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Der schwarze Mustang

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»Nichts sagten sie, oder, um mich anders auszudrücken, was sie zu einander gesagt haben, die Halunken, das konnten wir nicht hören, denn als wir uns von der Flucht des Gefangenen überzeugt hatten und uns nach ihnen umsahen, waren sie fort.«

»Wohin?« fragte jetzt der Engineer.

»Das konnten wir nicht wissen, denn es war ja finstere Nacht.«

»Alle Wetter! Ob man nicht vielleicht ihre Spuren finden kann? Wir müssen versuchen, diese Schurken einzufangen!«

»Laßt sie laufen, Mister Swan!« riet ihm Old Shatterhand. »Sie sind der Mühe gar nicht wert, die wir uns geben müßten, wenn wir sie fassen wollten. Unser Werk ist ja über alles Erwarten gut gelungen; wir haben Firwood-Camp errettet, ohne daß nur einem von uns dabei die Haut geritzt worden ist; alles andre, und zumal die Personen der beiden Chinesen, ist von so geringer Bedeutung, daß es lächerlich wäre, unsre Zeit dadurch zu versäumen, daß wir ihnen nachlaufen.«

»Hm! Es juckt mich zwar in allen zehn Fingern nach ihnen, aber ich sehe ein, daß Ihr nicht unrecht habt, Mister Shatterhand. Mögen sie also laufen! Aber diesen Clifton werde ich mir vornehmen. Wo ist er denn hin? Wißt Ihr das?«

»Nein,« antwortete der Eisenbahner. »Als er einige Stunden geschlafen hatte und auf einmal aufwachte, sagten wir ihm, wie er sich von den Chinesen hatte betölpeln lassen. Da wich der Rausch von ihm, und er wurde vor Schreck sofort nüchtern. Natürlich schimpfte er auf sie, was er nur schimpfen konnte, aber dadurch brachte er weder sie noch den Mestizen zurück; da trat die Angst bei ihm ein. Er sagte, daß er sich nicht eher wieder sehen lassen wolle, als bis bei Euch der erste Zorn vorüber sei, band seine Siebensachen zusammen und ging fort.«

»Ihr hättet ihn nicht gehen lassen sollen!«

»Mit welchem Rechte hätten wir ihn festhalten können, Sir? Etwa Gewalt anwenden? Er war ja kein Verbrecher, und wir sind keine Polizisten.«

»Ganz richtig!« stimmte Old Shatterhand ihm bei. »Höchst wahrscheinlich wird auch er nicht wiederkommen, und es hat auch keiner von uns allen einen Grund, sich nach ihm zu sehnen. Und wenn er je zurückkehren sollte, so gebt ihm einen tüchtigen Verweis, Mister Swan, und laßt es dabei bewenden! jetzt wollen wir hineingehen, um zunächst nach unsern Pferden zu sehen; dann essen wir und schlafen tüchtig aus, weil wir die ganze Nacht durchwachen mußten. Morgen früh werden wir Euch Lebewohl sagen.«

»Schon?« fragte der Engineer. »Ihr könnt Euch doch wohl denken, daß ich Euch gern länger, viel länger hier bei uns haben möchte!«

»Davon sind wir überzeugt. Wir werden Euch stets in gutem Andenken behalten, Sir; für jetzt aber gibt es nichts, was uns hier halten könnte, und wenn wir auch nicht mit der Zeit zu geizen brauchen, so ist es doch nie unsre Art und Weise gewesen, an einem Orte länger zu verweilen, als es nötig ist.«

»Da stimme ich bei,« nickte Kas. »Wir müssen nach Santa Fé hinauf. Unser Vetter Nahum Samuel Timpe, den wir dort zwingen wollen, uns die Erbschaft, um welche er uns betrogen hat, herauszugeben, scheint kein Mann zu sein, der längere Zeit an einem Orte bleibt; das böse Gewissen treibt ihn hin und her, und wenn wir an andern Orten unnütz unsre Zeit verschwenden, so müssen wir gewärtig sein, daß er schon wieder fort ist, wenn wir hinkommen. Ist das nicht auch deine Meinung, Cousin?«

»Natürlich ist sie es,« antwortete Has auf die an ihn gerichtete Frage. »Je eher wir zu unserm Gelde kommen, desto besser ist‘s für uns. Glücklicherweise haben Mister Shatterhand und Winnetou sich unser und unsrer Sache angenommen; das macht mir mehr Hoffnung, als ich vorher hatte, sie glücklich zu Ende zu bringen.«

