Internationales Projektmanagement

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Beispiel: Internationale Softwareentwicklung29)

A software development project – the project team members are working in four companies in different locations (the software company in London, England; one development team in Curitiba, Brazil; two development teams in Bangalore and Mumbai, India) with team members speaking four different native languages (English, Brazilian Portuguese, Kanada and Tamil), all with different levels of fluency English. There are three different country cultures, and the total difference in time zones is 8:30 hours in summer (GMT-3 for Brazil and GMT+5 for India). In addition to the team members, there are stakeholders from another three locations (three pilot customers in the USA, South Africa and Australia), elevating the number of country differences to six, and the time zone difference to 17 hours (GMT-8 for San Francisco, USA to GMT+10 for Sidney, Australia).

ABB. 13: A Software Global Development Project30)


Internationale Unternehmensstrategien und Projektmanagement

Die verbreitete Unterscheidung internationaler Unternehmensstrategien in ethno-, poly- und geozentrische Ansätze (siehe Kap. 1.2.2) führt im Internationalen Projektmanagement zu Konsequenzen, die entsprechend Nutzen und Probleme mit sich bringen: Beim ethnozentrischen Internationalisierungsansatz werden Projektleiterfunktionen meist von Mitarbeitern des Stammhauses besetzt und der Einsatz und Umgang mit Projektmanagementtechniken (z. B. Zeitpläne) orientiert sich an den Usancen des Heimatlandes. Dies hat zwar für die Projektleitung den Vorteil, dass sie mit bekannten Instrumenten arbeitet, bringt aber ebenso viele Nachteile bzw. Probleme mit sich. Neben den grundsätzlichen Problemen des ethnozentrischen Ansatzes kommen im internationalen Projektmanagement die kulturell unterschiedlichen Auffassungen bzw. Einstellungen zu den verschiedenen Projektmanagementtechniken hinzu (z. B. wirtschaftliche Planungs- und Steuerungsinstrumente, Mitarbeiterführung, Moderationstechniken). Ebenso werden diese Probleme durch die dem Projektmanagement immanenten Merkmale verstärkt, wie z. B. die begrenzte Zeit, die Neuigkeit oder Einmaligkeit der Aufgaben (mit der kaum jemand Erfahrung hat) sowie der kulturellen Vielfalt der Beteiligten. Auch ist im internationalen Projektmanagement zu bedenken, dass gerade der internationale Auftrag des Projektes eine vielfältige kulturelle Mischung von Erfahrungen benötigt.

Aufgabe

Internationalisierungsstrategie im Projektmanagement


Auftrag:

Erarbeiten und reflektieren Sie auf Grundlage des vorangegangenen Abschnittes zu Internationale Unternehmensstrategien und Projektmanagement entsprechende betriebs- und volkswirtschaftliche Merkmale, Vorteile/Nutzen sowie Nachteile/Probleme eines reinen


(1)ethnozentrischen,


(2)polyzentrischen,


(3)und geozentrischen Ansatzes in der Gestaltung von internationalen Projekten.

2.2.5 Projekte in Nonprofit-Organisationen

Eine Nonprofit-Organisation (NPO, international bekannter als NGO, Non Governmental Organization) zielt nicht auf wirtschaftlichen Gewinn sondern gemeinnützige Ziele, z. B. soziale Fürsorge, Umweltschutz und Katastrophenhilfe, internationale Entwicklungszusammenarbeit, Gesellschaftspolitik und Kultur oder Bildung. Als eingetragener Verein (e. V.) oder Verband, gemeinnützige Unternehmen (z. B. gGmbH), Genossenschaft oder Stiftung dürfen erwirtschaftete Überschüsse nicht als Kapitalverzinsung an die Investoren/Inhaber zurückfließen sondern verbleiben in der Organisation. Der Erfolgsmaßstab des unternehmerischen Tuns wird also nicht im finanziellen Überschuss gesucht sondern in der Qualität der Leistung, der Einhaltung von Budgets oder dem Grad der Zufriedenheit der Stakeholder. Auch wenn die Diskussion um Unternehmensführung und Management in der Öffentlichkeit hauptsächlich am Beispiel privatwirtschaftlicher Unternehmen geführt wird muss man sich vor Augen halten, dass Nonprofit-Organisationen einen viel stärkeren Einfluss auf die Gesellschaft haben als allgemein angenommen wird.

