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Die Schatzinsel

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Die Schatzinsel
Die Schatzinsel
Аудиокнига
Читает Thomas Dehler
480,23 
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Die Schatzinsel
Аудиокнига
Читает Andreas Berg, Hans Meissner, Heinz Rabe, Karl Brugsch Heinrich, Klaus Jepsen, Paul Richter, Santiago Ziesmer
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Zweiunddreißigstes Kapitel

Die Jagd nach dem Schatze – Die Stimme aus den Bäumen

Noch unter dem Eindruck dieses Schreckens, zum Teil auch, um Silver und den Kranken etwas Zeit zum Ausruhen zu geben, machte die ganze Gesellschaft Rast, sobald die Höhe erreicht war.

Die Hochfläche neigte sich gegen Westen, und der Punkt, wo wir haltmachten, hatte einen weiten Ausblick nach beiden Seiten. Vor uns sahen wir über die Baumwipfel hinweg das von der Brandung bespülte Waldkap; dahinter konnte man nicht nur den Ankerplatz und die Skelettinsel, sondern auch noch jenseits der Landzunge und des östlichen Tieflandes einen breiten Streifen der offenen See erblicken. Senkrecht über uns erhob sich das Fernrohr, das hier mit einzelstehenden Nadelbäumen bewachsen war, dazwischen lagen schwarze zerklüftete Schluchten. Kein Laut war zu hören, außer dem fernen Anschlagen der Brandung ringsum und dem Gezirp der zahllosen Insekten im Gesträuch. Kein Mensch, kein Schiff auf der See. Gerade die Weite des Ausblickes erhöhte das Gefühl tiefer Einsamkeit.

Silver machte mit seinem Kompaß während der Rast verschiedene Aufnahmen.

„Da sind drei hohe Bäume,“ sagte er, „ungefähr in der bezeichneten Richtung von der Skelettinsel. ‚Fernrohrabhang,‘ damit wird wohl der tiefere Punkt dort gemeint sein. Es ist ein Kinderspiel, die Geschichte jetzt zu finden. Ich möchte beinahe vorher mittagessen.“

„Mir vergeht der Hunger, wenn ich an Flint denke – als ob’s mir passiert wäre – !“

„Ja, mein Sohn, du kannst dem Himmel danken, daß er tot ist“, sagte Silver.

„Er war ein häßlicher Teufel!“ rief ein dritter Seeräuber schaudernd. „Ganz blau im Gesicht!“

„Das hat der Rum aus ihm gemacht,“ fügte Merry hinzu, „ja, ganz blau war er, das ist richtig.“

Seit der Auffindung des Skeletts hatten sie angefangen immer leiser zu sprechen, so daß das Geräusch ihrer Reden das Schweigen des Waldes kaum unterbrach. Und jetzt, ganz plötzlich, ertönte aus einer Baumgruppe vor uns eine dünne, hohe, zitternde Stimme, die das wohlbekannte Lied sang:

 
„Fünfzehn Mann auf des toten Manns Kiste —
Jo-hoho – Und ein Fläschchen Rum!“
 

Niemals habe ich ein wilderes Entsetzen gesehen, als jetzt das der Seeräuber. Ihre Gesichter entfärbten sich, ein paar sprangen auf die Füße, andere klammerten sich an die Kameraden an, Morgan warf sich zu Boden.

„Es ist Flint, zum – !“ schrie Merry. Plötzlich brach das Lied mitten in einem Tone ab, so, als ob jemand dem Sänger den Mund zugehalten hätte. Mir klang es, wie es durch die klare sonnige Luft zwischen den grünen Baumwipfeln ertönte, heiter und lieblich, um so seltsamer schien mir die Wirkung auf meine Gefährten.

„Also,“ sagte Silver, als seine aschgrauen Lippen ein Wort hervorbringen konnten, „das gibts nicht. Das ist ein netter Anfang. Ich weiß nicht, wer da gesungen hat, einer macht sich da einen Witz, einer der aus Fleisch und Blut ist; darauf könnt ihr Gift nehmen!“

Im Sprechen hatte er wieder Mut gewonnen und in sein Gesicht kam wieder ein wenig Farbe. Auch die anderen hatten bereits angefangen auf seine Ermutigung zu hören und kamen ein wenig zu sich, als die Stimme wieder ertönte – diesmal nicht singend, sondern in einem schwachen, fernen Ruf, den die Schluchten des „Fernrohrs“ noch schwächer widerhallten.

