Die Steppe

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Als er sich versichert, daß er unentdeckt geblieben, näherte sich der Dahcotah und neigte, vorwärts gebeugt, sein schwarzes Antlitz über den Schläfer, ganz so arglos und geschmeidig, wie man oft eine Schlange mit ihrem Opfer spielen sieht, ehe sie ihm den Tod gibt. Endlich, durch seine Untersuchung nicht nur über den Stand, sondern auch den Charakter des Fremden belehrt, wollte Mahtoree eben den Kopf wegwenden, als eine geringe Bewegung des Schläfers zeigte, daß Bewußtsein zurückkehre. Der Wilde ergriff das Messer, das an seinem Gürtel hing, und in einem Augenblick war die Spitze auf der Brust des jungen Wanderers. Da änderte er seinen Plan, mit einer Bewegung, so schnell, als seine blitzenden Gedanken, warf sich hinter den Stamm des gefallenen Baums, wider den sich der andere lehnte, nieder, und lag, in seinem Schatten, so dunkel, so regungslos, und, wie es schien, so unempfindlich wie das Holz selbst.



Die schläfrige Schildwache öffnete die schweren Augen, starrte einen Augenblick nach dem trüben Himmel aufwärts, machte dann große Anstrengung und hob ihre kräftige Gestalt, von dem Stamm auf. Dann schaute er um sich, und ließ, was man vielleicht hätte Wachsamkeit nennen mögen, seine stumpfen Blicke über die nebelichten Gegenstände der Lagerung schweifen, bis sie endlich auf dem entfernten, düsteren Felde der offenen Steppe ruhten. Als er nichts gefunden, was seine Aufmerksamkeit hätte auf sich ziehen können, als die immer wiederkehrende Abwechselung von Hügel und Niederung, die sich überall seinen schlaftrunkenen Augen darstellte, änderte er seine Stellung, so daß er seinem gefährlichen Nachbar gänzlich den Rücken bot, und ließ die Glieder schwerfällig wieder hinsinken in ihre frühere niedergestreckte Lage. Eine lange und von Seiten des Tetons angstvolle peinliche Stille folgte, ehe das tiefe Athmen des Wanderers verrieth, daß er von neuem dem Schlummer sich hingegeben. Doch war der Wilde zu vorsichtig, dem ersten Anschein des Schlafes zu trauen. Aber die Ermüdung eines Tages voll ungewohnter Arbeit lag zu schwer auf der Wache, um den Andern lange in Zweifel zu lassen. Noch war die Bewegung, wodurch Mahtoree sich wieder auf die Kniee richtete, so geräuschlos und vorsichtig, daß selbst ein wachender Beobachter gezögert hätte, ehe er geglaubt, er stehe auf. Doch hatte er allmählig diese Veränderung gemacht, und das Dahcotah-Haupt neigte sich wieder über seinen Feind, ohne lauteres Geräusch erregt zu haben, als das Blatt des Wollenbaums, das an seiner Seite in, Wehen des Windes lispelte.



Nun war Mahtoree Herr über des Schläfers Leben. Zur selben Zeit, wo er die großen Verhältnisse, und athletischen Glieder des Jünglings mit der Bewunderung anstaunte, welche Körpervorzüge selten in der Brust eines Wilden zu erregen verfehlen, machte er kalt alle Vorbereitung, um den Funken des Lebens, der sie allein furchtbar machen konnte, auszulöschen. Nachdem er sich den Sitz aller Lebensthätigkeit ausgesucht, indem er leise die Falten der umhüllenden Kleidung wegräumte, schwang er seine scharfe Waffe, und wollte eben mit Kraft und Kunst den Streich führen, als der Jüngling seinen starken Arm bewußtlos zurückzog, und bei dieser Bewegung die ganze Masse seiner Muskeln zeigte.



