Farm der Tiere

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Farm der Tiere
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George Orwell

Farm der Tiere

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Inhaltsverzeichnis

Titel

Kapitel I

Kapitel II

Kapitel III

Kapitel IV

Kapitel V

Kapitel VI

Kapitel VII

Kapitel VIII

Kapitel IX

Kapitel X

Impressum neobooks

Kapitel I

Mr. Jones von der Manor Farm hatte noch die Hühnerställe für die Nacht verschlossen, war aber zu betrunken, um daran zu denken, die Auslauföffnungen zu verriegeln. Der Schein seiner Laterne tanzte von einer Seite zur anderen, während er über den Hof taumelte, er warf seine Stiefel an der Hintertür ab, holte sich ein letztes Glas Bier aus dem Fass in der Wirtschaftsküche und machte sich auf den Weg ins Bett, in dem Mrs. Jones bereits schnarchte.

Als das Licht im Schlafzimmer erlosch, ertönte in den Ställen ein Getrampel und Geflatter. Tagsüber hatte sich herumgesprochen, dass der alte Major, der preisgekrönte weiße Yorkshire-Eber, in der Nacht zuvor einen seltsamen Traum gehabt hatte und den anderen Tieren davon erzählen wollte.

Es war vereinbart worden, dass sie sich alle in der großen Scheune treffen sollten, sobald Mr. Jones sicher aus dem Weg war. Der alte Major (so wurde er immer genannt, obwohl der Name, unter dem er aufgetreten war, Willingdon Beauty lautete) war auf dem Hof so hoch angesehen, dass jeder bereit war, auf eine Stunde Schlaf zu verzichten, um zu hören, was er zu sagen hatte.

Am Ende der großen Scheune, auf einer etwas erhöhten Plattform, lag Major bereits auf seinem Strohlager unter einer Laterne, die von einem Balken hing. Er war zwölf Jahre alt und in letzter Zeit ziemlich stämmig geworden, aber er war immer noch ein majestätisch aussehendes Schwein, das weise und wohlwollend aussah, obwohl seine Hauer nie geschnitten worden waren. Es dauerte nicht lange, bis die anderen Tiere ankamen und es sich auf ihre unterschiedlichen Weisen bequem machten. Zuerst kamen die drei Hunde, Bluebell, Jessie und Pincher, dann die Schweine, die sich im Stroh direkt vor der Plattform niederließen. Die Hühner setzten sich auf die Fensterbänke, die Tauben flatterten hinauf zu den Dachsparren, die Schafe und Kühe legten sich hinter die Schweine und begannen wiederzukäuen. Die beiden Zugpferde, Boxer und Clover, kamen gemeinsam herein, gingen sehr vorsichtig und ließen ihre riesigen, behaarten Hufe behutsam nieder, für den Fall, dass sich irgendein kleines Tier im Stroh verbarg. Clover war eine kräftige, mütterliche Stute, die auf die Mitte ihres Lebens zuging und der es nach ihrem vierten Fohlen nie ganz gelungen war, ihre Figur zurückzubekommen.

Boxer war ein riesiges Tier, fast achtzehn Handbreit hoch und so stark wie zwei gewöhnliche Pferde zusammen. Ein weißer Streifen auf der Nase verlieh ihm ein etwas dümmliches Aussehen, und tatsächlich war er nicht mit erstklassiger Intelligenz gesegnet, doch er wurde wegen seines starken Charakters und seines beeindruckenden Arbeitsethos allgemein geachtet. Nach den Pferden kamen Muriel, die weiße Ziege, und Benjamin, der Esel. Benjamin war das älteste Tier auf dem Hof und das schlechtgelaunteste. Er redete selten, und wenn, dann meist, um eine zynische Anmerkung zu machen - zum Beispiel sagte er, Gott habe ihm einen Schwanz gegeben, um die Fliegen fernzuhalten, lieber wäre ihm aber gewesen, keinen Schwanz und keine Fliegen zu haben. Von allen Tieren auf dem Bauernhof lachte er als einziges nie. Wenn er gefragt wurde, warum, sagte er, dass er keinen Grund zum Lachen sah.

Trotzdem war er, ohne es offen zuzugeben, Boxer sehr zugetan; die beiden verbrachten ihre Sonntage gewöhnlich zusammen auf der kleinen Koppel jenseits des Obstgartens und grasten nebeneinander, ohne ein Wort zu wechseln.

