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Aus zwei Welttheilen. Zweiter Band.

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Die Schritte der Männer wurden jetzt auf der Treppe gehört.

»Er bleibt lange,« flüsterte Gabriele.

»Recht lange,« sagte Saise und sie fühlte plötzlich, wie der Freundin Augen auf ihr hafteten – aber sie begegnete ihnen nicht, sondern schmiegte sich nur inniger und fester an sie an.

»Saise – bist Du noch nicht beruhigt?« bat Gabriele – »fehlt Dir noch etwas? sieh nur wie feuerroth Du geworden.«

»Guten Abend, Ladies,« sagte die Stimme des Fremden.

»Um Gottes willen, Kind – was ist Dir? alles Blut flieht aus Deinen Wangen?« rief die Creolin erschrocken, die Veränderung in den Zügen der Freundin bemerkend.

»Guten Abend, Kinder,« wiederholte Mr. Beaufort – »Mr. Pitwell, meine Tochter und ihre Freundin, eine junge Indianerin. – Nun, Gabriele – ist Saise krank? was fehlt dem Mädchen?«

»Ich weiß in der That nicht, Vater – sie erblaßte eben; und zittert jetzt so heftig am ganzen Körper – Saise!«

»Ja,« flüsterte das schöne Mädchen, richtete sich empor, wandte sich gegen den Fremden um, blickte ihn einen Augenblick starr an und stürzte dann mit einem Mark und Bein zerschneidenden Schrei ohnmächtig zu Boden.

Gabriele, die wie ein Blitzesschlag die Wahrheit durchzuckte, warf ihr Tuch über das Antlitz der Freundin – aber es war zu spät – Pitwell, durch das sonderbare Benehmen aufmerksam gemacht, sprang, kaum wissend was er that, auf sie zu, riß das Tuch herunter und rief in höchstem Schreck und Staunen:

»Alle Wetter – meine ertrunkene Sklavin!«

»Eure was?« schrie Beaufort, mit wildem Satz herbeispringend – »Eure Sklavin? Mann, seid Ihr des Teufels? – das ist eine Indianerin, und die werden nicht verkauft.«

»Es ist falsch!« stöhnte Gabriele in entsetzlicher Seelenangst, den leblosen Körper der Unglücklichen unterstützend – »es ist eine teuflische Lüge – dies Mädchen ist den Ihrigen geraubt – ein niederträchtiges Bubenstück ist begangen – Saise ist so frei wie ich selbst – Ihr dürft Euch nicht an ihr vergreifen.«

»Ich fordere mein Eigenthum zurück,« sagte der Fremde finster, und griff zugleich in die Tasche, aus der er ein Paket zusammengebundener Papiere herausnahm. – »Hier ist ihr Kaufbrief,« fuhr er dann, sich gegen den Pflanzer wendend, fort – »ihr Vater war Indianer, ihre Mutter war Mulattin – seht nur ihr Haar an. Und daß es die rechte ist, dafür bürgt Euch, wenn nicht ihr jetziger Schreck, das hier verzeichnete Maal auf ihrer linken Schulter.«

Beaufort durchlief schweigend die Schrift und schritt dann auf Saise zu.

»Zurück, Vater – um Gottes willen zurück« – rief Gabriele in höchster Angst, »Du darfst den Worten jenes Mannes nicht glauben – sie sind falsch, bei dem ewigen Gott da oben.«

»Gabriele,« sagte der Vater freundlich, aber auch sehr ernst – »dies ist ein Geschäft, bei dem Du weiter keine Stimme hast; findet sich das Maal nicht, wie ich hoffen will, – denn den Galgen verdient das Ding, wenn es Niggerblut in den Adern hat und sich dabei untersteht, mit weißen Leuten an einem Tisch zu essen – so ist die Anklage überdies unbegründet; findet es sich aber, dann bleibt die Person keine fünf Minuten mehr unter meinem Dache, oder ich will nicht selig werden – Du weißt, daß ich mein Wort halte.«

»Vater – bei allen Heiligen beschwör' ich Dich – dieser Kaufbrief ist verfälscht – Saise hat mir Alles entdeckt – sie ist den Ihrigen schändlich geraubt – ihr Vater erschlagen, sie selbst fortgeschleppt. –«

»Märchen,« lächelte Pitwell kopfschüttelnd. »Haben Sie schon je einen weggelaufenen Nigger gesehen, mein Fräulein, der sich nicht irgend eine solche glaubwürdige Geschichte ausgedacht hätte?«

»Vater – Vater!« bat Gabriele, und versuchte ihn zurückzuhalten, er stieß sie aber jetzt unwillig bei Seite und rief:

»Nun wird's mir bald zu bunt – ich thue dem Ding ja Nichts; ist sie eine Indianerin, so ist sie so frei wie wir selbst, findet sich aber – ha – beim Teufel – das ist es – Mr. Pitwell –«

»Halt!« schrie Gabriele – deren Blick oft und ängstlich nach der nicht so fernen Straße hinübergeschweift war – »halt! dort kommt Mr. St. Clyde – warten Sie seine Ankunft ab, er kann, er darf das nicht zugeben.«

»Mr. St. Clyde soll zum Teufel gehen,« zürnte der alte Pflanzer – »hat sich der in die Rechte eines fremden Mannes zu mischen? Mr. Pitwell, das Mädchen ist die Ihrige, und meiner Tochter mag sie's danken, daß sie nicht noch vorher eine gehörige Anzahl Peitschenhiebe mitnimmt. Verdammt! ein Nigger, der so frech ist sein Fell zu verleugnen!«

»Wir können sie ja bis morgen früh in irgend eine der Negerhütten schaffen,« sagte Pitwell, auf sie zugehend und seine Hand nach der immer noch Bewußtlosen ausstreckend, »morgen früh« –

Die flüchtigen Schritte eines Mannes wurden auf der Treppe gehört.

»Mr. St. Clyde – zu Hülfe!« rief Gabriele in letzter Noth. In demselben Moment aber daß die Creolin diesen Namen ausstieß und der junge Mann in der Thüre erschien, schlug auch Saise die Augen wieder auf. Ein einziger Blick sagte ihr Alles – wenige Secunden lang barg sie ihr Antlitz an der Brust der Freundin, dann aber hob sie sich, von Gabriele gehalten, empor und schaute, die großen dunkeln Augen weit geöffnet, wild und leise zusammenschaudernd im Kreise umher.

»Um Gottes willen – was ist hier vorgefallen?« rief St. Clyde, indem er auf das zitternde Mädchen zusprang und es unterstützte – »was ist geschehen, Miß Beaufort?«

»Retten Sie Saise,« rief die Jungfrau – »retten Sie Saise vor jenem Buben.«

Der Fremde wurde leichenblaß und starrte wild umher.

»Gabriele!« rief aber der Vater, »jetzt hab' ich's satt – Mr. St. Clyde, überlassen Sie den Nigger sich selbst – es ziemt einem weißen Manne nicht –«

»Mr. Beaufort!«

»Allerdings – das Mädchen ist eine, diesem Gentleman entflohene Sklavin.«

»Das ist eine Lüge,« sagte Saise plötzlich, sich hoch und stolz emporrichtend; das Wort Nigger hatte ihr ihre ganze Kraft und Stärke wiedergegeben; sie fühlte, wie jetzt der Augenblick gekommen, vor dem sie so lange schon gebebt; aber gerade da er gekommen, hatte er auch all' sein Fürchterliches verloren. Ihre ganze Seelenstärke war zurückgekehrt und die Indianerin, die freie Tochter der Wälder in ihr erwacht. –

Aber vergebens erzählte sie jetzt mit klaren, überzeugenden Worten das ganze Bubenstück jenes Schurken, der lächelnd und achselzuckend daneben stand, vergebens rief sie Gott zu ihrem Zeugen an – sie war in Louisiana – ein weißer Mann hatte sie als seine ihm entflohene Sklavin reclamirt – das krause Haar sprach für seine Aussage, mehr aber noch und unantastbar fast der Kaufbrief und ihre darin genau verzeichnete Gestalt. War doch selbst vor nicht gar langer Zeit ein weißes Mädchen, mit blonden Haaren und blauen Augen, aber als die Tochter einer Mestize, hier öffentlich versteigert worden, und wenn diese selbst fast weiß sein mochte, blieb sie Sklavin; wie viel mehr nun eine Indianerin, deren braune Hautfarbe der Amerikaner überdies als der seinen untergeordnet hielt und nur wenig höher schätzte, als die äthiopische Race selbst.

Gabriele wollte, als alle Bitten nutzlos blieben, dem Fremden die Freundin abkaufen, dagegen aber protestirte St. Clyde und zwar mit einer Wärme, die, wenn sie nur aus reiner Menschlichkeit entsprang, ihm alle Ehre machte.