Der, kluge, vorsichtige Teton zögerte. Er bedachte, daß in diesem Augenblick der Schlaf ihn weniger gefährlich, als der Tod selbst werden könnte. Das geringste Geräusch, das Sträuben des Todeskampfs, womit sicher ein solcher Bau das Leben nur lassen würde, stellten sich ihm vor, und waren seinem Verstande gegenwärtig. Er sah zurück in das Lager, wandte sein Haupt gegen das Gehölz, und warf seine funkelnden Augen auf die wilden, schweigenden Steppen. Nochmals über das verschonte Opfer gebeugt, versicherte er sich, daß es tief schlief, und gab dann seinen schnellen Entschluß auf, nur den Eingebungen einer listigeren Klugheit folgend.



Mahtoree's Rückzug geschah so still und vorsichtig, wie sein Kommen gewesen war. Er schlug nun die Richtung nach dem Lager ein, indem er sich längs des Gehölzes hinstahl, um bei dem geringsten Geräusch sich leicht in sein Dunkel flüchten zu können. Die Decke des einsamen Zeltes zog bei'm Vorübergehen seine Aufmerksamkeit auf sich. Nachdem er sein ganzes Aeußere untersucht, und mit der größten Spannung gelauscht, um durch seine Ohren Nachricht zu erhalten, wagte der Wilde das Tuch am Boden zu lüften und sein schwarzes Gesicht hineinzustecken. Eine Minute mochte verflossen sein, ehe der Teton-Häuptling sich zurückbog, und seine ganze Gestalt wieder außerhalb der linnenen Wohnung sich zeigte. Jetzt saß er nieder, und schien mehrere Augenblicke in gänzlicher Unthätigkeit seinen Gedanken nachzuhängen. Dann seine gebeugte Stellung wieder annehmend, barg er sein Gesicht nochmals hinter der Leinwand des Zeltes. Seine zweite Untersuchung dauerte länger, und war, wo möglich, noch ergreifender für ihn; aber, wie alles, nahm sie ein Ende, und der Wilde wandte die funkelnden Blicke von den Geheimnissen des Orts.



Er hatte in seinem langsamen Vorschreiten gegen die gedrängtere Masse von Gegenständen, welche den Mittelpunct des Lagers andeuteten, eine ziemliche Strecke zurückgelegt, ehe er wieder stille stand. Er bedachte von neuem, und sah sich um nach der einsamen, kleinen Wohnung, die er verlassen, als sinne er, ob er nicht wieder zurückkehren solle. Aber die aus den Aesten gebildeten spanischen Reiter, die er jetzt mit der Hand erreichen konnte, und die Sorgfalt, die daraus hervorging, welche verrieth, daß dort Sachen von Werth aufbewahrt würden, reizte seine Gier noch mehr, und bewog ihn, vorwärts zu schreiten.



Der Weg des Wilden durch die zarten, schwachen Zweige der Wollenbäume konnte nur mit den geräuschlosen Windungen der Schlangen verglichen werden, die er eben so sehr in ihrer List als in ihrem Nahen nachahmte. Als er aber durchgedrungen war, und sich, einen Augenblick Zeit genommen hatte, um sich mit den Oertlichkeiten innerhalb der Entschließung bekannt zu machen, gebrauchte der Teton die Vorsicht, sich einen Weg zu bahnen, damit sein Rückzug mit weniger Hindernissen, die seine Schnelligkeit aufhalten könnten, bewerkstelligt werden möge. Nun stand er auf, ging durchs Lager, wie der Fürst des Bösen, suchend, wen und was er zuerst seinen feindseligen Plänen weihen sollte. Schon hatte er den Inhalt des Zeltes, worin das Weib und ihre kleinen Kinder sich befanden, durchforscht, und war an mehreren gigantischen Gestalten vorbeigekommen, die, ihm zum Glück, in dem Gestrüpp ausgestreckt, in unbewußter Hülflosigkeit da lagen, als er endlich die Stelle erreichte, die Ismael in eigener Person einnahm. Mahtoree's Scharfblick konnte es nicht entgehen, daß er jetzt das Haupt der Wanderer in seiner Gewalt habe. Lange stand er über die ausgestreckte, herculische Form des Wanderers hingebeugt da, sorgsam bei sich betrachtend den Ausgang des Unternehmens, die wirksamsten Mittel, welche ihm die reichste Ernte versprächen.



