Читать книгу: «Ein weiteres Intermezzo mit dem Bösen», страница 2

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„Luczizcki, Ihre Züge sind chaotisch und reaktionär, haben Sie überhaupt einen Plan?”

„Mein Plan ist es, dir endlich eine Niederlage zu verpassen, und das ist mir Plan genug.”

Tano wieherte los. Er hatte ein außergewöhnlich lautes Lachen. Im nächsten Zug schlug er mein Pferd, welches ich schutzlos und vernachlässigt in der Mitte des Bretts stehen gelassen hatte. Alternativ hätte ich vielleicht einen Läufer opfern können, aber davon blieb mir auch nur noch einer.

Jede Schachpartie mit Tano war eine neue Klatsche. Dabei lebte ich bis zu dem Tag, an dem ich zum ersten Mal gegen ihn gespielt hatte, mit der Auffassung, ein dezent guter Spieler zu sein. Diese Annahme zerschmetterte der Koch, Tano, innerhalb von Sekunden. In der ersten Partie zerlegte er mich in vier Zügen. Bauer vor, Dame raus, diese neben den hilf- und schutzlos ausgelieferten König gestellt - Ende der Geschichte. Seitdem erwischte er mich nie wieder mehr so kalt, hatte aber auch nie irgendwelche Mühe mit mir. Dies gab mir Anlass, einiges zu überdenken, doch dann bemerkte ich etwas an Tano, und beruhigte mich ein stückweit.

Tano war ein Genie, ein Zahlengenie, um spezifischer zu sein. Er konnte sich alle Bestellungen in richtiger Reihenfolge merken, er konnte einen Farbenwürfel innerhalb von Sekunden lösen, komplizierte Berechnungen im Kopf bewältigen und auch sonst alle anderen Tricks, die man einem Menschen mit dieser Begabung zutrauen müsste.

Tano kam aus Neuseeland. Er arbeitete in der Küche des Sam´s, zusammen mit seinem Schwiegervater. Seine Freundin war Teilzeitkellnerin. Obwohl sie beide erst Mitte zwanzig waren, hatten sie schon vier oder fünf Kinder.

Er konnte sogar gegen Schach-Apps am Handy in wenigen Zügen gewinnen - also gegen einen Computer spielen und diesen eindrucksvoll besiegen. Gleichzeitig war Tano auch Schulabbrecher, vorbestraft, aggressiv und sprach, wie ein noch nie in einer Stadt gewesener Bauer.

Mal war es traurig, mal war es lustig mitanzusehen.

Dieses Mal war die Schachpartie erneut bedrückend und frustrierend. Ich merkte, wie schwer es mir fiel mich zu konzentrieren. Daher verlegte ich meine Aufmerksamkeit eher auf das Trinken und bewegte nur ganz nebenbei die Figuren auf der Tafel umher, bis diese mir weggeschnappt wurden.

„Na, ihr Pisser?!!!?”

Damit kündigte Shelly das Ende ihrer Schicht an. Die Küchenbelegschaft machte immer als erster Feierabend, erst später auch die Kellner.

Der Stuhl neben mir war frei, also stieß ich ihn schnell mit dem Fuß weg.

„Du glaubst echt, dass ich mich neben dich gesetzt hätte?”

„Ich glaube, dass du dich am allerliebsten auf meinen Schoß gesetzt hättest.” Es wurde freudig gelacht.

„Hört, hört. Die Freundin ist nicht dabei und schon hat er wieder Eier in der Hose, der Herr Luczizcki. Nicht einmal für einen vollen Jahreslohn würde ich mich auf deinen Schoß setzen.”

Stattdessen nahm sie mir gegenüber Platz.

„Na, wo ist sie denn, deine Schönheit?”

„Schönheitsschlaf.”

„Und du gehst da einfach aus dem Haus?”

„Ich war nicht müde.”

„Wovon auch, du machst ja den ganzen, lieben Tag lang nichts, oder? Was ist es, was du tust, Luczizcki?”

„Spionierst du mein Leben aus? Hast du nichts Besseres zu tun?”

