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Ein Parcerie-Vertrag

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Das Schiff, das man bald als ein Fahrzeug mit Emigranten erkannte, war schon mit Tagesanbruch beobachtet worden, und kaum schoß der Anker in die Tiefe, als auch ein Boot vom Lande abstieß, das ihm entgegenruderte.

Über den hintern Theil desselben war ein Sonnenzelt gespannt, daß man die darunter Sitzenden nicht erkennen konnte, vorn aber ruderten vier, bis zum Gürtel nackte Neger, die schwarzen Wollköpfe mit kleinen Strohhüten bedeckt, und zogen natürlich die Aufmerksamkeit der Deutschen vor allem Anderen auf sich. Waren es doch die ersten Schwarzen, die sie zu sehen bekamen.

Jetzt legten sie an, – die Fallreepstreppe war schon vorher hinunter gelassen, und nach einer vorherigen Anfrage, ob Alles wohl an Bord sei, kletterten die Brasilianer daran in die Höhe.

Das waren wirklich ächte, – wie braun und sonnverbrannt sie aussahen, und was für breiträndige Strohhüte und luftige, dünne, seidene, helle Röcke und weite Hosen sie trugen – und der Eine von ihnen – die Frauen kicherten untereinander – ging sogar in gestickten Pantoffeln und hatte doch ein großes Loch hinten im Strumpf.

Der Capitän verstand kein portugiesisch, aber der Herr, den er in seiner Cajüte mitführte, – der sogenannte Cargadeur des Schiffes oder Supercargo, wie er auch genannt wird, – und dieser unterhielt sich eine Weile mit den Brasilianern, und jedenfalls sprachen sie hauptsächlich über ihre »lebendige Fracht«, die Auswanderer. Die Neger kamen indessen nicht mit an Deck herauf, sondern blieben unten im Boot auf ihren Plätzen sitzen, und als die Deutschen neugierig nach ihnen über die Schanzkleidung hinabsahen, lachten sie ihnen zu und schnitten ihnen so furchtbare Gesichter, daß sie die Frauen und Kinder fürchten machten. Sie kokettirten ordentlich mit ihrer scheußlichen Häßlichkeit.

Das dauerte aber nicht lange. Der Brasilianer mußte doch wohl die ihm vorgelegten Papiere alle in Ordnung befunden haben, denn er trank ein Glas Wein mit dem Capitän und Supercargo, da der Cajütendiener rasch Flaschen und Gläser herbeigeschafft hatte, und stieg dann wieder in sein Boot hinab, wo die Neger jetzt so ernsthaft und ehrerbietig saßen, als ob sie nie ein Wasser getrübt, oder ein Gesicht geschnitten hätten, und fort schoß das schlanke Fahrzeug gegen die Stadt zu. Aber ehe ihm der Capitän in seiner Jölle folgen konnte, wurde es von zwei anderen abgelöst, die, ebenfalls von Negern gerudert, herbeiglitten.

Die Passagiere der beiden stiegen fast zu gleicher Zeit an Deck, und unter diesen befand sich auch ein Deutscher, – er redete wenigstens den Supercargo deutsch an. Von allen diesen nahm aber Keiner die geringste Notiz von den Auswanderern, die doch dicht gedrängt um die Fallreepstreppe standen. Sie grüßten nicht einmal etwas, das zum »Zwischendeck« gehörte, sondern gingen glatt hindurch zum Quarterdeck, wo sie den Leuten auf das Freundschaftlichste die Hand schüttelten. – Was gingen sie die deutschen Arbeiter an, die hier herübergekommen waren um ihre Felder zu bebauen und ihre Ernten einzubringen, – und doch that es den armen Deutschen weh.

Sie hatten sich so darauf gefreut, hier herüber zu kommen und in gutem Einverständniß mit den Brasilianern zu leben; sie waren so fest entschlossen, sich gut und ehrlich durch die Welt zu bringen und die eingegangenen Verpflichtungen zu erfüllen, und jetzt würdigte sie Keiner dieser Leute, – nicht einmal der Landsmann, der mit an Bord gekommen war, nur eines Grußes oder selbst nur eines Blicks. Sie hatten auf einen freundlichern Empfang in Brasilien gerechnet, und ein eigenes, unbehagliches Gefühl bemächtigte sich ihrer. Es sang auch keiner mehr von ihnen, oder lachte und plauderte; Alle schauten still und befangen auf die Fremden, und es war, als ob ihnen eine Ahnung sage, daß jetzt da oben auf dem Quarterdeck ihr künftiges Schicksal entschieden werden solle.