Während die beiden Timpes dies zu einander sagten, standen Frank und Droll noch bei ihnen. Die andern waren inzwischen in das Gebäude getreten. Dieser Umstand nämlich, daß Winnetou und Old Shatterhand seine Worte nicht hören konnten, veranlaßten den Hobble, der Ansicht, welche Has soeben ausgesprochen hatte, eine seiner berühmten Bemerkungen folgen zu lassen. Er sagte nämlich, und zwar in deutscher Sprache, weil ihn nur Deutsche hörten:

»Ich weeß gar nich, warum Sie nur immer von andern Leuten reden! Die Familie Timpe scheint an eener großartiginterimistischen Erbkrankheit zu leiden, die gar nich kuriert werden kann, nämlich an eener kolossalen Eenseitigkeet, die geradezu ihresgleichen sucht!«

»Wieso Einseitigkeit?« fragte Kas.

»Ich meene die Seite, welche schtets off Old Shatterhand und Winnetou gerichtet is. Sie haben nur immer davon zu reden, daß Sie von diesen beeden Herren in hervorragendster und penetrantester Weise unterschtützt zu werden hoffen. Ich gebe zwar ooch ganz gerne zu, daß Sie mit dieser Ansicht keene Mücken fangen und nich in die Käse fliegen werden, aber ich will Sie dennoch eenmal ersuchen, sich doch ergebenst ooch off die andre Seite zu wenden, nämlich off die Seite, wo ich schtehe und wo ich zu finden bin, ich, der allgemein verehrte Hobble-Frank aus Moritzburg! Sagen Sie mal, trauen Sie mir denn ganz und gar nischt zu?«

»O doch, Mister Frank,« antwortete Has.

»Das scheint mir aber gar nich so, ganz unterthänigster Herr Hasael Benjamin Timpe! Ich habe mich schon gestern von oben herunter aus der Höhe herabgelassen und Ihnen, weil Sie ohne meine Hilfe nischt fertig bringen können, versichert, daß ich mich Ihrer annehmen und erbarmen will, wie sich een kinderloser Waisenvater der Eltern seiner Pfleglinge annimmt; ich habe Ihnen ferner gesagt, daß ich Sie wie off Adlersflügeln und Schwalbenschwänzen Ihrem Ziele entgegentragen werde; ich habe Ihnen endlich überzeugend und naturgetreu bewiesen, daß mir Ihre Erbschaft höher schteht als meine eegenen und persönlichen Chronometer, und nu muß ich, schon nach so wenigen Schtunden, plötzlich mit anhören, daß Sie alle Ihre Hoffnungen und Gestikulationen immer wieder off andre Leute und Persönlichkeeten setzen! Wenn Sie in dieser Weise fortfahren, mich und mein Profil geringzuschätzen, so wird mir trotz meiner angeschtammten Geduld und Langmütigkeet schließlich doch nischt andres übrig bleiben, als mich Ihnen angeleegentlich zu empfehlen und mich mit meiner Krause— und Pfefferminze an sachverschtändigere Leute und einsichtsvollere Potentaten zu wenden!«

Die beiden Vettern hatten soviel Gewalt über sich, nicht zu lachen; sie zeigten die ernstesten Gesichter, und Kas antwortete, indem er dem Kleinen die Hand beruhigend auf die Schulter legte:

»Aber, bester Herr Franke, Sie ereifern sich da ganz unnötigerweise. Wir kennen Sie ja und wissen also ganz genau, wie groß die Vorteile sind, welche wir von Ihrer Hilfe zu erwarten haben.«

»So? Das wissen Sie also? Warum schprechen Sie denn da immer von Old Shatterhand und Winnetou, aber nich von mir?«

»Weil man über das, was man für selbstverständlich hält, nicht viel zu reden pflegt. Und Ihre Vorzüge sind doch alle so unendlich selbstverständlich! Nicht?«

Da begann das Gesicht des Hobble vor Wonne zu strahlen; er machte eine so majestätische Handbewegung, wie sie ihm nur möglich war, und sagte:

