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Ein Parcerie-Vertrag

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Achtes Capitel.
Der deutsche Consul

So verging Tag nach Tag, ohne daß sich in ihrer sonstigen Lage etwas geändert hätte. Regelmäßig wurden sie zur Arbeit gerufen, und regelmäßig mit Dunkelwerden wieder nach Hause geschickt, aber eine andere Wohnung bekamen sie nicht, und auch weder Tisch noch Stuhl hinein. Behrens versuchte noch einmal, mit ihrem Mulatten-Aufseher anzuknüpfen. War er aber früher nicht besonders gesprächig gewesen, so wich er jetzt besonders jeder Unterhaltung oder Frage entschieden dadurch aus, daß er einfach mit der einen Hand schüttelte, als ob er sagen wollte: »Laßt mich zufrieden, ich verstehe ja doch nichts von Eurer Sprache.«

Einmal trafen sie den Herrn, gerade Mittags, als sie von ihrer Arbeit nach Hause gingen, und Behrens wollte ihm denn auch das mit dem Garten begreiflich machen; der aber winkte ihm gleich von vornherein ungeduldig ab und zeigte auf seinen Aufseher. Was hatte er mit den deutschen Knechten zu unterhandeln. Er wollte nichts von ihnen wissen – und dabei blieb es.

Auch Pölke wurde nicht anderswo einquartiert, obgleich der unruhige Gesell der Familie nur zu lästig fiel. Es blieb eben Alles beim Alten und die Leute mußten sich zuletzt darein finden. Ja, Behrens begann sogar an einem der Sonntage, wo sie in der That nicht zu arbeiten brauchten, sich selber Tisch und Stühle herzustellen, denn wenigstens den Negern hatte er zuletzt begreiflich gemacht, was er eigentlich wolle, und sie führten ihn zu einer kleinen, verfallenen Hütte im Wald drinnen, in welcher die eine Wand aus zusammengenagelten Brettern bestand. Allerdings schüttelte er hier mit dem Kopf, weil er sich nicht getraute etwas davon abzureißen, aber die Schwarzen schienen nicht so rücksichtsvoll. Im Nu waren ein paar von den Brettern losgebrochen. Säge, Hammer und Nägel führte er selber bei sich, und er konnte doch jetzt wenigstens einen Tisch und ein paar Bänke, und später auch sogar ein Bettgestell für seine Frau und das Kind herrichten.

Die Arbeit ging indessen fort, Monat nach Monat, – Zuckerrohr wurde gehackt und geschnitten, Baumwolle gepflückt, Kaffee eingesammelt, gereinigt und ausgemahlen, Cacao gesammelt und getrocknet, und die Männer erhielten nun ihre Hauptbeschäftigung im Wald mit der Axt, da der Besitzer der Plantage noch mehr Land urbar machen und besonders seine Kaffeepflanzung erweitern wollte. Damit verging ein volles Jahr, und wenn Behrens und seine Frau, wie überhaupt die älteren Deutschen, auch noch fast so wenig von dem Portugiesischen verstanden, als an dem ersten Tag, an welchem sie hier eingerückt, so hatten es die Kinder doch viel rascher aufgegriffen, und die Jüngsten besonders waren schon gar nicht mehr dazu zu bringen, ein Wort deutsch zu reden. Sie verstanden es natürlich, aber fortwährend in Gesellschaft der Schwarzen, eigneten sie sich vollständig deren Portugiesisch an und sprachen es genau so schlecht, wie diese.

Nur Hannchen, Behrens' älteste Tochter, hatte größere und bessere Fortschritte darin gemacht als die Anderen, denn überhaupt ein begabtes Kind, war sie auch häufig im Hause von Senhor Almeira und dessen Familie verwandt worden, und die Senhora hatte solchen Gefallen an ihr gefunden, daß es ihr selber Freude machte, sie dann und wann zu unterrichten. Anfangs schien auch Senhor Almeira gar nichts dagegen zu haben, denn es lag ihm sogar daran, endlich einmal Jemanden zu bekommen, durch welchen ein Verständniß mit den »dickköpfigen« Deutschen möglich wurde. Als sich aber die Kinder so gelehrig zeigten und die Jungen schon bald zu Dolmetschern verwandt werden konnten, zankte er oft, wenn er das junge Mädchen im Haus bei einem Buch oder mit der Feder fand, und schickte sie dann jedes Mal zu einer oder der anderen Arbeit.