»Nein!« rief er, »nein – das hieße bekennen, sie gehöre zu jenem verachteten Stamm! rein und frei soll sie dastehen und wenn ich den Beweis dazu mit meinem Blute führen sollte. Mr. Pitwell, Sie werden diesen Parish nicht wieder verlassen, ehe Sie sich von der gegen Sie erhobenen Anklage gereinigt haben –«

»Wer klagt ihn an?« rief Beaufort auffahrend, »wer klagt ihn an, Sir? Ein Nigger – seine eigene Sklavin; sind Sie thöricht genug zu glauben, daß das Gericht auf solche Klage eingehen würde? Sie sollten die Gesetze des Staates besser kennen.«

»Ich selber klage diesen Mann an,« rief St. Clyde, »ich selber – nicht diese Unglückliche, die seinen Händen bis dahin nicht überliefert werden darf.«

»Das möchte Ihnen schwer werden durchzusetzen,« hohnlachte Pitwell, »glücklicherweise bin ich vertraut genug mit den hiesigen Gebräuchen. Sie können mich anklagen, aber mein Eigenthum dürfen Sie mir indessen nicht vorenthalten.«

»Herr, Sie müssen erst beweisen, daß Saise Ihr Eigenthum ist!« rief St. Clyde.

»Das ist bewiesen, Mr. St. Clyde!« entgegnete Beaufort kalt – »und jetzt würden Sie mich sehr verbinden, keine weitere Störung hier zu verursachen.«

»Mr. Duxon,« wandte er sich dann an den Overseer, der in diesem Augenblick in der Thür erschien, »haben Sie die Güte, diese entflohene Sklavin – und er deutete auf Saise – in einer der Negerhütten unterzubringen; Sie haften mir aber für ihre Sicherheit.«

»Saise?« rief Duxon erstaunt und wollte kaum seinen Ohren und Augen trauen – »Saise – ein Nigger? – Ei, da muß ja der Teu… –«

»Herr!« rief St. Clyde entrüstet.

»Um Gottes willen!« flehte Saise, seinen Arm ergreifend, »kämpfen Sie jetzt nicht gegen die Uebermacht an – wenden Sie sich an die Gerichte – die müssen mir helfen, ich stehe ja unter dem Schutz der Vereinigten Staaten. Mein Vater hat sein Land an diese abgetreten und sie haben versprochen, ihm beizustehen. Man soll mich nur so lange gefangen halten, bis ich einen Boten zu meinem Stamme schicken kann; Alle werden hierher kommen und Zeugniß für mich ablegen, daß ich die Tochter ihres Häuptlings bin. O, wenn mein Bruder nur wüßte –«

»Dazu braucht es keine Indianer,« lächelte Pitwell, »das kann ich selbst bezeugen; wer aber war Deine Mutter? Eine Mestize – steht es hier etwa anders geschrieben? Diese Mestize gehörte meinem Freund, von dem ich Dich gekauft, und wenn der Dich Deinem Vater so lange Jahre ließ, so geschah es bloß deshalb, daß er Dich erziehen sollte; seine Sklavin bist Du deshalb doch.«

»Meine Mutter war die Tochter eines Siouxhäuptlings,« rief Saise, sich stolz emporrichtend, »und wer das Gegentheil behauptet, lügt!«

 

Die Faust des alten Beaufort fällte die Unglückliche mit einem Schlage zu Boden.

»Was?« schrie er, »will das Niggerthier noch in meiner Gegenwart einen weißen Mann einen Lügner nennen? Ist's nicht genug, daß sie mich erst selber anlügen und zum Narren haben mußte?«

Er würde seine Worte kaum so unangefochten beendet haben, denn mit einem Racheschrei auf den Lippen sprang St. Clyde auf ihn zu, aber ihm entgegen warf sich Gabriele und beschwor ihn bei Allem, was ihm heilig sei, bei Allem, was er liebe, ihres Vaters zu schonen. Jetzt trat aber auch der Overseer dazwischen und rief dem jungen Manne trotzig zu:

»Herr St. Clyde, ich will Sie hiermit wohlmeinend gewarnt haben, keine überflüssigen Worte mehr zu reden. Die Mamsel steht von diesem Augenblick an unter meiner Wache und wer meine Nigger gegen mich in Schutz nehmen will, dem renne ich einen Fuß kalten Stahl in den Leib!« Und er zog, während er diese Worte sprach, sein schweres Bowiemesser unter der Weste vor.

Clyde war unbewaffnet, und wußte auch, wie die Gesetze einen Overseer oder Sklavenbesitzer schützen, wenn sich ein Fremder in ihre Angelegenheiten ungerufen mischt. Noch kürzlich war auf solche Art ein Abolitionist aus Ohio erschossen, ohne daß der Mörder mehr Ungelegenheiten als ein etwa viertelstündiges Verhör deshalb gehabt hätte; für jetzt mußte er also der rohen Gewalt weichen, aber retten wollte er Saisen, das schwur er sich, und wenn es sein eigenes Leben kosten solle.

