Der Sommer muss warten

Fredi Gertsch

Der Sommer muss warten

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Titel

Der Sommer muss warten

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Der Sommer muss warten

Stefan kehrt zurück

Stefan sah seinen alten Vater sofort. Er stand ungeduldig hinter der schmierigen Glasscheibe, die ankommende Fluggäste von den wartenden Angehörigen trennte, und winkte ihm zu. Stefan grüßte kurz zurück und ließ ihn warten. Das Telefongespräch war wichtiger. Es hatte ihm während des ganzen Fluges auf dem Magen gelegen, und er wollte es dringend hinter sich bringen: Jetzt musste er Alexandra anrufen. Hinter einer blauen Stahlsäule, etwas abseits der schwitzenden Passagiere, die zum Zolldurchgang strömten, stellte er seine Koffer ab und schaltete sein Handy ein. Nach 15 Minuten gab er auf. Obwohl er alle ihre Nummern ausprobierte, blieb sie unerreichbar. Verdammt.

Nach einer herzlichen Umarmung verließen die beiden Männer das Flughafengebäude Richtung Parkplatz. Es war zwölf Uhr mittags, und die Sonne heizte den Asphalt auf. Stefan warf die beiden Koffer auf den Rücksitz, er wollte möglichst rasch losfahren. Der Vater steuerte den blauen Hyundai Richtung Autobahn.

„Haben die Zöllner keine Drogen gefunden?“, fragte sein Vater schelmisch.

„Wieso? – Ach so – nein, keine Chance. Da sind sie bei mir an der falschen Adresse. –Wie geht es Hanna?“

„Na ja – du weißt schon“.

Stefan wusste, was alles in diesem Seufzer lag. Der Schmerz des Verlustes, die endlos langen und schlaflosen Nächte des Mitleidens, die Ohnmacht, das Geschehene akzeptieren zu müssen.

„Und, hast du gut trainiert?“, fragte der Vater. Das war der Funke! So wie die Zigarettenkippe einen Waldbrand entfachen kann, der alles niederbrennt, hatte Vaters Frage die gleiche Wirkung.

Stefan hatte wenig mit seinem Vater telefoniert. Jetzt erzählte er ihm sein Leben während der letzten zwölf Monate, das er an der San José State University in Kalifornien als Schwimmer verbracht hatte. Woche für Woche schwamm er zwischen 60 und 80 Kilometer und stemmte bis zu fünf Tonnen Gewicht. Sein Körper war durch das harte Training in beneidenswert guter Form, und die Sonne Kaliforniens hatte ihm zum unwiderstehlichen Teint eines Sunnyboys verholfen.

Als der Wagen auf den Vorplatz fuhr und die Männer das leere Haus sahen, wussten beide, dass sie das Gleiche dachten. Seit sieben Jahren fehlte hier alles, was nur eine Frau bewirken kann. Damals waren Stefans Mutter und Hanna von einem jugendlichen Raser brutal angefahren worden. Die Mutter war auf der Stelle tot. Stefans Schwester Hanna lebte seitdem schwer behindert in einem Betreuungsheim für Paraplegiker.