„Darby M’ Graw,“ jammerte es – denn das ist das Wort, das den Klang am besten andeutet – , „Darby M’ Graw!“

„Darby M’ Graw!“ wieder und wieder und dann noch etwas stärker und mit einem Fluch, den ich nicht wiedergeben kann; „Hol’ mir den Rum, Darby!“

Die Freibeuter standen wie angenagelt und die Augen traten ihnen aus den Höhlen. Noch lange nachdem die Stimme verklungen war, starrten sie in entsetztem Schweigen vor sich hin.

„Jetzt ist es sicher!“ keuchte einer, „gehen wir!“

„Das waren seine letzten Worte,“ stöhnte Morgan, „seine letzten Worte auf dieser Erde.“

Dick hatte seine Bibel ausgepackt und betete eifrig. Er war fromm erzogen worden, der gute Dick, ehe er zur See ging und in schlechte Gesellschaft geraten war.

Nur Silver blieb unbesiegt. Ich hörte zwar, wie ihm die Zähne klapperten, aber er ergab sich noch immer nicht.

„Niemand auf der Insel hier hat jemals von Darby gehört“, murmelte er, „außer uns.“ Dann fuhr er mit großer Anstrengung fort: „Kameraden!“ rief er, „ich bin hergekommen, um dieses Gold zu kriegen, und niemand soll mich daran hindern, weder Mensch noch Teufel! Ich habe mich vor Flint im Leben nicht gefürchtet und ich will mich ihm entgegenstellen, bei allen Teufeln, auch wenn er tot ist. Siebenhunderttausend Pfund liegen kaum eine Viertelmeile von hier. Wann ist je ein Glücksritter vor einem Schatze umgekehrt, bloß wegen so eines alten Seemannes mit einer blauen Fratze, der noch dazu tot ist?“

Doch jetzt war kein Zeichen wiedererwachenden Muts bei seinen Gefährten zu sehen, viel eher wachsende Furcht über die Kühnheit seiner Reden.

„Gebt acht, John!“ sagte Merry, „man soll die Geister nicht böse machen!“

Die übrigen waren zu entsetzt, um zu antworten. Sie wären davongelaufen, wenn sie es gewagt hätten, doch die Furcht hielt sie beisammen und trieb sie zu John, wie wenn sein Wagemut ihnen helfen würde. Er hingegen hatte seine Schwäche tapfer niedergekämpft.

„Geister? Kann schon sein!“ sagte er, „nur eins versteh’ ich nicht: Ich habe ein Echo gehört. Kein Mensch hat je ein Gespenst mit einem Schatten gesehen, was sollte es also mit einem Echo machen, möchte ich wissen? Ist das nicht unnatürlich?“

Diese Beweisführung kam mir ziemlich schwach vor. Doch läßt sich niemals sagen, was den Abergläubischen beeinflussen kann, denn zu meinem großen Erstaunen war Georg Merry merklich getröstet.

„Das ist wahr,“ sagte er, „Ihr seid ein gescheiter Kerl John, kein Zweifel. Vorwärts Kameraden! Wir sind auf einer falschen Fährte, glaube ich. Und wenn ich es recht bedenke, war es schon ähnlich wie Flints Stimme, das geb ich zu, aber eigentlich doch nicht ganz. Eher wie jemandes anderen Stimme – eher wie – “

„Beim Teufel – Ben Gunn!“ brüllte Silver.

„Ja, ja,“ rief Morgan, aufspringend, „Ben Gunn war’s!“

„Es macht keinen großen Unterschied,“ sagte Dick, „Ben Gunn ist ebensowenig am Leben wie Flint.“

Doch die alten Matrosen überschütteten ihn mit Hohn.