Die beiden Pferde hatten sich gerade hingelegt, als eine Schar Entenküken, die ihre Mutter verloren hatten, in den Stall kam und schüchtern piepsend von einer Seite zur anderen spazierte, um einen Ort zu finden, an dem sie sicher nicht zertreten werden würden. Clover legte ihre großen Vorderbeine schützend um sie und die Entlein nisteten sich darin ein und schliefen sofort ein. Im letzten Moment kam Mollie, die törichte, hübsche Schimmelstute, die Mr. Jones' immer seinen Karren ziehen ließ, auf einem Stück Zucker herumkauend hereingetänzelt. Sie nahm einen der vorderen Plätze ein und begann mit ihrer weißen Mähne zu spielen, in der Hoffnung, mit ihren eingeflochtenen roten Bändern Aufmerksamkeit zu erhaschen. Zuletzt kam die Katze, die sich, wie üblich, nach dem wärmsten Platz umsah und sich schließlich zwischen Boxer und Clover zwängte; dort schnurrte sie während Majors Rede zufrieden, ohne auch nur auf ein Wort von dem zu achten, was er von sich gab.

Alle Tiere waren nun anwesend, außer Moses, dem zahmen Raben, der auf einer Sitzstange hinter der Hintertür schlief. Als Major sah, dass sie es sich alle bequem gemacht hatten und aufmerksam warteten, räusperte er sich und begann:

"Genossen, ihr habt bereits von dem seltsamen Traum gehört, den ich letzte Nacht hatte. Aber ich werde später auf den Traum zurückkommen. Vorher habe ich noch etwas anderes zu sagen. Ich glaube nicht, Genossen, dass ich noch viele Monate länger unter euch verweilen werde, und bevor ich sterbe, empfinde ich es als meine Pflicht, euch die Weisheit weiterzugeben, die ich erworben habe. Ich hatte ein langes Leben, ich hatte viel Zeit zum Nachdenken, während ich allein in meinem Stall lag, und ich glaube sagen zu dürfen, dass ich die Natur des Lebens auf dieser Erde besser verstehe als jedes andere lebende Tier. Darüber möchte ich mit euch sprechen."

"Nun, Genossen, wie sieht unser Leben auf dieser Erde aus? Sehen wir den Tatsachen ins Auge:"

"Unser Leben ist trostlos, beschwerlich und kurz. Wir werden geboren, uns wird gerade so viel Nahrung gegeben, dass unsere Körper nicht aufhören zu atmen, und diejenigen von uns, die dazu in der Lage sind, werden gezwungen, bis zum Äußersten zu arbeiten; und in dem Augenblick, in dem wir nicht mehr dienlich sind, werden wir grausam geschlachtet. Kein Tier in England kennt die Bedeutung von Glück oder Muße, nachdem es älter als ein Jahr ist. Kein Tier in England ist frei. Das Leben eines Tieres besteht aus Elend und Sklaverei: das ist die reine Wahrheit."

"Aber ist das einfach Teil einer natürlichen Ordnung? Ist einfach unser Land so arm, dass es denjenigen, die darauf wohnen, kein würdiges Leben bieten kann? Nein, Genossen, tausendmal nein! Der Boden Englands ist fruchtbar, das Klima ist gut, es ist in der Lage, Nahrung im Überfluss zu liefern, sogar einer weitaus größeren Anzahl von Tieren als der heute hier lebenden. Diese einzige Farm könnte ein Dutzend Pferde, zwanzig Kühe, Hunderte von Schafen ernähren - und sie alle könnten in einer Geborgenheit und Würde leben, die jetzt beinahe jenseits unserer Vorstellungskraft ist. Warum befinden wir uns dann in diesem elenden Zustand? Weil fast die gesamte Produktivität unserer Arbeit gestohlen wird, und zwar durch den Menschen. Dies, Genossen, ist die Antwort auf alle unsere Probleme. Sie lässt sich in einem einzigen Wort zusammenfassen: Mensch. Der Mensch ist der einzig wahre Feind, den wir haben. Stellt euch unsere Situation ohne den Menschen vor und es gibt keinen Grund mehr zu hungern und bis zur Erschöpfung zu arbeiten."

