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Ein einfaltig Herz

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Ein wichtiges Ereignis geschah: Paul heiratete.

Zuerst war er Kanzlist bei einem Notar gewesen, dann Handlungsgehilfe, dann Zollbeamter, dann bei der Steuer, und sogar bei der Forst- und Wasserverwaltung hatte er sich zu betätigen versucht; da entdeckte er mit einem Male durch eine Eingebung des Himmels seinen Beruf: die Registratur. Hierzu offenbarte er so hohe Fähigkeiten, daß ein Registratur ihm seine Gönnerschaft zugleich mit seiner Tochter anbot.

Paul, der ein gesetzter Mann geworden war, führte sie seiner Mutter zu. Die Braut machte sich über das Tun und Treiben zu Pont-l'Évêque lustig, spielte die Prinzessin und kränkte Felicitas. Bei ihrer Wiederabreise atmete Frau Aubain auf.

In der Woche darauf ward der Tod des Herrn Bourais bekannt, der in der Nieder-Bretagne in einem Gasthofe erfolgt war. Das Gerücht, er habe Selbstmord verübt, bestätigte sich, und es erhoben sich Zweifel an seiner Rechtschaffenheit. Frau Aubain prüfte ihre Abrechnungen nach und kam alsbald hinter eine Reihe von Schändlichkeiten: Zinsenunterschlagungen, heimliche Holzverkäufe, gefälschte Quittungen usw. Überdies hatte er ein uneheliches Kind und »ein Verhältnis mit einem Frauenzimmer« in Dozulé.

Diese Gemeinheiten betrübten sie tief. Im März 1853 wurde sie von Brustschmerzen befallen. Ihre Zunge war wie mit Rauch belegt. Blutegel hoben die Beschwerden nicht, und am neunten Abend verschied sie, genau zweiundsiebzig Jahre alt.

Für so betagt hatte man sie nicht gehalten wegen ihres braunen Haares, das gescheitelt ihr blasses pockennarbiges Gesicht umrahmte. Nur wenige Freunde trauerten ihr nach, weil ihr Benehmen so hochmütig gewesen, daß man ihr ferngeblieben war.

Felicitas beweinte sie, wie keine Herrschaft beweint wird. Daß die gnädige Frau das Zeitliche vor ihr gesegnet hatte, wollte ihr gar nicht in den Kopf. Das dünkte sie wider die Ordnung der Dinge, unzulässig, ungeheuerlich.

Zehn Tage darauf – so lange braucht man von Besançon nach Pont-l'Évêque – trafen die Erben ein. Die Schwiegertochter durchstöberte alle Schubkästen, wählte Möbelstücke aus, verkaufte die andern. Dann fuhren sie nach dem Orte der Registratur zurück.

Der Großvaterstuhl der gnädigen Frau, ihr Nähtisch, ihr Fußwärmer, die acht Stühle waren weg! Die Stellen, wo die Stiche gehangen, hoben sich als gelbe Vierecke an den Wänden ab. Die beiden Bettstellen samt den Matratzen waren mitgenommen worden, und im Wandschränke war von allen den Sachen Virginias nichts mehr zu erblicken! Felicitas lief, trunken vor Trübsal, von einem Stock in den andern.

Anderntags klebte an der Haustür ein Anschlag. Der Apotheker schrie ihr ins Ohr, das Haus sei zu verkaufen.

Sie taumelte und mußte sich setzen.

Was sie hauptsächlich trostlos machte, war der Gedanke, daß sie nun wohl ihre Kammer verlassen mußte, in der sich der liebe Lulu so wohl fühlte. Den Blick voller Herzensnot auf ihn geheftet, flehte sie den Heiligen Geist an und gewöhnte sich fortan wie eine Götzendienerin, ihre Gebete kniend vor dem Papagei herzusagen. Manchmal traf die Sonne, die durch die Luke eindrang, sein Glasauge und entlockten ihm einen sprühenden Strahl, der sie in Verzückung versetzte.

Ihre Herrin hatte ihr ein Jahresgeld von einhundertfünfundzwanzig Talern vermacht. Der Garten lieferte ihr Gemüse. An Kleidern hatte sie so viel, daß es wohl bis an ihr Lebensende langte, und Beleuchtung brauchte sie nicht, da sie zu Bett ging, sobald es dunkel ward.