„Was fällt dir ein, wer schert sich um Ben Gunn“, rief Merry. „Ob tot oder lebendig, keine Katze fragt nach dem.“

Es war ganz merkwürdig, wie rasch ihnen der Mut zurückgekehrt war, und ihre Wangen Farbe bekamen. Bald schnatterten sie durcheinander, und als kein anderer Laut mehr vernehmbar wurde, schulterten sie die Geräte und machten sich auf den Weg, Merry mit Silvers Kompaß, der die gerade Richtung zur Skelettinsel zeigte, voran. Er hatte wahr gesprochen: Ob tot oder lebendig, niemand scherte sich um Ben Gunn.

Nur Dick hielt noch immer seine Bibel fest und blickte mit ängstlichen Augen um sich, doch fand er kein Mitgefühl und Silver lachte sogar über seine Vorsichtsmaßregel.

„Ich hab’ es dir ja gesagt, warum hast du deine Bibel verdorben? Wenn sie nichts mehr zum Schwören taugt, was glaubst du, gibt ein Geist dafür? Nicht das!“ Und er schlug mit seinen dicken Fingern ein Schnippchen, während er, auf seine Krücke gestützt, einen Augenblick stehen blieb.

Doch Dick war untröstlich, und ich sah bald, daß der Junge im Begriffe war krank zu werden. Die Hitze, die Erschöpfung und der Schreck erhöhten sichtlich das von Doktor Livesay prophezeite Fieber.

Es war ein schöner freier Weg, den wir da auf dem Kamm gingen, denn die Hochfläche war, wie gesagt, gegen Westen geneigt. Die hohen und niedrigen Nadelhölzer standen in weiten Zwischenräumen und auch zwischen den Muskatnuß- und Azaleengruppen waren große Lichtungen, auf die die heiße Sonne niederbrannte. Da wir ziemlich gegen Nordwesten über die Insel wanderten, zogen wir einerseits näher zum „Fernrohr“ hin und sahen andererseits weit über jene westliche Bucht hinaus, in der ich einmal in meinem kleinen Boot zitternd herumgestoßen worden war.

Der erste der hohen Bäume war erreicht, und bei der Prüfung mit dem Kompaß zeigte es sich, daß es ein falscher war. Ebenso ging es mit dem zweiten. Der dritte erhob sich über einer Gruppe Unterholz fast zweihundert Fuß in die Luft, ein Riesengewächs, der rote Stamm groß wie ein Haus, in dessen Schatten eine Kompagnie hätte bequem exerzieren können. Er konnte von Osten und Westen, von weit her, wahrgenommen werden und man hätte ihn als Wegweiser in die Karte einzeichnen können.

Doch nicht seine Größe machte Eindruck auf meine Gefährten, sondern der Umstand, daß dort siebenhunderttausend Pfund Gold irgendwo in seinem Schatten begraben lagen. Der Gedanke an das Geld verschlang den früheren Schrecken, als sie näher kamen. Ihre Augen brannten, ihre Füße liefen leichter und schneller, denn ihre ganze Seele hing an diesem Gelde und an dem Leben voll Vergnügen und Verschwendung, das da auf jeden einzelnen von ihnen zu warten schien.

Silver humpelte stöhnend auf seiner Krücke heran. Seine weitgeöffneten Nasenflügel zitterten und er fluchte wütend, wenn sich die Fliegen auf seinem großen, von Hitze glänzenden Gesicht niederließen. Er zog wild an dem Strick, der mich mit ihm verband, und von Zeit zu Zeit schaute er mich böse an. Er gab sich gar keine Mühe, seine Gedanken zu verbergen und ich las es schaudernd von seinem Gesicht. In dieser unmittelbaren Nähe des Goldes war alles übrige vergessen. Sein Versprechen und die Mahnung des Doktors waren vergangene Dinge, und ich konnte nicht daran zweifeln, daß er hoffte, den Schatz zu heben, die Hispaniola im Schutze der Nacht aufzufinden und zu bergen und allen ehrlichen Menschen auf der Insel die Kehle zu durchschneiden, um, so wie er es zuerst beabsichtigt hatte, beladen mit Verbrechen und Reichtümern, fortzusegeln. Bedrückt von diesen Gedanken fiel es mir schwer, mit dem raschen Gang der Schatzsucher Schritt zu halten. Manchmal stolperte ich und dann zog Silver roh am Strick und schoß mörderische Blicke auf mich. Dick, der zurückgeblieben war und jetzt die Nachhut bildete, plapperte, während das Fieber stieg, Gebete und Flüche vor sich hin. Auch das vergrößerte meinen Jammer, und dazu kam noch, daß mich der Gedanke an das Trauerspiel ununterbrochen verfolgte, das sich einst hier auf dieser Hochfläche zugetragen hatte, als jener verruchte Freibeuter mit der blauen Fratze mit eigener Hand seine sechs Mitschuldigen ermordete. Dieses Tal, das jetzt so friedlich dalag, mag damals von Todesschreien erzittert haben, und bei diesem Gedanken glaubte ich jene Schreie noch zu hören.

