Satirische Sketche 4

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Satirische Sketche 4
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Paul Lammers

Satirische Sketche 4

Die Fortsetzung von Satirische Sketche. Mit von der Partie sind wieder Kommissar Heinz Meyer und Polizeimeister Herbert Funke. Unterbrochen werden die Kommissar-Meyer-Geschichten von frechen Liedparodien. Alle Kurzgeschichten in diesem Buch sind wiederum als Sketche für Fernsehproduktionen gedacht.

Imprint

Satirische Sketche 4

Paul Lammers

published by: epubli GmbH, Berlin

www.epubli.de

Copyright: © 2015 Paul Lammers

ISBN 978-3-7375-6467-0

Korrigiert von Jochen Behrendt, Mainz

Lektorat: Erik Kinting / www.buchlektorat.net Covergestaltung: Erik Kinting

Auch als Druckversion erhältlich: ISBN 978-3-7375-6468-7

Was heute mehr und mehr fehlt ist die Humor und der gesunder Menschenverstand

Kommissar Meyer und der Schlaumeier

Während Griselda Meyer aus Osselröde im nahegelegenen Wald joggt, steht ihr Mann, Kommissar Heinz Meyer, im Zentrum der Kleinstadt in einem Tiergeschäft. Er möchte sich einen Papagei kaufen.

»Ja bitte?«, fragt der Verkäufer.

»Verkaufen Sie auch Papageien?«, fragt der Kommissar Meyer.

»Papageien? Aber sicher … was für einen möchten Sie denn?«

»Gibt es da denn Unterschiede? Ich meine … ein Papagei ist ein Papagei, oder nicht?«

»Sicher gibt es da Unterschiede. Ich habe zum Beispiel einen englischsprachigen, einen holländischen, einen …«

»Einen deutschsprachigen, haben sie den auch?«, unterbricht ihn der Kommissar.

»Der Herr möchte einen deutschsprachigen Papagei«, antwortet der Verkäufer. »Na, dann kommen Sie am besten mal mit nach hinten, denn dort habe ich ein gerade eingeflogenes Exemplar für Sie.«

»Er redet doch hoffentlich nicht so, dass mir die Ohren klingeln werden?«

»Wo denken Sie hin?«, antwortet der Verkäufer. »Wie ich bemerkt habe, ist dieser Papagei eher introvertiert, aber wenn er etwas sagt, dann ist er schlagfertig.«

Ein ziemlich bunter Papagei schaut aus seinem Käfig die beiden Männer an. Stolz breitet er seine Flügel aus und blinzelt den Kommissar an.

»Ein schöner Vogel, muss ich sagen«, meint der Kommissar.

»Schön, sagen Sie? Bezaubernd würde ich eher sagen, denn dieser ist das Beste, was ich zurzeit im Laden habe.«

»Und wie viel kostet der?«

»Fünfhundert Euro.«

»Das ist aber teuer.«

»Teuer? Für so ein ausgezeichnetes, dazu deutschsprachiges Exemplar ist das billig!«

»Okay, wenn Sie meinen … nun, ich nehme ihn.«

»Super, Herr …?«

»Meyer … Kommissar Meyer.«

»Alles klar, Herr Kommissar!«, antwortet auf einmal der Papagei, während der Verkäufer den Käfig nimmt und zur Kasse geht.

Der Kommissar schaut den Papagei erstaunt an. »Hat der einen Vogel?«

»Wie ich bereits erwähnte, Herr Meyer … schlagfertig ist er!«

»Hoffentlich werde ich diesen Kauf nicht bereuen …«

»Das werden Sie nicht, Herr Meyer, da bin ich ganz sicher«, meint der Verkäufer und stellt den Käfig auf die Theke.

Der Kommissar durchsucht vergeblich seine Taschen. »Verdammt, ich kann mein Portemonnaie nicht finden.«

»Haltet den Dieb, haltet den Dieb!«, schreit der Papagei und tänzelt im Käfig hin und her.

»Wurde ihr Geld geklaut?«, fragt der Verkäufer.

»Ach, so ein Spaßvogel … Nein, hier ist es«, antwortet der Kommissar und holt das Portemonnaie aus seiner Innentasche, als er einen Anruf von seiner Frau übers Handy bekommt.

