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Nach Amerika! Ein Volksbuch. Vierter Band

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»Ich auch lieber Maulbeere, ich auch, aber was wollen wir machen?« lächelte Eltrich, »Hunger thut weh und ehrliche Arbeit schändet hier nicht, das ist schon ein ungeheuerer Vortheil dieses freien Landes – andere habe ich allerdings noch keine Gelegenheit gehabt kennen zu lernen.«

»Es ist eine kleine, aber doch immer eine Empfehlung,« sagte Maulbeere achselzuckend, »und ungefähr so, als ob ich Jemanden in's Wasser werfe, und erlaube ihm dann das Maul zuzumachen und zu schwimmen – und dafür 35 Thaler Gold Passage – kommt mir beinah ein wenig theuer vor – haben Sie die Fässer Pech – oder ist das etwa gar Kolophonium? auch mit heraufgewälzt?«

»Ja,« lachte Eltrich.

»Stoffverschwendung,« murmelte Maulbeere zwischen den Zähnen durch, und setzte dann lauter hinzu, »nein, zu solcher Arbeit möchte ich mich doch nicht verstehen; werde wenigstens suchen mich so lange davor zu bewahren als möglich. Meine Absicht ist hier in Amerika, so bald sich eine schickliche Gelegenheit dazu bietet, meinen Händen wie meinem linken Hinterbein, das nun so lange Jahre hat das Rad treten müssen, Ruhe zu gönnen, und mit dem Geist zu arbeiten.«

»Aber wie wollen Sie das anfangen Herr Maulbeere?«

»Daran arbeitet mein Geist eben noch,« sagte der Scheerenschleifer etwas geheimnißvoll, »der passende Zeitpunkt ist auch noch nicht gekommen – sollte er nahen werde ich ihn nicht versäumen.« —

»Hallo boys – hier, macht daß die Sachen hinaufkommen!« unterbrach da eine Stimme vom Flatboot herauf, die Unterhaltung der beiden Reisegefährten – »die Karren kommen da oben schon wieder zurück und wollen Ladung haben.«

»Ich muß fort Herr Maulbeere,« rief Eltrich rasch, dem Mann die Hand entgegenstreckend, sie aber wieder zurückziehend – »ich mache Sie schmutzig,« setzte er, dabei leicht erröthend, hinzu.

»Ich wasche mich wieder,« sagte Maulbeere, ohne eine Miene zu verziehn, nahm die nochmals dargebotene Hand, schüttelte sie weit wärmer als das sonst seine Gewohnheit war, und blieb dann, während Eltrich wieder nach dem Boot hinuntersprang, noch eine Weile oben auf der Levée, die heiß niederbrennende Sonne nicht weiter beachtend, halten, zuzusehn wie sein Reisegefährte arbeite. Eltrich war dabei vielleicht der Einzige von den Zwischendeckspassagieren gewesen, mit dem er nie ein unfreundliches Wort gehabt, der ihn nie verspottet oder geärgert; Einer der Wenigen, dem, wie seiner Frau, man es auf den ersten Blick ansah, daß sie einst in besseren Verhältnissen und größeren Bequemlichkeiten gelebt, während sie sich doch alle Beide nie, auch über die größten Unannehmlichkeiten nicht, weder über Kost noch Raum beklagten. Das besonders hatte ihnen die Achtung dieses wunderlichen Zwitterdings von Thier und Mensch, des Scheerenschleifers, gewonnen, und wenn dieses Herz überhaupt einer solchen Regung fähig gewesen wäre, würde er den jungen Mann, der sich mit seinem schmächtigen Körper jetzt gegen ein ziemlich dreihundert Pfund schweres Porkfaß legte, und es mit triefender Stirn den Hang hinaufarbeitete, bemitleidet, ja ihm vielleicht irgend eine Hülfe angeboten haben, er hätte von vornherein überzeugt sein können daß sie Eltrich nicht annahm. Maulbeere wollte etwas derartiges aber auch nicht einmal riskiren, und nur nach einer Weile auf das Entschiedenste mit dem Kopfe schüttelnd, drehte er sich um, hakte sein Tragband wieder ein, und fuhr in seinem gewöhnlichen schwankenden Gang die Levée hinauf, der Dampfbootlandung zu.

