Cannabis und Cannabinoide

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2 Klassifizierung und Botanik von Cannabis

Markus Berger und Robert Connell Clarke

2.1 Klassifizierung

Hanf (lat. Cannabis) ist eine Gattung innerhalb der Familie der Hanfgewächse, fachsprachlich Cannabaceae Martinov (Synonyme: Cannabidaceae Endlicher, Cannabiaceae Endlicher, Cannabinaceae Endlicher), zu denen unter anderem auch der Hopfen (Humulus lupulus u.a.), die Zürgelbäume (Celtis spp.) und einige andere Gattungen mehr gezählt werden.

2.1.1 Historischer Wandel der Klassifizierung

Früher wurden Cannabisarten in die Familie der Urticaceae (Brennnesselgewächse) eingeordnet. Diese Einteilung hatten die britischen Botaniker George Bentham und William Jackson Hooker 1862 vorgenommen. 1925/26 schlugen die ebenfalls aus Großbritannien kommenden Pflanzenbiologen bzw. Botaniker Alfred Barton Rendle und John Hutchinson die eigenständige Familie der Cannabaceae (Hanfgewächse) vor. Andere Autoren ließen Cannabis in der Familie der Moraceae (Maulbeergewächse) aufgehen. Da die Maulbeergewächse aber größtenteils baumartige Pflanzen sind, einen Latex (Milchsaft) führen und auch in anderen morphologischen Merkmalen von Cannabispflanzen different sind (Blütenkelche, Staubgefäße), ist die Klassifizierung des Hanfs in einer eigenständigen Familie der Cannabaceae sinnvoll und nachvollziehbar.

Die Cannabaceae gehören zur Ordnung der Rosenartigen (Rosales), die wiederum unter den Bedecktsamigen Pflanzen (Eudikotyledonae; Kerneudikotyledonen) subsumiert werden (zur Taxonomie des Hanfs s. Tab. 3).

2.1.2 Unstimmigkeiten in der Klassifizierung

Strittig ist die Anzahl der tatsächlich zur Gattung Hanf gehörenden Arten (Spezies), Unterarten (Subspezies) und Varietäten – die klassische Unterteilung akzeptiert drei Arten, dies sind Cannabis sativa (Kulturhanf), Cannabis indica (Indischer Hanf, „Rauschhanf“) und Cannabis ruderalis (Ruderalhanf). Manche Botaniker sehen jedoch eine differente, nämlich monotypische Taxonomie, die lediglich aus der Stammform Cannabis sativa und deren diversen Varietäten besteht, so zum Beispiel den Arten Cannabis sativa var. sativa, Cannabis sativa var. indica und Cannabis sativa var. ruderalis bzw. Cannabis sativa var. spontanea (beides Namen für Cannabis ruderalis). Eine weitere ähnliche nomenklatorische Aufteilung, die vorgeschlagen wurde, bestünde aus Cannabis sativa var. vulgaris (gewöhnlicher Hanf), Cannabis sativa var. indica, Cannabis sativa var. gigantea (Riesenhanf) und Cannabis sativa var. ruderalis. Darüber hinaus wurde der Ruderalhanf vom russischen Botaniker Nikolai Vavilov als Unterart von Cannabis sativa gesehen, nämlich als subsp. spontanea, die sich von der subsp. culta (dem Kulturhanf) abgrenzen lässt. Vavilovs Kollege Petr Mikhailovich Zhukovskii erkannte in den russischen Wildformen des Hanfs jedoch die eigenständige Art Cannabis ruderalis (Zhukovskii 1964). Er bezeichnete den kultivierten Hanf als Cannabis sativa und unterschied innerhalb dieser Art wiederum zwei Formen – je mit einzelnen einhäusigen Exemplaren: eine mit kleinen und eine mit großen Samen. Zhukovskii bezeichnete darüber hinaus Cannabispflanzen aus Pakistan und der im Nordosten Afghanistans liegenden ehemaligen Region Kafiristan (heutige Provinz Nuristan) mit dem Namen Cannabis indica. Nach Mansfield besteht die Gattung Cannabis wiederum aus den Arten Cannabis sativa mit zwei Unterarten, die verwildert und in kultivierter Form existieren, Cannabis indica sowie der von Afghanistan bis Mitteleuropa vorkommenden Cannabis spontanea (also ruderalis) und Cannabis culta, die in Europa, Asien, Nordafrika, Australien und Nord- und Südamerika zu finden sei (Clarke 1997).