»O bitte, bitte, Herr Timpe ! Sie thun mir zuviel Ehre an! Meine schprüchwörtliche Bescheidenheit kann nur mit Widerschtreben von diesem wohlverdienten Lobe Besitz ergreifen. Wenn Sie in Ihrer Anerkennung fortfahren wollen, so widerschtrebt es meiner bekannten Verschwiegenheet, Ihnen die Gelegenheit dazu abzuschneiden. Also schprechen Sie weiter, immer weiter! Reden Sie, wie Ihnen der Schnabel gewachsen is! Man handelt schtets vernünftig, wenn man die hohen Eigenschaften edlerer Menschen anerkennt; wenn Sie also einsehen, daß ich Ihnen über bin, so ehren Sie sich damit nur selber, und ich werde mich bewogen fühlen, meine Fittiche mit liebevoller Nachsicht um Sie herumzuschlagen. Es is heute in Ihrem Leben und in Ihrem Schicksale een großer Wende— und Kontrapunkt eingetreten. Sie glichen den Schafen, die keenen Hirten haben; Sie liefen nur immer so grade in die Nacht hinein, ohne eenen Halbmond oder Schtern zu haben, der Ihren Gebirgspfad erleuchtete und Ihre Schritte empor zur Milchschtraße lenkte. Nun Sie sich aber unter meinen Schutz und Schirm begeben haben, wird sich das Glück vom an Ihre Füße und hinten an Ihre Absätze heften; es kann keene Gefahr mehr geben, die ich nich für Sie besiegen werde, und die Erbschaft, nach welcher Sie ohne mich bisher vergeblich mit aller Sehnsucht dekliniert und refusiert haben, wird Ihnen nun unter meinem Beischtande wie eene gebratene Taube in den Mund fliegen. Das, was ich Ihnen jetzt gesagt habe, is een Wort, off welches Sie sich verlassen können, wie ich mich off mich selber, und so fordere ich Sie hier mit off, mir mit der Offrichtigkeet eenes verantwortlichen Ministeriums zu erklären, ob Sie damit einverschtanden sind, daß ich der Schtrahl des Neumondes bin, der von heute an alle Ihre Schritte lenken soll!«

»Ja, wir sind einverstanden,« antwortete Kas.

»Gut, so schließe ich hiermit unsern Drei— und Freundschaftsbund. Hängen Sie sich an meine Arme, denn Sie sind meine Küchlein, und ich bin die Henne! Folgen Sie mir schpäter durchs ganze Leben und jetzt in das Schpeisezimmer hinein, denn ich vermute, daß das Essen schon losgegangen is. Also kommen Sie, Herr Timpe Hasael und Herr Timpe Kasimir!«

Er, der Kleine, stellte sich zwischen sie, und sie, die zwei Meter langen Menschen, mußten bei ihm einhängen und sich von ihm nach der Restauration führen lassen, was einen überaus komischen Anblick bot. —

Die Bonanza of Hoaka

Da, wo die Sierra Moro mit den Ausläufern des Ratongebirges einen beinahe rechten Winkel bildet, lagen zwei Indianer an dem Wasser eines Baches. Der eine von ihnen war seinem Aussehen nach gewiß über sechzig Jahre alt und hatte, als ob da etwas zu verbergen sei, einen Lederfetzen um den Kopf gewickelt. Sein eingefallenes Gesicht zeigte den Ausdruck ungewöhnlicher Verbissenheit; neben ihm lag eine Flinte. Der andre war nicht so alt, hatte sein spärliches, aber langes Haar in einen Schopf gewunden und trug den Stempel der List und der Verschlagenheit in seinen ebenfalls eingefallenen Zügen. In dem breiten Riemen, der seinen Gürtel bildete, steckte ein Messer. Diese beiden Rothäute hatten sonderbarerweise keine Waffen außer der Flinte des Alten und dem Messer des jüngeren. Ihr Aussehen war dasjenige von Leuten, welche längere Zeit ungewöhnliche Entbehrungen, vielleicht gar Hunger und Durst erlitten haben und dabei keine Gelegenheit fanden, die Defekte ihrer Kleidung auszubessern, denn ihre Anzüge waren zerrissen und die Mokassins hingen beinahe in Fetzen an ihren Füßen.

 

Das Gras war, so weit man auf – und abwärts sehen konnte, an beiden Seiten des Baches niedergetreten, und kräftigere Lagerspuren zeigten, daß die Roten sich hie und da niedergelegt hatten, um mit den Händen in das Wasser zu langen. Die weggeworfenen Schalen eines wilden Kürbisses verrieten, in welcher Weise sie gezwungen gewesen waren, ihren Hunger zu stillen. Wenn ein Indianer wilden Kürbis verzehrt, grün, so wie er ihn am Wasser findet, so muß es schlimm, sehr schlimm mit ihm stehen!

Der Alte legte sich wieder nieder und sah, den Kopf nicht ganz vorschiebend, in das Wasser. Das dauerte eine ganze Weile; dann richtete er sich wieder auf und sagte:

»Uff! Fische sind da, aber mit den Händen kann man sie nicht greifen, und wir haben keinen Haken, um Angeln zu machen. Mein Magen schmerzt; er wird krank von dem halben Kürbis, den ich habe schlingen müssen.«

»Und ich könnte ein ganzes Büffelkalb aufessen, wenn ich es hätte,« murrte der andre.