Beispiel: NGO ist größter Arbeitgeber in Deutschland (Caritasverband)

Der größte Arbeitgeber in Deutschland ist der Deutsche Caritasverband mit rd. 590.000 Mitarbeitern in über 24.000 Einrichtungen mit zusammen noch einmal rd. 500.000 ehrenamtlich arbeitenden Freiwilligen. Im Vergleich ist dies weitaus größer als der größte deutsche Konzern Volkswagen einschließlich der chinesischen Tochtergesellschaften mit weltweit rd. 533.000 Mitarbeitern, davon sind in Deutschland nur rd. 237.000 Mitarbeiter beschäftigt (Zahlen beziehen sich auf das Geschäftsjahr 2012).

Auch NGOs müssen effizient geführt werden um ihren Auftrag i. S. der Spender, öffentlichen Zuschüsse oder Kooperationspartner angemessen qualitativ zu erfüllen. Entsprechend ist die Führung und Verwaltung der Organisationen in vielen Konzepten mit der Unternehmensführung bzw. dem Management privatwirtschaftlicher Unternehmen vergleichbar. Die Unterschiede liegen hauptsächlich in der Andersartigkeit der Erfolgsmaßstäbe (Qualität, Nutzen … anstatt Profit) und in einigen Besonderheiten in den Quasi-Abteilungsbereichen (z. B. im Marketing das Fundraising oder in der Personalabteilung die Führung und Beschäftigung von Ehrenamtlichen oder abgeordnete Mitarbeiter z. B. aus einer kirchlichen Ordensgemeinschaft).31)

Nonprofit-Organisationen und insb. international tätige arbeiten i. d. R. in Programmen und den dazugehörigen Projekten, entweder in ihrem zielbezogenen Aufgabenfeld (z. B. Wohnprojekte für Haftentlassene, Umweltschutzprojekte im Regenwald oder Katastrophenhilfe) oder in der betriebswirtschaftlichen Unterstützung (z. B. Fundraising, PR-Kampagnen).32) Manche NGOs bezeichnen sich selbst als Projekt oder Projektgesellschaft, da ihr Ziel die zeitliche Begrenzung durch den Auftrag ist, sie dafür mit einem Projektbudget arbeiten zusammen mit vielen Stakeholdern und Experten unterschiedlichster Fachbereiche und Regionen. Ihre Konzepte werden i. d. R. unter Einbeziehung verschiedener Qualifikationen der Projektbeteiligten entwickelt, umgesetzt und bewertet.

Besonderheiten im NGO Projektmanagement

Eine flexible Organisation ist für die vielfältige Art von den sich laufend verändernden Programmen und Projekten und insb. den wechselnden Zielländern/-regionen in der internationalen Entwicklungszusammenarbeit unbedingt notwendig. Denn zumeist handelt es sich um einmalige nicht vergleichbare Aufgaben (z. B. Katastrophenhilfe) oder erstmalige Aufgaben oder bisher von Unternehmen oder Staat nicht bearbeitete Aufgaben (z. B. Aufbauhilfe). Spezifische Besonderheiten bei NGOs im Projektmanagement sind hauptsächlich:33)


Vielfach Defizite bei Zielsystem und Stragieformulierung durch die schwierige Operationalisierbarkeit nicht-monetärer Ziele und damit verbundene Probleme der Erfolgsmessung. Ziele und Strategien für konkret abgegrenzte Projekte formulieren fällt NGOs leichter als für die gesamte Organisation.


Ehrenamtliche Mitarbeiter zu rekrutieren ist durch die zeitliche Befristung bei Projekten leichter, und auch feste Mitarbeiter sind durch Projektarbeit motivierter.


Im Marketing ist es leichter Spender/Sponsoren und öffentliche Förderung für konkrete Projekte zu erhalten, denn der Nutzen lässt sich einfacher darstellen als die gesamte Organisation.


