Das Gewicht der Ehre

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Из серии: Von Königen Und Zauberern #3
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KAPITEL SIEBEN

Alec streckte seinen Hals und schaute nach oben, geblendet, als er durch die hochaufragenden, gewölbten Stadttore von Ur ging, von allen Seiten vom Pöbel angerempelt. Er marschierte durch sie hindurch, Marco ging neben ihm, ihre Gesichter waren immer noch bedeckt vom Schmutz ihres endlosen Marsches durch die Dornenebenen, er schaute zum gewölbten dreißig Meter hohen Marmorbogen hinauf. Er betrachtete die alten Granitwände des Tempels links und rechts von ihm und es überraschte ihn, dass er durch einen Teil des Tempels ging, der gleichzeitig als Stadteingang diente. Alec sah viele Gläubige vor den Wänden kniend, es herrschte eine seltsame Mischung mit dem ganzen Gedränge und der hastigen Geschäftigkeit des Handels und  es brache ihm zum Nachdenken.

Er hatte einst zu den Göttern von Escalon gebetet – aber jetzt betete er zu niemandem mehr. Welcher lebende Gott, fragte er sich, würde erlauben, dass seine Familie starb? Dem einzigen Gott, dem er jetzt dienen konnte, war dem Gott der Rache – und es war ein Gott dem er gewillt war von ganzem Herzen zu dienen.

Alec, war überwältigt von der Belebtheit um ihn herum, er sah sofort, dass diese Stadt anders als jeder Ort war, den er gesehen hatte und so anders war als das kleine Dorf in dem er aufwuchs. Das erste Mal, seit dem Tod seiner Familie, hatte er das Gefühl zurück ins Leben geschüttelt zu werden. Dieser Ort war so überraschend, so lebendig, so dass es schwer war hierher zu kommen und nicht abgelenkt zu werden. Er fühlte eine Bestimmung als er realisierte, dass hier im Inneren der Tore andere wie er waren, gleichgesinnte Freunde Marcos, die auf Rache gegen Pandesia aus waren. Er beobachtete verzaubert all diese Menschen mit ihren verschiedenen Trachten, Sitten und Rassen, die in alle Richtung liefen. Es war wirklich eine weltoffene Stadt.

„Halt deinen Kopf unten”, zischte Marco ihm zu, als sie durch das östliche Tor schritten und sich unter den Pöbel mischten.

Marco stieß ihn an.

„Dort.“ Marco nickte in Richtung einer Gruppe pandesischer Soldaten. „Sie überprüfen die Gesichter. Ich bin sicher, dass sie nach unseren suchen.“

Alec umfasste reflexiv den Griff seines Dolches fester, aber Marco reichte an ihm vorbei und ergriff sein Handgelenk fest.

„Nicht hier, mein Freund”, warnte Marco. „Dies ist kein Dorf, aber eine Stadt des Krieges. Töte zwei Pandesier am Tor und eine ganze Armee wird folgen.“

Marco starrte ihn mit Intensität an.

„Würdest du lieber zwei töten?“ drängte er. „Oder zweitausend?“

Alec, die Weisheit in den Wörtern seines Freunds realisierend, gab den Griff  seines Dolches frei, all seinen Willen zusammennehmend um seine Rachegelüste unterdrücken zu können.

„Es wird viele Chancen geben, mein Freund“, sagte Marco, als sie sich weiter durch die Massen drängten, die Köpfe gesenkt. „Meine Freunde sind hier und der Widerstand ist stark.“

Sie vermischten sich mit der Menschenmenge, die durch das Tor drängte und Alex senkte seine Augen, so dass die Pandesier sie nicht sehen konnten.

„Hey du!“ bellte ein Pandesier. Alec spürte sein Herz klopfen und hielt seinen Kopf gesenkt.

Sie stürzten in seine Richtung und er umgriff den Griff seines Dolches, sich vorbereitend. Aber stattdessen stoppten sie einen Jungen neben ihm und ergriffen grob seine Schulter und überprüften sein Gesicht.

Alex atmete tief durch, erleichtert, dass es nicht er war und sie marschierten schnell und unentdeckt durchs Tor.