 

Wir standen nun am Rande des Dickichts.

„Hallo, Kameraden, allemiteinander!“ rief Merry, und die ersten fingen zu laufen an.

Doch plötzlich, wenige Schritte weiter, standen sie still. Ein schwacher Schrei. Silver verdoppelte seine Geschwindigkeit, er stampfte mit seiner Krücke wie ein Besessener, und im nächsten Augenblick mußten auch wir beide haltmachen.

Vor uns lag ein großer Graben, der schon vor längerer Zeit ausgegraben worden sein mußte, denn der Boden war mit Gras bewachsen. Darin stak der Griff einer zerbrochenen Spitzhaue und ringsherum lagen die Bretter mehrerer Packkisten verstreut; auf einer war mit einem heißen Eisen das Wort „Walroß“ – der Name von Flints Schiff – eingebrannt.

Alles war sonnenklar. Jemand hatte das Versteck gefunden und ausgeräumt: Die siebenhunderttausend Pfund waren fort!

Dreiunddreißigstes Kapitel

Der Fall eines Häuptlings

Noch nie hatte sich ein so ungeheurer Umschwung ereignet.

Jeder der sechs Leute war wie erschlagen. Doch an Silver ging der Schlag fast augenblicklich vorüber. Jeder Gedanke in ihm war wie bei einem Rennpferd in voller Jagd geradeaus auf dieses Geld gerichtet gewesen. In einer einzigen Sekunde war er aufgehalten worden; er behielt den Kopf hoch, fand seine gute Laune wieder und wechselte seinen Plan, noch ehe die anderen Zeit hatten, ihre Enttäuschung voll zu erfassen.

„Jim,“ flüsterte er, „nimm das da, und mach’ dich auf Unannehmlichkeiten gefaßt.“ Dabei reichte er mir eine zweiläufige Pistole.

Gleichzeitig begann er sich unauffällig gegen Norden zu bewegen und mit wenigen Schritten hatte er den Graben zwischen uns beide und die anderen fünf gelegt. Dann schaute er mich an und nickte mir zu, wie um zu sagen: „Das ist ein enger Winkel“, und ich fand, daß er recht hatte. Seine Blicke waren jetzt ganz freundlich und ich war über diesen fortwährenden Gesinnungswechsel so empört, daß ich es nicht unterlassen konnte, ihm zuzuflüstern: „Also habt Ihr Euch wieder zur anderen Partei geschlagen.“

Doch er hatte keine Zeit mehr, zu antworten. Die Freibeuter sprangen schreiend und fluchend einer nach dem anderen in den Graben, warfen die Bretter zur Seite und fingen an, mit den Händen zu graben. Morgan fand ein Goldstück und hielt es unter einer wahren Sturzflut von Flüchen in die Höhe. Es war ein Zweipfundstück und ging eine Weile von Hand zu Hand.

„Zwei Pfund!“ brüllte Merry, indem er es Silver drohend hinhielt. „Das sind Eure siebenhunderttausend Pfund, was? Ihr seid der Mann der guten Geschäfte, nicht wahr? Ihr habt nie was verpatzt, Ihr holzköpfiger Tölpel!“

„Grabt nur, Jungen!“ sagte Silver mit kühler Frechheit, „Ihr werdet schon ein paar Erdnüsse finden, glaube ich.“

„Erdnüsse!“ wiederholte Merry kreischend. „Kameraden, hört ihr’s. Ich sage euch jetzt, der Mann hat es die ganze Zeit gewußt. Schaut ihm ins Gesicht, da stehts geschrieben.“

„Ah, Merry,“ bemerkte Silver, „Ihr wollt wieder Kapitän werden? Ihr seid ein ehrgeiziger Junge, das muß man sagen.“

Doch diesmal waren alle auf Merrys Seite. Sie kletterten wieder aus dem Graben heraus und sandten wütende Blicke zurück, doch sah ich zu meiner Freude, daß sie alle auf der Silver entgegengesetzten Seite hinaufkamen.