Die Projektorganisation wirkt in der oft getrennten funktionalen Bereichsorganisation integrierend, auch in der Zusammenarbeit mit externen Partnern (z. B. Förderer, Netzwerk-Partner).


Projektmanagement ist geeignet der in NGOs typischen Tendenz zur Abwehr formaler Strukturen entgegen zu kommen.


Flache Hierarchien und Dezentralisierung prägen immer mehr die Entwicklung von Organisationen einhergehend mit einer geringeren dauerhaften Personalbindung. NGOs haben oft mit projektbezogenen Beschäftigungsverhältnissen eine gesellschaftliche Vorreiterrolle.


Die Tendenz zur Projektorganisation ist auch durch die kurzfristigen Finanzierungsformen zum Leistungsvertrag verstärkt. Öffentliche Auftraggeber oder Unternehmensspender stellen zunehmend auf die Finanzierung klar definierter Projekte um.

Mehr Stakeholder-Komplexität als in der Wirtschaft

 

Im Vergleich zur Privatwirtschaft muss entsprechend noch eine weitere Besonderheit herausgestellt werden, die auch gleichzeitig die Führung von NGOs und deren Projekte deutlich anspruchsvoller macht als eine vergleichbare Experten- oder Managementtätigkeit in der Wirtschaft. NGOs haben ein weitaus größeres Stakeholder-Spektrum. Würde man einen Wertschöpfungsprozess einer NGO betrachten ist schon beim Auftraggeber/Finanzierer die komplexere Vielfältigkeit mit oft unterschiedlichen und teilweise auch gegensätzlichen Zielen zu sehen. So kommt beispielsweise die Finanzierung als Mischfinanzierung aus unterschiedlichen öffentlichen Budgets (z. B. Bundesministerium, EU, Weltbank und African Development Bank), private Spender, Stiftungen und Unternehmen, Partner-Organisationen und Eigenmittel usw. Bei einer international tätigen NGO kommen zusätzlich die kulturellen Einflüsse von Gesetzen und Verhaltensnormen gleich mehrerer Länderkulturen hinzu. Gleiches gilt dann für die Programm- und Projektdurchführung sowie deren Erfolgsevaluation.

Aufgabe

Stakeholder’s conflicting interests

NGOs are having important and still increasing roles is global economics and businesses. World-wide experts estimate a total number of 4-5 million NGOs, and international working NGOs by 40.000. Their work is mostly organized in temporary programs and projects. SOCEO gGmbH, a non-profit consultancy in Bonn/Germany and Kolkata/India, is dealing in their projects with many stakeholders, cross-cultural activities and intercultural communication.


Auftrag:


(1)Give an overview on the spectrum of NGO action fields, e. g. human aid, disaster help … by mentioning a well-known international NGO for each field.


(2)Give a brief corporate profile of SOCEO gGmbH (see: www.SOCEO.de), and point out typical potential experiences/problems in intercultural communication in projects between Germany-India and Germany-DR Congo.


(3)On SOCEO webside you will find a program “SLDP” (Sustainable Livelihood Development Program), give a short overview on task, target group, and programme.


(4)Based on the above mentioned activities of SOCEO make a Stakeholder analysis (see chap. 4.3, Abb. 39) and identify conflicting interests.


Variation:


(5)In a plenary discussion think about ideas, solutions or strategies how SOCEO could deal with these conflicts of interest.

2.3 Unternehmensorganisation und Projektmanagement
2.3.1 Einführung in die Organisationstheorie

Unternehmen sind zielorientierte (Unternehmensziele), relativ dauerhafte sozio-technische Organisationssysteme (Kommunikationsstrukturen, Arbeitsabläufe . . .), die sich in Teilaufgaben differenzieren und sie gleichzeitig koordinieren.34) Dabei ist zu unterscheiden in formale Strukturen, die den Aufbau des Systems oder von Teilsystemen darstellen (Aufbauorganisation) und Prozesse, die den Ablauf von Aufgaben im Unternehmen beschreiben (Ablauforganisation). Diese Organisationsstrukturen können sich verändern, z. B. aufgrund von Reorganisationen. Auch gibt es in jeder Organisation informale Strukturen und Prozesse, z. B. unbewusste gruppendynamische Prozesse.