Er geht ran: »Meyer! … Ach, du bist es … Was? Du nimmst mich auf den Arm … Hunderttausend Euro hast du im Wald gefunden?«

Der Papagei reagiert resolut. »Finanzamt! Finanzamt!«

»Hallt die Klappe«, ruft er dem Tier zu. »Nein, Liebste, damit meine ich nicht dich, aber den Spaßvogel, den ich hier gerade für uns kaufe … in einem kleinen Karton hast du das Geld gefunden?«

Der Verkäufer schaut noch mal konzentriert auf die Preisliste für Papageien.

»Nein, du bist der ehrliche Finder. Aber es kann sein, dass es sich hier um Diebesgut handelt, aber da kann ich mal die Kripo dransetzen.«

»Heraus mit dem Geld! Heraus mit dem Geld!«, ruft der Papagei.

Da zieht der Kommissar während des Anrufs seine Jacke aus und wirft sie über den Käfig.

Und sofort reagiert der Papagei: »Der Lichtschalter? Wo ist hier der Lichtschalter?«

»Geh bitte schnellstens nach Hause. Ich komme dann sofort nach!«, sagt Meyer hastig, legt auf und schaut zu dem Verkäufer.

»Herr Meyer … wie ich gerade sehe, habe ich bei dem Preis einen Fehler gemacht, denn es heißt nicht fünfhundert, sondern fünfzehnhundert Euro … soviel kostet Sie dieser Papagei.«

Der Kommissar schaut in sein Portemonnaie. »Ach, was solls … Kann ich mit meiner Karte zahlen?«

»Kein Problem, Herr Meyer«, antwortet der Verkäufer und überreicht nach der Zahlung dem Kommissar den Käfig. »Na, dann viel Spaß mit ihrem Kauf, Herr Meyer!«

»Spaß muss sein! Spaß muss sein!«, ruft der Papagei unter der Jacke.

»Ja, danke. Und hoffentlich ist er nun erst mal eine Weile ruhig«, brummt der Kommissar und verlässt den Laden.

Der Papagei trällert indes: »Wie wär’s mit einem Schläfchen! Wie wär’s mit einem Schläfchen!«

Nachdem die Kripo die Hunderttausend Euro, oder um genauer zu sein, siebzigtausend Euro untersucht hat, doch dabei nichts Kriminelles herausgekommen ist, feiern der Kommissar und seine Frau diesen Fund zu Hause unter dem Genuss reichlichen Essens und Alkohol. Den Hunderten von Freunden die ganz plötzlich mal vorbeischauten wollten, haben sie abgesagt.

»So, letzten Endes ist dieses Geld unseres!«, sinniert der Kommissar, der neben seiner Frau auf der Couch sitzt, während beide auf den Papagei im Käfig starren.

»Mann, Heinz, was wir uns nun so alles kaufen können … neue Kleider für mich, ein anderes Auto, Urlaub ….«

»Ja, gut, nur …?«

»Was ist? Du hegst noch Zweifel, wie ich sehe?«

»Wir hätten das Geld nicht bei unserer Bank abgeben sollen.«

»Wieso? Was kann da passieren … wir bekommen doch Zinsen bei der Bank?«

»Unser Geld ist wie eine Torte … sobald die Welt davon Wind bekommt, will jeder davon ein Stück abhaben.«

»Ach, wohin denkst du. So schlimm wird es nicht werden.«

»Privatvermögen! Privatvermögen!«, krakelt der Papagei.

Beide schauen erstaunt auf ihren Vogel im Käfig.

»Wie recht der hat«, meint der Kommissar. »Beim Finanzamt werden Sie uns überprüfen, da kannst du Gift drauf nehmen.«

»Kontenabrufverfahren! Kontenabrufverfahren!«, brabbelt der Papagei, während er an einem Keks knabbert.

»Ja, aber was denn noch?«, meint Frau Meyer und nimmt einen Schluck von ihrem Weißwein.

»Sparer werden ordentlich zur Kasse gebeten! Sparer werden ordentlich zur Kasse gebeten!«, ruft da wieder der Vogel.

»Ich brauche nun einen Schnaps«, murmelt der Kommissar und schenkt sich neben seinem Bier noch einen Klaren ein.

»Ach Heinz, mach dir nichts daraus … es ist nur ein Papagei, dem sie das Sprechen beigebracht haben.«

»Nur das Sprechen beigebracht … Mensch, der redet ja wie der Finanzminister! Ach, hätte ich ihn nur nicht gekauft«, antwortet der Kommissar und kippt den Schnaps hinunter.

