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Die Elixiere des Teufels

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"Ich habe alles gesagt, was ich über mein einfaches Leben zu sagen wußte."

"Haben Sie nie mit Geistlichen … mit Mönchen Umgang gepflogen?"

"Ja, in Krakau … Danzig … Frauenburg … Königsberg. Am letztern Orte mit den Weltgeistlichen, die bei der Kirche als Pfarrer und Kapellan angestellt waren."

"Sie haben früher nicht erwähnt, daß Sie auch in Frauenburg gewesen sind?"

"Weil ich es nicht der Mühe wert hielt, eines kurzen, wie mich dünkt, achttägigen Aufenthalts dort auf der Reise von Danzig nach Königsberg zu erwähnen." "Also in Kwiecziczewo sind Sie geboren?"

Dies frug der Richter plötzlich in polnischer Sprache, und zwar in echt polnischem Dialekt, jedoch ebenfalls ganz leichthin. Ich wurde in der Tat einen Augenblick verwirrt, raffte mich jedoch zusammen, besann mich auf das wenige Polnische, was ich von meinem Freunde Krcszinski im Seminar gelernt hatte, und antwortete :

"Auf dem kleinen Gute meines Vaters bei Kwiecziczewo." "Wie hieß dieses Gut?"

"Krcziniewo, das Stammgut meiner Familie." "Sie sprechen für einen Nationalpolen das Polnische nicht sonderlich aus. Aufrichtig gesagt, in ziemlich deutschem Dialekt. Wie kommt das?"

"Schon seit vielen Jahren spreche ich nichts als Deutsch. Ja selbst schon in Krakau hatte ich viel Umgang mit Deutschen, die das Polnische von mir erlernen wollten; unvermerkt mag ich ihren Dialekt mir angewöhnt haben, wie man leicht provinzielle Aussprache annimmt und die bessere, eigentümliche darüber vergißt."

Der Richter blickte mich an, ein leises Lächeln flog über sein Gesicht, dann wandte er sich zum Protokollführer und diktierte ihm leise etwas. Ich unterschied deutlich die Worte: "Sichtlich in Verlegenheit" und wollte mich eben noch mehr über mein schlechtes Polnisch auslassen, als der Richter frug: "Waren Sie niemals in B.?"

"Niemals!"

"Der Weg von Königsberg hieher kann Sie über den Ort geführt haben?"

"Ich habe eine andere Straße eingeschlagen." "Haben Sie nie einen Mönch aus dem Kapuzinerkloster in B. kennengelernt?" "Nein!"

Der Richter klingelte und gab dem hereintretenden Gerichtsdiener leise einen Befehl. Bald darauf öffnete sich die Türe, und wie durchbebten mich Schreck und Entsetzen, als ich den Pater Cyrillus eintreten sah. Der Richter frug: "Kennen Sie diesen Mann?" "Nein! … ich habe ihn früher niemals gesehen!" Da heftete Cyrillus den starren Blick auf mich, dann trat er näher; er schlug die Hände zusammen und rief laut, indem Tränen ihm aus den Augen gewaltsam hervorquollen: "Medardus, Bruder Medardus … ! um Christus willen, wie muß ich dich wiederfinden, im Verbrechen teuflisch frevelnd. Bruder Medardus, gehe in dich, bekenne, bereue … Gottes Langmut ist unendlich!" – Der Richter schien mit Cyrillus' Rede unzufrieden, er unterbrach ihn mit der Frage: "Erkennen Sie diesen Mann für den Mönch Medardus aus dem Kapuzinerkloster in B.?"