Hören konnten sie freilich nicht was da oben verhandelt wurde, und nur einmal verstanden sie die lauter als gewöhnlich gesprochenen Worte des Capitäns, daß er »die Passagiere aus dem Wege haben müsse, um zu ihrer Fracht zu kommen. Er könne sie nicht länger an Bord behalten, denn sein Contract wäre erfüllt, und weiter hätte er nichts mit dem Volk zu thun.«

Dabei blieb es auch, denn wie sie kaum ihr Mittagsessen verzehrt hatten, was sie noch an Bord bekamen, wurde ihnen angekündigt, ihre Sachen zusammenzupacken und sich fertig zu machen, da sie an Land gefahren werden sollten.

Wie hatten sich Alle danach die vielen Wochen gesehnt, daß sie erst das enge Schiff einmal verlassen und das weite herrliche Brasilien betreten könnten, – jetzt war ihnen bänglich zu Muthe. Die Entscheidung ihres Schicksals rückte an sie heran, und Viele, vielleicht Alle, – hätten noch gern einen Tag zugegeben, um das hinauszuschieben, – aber es ging eben nicht. Man ließ ihnen kaum Zeit, ihre wenigen ausgepackten Habseligkeiten wieder in die Kisten zu thun und zu verschließen, und indessen arbeiteten die Matrosen schon scharf daran, Alles, was unter ihre Hände kam, mit Tauen zu umwerfen und nach oben zu hissen. Auch die Betten wurden zusammengeschnürt, und kaum eine Stunde später lag das obere Deck so gedrängt voll Gepäck, daß man sich kaum dazwischen durchbewegen konnte, und die Matrosen auch, rücksichtslos genug, über Alles hinwegkletterten. Was that es auch, wenn sie hier einmal in eine Schachtel hineinbrachen oder einen schwachen Kistendeckel sprengten; die Deutschen mochten sehen, wie sie das wieder in Stand setzten.

Dann kam eine große Launch vom Ufer abgefahren, die langseit legte und in welche die verschiedenen Frachtstücke eben so rücksichtslos hineingelassen wurden. Die Matrosen fluchten nur dabei über die großen, schweren, unbehülflichen Kisten. Dann kam noch eine, die den Rest nahm und Einzelne von den Passagieren, und zuletzt kehrte die erste zurück in welcher sämmtliche noch vorhandene Passagiere untergebracht und an Land geschafft wurden.

Niemand an Bord nahm auch Abschied von ihnen; hie und da drückte wohl ein Matrose Dem oder Jenem der Auswanderer, mit dem er sich unterwegs befreundet und dessen Rum er ausgetrunken, die Hand. Capitän wie Supercargo kümmerten sich nicht um die Leute, und waren sogar schon vorher ans Land gefahren, wobei der Capitän, als er das Schiff verließ, seinem Steuermann noch zurief, wenn er zurück käme, müsse das Fahrzeug rein sein.

Auf der Launch war auch Niemand, mit dem sie ein Wort sprechen konnten; die Besatzung bestand aus ein paar halbnackten Negern, die sich in einemfort unverständliche Sachen zuschrieen und dabei mit einander lachten. So glitten sie dem Ufer zu. Einer der jungen Burschen wollte in einer Art von verzweifelter Lustigkeit wieder das Lied anstimmen: Brasilien ist nicht weit von hier! – aber schwieg ordentlich erschreckt, als auch kein Einziger der Übrigen mit einstimmte. Es war ihnen nicht wie Singen zu Muthe.

Jetzt liefen sie an den Platz an, wo sie ausgeschifft werden konnten. Was da für wundervolle Bäume am Ufer standen und wie herrlich das fremde Land aussah; aber die vielen fremden Gesichter beängstigten sie, schwarze, braune, gelbe, und wie das Volk da umher lachte und plauderte, und sich vielleicht über sie lustig machte, – wer konnte es wissen. Und als sie endlich ausgestiegen und am Land standen, war da auch nur Einer von Allen, der auf sie zukam und ihnen die Hand geboten oder einen Gruß entgegengerufen hätte? Ja, um sie her drängten sie, um sie besser betrachten zu können, so dicht, daß sich die Kinder schon fürchteten und zu weinen anfingen; aber Niemand kümmerte sich um sie. Sie wußten nicht einmal wohin sie sich wenden sollten, wohin man ihr Gepäck gebracht – und wie die Sonne dabei auf ihre Köpfe niederbrannte. Wie heiß das hier in dem fremden Lande war.

Ein alter Neger rief ihnen allerdings etwas zu und zeigte in die Stadt hinein; sie verstanden ja aber nicht was er sagte, was er von ihnen wolle, und schüttelten nur die Köpfe.