Dem alten Behrens fraß indessen der Gedanke an seinen ihm vorenthaltenen Garten am Herzen. Vor der Arbeit scheute er sich nicht, – sie war schwer, ja, und wurde in der heißen Sonne noch schwerer, und angenehm war dabei ebenfalls nicht, daß sie mit den Negern in einem Feld schaffen mußten und mit ihnen unter einer Aufsicht standen; aber auch das würde er willig ertragen haben und ertrug es ja auch, wenn ihm nur sein Recht nicht dabei verkümmert wäre. Wie deshalb nur die Kinder ein klein wenig Portugiesisch verstanden, mußten sie schon fragen, wann er den Garten bekäme, und fortwährend darauf hinweisen, daß er im Contract stände, – aber ohne Erfolg. Der Mulatte nickte und lachte, der Herr selber gab gar keine Antwort und es blieb beim Alten.

Weit über ein Jahr waren sie solcher Art schon in ihrer Arbeit gewesen, und Behrens' Frau hatte indessen, von ihrem Mann unterstützt, genaues Buch über die gelieferte Arbeit gehalten. Ungefähr glaubten sie ihre Schuld auch etwa berechnen zu können, denn was die Passage auf dem Schiff gekostet, wußten sie ja bei Heller und Pfennig und demnach mußten sie das ihnen vorgeschossene Geld, wenn sie wirklich den niedrigsten Arbeitssatz für Brasilien annahmen – und darüber hatte ihnen Herr Kollboeker Manches erzählt – schon bald abgearbeitet haben. Es konnte nur noch eine sehr kurze Frist daran fehlen. Sollte er der paar Wochen wegen nun noch Streit um einen Garten anfangen? Es war nicht mehr der Mühe werth, denn sobald ihre Zeit ablief, gedachte der Mann wieder einen neuen Contract mit dem Herrn zu machen, um sich noch etwas baares Geld zu verdienen, und dann endlich, wenn sie noch etwa ein Jahr so gearbeitet hätten, selbstständig zu beginnen.

Brasilien war wirklich ein außerordentlich fruchtbares und reiches Land, darin hatten die Berichte nicht gelogen, und wer hier arbeiten wollte – und gesund blieb, konnte schon was vor sich bringen. Ein trauriges, elendes Leben hatten sie freilich das erste Jahr führen müssen, und daß sie eben gesund geblieben, konnten sie selber nicht recht begreifen. Mit dem zweiten Jahr mußte sich das nun aber auch bessern, denn sobald Behrens einmal seine Schuld abverdient, gedachte er sich selber ein kleines Häuschen zu bauen und das wohnlicher einzurichten, und dazu gab ihm der Herr auch gewiß die Zeit oder er bedung sich dieselbe noch besser gleich in dem neuen Contract aus.

So verging wieder ein Monat – und noch ein Monat, ohne daß sich das Geringste in ihrer Lage verändert hätte – nur die Arbeit war schwerer geworden, denn die Männer wurden jetzt fast einzig dazu verwandt, Wald urbar zu machen, um neuen Boden zu gewinnen.

Nur einen angenehmen Zwischenfall hatten sie; der junge Pölke, ein fauler und nichtsnutziger Gesell, der ihnen viel Kummer bereitet und auch ewig Streit und Unfrieden anstiftete, war eines Morgens verschwunden. Anfangs glaubten die Deutschen, daß er im Walde vielleicht verunglückt sei, bald aber stellte sich heraus, daß er Behrens' besten Rock und zwei gute Hemden mitgenommen hatte, und es blieb ihnen jetzt kein Zweifel mehr über sein Verschwinden. Er war eben fortgelaufen und wenn Senhor Almeira, der sehr zornig darüber schien, auch berittene Neger nach verschiedenen Seiten aussandte, um ihn wieder einzufangen, ja, Mancal, der Aufseher selber, fortritt und eine volle Woche ausblieb, fanden sie keine Spur von ihm. Nach Porto Seguro war er wenigstens nicht gekommen, und wenn ihm auf der Flucht kein Unglück zugestoßen, hatte er seinen Vertrag wenigstens gelöst.

Behrens' Frau jammerte allerdings über das Gestohlene, da sich die Wäsche gerade hier im Land so schwer ersetzen ließ; im Grund aber waren sie selbst um diesen Preis zufrieden, ihn los geworden zu sein, und nach vierzehn Tagen wurde gar nicht mehr von ihm gesprochen.