"Der Mensch ist das einzige Geschöpf, das konsumiert, ohne zu produzieren. Er gibt keine Milch, er legt keine Eier, er ist zu schwach, um den Pflug zu ziehen, er kann nicht schnell genug rennen, um Kaninchen zu fangen. Und doch ist er der Herr über alle Tiere. Er lässt sie arbeiten, gibt ihnen das Nötigste zurück, damit sie nicht verhungern, und den Rest behält er für sich. Unsere Arbeit bestellt den Boden, unser Mist düngt ihn, und doch gibt es keinen von uns, der mehr als seine nackte Haut besitzt. Ihr Kühe, die ich vor mir sehe, wie viele Tausend Gallonen Milch habt ihr in diesem letzten Jahr gegeben? Und was ist mit dieser Milch geschehen, die eigentlich kräftige Kälber hätte aufziehen sollen? Jeder Tropfen davon ist unseren Feinden in den Rachen geflossen. Und ihr Hühner, wie viele Eier habt ihr in diesem letzten Jahr gelegt, und aus wie vielen dieser Eier sind jemals Küken geschlüpft? Die übrigen sind alle auf den Markt gegangen, um Geld für Jones und seine Männer zu beschaffen. Und du, Clover, wo sind die vier Fohlen, die du geboren hast und die dich im Alter hätten stützen und begleiten sollen? Jedes wurde im Alter von einem Jahr verkauft - du wirst nie wieder eines von ihnen sehen. Als Gegenleistung für deine vier Entbindungen und deine ganze Arbeit auf den Feldern, was hast du jemals gehabt außer deinen kargen Rationen und einem Stall?"

"Und selbst die jämmerlichen Leben, die wir führen, dürfen nicht ihre natürliche Spanne erreichen. Ich für meinen Teil beklage mich nicht, denn ich gehöre zu den wenigen Glücklichen. Ich bin zwölf Jahre alt und habe über vierhundert Kinder gehabt. Das ist das natürliche Leben eines Schweins. Aber kein Tier entkommt am Ende dem grausamen Beil. Ihr Jungschweine, die ihr vor mir sitzt, jedes von euch wird innerhalb des nächsten Jahres sein Leben unter dem Messer aushauchen. Wir alle werden diesen Horror erleben - Kühe, Schweine, Hühner, Schafe, alle. Selbst die Pferde und Hunde haben kein besseres Schicksal. Du, Boxer, genau an dem Tag, an dem deine großen Muskeln ihre Kraft verlieren, wird Jones dich an den Kürschner verkaufen, der dir die Kehle durchschneiden und dich den Hunden zum Fraß vorwerfen wird. Was die Hunde betrifft, wenn sie alt und zahnlos werden, bindet Jones ihnen einen Ziegelstein um den Hals und ertränkt sie im nächsten Teich."

 

"Ist es also nicht glasklar, Genossen, dass alle Übel unseres Lebens der Tyrannei der Menschen geschuldet sind? Werdet nur den Menschen los, und die Früchte unserer Arbeit gehören uns allein. Fast über Nacht könnten wir reich und frei werden. Was gilt es also zu tun? Wir müssen Tag und Nacht mit Leib und Seele für den Sturz des Menschengeschlechts arbeiten! Das ist meine Botschaft an euch, Genossen: Revolution! Ich weiß nicht, wann diese Revolution kommen wird, vielleicht in einer Woche oder in hundert Jahren, aber ich weiß, so sicher wie ich dieses Stroh unter meinen Füßen fühle, dass früher oder später Gerechtigkeit herrschen wird. Richtet eure Augen darauf, Genossen, für den kurzen Rest eures Lebens! Und vor allem gebt diese Botschaft von mir an diejenigen weiter, die nach euch kommen, damit künftige Generationen den Kampf weiterführen, bis wir siegreich sind."

"Und denkt daran, Genossen, ihr dürft nie verzagen. Nehmt keinen Widerspruch hin. Hört ihnen nicht zu, wenn sie sagen, dass Menschen und Tiere gemeinsame Ziele verfolgen, dass das Wohlergehen der einen das Wohlergehen der anderen bedeutet. Das sind alles Lügen. Der Mensch dient den Interessen keiner anderen Kreatur als sich selbst. Und wir Tiere müssen uns als vollkommene Einheit verstehen, es soll eine vollkommene Brüderlichkeit in diesem Kampf geben. Alle Menschen sind Feinde. Alle Tiere sind Genossen."