Eine volle halbe Stunde mochten sie so rathlos und voll in der glühenden Sonne dagestanden haben, als ihnen endlich Erlösung wurde.

»Nun, Ihr Leute,« rief der Supercargo ihres Schiffes, der sich durch die Neugierigen zu ihnen drängte, »weshalb geht Ihr denn nicht zu Eurer Wohnung? Wollt Ihr hier am Strand bleiben?«

»Ja, aber wir wissen ja gar nicht wohin,« sagte Behrens, »es hat uns noch kein Mensch ein Wort gesagt.«

»Du lieber Gott, was man nicht selber thut, wird Einem auch nie besorgt,« rief der Mann ärgerlich, »und Ihr seid auch so unbeholfen dabei, wie nur möglich. Na, kommt, ich will Euch hinbringen, aber macht ein wenig rasch, denn ich habe nicht lange Zeit.«

Die Deutschen griffen ihr Gepäck, die Frauen ihre Kinder auf, und manche hatten schwer genug daran zu tragen, aber der Supercargo schritt so rasch vor ihnen her, daß sie ihm in der heißen Sonne kaum zu folgen vermochten. Er war ungeduldig geworden und schien die Zeit kaum erwarten zu können, wo er seine ihm lästige Begleitung los wurde.

Sechstes Kapitel.
In Brasilien

Mit dem Supercargo an der Spitze, der außerdem der portugiesischen Sprache mächtig war, hatte sich die Menge dem Zug geöffnet, und die deutschen Auswanderer passirten zunächst eine Art offenen Marktplatzes, unmittelbar am Meeresstrand, auf dem alle Schätze tropischen Fruchtreichthums aufgespeichert lagen. Ach, was für verlangende Blicke warfen die armen seemüden Wanderer, die sich bis dahin von Salzfleisch und trockenen Erbsen genährt, nach den goldglänzenden Orangen und Ananas und all den sonstigen fremden Herrlichkeiten hinüber; aber ihr Führer ließ ihnen keine Zeit, um auch nur mehr als einen flüchtigen Blick darauf zu werfen. Fort ging es – hindurch, mitten in die Stadt hinein, und eine heiße, vollständig schattenlose Straße entlang, die sich wie endlos vor ihnen ausdehnte, bis ein paar der Frauen in ihren dicken Kleidern ermattet niedersanken.

Jetzt erst wurde der langbeinige hagere Bursche vorn darauf aufmerksam gemacht, daß sie ihm in diesem Tempo nicht mehr folgen könnten, und mürrisch und verdrießlich fügte er sich endlich der Nothwendigkeit, wenigstens langsamer zu gehen, – von einem Aufenthalt wollte er aber nichts wissen.

 

Doch auch dieser Weg nahm mit der Straße ein Ende. Gleich draußen, wo wieder freundliche Gärten lagen, erreichten sie eine Gruppe schattiger Fruchtbäume und Palmen, und dort hindurch brachte sie ihr Führer zu zwei allein stehenden, halb verfallenen Häusern, vor denen sie schon von Weitem ihre Kisten und Koffer bunt und wild aufgeschichtet fanden.

»Und was nun? – Hier sollten sie die Nacht zubringen,« sagte ihnen ihr Führer, »da weiter keine Räumlichkeit für sie hergerichtet sei; morgen oder übermorgen würden sie dann spätestens zu dem Ort ihrer Bestimmung abgeführt werden.«

»Wo das sei? – Wo sie bleiben, wohin sie geschafft werden sollten?« alle Fragen stürmten auf ihn ein. Der Mann zuckte nur die Achseln. »Darüber hätte der hiesige Agent zu bestimmen,« wie er sagte, »und er selber weiter nichts zu thun, als sie hierher zu schaffen. Sie müßten Geduld haben und kämen noch zeitig genug an ihre Arbeit.«

Damit ging er fort und ließ sie allein, um sich dort einzurichten, so gut es eben gehen wollte.

Hatten sie übrigens keine Zeit bekommen, sich am Lande Früchte einzukaufen, so folgten ihnen die Verkäufer derselben rasch genug hierher, denn die Leute wußten aus Erfahrung, wie sich Reisende nach einem solchen Labsal sehnen. Es dauerte nicht lange, so waren sie von Negern und Negerfrauen ordentlich umschwärmt, die ihnen die herrlichen Früchte des Landes zum Verkauf anboten, und die einzige Schwierigkeit blieb nur die, daß sie kein hiesiges Geld besaßen, um dafür zu zahlen.