Sie kamen endlich zum Marktplatz und als Alex seine Kapuze zurückzog und nach innen in die Stadt sah, erstarrte er vor Ehrfurcht beim Anblick, der sich ihm bot. Dort, vor ihm erstreckte sich die komplette architektonische Schönheit und hastige Geschäftigkeit Urs. Die Stadt erschien am Leben, pulsierend, in der Sonne scheinend und sie schien wirklich zu funkeln. Am Anfang verstand Alec nicht warum, aber dann wurde es ihm bewusst: Das Wasser. Überall war Wasser, die Stadt war mit Kanälen verflochten, das blaue Wasser funkelte in der Morgensonne und gab der Stadt das Gefühl als ob sie eins mit dem Meer wäre. Die Kanäle waren mit jeder Art von Schiffen gefüllt – mit Ruderbooten, Kanus, Segelschiffe – und sogar mit schwarzen Kriegsschiffen, die unter der blau-gelben Flagge Pandesias segelten. Die Kanäle waren mit kopfsteingepflasterten Straßen gesäumt, alter Stein, glatt eingefasst und betreten von tausenden von Menschen mit jeglicher Art von Garderobe. Alex sah Ritter, Soldaten, Zivilisten, Händler, Landarbeiter, Bettler, Jongleure, Kaufleute, Landwirte und viele andere Leute, sich all vermischend. Viele trugen Farben, die Alec nie gesehen hatte, offensichtlich Besucher von der anderen Seite des Meeres, Besucher, die aus der ganzen Welt kamen und die Ur, Escalons internationalen Hafen besuchten. Und tatsächlich, er sah helle, ausländische Farben und Abzeichen, die von verschiedenen Schiffen im vollgestopften Kanal gefahren wurden, als ob sich die ganze Welt an einem Ort getroffen hätte.

„Die Klippen, die Escalon umgeben, sind so hoch, dass sie unser Land unbezwingbar machen“, erklärte Marco als sie weiterliefen. „Ur hat den einzigen Strand und den einzigen Hafen für große Schiffe die anlegen möchten. Escalon hat andere Häfen, aber keiner ist so leicht zugänglich. Wenn die Menschen uns also besuchen kommen möchten, dann kommen sie alle hierhin”, fügte er hinzu und deutete mit einer Handbewegung auf all die Menschen und all die Schiffe.

„Das ist sowohl gut, als auch schlecht”, sprach er weiter. „Es bringt uns Handel und Tausch von all vier Ecken des Königreichs.“

„Und was ist das Schlechte?“ fragte Alec, als sie sich ihren Weg durch die Massen bahnten und Marcos anhielt um einen Fleischspieß zu kaufen.

„Es lässt Ur anfällig für Seeangriffe werden“, antwortete er. „Es ist ein idealer Ort für Invasionen.“

Alec studierte die Stadtumrisse begeistert und nahm all die Kirchtürme und die endlose Auswahl an hohen Gebäuden wahr. Er hatte so etwas noch nie gesehen.

„Und die Türme?“ fragte er, und schaute an den hochaufragenden, quadratischen Türmen hoch, die oben mit einer Brüstung gekrönt wurden, die über die Stadt aufragten und Richtung Meer schauten.

„Sie wurden gebaut um das Meer zu bewachen”, antworte Marco. „Gegen Angriffe. Obwohl es uns wenig gebracht hat mit der schwachen Übergabe des Königs.“

Alec wunderte sich.

„Und wenn er nicht ausgeliefert hätte?“ fragte Alec „Könnte Ur einen Angriff vom Meer abwehren?“

Marco zuckte mit den Schultern.

„Ich bin kein Kommandant”, sagte er. „Aber ich weiß, dass wir Möglichkeiten haben. Wir könnten Piraten und Räuber zweifellos abwehren. Eine Flotte ist eine andere Geschichte. Aber in seiner tausend Jahren alten Geschichte, ist Ur nie gefallen – und das sagt so einiges.“

Als sie weitergingen hörten sie entferntes Glockenläuten in der Luft, das sich mit dem Geräusch der Seemöwen vermischte, die über ihnen flogen, kreisten und kreischten. Als sie sich durch die Meute drückten, knurrte Alecs Magen als er all die verschiedenen Sorten von Essen in der Luft roch. Seine Augen weiteten sich als sie an einer Reihe von Handelsständen vorbeiliefen, die alle mit Waren überladen waren. Er sah exotische Objekte und Köstlichkeiten, die seine Augen niemals vorher gesehen hatten und er war erstaunt über dieses Weltstadtleben. Alles war schneller hier, jeder war in Eile und die Leute hasteten so schnell vorbei, dass er es kaum aufnehmen konnte wenn sie vorbei liefen. Es ließ ihm bewusst werden aus was für einer Kleinstadt er kam.