»Mr. Beaufort,« rief er, sich noch einmal an den Pflanzer wendend, »Sie werden mir für die Mißhandlung dieser Unglücklichen Rede stehen; jetzt habe ich keine Macht, Ihrer Gewaltthat zu begegnen; thun Sie mit dem armen Mädchen, was Sie verantworten können, aber der ewige Gott da oben ist mein Zeuge, daß ich mich von jetzt an für Saisens Schützer erkläre, und die Gesetze des Staates müssen und werden mir beistehen. Leben Sie wohl, Fräulein Beaufort, und oh – verlassen Sie die Arme nicht – gönnen Sie ihr wenigstens den Trost, zu fühlen, daß sie nicht ganz allein auf der Welt steht.«

Der Overseer hatte indessen zwei Negern, die eben Handwerkszeug zum Hause schafften, heraufzukommen gewinkt und rief diesen nun zu: »Schafft das Mädchen da in Mutter Betty's Hütte hinunter, und Du, Ben, stehst Wache dabei, Dein schwarzes Fell bürgt mir für sie; ich zieh es Dir lebendig vom Leibe, wenn Du sie entwischen läßt.«

»Keine Furcht, Massa« – sagte der Neger grinsend, »aber welches Mädchen, De Lor' bleß you, ich sehe kein Mädchen zum mitnehmen, Missus Saise?«

St. Clyde sprang die Treppe hinab, schwang sich auf sein Pferd und sprengte mit verhängten Zügeln dem Mississippi zu; Gabriele bog sich schluchzend zu dem armen Kinde nieder und band ihr das eigene Tuch um die blutende Stirn, die beiden Neger aber starrten mit weit von einander gerissenen Lippen bald den Einen, bald den Andern an und konnten das Vorgefallene nicht begreifen, bis sie ihres Vorgesetzten erneuter Ruf und die drohend geschwungene Peitsche an die Erfüllung des gegebenen Befehls erinnerte. Sie hoben die Indianerin vom Boden auf und verschwanden mit ihr bald nachher in einer der niederen, gleichförmigen Negerhütten, die in langen, regelmäßigen Reihen, einer kleinen Stadt nicht unähnlich, das Herrenhaus umgaben. Gabriele zog sich auf ihr Zimmer zurück, die Männer aber – der Overseer wurde heute ebenfalls von seinem Prinzipal eingeladen zu Tisch zu bleiben – ließen sich an der Tafel nieder, und Beaufort schien mit dem eisigen Claret allen Aerger und Verdruß hinunterspülen zu wollen, bedankte sich aber, ehe er sein Lager suchte, noch einmal bei dem Fremden, daß er ihn und sein Haus von der Schande befreit habe, »verdammtes Niggerblut« neben Weißen zu beherbergen.

Mr. Pitwell hatte seine Schlafstelle angewiesen bekommen; da aber die Luft kühl war, wie er sagte, so zog er es vor, noch ein Viertelstündchen mit dem Overseer am Flusse auf- und abzugehen, stieg also mit diesem hinunter, und schritt zwischen einer Allee von China- und Tulpenbäumen hin, dem Eingang der Plantage zu, der durch eine dichte Feigen- und Orangenhecke beschattet wurde.

»Hört einmal, Pitwell« – sagte Duxon, hier stehen bleibend – »habt Ihr wieder einen von Euren alten Streichen ausgeübt, he? Ist das Mädchen ein Nigger oder ist's keiner?«

»Was geht's Euch an?« brummte Pitwell, sich ängstlich dabei umsehend – »es kann uns doch Niemand hier behorchen?«

»Keine Seele – aber kommt – Ihr müßt mir die Sache erzählen; verdammt will ich sein, wenn das mit rechten Dingen zugeht. Oh zum Henker, Mann, seid doch nicht so verschwiegen; von uns Beiden wird doch wahrhaftig keiner den Andern verrathen?«

»Nun gut, Ihr sollt Alles wissen, aber kommt fort von hier, ins Freie hinaus,« flüsterte Pitwell, »hier unter den Bäumen ist mir's so unheimlich und kommt mir immer vor, als ob mich Jemand behorchte.«

Die beiden würdigen Leute schritten mitsammen an das Ufer des Fausse Rivière und wanderten hier Arm in Arm herauf und herunter von der Plantage. Pitwell erzählte nun dem Freunde und Bundesgenossen aufrichtig den ganzen Hergang, erklärte ihm aber auch, daß er, trotz seiner Sicherheit, doch nicht abwarten wolle, bis der junge Laffe – St. Clyde – seine Drohungen wahr machen könne, sondern morgen mit dem Frühsten aufbrechen werde.