Sie machte ein Würgegesicht, begleitet von männischen Würgegeräuschen. Sie war gerade erst neunzehn, ich musste mir diese Eckdaten immer wieder in Erinnerung rufen.

Amid kam heraus, er lud alle auf ein Bier ein und trug auch eines für mich mit. Dafür kaufte ich ihm auch gleich eine Flasche Whisky und eine Flasche Cola ab. Schon seit einigen Tagen trank ich verhältnismäßig nur noch wenig, es war an der Zeit, sich dem guten, treuen Alkohol wieder etwas stärker hinzugeben. Nach Hause hatte ich es nicht weit, keine fünf Minuten Fußmarsch. Dort würde mich ohnehin nur eine schlafende Schönheit erwarten, neben der ich mich sicherlich noch für mindestens zwei bis drei Stunden hellwach von einer Seite auf die andere wälzen würde.

„Du bist hässlich!”, wurde Shelly von Tano erinnert.

„Aber glücklich!”, konterte diese. Diesen Schlagabtausch führten die zwei immer wieder.

Tanos Frau hatte Schlüsseldienst. Sie sperrte ab, diskutierte noch kurz mit Amid, der sich dann von uns allen verabschiedete und verschwand. Das war der Punkt, an dem endlich `der Herr´ verschwand und ich nur noch Luczizcki genannt wurde, von allen anderen auch - so, wie Shelly es immer tat. Die Arbeit war offiziell vorbei und wir wurden sogleich zu Freunden, die miteinander abhingen, weil ihnen die Gesellschaft des jeweils anderen gefiel.

Ich war gerade dabei die Flasche zu öffnen, als Tano sie mir aus der Hand riss und sich eine beachtliche Portion Whiskey direkt in den Hals schüttete. Seine Frau kam, fuchsteufelswild geworden, und nahm sie ihm ab.

„Sag mal, hast du sie noch alle?!”, fauchte sie und gab mir die Flasche zurück. Wir lachten alle los, und auch Tano stimmte nach einigen Würgelauten mit ein. Liz, so hieß Tanos Frau, nahm mir den Whisky doch wieder ab und setzte sich zu Shelly. Sie füllten sich etwas davon in ihre Cola´s.

„Ja, so sind sie, die Frauen.” Tano schnaufte.

„Pass auf, was du über meine Tochter sagst!”, warf Bran, sein Schwiegervater, ein. Dieser war ein beeindruckend großer Berg Menschenmasse.

„Du hast es ja noch schlimmer, du musst ihre Mutter aushalten.”, erwiderte Tano und sie beide lachten ein herzhaftes Lachen. Auch ich stimmte mit ein, während ich meinen Blick nicht von der Flasche lösen konnte, Liz brauchte einfach zu lange.

Die letzten, die zu uns stießen, waren die zwei Manager, die Italienerin Paola und der Honduraner Gael. Sie standen schon seit einiger Zeit etwas weiter weg und diskutierten hitzig, nun kamen sie frohlockend zu uns und setzten sich hin. Der Barmann, ein Australier namens Denis, winkte nur aus der Ferne und verzog sich.

Die Lichter im Sam´s waren aus, das Wasser plätscherte träge gegen den Pier. Eine angenehme nächtliche Kühle kam vom Meer, aus dem Süden, vom nahe gelegenen Südpol wahrscheinlich.

All das, zusammen mit dem Rausch, der sich warm und weich, fast wie eine orientalische Tänzerin, in meinen Kopf und meinen Körper breit machte, ließ kalte Schauer über meinen Rücken laufen.

Die Flasche war wieder bei mir und ich hatte nicht mehr vor, diese jemals wieder aus der Hand zu legen.

