Olli und die Hundefänger

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Из серии: Abenteuer auf Ameland #2
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Olli und die Hundefänger
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Olli und die Hundefänger

Abenteuer auf Ameland

Mathias Meyer-Langenhoff


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Impressum

Personen und Handlungen sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind zufällig und nicht beabsichtigt.

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© 2021 – Papierfresserchens MTM-Verlag GbR

Mühlstr. 10, 88085 Langenargen

Alle Rechte vorbehalten. Taschenbuchauflage erschienen 2021.

Lektorat: CAT creativ - cat-creativ.at

Illustration: Johanna und Antonia Langenhoff

Cover gezeichnet von © René Levens

ISBN: 978-3-96074-400-9 – Taschenbuch

ISBN: 978-3-96074-401-6 – E-Book

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Inhalt

Olli + Meike

Am Hafen - Olli erzählt

Wo ist Gisbert? - Meike erzählt

Besuch auf der Marijke - Olli erzählt

Wo ist Olli? - Meike erzählt

Wo ist Olli? - Meike erzählt

Sturmfahrt - Olli erzählt

Auf Verfolgungsfahrt - Meike erzählt

Allein mit Thijs - Olli erzählt

Zurück nach Ameland - Meike erzählt

Im Oerd - Olli erzählt

Ein Wiedersehen - Meike erzählt

Schöne Aussicht - Olli erzählt

Buren ist groß - denkt Meike

Buren ist weit - denkt Olli

Im Museum - Meike erzählt

Rennen, rennen ... - Olli erzählt

Verfolgungsjagd - Meike erzählt

Rache ist süß - Olli erzählt

Gerrit in Not - Meike erzählt

Das war’s, Henk! - Olli erzählt

Das war’s, Henk! - Meike erzählt

Das war’s, Elli! - Olli erzählt

Das Fest - Meike erzählt

Der Autor

Buchtipp

Impressum

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Olli + Meike

Hi, ich bin Olli. Wisst ihr noch? Ich war einer von denen, die den Ganoven Nackenlocke und Walross die Galionsfigur wieder abgejagt haben. Seid ihr inzwischen auch mal auf Ameland gewesen? Ich würde am liebsten jeden Sommer auf die Insel fahren, aber in diesem Jahr wollten wir in den Ferien mit einem Segelboot über das Ijsselmeer schippern. Fast alle waren dabei: die Lehmänner aus Nordhorn, also Hannah und Meike, Hanjo und Pit Franzen aus Berlin, meine Schwestern Paula und Lara, die alte Meckertante, und natürlich unsere sechs Erziehungsberechtigten. Klar, ich meine unsere Eltern. Nur Katja Franzen nicht, weil sie mit ihrer besten Freundin im Zeltlager irgendwo in Frankreich war. Es sollten ganz normale Ferien werden, aber wahrscheinlich geht das bei uns gar nicht. Wie immer steckten wir plötzlich mitten in einem Abenteuer, und am Ende sind wir dann doch wieder auf Ameland gelandet. Warum, will ich hier noch nicht verraten, ihr sollt ja weiterlesen. Ach ja, und diesmal rede ich, denn Jungs müssen auch mal die Klappe aufmachen. Schließlich hat Hannah in dem Buch Die Hexe Rixt van het Oerd – Abenteuer auf Ameland schon von unseren letzten Ferien erzählt.

***

Und ich bin Meike, die Schwester von Hannah. Es stimmt schon, Jungs müssten auch mal die Klappe aufmachen, vor allem, wenn es darauf ankommt. Aber Olli kann diese Geschichte auf keinen Fall allein erzählen. Dafür gibt es einen ziemlich wichtigen Grund – und der hängt mit meinem Hund Gisbert zusammen. Deshalb geht es in dieser Geschichte auch um meine Sicht. Aber wie Olli schon gesagt hat, wenn ihr mehr wissen wollt, müsst ihr weiterlesen.