Über den freien, vor dieser Landung liegenden Platz, schritt ein Mann mit einer Frau. Der Mann trug einen Jagdranzen über der Schulter, die Frau ein, in ein rothes Tuch eingeknüpftes Bündel in der Hand, aber den Kopf blos dabei, die Haare wirr und ungemacht, und nur mit einem schwarzsammetnen Stirnband zusammengebunden, das vorn eine kleine unächte emaillirte Broche trug. Ohrringe und Halskette waren von demselben Metall, paßten aber wie das in grellbunten Farben prangende seidene Tuch, das sie um den Hals trug, schlecht zu den bleichen Wangen, den hohl liegenden stieren Augen, und die Leute die ihnen begegneten, und nicht gerade zu viel mit sich selber zu thun hatten, noch auf irgend etwas anderes zu achten, blieben stehn und schauten der wunderlichen, ja fast unheimlichen Gestalt nach, die wankenden Ganges neben dem Mann hinschritt, mit den Händen dabei focht, und einzelne unzusammenhängende Worte ausstieß.

»Sei jetzt vernünftig Jule!« flüsterte ihr da der Mann, ihren Arm zu gleicher Zeit fassend daß sie vor Schmerz einen leisen Schrei ausstieß, zu – »zum Donnerwetter noch einmal, alle Menschen, die uns begegnen, stieren uns an, und halten Dich am Ende noch für verrückt. Laß doch zum Teufel die Arme ruhig, was hast Du denn damit in einem fort in der Luft herumzufahren? Wenn Du mir nicht unterwegs wieder vernünftig wirst, weiß ich wahrhaftig gar nicht was ich mit Dir anfangen soll.«

»Unterwegs? – ja – das ist gut,« sagte die Frau, leise vor sich hinlachend, »unterwegs – wenn wir nur erst unterwegs wären – ich sehne mich danach.«

»Na dann geh auch ordentlich zu, und betrage Dich nicht so albern,« brummte der Mann, »sieh' das Boot raucht schon, wir müssen machen daß wir hinunter kommen.«

»Herr Gott!« rief die Frau da, plötzlich stehen bleibend, und sich mit der linken Hand wild über die Stirn streichend, »wir haben – wir haben etwas zu Haus vergessen!«

»Vergessen?« sagte der Mann, sie fragend anschauend, »na was ist nun wieder los – die Brieftasche? – nein die habe ich hier, und das Geld ist auch da – was hast Du denn vergessen?«

»Die Kinder,« flüsterte die Frau, und ergriff heftig seinen Arm, der Mann aber schleuderte sie wild von sich; wie er jedoch sah daß mehr und mehr Menschen auf sie aufmerksam wurden, und stehen blieben und ihnen nachschauten, trat er rasch an die Frau wieder hinan, zog ihren linken freien Arm in den seinen, und sie wie mit eisernem Griffe haltend und mit sich fortziehend, zischte er ihr in's Ohr:

»Bist Du denn ganz des Teufels, sinnloses Weib, hier auf offenem Platze den Unsinn auszuschreien? – oder möchtest Du etwa mit den Amerikanischen Zellengefängnissen Bekanntschaft machen? Komm – halte Dich fest an mich an und verlier Dein Bündel nicht; ein Glück daß die Leute kein Deutsch verstehn.«

»Gehn wir denn hin wo sie sind?« frug die Frau rasch, immer noch an dem einen Bild sich anklammernd.

»Mir wär's recht wenn Du's thätest,« rief der Mann in finsterem, kaum zurückgehaltenem Groll, »ich habe das Gewinsele und Geklage satt – begreife überhaupt nicht, wie ich es so lang ausgehalten, und geb' Dir meinen Segen auf die Reise.«

»Und ich dürfte zurück?« rief die Frau rasch und heftig bewegt zu ihm aufschauend.

»Treib' keinen Unsinn,« knurrte der Mann, »Du wärst's am Ende im Stande, ihnen gerade wieder in den Rachen zu laufen, und die Freude zu machen, daß sie Dich eine halbe Lebenszeit in's Spinnhaus stecken könnten. – Dort liegt unser Boot – alle Wetter, da geht auch ein alter Bekannter; noch von Bord her; kennst Du den, Jule?«

»Laß den widerlichen Menschen,« sagte die Frau, in sich zusammenschaudernd.

»Guten Tag Herr Meier!« rief in diesem Augenblick Maulbeere, der mit seinem Karren gerade an ihnen vorüber fuhr und den Hut in spöttischer Ehrerbietung tief gegen ihn schwenkte – »bitte mich Ihrer Frau Gemahlin auf das Gehorsamste zu empfehlen.«

Steffen, der seine rechte Hand in der Hosentasche stecken hatte, zog sie heraus, griff an die Mütze und ging steif und finster an dem, ihm aus mehr als einer Hinsicht verhaßten Scheerenschleifer vorüber.