„Dein ganzes Leben verändert sich sobald du Kinder hast, Luczizcki, alles, einfach alles. Wir, die Liz und ich, waren genauso wie du und deine Freundin. Wir waren jung, wir liebten das Leben, die Partys, wir waren sogar etwas hübscher als ihr zwei. Bars, Alkohol, viel Alkohol, vergessene Wochenenden, Reisen, alles das haben wir auch einmal erlebt. Aber dann kamen die Kinder und alles wurde anders. Kannst du dir das vorstellen, Luczizcki? Sie ist jetzt diejenige, die bei uns daheim das Sagen hat. Stell dir das vor, sie hat Tano den Tiger aus Samoa gebändigt!”

„Und das war nicht einmal so schwer!”, fügte Liz spottend hinzu.

„Nicht schwer sagst du?” Tano ließ erneut sein lautes Lachen vom Stapel.

„So etwas ist überhaupt nicht schwer! Ihr Männer seid doch alles Luschen und wollt nur das Eine, das macht es unheimlich leicht für uns Frauen!”, dozierte Shelly.

„Genauso! Frauenpower!”, schrie Paola und sie klatschten sich ab.

„Vaginapower!”, brüllte Shelly wie eine Wilde und deutete mit beiden Händen zu ihrem Schritt.

„Für mich wird´s Zeit...”, brabbelte Bran und die Fleischmasse setzte sich in Bewegung. Erst jetzt konnte man erkennen, dass sich unter ihm ein Stuhl befunden hatte. Sobald er stand, winkte er einmal mit der Hand, prüfte ob er alles in den Taschen hatte, machte eine hundertachtzig Grad Wendung und ging torkelnd davon. Ein Bild, woran ich mich schon gewöhnt hatte, ein Bild, das jedes Mal wiederkehrte, wenn ich so spät im Sam´s blieb. Wir riefen ihm alle einen Gutenachtwunsch hinterher.

Sobald er um die Ecke war, nahm Shelly ihren Quatsch wieder auf. „Vaginapower, Vaginapower!”

Ich trank in großen Zügen, Gael lachte zusammen mit Paola über etwas, Tano schüttelte nur den Kopf und hob seine beiden Mittelfinger, sie in Richtung der Damen zeigend.

Ich hatte komplett den Anschluss zur Schachpartie verloren. Ich wusste nicht mehr, wer an der Reihe war und ebenso wenig, welche meine letzten Züge gewesen waren.

„Ich bin mir so sicher, dass Shelly nur große Töne spuckt, in Wahrheit aber eine Jungfrau ist.” Gael stellte diese These auf und handelte sich einige Schläge von Paola ein.

Wenn ich in Worten ausdrücken könnte, wie sehr ich solche Frauen, mit einer solch vermaledeiten Angewohnheit hasse, ich müsste in der untersten Schublade nach passenden Worten suchen. Es war einfach niederträchtig und gottverdammt hässlich. Aber gut, zurück zur Geschichte.

Tano bückte sich vor und flüstert mir zu: „Würdest du sie ficken?”

Ich lehnte mich zurück und verschränkte meine Arme vor der Brust.

„Jetzt sag schon!”, schrie er und lachte. Gael bückte sich zu uns: „Was, was? Worum geht es?”

„Ich hab ihn gefragt, ob er‘s machen würde.”, sagte Tano nur, was mich darauf schließen ließ, dass dieses Thema schon im Vorhinein behandelt wurde. Ich gönnte mir noch einen Schluck aus der Flasche.

„Und? Was hat er gesagt?” Gaels Gesicht leuchtete plötzlich wie eine Diskokugel auf.

„Ja, noch gar nichts.”

Dieses Gespräch kam mir eigenartig vor, ich saß dabei und es wurde in dritter Person von mir gesprochen. Erinnerungen an meine Schulzeit und die Elternabende kamen hoch, ein weiterer Schluck war vonnöten.

„Ausgerechnet heute beim Abendessen hat mir meine Freundin erzählt, dass sie demnächst ihre Familie besuchen möchte.”

„Und du bleibst hier?”, fragte Tano in aufgeregtem Flüsterton.

„Ja.”

„Uiiiiiii, Ushhhh, Uiuiuiuiuii!”, schrien beide auf, als wäre der Teufel mit Karacho in sie gefahren.

„Es wird passieren!”, kreischte Gael und biss sich in die Faust.