Aber nahm ihr Contract denn gar kein Ende? – Zur Arbeit wurden sie täglich gerufen, aber nie ein Wort davon gesagt, wann ihre Zeit eigentlich abgelaufen sei, und Hannchen bekam jetzt den Auftrag, ihren Herrn zu fragen, wie sie mit ihrem Lohn ständen. Sie erhielt jedoch nur eine ausweichende Antwort und scheute sich die Sache zu drängen. Und noch ein Monat verging, und jetzt wurde der alte Behrens – etwas sehr Seltenes bei einem Deutschen – ungeduldig.

Wieder mußte Hannchen fragen und sollte sich jetzt an die Frau wenden, die immer gut und freundlich gegen sie gewesen; aber die Frau des Pflanzers wagte nicht sich in dessen Angelegenheiten zu mischen, – er war nicht gut mit ihr, wie Hannchen daheim erzählte, er schalt oft und zankte und behandelte sie rauh, – die Frau kränkelte auch und fürchtete jede Aufregung.

Da faßte sich Behrens eines Sonntags ein Herz, und mit seinem ältesten Jungen Fürchtegott, der die Landessprache jetzt vollkommen gut verstand, ging er selber zum Herrenhaus hinüber, um die Sache ins Reine zu bringen. Der Herr wollte ihn allerdings nicht vorlassen, er habe keine Zeit, wie er ihm durch eine Negerin heraussagen ließ. Behrens aber, einmal zu dem Entschluß gekommen, war nicht so leicht wieder davon abzubringen. Er ließ noch einmal hinein sagen, er müsse den Herrn sprechen, denn er habe ihm etwas Wichtiges mitzutheilen, und verdrießlich willfahrtete dieser endlich dem Arbeiter.

Fürchtegott war indessen vorher genau von seinem Vater instruirt worden, was er zu sagen hatte, und selber ein ziemlich anstelliger Junge, brachte er das auch richtig und ordentlich heraus. Das Gesicht des Senhor Almeira aber, das schon bei ihrem Eintritt finster genug ausgesehen hatte, wurde bei der Anrede nicht freundlicher, und als der junge Bursche geendet hatte, sagte er, während sich seine Stirn in düstere Falten legte:

»Und weiß Dein Vater auch, welche Summe ich für ihn und Euch Alle ausgelegt habe, daß er jetzt schon, wo er kaum ein Jahr oder etwas darüber in meinen Diensten ist, davon spricht, sie abgetragen zu haben? Weiß er, was für ein Risico ich gehabt habe, als ich Euch Alle aus Eurem Lande herauskommen ließ, wo Ihr das Brod kaum hattet zum Leben? Geht an Eure Arbeit und kümmert Euch um nichts weiter; wenn Eure Zeit um ist, werde ich's Euch selber wissen lassen.«

»Aber Senhor,« sagte der kleine Bursch, »wir haben ja doch Alle so viel geschafft, daß wir schon ein hübsches Stück Geld verdient haben müssen, wenn Sie nur ganz geringen Tagelohn annehmen.«

 

»Tagelohn?« rief aber der Brasilianer, »was habt Ihr mit Tagelohn zu thun? Euer Contract lautet auf Antheil an dem Verdienst, und die Kaffeepreise sind im letzten Jahre so erbärmlich schlecht gewesen, daß ich, da uns auch eine ganze Ladung draußen in See verunglückt ist, eher Verlust als Nutzen bei der ganzen Ernte gehabt habe. Wer ersetzt mir jetzt den? Ihr etwa? Wahrscheinlich nicht, und ich werde es schwer genug finden, nur das wieder aus Euch herauszubringen, was ich an Euch selber verloren.«

»Aber verloren haben Sie doch gewiß nichts an uns, Senhor!«

»Nichts, so? Wohl nicht die ganzen Unkosten, die mir der nichtsnutzige Bursch verursacht hat, der noch dazu jetzt weggelaufen ist. Glaubt Ihr, daß Ihr das Alles in ein paar Monaten wieder abverdienen könnt?«

»Aber, guter Gott,« rief der Knabe erschreckt aus, während der Vater dabei stand und doch nichts von der Rede verstand, »dafür, daß der fremde Mensch davon lief, können wir doch nicht leiden, und Sie werden doch gewiß nicht verlangen, daß wir die vielen, vielen Monate umsonst gearbeitet und Schuhe und Kleidung zerrissen haben sollen?«

»Was sagt er?« frug der Mann.