Alec starrte einen Verkäufer an, der die größten, roten Früchte verkaufte, die er je gesehen hatte und griff in seine Tasche um eine zu kaufen – als ihn eine Schulter hart von der Seite anrempelte. Er drehte sich herum und sah einen großen, älteren, Mann, der ihn überragte und mit einen schwarzem, schäbigem Bart finster dreinblickte. Er hatte ein ausländisches Gesicht, dass Alec nicht zuordnen konnte und er fluchte in einer Sprache, die er nicht verstand. Der Mann schubste ihn und dies ließ Alec zu seiner Überraschung in einen Verkaufsstand fliegen und ihn auf die Straße fallen.

„Das muss nicht sein”, sagte Marco und trat nach vorne eine Hand ausstreckend um den Mann zu stoppen.

Aber Alec, der normalerweise passiv war, fühlte eine neue Wut in sich hochsteigen. Es war ein unbekanntes Gefühl, dass in ihm seit dem Tod seiner Familie brodelte, eine Wut, die raus musste. Er konnte sich nicht kontrollieren. Er sprang auf seine Füße und stürzte nach vorne und mit einer Stärke, von der er nicht wusste, dass er sie besaß, schlug er dem Mann ins Gesicht, so dass dieser um und in einen anderen Verkaufsstand fiel.

Alex stand dort, überrascht, dass er den viel größeren Mann k.o. geschlagen hatte, während auch Marco mit weit aufgerissenen Augen neben ihm stand.

Unruhe entstand auf dem Marktplatz als die bedepperten Freunde des Mannes hinüberkamen und sich eine Gruppe von pandesischen Soldaten von der anderen Seite des Platzes annäherte. Marco schaute panisch und Alec wusste, dass sie in einer prekären Situation waren.

„Hier lang!“ drängte Marco, ergriff Alec und zog ihn grob mit sich.

Während sich die Dummen annäherten und auch die Pandesier näher kamen, rannten Alec und Marco durch die Straßen, Alec folgte seinem Freund, der sie durch die Stadt brachte, die er so gut kannte, Abkürzungen nahm, sich an Verkaufsständen vorbeischlängelte und scharf in den Gassen abbog. Alec konnte bei dem ganzen scharfen Zick Zack kaum mithalten. Dennoch, als er über seine Schulter schaute, sah er die große Gruppe näher kommen und er wusste dass ihnen ein Kampf bevorstand, den sie mit ihren bloßen Händen nicht gewinnen konnten.

„Hier!“, schrie Marco. Alec sah wie Marco von der Kante in den Kanal sprang und ohne darüber nachzudenken folgte er ihm, erwartend dass er ins Wasser fallen würde.

 

Er war überrascht als er kein Platschen hörte und sich im Gegenteil auf der Unterseite auf einer kleinen Steinleiste wiederfand, die er von oben nicht sehen gesehen hatte. Marco, schwer atmend, klopfte viermal an eine unbekannte, hölzerne Tür, die in den Stein unter der Straße gehauen war- und eine Sekunde später öffnete sich die Tür und Alex und Marco wurden in die Schwärze hineingezogen und die Tür hinter ihnen wieder zugeschlagen.

Bevor sie zuschlug, sah er die Männer ratlos an der Ecke des Kanals vorbeilaufen, nicht imstande, die Tür unter ihnen zu sehen, die sich gerade schloss.

Alec fand sich im Untergrund, in einem schwarzen, unterirdischen Kanal wieder und er rannte verblüfft, das Wasser spritzte an seinen Knöcheln hoch. Sie liefen kreuz und quer und bogen ab und schon bald sahen sie wieder Sonnenlicht.

Alec sah, dass sie sich in einem riesigen Steinraum befanden, unter den Straßen der Stadt. Sonnenlicht schien durch die Gitterstäbe von oben hinein und er war erstaunt als er sah, dass sie von mehreren jungen Männern in ihrem Alter umgeben waren, deren Gesichter mit Dreck verschmiert waren, ihm aber natürlich und aufgeschlossen zulächelten. Sie alle hielten, schwer atmend an und Marco lächelte und begrüßte seine Freunde.

„Marco”, sagten sie, ihn umarmend.

„Jun, Saro, Bagi”, antwortete Marco.

Sie alle traten nach vorne und er umarmte jeden einzelnen, grinsend, diese Männer waren offenbar wie Brüder für ihn.

Sie waren alle ungefähr in seinem Alter und so groß wie Marco, breitgeschultert, mit starken Gesichtern und dem Aussehen von Jungs, die es geschafft hatten ihr ganzes Leben lang auf der Straße zu überleben. Sie waren Jungen, die offensichtlich für sich selbst sorgen mussten.