„Aber so was von!”, legte Tano noch einen drauf.

„Kinder, Kinder!”, war alles was ich herausbrachte. Ich schüttelte erneut den Kopf und nahm noch einen Schluck.

„Jetzt reich die Flasche mal weiter, sei nicht so ein Egoist!”, rief Shelly von ihrem Platz aus.

„Reich mir deinen Becher und ich werde dir etwas einfüllen. Die Flasche gebe ich heute Nacht nicht mehr aus der Hand.”

„Hast du schon mal deine Frau beschissen?”, fragte ich Tano im Flüsterton, nachdem ich allen Frauen etwas Whiskey serviert hatte.

Er blickte blöde drein und versuchte ein Grinsen zu unterdrücken, dies gelang ihm nur ungefähr. Im Endeffekt setzte er ein ziemlich dämliches Gesicht auf.

„Fast neun Jahre sind eine lange Zeit, Luczizcki! Eine sehr lange Zeit.”

„Das ist so normal hier in Adelaide, Luczizcki. Paola hat eigentlich auch einen Verlobten, macht aber immer wieder mit mir rum und so, die sind hier alle läufig. Die wollen alle ficken.”

„Aha.”, brummte ich. Was hätte ich schon sagen sollen? Ich sah wie sich sein Mund mit Wasser füllte während er davon sprach und fand seinen Auftritt eher vulgär und abstoßend.

„Kinder Luczizcki, das hält dich besser zusammen als sonst etwas auf dieser Welt. Setze ein Kind in das schöne Bäuchlein deiner Freundin und du lernst eine neue Welt kennen.”

4

Das verblümte Reden zählt nicht zu meinen Stärken, doch wenn ich sehe, wie sich die Natur auf den Sonnenuntergang vorbereitet, könnte ich doch ins Schwärmen geraten. Inmitten darin die freudige Erwartung, die wir Menschen an den Tag legen. Die Spiele werden eingestellt und jeder sucht sich einen günstigen Platz, um das Spektakel bestmöglich mitverfolgen zu können.

Ich hatte es nicht mehr weit bis zum Sam´s. Ein mit herunterhängenden Schultern gehender Amid kam mir entgegen.

„Luczizcki, ich habe ein Problem. Schon seit einigen Wochen fehlt immer wieder Geld in der Kasse.”

„Guten Abend, Amid.”

„Ach ja, natürlich, verzeihen Sie, guten Abend. Es häuft sich aber immer mehr Luczizcki, wer auch immer das macht, er wird unverschämter. Sie kennen alle meine Mitarbeiter, Sie sind der Freund aller. Können Sie mir bitte helfen?”

„Amid, ich habe es dir zwar noch nie gesagt, aber in meinem früheren Leben war ich auch eine Zeit lang Privatdetektiv.”

„Ihr Ernst, Luczizcki? Ich habe mich schon oft gefragt, was einen Mann wie Sie wohl antreibt.”

„Eine schon fast vergessene Leidenschaft, doch ich bin mir sicher, dass ich noch einige Tricks auf Lager hab. Das wird dich aber drei Freibier jeden Abend kosten!”

„Luczizcki, mir fehlt so schon Geld aus der Kasse.”

„Ist es so schlimm, dass dich die drei Bier in den Ruin treiben würden?”

„Nein, das nicht, aber...”

„Also haben wir einen Deal?”

„Alles klar, Luczizcki! Nur bitte machen Sie schnell, ich möchte nicht die Polizei einschalten müssen.“

Wir erreichten meinen Stammtisch und ein Delfin sprang wie zum Gruß aus dem Wasser.

„In diesem Sinne würde ich gerne mein erstes Freibier bestellen.”

„Nur Coopers Pale Ale, Luczizcki, abgemacht? Ich gebe drinnen Bescheid und setze ein Freikonto für Sie im System ein.”

„Der Himmel sei dir gnädig, Amid!”

„Aber lassen Sie sich bei den Nachforschungen nicht zu lange Zeit, Luczizcki!”

