Seewölfe - Piraten der Weltmeere 613

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Из серии: Seewölfe - Piraten der Weltmeere #613
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Seewölfe - Piraten der Weltmeere 613
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Impressum

© 1976/2020 Pabel-Moewig Verlag KG,

Pabel ebook, Rastatt.

eISBN: 978-3-96688-027-5

Internet: www.vpm.de und E-Mail: info@vpm.de

Fred McMason

Im Atlantik verschollen

Panik an Bord – das Meer schlägt unbarmherzig zu

Juli 1598 – Atlantik.

An Bord der Galeone „Pilgrim“ hatte niemand bemerkt, daß Ed Cornhill über Bord gegangen war. In seinen Wahn- und Fieberträumen war er zu dicht ans Schanzkleid getreten und hatte bei einem Roller den Halt verloren.

Das letzte, was Ed Cornhill in seinem Leben bewußt und deutlich gesehen hatte, waren ein einziger funkelnder Stern und die Hecklaterne der „Pilgrim“.

Auf der Schebecke der Seewölfe wurde der ertrinkende Mann ebenfalls nicht bemerkt, dazu war die Nacht zu dunkel. Außerdem segelte die Schebecke etwa eine halbe Meile seitlich versetzt und achteraus der „Pilgrim“.

Ihr folgte nur noch die Karavelle, jenes Schiff, das sie seit London begleitete und das wie ein Fühlungshalter immer in Sichtweite blieb, um den Anschluß nicht zu verpassen …

Die Hauptpersonen des Romans:

William Anderley – der Kapitän der „Rabauker“-Karavelle betätigt sich als Leichenfledderer.

Old O’Flynn – spielt seine Rolle als „Katastrophen-Prophet“ und riecht kommen des Unheil.

Robert Granville – als Kapitän wurde er vom Seewolf abgesetzt und schmort in der Vorpiek, aber seine Retter erweisen ihm einen schlechten Dienst.

Barry Wister – der Zimmermann aus London kann nicht mehr schlafen, weil er in seinen Träumen das Zweite Gesicht hat.

Edwin Carberry – mit einer Bootscrew jagt er einen „Affenarsch“ von Wal, der ihm das Fürchten beibringt.

Philip Hasard Killigrew – der Seewolf kann nur noch beten, als der Sturm losbricht.

Inhalt

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

1.

Mit der Navigation standen die Kerle auf der Karavelle auf Kriegsfuß, und so hatten sie sich an den Konvoi der Auswandererschiffe achtern angehängt und jeden Kontakt zu den Schiffen vermieden. Der Konvoi würde sie in die Neue Welt bringen, sofern sie nicht den Kontakt mit den Schiffen verloren.

Das war William Anderleys größte Sorge – ein Sturm, der die Schiffe auseinandertrieb, womöglich ein Sturm, der nachts wütete, wenn nichts zu sehen war.

Verloren sie den Kontakt, dann blieb ihnen nichts weiter übrig, als stur nach Westen zu segeln, wo sie früher oder später auf Land stoßen mußten. Es war dann allerdings mehr als fraglich, ob sie ausgerechnet Virginia erreichen würden.

In dieser Nacht, es ging langsam dem Morgen zu, befanden sich nur der Bootsmann Tim Robinson und der Kapitän William Anderley an Deck. Die anderen Kerle schliefen bis zur nächsten Wache.

An Deck brannte keine Laterne. Sie hatten auch achtern keine Lampe gesetzt. Ihr Abstand zum letzten Schiff des Konvois, es war die Schebecke, betrug etwa fünf Meilen. Die Hecklaternen der Pilgerschiffe waren wie leuchtende Geisterfinger in der See zu sehen.