In diesem Moment brach ein gewaltiger Tumult aus. Während Major gesprochen hatte, waren vier große Ratten aus ihren Löchern gekrochen, hatten sich auf ihr Hinterteil gesetzt und hatten begonnen ihm zuzuhören. Die Hunde hatten sie plötzlich gesehen, und nur durch einen hastigen Sprint in ihre Löcher konnten die Ratten sich retten. Major hob seinen Vorderhuf und forderte Ruhe.

"Genossen", sagte er, "das ist ein Punkt, der geklärt werden muss. Die wilden Tiere, wie Ratten und Kaninchen - sind sie unsere Freunde oder unsere Feinde? Lasst uns darüber abstimmen. Ich schlage der Versammlung diese Frage vor: Sind Ratten Genossen?"

Die Abstimmung wurde sofort durchgeführt, und es wurde mit überwältigender Mehrheit beschlossen, dass Ratten Genossen sind. Es gab nur vier Gegenstimmen, die drei Hunde und die Katze, von der sich später herausstellte, dass sie für beide Seiten abgestimmt hatte. Major fuhr fort:

"Ich habe nicht viel mehr zu sagen. Ich wiederhole lediglich: Denkt immer daran, dass es eure Pflicht ist, den Menschen und allen seinen Gebräuchen feindlich gegenüberzustehen. Was immer auf zwei Beinen geht, ist ein Feind. Was auf vier Beinen geht oder Flügel hat, ist ein Freund. Und vergesst nie, dass wir im Kampf gegen den Menschen niemals so werden dürfen, wie er. Selbst wenn ihr ihn besiegt habt, dürft ihr seine Laster nicht übernehmen. Kein Tier darf jemals in einem Haus leben, in einem Bett schlafen, Kleidung tragen, Alkohol trinken, Tabak rauchen, Geld benutzen oder Handel treiben. Alle Gewohnheiten des Menschen sind schlecht. Und vor allem darf kein Tier jemals seine Genossen unterdrücken. Schwach oder stark, klug oder dumm, wir sind alle Brüder. Kein Tier darf jemals ein anderes Tier töten. Alle Tiere sind gleich."

"Und nun, Genossen, erzähle ich euch von meinem Traum letzte Nacht. Ich kann euch diesen Traum kaum beschreiben. Es war ein Traum von der Welt, wie sie sein wird, wenn der Mensch verschwunden ist. Aber er erinnerte mich an etwas, das ich längst vergessen hatte. Vor vielen Jahren, als ich ein kleines Ferkel war, sangen meine Mutter und die anderen Säue ein altes Lied, von dem sie nur die Melodie und die ersten drei Worte kannten. Ich kannte diese Melodie schon in meiner Kindheit, aber ich habe schon lange nicht mehr daran gedacht. Letzte Nacht kam sie mir jedoch in meinem Traum wieder in den Sinn. Und mehr noch, die Worte des Liedes kamen auch wieder zurück - Worte, da bin ich mir sicher, die von den Tieren vor langer Zeit gesungen wurden und die seit Generationen fest im Gedächtnis verankert sind. Ich werde euch dieses Lied jetzt vorsingen, Genossen."

"Ich bin alt und meine Stimme ist heiser, aber wenn ich euch das Lied beigebracht habe, könnt ihr es selbst besser singen. Es heißt 'Tiere Englands'."

Der alte Major räusperte sich und begann zu singen. Wie er angekündigt hatte, seine Stimme war heiser, aber zum Singen gut genug, und es war eine mitreißende Melodie, irgendetwas zwischen 'Clementine' und 'La Cucaracha'. Der Text lautete:

Tiere Englands, Tiere Irlands,

Tiere aller Länder und Staaten,

Hört meine Kunde

Von der strahlenden Zukunft.

Ihr werdet sehen, es kommt der Tag,

An dem der Tyrann Mensch fällt,

Und die fruchtbaren Felder Englands

Betritt außer uns Tieren keiner.

Entfernen wir die Ringe aus unsren Nasen,

Und das Geschirr von unseren Rücken,

Geschirr und Sporen sollen verrosten,

Das Knallen der Peitschen verhallen.

Unser Reichtum wird unermesslich sein,

Weizen und Gerste, Hafer und Heu,

Klee, Bohnen und Mangold-Wurzeln,

Sollen dann allein unser sein.

Die Sonne soll strahlen über Englands Feldern,

Sein Wasser wird klarer,

Und seine Luft reiner sein,

An dem süßen Tag unserer Befreiung.

Nach diesem Tag lasst uns streben,

Und wenn wir vorher sterben,

Kühe und Pferde, Gänse und Puten,

Ein jeder soll unsere Freiheit erkämpfen!

