnen aus.



Viertes Buch

Zweite Zwischenscene

Cronik der Ereignisse, aufbewahrt in Hauptmann Wragges Bücherfutteral

I

(Chronik über October 1846.)

habe mich in den Schooß meiner Familie zurückgezogen. Wir wohnen in dem abgelegenen Dorfe

Ruswarp

 an den Ufern der Esk, ziemlich zwei Meilen landwärts von Whitby. Unsere Wohnungen sind bequem, und wir erfreuen uns außerdem der Wohlthat einer tüchtigen hübschen Wirthin. Mrs. Wragge und Miss Vanstone kamen vor mir hier an in Gemäßheit des Planes, den ich behufs der Bewerkstelligung unseres Rückzugs von York festgestellt hatte. Ich folgte ihnen einen Tag später allein mit dem Gepäck. Als ich den Bahnhof verließ, hatte ich die Genugthuung, den Advocatenschreiber in eifrigem Gespräch mit dem Criminalbeamten, dessen Ankunft ich vorhergesagt hatte, zu sehen. Ich ließ ihn im ruhigen Besitze der Stadt York und der ganzen umliegenden Gegend. Er hat höflich ein Gleiches gethan und uns seinerseits im ruhigen Besitze des Eskthales, dreißig Meilen entfernt von ihm, gelassen.

 



Merkwürdige Erfolge haben sich sogleich nach meinen ersten Bemühungen zur Ausbildung von Miss Vanstones Bühnentalent ergeben.



Ich habe entdeckt, daß sie ein außerordentliches Talent für Mimik besitzt. Sie hat die Beweglichkeit des Gesichts, die biegsame, modulationsfähige Stimme und die scharfe dramatische Auffassung, welche eine Dame zu Charakterrollen und Verkleidungen auf der Bühne geschickt machen. Alles, was ihr noch fehlt, ist Unterricht und Uebung, um sie ihrer Anlagen vollkommen zu versichern. Die so bei ihr gemachte Erfahrung hat einen Gedanken bei mir wieder lebendig gemacht, welcher mir ursprünglich bei einem der At-home-Vorstellungen

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  Die At-home-Unterhaltungen spielen in England eine große Rolle. Einerseits sind es Unterhaltungen in Privatgesellschaften, welche von Damen ans der vornehmen Welt in ihren Wohnungen veranstaltet und zu welchen Einladungen mit der Formel:



Mrs. SOUNDSO



at home



Sonnabend, den 24. Mai d. J. 9 Uhr Abends.


  versendet werden. Dies at home bedeutet, daß die genannte Dame an dem betreffenden Tage Gesellschaft empfängt. Es wird musiziert, getanzt conversirt, es werden Charaden, Sprichwörter, lebende Bilder aufgeführt u. s. w. Manchmal wird Dies auf den Einladungskarten auch noch besonders namhaft gemacht. Anderer Art sind die At-home-Abende einzelner Schauspieler, welche in neuerer Zeit beliebt geworden sind. Zeigt ein Künstler oder eine Künstlerin ein solches »at Home« mit oder ohne Programm in den Zeitungen an, so heißt Das, das Publicum wird eingeladen, sich von dem betreffenden Künstler für einen ganzen Abend durch dramatische Soloscenen und vielleicht mit genauer Einhaltung der dreifachen aristotelischen Einheit unterhalten zu lassen. Die Scenen bestehen meist ans Nachahmungen berühmter Persönlichkeiten, auch wohl Nachahmungen anderer, und zwar bekannter Schauspieler von den großen Bühnen Londons, Nachahmungen fremder Nationalitäten, Nachahmungen schottischer und irischer Volkstypen. Man sieht immer einen und denselben Künstler aus der Bühne, der nur auf Augenblicke verschwindet, um die nöthigen Kostümwechsel zu vollbringen. Die Pausen werden mit Orchestermusik ausgefüllt, die eingelegten Gesänge mit selbiger begleitet. Es gibt Saisons in London, wo gleichzeitig fünf bis sechs Künstler in diesem Genre Vorstellungen geben. Ein Künstler nannte diese dramatischen Kunststücke sein Portefeuille. W.