Sie ging ganz selten aus, um nicht am Laden des Trödlere vorbei zu müssen, wo etliche der alten Möbel feilstanden. Seit ihrem Schwindelanfall hinkte sie auf einem Beine. Und als ihre Kräfte abnahmen, kam die alte Simon, die ihr Vermögen bei ihrem Kolonialwarenhandel eingebüßt hatte, jeden Morgen, um ihr Holz zu spalten und Wasser zu plumpen.

Ihre Augen wurden schwach. Die Holzläden blieben geschlossen. Und so ging Jahr auf Jahr dahin. Das Haus fand weder einen Mieter noch einen Käufer.

Aus Furcht; man könne sie hinaussetzen, verlangte Felicitas keine Ausbesserung. Die Latten des Dachstuhles faulten. Einen ganzen Winter hindurch tropfte es alle Tage auf ihr Lager. Nach Ostern bekam sie Blutspucken.

Da holte die alte Simon den Doktor. Felicitas wollte wissen, was ihr fehle. Aber, schwerhörig wie sie war, verstand sie bloß das eine einzige Wort: »Lungenentzündung.« Das war ihr bekannt, und so erwiderte sie leise:

»Aha! Wie die gnädige Frau!«

Sie fand es in der Ordnung, daß sie hierin ihrer Herrschaft Folge leistete.

Die Zeit der Ruhe-Altäre kam heran.

Der erste Altar stand immer am Fuße des Hügels; der zweite vor der Post; der dritte ungefähr in der Mitte der Hauptstraße. Wegen dieses letzteren kam es zu Streiterei, und die Frauen der Gemeinde wählten schließlich den Aubainschen Hof.

Atemnot und Fieber nahmen zu. Felicitas grämte sich, daß sie nicht auch etwas für den Altar tun konnte. Wenn sie nur wenigstens etwas daraufzustellen hätte! Da dachte sie an den Papagei. Das sei nicht angängig, wandten die Nachbarinnen ein. Aber der Herr Pfarrer gab die Erlaubnis. Darüber war sie so glücklich, daß sie ihn bat, wenn sie tot wäre, Lulu, ihren einzigen Schatz, anzunehmen.

Vom Dienstag bis zum Sonnabend, den Tag vor Fronleichnam, hustete sie immer mehr. Am Abend war ihr Gesicht zusammengeschrumpft; die Lippen klebten ihr am Zahnfleisch. Sie erbrach mehrere Male, und am anderen Morgen, ganz in der Frühe, ließ sie einen Geistlichen holen.

Während der letzten Ölung weilten drei Frauen bei ihr. Darauf erklärte sie, sie müsse mit Fabu sprechen.

Er kam im Sonntagsstaate, und in der dumpfen Luft war ihm unbehaglich.

»Vergebt mir!« flüsterte sie und bemühte sich, den Arm auszustrecken. »Ich habe geglaubt, Ihr hättet ihn umgebracht.«

Was sollte dies Geschwätz bedeuten? Daß man ihn im Verdacht eines Mordes gehabt, einen Mann wie ihn! Er war entrüstet und wollte Lärm schlagen.

»Sie ist nicht mehr bei Sinnen! Das seht Ihr doch!«

Von Zeit zu Zeit redete Felicitas mit Erscheinungen. Die alten Weiber entfernten sich. Die Simon frühstückte.

Eine Weile später nahm sie Lulu und hielt ihn Felicitas hin.

»Da! Nehmt Abschied von ihm!«

Obwohl er einbalsamiert war, zerfraßen ihn doch die Würmer. Ein Flügel war gebrochen. Das Werg quoll ihm aus dem Leibe. Blind, wie sie nun war, küßte sie ihn doch auf die Stirn und drückte ihn an ihre Wange. Die alte Simon nahm ihn dann wieder und trug ihn auf den Altar.

Kapitel 5

Das Gras strömte Sonnenduft aus. Fliegen summten. Die Sonne glitzerte auf dem Fluß und erhitzte die Schieferplatten. Mutter Simon war in die Stube zurückgekommen und schlief sachte ein.