"So wahr mir Christus helfe zur Seligkeit", erwiderte Cyrillus, "so kann ich nicht anders glauben, als daß dieser Mann, trägt er auch weltliche Kleidung, jener Medardus ist, der im Kapuzinerkloster zu B. unter meinen Augen Noviz war und die Weihe empfing. Doch hat Medardus das rote Zeichen eines Kreuzes an der linken Seite des Halses, und wenn dieser Mann" … "Sie bemerken", unterbrach der Richter den Mönch, sich zu mir wendend, "daß man Sie für den Kapuziner Medardus aus dem Kloster in B. hält und daß man eben diesen Medardus schwerer Verbrechen halber angeklagt hat. Sind Sie nicht dieser Mönch, so wird es Ihnen leicht werden, dies darzutun; eben daß jener Medardus ein besonderes Abzeichen am Halse trägt, – welches Sie, sind Ihre Angaben richtig, nicht haben können – gibt Ihnen die beste Gelegenheit dazu. Entblößen Sie Ihren Hals." – "Es bedarf dessen nicht", erwiderte ich gefaßt, "ein besonderes Verhängnis scheint mir die treueste Ähnlichkeit mit jenem angeklagten, mir gänzlich unbekannten Mönch Medardus gegeben zu haben, denn selbst ein rotes Kreuzzeichen trage ich an der linken Seite des Halses." – Es war dem wirklich so, jene Verwundung am Halse, die mir das diamantne Kreuz der Äbtissin zufügte, hatte eine rote, kreuzförmige Narbe hinterlassen, die die Zeit nicht vertilgen konnte. "Entblößen Sie Ihren Hals", wiederholte der Richter. – Ich tat es, da schrie Cyrillus laut: "Heilige Mutter Gottes, es ist es, es ist das rote Kreuzzeichen! … Medardus … Ach, Bruder Medardus, hast du denn ganz entsagt dem ewigen Heil?" – Weinend und halb ohnmächtig sank er in einen Stuhl. "Was erwidern Sie auf die Behauptung dieses ehrwürdigen Geistlichen?" frug der Richter. In dem Augenblick durchfuhr es mich wie eine Blitzesflamme; alle Verzagtheit, die mich zu übermannen drohte, war von mir gewichen, ach, es war der Widersacher selbst, der mir zuflüsterte: "Was vermögen diese Schwächlinge gegen dich Starken in Sinn und Geist? … Soll Aurelie denn nicht dein werden?" – Ich fuhr heraus beinahe in wildem, höhnendem Trotz: "Dieser Mönch da, der ohnmächtig im Stuhle liegt, ist ein schwachsinniger, blöder Greis, der in toller Einbildung mich für irgendeinen verlaufenen Kapuziner seines Klosters hält, von dem ich vielleicht eine flüchtige Ähnlichkeit trage." – Der Richter war bis jetzt in ruhiger Fassung geblieben, ohne Blick und Ton zu ändern; zum erstenmal verzog sich nun sein Gesicht zum finstern, durchbohrenden Ernst, er stand auf und blickte mir scharf ins Auge. Ich muß gestehen, selbst das Funkeln seiner Gläser hatte für mich etwas Unerträgliches, Entsetzliches, ich konnte nicht weiterreden; von innerer verzweifelnder Wut grimmig erfaßt, die geballte Faust vor der Stirn, schrie ich laut auf: "Aurelie!" – "Was soll das, was bedeutet der Name?" frug der Richter heftig. – "Ein dunkles Verhängnis opfert mich dem schmachvollen Tode", sagte ich dumpf, "aber ich bin unschuldig, gewiß … ich bin ganz unschuldig … entlassen Sie mich … haben Sie Mitleiden … ich fühle es, daß Wahnsinn mir durch Nerv und Adern zu toben beginnt … entlassen Sie mich!" – Der Richter, wieder ganz ruhig geworden, diktierte dem Protokollführer vieles, was ich nicht verstand, endlich las er mir eine Verhandlung vor, worin alles, was er gefragt und was ich geantwortet sowie was sich mit Cyrillus zugetragen hatte, verzeichnet war. Ich mußte meinen Namen unterschreiben; dann forderte mich der Richter auf, irgend etwas polnisch und deutsch aufzuzeichnen, ich tat es. Der Richter nahm das deutsche Blatt und gab es dem Pater Cyrillus, der sich unterdessen wieder erholt hatte, mit der Frage in die Hände: "Haben diese Schriftzüge Ähnlichkeit mit der Hand, die Ihr Klosterbruder Medardus schrieb?" – "Es ist ganz genau seine Hand, bis auf die kleinsten Eigentümlichkeiten", erwiderte Cyrillus und wandte sich wieder zu mir. Er wollte sprechen, ein Blick des Richters wies ihn zur Ruhe. Der Richter sah das von mir geschriebene polnische Blatt sehr aufmerksam durch, dann stand er auf, trat dicht vor mir hin und sagte mit sehr ernstem, entscheidendem Ton:

"Sie sind kein Pole. Diese Schrift ist durchaus unrichtig, voller grammatischer und orthographischer Fehler. Kein Nationalpole schreibt so, wäre er auch viel weniger wissenschaftlich ausgebildet, als Sie es sind."

"Ich bin in Krcziniewo geboren, folglich allerdings ein Pole. Selbst aber in dem Fall, daß ich es nicht wäre, daß geheimnisvolle Umstände mich zwängen, Stand und Namen zu verleugnen, so würde ich deshalb doch nicht der Kapuziner Medardus sein dürfen, der aus dem Kloster in B., wie ich glauben muß, entsprang."

"Ach, Bruder Medardus", fiel Cyrillus ein, "schickte dich unser ehrwürdiger Prior Leonardus nicht im Vertrauen auf deine Treue und Frömmigkeit nach Rom? … Bruder Medardus! um Christus willen, verleugne nicht länger auf gottlose Weise den heiligen Stand, dem du entronnen."

"Ich bitte Sie, uns nicht zu unterbrechen", sagte der Richter und fuhr dann, sich zu mir wendend, fort:

"Ich muß Ihnen bemerklich machen, wie die unverdächtige Aussage dieses ehrwürdigen Herrn die dringendste Vermutung bewirkt, daß Sie wirklich der Medardus sind, für den man Sie hält. Nicht verhehlen mag ich auch, daß man Ihnen mehrere Personen entgegenstellen wird, die Sie für jenen Mönch unzweifelhaft erkannt haben. Unter diesen Personen befindet sich eine, die Sie, treffen die Vermutungen ein, schwer fürchten müssen. Ja selbst unter Ihren eigenen Sachen hat sich manches gefunden, was den Verdacht wider Sie unterstützt. Endlich werden bald die Nachrichten über Ihre vergebliche Familienumstände eingehen, um die man die Gerichte in Posen ersucht hat… Alles dieses sage ich Ihnen offner, als es mein Amt gebietet, damit Sie sich überzeugen, wie wenig ich auf irgendeinen Kunstgriff rechne, Sie, haben jene Vermutungen Grund, zürn Geständnis der Wahrheit zu bringen. Bereiten Sie sich vor, wie Sie wollen; sind Sie wirklich jener angeklagte Medardus, so glauben Sie, daß der Blick des Richters die tiefste Verhüllung bald durchdringen wird; Sie werden dann auch selbst sehr genau wissen, welcher Verbrechen man Sie anklagt. Sollten Sie dagegen wirklich der Leonard von Krczinski sein, für den Sie sich ausgeben, und ein besonderes Spiel der Natur Sie, selbst rücksichts besonderer Abzeichen, jenem Medardus ähnlich gemacht haben, so werden Sie selbst leicht Mittel finden, dies klar nachzuweisen. Sie schienen mir erst in einem sehr exaltierten Zustande, schon deshalb brach ich die Verhandlung ab, indessen wollte ich Ihnen zugleich auch Raum geben zum reiflichen Nachdenken. Nach dem, was heute geschehen, kann es Ihnen an Stoff dazu nicht fehlen."