Tiere Englands, Tiere Irlands,

Tiere aller Länder und Staaten,

Verbreitet meine Kunde

Von der strahlenden Zukunft.

Das Singen dieses Liedes löste bei den Tieren große Begeisterung aus. Beinahe bevor Major das Ende erreicht hatte, hatten sie begonnen, miteinzustimmen. Selbst die Dümmsten unter ihnen hatten bereits die Melodie und ein paar Worte aufgenommen, und was die Schlauen wie die Schweine und Hunde betraf, so hatten sie das ganze Lied innerhalb weniger Minuten auswendig gelernt. Und dann, nach ein paar ersten Versuchen, begann der ganze Hof laut in "Tiere Englands" einzustimmen. Die Kühe muhten es, die Hunde bellten es, die Schafe blökten es, die Pferde wieherten es, die Enten quakten es. Sie waren so entzückt von dem Lied, dass sie es fünf Mal hintereinander durchsangen, und vielleicht hätten sie es die ganze Nacht weitergesungen, wenn sie nicht unterbrochen worden wären.

Doch leider weckte der Lärm Mr. Jones auf, der aus dem Bett sprang und dachte, dass ein Fuchs im Hof war. Er ergriff das Gewehr, das immer in der Ecke seines Schlafzimmers stand, und schoss eine Ladung Schrot in die Dunkelheit. Die Kugeln drangen in die Wand der Scheune ein, und die Versammlung war blitzartig beendet. Jeder floh zu seinem Schlafplatz. Die Vögel sprangen auf ihre Sitzstangen, das Vieh ließ sich im Stroh nieder, und der ganze Hof war im Nu eingeschlafen.

Kapitel II

Drei Nächte später verstarb der alte Major friedlich im Schlaf. Sein Leichnam wurde am Fuße des Obstgartens beigesetzt.

Das war Anfang März. Während der nächsten drei Monate fanden eine Menge subversiver Aktivitäten statt. Die Rede Majors hatte den intelligenteren Tieren auf dem Hof eine völlig neue Sicht auf das Leben gegeben. Sie wussten nicht, wann die von Major vorhergesagte Revolution stattfinden würde, sie hatten keinen Grund zu glauben, dass sie noch zu ihren Lebzeiten stattfinden würde, aber sie sahen klar, dass es ihre Pflicht war, sich darauf vorzubereiten. Die Aufgabe, die anderen zu unterrichten und zu organisieren fiel natürlich den Schweinen zu, die von allen Tieren als die Klügsten angesehen wurden. Unter den Schweinen stachen zwei junge Keiler namens Snowball und Napoleon heraus, die Mr. Jones zum Verkauf heranzog. Napoleon war ein großer, ziemlich grimmig aussehender Berkshire-Eber, der einzige Berkshire-Eber auf der Farm, kein großer Redner, aber er hatte den Ruf, seinen Willen durchzusetzen zu können. Snowball war ein lebhafteres Schwein als Napoleon, redegewandter und erfinderischer, aber ihm wurde nicht dieselbe Charaktertiefe zugeschrieben. Alle anderen männlichen Schweine auf der Farm waren Mastschweine. Das Bekannteste unter ihnen war ein kleines fettes Schwein namens Squealer, mit sehr runden Wangen, funkelnden Augen, flinken Bewegungen und einer schrillen Stimme. Er war ein brillanter Redner und wenn er sich über einen schwierigen Punkt stritt, hüpfte er von einer Seite zur anderen und wedelte mit dem Schwanz, was irgendwie sehr überzeugend wirkte. Die anderen sagten über Squealer, dass er einem Schwarz als Weiß vormachen konnte.

Die drei hatten die Lehren des alten Majors zu einem ganzheitlichen Gedankengebäude ausgearbeitet, dem sie den Namen Animalismus gaben. Mehrmals die Woche, nachdem Mr. Jones eingeschlafen war, hielten sie in der Scheune geheime Versammlungen ab und brachten den anderen die Prinzipien des Animalismus näher. Am Anfang hatten sie mit viel Dummheit und Ignoranz zu kämpfen. Einige der Tiere sprachen von der Treuepflicht gegenüber Mr. Jones, den sie "Meister" nannten, oder legten ganz grundlegende Einwände vor, wie "Mr. Jones füttert uns - wenn er weg wäre, würden wir verhungern". Andere stellten Fragen wie "Warum sollte es uns kümmern, was passiert, wenn wir tot sind?" oder "Wenn diese Rebellion sowieso geschehen soll, was macht es dann für einen Unterschied, ob wir für sie kämpfen oder nicht?" und die Schweine hatten große Schwierigkeiten, ihnen klarzumachen, dass dies dem Geist des Animalismus widersprach. Die dümmsten Fragen von allen stellte Mollie, die weiße Stute. Die allererste Frage, die sie Snowball stellte, war: "Wird es nach der Revolution noch Zucker geben?"