„Wir sollten ein bißchen dichter aufschließen“, sagte der Bootsmann. „Sind jetzt ungefähr vier, fünf Meilen achteraus. Der Killigrew kümmert sich sowieso nicht mehr um uns, aber wenn wir die Schiffe aus den Augen verlieren …“

„Weiß ich selbst“, sagte Anderley brummig. Er hatte ein dichtes, schwarzes Bartgestrüpp, das ihm bis zur Brust reichte und ihm ein abenteuerliches und verwegenes Aussehen verlieh. „Wir warten noch bis zur nächsten Wache, dann setzen wir zusätzlich ein Segel. Noch ist die Sicht so gut, daß nichts passieren kann, und es wird sich auch vorläufig nichts daran ändern.“

„Wie du meinst, William, war nur ein Vorschlag. Ich habe immer ein bißchen Bammel, daß wir plötzlich allein auf weiter Flur stehen. Wir wissen nicht einmal, wie lange unsere Reise noch dauert. Oder hast du eine ungefähre Vorstellung?“

William Anderley, den die Kerle trotz seiner fehlenden navigatorischen Kenntnisse zum Kapitän ernannt hatten, schüttelte sich in lautlosem Lachen. Die Frage schien ihn zu amüsieren.

„Nein, nicht die geringste“, gab er zu. „Ich habe das nur grob überschlagen und geschätzt. Kann sein, daß es noch vierzehn Tage dauert, kann aber auch noch einen ganzen Monat oder mehr dauern. Warum fragst du das?“

„Jack hat gestern den Proviant überprüft. Sieht ziemlich schlecht aus. Einiges ist durch Feuchtigkeit vergammelt, und zwei Fässer mit Hartbrot sind absolut ungenießbar geworden.“

Anderley schluckte hart und räusperte sich die Kehle frei.

„Wie lange reicht das Zeug noch?“ fragte er kurz.

„Wenn wir nicht mehr so reinhauen wie bisher, höchstens noch zehn Tage. Dann können wir unsere eigenen Planken fressen, sagte Jack.“

„Verdammt. Sieht es wirklich so schlecht aus?“

„Leider ja.“

„Na, das kann ja heiter werden“, murmelte Anderley. „Hätten in London doch etwas mehr einsacken sollen, verflucht. Aber verhungern werden wir trotzdem nicht.“

„Auf See sind schon viele verhungert und noch mehr verdurstet. Das kann uns ebenfalls passieren. Oder glaubst du, wir finden unterwegs eine Insel, wo wir uns eindecken können?“

„Ich weiß nicht, ob es hier Inseln gibt, ich glaube nicht. Aber ich dachte nicht an eine Insel.“

„Sondern?“

„Wir werden uns Proviant beschaffen, wenn es wirklich hart auf hart geht. Doch dazu haben wir noch Zeit. Das will auch alles genau überlegt sein.“

„Denkst du an eine der Galeonen? Das dürfte uns eine Menge Ärger einbringen. Die Killigrewburschen kennen keine Gnade.“

„Das alles ist noch nicht spruchreif, Tim. Aber ich lege mich lieber mit den Killigrews an, als zu verhungern.“

Robinson war von dieser Idee gar nicht begeistert, denn er fürchtete die „Killigrews“, wie sie die Seewölfe nannten. Die würden es nicht zulassen, daß ein Wolf in die behütete Schafherde einbrach und Beute schlug. Er sagte jedoch nichts, denn es bestand ja die Möglichkeit, daß sie bald Land erreichten, das Land, in dem angeblich Milch und Honig flossen.

Eine halbe Stunde später wurden Jack und Ted hochgepurrt. Halb verschlafen setzten sie zusammen mit dem Kapitän ein weiteres Segel. Ganz langsam schlossen sie dann zu dem Konvoi wieder auf. In zwei Stunden konnten sie das Segel wegnehmen, um wieder hinterherzuhinken.

Von der Seemannschaft verstanden sie einiges, nur die navigatorischen Künste ließen sehr zu wünschen übrig. Das Kartenmaterial, das sie an Bord hatten, schauten sie erst gar nicht an.