"Sie halten also meine Angaben durchaus für falsch? … Sie sehen in mir den verlaufenen Mönch Medardus?" – So frug ich; der Richter sagte mit einer leichten Verbeugung: "Adieu, Herr von Krczinski!" und man brachte mich in den Kerker zurück. Die Worte des Richters durchbohrten mein Innres wie glühende Stacheln. Alles, was ich vorgegeben, kam mir seicht und abgeschmackt vor. Daß die Person, der ich entgegengestellt werden und die ich so schwer zu fürchten haben sollte, Aurelie sein mußte, war nur zu klar. Wie sollt' ich das ertragen! Ich dachte nach, was unter meinen Sachen wohl verdächtig sein könne, da fiel es mir schwer aufs Herz, daß ich noch aus jener Zeit meines Aufenthaltes auf dem Schlosse des Barons von F. einen Ring mit Euphemiens Namen besaß sowie daß Viktorins Felleisen, das ich auf meiner Flucht mit mir genommen, noch mit dem Kapuzinerstrick zugeschnürt war! – Ich hielt mich für verloren! – Verzweifelnd rannte ich den Kerker auf und ab. Da war es, als flüsterte, als zischte es mir in die Ohren: "Du Tor, was verzagst du? Denkst du nicht an Viktorin?" – Laut rief ich: "Ha! nicht verloren, gewonnen ist das Spiel." Es arbeitete und kochte in meinem Innern! – Schon früher hatte ich daran gedacht, daß unter Euphemiens Papieren sich wohl etwas gefunden haben müsse, was auf Viktorins Erscheinen auf dem Schlosse als Mönch hindeute. Darauf mich stützend, wollte ich auf irgendeine Weise ein Zusammentreffen mit Viktorin, ja selbst mit dem Medardus, für den man mich hielt, vorgeben; jenes Abenteuer auf dem Schlosse, das so fürchterlich endete, als von Hörensagen erzählen und mich selbst, meine Ähnlichkeit mit jenen beiden, auf unschädliche Weise geschickt hineinverflechten. Der kleinste Umstand mußte reiflich erwogen werden; aufzuschreiben beschloß ich daher den Roman, der mich retten sollte! – Man bewilligte mir die Schreibmaterialien, die ich forderte, um schriftlich noch manchen verschwiegenen Umstand meines Lebens zu erörtern. Ich arbeitete mit Anstrengung bis in die Nacht hinein; im Schreiben erhitzte sich meine Phantasie, alles formte sich wie eine gerundete Dichtung, und fester und fester spann sich das Gewebe endloser Lügen, womit ich dem Richter die Wahrheit zu verschleiern hoffte. Die Burgglocke hatte zwölfe geschlagen, als sich wieder leise und entfernt das Podien vernehmen ließ, das mich gestern so verstört hatte. – Ich wollte darauf nicht achten, aber immer lauter pochte es in abgemessenen Schlägen, und dabei fing es wieder an, dazwischen zu lachen und zu ächzen. – Stark auf dem Tisch schlagend, rief ich laut: "Still ihr da drunten!" und glaubte mich so von dem Grauen, das mich befing, zu ermutigen; aber da lachte es gellend und schneidend durch das Gewölbe und stammelte: "Brü-der-lein, Brü-der-lein … zu dir her-auf … herauf … ma-mach auf … mach auf!" – Nun begann es dicht neben mir im Fußboden zu schaben, zu rasseln und zu kratzen, und immer wieder lachte es und ächzte; stärker und immer stärker wurde das Geräusch, das Rasseln, das Kratzen – dazwischen dumpf dröhnende Schläge wie das Fallen schwerer Massen. – Ich war aufgestanden, mit der Lampe in der Hand. Da rührte es sich unter meinem Fuß, ich schritt weiter und sah, wie an der Stelle, wo ich gestanden, sich ein Stein des Pflasters losbröckelte. Ich erfaßte ihn und hob ihn mit leichter Mühe vollends heraus. Ein düstrer Schein brach durch die Öffnung, ein nackter Arm mit einem blinkenden Messer in der Hand streckte sich mir entgegen. Von tiefem Entsetzen durchschauert, bebte ich zurück. Da stammelte es von unten herauf: "Brü-der-lein! Brü-der-lein, Me-dar-dus ist da-da, herauf … nimm, nimm! … brich … brich … in den Wa-Wald … in den Wald!" – Schnell dachte ich Flucht und Rettung; alles Grauen überwunden, ergriff ich das Messer, das die Hand mir willig ließ und fing an, den Mörtel zwischen den Steinen des Fußbodens emsig wegzubrechen. Der, der unten war, drückte wacker herauf. Vier, fünf Steine lagen zur Seite weggeschleudert, da erhob sich plötzlich ein nackter Mensch bis an