Beispiel: Der Rat des Jethro

. . . da aber sein Schwiegervater alles sah, was er mit dem Volke tat, sprach er: Was ist´s, das du tust mit dem Volk? Warum sitzest du allein, und alles Volk steht um dich her von Morgen an bis zum Abend? Moses antwortete ihm: Das Volk kommt zu mir, um Rat zu fragen. Denn wo sie was zu schaffen haben, kommen sie zu mir, dass ich richte zwischen einem jeglichen und seinem Nächsten, und zeige ihnen Gottes Rechte und seine Gesetze. Sein Schwiegervater sprach zu ihm: Es ist nicht gut, was du tust. Du machst dich müde, dazu das Volk auch, das mit dir ist. Das Geschäft ist dir zu schwer; du kannst´s allein nicht ausrichten. Aber gehorche meiner Stimme; ich will dir raten, und Gott wird mit dir sein. Pflege du des Volks vor Gott, und bringe die Geschäfte vor Gott, und stelle ihnen Rechte und Gesetze, dass du sie lehrest den Weg, darin sie wandeln, und die Werke, die sie tun sollen. Siehe dich aber um unter allem Volk und redlichen Leuten, die Gott fürchten, wahrhaftig und dem Geiz feind sind; die setze über sie, etliche über tausend, über hundert, über fünfzig und über zehn, dass sie das Volk allezeit richten; wo aber eine große Sache ist, dass sie dieselbe an dich bringen, und sie alle geringen Sachen richten. So wird dir´s leichter werden, und sie werden mit dir tragen. Wirst du das tun, so kannst du ausrichten, was dir Gott gebietet, und all dies Volk kann mit Frieden an seinen Ort kommen. Moses gehorchte seines Schwiegervaters Wort, und tat alles, was er sagte, und erwählte redliche Leute aus ganz Israel, und machte sie zu Häuptern über das Volk, etliche über tausend, über hundert, über fünfzig und über zehn, dass sie das Volk allezeit richteten; was aber schwere Sachen wären, zu Moses brächten, und die kleinen Sachen selber richteten . . . 35)

In dem Beispiel verhält sich Moses wie viele Unternehmensgründer und Manager, und insb. auch Projektmanager, sie wollen alles alleine entscheiden. Wenn aber Organisationen größer werden, werden auch Entscheidungsprozesse immer komplexer und langwieriger. Die Einmann-Führung wird durch das operative Tagesgeschäft überlastet und kann sich nicht auf die wichtigen strategischen Aufgaben der Unternehmensführung konzentrieren. Jethro hat deshalb Moses den auch heute noch klassischen Rat gegeben Aufgaben zu delegieren (Management by Delegation), die Hierarchie der Führungsstruktur aufzugliedern und Hierarchiestufen einzuführen.

Organisationen sind nicht nur vom rein sachlichen Unternehmenszweck (Produkte, Dienstleistungen) abhängig. Sie werden auch geprägt durch die Erwartungen und das Verhalten der Mitarbeiter und durch das Alter und die Geschichte der Organisation. Zusätzlich beeinflussen Branche und Märkte die Organisation, und es gibt konstitutionelle Rahmenbedingungen wie z. B. Rechtsvorschriften und Standortbedingungen. Aus der Vielzahl dieser Einflussvariablen ergibt es sich, dass es keine ideale Organisationsform für einen Unternehmenszweck gibt.

Entwicklungsstufen der Organisationstheorie


Klassische Organisationstheorie: Zu Anfang des 20. Jh. ging man davon aus, dass Effizienzsteigerungen menschlicher Arbeitsleistung nur durch wissenschaftlich-systematische Analyse der Arbeit und folglich technisch-rationale Arbeitsplanung möglich sind. Arbeiter wurden i. S. des Scientific Management (Taylorismus) mechanistisch betrachtet. Der Arbeiter (Homo oeconomicus) galt als manipulierbarer kostengünstiger Produktionsfaktor, der sich rein rational verhält und durch ökonomische Anreize motivierbar ist. Organisatorische Konsequenzen daraus waren das Management in klare Hierarchieebenen, Funktionen und Aufgaben (Planen, Organisieren, Motivieren, Kontrollieren) zu differenzieren und die Effizienz der Organisation im Mittelpunkt der Betrachtung zu ziehen.