Nun, da standen wir: zwei auf der einen Seite, fünf auf der anderen, zwischen uns der Graben, und niemand wagte vorderhand den ersten Schlag zu tun. Silver rührte sich nicht. Er stand sehr aufrecht an seiner Krücke und beobachtete sie so kühl wie nur denkbar. Er war tapfer; darüber gab’s keinen Zweifel.

Schließlich schien Merry der Ansicht zu sein, daß man etwas reden sollte.

„Kameraden,“ sagte er, „die zwei da drüben sind allein; der alte Krüppel, der uns hergebracht hat und so tölpelhaft anrennen ließ, und der Bengel, dem ich das Herz aus dem Leibe zu reißen gedenke. Nun Kameraden – “

Er hob Arm und Stimme und wollte offenbar jetzt losfahren. Doch in diesem Augenblick – krach – krach – krach – blitzten drei Gewehrschüsse aus dem Gebüsch. Merry rollte mit dem Kopf voran in den Graben, der Mann mit dem Verband drehte sich wie ein Kreisel und fiel in seiner ganzen Länge tot hin und die übrigen drei wendeten sich und rannten fort so rasch sie konnten.

Bevor man sich besinnen konnte, hatte der lange John schon zwei Pistolenschüsse auf Merry abgefeuert, der im Todeskampf lag, und als dieser im letzten Augenblick seiner Agonie die Augen zu ihm aufschlug, sagte er: „Na, Georg, ich denke, dich habe ich erledigt.“

Im selben Moment kamen der Doktor, Gray und Ben Gunn mit rauchenden Gewehren von den Muskatbäumen her auf uns zu.

„Vorwärts!“ rief der Doktor. „Schnell Jungen, wir müssen die Boote vor ihnen erreichen.“

In heftigster Eile gingen wir los und arbeiteten uns mit vieler Mühe, manchmal bis zur Brust durchs Gebüsch stampfend, einen Weg.

Ich versichere es. Silver lag viel daran mit uns Schritt zu halten. Die Mühe, die es dem Mann kostete, an seiner Krücke mit uns durch Dick und Dünn zu springen bis seine Adern fast sprangen, war eine übermenschliche Leistung, auch nach der Meinung des Doktors. Trotzdem war er schon etwa dreißig Schritte zurückgeblieben und fast am Ersticken, als wir den Gipfel des Abhanges erreichten.

„Herr Doktor,“ rief er, „seht dorthin! Keine Eile!“

Sicherlich war keine Eile mehr nötig. Von einer offenen Stelle der Hochfläche aus konnten wir die drei Überlebenden in derselben Richtung, von der sie gekommen waren, gerade gegen den Kreuzmastberg laufen sehen. Wir waren bereits zwischen ihnen und den Booten, und so konnten wir vier uns niedersetzen, um Atem zu schöpfen, während der lange John, der sich das Gesicht abtrocknete, uns langsam nachkam.

„Vielen Dank, Herr Doktor,“ sagte er, „Ihr kamet gerade im letzten Moment für mich und Hawkins. Also Ihr seid es, Ben Gunn! Nun, Ihr seid mir ein netter Bursch.“

„Ich bin Ben Gunn, ich bin’s“, erwiderte der Ausgesetzte und wand sich dabei vor Verlegenheit wie ein Aal. „Aber,“ fügte er nach einer langen Pause hinzu, „wie geht’s, Herr Silver? Recht gut, sagt Ihr, das freut mich.“

„Ben, Ben,“ murmelte Silver, „wenn ich denke, was Ihr mir angetan habt!“

Der Doktor sandte Gray zurück, um eine der von den Meuterern bei ihrer Flucht im Stich gelassenen Spitzhauen zu holen, und erzählte, während wir gemächlich zum Landungsplatz der Boote hinabstiegen, in kurzen Worten, was vorgegangen war. Es war eine Geschichte, welche Silver außerordentlich interessierte und deren Held von Anfang bis zu Ende Ben Gunn, der ausgesetzte Halbidiot war.