Marco zog Alec nach vorne.

„Dies”, sagte er, „ist Alec. Er ist jetzt einer von uns.“

Einer von uns. Alec gefiel wie das klang. Es fühlte sich gut an irgendwo hinzugehören. Sie alle ergriffen seinen Unterarm und einer von ihnen, der Größte,

Bagi, schüttelte seinen Kopf und grinste.

„Du bist also derjenige, der diese ganze Aufregung verursacht hat?“ fragte er mit einem Lächeln.

Alec lächelte betreten zurück.

„Der Typ hat mich geschubst”, sagte Alec.

Die anderen lachten alle.

„Ein Grund so gut wie jeder andere unser Leben heute zu riskieren“, antwortete Saro ehrlich.

„Du bist jetzt in der Stadt, Landjunge”, sagte Jun streng, nicht lächelnd wie die anderen.

„Du hättest uns alle töten können. Das war dumm. Hier interessiert es die Leute nicht – sie werden dich schubsen – oder noch viel schlimmer. Halt deinen Kopf unten und pass auf wo du hingehst. Wenn dich jemand anstößt, geh weg oder es kann sein, dass du einen Dolch in deinem Rücken findest. Diesmal hattest du Glück. Das ist Ur. Du weißt nie, wer die Straße überquert und die Leute hier töten dich aus irgendeinem Grund – und manche, auch ganz ohne Grund.“

Seine neuen Freunde drehten sich plötzlich um und gingen tiefer in die höhlenartigen Tunnel hinein und Alec beeilte sich aufzuholen und auch Marco schloss sich ihnen an. Sie alle schienen diesen Ort wie ihre Westentasche zu kennen, denn sogar in dem schummrigen Licht, durchkreuzten sie mit Leichtigkeit diese unterirdischen Hallen, von denen das Geräusch von Wasser, das von den Wänden tropfte, wiederhallte. Sie alle waren offenbar hier aufgewachsen. Es gab Alec ein Gefühl von Unzulänglichkeit, in Soli aufgewachsen, ein Kontrast zu diesem Ort, der so weltlich war und diese Jungs, die so clever auf der Straße waren. Sie alle hatten offensichtlich Prüfungen und Entbehrungen erlitten, die sich Alec nicht vorstellen konnte. Sie waren rau, und waren offenkundig in mehr als ein paar Auseinandersetzungen verwickelt gewesen und zusätzlich erschienen sie wie Überlebenskünstler.

Als sie in einigen Gassen abgebogen waren, stiegen die Jungen eine steile Metallleiter hinauf und schon fand sich Alec über dem Boden, in den Straßen, in einem anderen Teil Urs und in eine andere Menschenmasse eintauchend wieder. Alec schaute sich um, und sah einen großen Platz mit einem kupfernen Brunnen in seiner Mitte, er erkannte ihn nicht wieder, er war kaum fähig sich all die Viertel dieser ausgedehnten Stadt zu merken.

Die Jungen blieben vor einem niedrigen, untersetzten, unbekanntem Gebäude aus Stein stehen, welches genauso wie die anderen aussah mit seinem gedeckten Dach aus roten Ziegeln.

Bagi klopfte zweimal und einen Moment später wurde die anonyme, verrostete Tür geöffnet.

Sie alle gingen schnell hinein und die Tür wurde umgehend hinter ihnen zugeschlagen.

Alec fand sich in einem schummrigen Raum wieder, Tageslicht kam nur durch Fenster von weit oben herein und er drehte sich um als er das Geräusch des Schmiedehammers erkannte, der gegen den Amboss schlug, und inspizierte interessiert den Raum. Er hörte das Zischen der Schmiede und sah die vertrauten Wolken des Dampfes und fühlte sich direkt zu Hause.

Er musste sich nicht weiter umsehen um zu wissen, dass er in einer Schmieder war und dass diese voll von Schmieden war, die Waffen bearbeiteten. Sein Herz schlug schnell vor Aufregung.

Ein großer, dünner Mann mit einem kurzen Bart, möglicherweise in seinen Vierzigern, das Gesicht geschwärzt vom Ruß, kam näher und wischte sich seine Hände an der Schürze ab. Er nickte Marcos Freunden respektvoll zu und sie nickten zurück.

„Fervil”, sagte Marco.

Fervil drehte sich um und als er Marco sah, leuchtete sein Gesicht auf. Er trat vorwärts und umarmte ihn.

„Ich dachte, du wärst zu den Flammen gegangen”, sagte er.

Marco grinste zurück.