Die Sterne verblaßten. Ein kühler Wind strich über das Meer. In einer knappen halben Stunde würde es hell werden.

Robinson zuckte zusammen, als es hart am Bug pochte. Ein ähnliches Geräusch erklang gleich darauf noch einmal an Backbord.

„Habt ihr das auch gehört?“ fragte er. „Hörte sich an, als hätten wir was gerammt.“

„Hier gibt es nichts zu rammen“, sagte Anderley brummig. „Hier gibt’s nur Wasser und Himmel. Aber ich habe es auch gehört. Vielleicht hat jemand auf den Galeonen was über Bord geworfen.“

„Vielleicht ist auch nur was runtergefallen“, meinte Jack. „Etwas, das wir möglicherweise brauchen können. Wollen wir nicht mal nachsehen?“

Sie stierten ins blasenwerfende Kielwasser, aber es war nichts zu sehen.

Anderley zeigte jetzt auch Interesse.

„Purrt die anderen Burschen hoch“, befahl er. „Wenn sie an Deck sind, fahren wir eine Halse und sehen nach.“

Abermals verging mehr als eine Viertelstunde, dann lag die Rabaukenkaravelle auf Gegenkurs.

Im Osten zeigte sich der erste schwache Schein einer kurzen Dämmerung.

Das Meer war noch dunkel wie der Himmel auch.

Sie starrten voraus, bis Robinson plötzlich die Hand ausstreckte und nach Steuerbord voraus zeigte.

„Da treibt etwas!“ rief er. „Ein Bündel Lumpen oder so was. Sieht jedenfalls merkwürdig aus.“

Sie hatten sich mit Haken bewaffnet und lagen auf der Lauer.

In der See trieb mit der Dünung tatsächlich etwas auf und ab, das an ein Bündel Lumpen erinnerte.

Als sie noch näher heran waren, erkannte Jack den Gegenstand.

„Das ist ein Kerl!“ rief er. „Bestimmt über Bord gegangen!“

„Dann laß ihn treiben“, meinte der Bootsmann. „Soll er seinem Kahn hinterherschwimmen. Ist nur eine Belastung für uns.“

„Moment mal“, sagte Anderley, „der sieht schon halbtot aus. Hievt ihn an Bord, vielleicht hat er was bei sich.“

Es war typisch für die Kerle, daß sie so dachten. Mitleid war ihnen ein absolut fremder Begriff, und daß man einen in der See treibenden Mann nicht herzlos im Stich ließ, kümmerte sie auch nicht. Für sie war ein zusätzlicher Mann an Bord eine Belastung.

 

Die Bootshaken schossen vor und griffen in Hemd und Hose des Mannes. Zu viert hievten sie ihn hoch und legten die tropfnasse Gestalt an Deck.

Dort lag Ed Cornhill jetzt. Er war mit Hemd und Hose bekleidet, das Hemd war jedoch aufgerissen. Seine Augen waren geschlossen, aber sein Mund stand weit offen. Das Haar fiel ihm über die Stirn. Auf den ersten Blick sah er so aus, als lebe er noch.

„Der ist abgenippelt“, stellte Anderley leidenschaftslos fest, nachdem er den Toten kurz berührt hatte. „Ganz kalt, der Bursche. Vermutlich ist er über Bord gegangen und ersoffen.“

„Was sollen wir jetzt mit einer Leiche an Deck?“ fragte Ted. „Tote Kerle an Bord bringen nur Unglück, das ist eine alte Weisheit.“

„Ich bin auch dafür, daß wir ihn so schnell wie möglich wieder loswerden“, sagte Jack schaudernd.

„Wir gehen erst wieder auf Gegenkurs“, entschied der vollbärtige Kapitän. „Sonst verlieren wir den Anschluß. Auf Stationen.“

Als das Manöver beendet war und die Karavelle wieder auf ihrem alten Kurs lag, sah Anderley sich den Toten noch einmal genauer an. Dabei entdeckte er eine dünne Schnur, die um den Hals des ertrunkenen Mannes lief.