 des verstorbenen unnachahmlichen Schauspielers Charles Mathews aufstieg. Ich war Weinhändler in damaliger Zeit, wie ich mich erinnere. Wir ahmten die Weinerzeugung der Natur in einer Hinterküche zu Brompton nach und brachten einen Tischwein zu Stande, einen blassen und merkwürdigen Sherry, tonischen Charakters, rund auf der Zunge, beliebt beim Hofe von Spanien, für neunzehn und ein halb Schilling das Dutzend, Flaschen mitgerechnet; siehe Prospekt aus jener Zeit. Der Gewinn war für mich und meine Theilnehmer nur gering, wir waren dem Geschmack der Zeit zu weit voraus und bei dem Flaschenhändler zu weit im Rückstande. Indem ich aus Mangel an Geld zugleich mit meinem Witz zu Ende war und sah, welche vollen Häuser Mathews machte, kam mir der Gedanke, eine mimische Nachahmung des großen Mimen selbst loszulassen, und zwar in Gestalt von At-home-Scenen, gespielt von einer Dame. Das einzige geringfügige Hinderniß war und blieb nur, eben die Dame zu finden. Von dieser Zeit bis jetzt habe ich vergebens darnach gesucht. Endlich habe ich die rechte Person aufgetrieben, ich habe nunmehr die Dame gefunden. Miss Vanstone besitzt Jugend und Schönheit in eben dem Maße, als Talent. Lehre ihr die Kunst der dramatischen Maske, Wragge, versieht, sie mit den geeigneten Anzügen für verschiedene Charaktere, entwickele ihre Anlagen für Gesang und Spiel, lege ihr eine Menge gescheidtes Zeug in den Mund, damit sie zum Publicum reden kann; kündige an »eine At-home-Vorstellung von einer jungen Dame«; verblüffe das Publikum durch eine dramatische Unterhaltung, welche Von Anfang bis zuletzt lediglich das Werk jener jungen Dame und von deren Gewandtheit ist; nimm die Anordnung der Sache ganz in Deine Hände: und was folgt als nothwendige Consequenz? Ruhm für meine schöne Anverwandte und ein Vermögen für mich selbst.



Ich theilte diese Betrachtungen so offen wie gewöhnlich Miss Vanstone mit, indem ich mich erbot, den Monolog zu schreiben, das ganze Geschäft in die Hände zu nehmen und den Gewinn zu theilen. Ich vergaß keineswegs meiner Sache dadurch Nachdruck zu verleihen, daß ich sie von den eifersüchtigen Ränken unterrichtete, denen sie begegnen würde, und von den Hindernissen, mit denen sie, wenn sie zum Theater ginge, zu schaffen bekommen werde, sprach. Und ich spielte endlich damit den Trumpf aus, daß ich auf die geheimen Nachforschungen welche ihr am Herzen liegen, und auf die persönliche Unabhängigkeit anspielte, welche sie sich zu erwerben sucht, bevor sie nach ihren Ermittelungen zu handeln beginnt.



– Wenn Sie zur Bühne gehen, sagte ich, werden Ihre Dienste von einem Theaterunternehmer um Geld erkauft werden, und er wird auf seinen Ansprüchen bestehen, gerade wenn Sie von ihm frei sein müßten. Wenn Sie aber im Gegentheil meinen Plänen sich anschließen, so werden Sie Ihr eigener Herr sein und Ihr eigener Director, und Sie können Ihre Laufbahn machen, wie Sie wollen.



Diese letzte Erwägung schien sie zu packen. Sie nahm sich einen Tag Bedenkzeit, und als der Tag um war, gab sie ihre Einwilligung.