Er hatte das Messer, welches er bei dem schnellen, wilden Gang seiner Gedanken aus der Scheide genommen, wieder eingesteckt, und wollte weiter gehen, als Ismael sich auf dem Lager herumdrehte, und rauh fragte, wer vor seinen halbgeöffneten Augen herumgehe. Nur die Schnelligkeit und List eines Wilden konnte verhindern, daß jetzt sich alles entschied. Die abgestoßenen, fast unverständlichen Laute, die er gehört, nachahmend, warf sich Mahtoree schwerfällig zu Boden und schien, sich schlafen zu legen. Ismael sah die ganze Bewegung in einer Art von Betäubung mit an, aber die List war zu kühn, und ward zu täuschend ausgeführt, als daß sie ihren Zweck nicht hätte erreichen sollen. Der schlaftrunkene Vater schloß wieder die Augen, und schlief bald wieder tief ein, — der verrätherische Gast mitten in dem Schooß seines Haufens.



Der Teton mußte lange und angstvolle Minuten in der Lage bleiben, die er angenommen, um sicher sein zu können, daß er nicht länger bewacht würde. Aber lag auch sein Leib bewegungslos da, sein thätiger Geist war nicht müßig. Er benutzte diesen Aufschub, um einen Plan zur Reise zu bringen, welcher, wie er hoffte, das ganze Lager, die Leute und ihre Habe, gänzlich in seine Gewalt bringen sollte. Sobald es mit Sicherheit geschehen konnte, war der unermüdliche Wilde wieder in Bewegung. Er nahm jetzt seinen Weg nach der kleinen Hürde, welche die Hausthiere einschloß, wie früher geschmeidig und vorsichtig sich auf dem Boden fortwindend.



Das erste Thier, auf das er unter dem Vieh traf, verursachte einen langen und gewagten Aufenthalt. Das müde Geschöpf, vielleicht durch seinen Instinct belehrt, daß in den endlosen Wüsten der Steppen sein sicherster Schützer der Mensch sei, war außerordentlich geduldig, und überließ sich stille der genauen Untersuchung, der es sich unterwerfen mußte. Die Hand des suchenden Teton streifte über sein zartes Fell, über das sanfte Haupt und die zierlichen Glieder des stillen Thieres mit unermüdlicher Neugier, aber endlich verließ er die Beute als unnütz bei seinen Streifzügen, als zu wenig reizend für seinen Hunger. Sobald er aber zu den Lastthieren kam, war seine Zufriedenheit groß, und kaum enthielt er sich der gewöhnlichen Ausdrücke seiner Freude, die mehr als einmal auf dem Punct waren, seine Lippen zu durchbrechen. Hier verlor er die Gefahr, mit der er Zugang zu dieser gefährlichen Stelle erlangt, aus dem Auge, und die Wachsamkeit des vorsichtigen, lang geübten Kriegers ward einen Augenblick im Taumel des Wilden vergessen.






Fünftes Kapitel.



„Ei, würd'ger Vater, was doch können wir verlieren?



Ei schützt uns kein Gesetz, und solch ein stolzer Mann



Sollt' ferner uns bedroh'n! Seid Richter und Vollstrecker."



Cymbeline.




Während der Teton-Krieger auf diese Art seine schwierige und ihn so sehr bezeichnende Aufgabe löste, unterbrach kein Laut die Stille der umliegenden Steppe. Die ganze Bande lag auf ihren verschiedenen Posten und wartete mit der bekannten Geduld der Eingebornen auf das Zeichen, das sie zum Handeln aufrufen sollte. Den Augen der angstvollen und sehr dabei interessirten Zuschauer, welche die kleine Erhöhung einnahmen, die wir schon als die Stellung der Gefangenen beschrieben haben, zeigte die Scene nur die weite, große Aussicht auf die Wüste, die dunkel von den glimmernden Strahlen eines umwölkten Monds erleuchtet ward. Die Stelle des Lagers war durch ein noch tieferes Dunkel als die schwach beschatteten Niederungen bezeichnet, und hier und da traf ein hellerer Strahl die wellenförmigen Gipfel der Anhöhen. Im Uebrigen die tiefe, ergreifende, lautlose Stille der Wüste.