Ben hatte auf seinen langen einsamen Wanderungen durch die Insel das Skelett gefunden, er war es, der es ausgeraubt hatte! Er hatte den Schatz gefunden, ihn ausgegraben (es war der Stiel seiner Kreuzhacke, der zerbrochen im Graben lag) und ihn in vielen mühseligen Tagwerken vom Fuß der hohen Fichte bis zu einem Versteck geschafft, das er an dem zweispitzigen Hügel am Nordostende der Insel angelegt hatte. Dort lag er, sicher aufbewahrt, schon zwei Monate, ehe die Hispaniola landete. Nachdem der Doktor ihm dieses Geheimnis am Nachmittage des Angriffes entwunden hatte und als er am nächsten Morgen den Ankerplatz verlassen daliegen sah, war er zu Silver gegangen, hatte ihm die Karte gegeben, die jetzt nutzlos geworden war, ebenso die Vorräte (denn Ben Gunns Keller war mit selbst eingesalzenem Wildfleisch wohlversehen), kurz, er hatte ihm alles und jedes gegeben, nur um die Möglichkeit zu haben, in Sicherheit vom Blockhaus nach dem zweispitzigen Berg zu ziehen, wo er vor der Malaria geschützt war und das Geld bewachen konnte.

„Was dich anbelangt, Jim, ging’s mir ja sehr zu Herzen, doch ich mußte mein möglichstes für die tun, die zu ihrer Pflicht gestanden hatten. Und wessen Schuld war es, daß du nicht darunter warst?“ – An jenem Morgen, als er sah, daß ich in die schreckliche Enttäuschung, die er für die Meuterer bereit hatte, verwickelt werden mußte, war er den ganzen Weg zur Schatzhöhle zurückgelaufen, ließ den Squire zur Pflege des Kapitäns zurück und machte mit Gray und Ben Gunn den ganzen Weg quer durch die Insel, um rechtzeitig zur Stelle zu sein. Doch bald sah er, daß wir ihm zuvorgekommen waren und Ben Gunn, der ein flinker Läufer war, wurde vorausgeschickt, um alles zu tun, was er allein eben tun konnte. Dem war es eingefallen, auf den Aberglauben seiner alten Schiffsgefährten zu spekulieren, und das gelang ihm so weit, daß er sie hinhielt, bis Gray und der Doktor hinaufgekommen waren und schon versteckt lagen, ehe die Schatzjäger ankamen.

„Na,“ sagte Silver, „ein Glück für mich, daß ich Hawkins bei mir hatte. Ihr hättet den alten John ruhig in Stücke reißen lassen und ihm keine Träne nachgeweint, Herr Doktor.“

„Keine einzige“, erwiderte Doktor Livesay vergnügt. Inzwischen hatten wir die Boote erreicht. Der Doktor schlug mit der Hacke das eine zusammen und wir nahmen alle in dem anderen Platz und ruderten zur Nordbucht.

Das war ein Weg von acht oder neun Meilen. Silver wurde, trotzdem er vor Müdigkeit halb tot war, wie wir anderen an ein Ruder gesetzt, und bald glitten wir rasch über die ruhige See. Bald kamen wir aus der Meerenge heraus und umsegelten das südöstliche Ende der Insel, um welches wir vier Tage vorher die Hispaniola bugsiert hatten.