2.1.3 Derzeitig gängige Klassifizierungen

Die heute von einem Teil der Botaniker allgemeingültig anerkannte Einteilung in die drei Arten Cannabis sativa, Cannabis indica und Cannabis ruderalis (zum Beispiel akzeptiert vom ethnobotanischen Forscher William A. Emboden 1974a, 1974b und 1981) wurde 1974 auch vom US-amerikanischen Biologen und Begründer der Ethnobotanik Richard E. Schultes und Forscherkollegen für korrekt und nachvollziehbar befunden (Schultes et al. 1974). Sie zogen die Unterscheidung der drei Arten unter anderem aufgrund anatomischer, morphologischer und chemischer Merkmale der monotypischen Klassifizierung vor, die zum Beispiel von Loran C. Anderson (1980), Ernest Small und Arthur Cronquist (1976) sowie von William T. Stearn (1974) präferiert wurde. „In der Frage, wie viele Arten von Cannabis existieren, schieden sich die Geister: die einen sagten, die Gattung umfasse eine einzige, höchst variable Art, die anderen sprachen sich für mehrere voneinander unterscheidbare Arten aus. Heute deutet alles darauf hin, dass wir es mit drei Arten zu tun haben: C. indica, C. ruderalis und C. sativa; sie unterscheiden sich im Wuchs, in der Beschaffenheit der Achänen [Samen] und vor allem in den grundlegend verschiedenen Strukturen des Holzes“ (Schultes u. Hofmann 1998).

Nach dieser Differenzierung von Schultes et al. (1964) handelt es sich, vereinfacht gesagt, bei der Gattung Cannabis sativa um gewöhnlich hochwüchsige, locker verästelte Pflanzen mit langen Internodien, die um zwei bis sechs Meter hoch werden. Die Gattung Cannabis indica bildet hingegen vergleichsweise kleinwüchsige und häufig in geradezu konischer (tannenbaumartiger) Form wachsende Pflanzen aus. Sie werden gewöhnlich bis maximal 1,2 Meter hoch und sind reich verzweigt, Cannabis ruderalis wird dagegen höchstens 0,8 Meter hoch und wächst kaum bis gar nicht verzweigt (Clarke 1997).

Nomenklatorische Experimente

Eine abweichende Unterteilung der Nomenklatur von Cannabis haben der kanadische Pflanzenforscher Ernest Small und der US-amerikanische Botaniker Arthur Cronquist Mitte der Siebziger vorgenommen. So definierten sie anhand von charakteristischen Merkmalen der Samen und der spezifischen Psychoaktivität der Pflanzen zwei Unterarten von Cannabis sativa, nämlich Cannabis sativa subsp. sativa und Cannabis sativa subsp. indica, die wiederum in vier Varietäten aufgesplittet werden (sativa und spontanea für die Unterart sativa sowie indica und kafiristanica für die Unterart indica) (Small u. Cronquist 1976). Das führt dann zu so verwirrenden Namen wie Cannabis sativa subsp. sativa var. sativa. Die Unterarten und Varietäten unterscheiden sich hauptsächlich anhand ihres Cannabinoidprofils und damit in puncto Psychoaktivität (wenig bis sehr potent) sowie in der Größe und Textur der Samen (Clarke 1997).

2.1.4 Monotypische Klassifizierung

Ein anderer Teil der botanisch Forschenden ist, wie erwähnt, eher bereit, eine monotypische Klassifikation zu akzeptieren. Die Klassifizierung des Hanfs als monotypische Gattung, also als Gattung, die nur aus der einen Art Cannabis sativa und deren Varietäten besteht, geht bis zurück ins 17. und 18. Jahrhundert. Schon 1623 wurde von Caspar Bauhin der Name „Cannabis sativa“ verwendet. 1753 wurde Cannabis sativa vom schwedischen Naturforscher Carl von Linné in seinem zweibändigen Grundlagenwerk Species Plantarum aufgeführt (vgl. Abb. 9). Linné ist der Begründer des binären Namenssystems (Nomenklatur) zur Bezeichnung von Pflanzen und Tieren, wobei der erste Teil eines Namens jeweils für die entsprechende Gattung steht und der zweite, kleingeschriebene Teil für die jeweilige Art.