„Na Tom? Besteck schon fertig poliert?”

„Jaja, Luczizcki! Gael hat mir erzählt, dass sie Sie gestern darauf angesprochen haben, Sie haben angeblich keine Antwort gegeben.”

„Habt ihr keine anderen Sorgen in euren Leben?”

„Doch, doch! Ich muss mir eine neue Wohnung suchen, dort wo ich gerade wohne, geht es mir nicht so gut. Ich habe das Gefühl, dass mich die Menschen, mit denen ich die Wohnung teile, nicht verstehen können.”

„Andere Sorgen vielleicht?”

„Ich will endlich meine Musikkarriere starten und entdeckt werden, ein paar Hits landen, etwas von der Welt sehen, so wie Sie, Luczizcki.”

„Dabei ist das Singen so gar nicht meins.”

„Ich meine das Reisen, Luczizcki!”

Amid kam mit dem Bier und schickte Tom zum Besteckpolieren.

„Sogar er könnte es sein Luczizcki, ich weiß gar nicht mehr, wem ich noch über den Weg trauen kann.”

„Beruhige dich Amid, lass dir nichts anmerken, verhalte dich freundlich und lächelnd wie immer, wir schaffen das! Nur halte dich bedeckt, sonst fühlt sich der- oder diejenige bedroht und macht nichts mehr, dann erfahren wir nie, wer´s gewesen ist.”

„Sie haben recht, Luczizcki. Ich war zu streng zu Tom, oder?”

“Beim Tom ist es egal, der wird ohnehin von allen herumgeschubst.”

„Finden Sie, Luczizcki? Er wohnt zusammen mit meinem Bruder.”

Einiges von dem, was Tom mir über seine Wohnsituation erzählen wollte, ergab nun vielmehr Sinn.

„Kennt deine Frau alle Passwörter für die Computer und die Kassen?”

„Meinen Sie im Ernst, sie könnte…?”

„Ich bin nur neugierig.”

„Ja klar, anfangs hat sie mit ausgeholfen, wir wurden zusammen in die Handhabung der Systeme eingeführt.

„Alles klar.”

Das Bier war eiskalt, so, wie es nach einem solch brütend heißen Tag genau nötig war. Noch während ich mein Glas an meinen Lippen hatte, kam meine Freundin mit einem strahlenden Lächeln und feenhaften Schritt um die Ecke. Sofort verzogen sich meine Mundwinkel und überhaupt meine ganze Gesichtsmuskulatur umso manche Ebenen nach oben.

Die Sonne, noch etwas über den Horizont schwebend, schien ihr in die Haare und ließ diese in vielen Farbtönen erstrahlen, ihre Haut war schön gebräunt, ihr Lächeln überstrahlte alles zuvor erwähnte – sogar die Sonne.

Wir umarmten und küssten uns innig, dann rannte sie erst einmal zum Badezimmer, ihre Tasche ließ sie auf dem Tisch zurück.

Ich konnte mich doch sehr glücklich schätzen - überlegte ich - während ich den nächsten Schluck trank, in die Sonne starrte und den Nachklang ihrer Stimme in den Ohren wahrnahm. Das Leben war schön, ich fühlte mich ausgewogen und aufgeräumt. Diese Sonntagnachmittagsruhe der Seele und des Herzens liebt der Teufel. Dieser Feind alles Guten und Schönen, hasst nichts mehr, als eine einst geplagte und gequälte Seele aufatmen zu sehen. Natürlich will er niemals, dass solche ehemaligen Leibeigene endlich herausfinden, dass unter ihren Füßen Boden spürbar ist und sie nicht mehr verzweifelt gegen die Wellen auf offenem Meer anzukämpfen haben. Ich spürte ihn ganz lebhaft, er kaute an meinen Ohrläppchen und brachte Unruhe in meine Glieder. Wie schon so oft vorgekommen, warf er mir einen Handschuh zu - eine offene Provokation zu einem Duell! Er würde keine Ruhe mehr geben, bis ich meine Ehre aufs Spiel setzte. Es war kein Duell, vor dem ich mich drücken könnte, diesen Kampf würde ich ausfechten müssen. Ich vernahm die Stimme meiner Freundin, sie begrüßte die Belegschaft, zuvor musste sie in ihrer Not an ihnen vorbeigerauscht sein. Beim Klang ihrer Stimme verzog sich der Teufel unverzüglich und sein Hänseln war nicht mehr zu spüren.