 



Aber denen, die so wohl wußten, was unter diesem Mantel der Stille und Nacht brütete, war es eine Scene hoher, stürmischer Bewegung. Ihre Angst ward immer größer, als Minute auf Minute vorüberging, und nicht der geringste Laut des Lebens aus der Stille und Dunkelheit heraufkam, die das Gehölz umgab. Paul's Athmen ward lauter und tiefer, und Ellen zitterte mehr als einmal, ohne zu wissen worüber, als sie das Zucken seiner kräftigen Gestalt fühlte, während sie sich zur Stütze in voller Hingebung auf seinen Arm lehnte.



Weucha's schwankende Ehrlichkeit und seine nachstellende Einfalt wurden schon erwähnt. Der Leser wird also nicht erstaunen, wenn er hört, daß er zuerst die Vorschriften vergaß, die er selbst gegeben. Gerade den Augenblick, wo wir Mahtoree in fast unbeherrschter Freude verließen, als er die Menge und Beschaffenheit der Lastthiere Ismael's übersah, wählte der Mann, den er mit der Wache über seine Gefangene beauftragt, um sich dem boshaften Vergnügen hinzugeben, die zu peinigen, welche zu schützen seine Pflicht gewesen wäre. Er neigte sein Haupt zu den Ohren des Streifschützen und lispelte nicht, sondern brummte:



„Wenn die Teton ihr Oberhaupt durch die Hand der Lang-Messer verlieren, dann stirbt Alt und Jung."



„Das Leben gibt Wahcondah," war die ruhige Antwort. „Der schwarzgebrannte Krieger muß seinem Gesetz sich unterwerfen, wie seine andern Kinder. Der Mensch stirbt nur, wenn er es befiehlt, und kein Dahcotah kann die Stunde beschleunigen."



„Sieh'," erwiederte der Wilde, und die Klinge des Messers fuhr an dem Gesicht seines Gefangenen vorbei, „Weucha ist der Wahcondah eines Hunds."



Der alte Mann schlug die Augen zu dem stolzen Gesicht seines Wärters auf, und ein Blick edlen, kräftigen Unwillens schoß aus ihren tiefen Höhlen; aber schnell war es vorüber, und an seine Stelle trat Ausdruck des Mitleids, wenn nicht des Kummers.



„Warum sollt' Einer nach dem wahren Ebenbild Gottes sich über ein Wesen erzürnen, das nur die Gestalt eines Vernünftigen hat," sagte er auf englisch, und viel lauter, als Weucha die Unterredung begonnen. Dieser benutzte das unbeabsichtigte Vergehen seines Gefangenen, ergriff ihn bei den dünnen, grauen Locken, die unter seiner Mütze hervordrangen und wollte sie in boshaftem Triumph durch die Messerklinge aus der Wurzel vertilgen, als ein langer, greller Schrei die Luft durchdrang, der alsbald aus der umliegenden Wüste wiederhallte, als ob tausend Dämonen ihre Kehlen bei dem Aufruf vereinigt hatten. Weucha ließ los, und stieß einen Ruf wilden Frohlockens aus.



„Nun!" rief Paul, unvermögend, seine Ungeduld länger zu beherrschen; „nun, alter Ismael, kommt die Zeit, zu zeigen, daß das Blut von Kentucky in deinen Adern fließt. Feuert niedrig, Jungen; zielt in's Gestrüpp; denn die rothen Häute kriechen am Boden."