»Mit diesem Betrag können wir uns in der kommenden Zeit bestimmt noch einiges leisten.«

Der Papagei tanzt auf seiner Stange hin und her. »Verrechnungssteuer! Verrechnungssteuer!«

»Verdammter Vogel! Wenn der so weiterredet, haben wir am Ende keinen Cent mehr!« Der Kommissar kippt noch einen Schnaps hinunter.

»Heinz! Das sind nur die Steuern, von denen der Vogel redet … das meiste ist für uns«, antwortet seine Frau und schenkt ihr Glas nach.

»Meinst du?«

»Abgeltungssteuer! Abgeltungssteuer!«, klingt es nun aus dem Käfig.

»Verdammte Flasche … kaum zu glauben, aber die ist leer!«

»Ruhig, Heinz, im Kühlschrank steht noch eine. Ich hole sie dir, aber bitte, wir reden nicht mehr von Steuern.«

»Okay«, antwortet ihr Mann, während er einen Schluckauf bekommt.

»Schluckbruder! Schluckbruder!«, kreischt nun der Papagei, während Frau Meyer ihrem Mann eine neue Flasche Schnaps bringt.

»Komm, nimm einen Schluck, denn wir halten doch zusammen.«

»Solidaritätssteuer! Solidaritätssteuer!«, reagiert der Papagei.

»Da ist mal das Glück auf unserer Seite, und schon wird man scheinbar dafür bestraft«, sinniert der Kommissar so vor sich hin, wobei er die Flasche Schnaps zum Mund führt.

»Komm, Heinz, das Saufen hilft dir nichts.«

»Zinssteuer! Zinssteuer!«, klingt es im Käfig.

Der Kommissar stellt die Flasche zurück auf den Tisch. »Wie wär’s, Liebste, hast du nicht auch auf einmal Lust auf Papageienfleisch?«

Der Papagei hockt auf einmal wie angefroren auf seiner Stange und kreischt. »Sie sind Vegetarier! Sie sind Vegetarier!«

»Mach dir nichts daraus, Heinz, es ist und bleibt nur ein Vogel, sonst nichts«, versucht Frau Meyer ihren Mann zu beruhigen, der fast anfängt zu weinen. »Lass uns in Frieden unseren Moment des Glücks genießen.«

Sofort reagiert der Papagei, indem er anfängt wie die Sängerin Nicole zu singen: »Ein bisschen Frieden, ein bisschen Liebe, dass ich die Hoffnung nie mehr verlier …!«

»Sag mal, ist unser Papagei nicht steuerlich absetzbar?«, fragt Meyer seine Frau.

 

»Abzugsposten! Abzugsposten!«, reagiert der Vogel schlagfertig.

»Das kannst du vergessen, Heinz!«

»Doch, ich glaube, das ist der Fall, wenn wir den Vogel ausstopfen!«

»Der Notausgang! Wo ist hier der Notausgang?«, kreischt der Papagei.

»Ich glaube, ich habe im Tierladen viel zu viel bezahlt für einen so blöden Vogel!«

Sofort erhebt der Papagei seinen Kopf und lächelt fast. »Abgezockt! Abgezockt!«

Der Kommissar steht auf und ruft. »Ich habe die Schnauze voll, wo ist meine Dienstwaffe?«

»Notfallnummer eins eins null! Notfallnummer eins eins null!«, klingt es aus dem Käfig.

»Hast du einen Vogel? Komm, lass uns losgehen, irgendwo auf eine Terrasse setzen und einen Kaffee trinken«, meint Frau Meyer.

Der Kommissar schaut in sein Portemonnaie. »Ich hab gerade noch fünf fuffzich im Portemonnaie. Und so wie unser Vogel redet, von all den Steuern, ist das sicher auch alles, was von den siebzigtausend Euro, die du gefunden hast, übrig bleibt.«

»Mehrwertsteuer! Mehrwertsteuer!«, kreischt der Papagei.

Der Kommissar greift den Käfig, stellt ihn auf die Fensterbank, öffnet das Wohnzimmerfenster wie auch den Käfig und ruft: »So, meinetwegen kannst du eine Fliege machen!«

Der Papagei schluckt mühsam und piepst. »Flughafensteuer! Flughafensteuer!

»Keine Ausrede, ab geht die Post, gleich nach links, eine kurze Strecke über die Autobahn und zurück zum Tierladen.«

»Welttierschutztag! Welttierschutztag!«, klingt es verzweifelt aus dem Käfig.