Neoklassische Organisationstheorie: Mitte des 20. Jh. entstand das Menschenbild des Social Man: Mitarbeiter sind durch soziale Bedürfnisse motiviert, suchen Beziehungen zu anderen Menschen und soziale Anerkennung (Human Relations-Ansatz nach Mayo). Im Gegensatz zum Scientific Management wurde weniger von der Abhängigkeit der Arbeitsleistung durch die Variation physischer Arbeitsbedingungen ausgegangen, sondern von psychischen und sozialen Verhältnissen, die die Arbeitsleistung bestimmen. Organisatorische Konsequenzen waren der Aufbau und die Förderung von Gruppenarbeit, spezielle Anerkennung der Mitarbeiter durch den Manager und die Gruppe, und die Führungsinstrumente werden auch auf die Bedürfnisse nach Anerkennung, Zugehörigkeit und Identität ausgerichtet.


Moderne Organisationstheorie: Heute sieht man den Mitarbeiter als Complex Man mit individueller Persönlichkeit und Selbstverwirklichung suchend. Organisationen sind komplexe und interdisziplinäre Sozialgebilde mit entsprechend vielfältigen individuellen Ansprüchen und Wünschen der Mitarbeiter. Der Integrationsversuch der klassischen und neoklassischen Organisationstheorie kommt zum Ergebnis, dass es keine generell richtige Organisation geben kann. Im Unternehmen bedeutet das, dass z. B. Vorgesetzte die Arbeitssituationen analysieren müssen und die Mitarbeiter situativ nach deren individuellen Bedürfnissen sowie den Bedürfnissen der Organisation und des Marktes führen müssen.

In den letzten Jahren hat sich ein fundamentaler Paradigmenwechsel in der betriebswirtschaftlichen Theorie zur Organisationsgestaltung vollzogen. Das Hierarchieprinzip, an dem sich die herkömmlichen Organisationsstrukturen orientierten (siehe Kap. 2.3.2), wird nicht mehr allein von den Gewerkschaften, sondern auch immer mehr von Unternehmen selbst in Frage gestellt, als innovationshemmend und inflexibel kritisiert36) und neue Organisationsformen gefordert: Hierarchy came from the church; strategies, line staff distinctions, divisions and many other things from the military; bureaucracy from the state. Is it not time that the private corporation invested in something on its own?37)

ABB. 14: Veränderung in der Unternehmensorganisation38)


Bis in die 80er Jahre dominierte die Überzeugung, dass Wettbewerbsvorteile vornehmlich durch konsequente Ausnutzung der Vorteile der Massenproduktion und ihrer immanenten Standardisierung der Arbeitsprozesse erzielt werden. In den sich jetzt immer schneller verändernden Wettbewerbsbedingungen zielen die Unternehmen aber immer mehr auf Zeit-, Kosten- und Qualitätsvorteile im Wettbewerb. Hierdurch werden die herkömmlich an Hierarchien und Standardisierung orientierten Organisationsstrukturen immer mehr infrage gestellt:39)


Die Individualisierung in der Kundenorientierung führt u. a. zu weniger Routinetätigkeiten im Arbeitsprozess, zu mehr Innovationen und kürzeren Produktlebenszyklen. Damit fallen Effizienzvorteile der klassisch an Hierarchien ausgerichteten Organisationsstrukturen weg. Organisationen sollen in erster Linie nicht mehr Stabilität, sondern Dynamik im betrieblichen Wertschöpfungs- und Kommunikationsprozess gewährleisten.


Das deutlich höhere Qualifikationsniveau der Belegschaften und die zunehmende Teamarbeit erfordert für die Mitarbeiter mehr Eigenverantwortung und kürzere Entscheidungswege.


Die neuen ICT-Technologien ermöglichen es alle Mitarbeiter in die Entscheidungsfindung sofort einzubeziehen, Kosten einer zentralen Koordination durch die klassische Führungskraft fallen damit weg.

Neue Organisationsformen als Alternative zu traditionellen, hierarchie-geprägten Konzepten wie Linien-, Stabs- und Matrixorganisation stellen z. B. die Team-, Prozess- oder Netzwerk-Organisation dar.