Ich hatte die ganze Verhandlung sofort schwarz auf weiß gebucht. Unser Uebereinkommen ist äußerst befriedigend, außer in einem einzigen Puncte. Sie zeigt ein krankhaftes Mißtrauen, ihren Namen unter irgend eine ihr vorgelegte Urkunde zu setzen. Sie sagt rund heraus, daß sie keine Urkunde unterzeichnen möge. So weit es in ihrem Interesse ist, sie mit Geldmitteln für die Zukunft zu versehen, verpflichtet sie sich mündlich, fortzufahren. Wenn es aber aufhört, in ihrem Interesse zu sein, so spricht sie offen die Drohung aus, den Vertrag zu kündigen und eine Woche darauf fortzugehen. Sie ist ein schwer zu befriedigendes Mädchen, sie hat bereits richtig herausgefühlt, welchen Werth sie für mich hat. Ein süßer Trost ist mir geblieben: ich habe die Buchführung über die Einnahmen, und da will ich denn schon dafür sorgen, daß meine schöne Base nicht allzu rasch reich werden soll, so weit ich es nämlich hindern kann.



Meine Bemühungen, Miss Vanstone für den bevorstehenden dramatischen Versuch vorzubereiten, unterstützte ich durch zwei anonyme Briefe, welche ich im Interesse der jungen Dame abfaßte und versandte. Da ich nämlich merkte, daß sie sich zu viel Gedanken machte, wie sie mit ihren Freunden aufs Reine käme, und daher meinem Unterricht nicht ihre ganze Aufmerksamkeit mehr schenkte, schrieb ich anonym an den Rechtsanwalt, der die Nachforschung nach ihr in seinen Händen hat, und ersuchte ihn in höflichen Worten, sich nicht weiter zu bemühen. Den Brief schickte ich im Einschluß an einen meiner Freunde in London mit der Weisung, ihn zu Charingcroß aufzugeben. Eine Woche später schickte ich durch denselben Canal einen zweiten Brief, in welchem ich den Advocaten ersuchte, mich schriftlich in Kenntniß zu setzen, ob er und seine Clienten sich entschlossen hätten, meinem Rathe zu folgen oder nicht. Ich wies ihn mit scherzhafter Anspielung auf den Widerstreit der zwischen uns obschwebenden Interessen an, seinem Briefe folgende Aufschrift zu geben:



Wir Du mir, so ich Dir,

 Postamt, West Strand.



In wenigen Tagen langte die Antwort an, und zwar in Folge einer Verabredung mit meinem Freunde in London heimlich an das Postamt zu Whitby expediert.



Die Erwiderung des Advocaten war kurz und bestimmt.



Mein Herr!

Wenn mein Rath befolgt worden wäre, so würden Sie und Ihr anonymer Brief mit der Verachtung, welche Sie verdienen, behandelt worden sein. Allein die Wünsche von Miss Magdalene Vanstones ältester Schwester haben ein Anrecht darauf, von mir berücksichtigt zu werden, das ich nicht bestreiten kann, und auf Ihr Ersuchen benachrichtige ich Sie, daß alle weiteren Maßregeln von meiner Seite zurückgenommen sind, unter dem ausdrücklichen Bedingniß, daß dies Zugeständniß zur Eröffnung eines Briefwechsels wenigstens zwischen den beiden Schwestern führt. Ein Brief von der älteren Miss Vanstone folgt im Einschlusse. Wenn ich binnen einer Woche nicht höre, daß er richtig in Empfang genommen worden ist, werde ich die Sache noch einmal den Händen der Polizei übergeben.



William Pendril.

Ein gestrenger Mann, dieser William Pendril. Ich kann von ihm nur sagen, was ein hochgestellter Edelmann einmal von seinem Diener sagte:



– Ich möchte ein solches Temperament, wie es der Bursche hat, nicht haben um alle Schätze dieser Welt!



Wie sichs von selbst versteht, sah ich erst in den Brief, den der Rechtsanwalt im Einschluß beigelegt hatte, bevor ich ihn abgab. Miss Vanstone die Aeltere schilderte die unsägliche Beunruhigung, welche sie empfinde, weil sie ohne Nachricht von ihrer Schwester sei, zeigte an, daß sie eine Stelle als Erzieherin einer Familie angenommen habe und daß sie dieselbe schon binnen acht Tagen antreten werde. Sie sehne sich daher nach einem Briefe, der sie trösten solle, bevor sie an das schwere Werk, die Uebernahme ihrer neuen Pflichten, herangehe. Als ich das Couvert wieder zugemacht hatte, begleitete ich die Uebergabe des Briefes an Miss Vanstone die Jüngere mit einer Verwahrung.



