Бесплатно

Der schwarze Mustang

Текст
Автор:
0
Отзывы
iOSAndroidWindows Phone
Куда отправить ссылку на приложение?
Не закрывайте это окно, пока не введёте код в мобильном устройстве
ПовторитьСсылка отправлена

По требованию правообладателя эта книга недоступна для скачивания в виде файла.

Однако вы можете читать её в наших мобильных приложениях (даже без подключения к сети интернет) и онлайн на сайте ЛитРес.

Отметить прочитанной
Шрифт:Меньше АаБольше Аа

»Den sollt ihr haben. Und wißt Ihr, wie er lautet?«

»Nun?«

»Es sind nur die drei Worte: ›Nehmt uns mit‹!«

» All devils! Wir sollen euch mitnehmen, nämlich Euch, Sir, und Winnetou?«

»Ja.«

»Ist das Euer Ernst!«

»Ja. Ich wüßte keinen Grund, Euch unsre Begleitung im Scherze anzubieten.«

»Habt Ihr denn einen Weg mit uns?«

»Sicher. Wir wollen nämlich auch nach Santa Fe, wenn auch nicht einer Erbschaft wegen.«

Da schlug Kas die Hände zusammen, daß es nur so knallte und rief vor Entzücken überlaut:

»Das ist ein Glück! Has, Has, hörst du es? Wir dürfen mit Old Shatterhand und Winnetou reiten! Nun schere ich mich den Kuckuck um das ganze Komantschengesindel. Wir brauchen keinen Umweg zu machen, sondern reiten mitten hindurch. Und dann in Santa Fe haben wir sogleich gelungenes Spiel. Es soll diesem Nahum Samuel Timpe ja nicht einfallen, uns zu betrügen oder zu entwischen! Wir haben Männer bei uns, die ihn bis in die Wolken schwippen!«

»Schreit doch nicht so!« lächelte Old Shatterhand. »Zu solchem Jubel habt Ihr keinen Grund. Es kann auch uns nicht einfallen, mitten durch das Gebiet der Komantschen zu reiten, sondern wir waren, grad so wie Ihr, entschlossen, nach Osten auszubiegen. Ihr seid also einverstanden, daß wir zusammen reiten?«

»Ja, natürlich ja! Es kann uns ja gar nichts Besseres und Vorteilhafteres angeboten werden, als bei Euch sein zu dürfen. Wann meint Ihr, daß wir von hier aufbrechen, Sir?«

»Morgen, sobald wir ausgeschlafen haben. Da erreichen wir am Abend den Alder-Spring [Erlenquell.], an dem wir bis früh lagern werden.«

Er legte auf diesen Namen einen besonderen Ton, denn er beobachtete während dieses Gespräches den halbblütigen Scout heimlich und sah gar wohl, mit welcher Aufmerksamkeit dieser herüberhorchte, obwohl er sich den Anschein zu geben suchte, als ob er nicht den geringsten Anteil nehme. Er war nicht der einzige, welcher ein so großes und heimliches Interesse für die beiden berühmten Freunde hegte.

Nämlich ganz nahe an der Bretterwand, welche den großen, nur von Chinesen besetzten Raum von dem kleinen trennte, saßen schon vor Eintritt der beiden Timpe zwei »Söhne des Himmels« [Chinesen.] bei einander, welche nichts zu thun zu haben schienen als zu rauchen und zu trinken. Sie mochten eine Art von Vorarbeiter vorstellen, oder im Besitz einer sonstigen kleinen Würde sein, weil keiner ihrer Landsleute sich zu ihnen setzte. Sie konnten alles, was nebenan gesprochen wurde, hören, und verstanden es auch, denn sie befanden sich schon seit mehreren Jahren in den Vereinigten Staaten und waren in San Francisco mit der englischen Sprache vertraut geworden.

Auf die Ankunft von Has und Kas hatten sie nicht mehr geachtet als alle andern auch; als aber drin im kleinen Raum von den Gewehren Old Shatterhands und Winnetous gesprochen wurde und welchen geradezu untaxierbaren Wert dieselben besäßen, da horchten sie schärfer hin. Dann kamen so ganz unerwartet diese beiden Männer, und die Chinesen blickten erst mit Neugierde und dann mit Verlangen durch die Bretterlücken nach ihnen, und es schien, als ob sie ihre Augen gar nicht von den kostbaren Gewehren wenden könnten. Als später der Engineer mit seinen Gästen von dem gemachten Gange zurückkehrte und die letzteren ihre Gewehre nicht mehr bei sich hatten, schien es mit der bisherigen Ruhe der Chinesen aus zu sein. Ihre dünnen Augenbrauen gingen auf und nieder; ihre Lippen zuckten, ihre Finger bewegten sich krampfhaft, sie rutschten auf ihren Sitzen hin und her; sie hatten beide das gleiche Gefühl und den gleichen Gedanken, doch wollte keiner zuerst sprechen. Endlich konnte es der eine nicht länger aushalten; er fragte leise:

»Hast du alles gehört?«

»Ja.« antwortete der andre.