Seine Stimme verlor sich jedoch, oder ward vielmehr mitten in dem Geschrei, dem Schießen und Lärmen nicht beachtet, der um diese Zeit aus tausend Kehlen auf allen Seiten von ihm sich erhob. Die Wache behauptete noch ihren Posten bei den Gefangenen; aber mit der Mühe, womit die Pferde bei der Eilpost zurückgehalten werden, wenn sie das Zeichen, ihren schnellen Lauf zu beginnen, erwarten. Sie schlugen mit ihren Armen wild in der Luft herum, sprangen auf und nieder, mehr wie jauchzende Kinder, als wie nüchterne Männer, und fuhren fort, das lauteste, wildeste Geschrei auszustoßen.



Mitten in dieser lärmvollen Unordnung hörte man ein trampelndes Getöse, ähnlich dem, welches der Flucht eines Büffelhaufens vorauszugehen pflegt, und dann kamen Ismael's Heerden und Vieh zu Gesicht, ein verwirrter, erschreckter Trupp.



„Sie haben dem armen Wanderer seine Thiere genommen," sagte der auf Alles aufmerksame Streifschütz. „Die Schlangen haben ihm nicht einen Huf gelassen." — Er sprach noch, als der ganze Haufen des erschreckten Viehs die kleine Anhöhe heraufkam und auf die Stelle zueilte, wo er stand, getrieben von einer Bande schwarzer, teuflisch aussehender Gestalten, welche wie toll zur Eile trieben.



Diese Eile theilte sich den Teton-Pferden mit, welche seit lange gewohnt waren, an den wilden Leidenschaften ihrer Herren Theil zu nehmen und nur mit Mühe konnten ihre Eigenthümer sie zurückhalten. In diesem Augenblick, während aller Augen auf den vorübereilenden Wirbelwind von Menschen und Thieren gerichtet waren, entwand der Streifschütz den Händen seines unaufmerksamen Wächters das Messer, mit einer Gewalt, der sein Alter nicht zu entsprechen schien, und trennte mit einem einzigen Hieb das lederne Band, welches das ganze Rudel vereinigte. Die wilden Thiere wieherten vor Freude und Schrecken, schlugen den Boden mit ihren Hufen und stoben davon in die weiten Steppen nach allen verschiedenen Richtungen hin.



Weucha wandte sich gegen den Angreifer mit der Wuth und Behendigkeit eines Tiegers. Er griff nach der Waffe, der er so plötzlich war beraubt worden, suchte mit unmächtiger Hast nach dem Griff seiner Streitaxt und warf zu gleicher Zeit seine Blicke nach den fliehenden Thieren mit allem Verlangen eines Westindiers. Der Kampf zwischen Durst nach Rache und Habgier war kurz aber heftig. Die letztere erhielt leicht in der Seele eines Menschen das Uebergewicht, dessen Leidenschaften, nach dem Sprichwort, auf dem Bode krochen, und kaum ein Augenblick verfloß zwischen der Flucht der Thiere und dem schnellen Verfolgen der ganzen Wache. Der Streifschütz hatte seinen Feind, während der Augenblicke des Zweifels, die seiner gewagten That folgten, fortwährend ruhig im Auge behalten, und sagte jetzt, als Weucha seinen Gefährten folgte, indem er nach dem dunkeln Zug hindeutete, mit seinem tiefen, kaum hörbaren Lachen.



„Roth ist roth, mag es sich auf der Steppe zeigen oder im Wald. Ein Schlag auf den Kopf wäre die geringste Belohnung für Jeden gewesen, der sich eine solche Freiheit mit einer christlichen Schildwache herausgenommen; aber da geht der Teton nach seinen Pferden, als halte er zwei Beine für so gut, als vier bei einem solchen Lauf! — Und doch werden die Schelme jeden Huf von ihnen vor Sonnenaufgang wieder haben, weil hier Verstand gegen Instinct ist. Ein armer Verstand, freilich, aber selbst noch ein Indianer ist ein großer Theil vom Menschen. Ja, ihr Delawarer, ihr wäret die Rothhäute, worauf Amerika stolz sein könnte; aber gering und zerstreut ist das mächtige Volk jetzt. — Nun, der Wanderer mag eben seine Hütte aufschlagen, wo er gerade jetzt ist; er hat Ueberfluß an Wasser, obgleich die Natur des Vergnügens ihn beraubt hat, die Erde ihrer rechtmäßigen Bäumen zu entblößen. Er hat den letzten seiner vierfüßigen Gefährten gesehen, oder ich verstehe mich schlecht auf Sioux-List."