»Der große Geist hat uns ganz verlassen!« knirschte der Alte. »Tokvi-Kava, der größte Häuptling der Komantschen, muß Hunger leiden! Niemand wird es glauben wollen!«

»Wer trägt daran die Schuld? Winnetou und Old Shatterhand, denen ich das nie und nimmer vergessen werde!«

Der Alte war also der schwarze Mustang und der Indianer, welcher bei ihm saß, einer seiner Unglücksgefährten. Es war ein diabolischer, unbeschreiblich häßlicher Ausdruck, der über das Gesicht des Häuptlings ging, als er hierauf antwortete:

»Er muß uns in die Hände fallen, denn wir wissen, wohin er will, und werden ihm den Weg verlegen, diesem weißen Schakal, der sich Old Shatterhand nennt und der noch mehr Schuld an unserm Unglück trägt als Winnetou, der Schakal der Apatschen. Wehe ihnen, wenn wir sie dann haben!«

»Hältst du es wirklich für so gewiß, daß wir sie fangen werden?«

»Ja.«

»Du wirst mir erlauben müssen, daran zu zweifeln.«

»Warum?«

»Wir mußten gehen; sie aber besitzen schnelle Pferde.«

»Aber unser Weg führte so gerade über die Berge wie ein ausgespannter Lasso, während sie ihrer Pferde wegen viele Bogen reiten und lange Umwege machen müssen. Der ›schwarze Mustang‹ kennt alle Berge und Thäler dieser Gegend; er hat genau den Weg berechnet, den er mit seinen Komantschen machen mußte und auch den, auf welchem die Feinde kommen werden. Wir haben einen Vorsprung vor ihnen, und wenn lk Senanda zurückkehrt und alles mitbringt, was wir brauchen, müssen der Apatsche und die fünf weißen Koyoten, auf welche wir warten, in unsre Hände fallen.«

»Ob er aber alles bringen wird?«

»Ja.«

»Pferde, Pulver, Blei, Flinten, Messer, Kleider und Fleisch?«

»Er wird!«

»Wenn sie im Lager erfahren, was geschehen ist, werden sie ihm nicht nur nichts geben, sondern uns ausstoßen.«

»Uff! Glaubst du, daß er so dumm sein wird, etwas zu sagen? Obgleich dies gar nicht nötig war, habe ich es ihm verboten, etwas zu erzählen. Er weiß, wo wir in diesen Tagen lagern, und da er gestern nicht eingetroffen ist, muß er heute kommen.«

»Der große Geist gebe, daß er kommt und Fleisch mitbringt! Ik Senanda hat uns seine Flinte und sein Messer zurückgelassen, die einzigen Waffen, welche wir haben, über hundert Krieger, welche essen wollen!«

»Darf ein Krieger über Hunger klagen?« verwies ihm der Häuptling seine Worte.

»Niemand hört es als nur du, und du hungerst auch. Ich fürchte keinen roten oder weißen Feind, keinen wilden Büffel und keinen Bär, aber der Hunger ist ein Feind, der im Leibe steckt; mit ihm kann man nicht kämpfen; gegen ihn hilft weder List noch Tapferkeit, er raubt dem Mutigsten das Leben, ohne daß man es ihm verhindern kann. Darum ist es keine Schande, von ihm zu sprechen und über ihn zu klagen.«

»Du hast recht,« stimmte der Häuptling bei. »Er wohnt auch in meinem Leibe und zerfrißt mir die Eingeweide. Du sagtest, daß du dich vor keinem Feinde fürchtest; auch ich habe bis vor kurzem jeden Gegner besiegt, da aber kam ein Feind, der mich überwand, und darum müssen wir Hunger leiden.«

»Wer ist es?«

»Er wohnt, wie der Hunger, auch in meinem Innern; es ist der Zorn, den ich gegen Old Shatterhand hegte und nicht besiegen konnte.«

»Uff, uff !« stimmte der andre bei. Er fügte kein Wort hinzu, aber in dem Tone, in welchem er diesen Ausruf zweimal hören ließ, lag alles, was er sagen wollte.

