Menschen, Göttern gleich (Roman)

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9



Die Gesellschaft dieser berühmten und ausgezeichneten Leute verlieh Mr. Barnstaple neuen Mut, und ganz besonders die Gesellschaft Stellas. Sie war aber auch wirklich beruhigend, sie brachte so viel von der lieben alten Welt mit und war offensichtlich bereit, die neue Welt bei der ersten besten Gelegenheit den Regeln der alten unterzuordnen. An ihr prallte ein großer Teil des Wunders und der Schönheit, die Mr. Barnstaple gänzlich zu überwältigen drohten, vollkommen ab. Das Zusammentreffen mit ihr und ihren Freunden war an und für sich für einen Mann in seiner Stellung ein zwar nicht sehr wichtiges, aber doch bemerkenswertes Erlebnis, das dazu beitrug, den erstaunlichen Abgrund zwischen dem Einerlei seines normalen Lebens und dieser atemberaubenden Atmosphäre Utopias zu überbrücken. Daß auch Lady Stella und Mr. Burleigh die leuchtende Pracht um ihn herum sehen und über sie sprechen konnten und daß Mr. Freddy Mush sie durch sein kritisches Monokel betrachten durfte, machte sie faßlich und degradierte sie – wenn man diesen Ausdruck in diesem Zusammenhang gebrauchen darf – zu vollkommener Glaubwürdigkeit. Sie wurde dadurch in eine Reihe mit Dingen gebracht, die in die Zeitungen kommen. Allein in Utopia, wäre Mr. Barnstaple so völlig verwirrt worden, daß er geistig zusammengebrochen wäre. Diese sich so unbeschwert benehmende gebräunte Gottheit, die eben jetzt mit Mr. Burleigh Fragen austauschte, wurde durch die Vermittlung dieses großen Mannes dem Geiste zugänglich.



Doch als Mr. Barnstaples Aufmerksamkeit von den Leuten, die in der Limousine gesessen waren, sich der so prächtig aussehenden Welt, in die er und jene gefallen waren, zuwandte, verschlug es ihm wieder fast den Atem. Was für eine Art von Lebewesen waren eigentlich diese Männer und Frauen einer Welt, in der, wie es schien, schädliches Unkraut aufgehört hatte zwischen Blumen zu wuchern, und wo Leoparden ohne jegliche katzenartige Bosheit mit freundlichen Augen die Vorübergehenden anguckten?



Es war seltsam, daß die zwei ersten Einwohner, die sie in dieser Welt der bezwungenen Natur gefunden hatten, anscheinend als Opfer eines gewagten Experiments tot dalagen. Noch seltsamer war es, daß die anderen beiden, die sich selbst Brüder des toten Mannes und Mädchens nannten, so wenig Kummer und Trauer angesichts der Tragödie verrieten. Es fiel Mr. Barnstaple auf, daß es keine rührende Szene, keinerlei Bestürzung oder Tränen gab. Sie waren offensichtlich viel mehr verwundert und interessiert, als erschreckt oder betrübt.



Der Utope, der in der Ruine zurückgeblieben war, hatte den Leichnam des Mädchens herausgeschafft, um ihn neben ihren Gefährten zu legen, und war dann, wie Mr. Barnstaple sah, zurückgekehrt, um die Trümmer des Experiments einer gründlichen Prüfung zu unterziehen.



Nun aber erschienen mehrere dieser Leute auf dem Schauplatz. Es gab Flugzeuge in dieser Welt; denn zwei kleine Maschinen, geräuschlos und schnell wie Schwalben im Flug, waren in den nahen Feldern gelandet. Die Straße entlang war ein Mann mit einer Maschine gekommen, die aussah wie ein zweirädriger Zweisitzer, die Räder hintereinander, nach Art eines Fahrrades. Sie war leichter und zierlicher als irgendein irdisches Automobil und war rätselhafterweise fähig, auf den beiden Rädern aufrecht stehenzubleiben. Ein schallendes Gelächter von der Straße her lenkte Mr. Barnstaples Aufmerksamkeit auf eine Gruppe dieser Utopen, die anscheinend etwas außerordentlich Komisches am Motor der Limousine entdeckt hatten. Die Mehrzahl dieser Leute war ebenso kärglich bekleidet und wunderschön gebaut wie die beiden toten Forscher, doch hatten einige große Strohhüte auf, und eine Frau, die dreißig oder mehr Jahre alt zu sein schien, trug ein weißes Kleid, das von einer grellroten Borte eingefaßt war. Sie sprach eben mit Mr. Burleigh.