„Wär's nicht besser, wir nähmen Ismael's Partei?" sagte der Bienenjäger. „Es gibt einen regelmäßigen Kampf darum, oder der alte Bursche müßte plötzlich feigherzig geworden sein."



„Nein, nein, nein," rief hastig Ellen.



Sie ward vom Streifschützen unterbrochen, der leise seine Hand auf sie legte, als er antwortete:



„Hst, hst! Reden könnte uns Gefahr bringen. Ist Euer Freund“ fuhr er zu Paul gewandt fort, „ein Mann von Klugheit genug".



„Nennt nicht den Wanderer meinen Freund“ unterbrach ihn der Jüngling. „Ich wohnte nie mit Einem, der nicht Brief und Siegel für das Land zeigen konnte, das ihn nährte."



„Gut, gut. Laßt ihn dann einen Bekannten sein. Ist er ein Mann, der sein Eigenthum tapfer mit Pulver und Blei behaupten kann?"



„Sein Eigenthum! Ei! Und auch, was nicht sein Eigenthum ist, das auch! Könnt Ihr mir sagen, alter Streifschütz, wer die Flinte trug, die dem Abgesandten des Sherifs den Garaus machte, der die ungesetzlichen Ansiedler, die sich am Büffel-See in Alt-Kentucky gesammelt hatten, wegjagen wollte. Ich hatte einen prächtigen Schwarm eben diesen Tag bis in die Höhlung einer abgestorbenen Buche verfolgt, und da lag der Beamte des Volks an ihrem Fuße, mit einer Wunde gerade durch das „Grace of God", das er in seiner Jacktasche über dem Herzen trug, als dachte er, ein Stück Schafsleder sei ein Brustharnisch gegen die Kugel eines Herumstreichers. Du brauchst aber gar nicht unruhig zu sein, Ellen, es ward ihm nie hinlänglich bewiesen; und fünfzig Andere wurden in der Nachbarschaft eben so empfangen, ohne daß sie das Gesetz besser geschützt hätte."



Das arme Mädchen schauderte und mühte sich mit aller Macht einen Seufzer zu unterdrücken, der trotz ihrer Bemühungen, wie aus dem innersten Grund ihres Herzens, hervorkam.



Hinlänglich durch die kurze aber bezeichnende Erzählung Paul's über den Charakter der Wanderer in Kenntniß gesetzt, that der alte Mann keine weiteren Fragen über die Bereitwilligkeit Ismael's sein Unrecht zu rächen und folgte dem Zug seiner Gedanken, die sich bei dieser Gelegenheit ihm aufdrangen.



„Jeder kennt die Bande am besten, die ihn an seine Mitgeschöpfe binden," antwortete er; „obwohl es sehr zu bedauern ist, daß Farbe und Eigenthum, Sprache und Wissenschaft eine so weite Schranke zwischen die setzen, die doch bei allem Kinder Eines Vaters sind. Doch," fuhr er fort mit einem Uebergang, der für den Stand und die Gefühle des Mannes sehr charakteristisch war, „da dies eine Gelegenheit ist, wo eher Kampf als eine Predigt Noth thut, so ist's am besten, vorbereitet zu sein, auf das was folgen möchte. — Husch, da unten regt' sich was; gar leicht können wir gesehen werden."



„Die Auswanderer nahen," rief Ellen, mit einer zitternden Stimme, die fast eben so große Furcht über das Nahen ihrer Freunde verrieth, als sie vorher über die Gegenwart ihrer Feinde gezeigt hatte. „Geht Paul, verlaßt mich. Euch zum wenigsten darf man nicht sehen."



„Wenn ich dich in dieser Wüste verlasse, Ellen, ehe ich dich wenigstens sicher bei'm alten Ismael sehe, so will ich nie das Summen einer Biene wieder hören, oder, was noch schlimmer ist, das Aug' verlieren, sie bis in den Stock zu verfolgen!"