»Das trifft sich herrlich!« sagte der Overseer, »ich bin mit Beaufort ebenfalls in Abrechnung begriffen und kann Euch vielleicht, wenn Ihr nur noch ein oder zwei Tage bleibt, begleiten. Ueber die jetzige Nachlese läßt sich dann leicht ein ungefährer Ueberschlag machen. Mir gefällt's nicht mehr hier am Fluß, ich will nach Texas und eine eigene Plantage kaufen.«

»Wie? Schon so viel verdient? Das ist geschwind gegangen,« lachte der Fremde.

»Da müßte Einer ein gewaltiger Thor sein,« meinte der Overseer lächelnd, »wenn er auf einer solchen Pflanzung nicht in drei Jahren ein Capitälchen zurücklegen könnte.«

»Mir wär's recht, so lange zu warten,« sagte Pitwell, »aber ich kann nicht, ich muß machen, daß ich das Ding verkaufe; erstlich fühl ich mich hier nicht so recht sicher, und dann – hab ich sonst noch Arbeit. Das Wiederfinden hätte mir übrigens nicht gelegener kommen können; weiß nur der Teufel, wie das kleine Geschöpf dem Ersaufen entgangen ist; mit meinen eigenen Augen hab ich gesehen, wie es unterging, und noch dazu mit gebundenen Händen.«

»Die Indianer können schwimmen und tauchen wie die Fische;« lachte Duxon; »aber wißt Ihr was, Pitwell, ich kaufe Euch die Kleine ab?«

»Was – Ihr? – Aber jener Creole?«

»Mag zum Teufel gehen, ich übernehme jede weitere Verantwortung.«

»Und kauft Ihr sie so, wie ich sie verkaufen kann?« frug vorsichtig der Yankee, »wollt Ihr den Verlust tragen, wenn die Indianer kämen und sie als die Tochter ihres Häuptlings reclamirten?«

»Ja gewiß,« rief spöttisch der Overseer, »aber dafür muß ich sie auch billig haben – ich gebe Euch zweihundert Dollar.«

»Hallo – das ist zu wenig – bedenkt, das Mädchen ist achthundert werth.«

»Wenn ich Euch im Stiche lasse, keine funfzig Cent,« höhnte Duxon.

»Nein, Mann, zweihundert ist bei Gott zu wenig, da ließ ich es doch lieber selber darauf ankommen; gebt mir drei und sie ist Euer!«

»Topp – kommt mit in mein Haus, schreibt den Kaufbrief auf mich über und nehmt das Geld in Empfang.«

»Und glaubt Ihr, daß ich noch, ohne Gefahr zu laufen, ein paar Stunden hier verweilen kann?«

»Ein paar Jahre, wenn Ihr wollt; hab ich erst einmal das Mädchen, so soll sie mir ganz Louisiana nicht mehr entreißen können; die Gesetze müssen in allen Sklavenstaaten auf meiner Seite sein, und es giebt dann nichts Gefährlicheres auf der Welt, als ihnen, gerade in diesem Punkt, widerstreben zu wollen. Kommt, Pitwell, in zehn Minuten muß die schöne Indianerin mir gehören, und morgen schon mache ich meine Anrechte auf sie geltend; nachher kann ihr ganzer Stamm kommen und schwören – mir gleich.«

Die beiden Männer schritten eilig in das zwischen den Negerhütten stehende, und sich nur durch ein höheres Dach und eine Galerie von diesen unterscheidende Haus des Overseers zurück, und schlossen dort den beredeten Handel ab. Pitwell empfing das Geld und Saise wurde dem Overseer als alleiniges und rechtmäßiges Eigenthum überschrieben. Beaufort selbst sollte am nächsten Morgen seinen Namen als Zeuge daruntersetzen.

St. Clyde hatte indessen sein Pferd mit Sporen und Peitsche so angetrieben, daß es, als er vor des Richters Thür in Point-Coupee anhielt, ein paar Secunden lang hin und her schwankte und dann, matt und aufgerieben, wie es war, zusammenbrach; ohne es aber auch nur eines Blickes zu würdigen, flog er die Treppe hinauf, stürzte in des Richters Zimmer und rief diesen, ihm mit wenigen Worten die Frevelthat erzählend, um Beistand an.

Der Richter war ein wackerer Mann, streng rechtlich und in der Ausübung seiner Pflicht menschlich, aber gar bedenklich schüttelte er mit dem Kopfe, als er von dem nach Form Rechtens ausgestellten Kaufbriefe hörte. Er kannte die Gewalt, die ein solches Schreiben hatte.

