gehen! Alle Pferde mit! Auch Ochsen, Schafe, Bebbeh, alles!
Well!"
"Nun wißt Ihr alles. Jetzt habe ich nur noch den Bannah-Kurden
zu instruieren."
"Macht es ihm nur richtig klar, Sir! Kann kein einziges Wort mit
ihm reden. Schöne Unterhaltung!
Famoses Vergnügen! Prächtig! Konnte daheim in Alt-England
bleiben! Brauche keine Fowling-bulls!
Yes!"
Ich war gezwungen, ihn seiner gelinden Verzweiflung zu
überlassen. Nachdem ich Allo unterrichtet hatte, warf ich die
beiden Gewehre über, um mich der Führung Halefs
anzuvertrauen.
Dieser leitete mich ganz genau auf demselben Wege zurück, den
er am Morgen eingeschlagen hatte, und lieferte mir dabei den
Beweis, daß er mir ein sehr gelehriger Schüler gewesen sei. Er
hatte jede, auch die kleinste Deckung benutzt, das Terrain
scharfsichtig beurteilt und die Füße immer so vorsichtig gehalten,
daß es selbst einem Indianer nur mit Anstrengung gelungen wäre,
die Fährte ohne Stocken zu verfolgen.
Wir gingen beständig unter Bäumen, aber immer so, daß wir
zwischen den Stämmen hindurch die offene Gegend vor Augen
behielten. Ich hatte den Hund bei mir, und da wir gegen Wind
gingen, so brauchten wir vor einer Ueberraschung keine Angst zu
haben.
Endlich waren wir der Gegend nahe gekommen, wo wir
überfallen worden waren. Halef wollte mich noch weiter
begleiten, ich aber gestattete es nicht.
"Sollte ich gefangen werden," sagte ich zu ihm, "so weißt du, wo
du den Engländer zu finden hast. Für jetzt ist es das beste, du
kletterst auf eine jener Pinien, welche so eng beisammen stehen,
daß ihre Aeste ein dichtes Versteck bilden. Du kannst ja sehr gut
den Knall meiner Büchse oder die raschen Laute meines
Stutzens von der Stimme eines andern Gewehres unterscheiden.
Ich bin nur dann in Gefahr, wenn du mich schießen hörst."
"Was soll ich dann tun?"
"Sitzen bleiben, außer wenn ich laut nach dir rufe. Jetzt steige
hinauf!"
Ich nahm den Hund ganz hart an mich heran und schlich mich
weiter. Es war allerdings eine gefährliche Sache, am hellen,
lichten Tage sich so nahe an ein feindliches Lager zu wagen, daß
man es genau übersehen und beobachten konnte.
Nach einiger Zeit sah ich die erste Hütte durch die Bäume
blicken. Sie war in Pyramidenform sehr urwüchsig aus Zweigen
errichtet. Jetzt zog ich mich wieder zurück, um zunächst einen
weiteren Halbkreis um den Ort zu ziehen; denn ich mußte sehen,
ob sich etwa Bebbeh in der Tiefe des Waldes befänden. In
diesem Falle hätte ich sie in meinem Rücken gehabt und wäre
jedenfalls von ihnen entdeckt worden.
Ich schlich von Baum zu Baum, immer die stärksten Stämme
aussuchend und mit aller Aufmerksamkeit in die Einsamkeit des
Forstes hineinhorchend. Bald bemerkte ich, daß meine Vorsicht
gar nicht überflüssig gewesen sei; denn ich glaubte
Menschenstimmen zu vernehmen, und zu gleicher Zeit stieß
Dojan mich mit der Schnauze an. Das edle Tier wußte durch
seinen Instinkt, daß es jetzt keinen Laut von sich geben dürfe,
und sah mich mit seinen großen, klugen Augen unverwandt an.
Als ich mich in der Richtung hielt, aus der die Laute gekommen
Als ich mich in der Richtung hielt, aus der die Laute gekommen
waren, sah ich bald drei Männer unter einem Baume sitzen, den
von drei Seiten ein junges, ungefähr fünf Fuß hohes
Kirschlorbeergehölz umgab.
Dieser Ort war wie geschaffen zum Belauschen. Und da ich
annahm, daß das gestrige Ereignis auf alle Fälle der Gegenstand
des Gespräches sei, so huschte ich von weitem um sie herum,
legte mich sodann zu Boden und kroch bis zu den
Kirschlorbeerbüschen heran, wo ich ihre Worte ganz deutlich
vernehmen konnte.