*

Am Hafen - Olli erzählt

„Hör auf zu lecken!“ Meike schimpfte mit ihrem Hund Gisbert, der auf dem Deck unseres Schiffes, der Anna Lena, lag und mit der Zunge seine Pfoten bearbeitete. Die Lehmänner hatten ihn nach unserem letzten Amelandurlaub gekauft. Er hat nur Unsinn im Kopf, aber voll die treuen Hundeaugen. Gisbert hat spitze Ohren und ein schwarzes Fell. Als ich ihn sah, fiel mir Mr. Spock ein, der Vulkanier aus dieser uralten Raumschiff Enterprise-Serie.

Alle haben sich sofort mit Gisbert angefreundet, auch Papa, obwohl er Hunde eigentlich nicht ausstehen kann. Irgendwann hat er sogar gesagt: „Nur ein toter Hund ist ein guter Hund.“ Das fand ich echt gemein, aber Gisbert gefiel ihm.

Pit, Hanjo und ich bekamen eine Kajüte zusammen, ganz vorne im Bug, wie die Schiffer sagen, und wenn sie nach hinten gehen, sagen sie achtern, da ist das Heck. Ich werfe das immer durcheinander.

„Coole Hütte“, meinte Pit, als wir unsere Koffer die steile Treppe nach unten geschleppt und durch einen schmalen Gang unser Zimmer, sorry, unsere Kajüte erreicht hatten.

„Hier schläft übrigens mein Ball“, grinste er, „Hanjo, du musst auf dem Boden pennen.“

„Sehr witzig. Olli, sag meinem bescheuerten Bruder, dass er mir nicht auf den Keks gehen soll, sonst landet sein Ball sofort im Wasser.“ Die beiden hatten schon während der Autofahrt zum Hafen Stress gehabt, weil Hanjo unbedingt ins Zuiderzee-Museum wollte. Da soll man sich alte Häuser und so angucken können. Pit war noch nie Museumsfan. Das konnte ich gut verstehen, in den Ferien in Museen rumzuhängen, war auch nicht so mein Ding. Nur auf Ameland war’s gut, denn da haben wir Jaap kennengelernt, den Leiter des kleinen Museums in Buren. Ohne ihn hätten wir damals den Fall mit der gestohlenen Galionsfigur niemals lösen können. Jaap ist ein Spitzentyp.

„Jetzt hört auf, euch anzumachen“, mischte ich mich ein, „der Ball kann ja wohl auf dem Boden pennen.“

„Na bitte, Brüderchen“, grinste Hanjo, „Olli hat gesprochen.“ Er nahm den Ball in beide Hände und legte ihn vorsichtig auf den Boden. „Nun, Herr Ball, ist es so recht, liegen Sie bequem oder hätten Sie lieber die andere Ecke?“ Hanjo war nicht nur megaintelligent, manchmal konnte er auch richtig witzig sein.

Als wir alles eingeräumt hatten, gingen wir in die Mädchenkajüte. Die schlafen da zu viert. Das konnte man sofort riechen, es stank nämlich total nach Deo und Cremes und so Zeug.

„Wenn ihr mit dem Einräumen fertig seid, könnt ihr helfen, die Vorräte in die Küche zu tragen“, stöhnte Lutz, Hannahs und Meikes Papa. Er balancierte gerade mit einer Kiste die steile Treppe nach unten.

„Das heißt Kombüse“, rief Hannah.

Lutz knallte die Kiste auf den Tisch.

„Du sollst doch nicht die schweren Sachen tragen, sonst hast du es gleich wieder am Rücken“, schimpfte Beate, die sich immer Sorgen um ihren Mann macht, weil er schnell einen Hexenschuss bekam und sich dann nicht mehr bewegen konnte. „Also, Jungs, rauf mit euch, auf Deck sind noch mehr Kisten!“ Sie zeigte nach oben.

Papa und Uli, der Vater von Hanjo, Katja und Pit, schleppten eine nach der anderen aus den Autos aufs Schiff. Es dauerte fast eine Stunde, bis wir fertig waren. Die Mädchen haben sich natürlich gedrückt, weil sie angeblich noch ihre Kajüte einrichten mussten. Was soll’s, wir sind auch ohne sie klargekommen.