»Und gesehen?«

»Und gesehen!«

»Auch die Gewehre?«

»Auch!«

»Wie kostbar sie sind!«

»Viele, viele tausend Dollars!«

»Wenn wir sie hätten! Wie müssen wir arbeiten; wie müssen wir uns plagen und uns schinden, damit unsre Gebeine in der Heimat bei den Ahnen begraben werden können!«

Es trat eine Pause ein; sie überlegten. Nach einer Weile that der eine einen langen Zug aus seiner Pfeife und fragte, indem er listig mit den schiefen Augen blinzelte:

»Ahnst du, wo die Gewehre liegen?«

»Ich weiß es,« lautete die Antwort.

»Nun wo?«

»Im Hause des Engineers. Wenn wir sie hätten, könnten wir sie vergraben, und niemand wüßte, wer sie geholt hät.«

»Und später könnten wir sie in Frisco [San Francisco] verkaufen. Wir bekämen viel, ungeheuer viel Geld dafür, dann wären wir reiche, sehr reiche Herren und könnten nach dem Reiche der Mitte zurückkehren und alle Tage Schwalbennester essen.«

»Ja, das könnten wir; wir könnten es wirklich, wenn wir nur wollten!«

Nach einer abermaligen Pause, während welcher sie in den gegenseitigen Mienen und Blicken zu lesen suchten, wurde das Gespräch fortgesetzt:

»Das Haus des Engineers ist steinern, und niemand kann durch die Fenster!«

»Und die Thür ist stark und hat ein sehr festes, eisernes Schloß!«

»Aber das Dach! Weißt du nicht, daß es aus Shingles [Schindeln.] gemacht ist?«

»Ich weiß es. Wenn man eine Leiter hat, kann man eine Öffnung machen und einsteigen.«

»Leitern gibt es genug!«

»Ja; aber wo würde man die Gewehre vergraben? In der Erde? Da verderben sie.«

»Man müßte sie gut einwickeln. Im Lagerschuppen liegen Bastmatten mehr als genug umher.«

Sie hatten bisher im Flüsterton miteinander gesprochen; jetzt rückten sie noch näher zusammen, und die Art und Weise, in welcher sie weitersprachen, konnte nur noch als ein fast unhörbares Zuraunen bezeichnet werden. Darauf verließen sie den Schuppen, der eine mehrere Minuten später als der andre.

Eben als dieser letztere verschwunden war, kam ein neuer Ankömmling. Es war ein Indianer, dessen Anzug aus einem blauen Kalikohemde, ledernen Leggins und ebensolchen Mokassins bestand. Bewaffnet war er nur mit einem Messer, welches im Gürtel steckte. Das Haar hing ihm lang wie bei einem Weibe auf den Rücken hinab, und am Halse trug er an einem Riemen einen großen Medizinbeutel.

Er blieb unter dem Eingange stehen, um sein Auge, aus der Finsternis kommend, an das Licht zu gewöhnen, warf hernach einen Blick durch die große Abteilung und ging dann langsamen Schrittes in die kleinere.

Ein Roter war hier natürlich keine seltene Erscheinung, und so wurde dieser Indsman von den Chinesen kaum beachtet. Auch in dem kleineren Raume, in welchem die Weißen saßen, hatte sein Erscheinen keine andre Wirkung, als daß man ihn mit einem kurzen Blick überflog und dann nicht mehr beachtete. Er ging in der demütigen Haltung eines Menschen, der sich nur geduldet weiß, zwischen den Tischen hindurch und kauerte sich in der Nähe des Herdes nieder.

Als der Scout diesen Indianer kommen sah, ging ein schnelles Zucken über sein Gesicht, so blitzschnell, daß es von keinem der Anwesenden bemerkt wurde. Die beiden gaben sich den Anschein, als ob sie füreinander gar nicht vorhanden wären; aber hie und da flog doch unter den tief gesenkten Wimpern hervor ein Blick herüber oder hinüber, und diese Blicke schienen gegenseitig verstanden zu werden. Da stand der Scout von seinem Tische auf und schritt dem Eingange zu, langsam und nachlässig schlendernd, wie jemand, der bei dem, was er thut, ganz ohne Absicht und Gedanken ist.