»Ein nobeles Pärchen,« murmelte dieser aber vor sich hin, als er, ohne sich nach den Beiden weiter umzusehn, an ihnen vorbei gefahren war, »ein sehr nobeles Pärchen, das muß wahr sein. Gäbe auch was drum wenn ich wüßte was die einmal für ein Ende nehmen hier in Amerika – jedenfalls auf Staatsunkosten, oder müßte mich sehr irren.«

»Hallo Scheerenschleifer!« rief da eine laute fröhliche Stimme hinter ihm her – »halt da, hier ist Arbeit für Euch.«

Maulbeere hielt rasch still und sah sich nach dem Rufer um, der vorn auf dem Bug desselben Bootes stand, das der Mann von der Haidschnucke mit seiner Frau eben betreten hatte, und das an seinem Boilerdeck ein großes Schild mit seinem Namen »The backwoods queen« und dem Bestimmungsort St. Louis trug.

»Ist denn heute die ganze Haidschnucke über die Landung hier weggeschüttelt?« murmelte der Scheerenschleifer erstaunt zwischen den Zähnen durch, als er wieder einen seiner Reisegefährten, ebenfalls als Bootsmann gekleidet, gar nicht weit von sich entfernt stehen und winken sah, »und blaue verdammt kurze Hemden scheinen ein ordentlicher Modeartikel zu sein – hm, hm, hm, Herr Donner als Matrose auch nicht übel; Zachäus Maulbeere darf da, seinen größeren Fähigkeiten entsprechend, wohl bald erwarten Capitain zu werden.«

»Nun Maulbeere wie gehn die Geschäfte?« rief ihm Georg Donner noch einmal zu, und kam dann über die Laufplanke, seine beiden Daumen vorn in dem breiten Ledergürtel, der seine Hüften umschloß, herüber an Land – »Wetter noch einmal Mann, Ihr seht noch genau so aus wie an Bord, und habt Euch nicht im mindesten amerikanisirt.«

»Hätte bald 'was gesagt« brummte Maulbeere, die Gestalt vor sich mit einer eigenen Mischung von Spott und Humor betrachtend; »aber was thun Sie hier eigentlich, und wie sehn Sie aus?«

Maulbeere hatte allerdings Ursache so zu fragen, denn mit Georg Donner schien jedenfalls eine ganz eigenthümliche und große Veränderung vorgegangen zu sein. Schon in seinem Äußeren war er ein anderer Mensch geworden, der den dunklen Rock ab- und ein kurzes blaues Matrosenhemd übergeworfen hatte, das in der Mitte von dem schon erwähnten Ledergürtel zusammengehalten wurde. Die Beine staken in Hosen von demselben einfachen Stoff, sein blaugestreiftes Hemd hielt ein schwarzseidenes in einen Matrosenknoten geschlagenes Halstuch zusammen, und das dunkle lockige Haar deckte eine blauwollene schottische Mütze, während an dem Gürtel ein kurzes Matrosenmesser mit hölzernem Griff und in lederner Scheide hing. Aber das nicht allein – sein ganzes Wesen hatte das ernste, träumerische verloren das ihm an Bord so eigen gewesen, und war frei und entschlossen, ja fast keck geworden, ohne jedoch dadurch irgend etwas von seiner offenen Ehrlichkeit verloren zu haben.

 

Er lachte, als er den schmutzigen verdrossenen Burschen, der ihm immer in seinem ganzen Wesen viel Spaß gemacht, noch eben so sauertöpfisch, bis in dasselbe Knopfloch hinauf eingeschnürt, und ohne die Spur von irgend einer reinen Wäsche vor sich stehen sah, besserte aber dadurch Maulbeeres Laune keinenfalls.

»Wie ich aussehe, mein würdiger Maulbeere?« lachte Donner, »wie ein Mann der entschlossen ist seinen Weg in Amerika zu machen, und das Land zu sehn und kennen zu lernen.«

»Um das Land kennen zu lernen gehn Sie auf's Wasser?« sagte der Scheerenschleifer, seine Stirnhaut zu unzähligen Falten zusammenziehend – »auch nicht übel, und als was? – Capitain, Steuermann, Koch, Ingenieur?«

»Nichts von alle dem Kamerad« lachte der junge Mann, »zu so hohen Posten kann man erst avanciren, wenn man von der Pike auf gedient hat; vorerst mache ich eine Reise als Feuermann mit.«

»Als Heizer an Bord?« frug Maulbeere wirklich erstaunt.