Die Neger betrachteten kopfschüttelnd die ihnen gebotenen Münzen, und nur für Silber ließen sich Einzelne, die wußten, daß sie es an Bord des Schiffes wieder einwechseln konnten, herbei, ihnen Apfelsinen und einige andere Früchte abzulassen. Und wie gierig fielen die armen Menschen über dies einzige Labsal her, das ihnen geboten wurde, während sie das Beste, die unreifen Cocosnüsse, mit denen sie ihren Durst hätten löschen können, zurückwiesen, weil sie mit den großen, harten, grünen Kugeln nichts anzufangen wußten.

Behrens indessen, der auch ein deutsches Zehngroschenstück daran gewandt hatte, um seinen Kindern und seiner Frau ein paar von den Apfelsinen zu kaufen, und sich dabei wunderte, wie theuer er sie bezahlen mußte, da ihm doch die Leute daheim gesagt, daß man sie hier überall im Walde nur auflesen könne, ging indessen daran mit seinem Jungen und der ältesten Tochter, die Kisten in das Haus zu schaffen und sich einen Schlafplatz herzurichten. Er fürchtete allerdings nichts von dem Wetter, aber er traute den fremden schwarzen Menschen nicht und wollte die Sachen gern noch vor Dunkelwerden in Sicherheit schaffen.

Einige folgten seinem Beispiel, Andere aber, zu lässig, oder auch zu erschöpft, ließen ihr Eigenthum draußen stehen, und erklärten, die Nacht im Freien schlafen zu wollen, denn in den Häusern sei es doch zu dumpf und schwül.

Aber wie rasch das dunkelte; kaum war die Sonne hinter den Palmenwipfeln verschwunden, als sich auch schon die Nacht auf die Erde legte, und indessen hatte Niemand nach ihnen hier draußen gesehen oder ihnen zu essen und zu trinken gebracht.

Allerdings fanden ein paar junge Burschen, die in der Nachbarschaft umhergestreift waren, einen Bach und konnten von dorther wenigstens Trinkwasser holen, aber weiter bekamen sie nichts. Sie mußten rein vergessen sein, und nur der Schiffszwieback, den sich noch einige vom Bord mitgenommen, stillte ihnen heute Abend den Hunger.

Eine wahre Unzahl von Mücken gab es ebenfalls, – sie kannten den spanischen Namen »Mosquitos« noch nicht dafür, – die sie mit der Dämmerung umschwärmten und empfindlich stachen. Besonders die Kinder hatten darunter zu leiden, schliefen unruhig und manche schrieen die halbe Nacht hindurch. Aber es sollte noch besser kommen.

Mitternacht mochte vorüber sein, als sich der Himmel plötzlich umzog, und gegen ein Uhr zuckte der erste grelle Blitz nieder, dem ein Kanonenschlag ähnlicher Donner folgte. Alle fuhren erschreckt in die Höhe, – da rasselte es auf das nur an wenigen Stellen vollkommen dichte Blätterdach nieder; es regnete nicht, es schüttete im wahren Sinn des Wortes, und eine entsetzliche Verwirrung entstand jetzt, als die im Freien Lagernden nicht allein in das Haus und zwischen die Schläfer stürmten, sondern auch noch ihre Kisten und Kasten dort im Trocknen unterbringen wollten. Die Frauen jammerten dazu, die Männer fluchten, die Kinder schrieen und ein wahrer Heidenlärm entstand.

Auch die in den Häusern Befindlichen waren nicht immer besser daran, denn Einige von ihnen fanden sich mit ihren Betten unter einer ordentlichen Dachtraufe und sahen sich dabei nicht einmal im Stande, nach rechts oder links zu weichen.

Zu viel Unheil auf einmal bringt aber oft bei den davon Betroffenen die entgegengesetzte Wirkung hervor, und das junge Volk unter den Auswanderern, das sich auch weit eher unterbringen konnte, und weder mit Gepäck noch Kindern behelligt war, fiel plötzlich, mitten in den allgemeinen Lärm, wieder in sein altes Lied »Halli, Hallo! Brasilien ist nicht weit von hier!« ein, was den Übrigen auch noch die letzte Möglichkeit raubte, an Schlaf zu denken.

So verging ihnen die erste Nacht und der nächste Morgen mit Tagesanbruch aufhörte und die heiße Sonne ihnen verstattete, die über Nacht etwa naßgewordenen Betten und Kleider leicht und rasch wieder zu trocknen.