Aber es gab zwei, denen gerade diese große und so zur Schau getragene Absichtslosigkeit auffälig vorkam: Winnetou und Old Shatterhand. Sofort richteten sie ihre Augen scheinbar von der Thür weg, aber eben nur scheinbar, denn wer das wohlgeübte Auge eines Westmannes kennt, der weiß, daß es im stande ist, auch von der Seite her soviel Strahlen aufzunehmen, um genau zu sehen, was da geschieht, wohin es nicht zu blicken scheint.

Unter der Thür angekommen, drehte sich der Scout für einige Sekunden um; er sah kein einziges Auge auf sich gerichtet und gab mit einer schnellen, kurzen Bewegung der Hand dem Roten ein Zeichen, dessen Bedeutung nur dem verständlich sein konnte, mit dem es verabredet worden war. Dann drehte er sich wieder um und trat in die dunkle Nacht hinaus.

Dieses Zeichen war ebensowohl von Winnetou wie auch von Old Shatterhand bemerkt worden; sie tauschten nur einen Blick miteinander aus und waren dann, ohne ein Wort gesprochen zu haben, darüber einig, was zu geschehen hatte. Was sie vermuteten, und was sie wollten, war folgendes: Der fremde Indianer stand im heimlichen Einvernehmen mit dem Scout, denn er hatte ein Zeichen von ihm bekommen. Heimlich war dieses Einvernehmen, weil sie darauf bedacht gewesen waren, es nicht sehen und wissen zu lassen. Aus dieser Heimlichkeit war zu schließen, daß es sich um eine böse Absicht handele, welcher unbedingt auf die Spur zu kommen war. Es mußte nun jemand dem Scout folgen, um sein Thun zu belauschen. Da nun mit Sicherheit anzunehmen war, daß es sich um Indianer handle, wollte Winnetou, der ein Indsman war, dieses Beschleichen übernehmen. Leider durfte er da nicht zur Thür hinaus, denn diese war hell beleuchtet, und der Scout stellte sich gewiß so auf, daß er jede Person, die den Schuppen verließ, sehen konnte. Glücklicherweise hatte der Apatsche vorhin bemerkt, daß es hinter den Fässern, Ballen und Kisten eine kleine Thür gab, wohl zu dem Zwecke, diese Gegenstände herein— und hinausschaffen zu können, ohne daß man erst nach dem Haupteingange mußte. Durch diese Hinterthür wollte der Häuptling hinaus. Da dies aber möglichst unbemerkt zu geschehen hatte, so mußte er warten, bis die Aufmerksamkeit der Anwesenden auf Old Shatterhand gerichtet worden war, was sicherlich sofort geschah, sobald dieser mit dem Indianer zu sprechen begann.

Das war das zweite, was man thun mußte, nämlich den Indianer in das Verhör nehmen, um wo möglich etwas aus ihm herauszulocken, was einen Anhalt geben konnte, auf seine Absichten zu schließen.

 

Old Shatterhand zögerte auch gar nicht, seine Forschung zu beginnen, und als alle auf ihn hörten und ihre Augen auf ihn richteten, glitt Winnetou von dem Tische fort, um hinter den Fässern zu verschwinden und zu der erwähnten Thür zu gelangen.

Der Indsman war ein kräftig gebauter, in den mittleren Jahren stehender Mann. Bald zeigte es sich, daß er auch in Beziehung auf seine Intelligenz kein Schwächling war. Dies hatte Old Shatterhand freilich vorausgesehen, denn so heimliche und vielleicht auch gefährliche Aufträge pflegt nur ein kluger Krieger zu bekommen.

»Mein roter Bruder hat sich fern von uns gesetzt. Will er nichts essen oder trinken?« so lautete die erste Frage Old Shatterhands.

Der Rote antwortete nur mit einem Kopfschütteln.

»Warum nicht? Hast du weder Durst noch Hunger?«

»Juwaruwa hat Hunger und auch Durst, aber er hat kein Geld,« ließ sich jetzt der Rote hören.

»Juwaruwa, so ist dein Name?«

»So werde ich genannt.«

»Das heißt Elk in der Sprache der Upsarokas [Crows oder Krähenindianer].

. Gehörst du zu diesem Stamme?«

»Ich bin ein Krieger desselben.«

»Wo weidet er jetzt seine Pferde?«

»In Wyoming.«

»Und wie heißt der Kriegshäuptling desselben?«

»Er wird ›starker Büffel genannt.«

Old Shatterhand war zufälligerweise vor kurzer Zeit bei den Krähenindianern, die zum Volke der Dakotas gehören, gewesen; er kannte die Verhältnisse derselben und war also im stande, zu beurteilen, ob der Indianer ihn belog. Die Antworten enthielten die Wahrheit.

»Wenn mein Bruder nicht bezahlen kann, so mag er sich zu uns hinsetzen und auch mit uns essen,« fuhr er fort.