»Welttierschutztag? Für uns Leute ist jeder Tag ein Steuertag ohne Schutz. So, und jetzt verzieh dich.«

Seine Frau steht hinter ihm. »Heinz, du schmeißt da fünfzehnhundert Euro aus dem Fenster!«

»Ja, und die anderen siebzigtausend!«

Der Papagei kreischt nun wirklich laut: »Amnesty International! Amnesty International!«

»Verzieh dich, du blödes Tier!«, kreischt nun auch der Kommissar, worauf der Papagei aus seinem Käfig und aus dem Fenster fliegt.

»Endlich, den sind wir los«, meint er und schließt das Fenster.

»Komm, Heinz, lass uns irgendwo einen Kaffee trinken gehen«, beruhigt sie ihren Mann, der in sein Portemonnaie schaut.

»Fünf Euro fuffzich, hoffentlich reicht das für zwei Tässchen entkoffeinierten Kaffee«, meint er, als sie das Haus verlassen.

»Bestimmt, Heinz, bestimmt «, sagt seine Frau, worauf er sie befremdend anschaut, als sie auf ihre Fahrräder steigen.

Während dieses Momentes, als sie beide Richtung Zentrum ihrer Kleinstadt fahren, kommt aus der anderen Richtung der Postbeamte angefahren, steigt aus seinem Auto und wirft einen Brief in den Postkasten, wobei er kurz aufschaut, zu einem Papagei oben auf dem Schornstein, der anfängt zu kreischen: »Ein Brief vom Finanzamt! Ein Brief vom Finanzamt!«

Der Postbeamte will noch gucken, ob das stimmt, aber der Brief ist schon im Kasten, und so zuckt er mit den Schultern und fährt weiter. Und so endet die Geschichte rund um den Papagei hier für uns Leser, doch nicht für den Kommissar …

Kommissar Meyer in einer Glanzrolle

Osselröde hat die Ehre, das Thema eines Dokumentarfilms zu werden. Der Titel lautet: ›Osselröde, die Stimme der Natur‹. Der Filmemacher versucht, ein Bild von Flora und Fauna rund um die Kleinstadt zu skizzieren. Er ist nur noch auf der Suche nach einem geborenen Osselröder, der als Hauptdarsteller dienen soll. Er schreibt dazu einen Wettbewerb aus. Entscheidend sind die Kenntnisse der Umgebung, und da Kommissar Meyer als Polizist die Umgebung kennt wie seine Westentasche, wird die Glanzrolle letzten endlich ihm zuteil.

Das alles ist eigentlich seinem zweiten Mann, dem Polizeimeister Herbert Funke zu verdanken, der, ohne dass sein Vorgesetzter die geringste Ahnung hatte, ihn als Teilnehmer des Wettbewerbs eingetragen hat.

Seit Funke dies seinem Chef gebeichtet hat, notiert er Falschparker in der Innenstadt …

Es ist ein später Sommerabend und die Dunkelheit senkt sich langsam über diesen Teil der Erde, als –gefolgt von einem Kamerateam und beleuchtet nur vom Mond – der Kommissar Meyer durch den Wald außerhalb Osselrödes schleicht. Plötzlich tauchen in der Ferne zwei Augen eines Tieres auf. Wie rotes Blinklicht funkeln sie durchs Gebüsch. Mit dem Zeigefinger an den Lippen ermahnt Meyer die Leute still zu sein, während er sich, dicht gefolgt von dem angespannten Kamerateam, langsam dem Tier nähert.

Um nicht den kleinsten Zweig knacken zu lassen, gehen sie im Wald herum, als liefen sie auf rohen Eiern. Und es klappt: Sie nähern sich dem Tier bis auf wenige Meter, ohne dass die roten Augen auch nur einmal geblinzelt hätten.

»Was soll der Scheiß?«, meint auf einmal der Kameramann laut.

Böse schaut der Kommissar auf das Team. »Na bravo … nun habt ihr das Tier verscheucht.«

»Verscheucht, nennen Sie das? Na dann würde ich mal richtig hinschauen!«, brummt der Kameramann und filmt auf Anweisung des Filmemachers weiter.

Und während die Leute ihm weiter folgen, schleicht der Kommissar wie eine Katze weiter auf das Tier zu und entdeckt dann, dass die roten Augen zwei kleine Neonlampen sind, die draußen an der Mauer eines tief im Wald versteckten Sexklubs leuchten.