»Als Heizer« bestätigte Donner lachend, »mit dreißig Dollar monatlichem Gehalt, und frei Kost und Logis, Whiskey, Zucker, Kaffee und wie die Vortheile alle heißen, die uns das wackere Boot bietet.«

»Sind Sie bei dieser Anstellung als Lehrling oder gleich als Geselle eingetreten?« frug Maulbeere, der sich noch immer nicht an dem Costüm seines früheren Reisegefährten satt sehn konnte.

»Als Geselle, Herr Maulbeere, als Geselle, und Sie sollten einmal sehn wie ich die Schürstange schwingen werde.«

»Kann ich mir lebhaft denken« betheuerte der Scheerenschleifer, sein Gesicht in einen förmlichen Knoten zusammendrückend – »kann ich mir lebhaft denken – ist auch eine recht passende Beschäftigung für einen Pastors-Sohn.«

»Schadet Nichts Maulbeere« lachte aber der junge Mann, »nur ehrlich und rechtschaffen gehandelt und sich sein Brod selber erarbeitet, auf das Übrige kommts dann nicht an; ob ich einen Frack oder ein Schurzfell trage, und durch komm' ich, darauf können Sie sich verlassen, so lange mir Gott meine Gesundheit und meine gesunden Glieder läßt. Übrigens sind noch ein paar Bekannte von Ihnen hier an Bord« setzte er rasch hinzu – »Carl Berger, der Deserteur, und Herr Schultze aus Hannover.«

»Auch Feuermann?« rief Maulbeere rasch und erstaunt.

»Der erste ja, der letzte nicht« lachte Georg Donner – »sollte sich nicht übel mit der Schürstange ausnehmen, und würde das Feuern wohl kaum vierundzwanzig Stunden aushalten; er geht als Passagier, glaub' ich, nach St. Louis.«

»Hm« brummte Maulbeere vor sich hin – »alle Welt geht fort von hier; wenn ich wüßte daß es im Lande besser wäre, schöb ich meinen Karren auch an Bord.«

»Scheeren und Messer wird's überall zu schleifen geben« sagte Donner.

»Die Möglichkeit ist vorhanden daß ich mir in Zukunft meine eignen Messer schleifen lasse,« sagte Maulbeere.

»Oho?« rief Donner verwundert aus, »ja wenn Sie solche Pläne haben, Freund Scheerenschleifer, dann ist doch wohl New-Orleans der beste Platz, galopirende Speculationen rasch zur Ausführung zu bringen; ich wüßte übrigens eine für Sie.«

»Eine Speculation? – und die wäre?«

»Haben Sie die riesenhaften Ankündigungen von Stiefelwichse gesehn, die überall in der Stadt an den Straßenecken kleben?«

»Allerdings – wo sich der Neger vor dem Stulpenstiefel rasirt« feixte Maulbeere, dem die Idee ungemein gefallen.

»Dieselbe!« lachte Donner, »wenn Sie Ihren Stiefeln im Stande sind halb den Glanz zu geben den das Schultertheil Ihres Rockes hat, so ist Ihr Glück gemacht.«

»Hören Sie einmal mein lieber Herr Donner« sagte aber jetzt Maulbeere gereizt, und mit einem fast boshaften Lächeln in den entsetzlich häßlichen Zügen – »wenn Ihre Feuer nicht besser scheinen werden als Ihr Witz, so glaub' ich, käm' ich eher mit meinem Schiebkarren nach St. Louis hinauf, wie Sie mit Ihrem Dampfboot – wer weiß ob mein blanker Rock nicht noch länger hält als Ihr blaues Hemd, und Sie im nächsten Winter nicht vielleicht Gott danken würden, einen so warmen Überzieher zu haben.«

»Frieden, würdiger Greis, Frieden« lachte der junge Mann, »die Bemerkung war keineswegs böse gemeint und sollte Sie nicht beleidigen – im Gegentheil hab' ich sogar eine Bitte an Sie, mir nämlich über ein paar junge Leute von unserem Schiff Auskunft zu geben, die Sie gewiß nicht, wenigstens trau' ich das Ihrem Scharfblick kaum zu – aus den Augen verloren haben.«

»Und die wären?« – sagte Maulbeere immer noch mistrauisch den jungen Burschen dabei betrachtend.