»Ja, dieser Zorn war der Feind, der mich überwand,« fuhr der Häuptling fort. Bei dem ungeheuern Stolze, den er sonst besaß, war es nur dem Hunger möglich, ihn zu dieser Selbstanklage zu bringen. »Hätte ich Old Shatterhand nicht verhöhnt, hätte ich geschwiegen und still die spätere Rache erwartet, so hätte uns dieses Bleichgesicht die Pferde und die Waffen und auch die Medizinen gelassen; wir hätten heimlich in der Nähe von Firwood-Camp bleiben, auf die Feinde warten können; sie befänden sich jetzt schon in unsern Händen!«

»Da hast du die Wahrheit gesagt. So aber sitzen wir hier und hungern. Wir sind aus dem Lager gegangen, um Fleisch zu holen, haben aber nichts geschossen oder gefangen und nur einen Kürbis gefunden, den wir gegessen haben. Wenn die andern im Schlingenlegen auch so unglücklich gewesen sind wie wir, so wird uns der Hunger bald verzehren. Wie viel Pulver hast du noch?«

»Für höchstens zehn Schüsse.«

»So mag Ik Senanda ja heut kommen, sonst sterben wir an dem Feinde, der in unserm Innern wohnt, denn es ist – uff!«

Er unterbrach sich selbst und ließ diesen Ausruf nicht laut, sondern mit unterdrückter Stimme hören.

»Was ist‘s?« fragte Tokvi-Kava.

»Schau dorthin!« antwortete sein Gefährte mit dem Ausdrucke der Freude im Gesichte und indem er bachaufwärts deutete.

Der Häuptling wendete den Blick nach der angedeuteten Richtung und machte sofort auch ein andres, froheres Gesicht.

»Büffel!« flüsterte er.

»Ja, sechs Stück! Eine Bulle, drei Kühe und zwei Kälber!«

»Wir bekommen Fleisch!«

Bei diesen Worten griff er nach dem Gewehre; aber seine Hand zitterte, entweder vor Kraftlosigkeit oder vor Aufregung.

»Du zitterst!« warnte ihn der andre. »Wenn dein Schuß nicht sicher ist, geht uns das Fleisch verloren!«

»Schweig! Es war der Hunger; aber ich werde sicher treffen!«

»Die Büffel gehen dem Wasser nach; sie werden hierherkommen, denn sie bringen den Wind.«

»Ja, die Luft kommt mit ihnen, und wir brauchen also nur hier hinter dem Busche liegen zu bleiben.«

Sie duckten sich nieder und beobachteten mit fast fieberhafter Erregung die Tiere, welche in gar nicht langsamem Tempo näher kamen, denn sie schienen sich auf der Wanderung zu befinden und bogen die Köpfe nur zuweilen nieder, um ein Maul voll Gras zu nehmen.

Der Bulle war ein altes, mächtiges und sehr häßliches, weil fast haarloses Tier. Sein hartes, zähes Fleisch konnte kaum genossen werden, und doch mußte grade er geschossen werden, denn hätte Tokvi-Kava nach der Güte des Fleisches sich richten und eine Kuh schießen wollen, so wäre er und sein Gefährte von dem rachsüchtigen und wütenden Büffel auf die Hörner genommen und zerstoßen und zertreten worden. Das Gewehr hatte allerdings zwei Läufe, aber es war ein Schrotlauf dabei.

Die Tiere kamen nahe am Wasser herunter, der Bulle voran, die Kühe mit den Kälbern hinterher. Sie waren noch hundert, dann fünfzig, endlich nur noch dreißig Schritte entfernt, ohne etwas zu merken. Die Kühe verließen sich auf ihren Führer, und dieser schien die Empfindlichkeit der Nase verloren zu haben. .

Tokvi-Kava legte an; er zitterte jetzt nicht mehr, schoß aber noch nicht, denn er hatte den Büffel grade von vorn und wollte lieber eine Wendung desselben abwarten. Der Indianer und jeder erfahrene Jäger nämlich gibt dem Büffel die Kugel am liebsten von der Seite her unterhalb der Schulter in das Herz, weil ihr Weg da nur durch Fleischteile geht.

Sie kamen gar noch zehn Schritte näher; da aber schien die eine Kuh Verdacht zu fassen; sie blieb stehen und sog die Luft so laut ein, daß der Bulle es hörte. Er drehte sich halb nach ihr um und bot dem Häuptling also die Seite und die beschriebene Stelle, auf welche es dieser abgesehen hatte. Der Schuß krachte sofort. Der Büffel bekam einen sichtbaren Ruck durch den ganzen Körper, dann stand er still und bewegungslos, bis er den Kopf tiefer und tiefer senkte; nun lief ein konvulsivisches Zittern über ihn hin und hierauf brach er zusammen, ohne einen einzigen Laut von sich gegeben zu haben. Er war in das Herz getroffen worden.

Der Häuptling hatte, sobald der Schuß losgegangen war, in größter Eile wieder geladen. Die Kühe wendeten sich, als sie den Knall hörten, zur Flucht; die eine rannte, gefolgt von ihrem Kalbe, fort; das andre Kalb aber blieb ahnungslos stehen und trottete dann sogar neugierig zu dem toten Büffel hin. Bald aber kehrte seine Mutter, von der Liebe getrieben, die selbst ein Tier besitzt, wieder um, und stieß es mit der Nase von dem Bullen fort, erhielt aber in diesem Augenblicke den zweiten Schuß des Häuptlings, und zwar auch in das Herz, so daß sie nach einigen Sekunden zusammenbrach.