»Und seid Ihr denn etwa schlechter daran, als ich selber?« frug der Brasilianer höhnisch. »Wenn Ihr nichts verdient, verdiene ich denn etwas? Laßt mich mit Euren ewigen Quälereien zufrieden, denn ich bin es müde, fortwährend gestört zu werden. – Dieses Jahr wird es auch besser gehn,« setzte er dann ruhiger hinzu, »die Kaffeepreise sind gestiegen, sag das Deinem Vater, und wenn Ihr fleißig seid, so bringen wir das vielleicht in der nächsten Zeit ein, was wir in der letzten verloren haben.«

»Was sagt er?« frug Behrens noch einmal.

»Laßt nur sein, Vater,« beruhigte ihn aber Fürchtegott, »ich erzähl es Euch Alles nachher, draußen.«

»Und mit dem Garten? – Er steht im Contract.«

»Ja, Senhor,« begann der Knabe noch einmal, »der Vater hat Sie schon lange um ein Stück Land für einen Garten gebeten. Es ist mit ausgemacht und steht im Contract.«

»Ich dächte, er hätte draußen gerade genug zu hacken und zu graben,« erwiderte mürrisch der Pflanzer, »aber ich will sehen, – er kann ein Stück Land bekommen, – wenn ich einmal Zeit habe, werde ich ihm einen Platz aussuchen. Und nun geht, – Ihr wißt jetzt, was Ihr wissen wolltet, – ich habe zu thun,« und damit wandte er sich ab und verließ selber das Zimmer, so daß den beiden Leuten nichts Anderes übrig blieb als seinem Beispiel zu folgen.

Draußen erzählte Fürchtegott dem Vater, was ihm der Brasilianer da drinnen gesagt, und daß sie ihre Arbeit gar nicht nach Tagelohn rechnen dürften, sondern, ihrem eigenen Contract nach, auf Theilung angewiesen wären, im vorigen ganzen Jahre aber gar nichts verdient hätten, und der Mann schlug vor Entsetzen die Hände zusammen, denn von diesem Augenblick zuerst an sah er kein Ende ihres Contractes ab.

Er ging in die elende Hütte, die schon die lange Zeit seine Heimath bildete, setzte sich auf eine Bank, stützte das Gesicht in seine Hände und weinte bitterlich, und die arme Frau vermochte nicht einmal ihn zu trösten.

Was nun? Wie hatten sie hier gearbeitet, unverdrossen, von Morgens an bis in die späte Nacht, und dabei nichts, gar nichts gehabt, was ihnen auch nur die geringste Erholung oder eine Freude bieten konnte. Dieser abgeschiedene Punkt der Erde war ihre ganze Welt gewesen; mit ihrem sauren Schweiß hatten sie den Boden gedüngt, und nun Alles, Alles umsonst, – um nichts weiter, als daß ihnen ihr Herr sagte, sie hätten nichts, gar nichts verdient, und müßten von vorn wieder anfangen. Und wenn er ihnen nun im nächsten Jahre die nämliche Antwort gab? Wenn er sie auf ein drittes Jahr vertröstete?

»Den Garten sollt Ihr haben, Vater,« flüsterte da Fürchtegott, um ihn wenigstens in etwas zu beruhigen, »er hat's mir versprochen, er will Euch selber den Platz dazu aussuchen.«

Der Mann nickte nur schweigend und trostlos mit dem Kopf, und jetzt – jetzt erst, und wie lange zu spät, fühlte er, daß der Doctor daheim mit jedem – oh, mit jedem schweren Wort, das er ihm gesagt und ihn gewarnt hatte, Recht – furchtbar Recht gehabt.