„Ihr vergeßt den guten Alten. Er wird mich nicht verlassen; und dann, Paul, haben wir uns doch schon getrennt, wenn mehr als eine solche Wüste zwischen uns war."



„Nimmermehr! Die Indianer können wieder kommen und was würde dann aus dir? Du wärst halbwegs nach den Felsengebirgen, ehe man nur die Richtung deiner Flucht ausfindig machen könnte. Was denkt Ihr dazu, alter Streifschütz? Wie lang kann's dauern, bis die Teton, wie Ihr sie nennt, zurückkommen, um den Rest von Ismael's Habe und Vieh sich zu holen?"



„Vor diesen braucht Ihr Euch nicht zu fürchten," erwiederte der alte Mann, mit dem ihm eigenen, dumpfen Lächeln; „ich wette, die T—l rennen schon diese sechs Stunden lang ihren Thieren nach. Horcht! Ihr könnt sie in diesem Augenblick in dem Weiden-Grund hören; o, so ächtes Sioux-Vieh läuft Euch wie langbeiniges Wild. Hst, werft Euch in s Gras, nieder mit Euch beiden; so gewiß ich ein armes Stück Erde bin, hört' ich das Knattern einer Flinte!"



Der Streifschütz ließ seinen Gefährten nicht lange Zeit zu zaudern, sondern zog sie beide sich nach, und begrub sich fast ganz in das Gestrüpp der Steppe, während er noch sprach. Es war gut, daß die Sinne des alten Jägers so scharf geblieben, und daß er nichts von seiner Entschlossenheit verloren hatte. Die drei lagen kaum auf dem Boden, als ihre Ohren mit dem wohlbekannten, starken, kurzen Knall der Westflinte begrüßt wurden, und bald darauf das Pfeifen des wüthenden Blei's gehört ward, das in gefährlicher Nähe an ihren Köpfen vorbeiflog.



„Gut gemacht, ihr jungen Bursche, gut gemacht alter Schelm," lispelte Paul, dessen Frohsinn keine Gefahr, keine Lage trüben konnte. „Ein hübscher Knall, wie man nur einen aus einer Flinte hören kann! Was meint Ihr, Streifschütz? Hier ist ein Kampf von drei Seiten. Soll ich ihnen nicht auch so was schicken?"



„Gebt ihnen nichts, als gute Worte," entgegnete der Streifschütz hastig, „oder ihr seid beide verloren."



„Ich weiß nicht, ob es viel besser wäre, wenn ich mit meiner Zunge oder mit meinem Gewehr zu ihnen spräche," sagte Paul, halb scherzend, halb bitter.

 



„Um's Himmelswillen, laßt Euch nicht hören," rief Ellen, „geht, Paul, geht; Ihr könnt leicht gehen."



Mehrere Schüsse folgten jetzt schnell auf einander, jeder brachte seine Ladung den Versteckten näher, Ellen schwieg aus Klugheit und Furcht.



„Das muß ein Ende nehmen," sagte der Streifschütz und stand auf, nur von der Wichtigkeit seines Plans erfüllt. „Ich weiß nicht, warum ihr, meine Kinder, die zu fürchten habt, die ihr beide lieben und ehren solltet; aber etwas muß geschehen, um euer Leben zu retten. — Ein paar Stunden mehr oder weniger kann der leicht missen, der schon so viele Tage zählt, deßwegen will ich voraus. Hier ist offener Raum um euch, benutzt ihn, wie ihr müßt, und möge Gott euch beide segnen und helfen, wie ihr's verdient."



Ohne eine Antwort zu erwarten, schritt der Streifschütz kühn den Hügel vor sich hinab und nahm seinen Weg nach dem Lager; beeilte seine Schritte nicht aus Furcht, verzögerte sie nicht vor Angst. Das Mondlicht fiel für einen Augenblick heller auf seine schlanke, hohe Gestalt und ließ die Auswanderer sein Herankommen wahrnehmen. Unbekümmert jedoch um diesen ungünstigen Umstand, setzte er seinen Weg ruhig und standhaft nach dem Gehölz fort, bis eine ernste, drohende Stimme ihn mit den Ruf empfing: „Wer kommt; Freund oder Feind?"—„Freund," war die Antwort, „einer der zu lang gelebt hat, um die Grenze seines Lebens durch Streit zu trüben."