Als wir den zweispitzigen Hügel passierten, konnten wir die schwarze Mündung von Ben Gunns Höhle sehen und einen Mann davor, der sich an sein Gewehr lehnte. Es war der Squire. Wir schwenkten ein Taschentuch und brachen in Hochrufe aus, in welche Silver ebenso lebhaft einstimmte wie die anderen. Und wem begegneten wir drei Meilen weiter, gerade bei der Mündung der Nordbucht? Niemand anderem als der Hispaniola, die da allein herumkreuzte. Die letzte Flut hatte sie emporgehoben; und wenn ein stärkerer Wind oder eine heftige Flutströmung, wie am südlichen Ankerplatz, eingesetzt hätte, hätten wir sie entweder nie oder nur hoffnungslos gestrandet wieder gefunden. So aber war bis auf das verdorbene Hauptsegel so ziemlich alles in Ordnung. Ein neuer Anker wurde fertiggemacht und eineinhalb Faden tief ins Wasser gelassen. Wir alle ruderten wieder zur Rumbucht hinüber, dem nächsten Landungsplatz für Ben Gunns Schatzhaus. Dann kehrte Gray allein mit dem Boot zur Hispaniola zurück, wo er die Nacht auf Wache verbringen sollte.

Eine leicht abgeschrägte Böschung führte von der Bucht zum Eingang des Schachtes. Oben trafen wir den Squire. Er war herzlich und freundlich zu mir und sprach nichts von meiner Flucht, weder tadelnd noch lobend. Bei Silvers höflichem Gruß rötete sich sein Gesicht.

„John Silver,“ sagte er, „Ihr seid ein unglaublicher Schurke und Schwindler – ein monströser Schwindler, Herr. Man sagte mir, daß ich Euch nicht verfolgen lassen solle. Gut, ich werde es nicht tun. Doch die Toten, Herr, hängen an Eurem Halse wie Mühlsteine.“

„Vielen Dank, Herr“, erwiderte der lange John, neuerlich grüßend.

„Ihr wagt es noch, mir zu danken!“ schrie der Squire. „Ich begehe eine große Pflichtverletzung. Aus meinen Augen!“

Darauf betraten wir alle die Höhle. Sie war hoch und luftig, enthielt eine kleine Quelle und einen kleinen Teich reinen Wassers, der mit Farnkräutern überhangen war. Der Boden bestand aus Sand. Vor einem großen Feuer lag Kapitän Smollett und in einem entfernten Winkel, der nur schwach vom Feuerschein beleuchtet wurde, sah ich große Haufen Goldmünzen und viereckig aufgebaute Stöße von Goldbarren. Das war Flints Schatz, den zu suchen wir so weit hergekommen waren, und der nun schon siebzehn Menschen von der Hispaniola das Leben gekostet hatte. Wieviele er verschlungen hatte, als er aufgehäuft wurde, wieviel Blut und Kummer, wieviel gute Schiffe auf den Meeresgrund versenkt wurden, wieviel tapfere Männer mit verbundenen Augen den Untergang fanden, wieviel Kanonenschüsse, wieviel Schande, Lüge und Grausamkeit da mitaufgehäuft lagen, konnte wohl kein Lebender erzählen. Doch drei waren jetzt auf unserer Insel – Silver, der alte Morgan und Ben Gunn – , die jeder einen Anteil an diesen Verbrechen gehabt hatten, da jeder von ihnen, wenn auch vergeblich, gehofft hatte, den Lohn einzuheimsen.

 

„Komm herein, Jim,“ sagte der Kapitän, „du bist in deiner Art ein guter Junge. Aber ich glaube nicht, daß wir zwei wieder zusammen auf die See gehen werden, für mich bist du zu sehr Protektionskind.

Seid Ihr das, John Silver? Was bringt Euch her, Mann?“

„Ich bin zu meiner Pflicht zurückgekehrt, Herr“, erwiderte Silver.

„Ah!“ sagte der Kapitän. Das war alles, was er sagte.

Welch ein Festmahl war das, mit allen meinen Freunden wieder an einem Tische vereint. Wie schmeckte mir Ben Gunns gepökeltes Wildfleisch und sonstige Leckerbissen und eine Flasche alten Weines von der Hispaniola! Ich glaube, nie hat es frohere oder glücklichere Menschen gegeben! Und dort saß Silver, ganz im Hintergrund und fast schon im Finstern, doch auch er aß eifrig, jeden Moment bereit aufzuspringen, wenn jemand etwas brauchte, und manchmal stimmte er sogar leise in unser Gelächter ein – derselbe sanfte, höfliche, unterwürfige Seemann, als der er mit uns ausgefahren war.

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