„Wir haben heute Fotos und Videos für so eine Detox-Marke geschossen, ich habe so viele Gurken-Rhabarber-Ingwer-Zitronensäfte und ähnlichen Quatsch getrunken, ich dürfte vor meinem hundertsten Geburtstag überhaupt keine Falten bekommen!”, sagte sie bei ihrer Rückkehr und lachte dabei. Ich liebte die Fältchen um ihre Augen und bückte mich vor, sagte ihr, wie sehr ich sie vermisst hatte und, dass ich sie liebte. Sie begann aus ihrer Tasche Sachen auszupacken, die ihr nach dem Shooting geschenkt wurden.

„Wir werden jetzt anfangen, auch bei dir ein paar Toxine loszuwerden, oder? Was meinst du, Luczizcki?”

„Ich habe eine sehr empfindliche Flora im Verdauungstrakt. Nur die richtige Menge an Bier und Hochprozentigem kann diese am Florieren erhalten.”

„Du machst dich lächerlich, Luczizcki, willst du nicht irgendwann deine Kinder aufwachsen sehen? Willst du nicht die Freude verspüren können, mit ihnen im Garten zu spielen, und wenn sie Teenager sind, gemeinsam laufen zu gehen?”

Ich befand mich zum zweiten Mal innerhalb kürzester Zeit in einer Unterhaltung über Nachwuchs und wusste nicht, was ich davon halten sollte.

„Vor allem anderen, habe ich zur Abwechslung Nachrichten für dich, ich habe einen Job gefunden. Vielmehr ist mir die Arbeit in den Schoß gefallen. Eine sehr heikle Angelegenheit.”

„Okay Luczizcki, du hast mich echt neugierig gemacht. Erzähl!”

„Nein, mein Herz, du zuerst, ich will die Geschichte deines Tages hören, außerdem kann ich nicht zu offen darüber sprechen, solange wir hier sitzen.”

„Also gut, Luczizcki, nur damit du Bescheid weißt, jetzt bin ich erst recht neugierig. Nun zu mir: Der billigste Flug innerhalb der nächsten zwei Wochen fliegt in fünf Tagen, ich habe bereits gebucht.”

„Rückflug?”

„Noch nicht, Luczizcki, ich will nicht auftauchen und gleich wieder verschwinden müssen, ich werde einige Zeit bei meinen Eltern und mit meinen alten Freundinnen verbringen wollen. Das sind Sachen, die mir einfach wichtig sind.”

Genau dafür liebte ich sie, irgendwie schien diese wunderbare Frau den ganzen Gefühlsquatsch richtig verstanden zu haben, und lebte diesen vorbildlich. Ich wusste, wie wichtig sie für ihre Freundinnen und ihr Umfeld war. Die Frau, die für alle ein offenes Ohr, einen warmen Ratschlag und ein strahlendes Lächeln übrig hatte.

„Es war nur eine Frage, mein Herz, du bist einfach wundervoll.”

„Danke, Luczizcki! Aber hör jetzt einmal zu.” Ihr Lächeln war ein ganz glückliches und ich konnte fast ein wenig Verlegenheit in ihren Zügen erkennen. Etwas von einem zufriedenen Kleinmädchenherz blitze in dieser sich an die Oberfläche kämpfenden Verlegenheit hervor.

„Ich habe in der Agentur Bescheid gegeben, dass ich zurückfliege und mir auch gleich die zwei Tage davor freigenommen, lass uns etwas unternehmen.”

„Das wäre schön, mein Herz.”

Sofort blitzte ein kleiner Plan in meinem Kopf, wie sich die Arbeit mit dem Vergnügen verbinden ließe.