Was wußte er selber denn von der Welt? Er, ein armer und unwissender Mann, aber ehrlich und brav und keinem Menschen etwas Schlechtes zutrauend, weil er selber dessen unfähig gewesen; war es da so schwer gewesen ihn zu betrügen? – und wie hatte ihm der Agent, der doch seiner Meinung nach die Verhältnisse hier genau kennen mußte, wenn er so viele Leute hier herüberschickte – er wäre ja sonst ein ganz gewissenloser Lump gewesen – wie hatte der ihm zugeredet, hierher zu gehen und sein Glück zu machen. Und was war es das er hier gefunden? Verkauft wurden sie, wie sie nur das Land betraten, öffentlich verkauft, wie eine Heerde Schlachtvieh, den Meistbietenden zugeschlagen, dann – genau so, wie gekauftes Vieh – zu Fuß in die heißen Berge getrieben, und nun? – nun waren sie Sclaven, wie die anderen Sclaven auch, und deshalb – deshalb mußten sie die alte, liebe Heimath, das Grab ihrer Eltern, die Stätte ihrer Jugend verlassen?

Wie trüb – wie entsetzlich trüb verging ihnen der Sonntag, und als die Frau das Essen aufsetzte – denn schon seit längerer Zeit bekamen sie nur Fleisch, Bohnen und Maniokmehl geliefert und mußten sich selber ihre Mahlzeiten kochen – mochte Keiner von ihnen auch nur einen Bissen davon anrühren. Aber was konnten sie thun? bei wem sich über ihr geschehenes Unrecht beklagen? Sie waren allein zwischen den fremden Menschen und mußten ertragen, was über sie verhängt wurde; einen anderen Ausweg gab es für sie nicht.

Am nächsten Morgen begannen die Arbeiten von neuem, – Monate lang, ohne daß die geringste Veränderung in ihrer Lage eingetreten wäre. Der andere Deutsche war allerdings einmal mit einem großen Transport Kaffee in Porto Seguro gewesen, und hatte dort einen deutschen Kaufmann getroffen, der sich da kürzlich niedergelassen. Da er zwei Tage im Hafen blieb, veranlaßte er auch denselben, bei dem dortigen Präfecten eine Klage gegen ihren Herrn anzubringen, hatte aber nichts damit ausgerichtet. Die Antwort lautete, daß die in Deutschland abgeschlossenen Contracte hier ihre Gültigkeit hätten; wäre etwas darin, das ihnen nicht gefiele, so sei das ihre eigene Schuld, warum hätten sie dieselben unterschrieben; sie wären von keinem Brasilianer je dazu gezwungen worden.

Auch den Garten bekam Behrens nicht, ob es der Herr gleich versprochen hatte; er erinnerte noch ein paar Mal daran, wurde aber immer auf die »nächste Woche« vertröstet, und die nächste Woche wollte nie erscheinen. Da kam eines Tages Hannchen nach Haus und berichtete, es sei von Porto Seguro ein deutscher Consul eingetroffen, der hier hergekommen wäre, um sich nach den Verhältnissen der deutschen Colonisten zu erkundigen, und jetzt zum ersten Mal brach ein Hoffnungsstrahl in die Nacht der Armen, denn der Herr war von den deutschen Regierungen beauftragt worden, sich seiner Landsleute anzunehmen, und der mußte und würde ihnen helfen.

Eine andere Trauernachricht brachte aber auch Hannchen mit, denn Senhora Almeira war recht schwer erkrankt und sie konnte auch nur wenige Minuten bei den Ihrigen bleiben, weil sie zurück mußte, um die Leidende zu pflegen. Sie war in der That nur auf einen Sprung aus dem Herrenhaus fortgelaufen, um den Eltern anzuzeigen, wer der eben gekommene Fremde wäre, damit sie sich vorbereiten könnten mit ihm zu sprechen.

Ein deutscher Consul! Endlich – endlich, jubelten die armen Leute. Sie hatten sich schon von den deutschen Regierungen vollständig verlassen und aufgegeben geglaubt, und ihnen doch jetzt so großes Unrecht damit gethan. Jetzt kam wirklich ein Beamter derselben hier in das fremde Land, um zu sehen, daß die armen Leute nicht ungerecht behandelt würden, – das war brav und gut, und Behrens ihnen recht von Herzen dankbar dafür.