„Nicht mehr”, antwortete er.

„Sind deine Jungen bereit zu arbeiten?“ fügte er hinzu. Und dann sah er zu Alec rüber.

„Und wen haben wir hier?“

„Meinen Freund”, antwortete Marco. „Alec. Ein guter Schmied, begierig sich unserem Vorhaben anzuschließen.“

„Ist er das?“ fragte Fervil skeptisch.

Er betrachtete Alec mit harten Augen und sah an ihm auf und ab, als ob er unbrauchbar war.

„Ich bezweifle das”, antwortete er, „so, wie der aussieht. Er sieht unglaublich jung aus. Aber wir können ihn zum Schrott sammeln gebrauchen. Nimm das”, sagte er und drückte Alec einen Eimer mit Metallschrott in die Hand. „Ich lasse dich wissen, wenn ich dich brauche.“

Alec errötete, empört. Er wusste nicht warum dieser Mann ihm solch eine Abneigung gegenüberbrachte – vielleicht fühlte er sich bedroht. Er merkte wie die Schmiede ruhig wurde und er sah, dass ihn die anderen Jungen beobachteten. Auf vielerlei Art erinnerte ihn das an seinen Vater und das machte ihn nur noch wütender.

Es brodelte immer noch in ihm und er war nicht länger gewillt, seit dem Tod seiner Familie,  Dinge zu tolerieren, die er vorher toleriert hatte.

Als die anderen sich gerade zum Gehen umdrehten, ließ Alec den Metalleimer auf den Boden fallen und es klirrte laut auf dem Steinfußboden. Alle drehten sich verblüfft um und die Schmiede wurde ruhig als die anderen die Konfrontation beobachteten.

„Mach, dass du aus meinem Laden kommst.“, knurrte Fervil.

Alec ignorierte ihn; stattdessen trat er hinter ihn zum nächsten Tisch und hob eine lange Klinge auf, hielt sie vor sich und überprüfte sie.

„Ist das Ihre Handarbeit?“ fragte Alec

„Und wer bist du, dass du dir erlaubst mir Fragen zu stellen?“ verlangte Fervil zu wissen.

„Ist es deine Handarbeit?“ fragte Marco für seinen Freund einstehend.

„Ja, ist es“, antwortete Fervil defensiv.

Alec nickte.

„Es ist Schrott”, stellte er fest.

Ein Keuchen drang durch den Raum.

Fervil stellte sich zu seiner vollen Größe auf und schaute wütend und finster zu ihm.

„Deine Männer können jetzt gehen“, knurrte er, „Ihr alle. Ich habe genügend Schmiede hier.“

Alec behauptete seinen Platz.

„Und es ist nichts wert“, konterte er.

Fervil wurde rot und trat bedrohlich näher und Marco fuhr mit seiner Hand zwischen sie.

„Wir gehen”, sagte Marco.

Alec stellte plötzlich die Spitze der Klinge auf den Boden, hob seinen Fuß hoch – und mit einem sauberen Stoß, zerbrach er sie in zwei Teile.

Scherben flogen überall durch den Raum.

„Sollte ein gutes Schwert das tun?“ fragte Alec mit einem trockenen Lächeln.

Fervil schrie und ging auf Alec los – und als dieser sich ihm näherte, hielt Alec das gezackte Ende der kaputten Klinge hoch und stoppte damit Fervils Angriff.

Die anderen Schmiede sahen die Situation eskalieren, zogen ihre Schwerter und stürzten nach vorne um Fervil zu verteidigen, während Marco und seine Freunde sich hinter Alec versammelten. Alle standen sie sich angespannt gegenüber.

„Was tust du?“ fragte Marco Alec. „Wir sind alle aus dem gleichen Grund hier. Das ist Wahnsinn.“

„Und deswegen kann ich sie nicht mit Schrott kämpfen lassen”, antwortete Alec.

Alec ließ das kaputte Schwert fallen und zog langsam ein langes Schwert aus seinem Gürtel.

„Das ist meine Handarbeit”, sagte Alec laut. „Ich fertigte dies selbst in der Schmiede meines Vaters an. Eine bessere Arbeit wirst du nie finden.“

Alec drehte plötzlich sein Schwert herum, nahm die Klinge und hielt sie Fervil mit dem Griff zuerst entgegen.

In der angespannten Stille, sah Fervil hinunter, zweifelsohne hatte er damit nicht gerechnet. Er griff nach dem Schwert, Alec blieb wehrlos zurück und im ersten Moment schien es als ob er in Erwägung zog Alec damit zu erstechen.