"Nein", sagte Snowball entschieden. "Wir haben keine Möglichkeit, auf dieser Farm Zucker herzustellen. Außerdem braucht ihr keinen Zucker. Ihr werdet so viel Hafer und Heu haben, wie ihr wollt."

"Und werde ich immer noch Bänder in meiner Mähne tragen dürfen?" fragte Mollie.

"Genossin", sagte Snowball, "diese Bänder, an denen du so sehr hängst, sind ein Abzeichen der Sklaverei. Kannst du nicht verstehen, dass die Freiheit mehr wert ist als Bänder?"

Mollie stimmte zu, aber sie klang nicht sehr überzeugt.

Noch schwerer hatten es die Schweine, den Lügen, die Moses, der zahme Rabe, verbreitete, entgegenzuwirken. Moses, der das besondere Haustier von Mr. Jones war, war ein Spion und ein Märchenerzähler, aber er war auch ein gerissener Redner. Er behauptete, von der Existenz eines geheimnisvollen Landes namens Sugarcandy Mountain zu wissen, in das alle Tiere gingen, wenn sie starben. Er befand sich irgendwo oben am Himmel, ein Stück weit jenseits der Wolken, sagte Moses. In Sugarcandy Mountain war an sieben Tagen der Woche Sonntag, Klee blühte das ganze Jahr über und an den Hecken wuchsen Würfelzucker und Leinsamenkuchen. Die Tiere hassten Moses, weil er nur Geschichten erzählte und keine Arbeit verrichtete, aber einige von ihnen glaubten an Sugarcandy Mountain, und die Schweine mussten sehr gekonnt argumentieren, um sie davon zu überzeugen, dass es diesen Ort nicht gab.

Ihre treuesten Anhänger waren die beiden Zugpferde, Boxer und Clover. Die zwei hatten große Schwierigkeiten, selbst Entschlüsse zu treffen, aber nachdem sie einmal die Schweine als ihre Lehrer akzeptiert hatten, sogen sie alles auf, was sie ihnen sagten, und gaben es in einfacheren Worten an die anderen Tiere weiter. Sie nahmen zuverlässig an den geheimen Treffen in der Scheune teil und sangen das Lied "Tiere Englands", mit dem die Treffen immer endeten.

Nun, wie sich herausstellte, kam es viel früher und unkomplizierter zur Revolution, als alle erwartet hatten. In früheren Jahren war Mr. Jones, obwohl ein harter Meister, ein fähiger Landwirt gewesen, aber in letzter Zeit hatte er schlechte Tage durchlebt. Dass er in einem Rechtsstreit Geld verloren hatte, hatte ihn schwer getroffen und er hatte angefangen, mehr zu trinken, als gut für ihn war. Ganze Tage lang saß er in seinem Windsor-Stuhl in der Küche, las Zeitung, trank und fütterte gelegentlich Moses mit in Bier getränkten Brotresten. Seine Männer waren untätig und stahlen, die Felder waren voller Unkraut, die Dächer der Farmgebäude wurden immer undichter, die Hecken waren verwahrlost und den Tieren fehlte es an genügend Futter.

 