Nun sprangen die beiden Indianer, laute Jubelrufe ausstoßend, auf und zu ihrer Beute hin. Das Kalb machte einige lächerliche Sätze hin und her und wurde dann mit dem Kolben niedergeschlagen.

»Uff, uff, uff l« rief der Häuptling aus. »Mein roter Bruder sieht, daß ich nicht gezittert habe. Beide Kugeln sitzen im Herzen, und nun haben wir Fleisch für alle unsre Männer!«

»Ja, das Fleisch der Kuh ist gut,« meinte der andre.

»Man kann auch das Fleisch eines Bullen essen, wenn man sonst nichts andres hat!«

»Brechen wir die Tiere jetzt gleich auf?«

»Nein, denn diese Arbeit dauert für zwei Männer zu lang. Wir holen einige Krieger oder alle herbei.«

»Ist es nicht besser, daß nur einer von uns gehe und der andre hier bleibe, um das Fleisch zu bewachen?«

»Ja. Ich werde gehen, und mein Bruder mag bleiben.«

»So mag Tokvi-Kava mir sein Gewehr geben!«

»Das brauche ich selbst.«

»Für mich ist es notwendiger als für dich!«

»Es befinden sich in dieser Gegend keine Feinde, gegen welche du kämpfen müßtest.«

»Gerade darum braucht auch Tokvi-Kava die Flinte nicht; der Geruch des Fleisches aber zieht Geier und Koyoten an, deren ich mich erwehren muß.«

»Da hat mein Bruder recht; er mag also das Gewehr hier behalten.«

Er gab es ihm und die Munition und entfernte sich dann, nachdem er noch einen hungrigen, lüsternen Blick auf die drei Tiere geworfen hatte, von denen der Büffel allein weit über zweitausend Pfund wiegen mochte. Wer es nicht selbst gesehen hat, der glaubt es gar nicht, welche ungeheure Menge Fleisch solch ein ausgewachsener Bison aufweist!

Sein Weg führte ihn am Bache abwärts. Er ging rasch und ohne jede Vorsicht in Anwendung zu bringen, welche im wilden Westen fast zu jeder Zeit erforderlich ist. Tokvi-Kava mußte also fest überzeugt sein, daß sich kein feindliches menschliches Wesen in der Nähe befand.

Er war mit dem Gefährten im Thale aufwärts gegangen und kehrte nun abwärts nach dem Lager zurück, welches sich im Ausgange des Thales befand. Er hatte ungefähr zwei englische Meilen zurückzulegen, und so dauerte es ziemlich lange, ehe er es erreichte.

Da lagen dieselben Komantschen, welche Firwood-Camp in so schimpflicher Weise hatten verlassen müssen und ebenso abgerissen und ausgehungert aussahen wie er selbst. So viele ihrer da waren, von doppelt so viel Augen wurde er mit verlangenden Blicken empfangen; sie hatten alle, alle Hunger. Er bemerkte auch diejenigen, welche vorhin fortgegangen waren, um nach den Schlingen zu sehen, in denen man irgend ein Wild zu fangen beabsichtigte. Er brauchte gar nicht nach dem Ergebnisse zu fragen, denn er sah, daß sie nichts mitgebracht hatten. Dagegen war der Umstand, daß er allein und ohne das Gewehr kam, für sie ein Zeichen, daß er, wenn nicht ein Unglück geschehen war, bei dem er den Gefährten und die Flinte verloren hatte, eine gute Jagd gehabt haben mußte. Sie sprangen also auf, und er hatte, ganz der indianischen Zurückhaltung entgegen, die begierige Frage zu hören:

»Hat Tokvi-Kava etwas geschossen? Hat er Fleisch gemacht?«

 

»Ja,« antwortete er. »Der Hunger hat ein Ende. Ich habe einen Büffel und eine Kuh erlegt und ein Kalb dazu.«

Da wurden hundert Freudenrufe laut, und es gab eine Aufregung, welche die Roten so ganz in Anspruch nahm, daß sie den Reiter, welcher sich dem Lager von der andern Seite näherte, nicht eher sahen, als bis er sie fast erreicht hatte. Es war Ik Senanda, der Enkel des Häuptlings, welcher nach den Weidegründen der Komantschen geschickt worden war, um für die Befriedigung der vorhin aufgezählten Bedürfnisse zu ‚ sorgen, ohne aber dort ein Wort darüber verlauten zu lassen, daß der Ritt nach dem Firwood-Camp ein so klägliches und entehrendes Ende gefunden hatte.