„Da gibt’s anscheinend noch was zu holen“, sagte er ungerührt. „Sieht nach einem Brustbeutel aus.“

Er griff die Schnur und zog daran. Dann fuhr er entsetzt zurück, als sich das eine Auge des Toten öffnete. Der Blick war gebrochen und leicht verschleiert, aber den Kerlen war es, als stehe der Mann gleich auf. Fluchend und ängstlich sprangen sie zurück.

„Nur ein Reflex“, sagte Robinson. „Das passiert manchmal, wenn sich die Lage einer Leiche verändert. Soll ich mal?“

Anderley schüttelte den Kopf und griff erneut nach der dünnen Schnur.

Ein dünner Beutel aus Leder hing daran, der auf den Nacken der Wasserleiche gerutscht war. Mit einem heftigen Ruck riß der Kapitän den Lederbeutel ab. Durch die hastige und ruckartige Bewegung öffnete sich auch das andere Auge des Mannes. Er schien sie vorwurfsvoll anzublicken.

„Sieht aus, als lebe er noch“, murmelte Jack beklommen. „Das ist ja gräßlich anzusehen.“

Anderley öffnete den Beutel, blickte hinein und grinste dünn.

„Hat sich gelohnt, den Burschen aufzuhieven. Das ist unsere Belohnung, hier!“

Er griff in den Beutel und holte zwei Goldmünzen und vier Silbermünzen hervor. Die anderen Kerle begannen breit zu grinsen.

„Dafür kann man schon mal einen aus dem Wasser holen“, erklärte Jack. „Er hat sein kurzes Gastspiel jedenfalls teuer bezahlt.“

Die rohen Kerle begannen, den Toten zu fleddern. Sie hatten nicht die geringsten Hemmungen.

Ed Cornhill trug nichts weiter bei sich. Die paar Münzen waren sein ganzer Besitz gewesen.

Anderley steckte die Münzen grinsend in seine Tasche. Mittlerweile war es so hell geworden, daß alles deutlich zu erkennen war.

„Was tun wir eigentlich mit den Münzen?“ fragte Ted. „Genaugenommen können wir gar nichts damit anfangen. Hier gibt es weit und breit kein Geschäft und keinen Markt.“

Anderley fuhr sich mit den Fingern durch sein dichtes Bartgestrüpp.

„Hm, wir heben sie auf. Vielleicht können wir später von den anderen Schiffen etwas Proviant kaufen. Ob der Kerl von dem Schiff ist, das ein bißchen gebrannt hat?“

Die Frage blieb unbeantwortet, aber sie interessierte auch keinen. Den Qualm und ein paar Flammen hatten sie auf einer der Galeonen beobachtet, sich aber nicht weiter darum gekümmert. Anderley hatte lediglich bemerkt, daß sie keine Schiffbrüchigen aufnehmen würden, falls der Kahn absaufen würde. Das Feuer war dann aber ziemlich schnell gelöscht worden.

Keiner von den Kerlen brachte den Toten in Zusammenhang mit dem Feuer. Ed Cornhill hatte bei dem Brand seine Frau Claire verloren. Über ihren Tod hatte sich sein Geist verwirrt, und so war er seiner Frau gefolgt.

Von der menschlichen Tragödie ahnten die Rabauken nichts. Es hätte sie auch nicht weiter berührt.

„Werft ihn über Bord“, sagte Anderley, „aber wartet, bis ich euch ein Zeichen gebe. Vielleicht belauern uns die Killigrews gerade durch das Spektiv. Die brauchen schließlich ja nicht alles zu sehen.“

Durch den Kieker beobachtete er die Schebecke der Seewölfe. Sie war jetzt knapp drei Meilen entfernt. Er konnte nicht feststellen, ob sie ihn beobachteten, und so gab er das Zeichen.