Der Juni kam und das Heu war beinahe erntereif. Am Mittsommerabend, der ein Samstag war, ging Mr. Jones nach Willingdon und betrank sich im Red Lion so sehr, dass er am Sonntag erst zu Mittag nach Hause kam. Die Männer hatten die Kühe am frühen Morgen gemolken und waren dann zur Kaninchenjagd hinausgegangen, ohne sich die Mühe zu machen, die Tiere zu füttern. Als Mr. Jones zurückkam, schlief er sofort auf dem Sofa im Salon ein, mit den "News of the World" auf dem Gesicht, so dass die Tiere am Abend immer noch nicht gefüttert waren. Schließlich hielten sie es nicht mehr aus. Eine der Kühe brach mit ihren Hörnern die Stalltür auf, und die Tiere begannen, sich aus den Mülltonnen zu bedienen. Genau in diesem Moment wachte Mr. Jones auf. Im nächsten Moment waren er und seine vier Männer mit Peitschen in der Hand im Stall und schlugen in alle Richtungen aus. Das war mehr, als die hungrigen Tiere ertragen konnten. Obwohl nichts dergleichen verabredet war, warfen sie sich alle auf einmal auf ihre Peiniger. Jones und seine Männer wurden plötzlich von allen Seiten geschlagen und getreten. Sie hatten jede Kontrolle über die Situation verloren. Noch nie zuvor hatten sie Tiere erlebt, die sich so verhielten, und dieser plötzliche Aufstand der Geschöpfe, die sie normalerweise nach Belieben schlugen und misshandelten, erschreckte sie fast zu Tode. Nach nur ein oder zwei Augenblicken gaben sie auf, sich zu verteidigen und ergriffen die Flucht. Eine Minute später liefen alle fünf in Windeseile den Feldweg hinunter, der zur Hauptstraße führte und die Tiere verfolgten sie triumphierend.

Mrs. Jones warf einen Blick aus dem Schlafzimmerfenster, sah, was geschah, warf eilig ein paar Habseligkeiten in eine Reisetasche und floh über einen anderen Weg vom Hof. Moses sprang von seiner Stange und flatterte ihr laut krächzend hinterher. Währenddessen hatten die Tiere Jones und seine Männer auf die Straße gejagt und schlugen das schwere Gattertor hinter ihnen zu. Und so, ehe ihnen bewusst war, was geschehen war, war die Revolution erfolgreich durchgeführt worden: Jones war vertrieben, und die Manor Farm gehörte ihnen.

In den ersten Minuten konnten die Tiere ihr Glück kaum fassen. Als erstes marschierten sie in einer Kolonne um das Farmgelände, als ob sie sich ganz sicher sein wollten, dass sich nirgendwo ein Mensch versteckte; dann rannten sie zu den Farmgebäuden zurück, um die letzten Spuren von Jones' verhasster Herrschaft zu beseitigen. Der Geschirrraum am Ende der Ställe wurde aufgebrochen; das Zaumzeug, die Nasenringe, die Hundeketten, die grausamen Messer, mit denen Mr. Jones die Schweine und Lämmer kastriert hatte, wurden alle in den Brunnen geworfen. Die Zügel, die Halfter, die Scheuklappen, die entwürdigenden Fressbeutel wurden auf das Feuer geworfen, das im Hof brannte. Ebenso die Peitschen. Alle Tiere jubelten vor Freude, als sie sahen, wie die Peitschen in Flammen aufgingen. Snowball warf auch die Bänder, mit denen die Mähnen und Schwänze der Pferde an Markttagen normalerweise geschmückt wurden, ins Feuer.

"Bänder", sagte er "müssen als Kleidung betrachtet werden, die ein Merkmal der Menschen sind. Alle Tiere sollten nackt sein."

Als Boxer dies hörte, holte er den kleinen Strohhut, den er im Sommer trug, um sich die Fliegen von den Ohren fernzuhalten, und warf ihn zu den anderen Dingen ins Feuer.

Innerhalb kürzester Zeit hatten die Tiere alles vernichtet, was sie an Mr. Jones erinnerte. Napoleon führte sie dann zurück in den Schuppen und servierte allen eine doppelte Ration Mais und jedem Hund zwei Kekse. Dann sangen sie siebenmal hintereinander "Tiere Englands" und ließen sich danach für die Nacht nieder und schliefen, wie sie noch nie zuvor geschlafen hatten.

Doch im Morgengrauen wachten sie erst ganz gewöhnlich auf und erinnerten sich erst langsam an die große Sache, die geschehen war, woraufhin sie alle zusammen auf die Weide hinausrannten. Etwas weiter hinten auf der Weide befand sich eine Anhöhe, von der aus man den größten Teil des Farmgeländes überblicken konnte. Die Tiere eilten auf die Spitze und blickten im klaren Morgenlicht um sie herum. Ja, es gehörte ihnen - alles, was sie sehen konnten, gehörte ihnen! Im Rausch dieses Gedankens tollten sie im Kreis herum und sprangen voller Freude in die Luft. Sie wälzten sich im Tau, sie aßen so viel sie wollten vom süßen Sommergras, sie traten die schwarze Erde auf und schnupperten an ihrem reichhaltigen Duft. Dann machten sie eine Besichtigungstour durch den ganzen Hof und begutachteten mit sprachloser Bewunderung das Ackerland, das Heufeld, den Obstgarten, den Teich und das Gewächshaus. Es war, als hätten sie diese Dinge noch nie zuvor gesehen, und selbst jetzt konnten sie kaum glauben, dass es alles ihr Eigentum war.