 

2.3.2 Typische Organisationsformen

Zu den traditionellen Organisationstypen zählen die Linien- (Einlinienorganisation), Stablinien-, Mehrlinien- und Matrixorganisation. Neuere Organisationsformen sind z. B. die Divisionale Organisation, Projektorganisation, Virtuelle Organisation oder Fraktale Organisation sowie die vorgenannten Team-, Prozess- oder Netzwerk-Organisationen. In der Unternehmenspraxis sind Organisationen aber oft Mischformen, die im Laufe der Unternehmensentwicklung entstanden, z. B. eine Matrixorganisation mit Projekten oder eine divisionale Konzernstruktur mit jeweils verschiedenen Organisationsformen in den einzelnen Konzerngesellschaften.

Linienorganisation (Einlinienorganisation)

ABB. 15: Einlinienorganisation40)


Wichtige Merkmale der Linienorganisation (Abb. 15) sind das Prinzip der Einheit der Leitung, die Linie ist der Delegationsweg, das Denken und Handeln im Unternehmen ist auf Hierarchien ausgerichtet und die Leitungsfunktionen sind ohne Spezialisierung. Das hat z. B. eindeutige Kompetenzen und Verantwortungen, klare Anweisungen und Kommunikationswege zum Vorteil, die einfach koordiniert und kontrolliert werden können. So haben Mitarbeiter und Vorgesetzte einen relativ sicheren Verhaltensraum. Probleme entstehen häufig durch die Tendenz zu langen Kommunikations- und Entscheidungswegen und damit einer Tendenz zur Bürokratisierung, die Gefahr von Informationsfilterung sowie Inflexibilität bei Veränderungen.

Mehrlinienorganisation (Funktionale Organisation)

ABB. 16: Mehrlinienorganisation41)


Die Mehrlinienorganisation (Abb. 16) bietet die Möglichkeit der Spezialisierung durch Aufteilung der Leitungsfunktionen sowie Mehrfachunterstellung und -zuständigkeiten.

Dadurch kann eine fachkundige Entscheidungsvorbereitung entstehen, eine Entbürokratisierung durch kurze Kommunikationswege, größere Leitungskapazitäten sowie eine funktionale Autorität als psychologischer Vorteil (Fachkompetenz ist wichtiger als Hierarchie). Probleme liegen häufig in Kompetenzüberschreitungen, Unsicherheit für Vorgesetzte und Mitarbeiter, komplizierten Kommunikationsstrukturen, die Koordination und Kontrolle wird schwieriger und oft fehlt der Blick für übergeordnete Zusammenhänge durch Abteilungsegoismen.

Matrixorganisation

ABB. 17: Matrixorganisation42)


Die Matrixorganisation (Abb. 17) zeigt eine Spezialisierung nach Dimensionen (z. B. Produktbereichen, Betriebsfunktionen), eine Gleichberechtigung dieser Dimensionen, theoretisch kooperative Entscheidungen zwischen den Dimensionsleitungen und geregelte Kompetenzkreuzungen.

Die Vorteile liegen z. B. in sachgerechten Teamentscheidungen, in der übersichtlichen und klaren Koordination und der funktionalen Autorität. Nachteilig sind die aufwendigen Kompetenzabgrenzungen, der relativ hohe Kommunikations- und Abstimmungsbedarf, häufig für nachgeordnete Ebenen nicht nachvollziehbare Entscheidungsprozesse, die Gefahr fauler Kompromisse und eine oft fehlende eindeutige kommerzielle Ergebnisverantwortung der Dimensionsleiter.

Stab-Linienorganisation

ABB. 18: Stab-Linienorganisation43)


Eine Stab-Linienorganisation (Abb. 18) erweitert den Ansatz der Linienorganisation durch organisatorische Einheiten (z. B. Stellen oder Abteilungen), die einen hohen Spezialisierungsgrad aufweisen und zumeist beratende bzw. unterstützende Funktionen ohne eigene betriebliche Weisungskompetenz haben. Dadurch ist das Prinzip der einheitlichen Leitungskompetenzen gewahrt.