Dennoch stand Alec stolz und furchtlos vor ihm.

Fervils Gesicht entspannte sich langsam, als ihm bewusst wurde, dass Alex sich ihm wehrlos gegenüberstellte und betrachtete ihn mit mehr Respekt. Es sah nach unten und besah sich das Schwert. Er nahm es in seine Hand, hielt es ins Licht und dann endlich, nach einer langen Zeit, sah er beeindruckt zurück zu Alec.

„Deine Arbeit?“ fragte er, mit Ungläubigkeit in seiner Stimme.

Alec nickte.

„Und ich kann noch viele mehr davon schmieden”, antwortete er.

Er trat einen Schritt nach vorne und sah Fervil fest in die Augen.

„Ich will Pandesier umbringen”, sagte Alec. „Und ich will es mit richtigen Waffen tun.“

Eine lange, dicke Stille schwebte über dem Raum, als Fervil endlich langsam mit dem Kopf schüttelte und lächelte.

Er senkte das Schwert, hielt es ausgestreckt und Alec ergriff es. Langsam ließen alle Männer ihre Waffen sinken.

„Ich denke”, sagte Fervil breit grinsend, „wir werden einen Platz für dich finden.“

KAPITEL ACHT

Aidan lief die einsame Waldstraße entlang, er war so weit weg von Allem, war er kannte, wie noch nie in seinem Leben und er fühlte sich völlig alleine auf der Welt. Wenn er nicht seinen Waldhund neben sich gehabt hätte, wäre er gänzlich verzweifelt und hoffnungslos gewesen; aber Fynn gab ihm sogar, so schwer verletzt er auch war Stärke, und Adrian streichelte über sein kurzes, weißes Fell. Beide humpelten, beide verwundet von ihrem Treffen mit diesem wilden Kutschfahrer, jeder Schritt wurde immer schmerzvoller und der Himmel dunkler. Mit jedem gehumpelten Schritt, den er nahm, gelobte er, wenn er diesen Mann jemals wieder sehen sollte, dann würde er ihn eigenhändig umbringen.

Fynn winselte neben ihm und Aidan reichte zu ihm hinüber und streichelte seinen Kopf. Der Hund war fast so groß wie er, eher eine wilde Bestie als ein Hund. Aidan war nicht nur dankbar für seine Begleitung, sondern auch für die Tatsache, dass Fynn ihm das Leben gerettet hatte. Er hatte Fynn damals gerettet, weil etwas in ihm sich nicht umdrehen konnte – und nun hatte er als Belohnung sein Leben zurückbekommen. Er würde es wieder und wieder tun, auch wenn es bedeuten würde hier draußen, im Nichts, ausgesetzt und auf dem sicheren Weg des Verhungerns und des Todes zu sein. Es war es immer noch wert.

Fynn winselte wieder und Aidan teilte seine Hungerqualen mit ihm.

„Ich weiß, Fynn”, sagte Aidan. „Ich bin auch hungrig.“

Aidan schaute hinunter auf Fynns Wunden, aus denen immer noch Blut sickerte, und schüttelte mit dem Kopf, er fühlte sich schrecklich hilflos.

„Ich würde alles tun um dir zu helfen”, sagte Aidan. „Ich wünschte nur, ich wüsste wie.“

Aidan lehnte sich über ihn und gab ihm einen Kuss auf den Kopf, sein Fell war weich und Fynn lehnte seinen Kopf an Aidans. Es war die Umarmung von zwei Wesen, die auf dem Todesmarsch waren. Die Geräusche von wilden Tieren wurden immer lauter und stiegen zu einer Symphonie in dem immer schwärzer werdenden Wald an. Aidan spürte seine Beine brennen und wusste, dass er nicht viel weiter gehen konnte und das sie hier draußen sterben würden. Sie waren immer noch Tage von allem entfernt und wenn die Nacht hereinbrach, waren sie verletzlich. Fynn so kraftvoll wie er war, war nicht in der Lage irgendetwas zu bekämpfen und Aidan, verletzt und ohne Waffe erging es nicht besser. Kein einziger Karren war seit Stunden vorbeigekommen und es würden auch keine, so vermutete er, in den nächsten Tagen, vorbeikommen.

 

Aidan dachte an seinen Vater, der irgendwo da draußen war und er hatte das Gefühl er hatte ihn enttäuscht. Wenn er schon sterben müsste, dann wünschte Aidan er würde es an der Seite seines Vaters für einen höheren Zweck kämpfend, oder zu Hause in Volis tun. Nicht hier, allein, mitten im Nirgendwo. Jeder Schritt, so schien es, brachte ihm den Tod näher.