Wie erstaunte ich, als ich in einem von ihnen den Kurden
erkannte, der zweimal unter Dojan gelegen hatte und den ich frei
ließ, weil er sich für einen Dschiaf ausgab! Auch Dojan erkannte
ihn wieder, denn seine Augen funkelten feindselig zu ihm hinüber,
obgleich er keinen Laut von sich gab. Allo hatte also recht
gesehen. Dieser Kurde war ein Bebbeh und hatte jedenfalls auf
Wache gestanden, um unsere Ankunft zu melden. Ganz gewiß
hatte er seitwärts im Verborgenen ein Pferd stehen gehabt und
war uns vorausgeritten, während wir glaubten, daß er nordwärts
gehe.
"Sie waren dumm, alle!" hörte ich ihn sagen. "Am dümmsten aber
war der Mann, welcher den schönen Rappen reitet."
War da vielleicht ich selbst gemeint? Sehr schmeichelhaft.
"Wenn er die zurückgebliebenen Bejat nicht gefangen genommen
"Wenn er die zurückgebliebenen Bejat nicht gefangen genommen
und beleidigt hätte," fuhr der Sprecher fort, "so hätten sie uns
dann auch nicht sein Gespräch erzählt, welches sie belauscht
hatten, und in welchem er den Weg angab, den sie einschlagen
wollten."
Jetzt war auch dieses Rätsel gelöst. Als wir uns besprachen, uns
von den Bejat zu trennen, war unser Plan belauscht worden. Die
Bejat hatten ihn dann als Gefangene den Bebbeh verraten,
jedenfalls um sich die Milde ihrer Besieger zu erwerben.
"Dumm war er ferner," meinte der Nachbar des vorigen, "daß er
sich von dir betrügen ließ."
"Ja. Aber dumm war auch Gasahl Gaboya, daß er uns befahl,
die Reiter und den Rappen zu schonen. Um die Männer war es
nicht schade, sondern nur um das Pferd. Nun sind uns vier
entflohen, der Anführer mit ihnen, und weil sie keine Pferde mehr
haben, ist es ihnen möglich, über die wildesten Berge zu fliehen.
Mit den Pferden aber mußten sie den Weg einhalten, den wir
ihnen unten verlegt haben."
Die drei Bebbeh hatten Pilze gesammelt, welche sie hier
ausschnitten und reinigten, ehe sie dieselben in das Lager bringen
wollten. Dies gab Zeit und Gelegenheit zu einem vertraulichen
Austausche der Meinungen.
"Was hat der Scheik nun beschlossen?" fragte der dritte.
"Was hat der Scheik nun beschlossen?" fragte der dritte.
"Er hat einen Boten hinab gesandt. Die andere Abteilung soll
warten, bis die Sonne am höchsten steht. Hat sich dann von den
Entflohenen noch keiner gefunden, so sollen die andern
aufbrechen und zu uns stoßen, denn dann sind die Flüchtlinge
sicher entkommen. Wir aber kehren heute noch zurück."
"Was geschieht mit den beiden Gefangenen?"
"Das sind vornehme Männer, denn sie haben noch kein Wort
gesprochen. Sie werden uns aber noch sagen, wer sie sind, und
ein schweres Lösegeld bezahlen müssen, wenn sie nicht sterben
wollen."
Ich hatte nun genug gehört und zog mich vorsichtig wieder
zurück. Diese drei waren mit ihrer Arbeit fast zu Ende, und wenn
sie sich erhoben, so konnte ich sehr leicht von ihnen bemerkt
werden.
Also ich war dumm, der dümmste von uns allen! Ich mußte
dieses erfreuliche Kompliment leider hinnehmen, ohne es jetzt
erwidern zu können. Am meisten machte mir der Umstand zu
schaffen, daß bereits um Mittag aufgebrochen werden solle. Bis
dahin also mußten die Haddedihn frei sein. Aber auf welche
Weise?
Jetzt erhoben sich die drei Männer; ich hatte mich also gar nicht
zu früh entfernt. Der, der sich für einen Dschiaf ausgegeben hatte,
zu früh entfernt. Der, der sich für einen Dschiaf ausgegeben hatte,
sagte:
"Geht! Ich werde erst nach den Pferden sehen."
Ihm folgte ich von weitem. Er führte mich, freilich ohne sein
Wissen, nach einer Bodensenkung, auf deren Sohle ein
Wässerchen floß. Hier waren über achtzig Pferde an die Stämme
der Bäume und Sträucher gebunden, und zwar in je einer solchen
Entfernung, daß sie genug Grünes fanden, ohne sich nahe
kommen zu können. Der Platz war hell und sonnig, und vom
ersten bis zum letzten Pferde hatte man vielleicht achthundert
Schritte zu gehen.
Ich konnte von oben alles genau betrachten. Es waren ganz
prachtvolle Pferde da, und im Geiste las ich mir schon die sechs
besten aus. Am meisten befriedigte es mich, daß nur ein einziger
Kurde die Aufsicht über die Tiere hatte. Es war gar nicht
schwer, ihn zu überwältigen.