Aber als der Skipper uns auf dem Boot alles erklären wollte, war ich von der Schlepperei ganz schön kaputt. „Herzlich willkommen auf der Anna Lena“, begrüßte er uns, „mein Name ist Cornelis Hagenboom, ich bin der Kapitän. Ihr könnt euch sicher vorstellen, dass ich das Schiff nicht alleine segeln kann, ihr müsst also helfen.“

 

„Mit dem größten Vergnügen, genauso habe ich mir das vorgestellt“, rief Papa. „Ich stelle mich gerne als Steuermann zur Verfügung, bin selbst erfahrener Seemann!“

Klar, dass Papa einen Witz gemacht hatte, aber Paula kapierte seine Witze nur selten ... oder wollte sie nicht kapieren. Wahrscheinlich taten sie ihr sogar weh, denn sie stöhnte immer, wenn Papa welche erzählte, und verdrehte ganz komisch die Augen. „Hör auf, Papa, du bist doch bisher nur mit kleinen Segelbooten auf dem Aasee gefahren!“

„Schön, dass du an mich glaubst, Paula“, grinste er und zwinkerte mir zu. Das machte er immer, wenn er Druck von Paula bekam.

„So genau will ich die Aufgaben gar nicht verteilen“, meinte Cornelis, „steuern darf jeder mal, aber alle müssen mit anpacken, zum Beispiel beim Segelsetzen. Wir werden so oft wie möglich den Motor abstellen, Dieselkraftstoff ist teuer. Außerdem müsst ihr kochen, putzen, Wache halten und so weiter, ihr werdet also keine Langeweile haben. Wie heißt eigentlich euer Hund?“

„Gisbert“, antwortete Meike.

Cornelis ging auf ihn zu. Ich glaube, er hatte Ahnung von Hunden, denn Gisbert ließ sich sofort von ihm streicheln und bekam ein Leckerchen. Er leckte Cornelis sogar die Hand. „Prima, ab heute bist du unser Schiffshund“, meinte er.

„Wunderbar, diese Ernennung sollten wir mit einem Gläschen Eierlikör feiern!“, rief Papa dazwischen. Die anderen Väter nickten begeistert. Eierlikör mit Sahne tranken sie total gerne. Obwohl das Zeug so dick war wie Pudding und sie dafür eigentlich einen Löffel brauchten.

„Papa, hör auf, das ist doch peinlich“, meckerte Paula schon wieder.

„Wenn sie so weitermacht, wird sie Lara als Meckertante noch ablösen“, dachte ich.

Cornelis fand es lustig. „Ihr trinkt gerne Eierlikör?“, lachte er. „Das mögen bei uns nur Frauen ab achtzig.“

„Ich sag’s doch, unsere Männer verwandeln sich in Holland immer in alte Tanten“, grinste Mama.

„Sehr witzig, aber das Zeug schmeckt eben verteufelt lecker. Außerdem ist es doch ein typisches Seebärengetränk, oder?“, meinte Papa lachend. Er ließ sich nicht so schnell aus der Fassung bringen.

Cornelis zuckte mit den Schultern. „Eigentlich ist das Rum, aber da finde sogar ich Eierlikör leckerer. Allerdings ist Alkohol, egal in welcher Form, während der Fahrt verboten. Nicht, dass mir noch jemand über Bord geht. Aber jetzt passt mal auf!“ Dann erklärte er uns, was wir zu tun hatten, wenn wir in einen Hafen ein- oder ausliefen, wie Segel gesetzt und eingeholt wurden, wohin wir fuhren und worauf wir insgesamt achten sollten.

Das Schiff, die Anna Lena, gefiel mir voll gut. Es war ein dunkelblauer Einmaster mit einem roten Streifen um den Bug. Natürlich viel größer als die Segelboote, mit denen Papa auf dem Aasee herumfuhr, die hatten nicht mal eine Kajüte und auch keine Küche. Mir fielen zwei riesige Holzschwerter an beiden Seiten des Bootes auf. „Wofür sind die?“, wollte ich von Cornelis wissen.

„Die geben dem Schiff Stabilität, wenn man sie während der Fahrt herunterlässt. Die Anna Lena hat nämlich keinen Mittelkiel, sie ist ein Plattbodenschiff und fährt sogar noch bei Ebbe und absolutem Niedrigwasser.“

„Dann könnten wir uns ja im Watt trockenfallen lassen und aussteigen!“, rief Hanjo. Bestimmt hatte er vorher alle möglichen Bücher übers Segeln gelesen.