Der Indianer warf einen forschenden Blick auf ihn und erklärte:

»Juwaruwa ist ein tapferer Krieger; er ißt nur mit Männern, die er kennt und die ebenso tapfer sind. Hast du einen Namen, und wie lautet er?«

»Man nennt mich Old Shatterhand.«

Old – Shatt – – – !«

Der Name blieb ihm im Munde stecken. Er hatte nur für einen Augenblick seine Ruhe und Selbstbeherrschung verloren, aber doch dadurch verraten, daß er erschrocken war. Er nahm sich schnell wieder zusammen und fuhr in scheinbarer Unbefangenheit fort:

»Old Shatterhand? Uff! So bist du ein sehr berühmtes Bleichgesicht.«

»Mit dem du also essen kannst. Komm her zu uns, und iß und trink!«

Anstatt dieser Aufforderung Folge zu leisten, ließ der Indsman seinen Blick umhergehen und fragte:

»Ich sehe den roten Mann nicht, der an deiner Seite saß. Wo ist er hin?«

»Er wird draußen in dem andern Raum sein.«

»Ich gewahrte nicht, daß er hinausging. Wenn du Old Shatterhand bist, so ist er wohl Winnetou, der Häuptling der Apatschen?«

»Er ist es. Wo hast du dein Pferd?«

»Ich reite nicht.«

»Wie? Ein Upsaroka, der sich so viele Tagesreisen südwärts von seinem Stamme befindet, hat kein Pferd? Hast du es unterwegs verloren?«

»Nein. Ich habe keins mitgenommen.«

»Auch keine Waffen als nur das Messer?«

»Keine.«

»Das muß ja sehr wichtige Gründe haben!«

»Ich habe einen Schwur gethan, ohne Pferd und nur mit dem Messer zu gehen.«

»Warum?«

»Weil die Komantschen auch ohne Pferde und andre Waffen waren.«

»Komantschen? Wo waren sie?«

»Oben, nahe bei unsern damaligen Weidegründen in Dakota.«

»Komantschen so weit im Norden? Sonderbar.«

Old Shatterhand glaubte dem Roten schon längst nicht mehr und ließ seinen Zweifel auch im Tone erklingen. Der Rote warf ihm einen fast höhnischen Blick zu und antwortete:

»Weiß Old Shatterhand nicht, daß jeder indianische Krieger einmal nach Dakota muß, um den heiligen Thon zur Friedenspfeife zu holen?«

»Nicht jeder braucht dies zu thun, und nicht jeder hat es gethan.«

»Die Komantschen aber thaten es. Sie begegneten mir und meinem Bruder; ihn erstachen sie, und mir gelang es, zu entkommen. Dann that ich meinen Schwur und bin ohne Pferd und nur mit dem Messer hinter ihnen her; ich werde nicht ruhen, bis ich sie getötet habe!«

»Da du mich an die heiligen Bräuche mahnst, so wirst du wissen, daß kein Indsman auf dem Wege nach diesen Steinbrüchen einen andern töten darf?«

»Die Komantschen begingen dennoch den Mord!«

»Hm! Aber warum diesen Schwur? Ohne Pferd und nur mit dem Messer! Wie willst du jagen? Wovon hast du unterwegs gelebt?«

»Habe ich dir das zu sagen?« fragte der Indianer stolz, denn er glaubte, Old Shatterhand vollständig getäuscht zu haben.

»Nein,« antwortete dieser ruhig. »Ich kann nur nicht begreifen, daß du während so langer Zeit und auf einem so langen Wege auf kein Pferd gekommen bist.«

»Ich that den Schwur und habe ihn gehalten.«

»Nein, sondern du hast ihn übertreten!«

»Beweise es!«

»Du hast heut im Sattel gesessen!«

»Uff, uff «

»Ja, während des Regens.«

»Uff, uff !« wiederholte der angebliche Upsaroka; es klang halb wie Schreck und halb wie Trotz. Er war natürlich aufgestanden, als Old Shatterhand mit ihm zu sprechen begann, und stand nahe vor ihm. Der weiße Jäger bückte Sich, strich ihm mit beiden Händen an den Beinen nieder und sagte dann:

»Deine Leggins sind an den Außenseiten naß und nach einwärts trocken. Die Innenseiten, die am Leibe des Pferdes anlagen, hat der Regen nicht treffen können.«

Auf diesen scharfsinnigen Beweis war der Indianer nicht gefaßt gewesen, aber seine Schlauheit gab ihm schnell eine Ausrede ein:

»Man sagt, daß Old Shatterhand der klügste Mann der Weißgesichter sei, und doch ‚ kann er sich das nicht erklären, was so sehr leicht zu erklären ist; jedes Kind weiß, daß die Innenseiten der Hosen eher trocken werden als die äußern. Old Shatterhand hat noch viel zu lernen!«