Achtern auf der Karavelle hoben Jack und Ted den Toten hoch. Dann holten sie kurz aus und warfen Ed Cornhill ins Wasser.

Diesmal ging der Tote unter und verschwand im schäumenden und brodelnden Kielwasser. Er tauchte auch nicht mehr auf.

Ed Cornhill hatte sein ewiges Grab endgültig in der Weite des Atlantik gefunden.

Der Tag bei den Arwenacks begann wie immer mit der morgendlichen Inspektion der drei Galeonen. Visite nannten sie das.

Hasard hatte es sich zur Gewohnheit werden lassen, täglich nach dem Stand der Dinge zu fragen, seit Granville als Kapitän der „Discoverer“ abgesetzt worden war. Jetzt hatte Harris das Kommando, und an Bord hatte sich einiges zum Vorteil aller entwickelt.

Harris hatte auch ein ganz besonders wachsames Auge auf die drei ausgekochten Halunken – den Koch Bascott, den Decksältesten Gordon Tibbs und den brutalen Bootsmann Watts. Die drei Kerle hatten von den Arwenacks die Dresche ihres Lebens empfangen.

Es gab jeden Tag etwas Neues, so auch heute, als die Schebecke Kurs auf die „Pilgrim“ nahm und längsseits ging.

James Drinkwater begrüßte den Seewolf zurückhaltend und bedrückt.

„Wir vermissen einen Mann, Sir. Ed Cornhill heißt er.“

Er erzählte in kurzen Worten das, was er wußte.

„Er ist also nicht mehr an Bord?“ fragte Hasard. „Steht das fest?“

„Ja, Sir, wir haben jeden Winkel durchsucht. Die Leute sagten mir, daß sich sein Geist ein wenig verwirrt habe. Möglicherweise steckt der Mann auch hinter dem Tod des Mannes, der an der Rah hing. Beweisen läßt sich das jedoch nicht. Sie kennen die Geschichte, Sir.“

„Ja, ich kenne sie“, sagte der Seewolf seufzend. „Seit wann ist er denn verschwunden?“

„Das weiß niemand. Möglicherweise hat er sich in einem Anfall von Schwermut das Leben genommen. Das kann ich nicht ausschließen. Wir wollten Ihnen gerade ein Signal geben, Sir.“

Hasard blickte ganz automatisch achteraus. Natürlich erwartete er nicht, den Mann dort im Wasser treiben zu sehen. Es war mehr ein Reflex.

„Konnte er schwimmen?“

„Keine Ahnung, Sir. Die meisten können leider nicht schwimmen.“

„Es ist also während der Nacht passiert“, sagte Hasard. „Das müßte – das Günstigste vorausgesetzt – mindestens zwei Stunden her sein, vermutlich aber wesentlich länger. Den Kurs haben Sie seit gestern nicht mehr geändert.“

„Glauben Sie, daß er eine Überlebenschance hat, Sir?“ fragte Kapitän Drinkwater ungläubig.

„Das ist nicht auszuschließen. Signalisieren Sie dem Verband, daß er auf Kurs bleiben soll, Kapitän. Wir werden die Strecke absegeln, obwohl ich nicht viel Hoffnung habe. Aber man soll niemals aufgeben.“

„Ich weiß nicht so recht, ob Sie überhaupt nach ihm suchen sollten, Sir“, murmelte Drinkwater unsicher. „Nach allem, was ich hörte, hatte Cornhill wohl mit dem Leben abgeschlossen und wollte seine Ruhe finden.“

„Vielleicht hat ihn auch jemand über Bord gestoßen“, erwiderte Hasard, „und das wollte er ganz bestimmt nicht. Ich bin da anderer Ansicht, wenn Sie gestatten.“

Hasard verlor keine Zeit mehr und gab das Zeichen zum Loswerfen.