„Genau, das haben wir auch vor. Aber genug gequatscht, jetzt legen wir ab. Marlies, Heike und Hannah, ihr holt die Reifen an Bord, die anderen können unter Deck weiter Ordnung schaffen oder bei der Ausfahrt zugucken. Heute kommt der Wind von Osten, deshalb segeln wir nach Enkhuizen. Also, an die Arbeit!“

Die Reifen hingen übrigens an Seilen zwischen der Bordwand des Bootes und der Kaimauer, damit am Schiff nichts kaputtgehen konnte. Immer wenn man losfuhr, mussten sie an Bord gezogen werden.

Cornelis stand auf, löste die Vertäuung am Uferpollen und startete den Motor. Der machte einen ohrenbetäubenden Lärm. Gisbert erschreckte sich und bellte wie verrückt.

„Er muss noch lernen, damit klarzukommen“, meinte Meike und streichelte ihn beruhigend.

Langsam löste sich die Anna Lena von der Kaimauer.

„Wie lange sind wir denn heute unterwegs?“, fragte Hannah den Skipper.

Er wirbelte an dem großen Steuerrad, um die Nase der Anna Lena Richtung Hafenausfahrt zu drehen. „Schätze, so fünf bis sechs Stunden, aber es hängt natürlich vom Wind ab.“

Als wir langsam an den anderen Schiffen vorbeizogen und ein bisschen Fahrt aufnahmen, tuckerte der Motor leiser und Gisbert beruhigte sich.

„Ist noch nicht wirklich der perfekte Bordhund“, grinste Pit, „wenn er jedes Mal bei der Abfahrt so verrückt bellt …“

„Nein, so ein Mist!“, brüllte Lara plötzlich auf. Sie hüpfte auf einem Bein an der Reling entlang und sah angeekelt unter ihren linken Schuh. „Euer blöder Hund hat gekackt!“

„Stell dich nicht so an und mach’s sauber. Das kann einem Hund schon mal passieren“, meinte Paula.

Zwar hatte ich inzwischen mit Lara nicht mehr so oft Stress wie früher, aber ich fand es trotzdem witzig, dass ausgerechnet sie da hineingetreten war. Ich musste lachen.

„Ja, ist gut, Olli“, meinte sie genervt. „Und wie soll ich meinen Schuh jetzt sauber kriegen?“

„Nimm den Eimer.“ Cornelis zeigte auf einen silbern glänzenden Metalleimer mit langer Leine.

„Warte, ich helfe dir“, sagte Meike, denn ihr war das Ganze echt peinlich. Sie ließ den Eimer über Bord und zog ihn halb voll wieder hoch.

Lara hatte ihren Schuh ausgezogen und nahm eine kurze Geruchsprobe. „Puuuh, stinkt das.“

„Leck doch einfach ab, dann verbrauchst du kein Wasser“, schlug ich vor.

„Halt’s Maul, Olli!“, zischte sie.

Endlich! Das hatte ich schon lange nicht mehr gehört.

„Gib mal deinen Schuh“, sagte Meike und begann, ihn in dem Eimer mit einer Bürste sauber zu schrubben.

Pit, Hanjo und ich gingen nach vorne, also zum Bug (oder war es doch das Heck?) und setzten uns auf den Boden. Pit natürlich mit seinem Kumpel, dem Ball. Das Wetter war spitze, die Sonne schien und ein leichter Wind kräuselte die Wasseroberfläche.

„Was ist das für ein Fluss?“, wollte ich wissen.

„Die Ijssel“, antwortete Hanjo, unser Alleswisser. „Danach hat das Ijsselmeer seinen Namen bekommen.“

„Ach was.“ Pit grinste. Er hatte es mit seinem oberschlauen Bruder nicht einfach. Ich fand es eigentlich ganz praktisch, Hanjo war so eine Art lebendes Lexikon. Aber ich war ja auch nur in den Ferien mit ihm zusammen.

„Dauert es lange, bis wir auf dem Meer sind?“

„Guckst du nie in den Atlas, wenn du irgendwohin fährst?“, wunderte sich Hanjo.