Auch Carl von Linné sprach sich dafür aus, Cannabis als monotypische Gattung zu klassifizieren – ein einheitlicher Konsens konnte in dieser Frage bis zum heutigen Tage aber nicht gefunden werden. „Die Frage, ob die Gattung Cannabis mehrere Arten umfasst oder nur aus einer sehr variablen Spezies besteht, ist sehr strittig. Teils werden Cannabis sativa, C. indica und C. ruderalis unterschieden, teils C. sativa mit Subspezies und C. indica, teils nur Subspezies von C. sativa“ (Herer et al. 1993). Doch damit nicht genug. Der russische Botaniker Nikolai Vavilov hatte 1926 vorgeschlagen, die Unterart Cannabis sativa var. afghanica in die taxonomische Systematik aufzunehmen, um afghanische Pflanzen von klassischen indica-Arten abzugrenzen.

Die nachfolgende Tabelle 2 präsentiert eine Übersicht über die diversen Bezeichnungen der Cannabispflanzen, die bis in die 1960er-Jahre vorgeschlagen und teils wieder verworfen wurden.

In Tabelle 3 ist demgegenüber die taxonomische Einordnung von Cannabis dargestellt.


Abb. 9 Titelblatt der Originalausgabe des Species Plantarum von Carl von Linné

Tab. 2 Cannabisarten: Nomenklatur im Spiegel der Zeit

 

Jahr Bezeichnung Autor
1587 Cannabis mas D'Ale'champs
Cannabis femina
1623 Cannabis sativa Caspar Bauhin
Cannabis erratica
1738 Cannabis foliis digitalis Linné
1753 Cannabis sativa Linné
1782 Cannabis foetens Gilibert
1783 Cannabis chinensis (Zierhanf)
Cannabis orientalis Lamarck
Cannabis indica Lamarck
1796 Cannabis erratica Sievers
1812 Cannabis macrosperma Stokes
1849 Cannabis lupulus Scopol
Cannabis chinensis (Gartenhanf)
Cannabis sativa monoica Holuby
1869 Cannabis sativa var. α (-kif) var. β (-vulgaris) var. γ (pedemontana) var. δ (chinensis) Candolle
1905 Cannabis generalis Kraus
1908 Cannabis americana Houghton
1917 Cannabis gigantea Crevost
1924 Cannabis ruderalis Janischewsky
1926 Cannabis sativa var. spontanea
Cannabis sativa var. afghanica
1936 Cannabis pedemontana Camp
1960 Cannabis intersita Sojak
Cannabis culta Mansfield

Tab. 3 Taxonomische Einordnung von Cannabis (nach ITIS, Integrated Taxonomic Information System, www.itis.gov)


Rangstufen Taxa deutsch
Reich (Regnum) Plantae Pflanzen
Unterreich (Subregnum) Viridiplantae Grünpflanzen
Infareich (Infraregnum) Streptophyta Landpflanzen
Überabteilung (Supradivisio) Embryophyta grüne Landpflanzen
Abteilung (Divisio) und Tracheophyta Gefäßpflanzen
Unterabteilung (Subdivisio) Spermatophytina Samenpflanzen
Klasse (Classis) Magnoliopsida, Eudikotyledonen bedecktsamige Pflanzen
Überordnung (Supraordo) Rosanae rosenblütige Pflanzen
Ordnung (Ordo) Rosales rosenartige Pflanzen
Familie (Familia) Cannabaceae Hanfgewächse
Gattung (Genus) Cannabis Hanf
Art (Species) Cannabis sativa L.
Unterart (Subspecies) Cannabis sativa ssp. indica (Lam.)Small et Cronquist
Cannabis sativa ssp. sativa L.

2.1.5 Unterteilung durch das Wirkstoffprofil

Cannabispflanzen (s. Abb. 10) können aufgrund ihres Wirkstoffprofils grundsätzlich in zwei Chemotypen (Cannabinoid-Phänotypen) unterteilt werden. Der Chemotyp der klassischen Marihuanapflanze („Rauschhanf“) bildet gewöhnlich mehr Tetrahydrocannabinol (THC) als Cannabidiol (CBD) aus, wohingegen beim Chemotyp des Faserhanfs das CBD überwiegt. Heutzutage können wir Hanfpflanzen mit vier grundlegenden Wirkstoffprofilen unterscheiden: Den in der EU zugelassenen Nutzhanf mit maximal 0,2% THC-Gehalt und beliebig hohem CBD-Anteil und daneben Cannabidiol-reiche bzw. THC-reiche Sorten sowie Pflanzen mit ausgeglichenem THC- und CBD-Anteil.