Diese Frechheit war groß; der Jäger blieb dennoch ruhig. Er hatte sich bis jetzt der englischen Sprache bedient, deren der Rote leidlich mächtig war; jetzt aber legte er ihm eine Frage im Dialekte der Upsarokas vor und erhielt keine Antwort. Er sprach noch einige andre Fragen aus, doch mit demselben Erfolge oder Mißerfolge; dann legte er dem Indsman schwer die Hand auf die Schulter und sagte:

»Warum antwortest du mir nicht? Ist dir die Sprache deines eigenen Stammes unbekannt?«

»Ich habe den Schwur gethan, sie nicht eher zu sprechen, als bis der Tod meines Bruders gerächt worden ist.«

»So, deine Schwüre scheinen alle außerordentlich sonderbar ausgefallen zu sein! Noch viel sonderbarer aber ist die Dummheit, in der du dir einbildest, mich betrügen zu können. Grad deine Sprache ist‘s, die dich verrät. Ich weiß ganz genau, wie ein Upsaroka und wie jeder andre Stamm die Sprache der Bleichgesichter redet. Du bist nicht ein Krähenindianer, sondern ein Komantsche. Hast du den Mut, dies einzugestehen?«

»Die Komantschen sind meine Feinde; das habe ich dir bereits gesagt!«

»Grad, daß du sie deine Feinde nennst, ist für mich der Beweis, daß du einer bist!«

»So machst du mich zum Lügner? Das ist die Sitte der Weißen, ihre roten Gäste zu beleidigen. Ich gehe!« Er wollte nach der Thür.

»Du bleibst!« gebot Old Shatterhand, indem er ihn beim Arm ergriff.

Da zog der Indianer sein Messer und rief:

»Wer hat das Recht, mich zu halten? Du? Was habe ich dir gethan? Nichts! Ich werde gehen, und jeder, der mich daran hindern will, bekommt dieses Eisen in das Herz!«

Old Shatterhand hielt ihn trotzdem mit der Linken fest, entriß ihm mit einem schnellen Griffe seiner rechten Hand das Messer und wiederholte:

»Du bleibst! Wir warten, bis Winnetou zurückkehrt; dann wird es sich entscheiden, ob du gehen darfst oder nicht. Kauere dich wieder hin, wo du vorhin gehockt hast. Ein Versuch zur Flucht bringt dir eine Kugel in den Kopf!«

Er schleuderte ihn nach der betreffenden Stelle hin; der Indsman stürzte dort nieder; er wollte sich aufraffen, besann sich aber anders und blieb kauern. Old Shatterhand setzte sich wieder zum Essen nieder und legte den gespannten Revolver neben sich, um seiner Drohung Nachdruck zu geben.

Das unterbrochene Abendmahl wurde fortgesetzt, doch kam das Gespräch dabei nicht mehr in Fluß. Nach einiger Zeit kam der Scout wieder und setzte sich an seinen Platz. Da er den Indianer in derselben Stellung fand, die er vorher eingenommen gehabt hatte, so ahnte er nicht, was inzwischen geschehen war. Der Verwalter und der Aufseher, die bei ihm saßen, erzählten es ihm; er hörte es und blieb äußerlich ruhig, obgleich er innerlich keine geringe Sorge hatte, denn wenn er auch nicht glaubte, von Winnetou bemerkt worden zu sein, war es trotzdem möglich, daß dieser ihn belauscht hatte.

Als der Apatsche vorhin durch die Hinterthür geschlichen war, hatte er sich gesagt, daß der Scout vorn zu finden sei. Er schlich also in einem weiten Bogen nach dieser Seite. Die breite, offene Thür des Shops war hell erleuchtet, und indem man sie, immer weiter gehend, unausgesetzt im Auge behielt, mußte man jeden Menschen sehen, der sich zwischen ihr und diesem Auge befand.

Winnetou schlug seinen Bogen weiter und immer weiter, vergeblich! Er blieb oft halten und lauschte in die Nacht hinaus, ebenso vergeblich. Er kehrte zurück und begann von neuem, wieder ohne Erfolg. Darüber verging die Zeit, bis er eine Gestalt von seitwärts her kommen und sich dem Shop nähern sah. Als sie die Thür erreichte und hineinging, erkannte er, wer es war.