»Junger Mann,« sagte er nach langer Pause, während er sinnend, den Kopf in die Hand gestützt, zu dem Creolen aufschaute, »das ist eine böse Sache. Erstlich scheint es mir freilich, als ob Sie das Ganze ein bischen zu romantisch ansähen, dann aber, wäre auch wirklich Alles so, wie Sie es schildern, so sehe ich doch nicht ein, auf welche Art es gehoben werden könnte; wir dürfen nicht gegen die Gesetze handeln und wenn wir wirklich den festen Glauben hätten, dem armen Mädchen geschähe Unrecht.«

»Aber Sie werden doch nicht zugeben, daß eine freie Indianerin aufgegriffen und verkauft wird?« rief St. Clyde erzürnt, »dasselbe könnte ja jedem Weißen begegnen, wenn sich zwei Buben vereinigten, einen Kaufbrief über ihn zu schreiben und zu schwören, daß seine Mutter eine Mestize gewesen sei.«

»Das nun wohl nicht,« lächelte der Richter; »ehe ein Weißer verkauft würde, müßten gewaltige Beweise vorliegen, daß er wirklich aus Negerblut abstamme; aber Sie dürfen auch nicht allen solchen Erzählungen weggelaufener Neger glauben; großer Gott, die lügen Ihnen manchmal das Blaue vom Himmel herunter.«

»Wär es denn nicht möglich, die Indianerin den Händen jenes Mannes zu entziehen, bis man Zeugen aus ihrem Stamm herbeischaffen könnte?«

»Bester Freund, der Stamm lebt an die sieben bis achthundert Meilen von hier entfernt, Mr. Beaufort selbst hat sie über vierhundert Meilen den Fluß heruntergebracht; nein, da könnten ja nur alle derartigen, Indianern ähnliche Personen, wie zum Beispiel Mulatten und Mestizen, behaupten, es flösse rein indianisches Blut in ihren Adern, und uns dann ersuchen, nach den Eskimos hinaufzuschicken und Zeugen herunter zu holen. Nein, das geht nicht. Hätten wir aber auch wirklich die Zeugen hier, so sind das immer nur – Indianer. Das Gescheidteste wäre, Sie kauften das Mädchen, wenn Ihnen wirklich so viel daran liegt, als mir vorkommt.«

»Kaufen?« rief St. Clyde mit schmerzdurchbebter Stimme, »kaufen? – und sie ist dann wirklich Sklavin? Ist denn kein Ausweg, die Unglückliche von dieser Schande zu retten?«

»Ich fürchte – nein – auf jeden Fall aber wäre dies das Sicherste, sie doch wenigstens für den Augenblick zurückzuhalten. Vielleicht läßt sich jener Fremde auch bewegen, vorher nur einen Theil der Zahlung zu nehmen, und man kann dann sehen, was weiter in der Sache zu thun ist; was sagen Sie dazu?«

»Ach, bester Richter,« seufzte der junge Creole wehmüthig, »Sie wissen recht gut, daß ich arm bin. Mein einziges Pferd ist mir eben gestürzt, und ich werde kaum Geld genug übrig behalten, mir ein neues zu kaufen. Wie sollte ich die Summe auftreiben, die jener Bube für Saise fordern wird?«

»Hören Sie, St. Clyde, ich will Ihnen einen Vorschlag machen, ich selbst will das Mädchen kaufen und bei mir behalten; haben Sie sich das Geld verdient – so – überlaß ich sie Ihnen.«

»Kaufen und immer nur kaufen!« stöhnte der Creole.

»Nehmen Sie meinen Vorschlag an,« sagte der Richter herzlich, »sie soll in meinem Hause wie eine Tochter behandelt werden.«

»Gut denn, es sei,« rief St. Clyde, »ich muß mich fügen; es rettet sie ja wenigstens für den Augenblick; dann aber schaffe ich die Zeugen ihrer freien Geburt und wenn ich sie aus den Eisregionen des Nordens herunterholen müßte.«

»Es wird Ihnen nicht viel helfen; wollen Sie übrigens schlechterdings nach jenem Stamme einen Boten haben, so kann ich Ihnen zufällig die Anweisung geben, den zu finden. Heute Morgen waren sieben oder acht Indianer aus dem Parish West-Feliciana, von drüben über dem Mississippi, hier in Point-Coupee; sie haben Hirschfleisch verkauft und dafür Pulver, Blei und Whisky mit hinüber genommen.«

»Von welchem Stamme waren sie?«

 