»Was ist aus dem Doktor Hückler geworden?« sagte dieser – »ich habe ihn nicht wieder gesehn, seit er an jenem ersten Landungsabend unser Schiff verließ.«

»Wohnt jetzt in – street« sagte Maulbeere, »führt ein großes Schild über der Thür J. A. Hückler, deutscher Doktor und Geburtshelfer« schmunzelte Maulbeere – »und rechts und links an dem Schild hat er sich ein paar große schwarz-roth-goldene Kokarden malen lassen.«

Georg Donner lachte.

»Der wird sein Brod schon hier finden« sagte er achselzuckend, »wer kann's ändern; vielleicht haben die Leute recht, die da behaupten, in Amerika wollten die Menschen betrogen sein.«

»Vielleicht haben sie recht,« brummte Maulbeere vor sich hin – »da ist gar kein vielleicht dabei, und wer hier seine Knochen einsetzt, muß gewöhnlich die Haut mit in Kauf geben – ich gedenke hier Gerber zu werden – aber nach wem wollten Sie noch fragen?«

»Haben Sie von Henkel und seiner Frau Nichts gehört?«

»Hm – « sagte Maulbeere, sich mit der linken Hand die grauen Kinnstoppeln streichend – »gehört gerade nicht, aber gesehn.«

»Gesehn? – was?«

»Nun wie sie von Bord ging« sagte Maulbeere.

»Die arme Frau – ob sie sich wohl erholt hat – «

»Wunderliche Geschichte das,« meinte Maulbeere.

»Ich glaube nicht daß die Krankheit von Bedeutung war« sagte Donner, die Bemerkung darauf beziehend – »Ruhe und nahrhafte Kost werden sie wohl bald wieder hergestellt haben. Ich hätte sie gern einmal wieder besucht und mich nach ihrem Befinden erkundigt, mochte sie aber doch auch nicht stören – wissen Sie nicht wo sie wohnen?«

»Wer? – die Frau mit dem Mädchen?«

»Henkels – «

»Möglich daß sie sich wieder zusammengefunden haben,« meinte Maulbeere trocken – »im Anfang waren sie auseinander.«

»Wie so?« frug Donner erstaunt.

»Nun die Madame ist in ein Hotel gezogen, und der Herr in ein anderes« meinte Maulbeere – »waren lange genug zusammen an Bord, und Amerika ist ein freies Land.«

»Unsinn« sagte der junge Mann lachend, »da haben Sie sich etwas aufbinden lassen, Herr Maulbeere – Henkel wird sich hüten und seine junge, wunderhübsche Frau in ein anderes Hotel ziehen lassen – ich möchte nur wissen ob sie sich wieder vollkommen wohl fühlt.«

»Könnten Sie am Besten wissen, wenn Sie wären zu finden gewesen« sagte Maulbeere trocken.

»Zu finden gewesen? – was wollen Sie damit sagen?«

»Daß Sie das kleine Ding – wie hieß das Mädchen doch, das in der Cajüte die Kammerjungfer spielte? – «

»Hedwig!« rief Donner schnell.

»Ja wohl, Hedwig, daß Sie die wie eine Stecknadel in der ganzem Stadt gesucht und mich, den sie zufällig auf der Straße traf, auch nach Ihnen gefragt hat.«

»Guter Gott, hätte ich nur eine Ahnung davon gehabt« rief Georg, »aber was wollte sie von mir – ärztliche Hülfe?«

»Nun was sonst? – die Frau lag lebensgefährlich krank und sie hatten, wie sie sagte, kein Vertrauen zu einem Amerikanischen Arzt; müßte mich übrigens sehr irren, wenn nicht vielleicht ebenso wenig Geld wie Vertrauen – .«

»Eben so wenig Geld? – Unsinn, ihr Vater ist Einer der reichsten Leute in Heilingen und ihr Gatte Herr oder Erbe einer halben Million – .«

»Ja – ist recht schön, aber wie mir jetzt scheint, ist die halbe Million noch nicht reif, und muß erst noch eine Weile hängen. Die junge Mamsell habe ich indessen zu Herrn Doktor Hückler geschickt, der sein Schild gerade an dem Tage aufgemacht; von dem wollte sie aber Nichts wissen und ging traurig fort.«

»Und welches Hotel war das?« rief Georg rasch.

»Ja, das weiß ich nicht mehr« sagte Maulbeere.