Obwohl sie an die zwanzig Meter entfernt war, war ihre Stimme für Mr. Barnstaple deutlich vernehmbar.



»Wir wissen bis jetzt noch nicht einmal, was für ein Zusammenhang zwischen eurer Ankunft in unserer Welt und der Explosion bestehen könnte oder ob überhaupt irgendein Zusammenhang besteht. Wir müssen diese beiden Ereignisse erst untersuchen. Es wird das Vernünftigste sein, glauben wir, euch und eure ganze Habe nach einem passenden, nicht sehr weit von hier gelegenen Ort zu einer Besprechung zu bringen. Wir sorgen für Maschinen, die euch dorthin befördern sollen. Dann werdet ihr vielleicht etwas essen. Ich weiß nicht, ob ihr gewöhnt seid, zu essen?«



»Eine Erfrischung«, sagte Mr. Burleigh, dem dieser Gedanke gefiel, »eine kleine Erfrischung wird sicherlich willkommen sein. Wären wir nicht so Hals über Kopf aus unserer Welt in Ihre geraten, so hätten wir um diese Zeit gefrühstückt – und in bester Gesellschaft gefrühstückt.«



›Wunder und Lunch‹, dachte Mr. Barnstaple. Der Mensch ist ein Lebewesen, das essen muß, Wunder hin, Wunder her. Mr. Barnstaple merkte, daß er in der Tat schon Hunger verspürte und daß die Luft, die er einatmete, scharf und appetitanregend war.



Die Utopin schien von einer Idee, die ihr völlig neu war, erstaunt zu sein. »Eßt ihr mehrmals am Tage? Was für Sachen eßt ihr denn?«



»Oh, Vegetarianer sind wir nicht, das ist sicher!« rief Mr. Mush heftig protestierend und ließ sein Glas aus der Augenhöhle fallen.



Sie waren hungrig. Man sah es ihren Gesichtern an.



»Wir sind alle gewöhnt, mehrmals am Tage zu essen«, sagte Mr. Burleigh. »Es wird vielleicht gut sein, wenn ich Ihnen eine kurze Übersicht über unsere Ernährungsweise gebe. Vielleicht gibt es Unterschiede. Wir beginnen in der Regel mit einer einfachen Tasse Tee und einer ganz dünnen Butterbrotschnitte, die uns ans Bett gebracht werden. Dann kommt Frühstück …« Er kam schließlich zu einer meisterhaften Zusammenfassung seiner gastronomischen Tageseinteilung und schilderte klar und verlockend die Einzelheiten eines englischen Frühstücks: Eier, die viereinhalb Minuten gekocht werden müssen, weder länger noch kürzer, Lunch mit einem leichten Wein, Tee, der mehr eine gesellige Angelegenheit als eine ernste Mahlzeit ist, Dinner, mit allen Einzelheiten, und das gelegentlich eingenommene Souper. Es war eine jener klaren Darstellungen, wie sie das Unterhaus erfreut hätten, fließend, leicht, in heiterem Ton, aber dennoch mit einem Zug von Ernst. Die Utopin betrachtete ihn mit wachsendem Interesse. »Eßt ihr alle in dieser Art?« fragte sie.



Mr. Burleigh ließ seine Blicke über seine Gefährten wandern. »Ich weiß nicht, ob Mr. … Mr. …?«



»Barnstaple – jawohl, ich esse in ganz gleicher Art.«



Aus irgendeinem Grunde lächelte ihm die Utopenfrau zu.



Sie hatte sehr hübsche braune Augen, und obwohl er sie gern lächeln sah, wäre es ihm lieber gewesen, wenn sie ihm nicht in solcher Weise zugelächelt hätte, wie sie es tat.



»Und schlaft ihr?« fragte sie.



»Sechs bis zehn Stunden, je nach den Umständen«, sagte Mr. Burleigh.



»Und betreibt ihr Liebe?«



Diese Frage versetzte unsere Erdlinge in Verlegenheit und schockierte sie gewissermaßen. Was meinte sie damit? Für einen Augenblick wußte niemand eine Antwort. Seltsame Möglichkeiten jagten in wilder Hast durch Mr. Barnstaples Hirn.



Dann sprang Mr. Burleigh mit seiner feinen Klugheit und der Geistesgegenwart eines modernen Staatsmanns in die Bresche.



»Nicht gewohnheitsmäßig, kann ich Ihnen versichern«, sagte er, »nicht gewohnheitsmäßig.«



Die Frau mit dem rotgeränderten Kleid schien einen kurzen Augenblick zu überlegen. Dann lächelte sie schwach.