»Wahrscheinlich Chocktaws, von denen halten sich stets einige hier in der Nähe auf. Doch erst bringen Sie den Handel in Richtigkeit; denn ist dem wirklich so, wie Sie glauben, und hat der gute Mann kein recht reines Gewissen, so wird er sich schwerlich lange in der hiesigen Nachbarschaft aufhalten, sondern seine Beute in Sicherheit bringen wollen. – So – hier dieses Papier geben Sie nur an Mr. Beaufort, er mag den Kauf für mich abschließen; meine Frau ist doch jetzt ganz allein und kennt die Indianerin auch schon, die Beiden werden sich sicherlich recht gut vertragen.«

»Doch, bester Richter, ich muß ein anderes Pferd haben; können Sie mir ein's verkaufen?«

»Was wollen Sie d'ran wenden?« frug dieser; denn ein Amerikaner läßt nie eine Gelegenheit ungenutzt vorüber, wo er hoffen darf einen Pferdehandel zu machen.

»Vierzig Dollar bleiben mir, das Nothwendigste abgerechnet, über.«

»Gut – ich schaffe Ihnen ein Pferd, aber heute Abend können Sie unmöglich noch fort.«

»Gleich! –«

»Unsinn, verderben Sie sich jetzt ihr Spiel nicht selbst durch Ihre Hitze; Abends acht Uhr hat der alte Beaufort seine Ladung Claret und geht zu Bett; erstlich ist es nachher ein Ding der Unmöglichkeit, ihn munter zu bringen, und geläng es Ihnen wirklich, so möchte ich die Laune sehen, in der er sich befindet. Vor neun Uhr morgen früh ist er nicht zu sprechen, und reiten Sie um acht Uhr hier fort, so treffen Sie ihn gerade beim Frühstück – das ist die beste Zeit. Uebrigens habe ich Beaufort ersucht, die Zahlung drei Tage zu verzögern und Saise indessen an sich zu nehmen; vielleicht gelingt es mir doch noch, sie zu retten. Ich will morgen mit Beatty, einem unserer besten Advokaten hier, sprechen; giebt es eine Art und Weise, auf welche wir die Identität der Häuptlingstochter beweisen können, so wird der sie schon ausfinden.«

Von neuen Hoffnungen erfüllt, ließ sich St. Clyde endlich durch die Gründe des Richters bewegen, auf seine Vorschläge einzugehen und die Nacht bei ihm zuzubringen. Als er aber am nächsten Morgen mit dem Brief, der Saise aus den Klauen jenes Buben retten sollte, auf der breiten Straße dahinsprengte, da ward er es sich erst selbst so recht bewußt und klar, wie er jenes unglückliche Mädchen liebe und wie es für ihn auf dieser Welt keinen weitern Frieden gebe, als den, den er an ihrer Seite finden konnte. Wohl war er arm und hatte Nichts, als seine eigene Kraft und Ausdauer; die Tochter der Wälder aber, an Entbehrungen von Jugend auf gewöhnt, würde sich wohl schwerlich zu dem civilisirteren Leben der Ansiedlungen zurückgesehnt haben, wenn er ihr wirklich, wie er es hoffte und glaubte, nicht gleichgültig war; nur erst frei mußte sie sein, frei wieder, wie der Vogel der Luft und der Hirsch der Prairie, und diese Angst von ihr genommen werden.

Zu schnellerem Trab spornte er sein wackeres Thier an, als er des armen Mädchens gedachte, und unter den hohen, schattigen Magnolien flog er rasch und fröhlich dahin. Endlich erreichte er die Ansiedlungen des Fausse Riviere, durch das kleine Städtchen sprengte er mit verhängten Zügeln – an Plantage nach Plantage brauste er vorbei – schon war er am »Poydras-College« vorüber und dort – dort schimmerte ihm jetzt das hohe, glänzende Dach aus dem grünen, schwellenden Laub entgegen. Er hatte die Orangenhecke erreicht, sprang vom Pferd, hing den Zügel desselben über einen alten, halbverdorrten Feigenbaum und flog die Stufen hinauf, wo er wußte, daß Mr. Beaufort allmorgendlich sein Frühstück halte.

»Hallo, St. Clyde,« rief ihm dieser freundlich entgegen, »das ist hübsch von Euch, daß Ihr wiederkommt, ich war gestern Abend ein bischen brummig, aber der verdammte Nigger hatte mich so geärgert. Nun, kommen Sie her – dahinten steht noch ein Stuhl – Scipio, Canaille, kannst Du nicht aufpassen, wenn Gentleman einen Stuhl sucht,« unterbrach er sich dann selbst, um einem kleinen, bei Tisch aufwartenden Negerknaben vorher diese freundliche Ermahnung zukommen zu lassen.