„Nö, gibt doch Navis, warum?“, antwortete ich.

Er schüttelte den Kopf. „Um zu wissen, wo du bist?“

„Jetzt spiel nicht den Lehrer, erklär’s ihm einfach.“ Pit war echt genervt.

„Erst fahren wir auf dem Fluss, dann kommt das Ketelmeer, dann geht’s aufs Ijsselmeer. Eben immer geradeaus.“

„Geht doch“, meinte Pit, stand auf und ging mit seinem Ball nach achtern.

Ich guckte mir ein bisschen die Landschaft an, die langsam an uns vorbeizog. Zuerst konnte man noch Häuser und so sehen, aber jetzt tuckerten wir an Wiesen mit lauter holländischen Kakaokühen vorbei. So nannte ich die braunen, die ich bisher nur in Holland gesehen hatte. Am Ufer führte ein Fahrradweg entlang. Ab und zu überholten uns Radfahrer, richtig schnell fuhren wir also nicht.

„Gleich kommt das Ketelmeer, dann wird’s bestimmt etwas unruhiger“, meinte Hanjo.

„Meinst du, du wirst seekrank?“, fragte ich.

Er zuckte mit den Schultern. „Keine Ahnung, bin ja auch noch nicht länger auf einem Schiff gewesen. Und du?“

„Glaub nicht.“

„Alle mal herhören! Wir müssen Segel setzen. Zuerst das Großsegel. Rainer, du bist ja alter Seemann, zeig den anderen, wie man die Persenning abzieht!“ Cornelis hatte eine laute Stimme, eine richtige Kommandostimme, aber für meinen Geschmack ein bisschen heftig.

Hanjo und ich standen auf und gingen an den Segelbaum. Da war das Großsegel befestigt. Rainer zeigte uns, wie man die Laschen öffnete. Das waren ganz schön viele, aber weil wir alle an dem Segelbaum verteilt saßen, musste jeder nur ein paar aufziehen. Dann wickelten wir diese Persenning ab, eine Art Haut, die das Segel schützt.

„Und jetzt an die Fall, fertig, los!“, kommandierte Rainer.

„An die was?“ Marlies zuckte verständnislos mit den Schultern. Wir hatten keine Ahnung, was Papa damit meinte.

„Na, diese Leine hier. Damit müsst ihr das Großsegel hissen.“

„Alles klar, Bootsmann“, meinte Uli und legte los.

Wir Jungs und Lara halfen ihm.

„Zugleich!“ Auch Papa hatte eine Superkommandostimme, aber die war ich ja gewohnt. Dann zogen wir zusammen das Großsegel hoch und befestigten es nach seinen Anweisungen. Cornelis schaltete den Motor ab.

Wahnsinn!

Plötzlich kein Krach mehr, nur noch das Flattern des Segels, das Rauschen des Wassers und das Klappern der Taue und Fähnchen am Mast. „Jetzt wird es romantisch“, sagte Beate und guckte ganz versonnen.

„Ihr seid noch lange nicht fertig!“, rief Cornelis uns zu. „Zwei müssen jetzt vorne das Klüversegel anschlagen. Rainer, übernimm mal das Steuer!“

„Gerne, Skipper!“ Papa war begeistert, das sah man genau.

Cornelis kletterte in das Netz am Bug.

„Ich dachte, das wäre zum Sonnen?“, flüsterte Hannah.

„Man lernt nie aus, Kind, was?“ Papa grinste Hannah ins Gesicht, während Cornelis vorne herumturnte und das Segel befestigte.

Das fand ich klasse, das nächste Mal würde ich das machen. Zusammen mit Pit. Falls er mal einen Augenblick ohne seinen Ball auskommen konnte. Da herumzuklettern und gleichzeitig einen Fußball festzuhalten, war bestimmt schwer. „Habt ihr gesehen, wie es geht?“, fragte Cornelis, nachdem er wieder zurück war.

„Dürfen wir uns auch einfach so hineinlegen? Während der Fahrt, meine ich?“, fragte Paula.