Mein unfreiwilliger Führer machte sich mit einem Braunblässen zu
schaffen, der vielleicht das beste Pferd des ganzen Trupps war.
Jedenfalls war er der Herr desselben und ich beschloß, ihm um
seines liebenswürdigen Kompliments willen Gelegenheit zu
geben, auf seinen eigenen Beinen nach Hause zu reiten.
Er sprach einige Worte mit der Wache und ging dann dem Lager
zu. Ich folgte ihm auch jetzt und hatte nun die Ueberzeugung, daß
mir in der weiteren Umgebung des Lagers kein Mensch mehr
mir in der weiteren Umgebung des Lagers kein Mensch mehr
begegnen würde. Ich konnte mich also in die unmittelbare Nähe
desselben wagen.
Nach einer sorgfältigen und sehr langsamen Rekognoszierung
hatte ich sechzehn Hütten gezählt, die unter den Bäumen eine Art
von Halbkreis bildeten. In der größten Hütte wohnte jedenfalls
Scheik Gasahl Gaboya, denn sie war an ihrer Spitze mit einem
alten Turbantuche geschmückt. Sie stand auf dem innersten
Punkte des Halbkreises, so daß ich ihr leicht nahe kommen
konnte, und neben ihr erhob sich die, in der sich die Gefangenen
befanden; denn vor derselben saßen zwei Kurden, mit den
Gewehren im Arme.
Jetzt konnte ich zu Halef zurückkehren. Er saß noch auf dem
Baume, von dem er nun herabstieg. Ich setzte ihm meinen freilich
sehr kühnen und gefährlichen Befreiungsplan auseinander, dann
versteckten wir uns an einem Platz, wo wir den Weg überblicken
konnten. Und mit Ungeduld warteten wir auf die Zeit des
Handelns. Ein solches Warten hat stets etwas Aufregendes,
Verzehrendes, während der Augenblick der Tat die Nerven kalt
und ruhig macht.
Gegen zwei Stunden waren vergangen, da sahen wir ganz unten
einen einzelnen Reiter erscheinen.
"Dieser wird die Ankunft verkünden sollen," meinte Halef.
"Möglich. Hast du die hohe Eiche gesehen oberhalb der
"Möglich. Hast du die hohe Eiche gesehen oberhalb der
Einsenkung, in der sich die Pferde befinden?"
"Ja, Sihdi."
"Schleiche dich jetzt hin und erwarte mich dort. Ich muß hören,
was dieser Reiter zu sagen hat. Hier, nimm Dojan mit. Ich kann
ihn jetzt nicht brauchen. Auch die Gewehre nimm zu dir!"
Er nahm den Hund und entfernte sich; ich aber beeilte mich, dem
Zelte des Scheik so nahe zu kommen, daß ich hören konnte, was
gesprochen wurde. Es gelang mir, soweit dies möglich war.
Kaum hatte ich hinter einem Baumstamme Posto gefaßt, so kam
der Reiter herangaloppiert. Er sprang vom Pferde.
"Wo ist der Scheik?" hörte ich ihn fragen.
"Dort in seinem Zelte!"
Gasahl Gaboya trat heraus und ihm entgegen.
"Was bringst du?"
"Die Krieger werden gleich erscheinen."
"So habt ihr keinen der Entronnenen gesehen?"
"Keinen."
"Ihr habt die Augen geschlossen gehalten."
"Wir haben gewacht die ganze Nacht und bis jetzt. Wir haben
alle Seitentäler besetzt, aber niemand gesehen."
"Jetzt kommen sie!" rief es draußen vor dem Lager.
Auf diesen Ruf eilte alles hinaus auf die Lichtung; sogar die
beiden Wächter schlossen sich an. Sie wußten ihre beiden
Gefangenen ja gefesselt!
Die Gelegenheit war günstiger, als ich gehofft hatte. Mit einem
Sprunge stand ich hinter dem Zelte der Gefangenen - zwei
Messerschnitte, und ich befand mich in dem Innern desselben.
Da lagen sie nebeneinander, an Händen und Füßen gebunden.
"Mohammed Emin, Amad el Ghandur, auf! Schnell!"
Zwei Sekunden genügten, die Stricke zu durchschneiden.
"Kommt, schnell!"
"Ohne Waffen?" fragte Mohammed Emin.
"Wer hat sie euch abgenommen?"
"Der Scheik hat sie."
Ich trat wieder hinten aus dem Zelte heraus und spähte in die
Ich trat wieder hinten aus dem Zelte heraus und spähte in die
Runde. Kein Mensch hatte acht auf das Lager.
"Heraus und mir nach!"
Ich sprang hinüber zum Zelte des Scheiks und huschte hinein, die
Haddedihn mir nach. Sie befanden sich in einer fieberhaften
Aufregung. Hier hingen ihre Waffen, auch zwei ausgelegte
Pistolen und eine lange, persische Flinte, dem Scheik gehörig.