– Sind Sie Ihrer Standhaftigkeit jetzt mehr sicher, als damals, wo ich Sie zuerst traf? sagte ich.



Schnell fertig war sie mit der Antwort:



– Hauptmann Wragge, als Sie mich auf dem Walle von York trafen, war ich noch nicht so weit gegangen, daß ich nicht mehr zurück gekonnt hätte. Jetzt bin ich so weit gegangen.



Wenn sie Das wirklich fühlt – und ich glaube, sie fühlt es selbst – so kann der Briefwechsel mit der Schwester Nichts schaden. Sie schrieb noch denselben Tag äußerst ausführlich, weinte unendlich über ihren eigenen Schreibebrief und war den Abend merkwürdig übler Laune und schroff gegen mich. Sie hat keine Erfahrungen, das arme Mädchen, sie hat traurig wenig Erfahrung von der Welt. Wie tröstlich zu wissen, daß ich gerade der Mann bin, sie damit auszustatten!



II

(Chronik über November.)

Wir haben uns in Derby eingerichtet. Die dramatische Unterhaltung ist zu Papier gebracht, und die Proben nehmen ihren stetigen Fortgang. Alle Schwierigkeiten sind beseitigt, nur nicht die ewige Schwierigkeit rücksichtlich des Geldpunctes Miss Vanstones Hilfsquellen reichen wohl ganz gut für Unsere persönlichen Bedürfnisse aus, die Miethe eines Pianoforte zur Uebung und den Ankauf und die Fertigung der nöthigen Kleider eingerechnet. Aber die Unkosten, um die Unterhaltung ins Werk zu setzen, übersteigen die Mittel, die wir besitzen. Ein Freund von mir, der beim Theater ist und den ich für unser Unternehmen zu interessieren gehofft hatte, ist, wie es sich leider herausstellt, selbst in einer Krisis in seiner Laufbahn. Das Feld des menschlichen Mitleids, aus dem ich hätte die nöthige Geldernte ziehen können, ist mir verschlossen, da es an Zeit fehlt, es zu bestellen und zu behalten. Ich sehe, es bleibt kein ander Mittel übrig – wenn wir bis Weihnachten zu Rande sein wollen – als einen von den Musikhändlern hier anzugehen, welcher, wie man sagt, ein speculativer Mann ist. Eine Privatprobe in dieser Wohnung, und ein Gewinn, der die Taschen eines habgierigen Dritten füllen wird, das sind die Opfer, welche die grausame Nothwendigkeit mir bei diesem Werke auferlegt. Gut. Es ist noch ein Trost wenigstens dabei. Ich will den Musicalienhändler prellen.



III

(Chronik über Dezember Erste Hälfte.)

Der Musicalienhändler nöthigt mir unwillkürlich meine Achtung ab. Von den menschlichen Wesen, die mir im Laufe meines Lebens aufgestoßen sind, ist er einer der Wenigen, die sich nicht prellen lassen. Er hat sich unsere hilflose Lage ganz meisterhaft zu nutze gemacht und uns für Aufführungen zu Derby und Nottingham mit gewinnsüchtiger Rücksichtslosigkeit gegen alle Interessen außer seinem eigenen solche Bedingungen auferlegt, daß ich, so eifrig und gern ich auch Alles schwarz auf weiß zu Papier zu bringen pflege, es in der That nicht über mich gewinnen kann, den schnöden Gewinn desselben aufzuzeichnen. Es ist unnöthig zu sagen, daß ich mein Bestes gethan habe, indem ich mit meiner schönen Verwandten den ärmlichen Ueberschuß, der uns blieb, theilte. Das Blättchen wird sich schon ein Mal für uns wenden. Mittlerwe

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