„Kein Problem, wenn eure Eltern es erlauben“, antwortete Cornelis. „Aber haltet euch bloß fest, habt ihr verstanden?“

Beate war wie immer etwas ängstlich, aber wir ließen uns das nicht zweimal sagen. Es war toll, ich lag zwischen Pit und Hanjo, dann kamen die Mädchen. Pit hatte seinen Ball tatsächlich mitgenommen.

„Wisst ihr was?“, rief Hanjo.

„Ja, wir wissen was“, knurrte Paula, „vielleicht nicht so viel wie du, aber uns reicht’s.“

Hanjo hatte es noch nie etwas ausgemacht, wenn andere sich nicht für das interessierten, was er toll fand. Er redete einfach weiter. „In dem Zuiderzee-Museum sind ganze Dörfer aufgebaut worden. Damit man sehen kann, wie die Menschen früher gewohnt haben, laufen da sogar Schauspieler herum und arbeiten in den alten Berufen. Da gibt’s Seilmacher, Schmiede, Holzschuhmacher und alles Mögliche. Denen kann man bei der Arbeit zugucken. Das ist fast wie eine Zeitreise.“

„Museum, Museum. Kannst du nicht mal an was anderes denken? Jetzt genieß doch erst mal dieses geile Wetter hier auf dem Schiff“, schimpfte Lara, die sich wie alle Mädchen eine Sonnenbrille aufgesetzt hatte.

„Ja, genau, ich hab dir schon mal gesagt, ich hab da keinen Bock drauf. Oder gibt’s da einen Fußballplatz?“, meinte Pit.

„Keine Ahnung.“ Hanjo zuckte mit den Schultern. „Versteh ich nicht, dass euch das nicht interessiert. Ich habe schon so viel Spannendes darüber gelesen.“

„Glaub ich dir ja, hört sich auch wirklich ganz interessant an, aber jetzt wollen wir einfach mal chillen“, sagte Hannah, die sich gerade mit Sonnencreme einrieb.

„Genau, einfach chillen“, nickte Meike und seufzte, als würde sie gleich einschlafen.

Mir war das zu langweilig, nur herumliegen und sich von der Sonne braten zu lassen. „Los, Pit, wir hauen ab. Ich will lieber angeln.“

„Jau, coole Idee.“ Sofort sprang er auf und krabbelte aufs Schiff zurück. „Boh, die stinken vielleicht wieder nach dieser Creme. Riech mal, Olli!“ Er schnüffelte an Paulas Hals und hielt sich danach die Nase zu.

„Weiß ich, die riechen immer so“, lachte ich.

Paula zog an meinen Haaren, als ich über sie kletterte. Aber nicht fest, auch sie lachte. Wir hatten eben gute Laune.

„Cornelis, wir wollen angeln. Hast du was dagegen?“, fragte ich ihn.

Er stand lässig am Steuerrad und hielt die Anna Lena auf Kurs. „Habt ihr denn Angelzeug?“

 

„Klar“, antworteten wir.

„Dann versucht’s, aber die Angel nur achtern auswerfen.“

Witzbold. Wir waren ja nicht blöd.

Nachdem wir das Angelzeug aus unserer Kajüte geholt hatten, schlug Pit sich an den Kopf. „Wir haben gar keine Köder.“

„Und wenn wir es mit Brot versuchen?“

„Gute Idee. Ich hol’ was aus der Küche.“

Kurze Zeit später war er zurück. Wir drehten aus dem weichen holländischen Puffbrot kleine Kügelchen und steckten sie an den Haken. Dann ließen wir die Angeln mit kräftigem Schwung ins Wasser fliegen.

Jetzt hieß es warten.

Unsere Schwimmer, also diese Dinger, die anzeigen sollen, ob ein Fisch angebissen hat, lagen ziemlich dicht nebeneinander. Wir glotzten und glotzten, warteten und warteten, aber es tat sich nichts.

„Lass uns aufhören, ich hab keinen Bock mehr“, meinte Pit. „Fußball spielen ist eben doch besser.“ Dabei streichelte er mit einer Hand seinen Ball, der wie immer neben ihm lag, und begann, seine Schnur einzuholen.