Jetzt kam auch der Supercargo ihres Schiffes und entschuldigte sich, daß ihnen gestern Abend keine Nahrung gesandt worden. Er habe den Auftrag gegeben, ehe er an Bord zurück ging, aber er sei mißverstanden worden. Es würde nicht wieder geschehen und jeder Einzelne von jetzt an Morgens seinen Kaffee und Schiffszwieback, und Mittags und Abends zu essen bekommen.

Die Leute beklagten sich allerdings über den schlechten Zustand der Dächer, und frugen, wie lange sie noch hier liegen bleiben sollten. Er zuckte die Achseln und behauptete, es nicht zu wissen, da noch zwei Herren aus dem inneren Land erwartet würden, die Arbeiter »bestellt« hätten. Was die Dächer beträfe, so ließen sich die ja leicht wieder in Stand setzen; es gäbe breite Blätter dort genug, und die Leute hätten ja auch nichts weiter zu thun.

Damit ging er, und ihre Nahrungsmittel bekamen sie von der Zeit an in der That regelmäßig, aber auch eine Kost, an die sie nicht gewöhnt waren, und in die sie sich nicht so bald hineinfinden konnten: frisches oder gesalzenes Schweinefleisch, Bohnen und Maniokmehl. Mit dem Mehl wußten sie anfangs gar nicht umzugehen, und einige versuchten sogar, Brod davon zu backen; aber es war zu grob und schmeckte nicht. Übrigens wurden ihnen einige Fruchtbäume in der Nachbarschaft – die jedenfalls zu den leerstehenden Gebäuden gehörten, angewiesen, wo sie sich unentgeltlich holen konnten, was sie wollten, und auch fleißig benutzten. – Aber die Zeit verging ihnen entsetzlich langsam, denn Tag und Nacht verstrich, ohne daß eine Änderung in ihrer Lage eingetreten wäre. Dabei regnete es fast täglich und oft die ganze Nacht hindurch, und wenn sie sich auch die größte Mühe gaben, die Dächer dicht zu bekommen, so gelang ihnen das nur sehr unvollständig.

Ein paar Frauen erkrankten noch außerdem, und ein brasilianischer Arzt kam zu ihnen, den sie nicht verstehen konnten. Er gab ihnen aber trotzdem Medicin, denn er wußte vielleicht schon, welchen Krankheiten frisch eingetroffene Europäer am schnellsten ausgesetzt waren, und nahm die Sache außerordentlich leicht.

Endlich, am elften Tage, nachdem das Schiff, das sie hierher gebracht, seine ganze Fracht gelöscht und neue Ladung dafür an Bord genommen hatte, erfreute sie der Supercargo, der sie aber in der Zeit nur sehr selten besuchte, mit der Meldung, daß die erwarteten Herren eingetroffen wären und sie wahrscheinlich schon morgen, spätestens übermorgen, ihre Reise in das innere Land antreten könnten. Sie sollten sich auf morgen früh nur Alle sauber anziehen und bereit halten, da die Herren hier herauskommen würden, um sie zu besuchen und selber mit ihnen zu sprechen.

Behrens frug ihn jetzt, wie es denn eigentlich mit ihren Contracten wäre, die sie noch immer nicht wieder bekommen hätten, obgleich ihnen das an Bord versprochen wäre.

»Und was wollt Ihr damit?« frug der Supercargo lakonisch, »das sind nur Contracte, durch die Ihr Euch Eurem zukünftigen Herrn gegenüber verbindlich macht, ihm treu zu dienen, bis Ihr das vorgeschossene Geld abbezahlt habt, weiter nichts, – sie können Euch gar Nichts nützen.«

Behrens schüttelte erstaunt mit dem Kopf, denn er begriff das Alles nicht, und gar nichts stimmte außerdem mit Allem, was ihnen Herr Kollboeker – der doch Alles gerade so genau wissen wollte, gesagt. Da sich der Supercargo aber schon wieder zum Gehen wandte und ihm eine Frage besonders noch schwer auf der Seele lag, so faßte er sich ein Herz und sagte:

»Ach bitte, lieber Herr; möchten Sie mir wohl über eine Sache Auskunft geben?«

»Und die wäre?« frug der Mann, indem er stehen blieb und den Kopf nach Behrens zurückdrehte.