Vorteile sind z. B. die Einheit der Leitung trotz Spezialisierungen, eine fachliche Entscheidungsvorbereitung und damit Entlastung der Linieninstanzen. Als typische Probleme werden u. a. das Fehlen unternehmerischer Verantwortung verbunden mit der Tendenz zur Theorielastigkeit bzw. fehlender unternehmerischer Orientierung genannt sowie eine häufig entstehende Konkurrenz zwischen Stab und Linienabteilung.

Divisionale Organisation

ABB. 19: Divisionale Organisation (Metro AG, Stand 2014)


Die Tendenz einer relativ autonomen Profit Center-Orientierung für einzelne Geschäftsbereiche hat zum Unternehmen im Unternehmen geführt. Divisionale Strukturen finden sich häufig in größeren Unternehmen und insb. in Konzernen, z. B. in Mischkonzernen (siehe Abb. 19), die oft in Form einer Holding (zuständig für Konzernstrategie und Finanzmanagement) geführt werden. Darunter zeigen sich dann rechtlich weitgehend eigenständige Unternehmen, die in oft sehr unterschiedlichen Branchen (Sparten) tätig sind.

So sind unterschiedliche Geschäftsbereichsstrategien möglich. Die einzelnen Unternehmen können wirtschaftlich relativ flexibel und unabhängig in ihren Märkten agieren und die Unternehmensführung der Holding wird so entlastet. Häufig führt dies bei den Tochtergesellschaften aber zum Verlust der Konzernidentität und Möglichkeiten von Einspar- und Synergiepotenzialen werden eingeschränkt.

Virtuelle Organisation

ABB. 20: Kundenorientierte virtuelle Produktteams44)


Virtuelle Organisationsformen sind organisatorische Scheinstrukturen oder -prozesse parallel zur formal bestehenden Unternehmensorganisation (Abb. 20), die sich trotzdem unternehmerisch erfolgreich auswirken. Typische Beispiele sind unabhängige Call-Center, die für mehrere Unternehmen als gleichzeitiger Vertriebs- und Ansprechpartner tätig sind, aber Kunden gegenüber als Abteilung des Unternehmens auftreten. Merkmale: Keine standort-institutionalisierte Organisationsform, nur in der Ablauforganisation wirksam, keine dauerhaft feste Struktur, arbeiten an bereichsübergreifenden Aufgaben, Denken und Handeln in Prozessen, ergänzen bestehende Organisation, Mitarbeiter haben gleichzeitig einen Arbeitsplatz in einer formalen Organisationseinheit oder extern.

Die Vorteile virtueller Organisationen liegen in der besonderen Eignung für temporär begrenzte Aufgabenstellungen, sie ergänzen bestehende Organisationsstrukturen, in größeren Organisationen mit räumlichen oder regionalen Trennungen bleibt das Know-how erhalten, Spezialistenteams bilden unternehmensweites Know-how-Netzwerk, sie unterstützen flache Organisationen. Nachteile oder Probleme sind z. B. hierarchisch denkende Mitarbeiter oder Vorgesetzte, die durch verdeckte Widerstände Abläufe blockieren können. Virtuelle Organisationen erfordern ausgereifte und akzeptierte ICT-Technologien, ein hohes Maß an Kreativität, Lernfähigkeit und Eigeninitiative, um strukturlose Zusammenarbeit erfolgreich leisten zu können.

Hierarchiefreie Organisationskonzepte

Hierarchiefreie Organisationskonzepte sind nicht mit Konzepten des Lean Management (flache Hierarchien) gleichzusetzen, in denen letztlich Hierarchiebeziehungen (weniger mit mehr Verantwortung) bestehen bleiben. Hierarchiefreie Organisationen haben zum Ziel die einzelnen Mitarbeiter, Teams oder Unternehmenseinheiten zu mehr Eigeninitiative und -verantwortung anzuregen und zu eigenständiger Zusammenarbeit und Entscheidung in der Zusammenarbeit mit anderen Organisationseinheiten und Unternehmen zu befähigen.45)