»Wir müssen euch irgendwohin bringen, wo wir über alle diese Dinge sprechen können«, sagte sie. »Wahrhaftig, ihr kommt aus einer anderen, seltsamen Welt. Unsere Gelehrten müssen mit euch zusammenkommen.«




10



Um halb elf am gleichen Morgen war Mr. Barnstaple mit seinem Auto die Hauptstraße durch Slough entlanggefahren, und jetzt um halb zwei flog er durch Wunderland und hatte seine eigene Welt schon halb vergessen.



»Herrlich«, wiederholte er immerfort, »herrlich! Ich wußte ja, daß ich angenehme Ferien haben würde, aber dies, dies …!«



Er war außerordentlich glücklich, erfüllt von dem klaren wolkenlosen Glück eines herrlichen Traums. Niemals hatte er früher die Freuden eines Entdeckers von Neuland gekostet, und nie zuvor hatte er gehofft, diese Freuden je kennenzulernen.



Erst vor einigen Wochen hatte er einen Artikel für den Liberal geschrieben, worin er das ›Ende des Zeitalters der Entdeckungen‹ beklagte, einen Artikel, so deprimierend und völlig sinnlos, daß er Mr. Peeve ganz besonders gefallen hatte. Die Erinnerung an diese Tat weckte nun bei Mr. Barnstaple leichte Gewissensbisse.



Das Häuflein Erdlinge war auf vier kleine Flugzeuge verteilt worden, und als Mr. Barnstaple mit seinem Gefährten, Pater Amerton, in die Luft aufstieg, blickte er zurück und sah, wie die Autos und das Gepäck mit erstaunlicher Leichtigkeit auf zwei leichtgebaute Loren verladen wurden. Jede Lore streckte ein Paar glitzernde Arme aus und hob ihr Auto hoch wie eine Amme ein Baby. Nach zeitgemäßen irdischen Sicherheitsbegriffen flog Mr. Barnstaples Flugzeug sehr niedrig. Es gab Augenblicke, da er eher zwischen den Bäumen als über ihnen dahinflog, und wenn dies auch zuerst etwas beunruhigend war, so gestattete es doch, die Landschaft genau zu betrachten. Im ersten Teil der Reise sah man gartenähnliches Weideland mit grasendem cremefarbenem Vieh und Flecken prächtig gefärbter Vegetation, deren Art Mr. Barnstaple nicht kannte. Durch diese Kulturen zogen sich schmale Wegspuren, die Fuß- oder Radspuren sein konnten. Hier und dort verlief eine von Blumen gesäumte und von Obstbäumen beschattete Straße.



Es gab wenig Häuser und gar keine Städte oder Dörfer. Die Größe der Häuser wechselte sehr stark, von kleinen einzelstehenden Bauten, die Mr. Barnstaple für vornehme Sommer-Villen oder kleine Tempel hielt, bis zu Gruppen von Dächern und Türmchen, die ihn an ländliche Herrensitze erinnerten oder den Eindruck von ausgedehnten landwirtschaftlichen oder Meierei-Anlagen machten. Hier und da arbeiteten Leute auf den Feldern oder bewegten sich hin und her zu Fuß oder auf Maschinen; aber der Gesamteindruck war der eines sehr dünn besiedelten Landes.

 



Augenscheinlich waren sie im Begriffe, die Kette der Schneeberge zu überqueren, die so plötzlich das von weitem sichtbare Windsor Castle aus dem Landschaftsbild ausgelöscht hatten.



Als sie sich den Bergen näherten, traten anstelle des Grüns der Weideplätze breite Streifen goldenen Getreidelandes, und dann wurden die Pflanzungen abwechslungsreicher. Barnstaple bemerkte unverkennbare Weingärten auf sonnigen Hängen, und die Zahl der Arbeiter, die er sah, sowie der Wohnstätten vervielfältigte sich. Das kleine Flugzeuggeschwader flog ein breites Tal aufwärts, einem Paß zu, so daß Mr. Barnstaple die Gebirgslandschaft genau betrachten konnte. Es kamen Kastanienwälder und zuletzt Nadelholz. Zyklopische Turbinen quer über den Gebirgsströmen und lange niedrige Gebäude mit vielen Fenstern, die anscheinend industriellen Zwecken dienten, waren zu sehen. Eine geschickt gebaute Straße stieg mit kühnen, leichten und schönen Viadukten den Paß hinan. Im Hochland, dachte er, gibt es mehr Leute als in der Ebene unten, wenn auch immer noch bedeutend weniger, als er in irgendeinem mit diesem vergleichbaren Landstrich auf Erden je gesehen hatte.