»Wie weit haben wir denn von hier nach Blumenau?«

»Nach Blumenau?« sagte der Supercargo erstaunt – »nach welchem Blumenau?«

»Nun, nach der deutschen Colonie, wo mein Bruder ist – kann man da von hier aus zu Land bequem hinkommen?«

»Ihr seid wohl nicht recht bei Trost,« lachte der Supercargo »– durch den Wald? Na, kommt nur erst einmal hinein. Blumenau liegt weit von hier. Da müßt Ihr erst wieder zu Schiff gehen und nach Rio Janeiro fahren und von da wieder ein anderes Schiff nehmen, wenn eins da ist, und das kostet viel Geld.«

»Aber du mein Gott!« rief der arme Mann erschreckt aus, »dann sind ja das lauter Lügen, was uns der Herr Kollboeker daheim gesagt hat.«

Der Supercargo hörte aber schon gar nicht mehr auf ihn; er hatte andere Dinge zu thun, als sich mit dem Auswanderer in ein langes Gespräch einzulassen, und schritt langsam nach der Stadt zurück. Behrens aber – das Herz so entsetzlich schwer und mit einer noch unbegriffenen Angst, die ihn dabei erfaßte, setzte sich auf einen dicht dabei liegenden Baumstamm, stützte die Ellbogen auf die Knie, das Gesicht in die offenen Hände und zum ersten Mal kam ihm eine volle und wie furchtbare Ahnung, daß sie wirklich verrathen und verkauft seien und jetzt ihr Schicksal zu ertragen hätten.

Den anderen Auswanderern war ebenfalls nicht gerade leicht zu Sinn, wenn sie auch noch nicht vollkommen ihre Lage begriffen; es schien ihnen nur so, als ob hier nicht Alles in Ordnung wäre. Hatte man ihnen denn nicht in Deutschland gesagt, sie brauchten in Brasilien so nothwendig Arbeiter, und man würde sie dort mit offenen Armen empfangen. Jetzt lagen sie hier schon elf Tage müßig und verzehrten jedenfalls ihr eigenes Geld, da man ihnen das gewiß anrechnen würde, und kein Mensch hatte sich um sie bekümmert oder ihnen auch nur die Hand zum Willkommen geboten. Waren denn das Alles nur lauter Lügen gewesen?

Unter solchen, nicht eben freudigen Vermuthungen, die sich aber Einer vor dem Anderen auszusprechen scheute, verging auch dieser Tag. Die Nacht regnete es wieder tüchtig, aber der nächste Morgen fand sie Alle früh auf, denn er sollte ja, wie ihnen der Supercargo gesagt, ihr nächstes Schicksal entscheiden. Schon mit Tagesgrauen nahmen die Frauen ihre Kinder mit zum nächsten Bach, wuschen sie dort ordentlich ab und zogen ihnen reine Wäsche an. Sie selber suchten ihre Sonntagskleider vor – lieber Gott, sie wußten nicht einmal genau, ob es ein Sonntag oder ein Werktag sei – und um neun Uhr schon waren sie Alle bereit, den Besuch zu empfangen.

Es wurde aber fast elf Uhr, ohne daß sich irgend wer bei ihnen hätte blicken lassen, – die Neger ausgenommen, die ihnen wie gewöhnlich ihr Frühstück brachten. Da wurde plötzlich Pferdegetrappel laut, und gleich darauf sprengten einige zwanzig Reiter, von einer Menge Neger, ebenfalls zu Pferde, gefolgt, die Straße herab und gerade auf die Hütten zu, und dort sprangen sie aus den Sätteln, überließen die Zügel ihren Dienern und kamen dann lachend und plaudernd auf die Gruppe der Auswanderer zu, die sich scheu aber doch neugierig vor ihren Häusern gesammelt hatten, um die Nahenden zu erwarten.

Der Supercargo war unter ihnen und auch der Deutsche, der gleich am ersten Tag zu ihnen an Bord gekommen. Aber so wenig er sich an Bord um die armen Landsleute gekümmert hatte, so wenig beachtete er sie jetzt und hielt sich nur zu den Brasilianern, deren Sprache er geläufig redete, während er auch ganz wie sie gekleidet ging.

Auch ein langer Herr, der einen schwarzen Rock trug und fast wie ein Geistlicher aussah, nur daß er einen Strohhut auf hatte, war unter ihnen und ging auf die noch im Trupp stehenden Deutschen zu, denen er zunickte, worauf ihm die Leute einen gemeinschaftlichen »guten Morgen« boten, was ein halb freundliches, halb spöttisches Lächeln über seine sonst ziemlich strengen Züge rief.