„Der aber nicht so lang gelebt hat, um die Ränke seiner Jugend zu vergessen," sagte Ismael, erhob seine große Gestalt hinter der leichten Verdeckung eines geringen Busches hervor, und stellte sich, Antlitz gegen Antlitz, dem Streifschütz gegenüber; „Ihr habt die T—l über uns gebracht und werdet morgen mit ihnen die Beute theilen." —



„Was habt Ihr verloren?" fragte ruhig der Streifschütz.



„Acht so gute Pferde, wie je eins am Zaum hing, dann ein Fohlen, dreißig der schönsten Mexikaner werth, die das Bild des Königs von Spanien tragen. Auch hat das Weib keine Klaue mehr, weder zum Melken, noch zum Scheeren, — ich glaube selbst die Grunzer, so lahm sie sind, durchstreichen jetzt die Steppe. Und nun, Fremder," fuhr er fort und stieß den Kolben des Gewehrs mit einer Gewalt und einem Klirren auf den Boden, das jeden Andern, weniger unerschrockenen, in Furcht gesetzt hätte, „wie viele von diesen Geschöpfen kommen auf Euer Theil?"



„Pferde habe ich nie gewünscht, auch nie gebraucht, obwohl Wenige mehr von den weiten Landschaften Amerika's durchstreift haben, als ich, so alt und schwach ich auch aussehe. Aber wenig nützt ein Pferd in den Wäldern, auf den Hügeln von York; das heißt, so wie York war, aber, wie ich sehr fürchte, York jetzt nicht mehr ist; was wollene Decken und Kuhmilch betrifft, so verlang' ich nicht nach so weibischem Besitz. Die Thiere des Feldes geben mir Nahrung und Kleidung. Nein, ich wünsch' keine bessere Kleidung, als die Haut eines Hirsches, kein schmackhafteres Mahl, als sein Fleisch."



Die Aufrichtigkeit, mit der diese einfache Rechtfertigung vorgebracht ward, verfehlte nicht ganz ihre Wirkung auf den Auswanderer, dessen finsteres Wesen allmählig in eine Erregung überging, die schnell in gefährliche Gewaltthätigkeit hätte ausbrechen mögen. Er hörte zu, als zweifle er, sei aber noch nicht ganz überzeugt und murmelte zwischen den Zähnen die Beschuldigung, womit er einen Augenblick vorher die schnelle Rache, die er gewiß brütete, hatte einleiten wollen.



„Das sind schöne Worte," brummte er endlich, „aber nach meiner Meinung zu prozeßartig für einen geraden, schön- und schlecht-Wetter-Jäger."



„Ich nenne mich ja nur einen Streifschützen," unterbrach ihn der andere sanft.



„Jäger oder Streifschütz; wenig Unterschied. Ich kam in diese Gegenden, alter Mann, weil ich fand, daß das Gesetz mir zu schwer auf dem Nacken lag und bin Nachbarn nicht sehr gut, die keinen Streit ausmachen können, ohne einen Richter oder die Zwölfmänner zu bemühen; aber ich kam nicht hierher, um mich meines Plunders berauben zu lassen, und dann „Dank Euch" zu dem zu sagen, der es gethan."



„Wer sich in die Steppen wagt, muß wie ihre Eigenthümer leben."



„Eigenthümer!" wiederholte der finstere Grenzbewohner, „ich hab so großes Recht auf das Land, worauf ich stehe, als irgend ein Herrscher in allen Staaten. Könnt' Ihr mir sagen, Fremder, wo man das Gesetz findet, welches bestimmt, daß der Eine einen Bezirk, eine Stadt oder vielleicht ein Land zu seinem Gebrauch haben und der Andere

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