Ich nahm Pistolen und Flinte an mich und blickte wieder hinaus;
noch immer waren wir unbeachtet. Wir schlichen uns wieder
hinaus und rannten dann dem Tale zu. Dies war wohl fünf
Minuten entfernt, aber in zwei Minuten waren wir bei Halef.
"Maschallah! Wunder Gottes!" rief er.
"Jetzt zu den Pferden!" sagte ich.
Der Wächter saß unten, mit dem Rücken gegen uns gekehrt. Auf
einen Wink sprang der Hund hinab, und sofort lag der Mann am
Boden. Er hatte einen Schrei ausgestoßen, zu einem zweiten
hatte er wohl den Mut nicht. Ich bezeichnete die sechs besten
Pferde und rief Amad el Ghandur zu:
"Halte sie einstweilen! Halef, Mohammed, schnell die andern in
den Wald!"
Die beiden verstanden mich sofort. Eben erhob sich hinter uns
ein lautes Bewillkommnungsgeschrei, als wir von Pferd zu Pferd
sprangen, um die Leinen durchzuschneiden. Fünfund- [Illustration
Nr. 5] zwanzig Leinen pro Mann, das war sehr schnell abgetan,
dann jagten wir die freien Tiere mit Schlägen und Steinwürfen in
den Wald. Amad el Ghandur hatte Mühe, seine sechs Tiere
festzuhalten. Ich hatte drei Gewehre umzuhängen und zwei
Pistolen einzustecken. Dann bestieg ich den Blässen und nahm
noch ein zweites Pferd an die Leine.
"Auf und vorwärts! Es ist die höchste Zeit!"
Ohne mich umzusehen, trieb ich meine Pferde die steile
Böschung empor; dann nahm der schützende Wald uns auf. Hier
ging es wegen des bösen Bodens nur langsam vorwärts, zumal
wir einen Umweg machen mußten. Doch gelangten wir bald auf
einen besseren Pfad, wo wir unsere Tiere ausgreifen lassen
konnten.
Da hörten wir hinter uns ein lautes Geschrei, aber uns blieb keine
Zeit, über dessen wahre Ursachen Vermutungen anzustellen.
Vorwärts!
Wir hatten einen weiten Bogen zu reiten gehabt, und ganz
dahinten, wo dieser Bogen begann, zeigten sich jetzt zwei Reiter.
Sobald sie uns bemerkten, kehrte der eine wieder um, während
der andere uns folgte.
"Galopp, den schärfsten Galopp, sonst komm' ich um meinen
Hengst!" rief ich. "Wir werden die Bebbeh gleich auf den
Hengst!" rief ich. "Wir werden die Bebbeh gleich auf den
Hacken haben!"
Unsere Wahl war eine gute gewesen, denn die Pferde zeigten
sich als vorzügliche Renner. Bald kam unsere Waldecke in Sicht.
Wir erreichten sie und hielten hinter den Bäumen an. Ich sah nur
Allo.
"Wo ist der Emir?" fragte ich ihn.
"Droben beim Pferde."
"Hier hast du eine Flinte. Steige auf diesen Fuchs; er ist dein!"
Ich gab ihm die Flinte des Scheiks und rannte dann bergauf, der
Höhle zu. Sie war eine Viertelstunde entfernt, aber ich glaube,
ich war nicht später als in fünf Minuten oben. Da saß Lindsay.
"Schon da, Master? Oh! Ah! wie gegangen, heh?"
"Gut, gut! Aber wir haben jetzt keine Zeit, denn wir werden
verfolgt. Rennt aus allen Leibeskräften hinab, Sir; unten steht ein
Pferd für Euch!"
"Verfolgt? Ah! Schön! Prächtig! Pferd für mich? Gut! Well!"
Er stürzte mehr, als er ging, den Berg hinab. Ich band meinen
Rappen ab und führte ihn den Berg hinunter.
Das ging leider nicht so schnell, als ich es wünschte, und als ich
Das ging leider nicht so schnell, als ich es wünschte, und als ich
unten anlangte, saßen die andern schon längst auf ihren Tieren,
und Halef hielt das sechste Pferd an der Hand.
"Das dauerte lang, Effendi," sagte Mohammed Emin. "Sieh, es ist
bereits zu spät!"
Er deutete hinaus, wo eben der erste Reiter, welcher uns gefolgt
war, sichtbar wurde. Ich blickte ihn scharf an und erkannte
meinen Mann.
"Erkennt ihr diesen Menschen?" fragte ich.
"Ja, Sihdi," antwortete Halef. "Es ist der Dschiaf von gestern."
"Er ist ein Bebbeh und hat uns verraten. Laßt ihn vorüber, und
dann wird er unser."