 

Er sprach dann einige Worte mit dem Supercargo, worauf dieser zustimmend antwortete und sich dann an die Deutschen wendend rief: »Nun will ich Euch einmal etwas sagen, Ihr Leute, nun breitet Euch einmal ordentlich aus, daß man Euch Alle sehen kann. Stellt Euch in eine lange Reihe oder in einen Bogen hier herum; Platz ist ja genug da, und richtet Euch so ein, daß die Familien immer zusammen kommen. Hier, Behrens, tretet Ihr einmal dahin. Wo sind Euere Leute?«

»Die Frau ist nicht ganz wohl, – sie liegt drinnen auf dem Bett.«

»Ist sie krank?«

»Nein, krank gerade nicht, aber –«

»Na, da laßt sie nur herauskommen, sie kann sich nachher wieder hinlegen. Wir müssen einmal sehen, wen wir hier haben, man weiß ja sonst gar nicht wer zusammen gehört. So, das ist recht – und die einzelnen jungen Burschen alle hier hinüber. Wer aber bei seiner Familie bleiben will, halte sich zu der, es gibt sonst Verwirrung und ich stehe nachher für nichts.«

»Alle Wetter,« lachte der eine junge Bursch, »das sieht ja beinahe so aus als ob wir verkauft werden sollten.«

Der Supercargo wandte sich ab und ging zu den Brasilianern zurück, die indessen auch etwas näher getreten waren, um die Auswanderer zu mustern. Er unterhielt sich auch mit dem Deutschen, aber nur in der fremden Sprache, so daß die Leute nicht verstehen konnten, was er zu ihm sagte.

Indessen ordneten sich die Auswanderer, so gut es eben gehen wollte, auf dem Plan vor den Häusern, – Familien immer beisammen und nur die Frauen und Mädchen hielten sich noch schüchtern hinter den Männern und wollten nicht recht heraustreten. Es war ihnen ein gar peinliches Gefühl, hier so von all den fremden Leuten angestarrt zu werden. Aber das half ihnen nichts; so wie sich der Supercargo ihnen wieder zudrehte, zog er sie eigenhändig vor.

»Alle in eine Reihe, Leute, – das Hinterkriechen hilft Euch nichts; wir müssen sehen wen wir haben und ob Niemand fehlt. Erschwert uns die Sache nicht, denn je williger Ihr Euch zeigt, desto rascher kommen wir damit zu Ende.«

»Und nun, Senhores,« wandte er sich an die Brasilianer, indem er sein Taschenbuch und einen Bleistift herausnahm, »bitte ich Sie, Acht zu haben. Ich werde vorher die einzelnen Personen abrufen, um zu sehen ob Niemand fehlt, und dann ersuche ich Sie, die Gebote auf zusammengehörende Familien zu machen. – Einzelne aus Familien heraus können nicht abgegeben werden, Sie würden auch selber nur Unruhe und Last von ihnen haben, – es müßte denn sein, daß sie sich freiwillig dazu verständen. Bleibt die Familie beisammen, so ist sie leicht zufrieden gestellt und arbeitet dann auch mehr und williger: wird sie getrennt, so bleibt sie mürrisch und verdrossen und bekommt eine deutsche Krankheit, – das sogenannte Heimweh. Also erlauben Sie, daß ich erst die Namen abrufe.«

»Ihr Leute,« wandte sich der Supercargo dann wieder in deutscher Sprache an die Auswanderer, »ich werde jetzt einzeln Eure Namen ablesen, wie Ihr in der Schiffsliste eingetragen waret, und Jeder von Euch, wenn er seinen Namen nennen hört, antwortet mir mit lauter Stimme: hier! Habt Ihr mich verstanden? – Gut,« fuhr er fort, als ein halblautes Murmeln durch die Reihen lief, und die Ablesung begann jetzt in der gewöhnlichen Art. Nur zwei fehlten, die drinnen in der Hütte wirklich fieberkrank lagen und nicht herauskommen konnten.

Die Brasilianer waren indessen an der Reihe auf und ab gegangen, um sich die Einzelnen zu betrachten, und der lange Herr in dem schwarzen Rock sagte endlich, als der Supercargo fertig war, zu diesem: »Die Leute sehen sonst gut aus, aber verwünscht viel Kinder haben sie mitgebracht. Das wimmelt ja ordentlich von ihnen.«

»Mein lieber Herr,« erwiderte der Angeredete lächelnd, »Sie wissen recht gut, daß das kein Schaden für Sie ist, denn erstlich können sie dieselben, bis fast zu dem Kleinsten herunter, zum Baumwollpflücken und Kaffeeauflesen verwenden, und dann halten die größeren Unkosten, die Sie für Beköstigung haben, – und die nicht einmal so bedeutend sind – auch die Eltern so viel länger in Ihrem Dienst.«

Der lange Herr nickte leise und wie überlegend mit dem Kopf und schritt langsam weiter.