die Hüften aus der Tiefe empor und starrte mich gespenstisch an mit des Wahnsinns grinsendem, entsetzlichem Gelächter. Der volle Schein der Lampe fiel auf das Gesicht – ich erkannte mich selbst – mir vergingen die Sinne. – Ein empfindlicher Schmerz an den Armen weckte mich aus tiefer Ohnmacht! – Hell war es um mich her, der Kerkermeister stand mit einer blendenden Leuchte vor mir, Kettengerassel und Hammerschläge hallten durch das Gewölbe. Man war beschäftigt, mich in Fesseln zu schmieden. Außer den Hand- und Fußschellen wurde ich mittelst eines Ringes um den Leib und einer daran befestigten Kette an die Mauer gefesselt. "Nun wird es der Herr wohl bleiben lassen, an das Durchbrechen zu denken", sagte der Kerkermeister. – "Was hat denn der Kerl eigentlich getan?" frug ein Schmiedeknecht. "Ei", erwiderte der Kerkermeister, "weißt du denn das nicht, Jost? … die ganze Stadt ist ja davon voll, ‚s ist ein verfluchter Kapuziner, der drei Menschen ermordet hat. Sie haben's schon ganz heraus. In wenigen Tagen haben wir große Gala, da werden die Räder spielen." – Ich hörte nichts mehr, denn aufs neue entschwanden mir Sinn und Gedanken. Nur mühsam erholte ich mich aus der Betäubung, finster blieb es, endlich brachen einige matte Streiflichter des Tages herein in das niedrige, kaum sechs Fuß hohe Gewölbe, in das, wie ich jetzt zu meinem Entsetzer, wahrnahm, man mich aus meinem vorigen Kerker gebracht hatte. Mich dürstete, ich griff nach dem Wasserkruge, der neben mir stand, feucht und kalt schlüpfte es mir durch die Hand, ich sah eine aufgedunsene scheußliche Kröte schwerfällig davonhüpfen. Voll Ekel und Abscheu ließ ich den Krug fahren. "Aurelie!" stöhnte ich auf in dem Gefühl des namenlosen Elends, das nun über mich hereingebrochen. "Und darum das armselige Leugnen und Lügen vor Gericht? – alle gleißnerischen Künste des teuflischen Heuchlers? – darum, um ein zerrissenes, qualvolles Leben einige Stunden länger zu fristen? Was willst du, Wahnsinniger! Aurelien besitzen, die nur durch ein unerhörtes Verbrechen dein werden konnte? – denn immerdar, lügst du auch der Welt deine Unschuld vor, würde sie in dir Hermogens verruchten Mörder erkennen und dich tief verabscheuen. Elender, wahnwitziger Tor, wo sind nun deine hochfliegenden Pläne, der Glaube an deine überirdische Macht, womit du das Schicksal selbst nach Willkür zu lenken wähntest; nicht zu töten vermagst du den Wurm, der an deinem Herzmark mit tödlichen Bissen nagt, schmachvoll verderben wirst du in trostlosem Jammer, wenn der Arm der Gerechtigkeit auch deiner schont." So, laut klagend, warf ich mich auf das Stroh und fühlte in dem Augenblick einen Druck auf der Brust, der von einem harten Körper in der Busentasche meiner Weste herzurühren schien. Ich faßte hinein und zog ein kleines Messer hervor. Nie hatte ich, solange ich im Kerker war, ein Messer bei mir getragen, es mußte daher dasselbe sein, das mir mein gespenstisches Ebenbild heraufgereicht hatte. Mühsam stand ich auf und hielt das Messer in den stärker hereinbrechenden Lichtstrahl. Ich erblickte das silberne blinkende Heft. Unerforschliches Verhängnis! es war dasselbe Messer, womit ich Hermogen getötet und das ich seit einigen Wochen vermißt hatte. Aber nun ging plötzlich in meinem Innern, wunderbar leuchtend, Trost und Rettung von der Schmach auf. Die unbegreifliche Art, wie ich das Messer erhalten, war mir ein Fingerzeig der ewigen Macht, wie ich meine Verbrechen büßen, wie ich im Tode Aurelien versöhnen solle. Wie ein göttlicher Strahl im reinen Feuer durchglühte mich nun die Liebe zu Aurelien, jede sündliche Begierde war von mir gewichen. Es war mir, als sähe ich sie selbst, wie damals, als sie am Beichtstuhl in der Kirche des Kapuzinerklosters erschien. "Wohl liebe ich dich, Medardus, aber du verstandest mich nicht! … Meine Liebe ist der Tod!" – so umsäuselte und umflüsterte mich Aureliens Stimme, und fest stand mein Entschluß, dem Richter frei die merkwürdige Geschichte meiner Verirrungen zu gestehen und dann mir den Tod zu geben.