An diesem Tage ließ der deutsche Consul sich freilich noch nicht bei den Auswanderern blicken, und sie wohnten doch eigentlich so dicht bei dem Herrenhaus – kaum etwa hundert fünfzig Schritt davon entfernt – aber freilich hatte er auch wohl viel mit Senhor Almeira zu sprechen, denn solche Herren haben immer sehr viel zu thun und müssen sich nach Allem ganz genau erkundigen, damit sie recht ausführliche Berichte abstatten können: morgen kam er gewiß, denn so viele Deutsche waren ja doch nicht auf der Plantage, – aber am nächsten Tag kam er auch noch nicht. Fürchtegott mußte sich erkundigen, ob er vielleicht am Ende gar wieder abgereist wäre, ohne sie zu sprechen, das war aber nicht der Fall. Die Herren sollten nur über Land geritten sein, um eine andere Hacienda zu besuchen, und hatten dabei einige Neger und Gewehre mitgenommen, – möglich, daß sie auch unterwegs jagen wollten.

Am dritten Tag kamen sie endlich zurück, müde von dem langen, beschwerlichen Ritt, und schliefen bis zum Diner, nach welchem natürlich keine Rede mehr von Geschäften sein konnte. Endlich brach der vierte Tag an, ein Sonntag, und Morgens um acht Uhr schon, noch in der Kühle des Tages, da die Sonne noch keine Zeit bekommen auf die Erde niederzubrennen, sahen sie die drei Herren den Weg her, der vom Herrenhaus zu ihnen führte, auf ihren Pferden angeritten kommen. Die Entfernung war allerdings sehr gering, und wie gesagt, kaum hundertfünfzig Schritte, aber in diesem Clima geht ein Weißer nicht gern auch nur die kleinste Strecke zu Fuß, weil man jede Anstrengung fürchtet. Arbeiter machten natürlich davon eine Ausnahme, denn Anstrengung war gerade ihr Beruf, und sogar den eben erst eingetroffenen weißen Frauen und Kindern hatte man damals zugemuthet, den entsetzlich weiten Weg von Porto Seguro bis hier heraus zu Fuß zurückzulegen.

Behrens hatte in der Thür gestanden und sie kommen sehen; aber er trat in das Haus zurück, denn er wollte sie nicht da draußen anreden. Der deutsche Consul mußte ja doch auch einmal das Innere dieser Wohnung in Augenschein nehmen, um dann selber beurtheilen zu können, wie man deutsche Arbeiter hier in Brasilien behandelt.

Die Reiter kamen näher; jetzt hielten sie dicht vor der Thür, und als sich da noch immer Niemand von den Deutschen zeigte, wurde ein Neger abgeschickt, um sie herauszurufen. Er mußte melden, daß der Herr die Leute zu sprechen wünsche.

Behrens schüttelte mit dem Kopf; er hatte sich den Besuch eines deutschen Consuls in den fernen brasilianischen Colonien anders gedacht, aber er gehorchte doch dem direct gegebenen Befehl, und trat im bloßen Kopf in die Thür, – der andere Deutsche war gerade nicht zu Haus, sondern nach trockenem Holz in das nächste Dickicht gegangen, und Frau und Kinder drängten sich neugierig nach.

Draußen vor der Thür hielten die Reiter, Senhor Almeira, ein anderer Brasilianer aus Porto Seguro, wie sich später herausstellte, der Beamte des Hafens, und der fremde Deutsche, der sie augenblicklich mit einem freundlichen: »Guten Tag, ihr Leute, wie geht's?« anredete.

Es war ein noch junger, ziemlich elegant gekleideter Herr, in einem leichten, hellen Rock und einen großen, feinen Panamahut auf. Er trug eine goldene Brille und viele Ringe an den Fingern, und eine schwere, goldene Uhrkette. Er hatte auch ein gutmüthiges Gesicht und blaue Augen, und die Anrede allein gewann ihm schon die Herzen; lieber Gott, es waren ja die ersten deutschen Laute, die seit langer, langer Zeit zu den Ohren der armen Auswanderer drangen, und der Mann gerade sollte ihnen helfen.

»Ja, wie geht's, Herr,« seufzte Behrens, »was soll man da sagen. Gesund sind wir noch bis jetzt, Gott sei Dank, und gearbeitet haben wir rechtschaffen, und auch noch gerade keine Noth gelitten.«

»Nun, ich denke,« lächelte der Consul, »dann ließe es sich schon aushalten, und Ihr könntet immerhin antworten: gut! Ist das Eure Familie?«

»Ja, Herr,« erwiderte Behrens, »von dem gut ist's aber doch noch ein großes Stück weit weg, denn wir haben einen Contract, von dem wir kein Ende absehen können, und neulich hat uns der Herr da gesagt, daß wir im ganzen vorigen Jahre, trotz unserer schweren Arbeit keinen Pfennig verdient hätten, und also noch immer, wie früher, in seiner Schuld wären, und das ist doch entsetzlich hart.«

Der Consul erwiderte ihm nichts hierauf, sondern wandte sich an den ihn begleitenden Almeira, der ihm achselzuckend Einiges entgegnete, worauf der Deutsche langsam mit dem Kopf nickte.