»Uff! Das war der Scout,« sagte er zu sich selbst. »Er scheint doch nichts Heimliches vorgehabt zu haben; darum habe ich hier umsonst nach ihm gesucht. Winnetou hat sich einmal geirrt. Old Shatterhand wird sich sehr darüber wundern.«

Er gab sich nun keine Mühe, heimlich zurückzukehren, sondern benutzte die vordere, helle Thür. Als der Scout ihn kommen sah, fühlte er seinen Puls schneller gehen. Jetzt mußte es sich zeigen, ob der Apatsche etwas erlauscht hatte oder nicht. Dieser setzte sich neben Old Shatterhand, der ihm das Ergebnis des Verhörs mitteilte und am Schlusse leise fragte:

»Hat mein roter Bruder Glück gehabt?«

»Winnetou konnte weder Glück noch Unglück haben, weil er sich im Irrtum befand. Es hat gar nichts vorgelegen.«

»Aber das Zeichen, welches der Scout dem Roten gab?«

»Das war kein Zeichen, sondern eine unwillkürliche Armbewegung.«

»So hätte auch ich mich geirrt, und das möchte ich kaum annehmen. Und dieser Indsman da ist kein Upsaroka, sondern ein Komantsche.«

»Hat er dir, oder mir, oder einem andern etwas gethan?«

»Bis jetzt freilich noch nicht.«

»So darf man ihn auch noch nicht als Feind behandeln. Mein Bruder Shatterhand mag ihn freigeben.«

»Nun wohl, weil du es willst; aber ich thue es nur ungern.«

Er sagte dem Roten, daß er sich entfernen könne. Dieser stand langsam auf und forderte sein Messer zurück. Als er es erhalten hatte, steckte er es mit den Worten in den Gürtel:

»Dieses Messer hat heut mehr Arbeit bekommen, denn ich habe bei mir einen neuen Schwur gethan. Old Shatterhand wird bald erfahren, ob dieser auch so sonderbar ist, wie vorher die andern!«

Nach dieser Drohung entfernte er sich raschen Schrittes. Das Gesicht des Scout hatte während der letzten Minute einen höchst gespannten, ja ängstlich gespannten Ausdruck angenommen; jetzt aber veränderte es sich in der Weise, daß in seinen Zügen ein offenbarer, nicht zu beherrschender Hohn zu lesen war. Old Shatterhand sah dies ebenso wie Winnetou, und letzterer flüsterte ersterem zu:

»Mein Bruder sehe den Mestizen an!«

»Ich sehe ihn.«

»Er verlacht uns!«

»Leider wird er Veranlassung dazu haben.«

»Ja. Seine Handbewegung vorhin war doch ein Zeichen für den Indianer, den du für einen Komantschen hieltest. Wir haben uns nicht geirrt.«

»Du hast ihn draußen nicht gefunden. Wer weiß, was für eine Teufelei da ausgeheckt worden ist. Desto schärfer müssen wir ihn nun von jetzt an im Auge behalten. Ich bin überzeugt, daß er ein sehr gefährlicher Mensch ist.«

Old Shatterhand hatte recht, wenn er den Mestizen einen gefährlichen Menschen nannte, und es war draußen wirklich eine Teufelei verabredet worden.

Als der Scout den Schuppen verlassen hatte, war er zunächst vorsichtig aus dem Lichtkreise gewichen, den die brennenden Feuer hinaus ins Freie warfen. Dann gerade senkrecht von dem Shop aus weitergehend, hatte er ungefähr dreihundert Schritte zurückgelegt, bis er eine leise Stimme hörte, die seinen Namen nannte; aber es war nicht der Name, den er hier im Camp trug, sondern ein ganz andrer, denn die Stimme erklang:

»Komm hierher, lk Senanda! [Böse Schlangen.] Hier stehen wir.«

Er war also wirklich der, für den ihn Winnetou gehalten hatte, der halbblütige Enkel des »schwarzen Mustang«, des »grimmigsten« Häuptlings der Komantschen.

 

Indem er dem Rufe folgte, sah er bald drei Indianer vor sich stehen, von denen der eine sich durch eine ungemein hohe und kräftige Gestalt auszeichnete. Das war der Häuptling selbst, welcher ihn mit den Worten begrüßte —

»Willkommen, du Sohn meiner Tochter! Ich sandte Kita Homascha [Zwei Federn.], den listigsten meiner Krieger, in das Haus, damit du wissen möchtest, daß ich gekommen bin und auf dich warte. Hast du mit ihm gesprochen?«

»Kein Wort. Seine bloße Ankunft war für mich genug.«

»Du hast klug gehandelt, denn man hätte vielleicht Argwohn schöpfen können. Wir haben hier einen guten Platz und können nicht überrascht werden, weil wir bei der Helle der offenen Thür einen jeden sehen, der aus dem Hause tritt. Auch haben wir es ja nur mit Leuten zu thun, welche nichts von dem Leben des wilden Westens verstehen.«