 

Der Kerkermeister trat herein und brachte mir bessere Speisen, als ich sonst zu erhalten pflegte, sowie eine Flasche Wein. –"Vom Fürsten so befohlen", sprach er, indem er den Tisch, den ihm sein Knecht nachtrug, deckte und die Kette, die mich an die Wand fesselte, losschloß. Ich bat ihn, dem Richter zu sagen, daß ich vernommen zu werden wünsche, weil ich vieles zu eröffnen hätte, was mir schwer auf dem Herzen liege. Er versprach, meinen Auftrag auszurichten, indessen wartete ich vergebens, daß man mich zum Verhör abholen solle; niemand ließ sich mehr sehen, bis der Knecht, als es schon ganz finster worden, hereintrat und die am Gewölbe hängende Lampe anzündete. In meinem Innern war ich ruhiger als jemals, doch fühlte ich mich sehr erschöpft und versank bald in tiefen Schlaf. Da wurde ich in einen langen, düstern, gewölbten Saal geführt, in dem ich eine Reihe in schwarzen Talaren gekleideter Geistlicher erblickte, die der Wand entlang auf hohen Stühlen saßen. Vor ihnen, an einem mit blutroter Decke behangenen Tisch, saß der Richter und neben ihm ein Dominikaner im Ordenshabit. "Du bist jetzt", sprach der Richter mit feierlich erhabener Stimme, "dem geistlichen Gericht übergeben, da du, verstockter, freveliger Mönch, vergebens deinen Stand und Namen verleugnet hast. Franziskus, mit dem Klosternamen Medardus genannt, sprich, welcher Verbrechen bist du beziehen worden?" – Ich wollte alles, was ich je Sündhaftes und Freveliges begangen, offen eingestehen, aber zu meinem Entsetzen war das, was ich sprach, durchaus nicht das, was ich dachte und sagen wollte.