"Aber wenn mittlerweile die andern kommen?"
"So schnell geht das nicht. - Sir David! Wir reiten voran und
nehmen diesen Reiter zwischen uns. Will er sich wehren, so
schlagen wir ihm die Waffen aus der Hand."
"Schön, Master! Prächtig! Yes!"
Jetzt verschwand der Bebbeh hinter der nächsten Krümmung
des Weges, und wir verließen unser Versteck.
Als ich mit Lindsay diese Krümmung erreichte, waren wir ihm
Als ich mit Lindsay diese Krümmung erreichte, waren wir ihm
auf fünfzig Schritte nahe. Er hörte uns kommen und drehte sich
um. Er erkannte uns und war über unsern Anblick so
erschrocken, daß er unwillkürlich sein Pferd anhielt. Er hatte uns
vor sich geglaubt und erblickte uns nun hinter sich. Ehe er die
Fassung wieder erlangte, hatten wir ihn gepackt.
Da griff er nach dem Messer. Ich faßte seine Faust und drückte
sie ihm so, daß er es fallen ließ. Und während Lindsay ihm die
Lanze entwand, zerschnitt ich den Riemen, an dem seine Flinte
ihm über den Rücken hing; sie fiel herab. Er war entwaffnet und
sein Pferd jagte mit den unsrigen in vollem Lauf dahin.
Da ergab er sich in sein Schicksal.
So ging es immer dem Süden zu, und als wir einen tüchtigen
Vorsprung gewonnen zu haben glaubten, mäßigten wir unser
Tempo, und Allo ritt als Wegweiser voran.
"Was tun mit diesem Kerl, Master?" fragte nun Lindsay.
"Bestrafen!"
"Yes! Falscher Dschiaf! Welche Strafe?"
"Weiß es nicht. Wir werden darüber beraten."
"Schön! Session! Oberhaus! Unterhaus! Well! Wie habt Ihr die
Haddedihn losgemacht?"
Haddedihn losgemacht?"
Ich erzählte es ihm in kurzen Umrissen. Als ich an das
Unschädlichmachen der Pferdewache kam, hielt ich plötzlich in
meinem Berichte inne.
"O wehe! Was habe ich getan!"
"Was, Master? War ja alles gut!"
"Ich habe in der Eile vergessen, meinen Hund von dem Manne
wegzurufen!"
"Oh! Ah! Unangenehm! Wird nachkommen!"
"Nie! Er ist bereits tot, und die Wache auch."
"Warum gleich tot?"
"Sobald er angerührt oder sonst bedroht wird, zerreißt er dem
unter ihm liegenden Mann die Gurgel. Dann werden ihn die
Bebbeh natürlich erschossen haben. Ich könnte wahrhaftig nur
dieses Hundes wegen umkehren und mich in die größte Gefahr
begeben. Aber leider wäre es erfolglos!"
Ueber den Verlust des treuen, klugen Hundes geriet auch Halef
in Bestürzung, und ich verbrachte die noch übrigen Stunden des
Nachmittags in tiefer Verstimmung. Am Abend machten wir
Halt, und nun erst wurde der Bebbeh gefesselt. Trotz unserer
Halt, und nun erst wurde der Bebbeh gefesselt. Trotz unserer
Eile hatte Halef Zeit gehabt, dem ledigen Pferde den erst
angeschnittenen Rehbock aufzuladen, und so war für einen
hinreichenden Imbiß gesorgt.
Nach dem Mahle wurde der Gefangene ins Verhör genommen.
Er hatte bisher noch kein Wörtchen gesprochen. Jedenfalls ließ
er nur deshalb alles so geduldig über sich ergehen, weil er hoffte,
daß die Seinen sehr bald erscheinen und ihn befreien würden.
"Höre, Mann," begann ich die Verhandlung, "was bist du? Ein
Dschiaf oder ein Bebbeh?"
Er antwortete nicht.
"Beantworte meine Frage!"
Er zuckte nicht mit der Wimper.
"Halef, nimm ihm den Turban ab und schneide ihm die Haarlocke
herunter!"
Das ist die größte Entehrung, die einem Kurden und überhaupt
einem Muselmann widerfahren kann. Als Halef, das Messer in
der Rechten haltend, mit der Linken nach der Locke griff, bat
der Mann:
"Herr, laß mir mein Haar! Ich will antworten."
"Gut! Welchen Stammes bist du?"
"Gut! Welchen Stammes bist du?"
"Ich bin ein Bebbeh."
"Du hast uns gestern belogen!"
"Einem Feinde braucht man nicht die Wahrheit zu sagen."
"Deine Grundsätze sind diejenigen eines Schurken. Du hast
ferner das, was du behauptetest, bei dem Barte des Propheten
beschworen!"
"Einen Schwur, den man einem Ungläubigen gibt, braucht man
nicht zu halten."