Abb. 10 Cannabis in Leonhart Fuchs' Kräuterbuch von 1543

2.1.6 Kritische Auseinandersetzung

Das alles ist jedoch nicht der Weisheit letzter Schluss, denn „jede Klassifizierung ist eher semantischer als wissenschaftlicher Natur, und Daten können von den einzelnen Taxonomikern unterschiedlich interpretiert werden. Wir dürfen jedoch nicht vergessen, dass morphologische Merkmale bei der Unterscheidung einzelner Varietäten, Sorten oder Arten unser wichtigster Schlüssel sind, und dass die Anpassung an abiotische Bedingungen die Phänotypen festlegt“ (Clarke 1997).

Trotz aller Uneinigkeit, was die taxonomische Klassifizierung von Cannabis angeht, handelt es sich bei der alten Annahme, dass Cannabis sativa ausschließlich Faserhanfpflanzen hervorbringe und Cannabis indica den psychoaktiven Hanf, um einen Irrtum.

2.2 Botanik

Der Hanf ist ein Fremdbefruchter und Windbestäuber und eine sogenannte sommeranuelle Kurztagspflanze. Als zweihäusige (diözische, also getrenntgeschlechtliche) Pflanze bringt Cannabis sowohl weibliche wie auch männliche Exemplare hervor. Manche Formen des Hanfes sind dagegen einhäusig (monözisch, also zwittrig), was eine Frage des entsprechenden Erbguts ist. In diesem Fall sind an einer Pflanze Blütenstände beider Geschlechter zu finden.

2.2.1 Geschlechtsdetermination

Weibliche diözische Pflanzen prägen Blütenstände (pistillate oder Stempelblüten) in den Blattachseln aus, die dicht und gedrungen wachsen und in Form von Scheinähren erscheinen, wohingegen die Blüten männlicher diözischer Exemplare (staminate oder Staubblüten) in bis zu 30 Zentimeter langen Rispen wachsen und dünn, locker und vielverzweigt aufgebaut sind.

Weiblicher Flor bildet sich paarweise an den Blattknoten und erscheint in Form von zwei länglichen, weißlichen, gelben bzw. rosa Narben, die aus dem mit harzigen Drüsenhaaren besetzten Blütenkelch (Calyx) hervorragen.

Der mit Pflanzenhaaren (Trichomen) besetzte Calyx des männlichen Flors besteht aus fünf weißlichen, gelben oder grünen, etwa fünf Millimter langen Kelchblättern, die herunterhängen und fünf aus Pollensäcken (Antheren) bestehende Staubgefäße (Stamina) umschließen, die ebenfalls ungefähr fünf Millimeter lang sind.

Bei monözischen Cannabispflanzen entstehen die weiblichen Blütenstände übrigens an den Spitzen von Seitentrieben, was ein sicheres Unterscheidungsmerkmal darstellt. Männlicher Flor monözischer Hanfpflanzen entspringt dagegen den Blattachseln (vgl. Abb. 11-13).


Abb. 11 Männliche Cannabisblüte


Abb. 12 Weibliche Blüte einer sativalastigen Cannabissorte (Foto: Markus Berger)


Abb. 13 Weibliche Blüte einer indicalastigen Cannabissorte (Foto: Markus Berger)

 

2.2.2 Merkmale des Hanfs

Der einjährige Hanf ist eine krautige und schnellwüchsige Pflanze und kann je nach Art, Standort und Ausprägung bis zu sechs Meter hoch wachsen. Unter günstigen klimatischen Bedingungen kann eine Cannabispflanze bis zu sieben Zentimeter am Tag wachsen.

Die radiäre Wurzel bildet zahlreiche Ausläufer (Neben- und Seitenwurzeln) und wächst in mineralischem Boden bis zu zwei Meter tief.

Der Stengel der Cannabispflanze ist hohl, wird bei ausgeprägtem Wachstum bis zu 20 (30) Millimeter dick und bildet sich im Jugendstadium zunächst in viereckiger Form aus. Im Laufe des Wachstums ändert der Stengel seine Form hin zu sechseckig, wobei er an Spitze und Basis rundlich erscheint. Die Rinde des Hanfstengels ist Lieferant der strapazierfähigen und industriell nutzbaren hochwertigen primären Hanffasern, die vielseitig verwendet werden. Die sekundären Hanffasern bilden sich aus dem Kambium (Teilungsgewebe).

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