Glockengeläut weckte sie auf; man kam aus der Vesper. Felicitas hatte geringeres Fieber. Sie dachte an die Prozession und sah sie vor sich, als sei sie mit im Zuge.

Alle Schulkinder, die Sänger und die Feuerwehrleute gingen auf dem Bürgersteig. In der Mitte der Straße aber schritten zunächst: der Schweizer mit seiner Hellebarde, der Küster mit einem großen Kreuz, der Lehrer, der die Knaben zu überwachen hatte, die Nonne, die sich um ihre kleinen Mädchen sorgte; drei der kleinsten waren als Engel aufgeputzt und streuten Rosenblätter. Der Diakon gebot mit ausgestreckten Armen der Musik, leiser zu spielen, und zwei Knaben mit Weihrauchfässern wendeten sich bei jedem Schritte dem Allerheiligsten zu, das der Herr Pfarrer in seinem schönen Meßgewand in den Händen trug, während vier Kirchenvorsteher den Himmel aus feuerrotem Sammet über ihm hielten. Ein Strom von Menschen drängte nach, zwischen den weißen Tüchern, womit die Mauern der Häuser behängt waren, und so kam man am Fuße des Hügels an.

Kalter Schweiß perlte auf Felicitas' Schläfen. Mutter Simon trocknete sie mit einem Leinentuch ab, wobei sie sich sagte, daß sie einmal dasselbe werde durchmachen müssen.

Das Gemurmel der Menge wurde lauter einen Augenblick war es sehr stark; dann verhallte es.

Eine Gewehrsalve erschütterte die Scheiben. Das waren die Postkutscher, die die Monstranz grüßten. Felicitas rollte die Augen und sagte so leise wie sie nur konnte:

»Steht er gut?«

Sie war in Sorge um den Papagei.

Ihr Todeskampf begann. Ein Röcheln, das immer schneller ward, hob ihr die Seiten. Schaumblasen traten aus ihren Mundwinkeln hervor, und ihr ganzer Leib zitterte.

Alsbald unterschied man das Dröhnen der Posaunen, die hellen Stimmen der Kinder, die tiefen der Männer. In bestimmten Zwischenräumen war alles still, und das Geräusch der Tritte auf den Blumen, die sie dämpften, klang wie das Getrappel einer Herde im Gras.

Die Geistlichkeit trat in den Hof. Die alte Simon kletterte auf einen Stuhl, um das. runde Guckloch zu erreichen und überblickte so die Station.

Grüne Girlanden hingen über den mit einer Maschinenspitze geschmückten Altar. In der Mitte stand ein kleiner Rahmen, der Reliquien enthielt, an den Ecken zwei Orangenbäume und längshin silberne Leuchter und Porzellanvasen mit hohen Sträußen von Sonnenblumen, Lilien, Pfingstrosen, Fingerhut und Hortensiadolden. Dieser Berg von leuchtenden Farben fiel vom ersten Absatz bis zum Teppich schräg ab und setzte sich auf dem Pflaster fort. Und allerlei seltsame Dinge zogen die Blicke auf sich. Eine vergoldete Zuckerdose war mit Veilchen umkränzt; Ohrgehänge aus Alençon-Kuarz glänzten auf Moos; zwei chinesische Schirme zeigten ihre Landschaften. Lulu war unter Rosen versteckt und ließ nur seine blaue Stirn sehen, die wie ein Stück Lapislazuli schimmerte.

Der Kirchenvorsteher, die Sänger, die Kinder nahmen an den drei Seiten des Hofes Aufstellung. Der Priester schritt langsam die Stufen empor und stellte seine große strahlende Goldsonne auf die Spitzendecke. Alles kniete nieder. Tiefste Stille trat ein. Und die Weihrauchfässer klirrten im vollen Schwunge leise an ihren Ketten.

Blauer Rauch ringelte sich in Felicitas' Kammer. Sie weitete die Nasenflügel und sog ihn in verzückter Wollust ein. Dann schloß sie die Lider. Ihre Lippen lächelten. Ihre Herzschläge wurden mit jedem Male langsamer, weicher, leiser, wie ein verrinnender Quell, wie verklingendes Echo; und als sie ihren letzten Atemzug tat, wähnte sie im eröffneten Himmel sich zu Häupten einen riesigen Papagei schweben zu sehen.

 
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