Eros im Mailverkehr

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Eros im Mailverkehr
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Eros im Mailverkehr
Briefprosa

Mark Ammern

AutorenVerlag Matern

... dass nur

dir beide Füße den Halt bewahren

Alkaios

Die Briefe sind an fünf verschiedene Personen gerichtet. Das gemeinsame Thema Eros wird gleich im ersten Abschnitt in einer provozierenden Weise verarbeitet: Absender und Empfänger sind Figuren. Die untereinander gewährten Spielräume variieren. Geprägt sind die Beziehungen aber durch kommunikative Störungen und skurriles Verhalten, beruhen auf markanten Divergenzen, die bis in die Sprachauffassungen und das Sprachverhalten hineinreichen, ein Verstehen kaum mehr erlauben.

Verfasser ist ‚Per‘, ein Tänzer, der auch ein kleines Theater betreibt. Rückmeldungen auf seine Briefe sind, falls solche intendiert waren oder erfolgten, nur indirekt übermittelt. Im Anfang, gegenüber einer Assistenzärztin, die eine Kontaktanzeige geschaltet hatte, bricht dem Tänzer ein Konflikt zwischen seinem ‚imaginären‘ Ich und der eigenen ‚realen‘ Figur auf, doch nicht als gemeinhin innerers Dilemma, jedoch auch nicht als soziales. Fragen nach Erotik entstehen brieflich in dieser labilen Situation und finden, durch alle Kapitel hindurch, letztlich ‚nur‘ künstlerische Antworten.

Der Briefband ist erstmals im Jahr 2000 unter dem Titel „Per“ im Druck erschienen. Zwei Abschnitte waren zuvor in der Zeitschrift „ExKurs“veröffentlicht worden: „Irritationen“ in Ausgabe 1/97, „Die Tortur“ in 11/99. Die Textgestalt wurde vom Autor für die aktuelle Produktion neu durchgesehen, unter Berücksichtigung der neueren Rechtschreibreformen. Ammern folgt in der ‚Künstlerprosa‘ übrigens einer Nebenfigur aus: „Die Crux des Tänzers“.

1. ePub-Auflage 2013, Version 1.1

Copyright © 2000 AutorenVerlag Matern

Cover-Bild: Barbara Koxholt (www.koxholt.de)

Cover-Design und eSatz: Reinhard Matern

Schriften: www.linuxlibertine.org,

www.softmaker.de (Cover)

ISBN 978-3-929899-04-7 (ePub)

ISBN 978-3-929899-05-4 (Kindle)

Alle Rechte vorbehalten

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A - Irritationen (an C.)
I
10. Jan. 1996

Es ist nicht leicht, jemandem zu schreiben, den man nicht kennt. Verfasst man einen Text, der an niemand Bestimmtes gerichtet ist, kann man sich ungestört auf die Sache konzentrieren. Im vorliegenden Fall fehlt eine angemessene Sache, und die Adressatin ist, Du bist eine Bestimmte, jedoch eine mir unbekannte Person.

Ich komme mir wie eines der ländlichen Pfingstrinder vor, mich mit diesem Brief einer Unbekannten zu präsentieren, von der ich nicht einmal weiß, ob ich sie kennenlernen wollte, wenn ich ihr begegnen würde. Weshalb ich einer solchen schreibe? Normalerweise lasse ich es sein.

Den Müll habe ich bereits vor einer Stunde, als es schneite, in den Hof gebracht – vielleicht ein Grund, noch ein paar Zeilen anzufügen. Zumindest die Möglichkeit, den Abfall, der sich allerorten gut sammeln lässt, auch erneut bei mir zu häufen.

Auf dem Marktplatz wird man die Ochsen vorführen. Sie sind kurzsichtig. Ein Blick in die Weite gerinnt zu Träumereien. Wahrgenommen wird die dünne Streu unter den gespaltenen Hufen. Bald wird jemand durch die Reihen gehen und einem der Tiere eine bunte Papierrose unter die Hörner heften. Bislang wurde jedes Jahr ein Ochse prämiert.