Es kamen noch zehn Minuten felsiger Einöde mit den Schneefeldern eines großen Gletschers auf der einen Seite, bevor sie in das Hochtal zum Versammlungsplatz niederstiegen, wo sie nach kurzer Zeit landeten. Dort bildete das Gebirge eine Mulde, die durch Mauerwerk terrassenförmig abgestuft worden war; so kühn war dieser Bau, daß er ein Teil des Berggesteins selber zu sein schien. Der Platz war gegen einen weiten, künstlichen See zu offen, der durch einen mächtigen Damm vor dem Unterlauf im Tale zurückgehalten wurde. Den Damm entlang standen in Zwischenräumen große Steinpfeiler, die vage an sitzende Gestalten erinnerten. Mr. Barnstaple erblickte jenseits eine weite Fläche, die ihn an die Po-Ebene erinnerte; doch dann, als sich das Flugzeug herabsenkte, verbarg die vor ihm aufsteigende gerade Linie des Dammes den weiteren Ausblick.



Auf diesen Terrassen, und besonders auf den tieferliegenden, standen dichte Gruppen von Gebäuden, die wie Blumen aussahen, und Fußwege, Stufen und Teiche erweckten den Eindruck, als ob der ganze Platz ein Garten sei.



Die Flugzeuge landeten glatt auf einer rasigen Fläche. In nächster Nähe war ein reizender Pavillon, der von den Gestaden des Sees ins Wasser hinausragte und einer kleinen buntfarbigen Flotte Gelegenheit zum Festmachen bot …



Es war Pater Amerton, der Mr. Barnstaple auf das Fehlen von Ortschaften aufmerksam gemacht hatte. Er bemerkte jetzt, daß keine Kirche zu sehen sei und daß sie nirgends Kirchtürme oder Glockentürme wahrgenommen hätten. Aber Mr. Barnstaple hielt einige kleinere Gebäude für Tempel oder heilige Stätten. »Die Religion dürfte hier andere Formen angenommen haben«, sagte er.



»Und wie wenig Säuglinge oder kleine Kinder zu sehen sind«, bemerkte Pater Amerton. »Ich habe nirgends eine Mutter mit ihrem Kind entdeckt.«



»Auf der anderen Seite des Gebirges war ein Platz, der aussah wie der Spielplatz einer großen Schule. Dort gab es Kinder und ein oder zwei ältere in Weiß gekleidete Leute.«



»Ich sah ihn, aber ich dachte an Säuglinge. Vergleichen Sie das mit dem, was man in Italien sehen würde.«



»Die schönsten und begehrenswertesten jungen Frauen«, ergänzte der geistliche Herr, »höchst begehrenswerte – und kein Zeichen von Mutterschaft!«



Ihr Flieger, ein sonnengebräunter Blonder mit sehr blauen Augen, half ihnen aus seiner Maschine, und sie beobachteten nun den Abstieg der anderen Mitglieder ihrer Gesellschaft. Mr. Barnstaple war erstaunt, wie ungeheuer schnell er sich an Farben und Harmonie dieser neuen Welt gewöhnt hatte; die merkwürdigsten Erscheinungen in dem ganzen Schauspiel waren für ihn nun die Gestalten und die Kleidung seiner Genossen. Mr. Rupert Catskill mit seinem berühmten grauen Zylinder, Mr. Mush mit seinem abgeschmackten Monokel, die seltsame hagere Länge von Mr. Burleigh und die vierschrötige Gestalt seines in braunes Leder gekleideten Chauffeurs erschienen Barnstaple noch viel unglaubwürdiger als die anmutigen Formen Utopias rings um ihn.



Das Interesse und die belustigte Miene des Fliegers verstärkten in Mr. Barnstaple den Eindruck von dem seltsamen Aussehen seiner Gefährten. Dann aber fühlte er tiefen Zweifel in sich aufsteigen.



»Ich nehme an, das ist wirklich real«, sagte er zu Pater Amerton.



»Wirklich real! Was sollte es denn sonst sein?«



»Ich meine, das alles ist kein Traum.«



»Ist es wahrscheinlich, daß Ihre Träume und die meinigen übereinstimmen?«



»ja, aber es gibt da ganz unmögliche Sachen – absolut unmögliche Sachen!«



»Zum Beispiel?«



»Nun, wie kommt es, daß diese Leute Englisch mit uns sprechen – modernes Englisch?«



»Daran habe ich noch gar nicht gedacht. Es ist tatsächlich eher unglaublich. Sie sprachen doch nicht Englisch untereinander.«



Mr. Barnstaple starrte Pater Amerton mit großen erstaunten Augen an, betroffen durch eine noch viel unglaublichere Tatsache, die ihm eben jetzt erst zu Bewußtsein kam.