Die schnelle und wendige Schebecke legte ab, luvte kurz an und ging augenblicklich auf Gegenkurs.

Drinkwater setzte inzwischen das Signal, das Hasard angeordnet hatte. Es besagte, daß der Verband auf Kurs zu bleiben habe.

„Jeden Tag etwas anderes“, sagte Hasard, „aber nur ganz selten etwas Gutes. Ich möchte nur einen Tag erleben, an dem auf den drei Galeonen mal Ruhe und Ordnung herrschen.“

„Das wird bis zur Ankunft wohl sicher nicht mehr der Fall sein“, murmelte Ben Brighton. „Ich möchte nur wissen, was auf der ‚Pilgrim‘ in jener verhängnisvollen Nacht vorgegangen sein mag. Erst steckten die Kerle beim Ausräuchern der Ratten ihr Schiff in Brand, dann wurde einer kurzerhand an die Rah gehängt und ein anderer fing an zu spinnen. Jetzt ist er außerdem noch spurlos verschwunden. Warum geht eigentlich bei uns alles so glatt? Langsam beginne ich mich darüber zu wundern.“

„Wir sind eine eingeschworene Mannschaft“, sagte der Seewolf mit einem feinen Lächeln. „Wir haben tausend Stürme hinter uns und mußten uns immer wieder bewähren, in jeder Situation neu. Anfangs, als wir noch bei Drake fuhren, hatte es ja auch eine Menge Schwierigkeiten gegeben. Danach wurde die Spreu vom Weizen getrennt. Was übrig blieb ist heute der goldene Kern.“

Sie grinsten sich für einen Augenblick an.

Die Schebecke lag jetzt auf direktem Ostkurs. Alle an Bord verfügbaren Spektive waren verteilt worden. Die Ausgucks suchten pausenlos die See ab. Zum Glück war das Meer ruhig, so daß jeder treibende Gegenstand schon auf weite Entfernungen gesichtet werden konnte.

„Wenn er nicht schwimmen kann, ist eine Suche aussichtslos“, sagte Don Juan. „Kann er sich wider Erwarten aber doch über Wasser halten, dann müßten wir ihn auch finden. Es ist nur eine Frage der Zeit.“

„Dann opfern wir ein paar Stunden“, sagte Hasard. „Für die Schebecke ist es kein Problem, zum Verband aufzuschließen. Wir segeln unter vollem Preß fast dreimal so schnell.“

„Wenn er noch lebt, dann hat er jetzt einen Vorgeschmack der Hölle erhalten“, sagte Ben nach einer Weile. „Fast jeder von uns weiß, wie es ist, hilflos und allein in der unendlichen Weite eines Meeres zu schwimmen. Man wird verrückt bei dem Gedanken, daß nie wieder Hilfe zu erwarten ist und man früher oder später jämmerlich ertrinken muß.“

„Hoffen wir das beste für ihn.“

Dan O’Flynn suchte ebenfalls die See ab. Wenn einer den treibenden Mann entdeckte, dann war es zweifellos Dan, der die Augen eines Seeadlers hatte und dem nichts entging.

Ein kleines, kaum merkliches Lächeln umspielte seine Lippen, während er durch den Kieker blickte.

„Was gibt es denn zu grinsen?“ fragte Al Conroy.

Dan O’Flynn deutete mit dem Ellbogen zu der Karavelle, die wie in einem goldenen Licht erschien, als die Sonnenstrahlen sie voll trafen. Einzelheiten waren an Bord nicht zu erkennen. Das Wendige Schiff sah wie ein himmlischer Lichtblitz aus.

„Die Kerle werden offensichtlich nervös und wissen nicht, was sie von unserem Manöver halten sollen.“

„Tatsächlich, sie ändern den Kurs in südliche Richtung“, sagte Al. „Sie haben wohl ein sehr schlechtes Gewissen.“

Das stimmte allerdings.

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