Zudem kommt gerade eine Prostituierte nach draußen und zündet sich eine Zigarette an, als sie den Kommissar bemerkt.

»Hallo Süßer, hast du dich im Walde verlaufen, oder kommst du wie abgesprochen zu mir?«

Der Kommissar ist ein wenig unsicher und zeigt nervös lachend auf das Kamerateam. »Wir sind hier, um die Natur zu filmen.«

Die Prostituierte bläst den Rauch aus und mustert den Kommissar: »Dann bist du hier an der richtigen Adresse … bei uns gibt’s die Natur in reinster Form, Süßer … kannst ruhig reingehen … drinnen werden Beate und Ursula dich herzlich willkommen heißen … ich rauche nur mal schnell meine Zigarette und komm gleich nach.«

Er guckt hilflos zu dem Kamerateam, als der Filmemacher ihn anblafft: »Weiterlaufen, ob nichts geschehen wäre!«

Ohne zu zögern tut der Kommissar, was ihm aufgetragen wurde, als die Prostituierte meint: »Hoho, wo willst du denn hin? Hier geht’s lang zur Stimme der Natur!«

Sie drückt die Kippe unter ihren hohen Absätzen aus, greift den Kommissar am Arm und schleppt ihn unerbittlich mit nach drinnen – das Kamerateam immer hinterher.

Sie lassen die Kamera laufen, halten fest, wie der Kommissar mehr oder weniger nach drinnen verschleppt wird, machen ein Close-up von dem Namenschild oben an der Mauer, wo wie mit Lippenstift geschrieben steht: Die Stimme der Natur.

Drinnen im Sexklub amüsiert sich derzeit ein Viertel der örtlichen Kirchengemeinde, auch der Hauptkommissar Klaus Klugscheißer. Der Hauptkommissar sinkt beim Anblick des Kamerateams sofort unter einen Tisch, die Mitglieder der Kirchengemeinde brauchen plötzlich alle spontan frische Luft oder hasten die Treppe zu den Zimmern hinauf, weil ja in den Nachttischen überall Bibeln liegen und dort unbedingt die eine oder andere Predigt gehalten werden sollte.

Die Damen an seinen Tisch gucken einander erst fragend an, aber konzentrieren sich dann auf den Kommissar, der der Situation überhaupt nicht gewachsen ist.

»Na, Süßer, ich bin die Beate und du?«

»Ich bin der Heinz. Und ich bin verheiratet.«

»Ach, das sagen sie alle«, meint Beate, als ihre Kollegin dem Kommissar liebevoll ihr Dekolleté unter die Nase hält.

»Ich bin die Ursula, und ich kann heute Nacht deine Traumfrau sein.«

Wie bei der Spurensicherung starrt der Kommissar auf die Linie vom Hals bis ins Hemd. Nervös sieht er sich nach dem Kamerateam um, das sich aber an die Bar verzogen hat, die Kamera ist scheinbar aus. »Sie verstehen mich falsch«, sagt er und zeigt auf das Team: »Wir machen gerade Aufnahmen für einen Dokumentarfilm mit dem Titel: Die Stimme der Natur.«

»Aber natürlich, hier drinnen ist alles reinste Natur, Liebster«, unterbricht ihm die Ursula.

»Davon wussten wir aber nichts … Trotzdem, wir heißen euch herzlich willkommen«, säuselt Beate und schnippt nach dem Barkeeper.

In der Zwischenzeit sieht der Kommissar aus dem Augenwinkel, wie ein dunkler Schatten über den Boden kriecht und Richtung Toiletten verschwindet. Da es in dem Sexklub nur gedämpftes Licht gibt, kann er nicht richtig gut sehen, wer sich da herausschleicht.

Da wird er vom Barkeeper abgelenkt: »Was darf's denn sein?«

Beate und Ursula drücken sich an den Kommissar, in der Hoffnung, auch etwas zu trinken zu bekommen.

»Hm, ich hätte gerne ein kleines Pils.«

»Alles klar, Herr Kommissar!«, antwortet der Barkeeper.

Meyer macht große Augen und will gerade auf den Spruch reagieren, aber Beate kommt ihm zuvor: »Ach, lieber Heinz, achte bitte nicht auf ihm, denn er hatte vor längerer Zeit mal Schwierigkeiten mit der Polizei …«

»Und nun sagt er das zu allen Kunden«, ergänzt Ursula, als der Filmemacher an der Theke auf seine Uhr schaut und dann zusammen mit dem Barkeeper zum Kommissar geht.