»Sie sprechen in überhaupt keiner Sprache miteinander«, sagte er. »Und wir haben das bis zu diesem Augenblick gar nicht bemerkt.«




IV Der Schatten Einsteins fällt auf die Geschichte, streift sie aber nur




11



Mit Ausnahme der einen überraschenden Tatsache, daß alle Utopen die englische Sprache offenbar vollständig beherrschten, fand Mr. Barnstaple, daß sich seine Sicht dieser neuen Welt mit einer Folgerichtigkeit entwickelte, wie sie seiner bisherigen Erfahrung nach kein Traum je besessen hatte. Alles war so zusammenhängend, so geordnet, daß er immer weniger den Eindruck einer gänzlich fremdartigen Welt hatte, sondern vielmehr ein Gefühl wie bei der Ankunft in einem fremden, aber hochzivilisierten Land.



Unter Leitung der braunäugigen Frau in dem scharlachgeränderten Gewand wurden die Erdlinge in der denkbar gastlichsten und bequemsten Weise in Quartieren nahe dem Versammlungsort untergebracht. Fünf oder sechs Jünglinge und Mädchen bemühten sich darum, die Fremdlinge in die kleinen Einzelheiten utopischer Häuslichkeit einzuweihen. Die Gebäude, in die sie einquartiert waren, besaßen jedes ein angenehmes kleines Ankleidezimmer, und das Bett, das Bezüge von feinstem Leinen und eine sehr leichte, mollige Bettdecke hatte, stand in einer offenen Loggia – ›Zu offen‹, dachte Lady Stella, aber, wie sie sagte: »Man fühlt sich hier so sicher.« Das Gepäck erschien; jeder identifizierte seinen Koffer, als ob man auf irgendeinem gastlichen Herrensitz auf Erden wäre.



Aber Lady Stella mußte zwei fast allzu freundliche Jünglinge erst aus ihrem Gemach hinausweisen, bevor sie ihren Kleiderkoffer öffnen und sich zurechtmachen konnte.



Einige Minuten später wurde durch den Ausbruch eines wilden Gelächters und den Lärm eines freundschaftlichen, aber hysterischen Streites, der aus Lady Stellas Zimmer erscholl, einige Aufregung verursacht. Das Mädchen, das bei ihr zurückgeblieben war, hatte echt weibliches Interesse für ihre Ausstattung gezeigt und war auf ein besonders reizendes und durchsichtiges Schlafgewand gestoßen. Aus irgendeiner unerklärlichen Ursache amüsierte sich die junge Utopin herrlich über diese diskrete Köstlichkeit, und es fiel Lady Stella schwer, sie davon abzubringen, das Gewand anzulegen und hinauszutanzen, um sich öffentlich damit zu zeigen. »Dann müssen Sie es anziehen«, drängte das Mädchen.



»Aber Sie verstehen das nicht«, schrie Lady Stella, »das ist etwas fast – Heiliges! Das kann niemand sehen – niemals!«



»Aber warum nicht?« fragte die Utopin, über alle Maßen erstaunt.



Lady Stella fand eine Antwort darauf unmöglich.



Das leichte Mahl, das nun folgte, war für irdische Begriffe vollständig zufriedenstellend. Die Besorgnis Freddy Mushs hatte sich ganz und gar gelegt: Es gab kaltes Huhn, Schinken und eine sehr leckere Fleischpastete. Es gab auch ziemlich grobkörniges, aber sehr schmackhaftes Brot, reine Butter, einen ausgezeichneten Salat, Obst, Käse à la Gruyere und einen leichten Weißwein, dem Mr. Burleigh die Anerkennung zollte: »Ein Mosel könnte nicht besser sein.«



»Findet ihr unsere Nahrung der euren ähnlich?« fragte die Frau mit dem rotgeränderten Gewand.



»Exquisit!« sagte Mr. Mush mit ziemlich vollem Mund.



»Die Ernährungsweise hat sich in den letzten dreitausend Jahren sehr wenig verändert. Welche Nahrungsmittel die besten sind, hatte man schon lange vor dem letzten Zeitalter der Verwirrung herausgefunden.«



›Es ist zu echt, um wahr zu sein‹, wiederholte fortwährend Mr. Barnstaple zu sich selbst, ›es ist zu echt, um wahr zu sein.‹



Er blickte seine Begleiter freudig erregt, interessiert und mit Genuß essend an.



Wenn es nicht so widersinnig gewesen wäre, daß diese Utopen mit einer Deutlichkeit, die sich wie mit einem Hammer in seinem Kopf einprä

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