"Du hast ihn auch Gläubigen gegeben; es sind deren vier unter
uns!"
"Das geht mich nichts an."
"Ferner hast du mich einen Dummkopf genannt!"
"Das ist eine Lüge, Herr!"
"Du sagtest, wir alle seien dumm, ich aber sei der allerdümmste!
Es ist wahr, denn diese meine eigenen Ohren haben es gehört -
hinter dem Lager, als ihr dort die Pilze schnittet. Ich lag hinter
dem Busche und hörte euch zu; dann nahm ich euch eure
Gefangenen und eure Pferde. Du magst also sehen, ob ich
wirklich ein so großer Dummkopf bin!"
wirklich ein so großer Dummkopf bin!"
"Verzeihe, Herr!"
"Ich habe dir nichts zu verzeihen, denn das Wort aus deinem
Munde kann einen Emir aus Frankhistan nie beleidigen. Gestern
ließ ich dich frei, weil du mir leid tatest; heut befindest du dich
wieder in meiner Hand.
Wer ist da wohl der Kluge von uns? - Bist du der Bruder des
Scheik Gasahl Gaboya?"
"Ich bin es nicht."
"Hadschi Halef, schneide ihm die Locke ab!"
Das half auf der Stelle.
"Wer hat dir gesagt, daß ich es bin?" fragte er.
"Einer, der dich kennt."
"So sage, welches Lösegeld verlangst du?"
"Ihr wolltet für diese beiden Männer" - ich deutete auf die
Haddedihn - "Lösegeld verlangen; ihr seid Kurden. Ich nehme
nie ein Lösegeld, denn ich bin ein Christ. Ich nahm dich nur
deshalb gefangen, um dir zu zeigen, daß wir mehr Klugheit, Mut
und Geschick besitzen, als ihr denkt. Wer hat heute zuerst
und Geschick besitzen, als ihr denkt. Wer hat heute zuerst
bemerkt, daß die Gefangenen fort waren?"
"Der Scheik."
"Wie bemerkte er es?"
"Er trat in sein Zelt, da fehlten die Waffen der Gefangenen und
auch die seinigen."
"Ich habe sie genommen."
"Ich denke, ein Christ nimmt nie etwas!"
"Das ist richtig. Ein Christ nimmt nie unrechtes Gut, aber er läßt
sich auch von keinem Kurden berauben.
Ihr habt uns unsere Pferde erschossen, die uns lieb waren, und
ich habe dafür sechs andere genommen, die uns nicht lieb sind.
Wir hatten in unsern Satteltaschen viele Dinge, die wir notwendig
brauchen; ihr habt sie genommen, und dafür habe ich mir die
Flinte und die Pistolen des Scheik angeeignet. Wir haben
getauscht; ihr habt diesen Tausch mit Gewalt begonnen, und ich
habe ihn mit Gewalt beendet."
"Unsere Pferde sind besser, als die eurigen waren!"
"Das geht mich nichts an, denn ehe ihr die unserigen getötet habt,
fragtet ihr auch nicht danach, ob sie schlechter waren, als
diejenigen, die ich euch dafür nehmen würde. Warum wurde
diejenigen, die ich euch dafür nehmen würde. Warum wurde
mein Pferd nicht erschossen?"
"Der Scheik wollte es haben."
"Glaubte er wirklich, daß er es bekommen werde? Und wenn
dies der Fall gewesen wäre, so hätte ich es mir sicher wieder
geholt. Wer entdeckte heute die Abwesenheit der Pferde?"
"Auch der Scheik. Er lief in das Zelt der Gefangenen, und als
dieses leer war, rannte er zu den Pferden; sie waren fort."
"Fand er gar nichts?"
"Den Wächter, der unter einem Hunde lag."
"Was geschah mit ihm?"
"Er wurde unter dem Hunde liegen gelassen zur Strafe dafür, daß
er nicht aufgepaßt hatte."
"Fürchterlich! Seid ihr Menschen?"
"Der Scheik hat es so geboten."
"Was wird da mit dir geschehen, der du auch nicht aufgepaßt
hast? Ich habe hinter dem Kirschlorbeer gelegen, einen einzigen
Schritt von dir entfernt; ich bin dann hinter dir zu den Pferden
gegangen, von denen ich nicht wußte, wo sie waren, und dann
bin ich dir nach dem Lager gefolgt."
"Herr, laß das den Scheik nicht wissen!"
"Sei ohne Sorge! Ich habe es nur allein mit dir zu tun. Ich werde
jetzt meinen Gefährten deine Antworten sagen, und dann mögen
sie dein Urteil sprechen. Du sollst nicht von uns zwei Christen,
sondern von diesen vier Muselmännern gerichtet werden!"
Ich verdolmetschte meine Unterredung mit dem Bebbeh in das
Arabische.