»Nun, Herr Meyer, es wird schon spät und ich möchte gerne weitermachen.«

Nun macht der Barkeeper große Augen, gerade als er dem Kommissar sein Pils bringen will: »Meyer? Meyer? … Warte mal, aber ich kenne Sie doch?«

Der Kommissar wirkt angespannt. »Entschuldigen Sie, aber ich muss erst mal zur Toilette.«

Schnell steht er auf und läuft zu der Tür, über der ein Hinweisschild leuchtet. Hinter der Eingangstür gibt es einen Flur mit Treppe, die zur Damen- und Herrentoiletten führt.

Kaum ist der Kommissar oben an der Treppe, erkennt er seinen Hauptkommissar, der vorgebeugt am Waschbecken steht. »Herr Klugscheißer, Sie hier?«, ruft er.

Der Hauptkommissar erschreckt sich so sehr, dass er den Hahn zu schnell aufdreht und ihm das Wasser über die Hose läuft. Schnell dreht er sich um, aber schlüpft beim Anblick seines Untergebenen sofort zurück in seiner Rolle: »Herr Meyer? Was eine Überraschung!«

Der Kommissar schaut auf die nassen Stellen auf der Hose seines Vorgesetzten. »Wie Sie sagen: eine Überraschung. Was führt Sie denn hierher?«

»Ach, Herr Meyer, ich war dabei einen Spaziergang zu machen und musste dringend mal zur Toilette … und Sie?«

»Nun, ob sie es glauben oder nicht, aber ich bin der Hauptdarsteller in einem Dokumentarfilm.«

Der Hauptkommissar schaut sich um. »Über einen … wie soll ich sagen … Sexklub?«

»Nein, nein, wo denken Sie hin … Nein, über die Flora und Fauna unseres Osselröder Waldes.«

»Ach so!«

»Am besten kommen Sie mal mit raus und schauen es sich an.«

»Keine schlechte Idee, Herr Meyer … obwohl, ich habe da eine bessere Idee.«

»Und die wär?«

»Nun, ich möchte, wie Sie verstehen werden, am liebsten nicht erkannt werden, noch dazu mit Ihnen, also schlage ich vor, wir nehmen die Feuertreppe oder ein Fenster nach draußen.«

»Aber Sie wollten ja nur mal zur Toilette, weshalb die Angst?«

»Da haben Sie recht … trotzdem, lieber wär es mir, wenn wir es auf meine Weise machen.«

Der Kommissar schaut um sich um. »Ich sehe hier nirgendwo eine Feuertreppe, nur ein Fenster.«

»Das nehmen wir, Herr Meyer«, meint der Hauptkommissar, aber entdeckt dann bei näherer Betrachtung, dass das Fenster verschlossen ist.

»Verdammt, das ist zu! Haben Sie vielleicht etwas bei sich, womit wir das Fenster aufbrechen können? Und am besten ein bisschen dalli, bevor noch jemand zur Toilette muss?«

»Wir machen es uns aber nicht leicht«, meint der Kommissar und findet in seiner Hosentasche ein kleines Klappmesser.

So kommt es, dass der Hauptkommissar Klaus Klugscheißer und sein Untergebener, der Kommissar Meyer, zur zweit, wie zwei Ausbrecher, an einem Fenster in einem Sexklub herumfingern. Am Ende gelingt es den beiden findigen Beamten, das Fenster zu öffnen.

»Wow, Herr Meyer, das ist aber noch recht hoch!«, meint der Hauptkommissar, als sie zur zweit aus dem Fenster auf einen von Gebüsch überwucherten Boden gucken.

»Wir können uns an den Zweigen runterlassen«, schlägt der Kommissar vor, als auf einmal unter an der Treppe eine Frauenstimme erklingt. »Klaus! Heinz! Ist bei euch alles okay?«

»Klaus?«, antwortet der Kommissar und schaut den Hauptkommissar an.

»Nichts wie runter!«, keucht der Hauptkommissar.

Wie Tarzan und seine Affen lassen die beiden Polizisten sich an den herabhängenden Zweigen runter und fallen mit zerschrammten Händen und Gesichtern auf den Boden voller gebrauchter Kondome und anderer unappetitlicher Sachen, die man so aus den Fenstern eines Puffs werfen kann.