„Also wie war dein Tag, mein Herz?“

„Das Pärchen, von dem ich dir gestern erzählt habe, Chelsea und ihr Freund, hat sich schlussendlich getrennt. Sie fand heraus, dass er schon seit Monaten eine Affäre hatte. Scheinbar hat er doch jemanden gefunden, der bereit war, ihn auf die Art zu verführen, auf die er verführt werden wollte.”

„Da war ziemlich oft `verführt´ in einem Satz.”

„Stimmt!”, wir lachten beide. „Und hör zu, Luczizcki, als sie ihn fragte, wieso er trotzdem bei ihr blieb und sich nicht mit der anderen verpisst hat, antwortete er, dass sie, also die Chelsea, ihm zu sehr leidtat. Aus Mitleid hat er sie nicht verlassen. Das gibt der Angelegenheit ein viel untragbares Gewicht für die arme Chelsea. Aus Mitleid, Luczizcki! Die haben sie heute nicht einmal shooten lassen, weil sie so am Boden zerstört war.”

„Aha.” Ich hatte irgendwann mitten in ihrer Erzählung den Blick auf eine Möwe geworfen, die ganz komische und irgendwie sowohl unpassende wie auch willkürlich erscheinende Richtungswechsel vollzog. All die Bewegungen der Möwe wirkten so plötzlich und unkoordiniert.

„Mein Luczizcki, wie er leibt und lebt, nicht ein Kommentar des Bedauerns oder des Mitgefühls.”

„War nicht gerade Mitleid das extra bisschen zu viel in der ganzen Tragödie? Soll doch jeder machen wie er denkt, wir kennen meistens auch nur eine Seite der Geschichte. Wer weiß, wie dumm sich deine Freundin anstellt im Leben.”

„Also, die allerhellste ist sie auf keinen Fall.”

„Wir sollten sie Tom vorstellen, vielleicht ergeben zwei Schirmlampen einen prächtigen Luster.”

„Luczizcki, gibt es eigentlich irgendetwas in Gottes schöner Welt, was dir mehr Spaß macht, als zu spotten, dich abwertend zu äußern und gehässige Kommentare zu schieben?”

„Dich lächeln zu sehen, mein Herz.”

„Luczizcki, jetzt hör auf!” Sie lachte wieder auf und blickte abermals verlegen zu Boden.

„Wie schaffst du es nur, immer wieder den Ernst aus jeder Situation zu stibitzen? An dir prallt einfach alles ab, was?”

„Heute habe ich mich von einer sehr neuen Seite gezeigt, ich habe mir Toms Herzschmerz angehört.”

„Nicht dein Ernst, Luczizcki!” Sie klatschte in die Hände und warf ihren Kopf in den Nacken. Ihr Lachen kam wie aus einer anderen Welt und schüttelte ihren ganzen Körper.

„Luczizcki, ich stelle mir die Szene gerade bildlich vor. Hast du mehr die Rolle des Kumpels angenommen oder die des älteren Bruders?” Sie lachte wieder auf, während Shelly mit zwei Gläsern Schampus an unseren Tisch kam.

„Luczizcki, hast du dich, dann am Ende, auch besorgt gezeigt? Hast du ihm das Gefühl vermitteln können, dass du ihn verstehst? Hattest du einen Ratschlag parat?”

„Nana, ihr beide habt aber Spaß hier, da darf der Schampus nicht fehlen, oder?”

„Danke dir Shelly, wir müssen tatsächlich anstoßen. Man stelle sich vor, ich habe in diesem Luczizcki hier noch einige Restspuren Menschlichkeit gefunden.”

„Was? Luczizcki, ein Mensch? Du machst Witze!” Shelly kreischte für meinen Geschmack viel zu laut.

„Nein im Ernst, mit Gefühlen und allem Drum und Dran.”

„Na dann, darauf ein Stößchen, ihr zwei. Ich habe Gäste, um die ich mich kümmern muss!”

Shelly verschwand ins Restaurant, aus welchem Amid gerade, winkend meine Freundin begrüßend, herauskam.

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