St. Clyde blickte ängstlich in dem Raum umher, in dem sonst zu dieser Zeit Gabriele und Saise nie gefehlt hatten.

»Sie suchen meine Tochter?« frug Beaufort, den Blick bemerkend – »ist nicht recht wohl heute Morgen, läßt sich entschuldigen.«

»Und – und Saise!«

»Hören Sie, St. Clyde,« sagte der alte Beaufort, sein Messer niederlegend, »wenn wir gute Freunde bleiben sollen, so verderben Sie mir mein Frühstück nicht und lassen Sie die alte Geschichte ruhen. Die Sache ist abgemacht.«

»Abgemacht? Um Gottes willen, wie? Ist Saise fort?«

»Noch nicht, aber nun thun Sie mir den Gefallen und setzen Sie sich. Der Claret ist ausgezeichnet und das Beefsteak vortrefflich.«

»Mr. Beaufort, ich habe diesen Brief vom Richter an Sie abzugeben; er läßt Sie dringend bitten, seinem Wunsche zu willfahren!«

»Schön,« sagte Beaufort, das Schreiben, ohne es weiter anzusehen, unter den Teller schiebend, »wollen's nachher einmal untersuchen.«

»Es hat Eile, Mr. Beaufort, es hängt das Glück eines Lebens davon ab,« bat St. Clyde.

»Nun hab' ich's bald satt,« rief Beaufort halb lachend, halb ärgerlich; »glauben Sie denn, ich ließe der ganzen Welt zu Gefallen, mein Beefsteak kalt und den Claret warm werden? Was nicht bis nach dem Frühstück Zeit hat, bleibt ganz, das ist mein Sprichwort, und nun setzen Sie sich, sonst werd' ich ernstlich böse.«

St. Clyde sah wohl daß hier keine weiteren Vorstellungen halfen, er ließ sich also neben dem Pflanzer nieder, aber nicht möglich war es ihm einen Bissen über die Lippen zu bringen; ein paar Gläser Wein trank er, sein kochendes Blut abzukühlen, und ging dann unruhig in der von Blumen und Blüten durchdufteten Galerie auf und ab. Mr. Beaufort beendete indessen sein Frühstück in aller Behaglichkeit, schlürfte noch langsam den letzten Rest Wein hinunter, wischte sich dann den Mund ab, lehnte sich ein wenig im Stuhl zurück und sagte mit einem tiefen Athemzug:

»So – jetzt wollen wir ein bischen hinuntergehen und zusehen, wie –«

»Aber der Brief –«

»Ach ja so – den hätt' ich beinahe vergessen, nun, was schreibt denn der Richter – Lieber Freund – interessire mich – da ich dringend bedarf – Frau allein – bitte Sie herzlich mir – Saise – beim Himmel wieder der verwünschte Nigger – anzukaufen – Unsinn, kommt zu spät – wichtige Ursachen – Auslieferung zu verschieben – Unsinn, kommt zu spät, sag ich – ungemein verbinden – vollkommenste Hochachtung und Freundschaft – ja, thut mir leid – kommt zu spät –«

»Aber Sie sagten ja erst vor wenigen Secunden, daß Saise noch nicht fort sei? Wie ist es da möglich?«

»Mein Overseer hat sie gekauft,« entgegnete ihm Beaufort, sich die Zähne stochernd; »jetzt wenden Sie sich an den und lassen Sie mich mit der Sache ungeschoren – ich hab' es satt, noch länger mit dem Geschöpf geplagt zu werden.«

»Aber, Mr. Beaufort, was um des Heilands willen hat Sie nur gegen die Unglückliche so hart machen können? Sie behandelten sie ja doch bis jetzt immer mehr wie ein Vater, als ein Fremder.«

»Das ist es eben, Herr!« rief der alte Pflanzer entrüstet – »das ist es eben; die Schande vor allen meinen Niggern erleben zu müssen; glauben Sie denn nicht, daß sich die Schufte halb todt lachen, weil ihr Herr mit einem von ihrer Race so lange an einem Tisch gegessen hat?«

»Wenn aber nun Saise wirklich aus rein indianischem Blute entsprossen wäre und Sie, ohne es zu wissen, ein Bubenstück unterstützt hätten?« frug St. Clyde, den alten Mann fest ins Auge fassend, »wenn nun jener Fremde mit schurkischen Genossen und der Hülfe eines Richters diesen Kaufbrief geschmiedet hätte und durch Sie eine Unglückliche, die Sie bis jetzt für ihren zweiten Vater hielt, in namenloses Elend gestoßen wäre?«

Beaufort sah den jungen Mann einen Augenblick starr an, dann aber schüttelte er ärgerlich mit dem Kopf und rief:

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