"Was willst du mit ihm tun?" fragte mich Mohammed.
"Nichts," erwiderte ich ruhig.
"Emir, er hat uns belogen, betrogen und dem Feinde in die Hand
geliefert. Er hat den Tod verdient."
"Und was noch mehr ist," fügte Amad el Ghandur hinzu, "er hat
bei dem Barte des Propheten falsch geschworen. Er hat den
dreifachen Tod verdient."
"Was sagst du dazu, Sihdi?" fragte Halef.
"Jetzt nichts. Bestimmt ihr, was mit ihm werden soll!"
Während die vier Mohammedaner beratschlagten, erkundigte
sich auch der Engländer bei mir:
sich auch der Engländer bei mir:
"Nun? Was wird mit ihm?"
"Ich weiß es nicht. Was würdet Ihr mit ihm tun?"
"Hm! Niederschießen!"
"Haben wir das Recht dazu?"
"Yes! Sehr!"
"Der Weg des Rechtes ist folgender: Wir beschweren uns bei
unsern Konsulaten; von da geht die Beschwerde nach
Konstantinopel, und dann erhält der Pascha von Sulimania den
Befehl, den Uebeltäter zu bestrafen - wenn er ihn nicht belohnen
soll."
"Schöner Weg des Rechtes!"
"Aber der allein erlaubte für uns als Bürger unserer Staaten. Und
ferner: Was werdet Ihr als Christ mit diesem Feinde tun?"
"Geht mir mit Euren Fragen, Master! Ich bin Englishman. Macht,
was Ihr wollt!"
"Und wenn ich ihn nun laufen lasse?"
"So mag er laufen! Ich fürchte mich nicht vor ihm; er braucht also
meinetwegen nicht ganz totgeschlagen zu werden. Macht es
meinetwegen nicht ganz totgeschlagen zu werden. Macht es
lieber möglich, daß ich ihm meine Nase aufhängen kann; das
wäre die beste Strafe für diesen Menschen, der uns gestern eine
Nase gedreht hat, welche zwanzigmal imposanter war, als die
meinige! Yes!"
Der Bebbeh schien mittlerweile die Geduld zu verlieren. Er
wandte sich in der jetzt eintretenden Pause wieder an mich:
"Herr, was wird mit mir geschehen?"
"Das wird ganz auf dich ankommen. Von wem willst du gerichtet
sein? Von den vier Männern, die ihr Gläubige nennt, oder von
den zwei Männern, denen ihr den Schimpfnamen »Giaur« zu
geben pflegt?"
"Chodih, ich bete zu Allah und dem Propheten; es mögen nur
solche Männer über mich bestimmen, welche wahre Gläubige
sind!"
"Du sollst deinen Willen haben! Wir beide hätten dir verziehen
und dich morgen früh zu den Deinigen zurückkehren lassen. Ich
sage mich los. Mag dir werden, was du gewünscht hast, und
mögest du nicht bereuen, das Wort eines Christen bezweifelt und
seine Nachsicht von dir gewiesen zu haben!"
Endlich waren die anderen zu einem Entschluß gekommen.
"Emir, wir erschießen ihn!" sagte Mohammed.
"Emir, wir erschießen ihn!" sagte Mohammed.
"Das leide ich auf keinen Fall!" antwortete ich.
"Er hat den Propheten geschändet!"
"Seid ihr die Richter darüber? Er mag dies mit dem Imam, mit
dem Propheten oder mit seinem Gewissen abmachen!"
"Er hat den Spion gemacht und uns verraten!"
"Hat einer von uns sein Leben dadurch verloren?"
"Nein; aber wir haben anderes verloren."
"Wir haben Besseres dafür genommen. Hadschi Halef Omar, du
kennst meine Meinung; es betrübt mich, dich so blutgierig zu
sehen."
"Sihdi, ich wollte es nicht!" entschuldigte er sich eifrig. "Nur die
Haddedihn und der Bannah wollten es."
"So ist meine Meinung, daß der Bannah hierbei nichts zu sagen
hat. Er ist unser Führer und wird dafür bezahlt. Aendert euer
Urteil!"
Sie flüsterten von neuem zusammen; dann teilte mir Mohammed
Emin das Resultat mit:
"Emir, wir wollen sein Leben nicht, aber er soll entehrt werden.
"Emir, wir wollen sein Leben nicht, aber er soll entehrt werden.
Wir nehmen ihm die Locke und schlagen ihn mit Ruten in das
Gesicht. Wer solche Schwielen trägt, hat keine Ehre mehr."
"Das ist noch fürchterlicher als der Tod und hat doch keinen
Erfolg. Ich habe einem Bebbeh Ohrfeigen gegeben, weil er
meinen Glauben beleidigte, und gestern kämpfte er doch an der
Seite des Scheiks gegen mich. Haben ihn also diese Schläge
geschändet?"