Der Supercargo indessen betrieb die Sache ziemlich geschäftsmäßig, und schien nicht gesonnen, viel Zeit damit zu versäumen. Es war auch schon ziemlich spät und damit heiß geworden, und je eher die Herren in ihre kühlen Häuser kamen, desto besser. Nach der Liste rief er jetzt die oben anstehenden Namen aus, – es war eine Familie aus Hessen, Mann, Frau und zwei erwachsene Söhne, ein paar kräftige, feste Burschen, wenn auch jetzt etwas hohlwangig und bleich, und was er in portugiesischer Sprache verhandelte, kam den armen Leuten fast so vor, als ob er sie anpries, denn er zeigte oft auf sie und wandte sich dann wieder an die Brasilianer. Von diesen sprach jetzt Einer, dann der Andere; sie kamen auch heran und betrachteten sich die Vorgeschlagenen näher, und es konnte diesen zuletzt nicht mehr entgehen, daß sie hier ordentlich verauctionirt wurden.

»Hol mich Dieser und Jener,« rief da einer der Burschen wieder, ein etwas wüst aussehender Gesell, der auch auf dem Schiffe fortwährend Streit gehabt, »wenn wir hier nicht ordentlich ausgeboten werden wie sauer Bier. Na, wer mich kauft ist betrogen.«

Die Übrigen schwiegen erschrocken still, denn es war ihnen ein gar so unheimlicher Gedanke, daß sie hier nicht wie freie Menschen, sondern wie Sclaven oder Vieh ausgeboten und dem Meistbietenden zugeschlagen werden sollten, und daß das in der That der Fall war, darüber konnte keine Täuschung mehr stattfinden. Aber was wollten sie jetzt machen? – sich widersetzen? Wie konnten sie das, da sie der Sprache nicht einmal mächtig waren, und die Einzigen, mit denen sie sich hätten verständigen können, gerade zu ihren Gegnern gehörten.

»Oh, du lieber Gott,« seufzte Behrens' Frau, die sich erschöpft auf den Arm ihres Mannes stützte, »wenn wir das in Deutschland gewußt hätten, – lieber doch allen Jammer und alles Elend ertragen.«

»Laß gut sein, Mutter,« flüsterte ihr der Mann zu, »wir können nur für das ausgemiethet werden, was wir abzuverdienen haben, und dürfen nachher gehen, wohin wir wollen. Wenn ich nur den Schuft, den Herrn Kollboeker, hier hätte.«

Der Verkauf oder die Auction der Deutschen ging indessen ziemlich rasch von Statten, da die Bietenden zahlreich zugeströmt waren, und selbst viele Bewohner der Hafenstadt Dienstboten zu nehmen wünschten, die sie hier unter so günstigen Bedingungen erhalten konnten. Familien konnte man freilich in der Stadt nicht gebrauchen, da man hier keine Verwendung für die Kinder hatte. – Die wurden sämmtlich den Facienderos des Inneren überlassen, und die Familie Behrens erstand denn auch ein Pflanzer, der allerdings erst lange an ihnen herummäkelte, aber zuletzt doch auf die gestellten Bedingungen einging. Der Supercargo kannte seinen Vortheil und ließ eben nicht nach.

Behrens' neuer Herr gefiel den Leuten nicht recht; er war nicht sehr groß, aber entsetzlich mager, mit einer vollkommen lederartigen Gesichtsfarbe, hatte auch um den Kopf, hinter den Ohren durch, ein schmales schwarzseidenes Tuch gebunden, da er, wie sehr viele Brasilianer, an Scropheln litt. Er sprach mit den Leuten gar nicht, richtete nicht einmal ein paar freundliche Worte an sie, die ihnen doch wohlgethan hätten, wenn sie auch die Sprache nicht verstanden. Als der Handel abgeschlossen war, winkte er einen großen, blatternarbigen Mulatten heran, dem er die verschiedenen Familienmitglieder bezeichnete, und wandte sich dann noch einmal an den Supercargo, der unfern davon bei einer anderen Gruppe stand. Dieser betrachtete sich den Mulatten und schien von dem gewordenen Auftrag nicht recht erbaut, konnte ihn aber auch vielleicht nicht gut abweisen und sagte, sich wieder gegen die Deutschen kehrend: »Also dies, meine Leute ist Euer neuer Herr, Senhor Almeira, wie er heißt, auf dessen Plantage Ihr jetzt – wahrscheinlich morgen früh – befördert werden sollt. Dieser aber, der Mulatte, ist sein Oberaufseher, dem Ihr, wenn der Herr nicht selber da ist, Eurem Contract nach, zu gehorchen habt.«

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