 

Dessen ungeachtet machen sie sich schnellstens aus dem Staub – der Hauptkommissar tief ins Gebüsch und der Kommissar zum Eingang des Sexklubs, wo er aber leider das Kamerateam nicht mehr vorfindet. Er zuckt mit den Schultern und begibt sich schließlich heimwärts.

Seit den Geschehnissen im Wald sind einige Tage vergangen. Die Schrammen auf Gesicht und Händen des Kommissars waren für die Frau Meyer akzeptabel, denn er ist ja schließlich Hauptdarsteller in einen Dokumentarfilm über Wald und Flur – oder besser gesagt war, denn der Filmemacher hat beschlossen, sich einen anderen Hauptdarsteller zu suchen. Der Kommissar konnte das alles aber seiner Frau nicht erzählen, wie er fand, wenn er versuchte sich selber im Spiegel anzuschauen.

Im Zentrum von Osselröde ist einmal im Monat Abendmarkt, aber nur in der Sommersaison. Es herrscht viel Betrieb, da selbst spätabends die Temperatur noch an die 25 Grad Celsius beträgt.

Auf der Terrasse eines Cafés genießen der Kommissar und seine Frau gerade ihre Getränke, als er auf einmal seinen Namen hört :»Heinz! Wie nett dich wiederzusehen! Mann, du warst ja auf einmal weg!«

Der Kommissar und seine Frau schauen auf zu einer Frau auf hohen Absätzen in einem ziemlich offenherzigen Kleid. Sofort erkennt er Beate aus dem Sexklub. Ihm wird sofort heiß, vor allem, weil ihm seine Frau irritierte Blicke zuwirft.

»Hallo!«, reagiert er zurückhaltend.

»Na, Heinz? Du weißt doch noch … Im Wald! Die Stimme der Natur?«, plappert Beate und rückt ihr Dekolleté zurecht.

Die Frau Meyer mischt sich ein. »Haben Sie auch an Der Stimme der Natur, dem Dokumentarfilm mitgearbeitet?«

Beate zwinkert erstaunt mit den Augen. »Dokumentarfilm? Ich weiß nicht, wovon Sie reden … Ich arbeite zurzeit in einer …« Sie hört auf zu reden, denn der Kommissar bekommt plötzlich einen Hustenanfall.

Sofort klopft sie ihm, zusammen mit Frau Meyer, auf den Rücken. Die anderen Gäste hören auf sich zu unterhalten und starren sie gebannt an.

Der Kommissar entkommt dieser Situation nur mit knapper Not, als Beate andere Bekannte trifft und mit diesen weggeht. Hektisch trinkt er einen Schluck Bier.

»Geht's wieder?«, fragt seine Frau besorgt.

»Da ging mir doch fast die Puste aus.«

»Woher kennst du eigentlich die Frau?«, fragt sie.

»Ach, während der Aufnahmen traf ich sie im Wald, sonst nichts.«

»Komisch, denn Sie wusste überhaupt nichts von einem Dokumentarfilm.«

Der Kommissar hat ein weiteres Mal Glück. Diesmal rettet ihn sein Handy, das klingelt.

Er geht ran: »Meyer! Funke, du? Was ist los? …« Der Kommissar läuft hinter das Café, wo es ruhiger ist.

»Warum sprichst du so leise? … Ausgewählt? Was? Du wurdest als Hauptdarsteller des Dokumentarfilms ausgewählt? … Und ihr seid gerade bei den Aufnahmen? … Nein, ich habe dir verziehen, aber ich bin froh, die Stelle los zu sein, denn wenn ich daran zurückdenke … Mann! … Was? Du siehst gerade aufleuchtende Augen eines Tieres im Wald? Oh Gott, Funke, nein! Das sind die …«

Ein Lächeln schleicht sich ins Gesicht des Kommissars.

»Funke … du hast recht, ich hab’s auch gesehen … es sind die Augen eines Tieres … ja, na dann viel Spaß, Funke. Tschau!« Lächelnd legt er auf und geht zurück zu seiner Frau, die gerade den Kellner bezahlt.

»Ich bin müde, Heinz, ich möchte schlafen gehen.«

»Gute Ide, denn die Stimme der Natur ruft uns«, antwortet er deutlich erleichtert.

»Was du nicht sagst«, antwortet sie, und Arm in Arm machen sie ihren Spaziergang nach Hause.

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