„Na gut, dann eben Bordfußball“, grinste ich. Ich wollte gerade aufstehen, da spannte sich meine Angelschnur, der Schwimmer ging unter, und die Rutenspitze begann, wie verrückt zu wippen. „Pit, Pit, ich hab einen!“, rief ich.

„Okay, jetzt ganz ruhig. Halt die Angel mit beiden Händen. Langsam die Kurbel drehen!“

„Geht nicht, geht nicht!“, schrie ich. „Das muss ein Riesenbrocken sein. Ich schaff das nicht alleine!“

„Cool bleiben, Junge, cool bleiben!“

„Bin ich ja, aber du musst mit anpacken!“, schrie ich ihn noch einmal an.

„Na gut, ich drehe, du hältst die Rute.“

Weil wir so laut waren, kamen auch die anderen. Sogar die Mädchen kletterten aus dem Klüvernetz heraus, um zu sehen, was los war.

„Los, Olli, das schaffst du!“, rief Papa.

Ich gab alles, Pit kurbelte, aber das Vieh wollte einfach nicht aus dem Wasser.

„Mann ey, meine Arme fangen schon an zu zittern, ich kann nicht mehr. Papa, jetzt hilf mir doch!“

Ehrlich, hätte Papa jetzt nicht mit festgehalten, hätte ich die Angel einfach losgelassen. Dabei hatten wir den Fisch noch gar nicht gesehen, er war immer noch unter Wasser.

Papa und ich hielten die Rute und Pit drehte weiter an der Kurbel. Cornelis musste zwar das Boot steuern, aber zwischendurch feuerte er uns auch an. „Los, noch ein bisschen, gleich habt ihr ihn!“

Ich glaube, wir kämpften gefühlt eine halbe Ewigkeit, bis der Fisch endlich auftauchte. Zuerst sah man nur etwas Dunkles, Glänzendes. Es verschwand immer wieder unter der Wasseroberfläche, aber dann schwebte es in der Luft. Ein Aal, so groß wie ein Meeresungeheuer.

„Iiiih, was ist das?“ Die Mädchen ekelten sich und sprangen kreischend zurück. Mit einem lauten Klatsch knallte der Fisch auf das Bootsdeck. Gisbert fing wie rasend an zu bellen, der Aal zappelte und schlug um sich und sah aus wie eine Riesenschlange.

Endlich schaffte Uli es, ihn vom Haken zu lösen und in eine Wanne zu werfen.

„Wahnsinn, Wahnsinn. Das ist der größte Aal, den ich jemals gesehen habe!“, schrie Pit und vollführte eine Art Kriegstanz.

Gisbert hatte sich wieder beruhigt, er saß auf Meikes Arm und ließ sich mit Leckerchen füttern. „Kann man den wirklich essen?“, fragte sie und sah sich meinen Fang genau an.

„Ich auf keinen Fall, der sieht doch voll ekelig aus!“ Hannah schüttelte sich.

„Stell dich nicht so an“, lachte Lutz, „das ist ein Leckerbissen.“

„Wer von euch will ihn denn davon überzeugen, in die Bratpfanne zu hüpfen?“, fragte Mama.

„Ich nicht“, meinten die Mädchen wie aus einem Mund.

„Wenn ihr wollt, mach ich das“, schlug Cornelis vor, den Lutz am Steuerrad abgelöst hatte. „Dafür nimmt man einen Hammer.“ Er öffnete eine Kiste und holte einen großen Gummihammer heraus.

„Und wenn wir ihn freilassen?“, schlug Hanjo vor. „Ist doch viel zu schade, ihn einfach aufzuessen.“

„Finde ich auch, der tut mir nämlich richtig leid“, meinte Lara und wollte schon ihre Hand in die Wanne stecken, um ihn zu streicheln.

„Vorsicht, vielleicht ist das ein Zitteraal, die können einem Stromstöße verpassen“, warnte Paula.

Sofort zog Lara ihre Hand zurück.

„Stromstöße? Ist doch Quatsch.“

„Stimmt. Die gibt’s nämlich hier gar nicht, nur in Südamerika. Außerdem sind Zitteraale keine Aale.“ Hanjo holte Luft, um uns wie immer die Welt zu erklären.