Diese Sendung des Mestizen war der einzige Ausweg für den Häuptling gewesen, den er einschlagen konnte, den Seinen die erlittene Schande einigermaßen verbergen und sich als Anführer behaupten zu können. In seiner jetzigen Verfassung durfte er sich dort keineswegs sehen lassen; hatte er aber wieder Pferde und Waffen, so konnte er Winnetou und Old Shatterhand samt ihren Begleitern gefangen nehmen, was ihm große Ehre eintrug; unternahm er dann noch schnell einen glücklichen Zug gegen irgendwelche Feinde, mochten das nun Weiße oder die nächstlagernden Apatschen sein, um sich deren Skalpe und Medizinen zu holen, so konnte die fürchterliche Schlappe, welche er erlitten hatte, vergessen werden und alle seine jetzigen Sorgen und Befürchtungen waren gehoben. Es kam also alles auf den Erfolg an, welchen die Sendung seines Enkels hatte, und es läßt sich also denken, mit welcher Sehnsucht und Spannung er der Rückkehr desselben entgegensah.

Diese Spannung sollte nun jetzt gehoben werden; aber sie wurde das auf eine Weise, die für ihn so schlimm war, daß er es immer von sich gewiesen hatte, an ihre Möglichkeit zu denken. Falls es lk Senanda gelang, seinen Auftrag mit Erfolg auszuführen, mußte er mit über hundert Pferden und Gewehren kommen und auch Kleidung und Munition für alle mitbringen; in diesem Falle hätte ihn natürlich eine Anzahl andrer Komantschen hierher zu begleiten gehabt, weil ein Einzelner hundert Pferde nicht zu transportieren vermag. Nun aber kam er allein, ganz allein, und führte nur ein einziges Packpferd neben sich am Zügel.

Als das Tokvi-Kava sah, entfärbte er sich so, daß seine rote, verwitterte Haut grau wie Löschpapier wurde, und die andern Komantschen vergaßen alle Freude über die erlegten Büffel und sagten kein Wort, den Ankömmling zu empfangen. Als dieser vom Pferde gestiegen war und sich dem Häuptling näherte, ging dieser eine Strecke fort, um sich bei einem Busche niederzusetzen, so entfernt von seinen Leuten, daß diese nicht hören konnten, was für eine Botschaft ihm gebracht wurde. Ik Senanda ging ihm nach, setzte sich bei ihm nieder und wartete dann, bis er angesprochen wurde. Der Häuptling sah ihm mit einem eigentümlichen, leeren Blicke ins Gesicht und fragte dann mit hohler, vor Enttäuschung rauh klingender Stimme:

»Wo sind die Pferde?«

»Man gab mir keine,« lautete die Antwort.

»Wo sind die hundert Gewehre und Messer?«

»Ich erhielt sie nicht.«

»Was bringst du mit?«

»Nur einige Messer, Pulver und Blei und einen neuen Anzug für dich.«

»Weiter nichts?«

»Nichts!«

»So hast du dich ja anders verhalten, als ich dir befohlen habe?«

»Ich habe ganz und genau nach den Anweisungen gehandelt, welche ich von dir erhielt!«

»Du hast verraten, was in Firwood-Camp geschehen ist!«

»Ich habe nichts verraten!«

»Man hat aber meine Befehle nicht befolgt, und das kann nur den Grund haben, daß man dort unsre Schande kennt!«

»Man kennt sie.«

»So mußt du davon gesprochen haben, denn wir sind direkt von Firwood-Camp gekommen, und es kann vor dir kein Mensch bei den Komantschen eingetroffen sein und es ihnen mitgeteilt haben!«

»Und dennoch wußten sie schon alles, als ich kam.«

»Von wem? Wenn ich erfahre, wer es gewesen ist, werde ich ihm die Kopfhaut bei lebendigem Leibe vom Schädel ziehen!«

Seine Fäuste ballten sich und seine Augen blitzten vor Zorn.