"Die abgeschnittene Locke wird ihn sicher schänden!"
"Er wird den Turban aufbehalten, so daß man es nicht sieht."
"Du selbst wolltest sie ihm doch vorhin abschneiden lassen!"
"Nein; ich hätte es nicht getan. Es war nur eine Drohung, um ihn
zum Sprechen zu zwingen. Ueberhaupt -
warum wollt ihr diese Bebbeh noch mehr gegen uns erbittern?
Sie fühlen sich im Rechte gegen uns, weil sie glauben, daß wir
Verbündete der Bejat gewesen sind. Sie können es nicht wissen,
daß wir einen solchen Raubzug nie gebilligt hätten; sie können es
nicht wissen, daß ich dem Khan Heider Mirlam offen in das
Gesicht gesagt habe, ich hätte die Bebbeh gewarnt, wenn es mir
möglich gewesen wäre; sie haben uns bei Räubern getroffen und
behandeln uns als Räuber. Jetzt sind wir ihnen glücklich
entkommen, und vielleicht lassen sie von uns ab; wollt ihr sie
durch eure Grausamkeit zwingen, uns weiter zu verfolgen?"
durch eure Grausamkeit zwingen, uns weiter zu verfolgen?"
"Emir, wir waren ihre Gefangenen; wir müssen uns rächen!"
"Auch ich war Gefangener, öfters als ihr; aber ich habe mich
nicht gerächt. Der Raïs von Schohrd, Nedschir-Bey, nahm mich
gefangen. Ich befreite mich selbst und verzieh ihm; dann wurde
er mein Freund.
War das nicht besser, als wenn ich eine Blutschuld zwischen uns
gelegt hätte?"
"Emir, du bist ein Christ, und die Christen sind entweder
Verräter oder Weiber!"
"Mohammed Emin, sage dies noch einmal, so geht dein Weg von
dieser Minute an nach rechts und der meinige nach links. Ich
habe nie deinen Glauben geschmäht; warum tust du es mit dem
meinen? Hast du jemals mich oder diesen David Lindsay-Bey als
einen Verräter oder ein Weib gesehen? Ich könnte jetzt recht gut
den Islam beleidigen; ich könnte sagen: die Moslemin sind
undankbar, denn was ein Christ für sie tut, das vergessen sie.
Aber ich sage es nicht, denn ich weiß, wenn einer sich einmal
von seinem Fleische hinreißen läßt, so gibt es doch viele, die sich
beherrschen können!"
Da sprang er auf und streckte mir beide Hände entgegen.
"Emir, verzeihe mir! Mein Bart ist weiß und der deinige noch
"Emir, verzeihe mir! Mein Bart ist weiß und der deinige noch
dunkel, aber obgleich dein Herz jung und warm ist, so hat doch
dein Verstand die Reife des Alters. Wir geben dir diesen Mann.
Tue mit ihm nach deinem Wohlgefallen!"
"Mohammed, ich danke dir! Ist auch dein Sohn einverstanden?"
"Ich bin es, Effendi," antwortete Amad el Ghandur.
Nun wandte ich mich erfreut zu dem Gefangenen:
"Du hast uns einmal Lügen gesagt. Willst du mir versprechen,
heute mit mir die Wahrheit zu reden?"
"Ich verspreche es!"
"Wenn ich dir jetzt deine Fesseln nehme und du mir versprichst,
dennoch nicht zu entfliehen, würdest du dein Wort halten?"
"Herr, ich verspreche es!"
"Nun wohl; diese vier Moslemim haben dir deine Freiheit wieder
gegeben. Heute bleibst du noch bei uns, und morgen kannst du
gehen, wohin es dir beliebt."
Ich band seine Hände und Füße los.
"Herr," sagte er, "ich soll dich nicht belügen, und nun sagst du
selbst mir die Unwahrheit."
"Inwiefern?"
"Du sagst, diese Männer hätten mir die Freiheit gegeben, und das
ist nicht wahr. Nur du allein hast sie mir gegeben. Sie wollten
mich erst erschießen; dann wollten sie mich peitschen und mir
den Schmuck des Gläubigen nehmen; du aber hast dich meiner
erbarmt. Ich habe jedes Wort verstanden, denn ich spreche das
Arabische ebenso gut wie das Kurdische. Und nun weiß ich
auch aus deinen Worten, daß ihr den Bejat nicht geholfen habt,
sondern Freunde der Bebbeh gewesen seid. Emir, du bist ein
Christ; ich habe die Christen gehaßt: heute lerne ich sie besser
kennen. Willst du mein Freund und Bruder sein?"
"Ich will!"
"Willst du mir vertrauen und hier bleiben, obgleich morgen eure
Verfolger hier eintreffen werden?"
"Ich vertraue dir!"
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