„Schon gut, schon gut. Ich finde deinen Vorschlag in Ordnung. Wir lassen ihn schwimmen“, unterbrach ich ihn.

Und dann nahmen Pit und ich die Wanne, setzten sie auf die Reling und schütteten den Aal zurück ins Wasser.

„Er hätte sich wenigstens mal bedanken können“, meinte Meike.

Cornelis lachte. „Das stimmt, schade um das schöne Abendessen. Aber wir sind gleich in Enkhuizen, Leute, seht ihr? Da vorne ist der Drommedaris. Also, an die Leinen, fertig, los!“ Er übernahm das Steuerrad und Papa wie immer am Segelbaum das Kommando, das heißt, er stellte sich hinter uns, gab seine Befehle und rührte keinen Finger. Echt unfair, immer mussten wir arbeiten – und er machte den Chef.

Wir holten das Segel ein, sogar ziemlich schnell, und Pit und Paula machten anschließend vorne am Klüvernetz alles klar. Dann startete Cornelis den Motor. Gisbert, der alte Angsthase, fing natürlich wieder an zu bellen. Meike hatte ganz schön zu tun, um ihn zu beruhigen. Hanjo und ich standen vorne am Bug und sahen den Drommedaris langsam näher kommen.

„Das Ding ist ja total riesig.“

„Klar, was dachtest du denn? Ist ja auch ein altes Stadttor. Weißt du eigentlich, warum der Turm Drommedaris heißt?“

Jetzt hatte ich ihn. Er wollte mir wieder einen Vortrag halten, aber ich war ausnahmsweise vorbereitet. Kurz vorher hatte mir das Cornelis nämlich schon erklärt. Jetzt konnte ich auch mal glänzen. „Logo, sieht doch aus wie ein Höcker von Dromedaren“, sagte ich so lässig wie möglich.

Er sah mich erstaunt an. „Woher weißt du das?“

„Sieht man doch.“

„Sieht man doch? Eigentlich haben Dromedare aber nur einen Höcker und nicht zwei wie Kamele oder dieser Doppelturm.“

„Mist!“ Ich hätte bei Cornelis besser aufpassen sollen. Jetzt hatte er mich.

Und schon ging’s los. „Aber du weißt bestimmt nicht, dass dies früher das südliche Eingangstor in die Stadt war. Direkt dahinter liegt der alte Hafen, wahrscheinlich werden wir da ankern ...“

Ich klinkte mich einfach aus.

Der Hafen war supervoll mit Schiffen, aber Cornelis fuhr locker durch das Gewühl und eroberte uns einen freien Liegeplatz. Extra für uns öffnete sich sogar eine Zugbrücke. Sie war in der Mitte geteilt, sodass es aussah, als würden zwei riesige Tore hochgeklappt. Während wir fuhren, mussten die Fußgänger und Radfahrer warten, bis wir durch waren und sich die Brücke wieder geschlossen hatte.

„Wie geil ist das denn?“ Paula kriegte sich gar nicht mehr ein.

Direkt nach der Brücke befestigte Cornelis die Anna Lena an der Bordwand eines anderen Schiffes. Wir waren das vierte oder fünfte in der Reihe.

„Jetzt liegen wir im Päckchen“, sagte Papa.

„Wieso Päckchen?“, wollte ich wissen.

„Na, weil die Schiffe Bord an Bord wie ein Päckchen zusammenliegen und man von einem Schiff aufs andere klettern muss, um an Land zu kommen.“

Wir standen an der Reling und kamen uns vor wie richtige Seebären. Nur der Sonnenbrand störte, denn daran konnte man natürlich merken, dass wir gerade erst mit unserer Segeltour angefangen hatten. Meinten jedenfalls die Mädchen. Mir war das egal.

Aber als wir durch die Stadt liefen, brannten mir ganz schön die Arme. Die Erwachsenen gingen sofort in ein Café. Uns Kindern war das zu langweilig, wir wollten uns lieber die Stadt angucken.

„In einer Stunde seid ihr wieder auf dem Schiff!“, rief Mama uns nach. „Dann gibt es Abendbrot!“

Logo, wir wollten pünktlich sein, denn Segeln machte Kohldampf. Aber das klappte dann doch nicht so ganz ...


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