Fraktale Organisation

Grundlage ist die fraktale Mathematik. Sie untersucht die in der Natur scheinbar asymetrischen und chaotischen Formen und fand Selbstähnlichkeiten (ähnliches Prinzip, aber nicht gleich) zwischen Haupt- (z. B. Baumstamm) und Teilfraktalen (Ast, Zweig, Blatt) heraus. Das Fraktal, als Objekt mit sich dynamisch ändernden Kleinmustern, ist eine unregelmäßige Form zwischen Ordnung und scheinbaren Chaos: Hauptprozesse (z. B. Entwicklung, Produktion, Vertrieb) gliedern sich jeweils in Unterprozesse (fraktale Elemente), die ähnlich organisiert sind, hauptsächlich durch Kommunikation und Zusammenarbeit der Mitarbeiter, Gruppen, Abteilungen und Bereiche gekennzeichnet, die autonom von den verantwortlichen Mitarbeitern, Gruppen usw. bearbeitet werden, indem sie Koppelstellen mit den jeweiligen Vor-/Nachprozessen vereinbaren (= interne Kundenbeziehung). Damit basiert die fraktale Organisation auf Selbstverantwortung (= Selbstorganisation der Mitarbeiter) und stellt einen Wandel von der klassischen funktionalen zur prozessorientierten Organisation dar, die sich individuell in Teilfraktalen (Arbeitsplatz, Gruppe . . .) dynamisch entwickeln können aufgrund autonomer Entscheidungen der Beteiligten (Mitarbeiter). Vorteile: Förderung der Selbständigkeit und Selbstverantwortung der Mitarbeiter, Kommunikation und Zusammenarbeit, abteilungsübergreifendes Denken, kostenintensive Führungsfunktionen können entfallen, geringer Koordinationsaufwand, Unterstützung kontinuierlicher Verbesserungen. Probleme: Erfordert ein hohes Maß Selbstverantwortung und Selbstmanagement der Mitarbeiter, Wegfall von Führungsfunktionen kann zu Widerständen der Betroffenen führen, erfordert ein sehr flexibles Arbeitszeitsystem. Erfolgreiche Versuche mit fraktaler Organisation kennt man u. a. von den Firmen HP und SAP.

Beispiel: Versuch einer fraktalen Organisation bei Alcan

Ansatzweise ist der Versuch zur fraktalen Organisation bei der Fa. Alcan (Automobilzulieferer, heute Tochtergesellschaft der US-amerikanischen FMG Group) in Nürnberg gestartet. In einem Pilotversuch wurde in der Abteilung zur Produktion von Dieselmotorkolben einem Team die Autonomie und Verantwortung für die gesamte Prozesskette übergeben. Aus den positiven Erfahrungen in dieser Abteilung wurden weitere Teams geschaffen, bis die gesamte Produktion durch diese Fraktale verantwortlich durchgeführt wurde.

Teamorganisation

Der Ansatz der Teamorganisation stammt aus den 1960er Jahren mit der gewerkschaftlichen Forderung nach mehr Handlungsspielräumen und weniger Arbeitsmonotonie für die Mitarbeiter (Humanisierung der Arbeit). In den 1990er Jahren erlebt sie durch die MIT-Studie,46) die die Produktivität japanischer Kfz-Hersteller vornehmlich mit der Verbreitung von Teamarbeit be­gründet, eine Renaissance.47) Hauptmerkmal der Teamorganisation ist es die Arbeitsaufgaben nicht wie bisher (z. B. durch Stellen- oder Arbeitsplatzbeschreibungen) auf den einzelnen Mitarbeiter zu differenzieren, sondern größere Arbeitszusammenhänge in Gruppenverantwortung zu übertragen. Dabei wird auch die klassische Führungsrolle (z. B. Meister, Gruppenleiter) aufgelöst und die Gruppe führt sich selbst (z. B. durch selbstgewählte Gruppensprecher oder Rotationssystem). Es handelt sich bei der Teamorganisation nicht um die Abschaffung der gesamten Unternehmenshierarchie, sondern nur um Teilstufen (Abb. 21). Bekannte Formen der Teamorganisation finden sich in der Praxis z. B. als Teilautonome Arbeitsgruppen, die in den Produktionsbereichen der Automobilindustrie sehr verbreitet sind.

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