»Eure Nahrung oder Kost habt Ihr doch immer reichlich erhalten?« frug er dann weiter.

»Ja, Herr,« sagte Behrens, »sie sollen uns auch wohl noch hungern lassen?«

»Und überarbeiten werdet Ihr Euch nicht?«

»Überarbeitet? man überarbeitet kein Pferd den einen Tag, wenn man es am nächsten wieder brauchen will – übrigens können wir's ertragen. Aber ein Ende möchten wir doch wissen, wann wir je mit unserm Contract zu Ende kommen, denn auf die Art ist keins abzusehen, und wir sind am Ende gar auf Lebenszeit verkauft.«

 

»Aber, Leute, verkauft hat Euch Niemand,« sagte der Consul; »es war doch Euer freier Wille, als Ihr den Contract unterschriebt und auf ein Schiff gingt.«

»Das schon,« sagte Behrens bitter, »aber wir wußten damals freilich nicht, daß wir hier wie eine Heerde Schaafe auf offenem Markte ausgeboten und verauctionirt werden sollten.«

»Verauctionirt?«

»Ja wohl, Herr Consul; fragen sie die Andern, und im Hafen sind auch noch eine ganze Menge, die Ihnen das bezeugen können.«

»Hm,« sagte der Consul, »das – das hat vielleicht nur so schlimm ausgesehen; aber ich werde mich darnach erkundigen. Habt Ihr Euch über sonst noch etwas zu beklagen?«

»Sonst noch etwas?« sagte Behrens, über diese Ruhe und Gleichgültigkeit erstaunt; »aber ich dächte, das wäre schon genug, wenn man unter den fremden Menschen für Nichts arbeiten soll, und noch nicht einmal die Aussicht hat, etwas zu bekommen. Doch das nicht allein; in unserm Contracte steht, daß ich ein Stück Land zu einem Garten soll angewiesen bekommen, und der Herr hat's mir auch schon versprochen; aber gekriegt haben wir's nicht, und werden's auch nicht kriegen, wenn Sie sich nicht der Sache annehmen und uns zu unserem Recht verhelfen.«

»Ich werde mir den Contract zeigen lassen,« sagte der Consul.

»Und dann,« fuhr Behrens fort, »wie wohnen wir hier? Wenn sie nur einmal von ihrem Pferd heruntersteigen wollten, Herr Consul, und sich den Platz ansehen – bei uns daheim haben ihn die Kühe genau so, und wie die Neger wohnen, die nie ein anderes Leben gesehen haben, so sind wir auch einquartiert, wobei es nur ein reines Wunder ist, daß wir noch nicht Alle krank geworden.«

»Aber das Dach scheint doch dicht zu sein,« sagte der deutsche Herr, indem er einen Blick über das Gebäude warf, ohne jedoch der Einladung Folge zu leisten und näher zu treten.

»Dicht ist's,« sagte jetzt die Frau hinter ihres Mannes Schulter vor; »nur an der einen Ecke schlägt der Regen etwas herein; aber sonst gehören keine Menschen hinein, das weiß Gott – aber Gott weiß hier eigentlich überhaupt nichts mehr von uns, denn in eine Kirche sind wir nicht mehr gekommen seit dem letzten Mal daheim, und wenn einer von uns krank wird, so fragt auch kein Arzt nach uns, und wenn wir sterben – nun so kommen wir wohl auch in so ein Loch, wie das ist, wo hinein sie die Neger werfen.«

»Ihr guten Leute,« sagte der Consul, indem er auf seinem Sattel umherrückte, »Ihr scheint mir über Alles unzufrieden zu sein. Daß Ihr mitten im brasilianischen Urwald in keine Kirche gehen konntet, mußtet Ihr doch vorher gewußt haben. Macht nur Eurem Herrn das Leben nicht zu schwer.«