Aidan dachte über sein kurzes Leben nach, dachte an die Menschen, die er gekannt und geliebt hatte, an seinen Vater und seine Brüder, aber vor allem an seine Schwester Kyra. Er wunderte sich, wo sie wohl war und ob sie es geschafft hatte Escalon zu durchqueren und ob sie auf ihrer Reise nach Ur überlebt hatte. Er fragte sich, ob sie wohl überhaupt an ihn dachte und ob sie stolz auf ihn wäre, jetzt, wo er versuchte in ihre Fußstapfen zu treten, und Escalon zu durchqueren, auf seine eigene Art, um seinem Vater und der Bestimmung zu helfen. Er fragte sich, ob er jemals ein großer Krieger geworden wäre und es machte ihn tief traurig, dass er sie nie mehr wiedersehen würde.

Aidan merkte wie er mit jedem Schritt hinabsank und es gab nicht viel was er noch tun konnte, außer seinen Wunden und seiner Erschöpfung nachzugeben. Er ging langsamer und langsamer und schaute zu Fynn hinüber, auch er zog seine Beine qualvoll nach. Bald mussten sie sich also hinlegen und hier mitten auf der Straße rasten, egal was kommen würde. Es war eine schreckliche Vorstellung.

Aidan glaubte in Ohnmacht fallen zu müssen, als er dachte er hätte etwas gehört. Er blieb stehen und lauschte und auch Fynn stoppte und sah fragend zu ihm hoch. Aidan hoffte und betete. Bildete er sich Sachen ein? Aber da war es wieder. Er war sich diesmal sicher. Ein Quietschen von Rädern. Von Holz. Von Eisen. Es war ein Karren.

Aidan drehte sich herum, sein Herz setzte einen Schlag aus, während er in das verblassende Licht schielte. Zuerst sah er nichts. Aber dann, kam etwas langsam in sein Blickfeld. Ein Karren. Mehrere Karren..

Sein Herz schlug ihm bis zur Kehle, er hörte das Poltern, hörte die Pferde und sah die Karawane in seine Richtung kommen. Jedoch wurde seine Aufregung durch die Frage gemildert ob diese Karren feindlich sein könnten. Wer sollte sonst auf dieser langen, kargen Straße, so weit weg von allem reisen? Er konnte nicht kämpfen und auch in Fynn, der halbherzig knurrte, war nicht mehr viel Kampf übrig. Sie waren der Gnade von wem auch immer ausgeliefert. Es war ein furchteinflößender Gedanke.

Das Geräusch wurde ohrenbetäubend, während sich die Karren näherten, und Aidan, der mutig in der Mitte der Straße stand, realisierte, dass er sich nicht verstecken konnte. Er musste an sein Glück glauben. Er dachte, er würde Musik hören als sie näherkamen und das verstärkte seine Neugierde. Sie gewannen an Geschwindigkeit und für einen Moment fragte er sich, ob sie ihn umfahren würden.

Dann plötzlich verlangsamte die gesamte Karawane und blieb vor ihm stehen, da er die Straße blockierte. Sie starrten auf ihn herunter, der Staub fiel auf sie alle hinab, es war eine große Gruppe, die aus etwa fünfzig Leuten bestand und Aidan blinzelte überrascht auf als er sah, dass es keine Soldaten waren.

Sie schienen auch nicht feindlich zu sein, realisierte er mit einem Seufzer der Erleichterung. Er stellte fest, dass die Wagen mit aller Art von Leuten gefüllt waren, mit Männern und Frauen aller Altersgruppen. Einer schien voll mit Musikern zu sein, die verschiedene musikalische Instrumente hielten; ein Anderer war voll von Männern, die aussahen wie Jongleure oder Komödianten, ihre Gesichter waren mit grellen Farben bemalt und sie trugen gefärbte Strumpfhosen und Kittel; ein anderer Wagen schien voll von Schauspielern zu sein, Männer hielten Schriftrollen in den Händen offensichtlich ihre Skripte übend und in dramatische Kostüme gekleidet; während wiederum ein Anderer mit Frauen gefüllt war, die spärlich bekleidet und deren Gesichtern mit zu viel Make-up bedeckt waren.

Aidan errötete und schaute weg, denn er wusste er, war zu jung, um solche Dinge anzustarren.

„Du, Junge!“ rief eine Stimme aus. Es war ein Mann mit einem sehr langen hellroten Bart, der ihm bis zu seiner Taille ging, ein eigenartig ausschauender Mann mit einem freundlichen Lächeln.