»Du wirst diese Kopfhaut nicht bekommen,« antwortete sein Enkel. »Das Feuerroß rannte hundertmal schneller, als wir gelaufen sind, und hat die Botschaft überall hingetragen.«

»Kommt das Feuerroß etwa auch zu den Naiini-Komantschen?«

»Nein, aber es läuft nicht weit von ihnen vorüber und hält dort einigemal an Orten an, welche von den Bleichgesichtern Station genannt werden. Auf einer solchen Station sind einige von unsern Kriegern gewesen und haben alles erfahren.«

»Uff! Das Feuerwasser und das Feuerroß, beide hat der böse Geist ins Land der roten Männer gesandt, um sie zu verderben. Man wird sehr bald von einem großen Wasser‘ bis zum andern wissen, daß man mir den Schopf und die Medizin genommen hat, und so wird mein Name, welcher der berühmteste war, von jetzt an sein wie der Hauch, welcher von einem Aas aufsteigt, von dem kein Geier fressen will. Aber ich werde mich rächen, rächen an allen, die mich zum Aas gemacht haben!«

»Du bist berühmt und wirst berühmt bleiben,« tröstete ihn sein Enkel. »Wir werden Winnetou und Old Shatterhand fangen und dann die Apatschen überfallen; sie müssen uns ihre Häute und Medizinen geben, und wenn Ihr wieder Medizinen habt, so dürft Ihr nach den Jagdgründen des Stammes zurückkehren.«

»Uff ! Jetzt dürfen wir das nicht?«

»Nein.«

»Es ist also Beratung darüber abgehalten worden?«

»Ja, eine Beratung aller alten Krieger und weisen Männer.«

»Die haben uns ausgestoßen?«

»Ja.«

»Uff, uff!«

Er legte die Hand an die Augen und blieb eine lange Zeit so sitzen; dann ließ er sie wieder sinken und sagte:

»Ich bin reich. Warum hast du mir weiter nichts gebracht als ein Kleid?«

»Ich durfte nicht.«

»Ich bin ohne Pferd und besitze doch viele Pferde. Wurde es dir auch verboten, eines für mich mitzunehmen?«

»Ja.«

Da richteten sich seine Augen mit angstvollem Ausdruck auf das Gesicht seines Enkels, und er fragte, vor Angst fast stotternd, was er für eine Antwort erhalten werde:

»Aber mein schwarzer Mustang, mein Hengst, der für mich mehr bedeutet als das Leben, will man auch ihn mir vorenthalten?«

»Auch ihn.«

Da sprang er auf; die Wut trieb ihn in die Höhe; er wollte seinem Grimme in Worten Luft machen; lk Senanda aber hob warnend den Finger und sagte in beruhigendem Tone:

»Tokvi-Kava ist ein großer Häuptling; er weiß, daß ein Krieger sich beherrschen muß; sollen die Leute, welche dort sitzen und alle auf uns sehen, denken, daß er es verlernt habe, der Herr seiner Gedanken und Gefühle zu sein?«

Da setzte sich der Alte wieder nieder, doch dauerte es einige Zeit, bis er äußerlich ruhig schien und zustimmend erwiderte:

»Der Sohn meiner Tochter hat recht. Ich will jetzt nicht an den Schmerz denken, den man mir bereitet, aber dann, wenn ich dahin zurückgekehrt bin, wohin ich jetzt nicht kommen darf, werde ich es allen denen gedenken, die ihn mir bereitet haben. Hast du außer dem, was ich jetzt von dir hörte, vielleicht eine Botschaft an mich auszurichten?«

»Nein.«

»Uff! Es nannten sich so viele alte Krieger meine Freunde, und ich habe sie wirklich für Freunde gehalten. Läßt auch keiner von ihnen mir etwas durch dich sagen?«

»Keiner!«

»So sollen sie alle erfahren, wie Tokvi-Kava solche falsche Freundschaft vergilt. Du bist mein Enkel und noch jung; aber du hast Mut und besitzest ebenso viel List wie ich. Wenn du zu mir sprechen willst, so sprich! Hast du mir einen Vorschlag zu machen?«

»Nein. Du bist derjenige, der zu befehlen hat, und ich gehorche. Was du sagst, ist gut, und was du beschließest, wird von uns ausgeführt werden.«

Der Mestize sagte das im Tone aufrichtigster Ergebenheit und senkte dabei den Kopf als Zeichen, daß er sich ihm mit seinem ganzen Denken und Thun zu eigen gebe, doch hätte ein so scharfer und unparteiischer Beobachter wie zum Beispiel Winnetou oder Old Shatterhand sehr wahrscheinlich die zwar leichten aber doch verräterischen Falten bemerkt, welche sich dabei um seine Mundwinkel legten. Er war, wie die Mischlinge fast alle, kein vertrauenswürdiger Mensch, und wenn es sich um seinen Vorteil handelte, galt ihm sein Großvater auch nicht viel mehr als jede andre Person. Dieser aber hielt ihn, die nahe Verwandtschaft ganz abgerechnet, für seinen besten Freund und schenkte ihm sein vollständiges Vertrauen. Auch jetzt lächelte er ihm voll Liebe zu, so weit bei ihm nämlich von Liebe die Rede sein konnte, und sagte:

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