Dann kehrten sie zu den Farmgebäuden zurück und blieben schweigend vor der Tür des Wohnhauses stehen. Auch das gehörte ihnen, aber sie hatten Angst, hineinzugehen. Nach einem Moment jedoch stießen Snowball und Napoleon die Tür mit den Schultern auf und die Tiere traten im Gänsemarsch ein, wobei sie mit höchster Vorsicht gingen, aus Angst, irgendetwas kaputtzumachen. Sie schlichen auf Zehenspitzen von Zimmer zu Zimmer, ängstlich, ohne lauter als in einem Flüstern zu sprechen und starrten ehrfürchtig auf den unglaublichen Luxus, auf die Betten mit ihren Federmatratzen, die Brillengläser, das Rosshaarsofa, den Brüsseler Teppich, die Lithografie von Königin Victoria über dem Kamin des Salons. Als sie die Treppe hinunterkamen, entdeckten sie, dass Mollie fehlte. Sie stellten fest, dass sie im schönsten Schlafzimmer geblieben war. Sie hatte ein Stück blaues Band von Mrs. Jones' Frisierkommode genommen, hielt es an ihre Schulter und bewunderte sich närrisch im Spiegel. Die anderen machten ihr harsche Vorwürfe, und sie gingen nach draußen. Einige Schinken, die in der Küche hingen, wurden beerdigt und das Fass Bier in der Spülküche wurde mit einem Tritt von Boxers Huf eingeschlagen, sonst wurde nichts im Haus angerührt. An Ort und Stelle wurde einstimmig beschlossen, dass das Bauernhaus als Museum erhalten werden sollte. Alle waren sich einig, dass kein Tier dort jemals leben dürfe.

Die Tiere frühstückten und dann riefen Snowball und Napoleon sie wieder zusammen.

"Genossen", sagte Snowball, "es ist halb sieben und wir haben einen langen Tag vor uns. Heute beginnen wir mit der Heuernte. Aber es gibt noch eine andere Angelegenheit, die zuerst erledigt werden muss."

Die Schweine verrieten nun, dass sie sich in den letzten drei Monaten das Lesen und Schreiben aus einem alten Buchstabierbuch beigebracht hatten, das den Kindern von Mr. Jones gehört hatte und das sie auf dem Müllhaufen gefunden hatten. Napoleon ließ Töpfe mit schwarzer und weißer Farbe holen und lief den Weg voran zu dem schweren Gattertor, das zur Hauptstraße hinunterführte. Dann nahm Snowball (denn es war Snowball, der am besten schreiben konnte) einen Pinsel zwischen die beiden Hufe seiner Vorderhaxe, strich MANOR FARM aus dem oberen Balken des Tores und malte an dessen Stelle ANIMAL FARM. Dies sollte von nun an der Name der Farm sein. Danach gingen sie zu den Farmgebäuden zurück, wo Snowball und Napoleon eine Leiter holen ließen, die sie an die Stirnseite der großen Scheune stellen ließen. Sie erklärten, dass es den Schweinen durch ihre Studien der letzten drei Monate gelungen war, die Prinzipien des Animalismus auf sieben Gebote zu reduzieren. Diese Sieben Gebote würden nun an die Wand geschrieben werden; sie würden ein unabänderliches Gesetz bilden, nach dem alle Tiere auf Animal Farm für immer leben müssten. Mit einigen Schwierigkeiten (denn es ist für ein Schwein nicht leicht, sich auf einer Leiter zu balancieren) kletterte Snowball hinauf und machte sich an die Arbeit, während Squealer einige Sprossen unter ihm den Farbtopf hielt. Die Gebote waren in großen weißen Buchstaben auf die geteerte Wand geschrieben, die aus dreißig Metern Entfernung gelesen werden konnten. Sie lauteten:

DIE SIEBEN GEBOTE

1. Was immer auf zwei Beinen läuft, ist ein Feind.

2. Alles, was auf vier Beinen läuft oder Flügel hat, ist ein Freund.

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