Du suchst Deinen Aufzählungen zu Folge einen feinsinnigen, gut anzusehenden, Wärme vermittelnden Partner und fügst hinzu, dass Du Ähnliches zu bieten hast. Welches Licht setzt Du ein, bevor Du die Linse drehst und sich Konturen schärfen? Je greller und kälter das Licht, desto klarer die Linien. Sobald ich den Auslöser betätigen will, ist der Film von der Befestigungsrolle gerutscht. Lange wusste ich nicht weshalb. Es muss an der extrem vorzunehmenden Drehung der Linse liegen. Seitdem ich dies weiß, ist das Licht zwar schneeig, und meine Augen verfolgen Haarrisse der Haut, auf dem Film sind graustufige, weich ausschweifende Konturen.

Mich gibt es auf Film, auch spüre ich die Blicke anderer an jeweils unterschiedlichen Stellen meines Gesichts, mich gibt es aber nicht vor meinem Blick. Ich glaube, es wäre nicht bei Haarrissen geblieben.

P.
II
21. Jan.

Erstaunlich. Du hast geschrieben. Ich hab einen Brief von Dir, eine Antwort kaum erwartet. Mir stellt sich unmittelbar die Frage: Weshalb schreibt sie mir, weshalb auf meinen, auf diesen sich im Verlauf opakisierenden, bereits einen Abschied zelebrierenden Brief, noch bevor ein Kontakt entstehen kann? Absonderlich, beide Briefe!

– Aufzählungen? All das, was ich und was ich nicht? Eine Chance, etwas über mich zu erfahren, eine für Dich? Du rutschst auf Knien, bettelst, wie könnt ich zu Dir sprechen, Dich gar anschreiben? Du bist im Licht!

Die Liste, Deine war und ist belanglos nett – oder ein Fenstergitter, eine Stahltür, die ins Schloss fällt, sich einmal täglich öffnet: Freigang, Ecstasy-Verschnitt. Der bewachte Hof.

Geb mir etwas, das mich reizt, mich fordert, etwas Hand- und Mundfestes.

Verlangtest Du von mir, Dir nebenbei zuzuhören, wären meine Möglichkeiten überschritten: ich finde keinen Halt in grund- und bodenlosen Sphären.

P.
III
08. Feb.

Vielleicht die beste, vielleicht die von mir gewünschte Kombination: Dein Ausdruck von Ärger und Neugierde. Der angespannte Kiefer.

Du gibst mir, mir noch eine kleine Chance. Egal. Mich interessiert Sprache.

Wenn Dein Säugling Töne brabbelt, den Spinat versabbern lässt, fällt noch kein ‚ich‘. ‚Mama‘ lernt er zwischen der Löffelei, und vielleicht macht er Dir die Pampe bald mal zum Geschenk.

Der Laut ‚ich‘ ist variabler, jeder im Umkreis sagt über sich ‚ich‘. Der Laut wird vom Säugling übergangen, ist nichts als Ton. Die Irritation, wenn Du hinweisend konditionierst: Dort überall ‚ich‘? Und ein Geheimnis beginnt – und das Geschrei: Auch ich, ich.

Bedrohlich ist die alltägliche Beiläufigkeit, als wenn Du wüsstest, was ‚ich‘. Du wirst es nicht erfahren.

Wie könnt ich beginnen, mit ‚ich‘?

P.
IV
15. Feb.

Der Blick auf ich: Ein Unsinn, nicht wahr? Mich gibts, auf mich ist Routine.

Ein Schabernack. Und Sucht nach Distanz. Mich stört es, aber es stört nicht ich.

Ein Kürzel noch: P. Bald ein produzierter, von ich produzierter Sinn.

Eine Figur, nichts weiter. Eine Figur, der man die Hand reichen, ins Gesicht spucken, die man töten kann.

Der Blick auf die Figur, die Figur P.

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