Das scharfe Läuten der Bootsglocke von der Backwoods queen unterbrach ihre Unterhaltung.

»An Bord da Ihr Leute, an Bord! Höll' und Verdammniß, was steht Ihr da draußen herum und habt Maulaffen feil. – An Bord jeder Mutter Sohn von Euch, wenn ich Euch nicht Beine machen soll – «.

»Wenn ich nicht irre« sagte Maulbeere freundlich, »so ersucht sie der Mann da drinnen doch gefälligst zum Kaffee hinein zu kommen, nicht wahr?«

»Lieber Gott!« rief Georg, die spöttische Bemerkung ganz überhörend, »daß ich jetzt hierher gebannt sein muß, und keine Zeit mehr übrig habe sie aufzusuchen.«

»Würden in dem Costüm auch außerordentlich achtbar und vertrauenweckend aussehn« bemerkte der Scheerenschleifer.

»Holla an Bord da – Ihr, Dutchman dort drüben mit der schottischen Mütze – wie heißt der Bursche gleich – heh, George, an Bord hier, hört Ihr nicht, oder soll' ich Euch Beine machen?«

»Gleich, gleich!« rief der junge Mann ängstlich und ungeduldig mit dem Fuße stampfend, »ich wollte meine acht Tage Lohn, die ich hier schon an Bord gearbeitet habe, einbüßen, wenn ich nur zwei Stunden Raum jetzt hätte die arme Dame zu suchen, und zu erfahren wie es ihr geht.«

»Haben drei Wochen Zeit gehabt und nicht daran gedacht« meinte Maulbeere ruhig, »woher kommt jetzt auf einmal die Eile?«

»Wollen Sie mir einen Gefallen thun, lieber Maulbeere?«

»Lieber Maulbeere« sagte der Scheerenschleifer still vor sich hin lachend – »lieber Maulbeere, wie zärtlich das klingt – und was wär's?«

»Wollen Sie die Frauen auskundschaften?«

»Die Mamsell meinte, Madame Henkel hätte sich schon unendlich nach mir gesehnt – wenn die Sache nur nicht zu gefährlich ist.«

»Wollen Sie ihnen sagen, daß ich keine Ahnung gehabt hätte, sie bedürften meiner Hülfe, in vierzehn Tagen aber spätestens kehre mein Boot nach New-Orleans zurück und ich stünde dann ganz zu ihren Diensten, ihre Adresse sollen sie mir unter meinem Namen auf die Post legen.«

»Ich soll doch sagen, daß Sie Schiffsdoktor an Bord geworden wären?« frug Maulbeere.

»Sagen Sie die Wahrheit,« rief Georg, »das ist immer das Beste; aber adieu Maulbeere – ich muß wahrhaftig fort.«

»Der Kaffee wird kalt« meinte dieser. —

»Sie ziehen die Planken schon ein!« rief der junge Mann, »leben Sie wohl, und wenn ich Ihnen je wieder einen Dienst erweisen kann, zählen Sie auf mich!«

»Werft das Tau da los!« rief ihm in diesem Augenblick die Stimme des Steuermanns zu, der vorn auf dem Bug stand und das in den Strom Gehen des Bootes leitete – »das Tau da vorn in dem Ring an Land, wo der Baboon von einem Menschen steht – siehst Du nicht?«

Maulbeere, der mit dem Baboon gemeint war, verstand glücklicher Weise nicht was der Mann auf Englisch rief, Georg aber warf das Springtau, an dem der Vordertheil des Bootes noch an Land befestigt war, los, wieder tönte die Glocke, die letzte Planke, auf der der junge Mann kaum Zeit behielt an Bord zu laufen, wurde eingezogen, und Georg Donner winkte noch einmal von Bord aus, dem am Ufer zurückbleibenden Maulbeere mit der Hand, was dieser, sehr zum Ergötzen der übrigen Feuerleute und Deckhands, mit einer sehr tiefen und ehrfurchtsvollen Verbeugung, bei der er den alten Hut in der Luft schwenkte, erwiederte, dann aber seinen Karren aufnehmend vor sich hinmurmelte:

»Lieber Maulbeere, ja wohl – lieber Maulbeere – Angenehmen spielen und Maulbeere soll Bote spielen – bah – werde ihm selber eine Adresse auf die Post legen, die ihn freuen soll – .« Und der Scheerenschleifer fuhr, von dem Gedanken ergötzt, still vor sich hinschmunzelnd die Levée entlang.

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