„Ist das deine Straße?“ fragte er im Scherz.

Gelächter drang von allen Karren hinunter und Aidan errötete.

„Wer sind Sie?“, frage Aidan verblüfft.

„Ich glaube die bessere Frage ist“, gab er zurück, „wer bist du?“ Sie schauten angstvoll auf Fynn hinunter, der anfing zu knurren. „Und was um Himmels willen machst du mit einem Waldhund? Weißt du nicht, dass die dich töten?“ fragten sie mit Angst in ihren Stimmen.

„Dieser nicht”, antwortete Aidan. „Seid ihr alle Unterhaltungskünstler?“, fragte er, immer noch neugierig, was sie hier draußen alle taten.

„Ein netter Ausdruck!”, schrie jemand vom Karren hinunter, es folgte raues Gelächter.

„Wir sind Schauspieler und Spieler und Jongleure und Glücksspieler und Musiker und Clowns!“ rief ein Weiterer,

„Und Lügner, Schurken und Dirnen!“ rief eine Frau aus und alle lachten wieder.

Jemand zupfte eine Harfe, als das Gelächter anstieg und Aidan war verblüfft. Eine Erinnerung kam in ihm hoch als er einmal solche Leute getroffen hatte, als er noch jünger war und in Andros lebte. Er erinnerte sich daran, dass all die Unterhaltungskünstler in die Hauptstadt strömten, um den König zu unterhalten; er erinnert sich an die gefärbten Gesichter; ihre Jongliermesser; an einen Mann, der Fell aß; an eine Frau die Lieder sang; und einen Dichter, der Gedichte aus dem Gedächtnis zitierte, was Stunden zu dauern schien. Er erinnerte sich noch, dass er verwirrt war, warum sich jemand einen solchen Lebensweg aussuchen sollte und nicht den eines Kriegers.

Seine Augen leuchteten auf, als er plötzlich verstand.

„Andros!“, rief er aus. „Ihr fahrt nach Andros!“

Ein Mann sprang von einem der Karren hinunter und kam in seine Richtung. Es war ein großer Mann, vielleicht in seinen Vierzigern  mit einem großen Bauch und einem ungekämmten, braunen Bart, mit zotteligem Haar und einem warmen und freundlichen Lächeln. Er kam zu Aidan rüber und legte ihm väterlich den Arm um die Schulter.

„Du bist noch zu jung, um hier draußen zu sein”, sagte der Mann. „Ich würde sagen, dass du verloren bist – aber deiner Wunden und denen deines Hundes nach zu urteilen, nehme ich an, dass es etwas mehr als das ist. Es scheint als ob du dich selbst in Schwierigkeiten gebracht hast und dass du zu tief hineingeraten bist – und ich nehme an”, schloss er, Fynn vorsichtig beobachtend, „dass es etwas damit zu tun hatte, dass du dieser Bestie geholfen hast.“

Aidan blieb still, nicht wissend wie viel er sagen konnte, während Fynn rüberkam und zu Aidans Überraschung die Hand des Mannes ableckte.

„Motley, so nenne ich mich”, fügte der Mann hinzu und streckte seine Hand aus.

Aidan schaute vorsichtig zurück, er schüttelte die Hand nicht, aber er nickte zurück.

„Aidan ist mein Name”, sagte er.

„Ihr zwei könnt hier bleiben und verhungern”, sprach Motley weiter, „aber das ist keine sehr lustige Form zu sterben. Ich persönlich würde zuerst eine gute Mahlzeit haben wollen und dann auf eine andere Weise sterben.“

Die Gruppe brach in Gelächter aus, während Motley weiterhin seine Hand ausstreckte und Aidan voller Freundlichkeit und Mitleid ansah.

„Ich nehme an, ihr zwei, verwundet wie ihr seid, könntet eine Hand gebrauchen”, fügte er hinzu.

Aidan stand dort stolz und wollte keine Schwäche zeigen, so wie es ihn sein Vater gelehrt hatte.

„Uns ging es gut hier“, sagte Aidan.

Motley leitet die Gruppe in ein weiteres Gelächter ein.

„Natürlich ging es euch das”, antwortete er.

Aidan schaute misstrauisch auf die Hand des Mannes.

„Ich gehe nach Andros”, sagte Aidan.

Motley lächelte.

„Das tun wir auch”, antwortete er, „Und wie es das Glück wollte, ist die Stadt groß genug um noch mehr Menschen als nur uns aufzunehmen.“

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