»Du irrst. Es sind Männer hier, die es besser kennen, als du und ich.«

»Das ist unmöglich. Wen könntest du damit meinen? Sage es!«

»Zuerst kamen zwei sehr lange und sehr dürre Reiter, welche bis morgen hier bleiben. Der eine nannte sich Timpe, und der andre scheint ebenso zu heißen.«

»Timpe? Pshaw! Kein tapferer Krieger hat jemals diesen oder einen ähnlichen Namen gehört.«

»Dann kamen zwei andre, über deren Namen ich erschrocken bin.«

»Uff! Ich habe bisher nicht gewußt, daß der Sohn meiner Tochter erschrecken kann. Sind diese beiden Ankömmlinge etwa keine Menschen, sondern böse Gesichter der Savanne oder des Felsengebirges?«

»Sie sind Menschen, aber was für welche! Ein Roter und ein Weißer, der berühmteste Krieger der Indianer und der berühmteste Krieger der Blaßgesichter.«

»Uff, uff ! Willst du damit sagen, es sei Winnetou mit Old Shatterhand?«

»Diese sind es allerdings.«

»Die hat der böse Manitou hierher geführt.«

»Nicht der böse, sondern der gute. Erst erschrak ich freilich; dann aber, als ich sie sprechen hörte, kam Freude über mich.«

»Du wirst mir sagen, was du gehört hast, aber nicht hier. Wir müssen fort.«

»Fort? Warum?«

»Weil ich weiß, wie Männer denken und handeln, welche so, wie die beiden Krieger sind. Haben sie mit dir gesprochen?«

»Winnetou fragte mich aus. Er glaubte nicht, daß ich Yato Inda bin und hielt mich für den Sohn deiner Tochter. Ich werde mich dafür zu rächen wissen!«

»Der Apatsche hat jedoch eine so scharfe Nase wie kein andrer. Er hat Verdacht geschöpft und wird dir jetzt folgen, um dich zu beobachten.«

»Das glaube ich nicht, er hat keinen Grund dazu.«

»Er hat stets Grund zur Vorsicht und zur Hinterlist, er, der ärgste Feind der Komantschen, den wir nie angreifen und festhalten konnten. Doch wehe ihm, wenn er endlich in unsre Hände fällt!«

»So öffne die Hände, denn er fällt jetzt hinein! Ich will dir sagen, daß – – —«

»Jetzt und hier nicht.« unterbrach ihn der Häuptling. »Wir müssen uns eine andre Stelle suchen, denn Winnetou wird dich belauschen wollen.«

»Wir sehen ihn ja, wenn er aus der hellen Thür hervortritt.«

»Du kennst ihn nicht. Er berechnet alles und weiß, daß ein Feind, der diesen Camp beschleicht, sich grad dieser Thür gegenüber aufstellen wird, weil er da alles sehen kann. Winnetou wird also grad hierherkommen, und zwar nicht durch die erleuchtete Thür. Gibt es noch eine zweite Thür?«

»Eine kleine, die hinter dem Vorratsraume liegt.«

»Er wird diese benutzen und sich dann im dunkeln hierherschleichen. Wir müssen nach der andern Seite hinüber. Komm!«

Sie huschten in einem weiten Bogen rechts um den Shop, während Winnetou den seinigen links um denselben schlug und sie also nicht mehr vorfand. Dort blieben sie unter einem Baume stehen, und der Scout erzählte, was er gehört hatte. Der Häuptling hörte ihm mit größter Spannung zu und sagte dann, vor Freude beinahe laut werdend:

»Nach dem Alder-Spring wollen sie? Morgen abend werden sie dort sein? Wir ergreifen sie; wir ergreifen sie dort; sie können uns gar nicht entgehen! Welch einen Jubel wird es bei uns geben, wenn wir diese kostbare Beute geschleppt bringen, und sie martern, daß sie heulen wie geschundene Coyoten! Diese beiden Skalpe sind mehr, viel mehr wert, als die vielen Zöpfe, auf die es eigentlich abgesehen ist!«

Er erging sich in noch weiteren Ausdrücken der Freude, bis sein Enkel ihn unterbrach:

»Ja, wir werden sie ganz gewiß fangen und zu Tode martern; aber willst du deshalb auf die Chinesen verzichten, welche ich euch in die Hände liefern sollte?«

»Nein, du hast ja deshalb deinen Namen verändert und bist in den Dienst der Männer vom Feuerroß getreten, und wir sind heut hierher gekommen, um dich zu fragen, ob es nicht bald geschehen kann.«

»Ich bin an jedem Tage bereit, hoffe aber, daß ihr das mir gegebene Wort halten werdet!«