»Ja, wir machen's ihm schwer,« lachte der Mann bitter vor sich hin, »der hat sich zu beklagen. Sogar dafür, daß der Junge, der Pölke, ihm weggelaufen ist, wollte er uns verantwortlich machen, und dem seine Rechnung auf unsere Kosten ausgleichen – aber da müßte ja doch keine Gerechtigkeit mehr auf der Welt sein, und das wollten wir einmal sehen.«

»Ihr dürft keinen Streit hier anfangen, Leute,« wehrte aber der Consul ab, »das kann Eure Lage nur verschlimmern – ich will mit Senhor Almeira über all Eure Verhältnisse sprechen. Er ist ein sehr braver, billig denkender Mann; er wird sein Möglichstes thun, um Euch gerecht zu werden; verlaßt Euch darauf und fahrt nur ruhig und unverdrossen in Eurer Arbeit fort, ohne den Herrn durch Widersetzlichkeit zu reizen.«

»Ja wohl, Herr Consul,« sagte Behrens bitter – »ungefähr sowie ich's mir gedacht habe – es bleibt eben Alles beim Alten.«

»Das wollen wir erst sehen,« sagte der Consul, indem er sein Pferd wandte – »ich werde mir Euren Contract vorlegen lassen und selber nachsehn. Ich bringe Euch dann noch Antwort, ehe ich gehe,« und zu den beiden Brasilianern hinüber reitend, die sich indessen mit einander unterhalten hatten, sprengten die drei Herren wieder zum Haus zurück, wo indessen, auf der schattigen Veranda, das Frühstück war servirt worden.

»Nun, Senhor,« lachte Almeira, als sie den Platz verließen, »haben sie Ihnen die Ohren recht voll geklagt?«

»Lieber Gott,« erwiederte der Consul, »ich bin schon daran gewöhnt. Die Leute sind nie zufrieden, wohin man sie auch bringt, weil sie mit zu großen Hoffnungen herüber kommen. Übrigens lassen sie sich leicht behandeln und mit ein wenig Nachsicht werden Sie gewiß mit ihnen fertig werden. Sie arbeiten doch fleißig?«

»Ich will mich darüber nicht beklagen,« sagte der Brasilianer gleichgültig, »wenn mir auch ein Neger gerade so viel fertig bringt, wie zwei Deutsche; wenigstens sind sie zuverlässig, und was die Hauptsache ist, trinken nicht.«

»Dürfte ich Sie nachher wohl einmal um den Contract bitten?«

»Ja wohl, mit dem größten Vergnügen, – aber jetzt lassen wir die langweilige Gesellschaft, denn ich sehe, daß unser Frühstück bereit ist.«

In der luftigen Veranda des Hauses saßen die drei Herren allein bei allen Delicatessen, die das reiche Land erzeugte, lachten, plauderten und tranken den gekühlten Wein dazu. Drinnen in der elenden Negerhütte, den Kopf in beide Hände gestützt, saß Behrens, der deutsche Arbeiter, und stierte still und schweigend vor sich nieder, während Keines der Seinen auch nur ein Wort zu ihm zu reden wagte – hatte man ihnen doch eben auch ihre letzte Hoffnung genommen.

Wie rasch der Herr Consul übrigens seine Inspectionen beendet, sollten sie schon am nächsten Mittag erfahren, wo Hannchen die Nachricht nach Hause brachte, daß der Deutsche mit Tagesgrauen den Platz verlassen habe, um in der Kühle einen Theil des Weges nach dem Hafen zurück zu legen. Aber in etwas schien er trotzdem für die Deutschen gewirkt zu haben, denn Mancal, der Mulatte, betrat bald darauf ebenfalls die Hütte, und theilte Behrens mit, er werde ihm heute Abend einen Gartenplatz anweisen, den er für sich benutzen und darauf bauen könne was er wolle. Es war ein einziger Lichtblick in ihr trauriges Dasein.

Und welchen Platz wies ihm der Gelbe an? – ein Stück Wald neben der nächsten Kaffeepflanzung, etwa tausend Schritt von ihrer Hütte entfernt, und noch mit vielen hohen Bäumen bestanden. Wie mußte er da erst arbeiten, ehe er nur daran denken konnte den Boden zu benutzen. Doch murrte er nicht; er war selbst für das Wenige dankbar, und da ihm der Aufseher sagte, daß er sich da ausbreiten könne soweit er wolle, ging er mit seinen Kindern schon am nächsten Sonntag an die Arbeit, um das Ausroden zu beginnen.

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