»Wir halten es. Oder meinst du, daß ich den Sohn meiner Tochter betrügen werde? Alles Geld und alles Gold und Silber ist dein; alles andre, die Kleider, die Werkzeuge, die Vorräte und besonders die langen Zöpfe der gelben Männer, gehört uns. Wir sind es gewöhnt, daß die Bleichgesichter uns alles rauben; wir müssen vor ihnen weichen, denn sie sind mächtiger als wir; nun aber kommen auch diese Gelbhäute und bauen Brücken und Eisenwege auf dem Boden, der uns gehört; sie werden alle ihr Leben dafür lassen müssen, und die Krieger der Komantschen werden den Ruhm haben, die ersten roten Männer zu sein, welche die neuen Skalpe der langen Zöpfe besitzen. Wir verzichten nicht darauf, und du wirst uns jetzt alle Auskunft erteilen, die zu einem Überfalle nötig ist.«

Nun folgten ausführliche Auseinandersetzungen über die Örtlichkeit und die einzelnen Teile des Camp, über die Art und Weise, in welcher der Überfall, falls er gelingen solle, vorzunehmen sei; und über die Beute, welche zu erwarten war. Dann gab der »schwarze Mustang« seinen beiden Begleitern das Zeichen, wieder zu ihm zu stoßen, denn sie hatten sich nach den Seiten hin entfernt, um als Wächter dafür zu sorgen, daß er nicht überrascht und entdeckt werde.

Das Resultat dieser geheimen Zusammenkunft war, daß zunächst morgen abend Old Shatterhand und Winnetou mit Kas und Has am Alder-Spring gefangen genommen werden sollten; die Zeit des Angriffes der Komantschen auf Firwood-Camp werde man dann dem Scout durch einen Boten melden. Hierauf verabschiedete er sich von den drei Verbündeten und kehrte nach dem Shop zurück.

Der »schwarze Mustang« suchte mit den beiden Komantschen eine nahe Stelle aus, wo der Verabredung gemäß die Rückkehr des nach dem Shop gesandten Boten zu erwarten war. Er stellte sich bald darauf ein und berichtete voller Ingrimm, wie von seiten Old Shatterhands mit ihm verfahren worden war. Als er hörte, daß dieser mit Winnetou überfallen werden solle, zischte er vor Freude zwischen den Zähnen hervor:

»Er soll es bereuen, daß er sich an mir vergriffen hat, denn ich werde es sein, der ihm die fürchterlichsten Qualen bereitet!«

Eben schickten sich die Roten an, die Stelle zu verlassen und zu den Pferden zu gehen, die sie versteckt hatten, da hörten sie Schritte, welche näher kamen. Augenblicklich warfen sie sich auf den Boden nieder, obgleich derselbe naß und schlammig war. Aber sie lagen den beiden Männern, die vorüber wollten, grad im Wege; der eine stürzte über den Häuptling weg und riß den andern mit sich nieder. Sie wurden im Nu ergriffen und festgehalten.

»Schreit nicht, sonst kostet es euer Leben!« befahl der Häuptling. »Wer seid ihr?«

»Wir sind Arbeiter,« antwortete derjenige, welcher den größten Mut besaß, der an sie ergangenen Aufforderung nachzukommen.

»Steht auf; aber thut keinen einzigen Schritt von hier fort, wenn euch euer Leben lieb ist! Warum schleicht ihr so heimlich hier herum? Wenn ihr Arbeiter seid, die zu diesem Kamp gehören, braucht ihr das doch nicht zu thun!«

»Wir sind nicht geschlichen!«

»Doch! So leise und gebückt geht kein Mensch, der sich sehen lassen will. Was habt ihr da in den Händen?«

»Gewehre.«

»Gewehre? Wozu brauchen Arbeiter Gewehre? Zeigt her; ich will sie sehen!«

Er entriß sie ihnen, betastete sie und hob dann jedes einzelne empor, um es, gegen den Himmel gerichtet, besser betrachten zu können.

»Uff, uff, uff !« ließ er sich dann zwar leise, aber im Tone freudigen Erstaunens hören. »Diese drei Gewehre kenne nicht nur ich, sondern sie sind jedem Roten und Weißen hier im Westen wohlbekannt. Die Flinte mit den vielen Nägeln muß die Silberbüchse Winnetous, unseres Feindes sein. Und wenn das richtig ist, so gehören die beiden andern dem Bleichgesichte Old Shatterhand; es ist der Henrystutzen und der Bärentöter. Habe ich richtig vermutet?«

Купите 3 книги одновременно и выберите четвёртую в подарок!

Чтобы воспользоваться акцией, добавьте нужные книги в корзину. Сделать это можно на странице каждой книги, либо в общем списке:

  1. Нажмите на многоточие
    рядом с книгой
  2. Выберите пункт
    «Добавить в корзину»