Statt des ernsten, reuigen Bekenntnisses verlor ich mich in ungereimte, unzusammenhängende Reden. Da sagte der Dominikaner, riesengroß vor mir dastehend und mit gräßlich funkelndem Blick mich durchbohrend: "Auf die Folter mit dir, du halsstarriger, verstockter Mönch!" Die seltsamen Gestalten rings umher erhoben sich und streckten ihre langen Arme nach mir aus und riefen in heiseren, grausigem Einklang: "Auf die Folter mit ihm!" Ich riß das Messer heraus und stieß nach meinem Herzen, aber der Arm fuhr unwillkürlich herauf! ich traf den Hals, und am Zeichen des Kreuzes sprang die Klinge wie in Glasscherben, ohne mich zu verwunden. Da ergriffen mich die Henkersknechte und stießen mich hinab in ein tiefes unterirdisches Gewölbe. Der Dominikaner und der Richter stiegen mir nach. Noch einmal forderte mich dieser auf zu gestehen. Nochmals strengte ich mich an, aber in tollem Zwiespalt stand Rede und Gedanke. – Reuevoll, zerknirscht von tiefer Schmach, bekannte ich im Innern alles – abgeschmackt, verwirrt, sinnlos war, was der Mund ausstieß. Auf den Wink des Dominikaners zogen mich die Henkersknechte nackt aus, schnürten mir beide Arme über den Rücken zusammen, und hinaufgewunden fühlte ich, wie die ausgedehnten Gelenke knackend zerbröckeln wollten. In heillosem, wütendem Schmerz schrie ich laut auf und erwachte. Der Schmerz an den Händen und Füßen dauerte fort, er rührte von den schweren Ketten her, die ich trug, doch empfand ich noch außerdem einen Druck über den Augen, die ich nicht aufzuschlagen vermochte. Endlich war es, als würde plötzlich eine Last mir von der Stirn genommen, ich richtete mich schnell empor, ein Dominikanermönch stand vor meinem Strohlager. Mein Traum trat in das Leben, eiskalt rieselte es mir durch die Adern. Unbeweglich, wie eine Bildsäule, mit übereinandergeschlagenen Armen stand der' Mönch da und starrte mich an mit den hohlen schwarzen Augen. Ich erkannte den gräßlichen Maler und fiel halb ohnmächtig auf mein Strohlager zurück. – Vielleicht war es nur eine Täuschung der durch den Traum aufgeregten Sinne? Ich ermannte mich, ich richtete mich auf, aber unbeweglich stand der Mönch und starrte mich an mit den hohlen schwarzen Augen. Da schrie ich in wahnsinniger Verzweiflung: "Entsetzlicher Mensch … hebe dich weg! … Nein! … Kein Mensch, du bist der Widersacher selbst, der mich stürzen will in ewige Verderbnis … hebe dich weg, Verruchter! hebe dich weg!" – "Armer, kurzsichtiger Tor, ich bin nicht der, der dich ganz unauflöslich zu umstricken strebt mit ehernen Banden! – der dich abwendig machen will dem heiligen Werk, zu dem dich die ewige Macht berief. – Medardus! – armer, kurzsichtiger Tor! – schreckbar, grauenvoll bin ich dir erschienen, wenn du über dem offenen Grabe ewiger Verdammnis leichtsinnig gaukeltest. Ich warnte dich, aber du hast mich nicht verstanden! Auf! nähere dich mir!" Der Mönch sprach alles dieses im dumpfen Ton der tiefen, herzzerschneidendsten Klage; sein Blick, mir sonst so fürchterlich, war sanft und milde worden, weicher die Form seines Gesichts. Eine unbeschreibliche Wehmut durchbebte mein Innerstes; wie ein Gesandter der ewigen Macht, mich aufzurichten, mich zu trösten im endlosen Elend, erschien mir der sonst so schreckliche Maler. – Ich stand auf vom Lager, ich trat ihm nahe, es war kein Phantom, ich berührte sein Kleid; ich kniete unwillkürlich nieder, er legte die Hand auf mein Haupt, wie mich segnend. Da gingen in lichten Farben herrliche Gebilde in mir auf. – Ach! ich war in dem heiligen Walde! – ja es war derselbe Platz, wo in früher Kindheit der fremdartig gekleidete Pilger mir den wunderbaren Knaben brachte. Ich wollte fortschreiten, ich wollte hinein in die Kirche, die ich dicht vor mir erblickte. Dort sollte ich (so war es mir) büßend und bereuend Ablaß erhalten von schwerer Sünde. Aber ich blieb regungslos – mein eignes Ich konnte ich nicht erschauen, nicht erfassen. Da sprach eine dumpfe, hohle Stimme: "Der Gedanke ist die Tat!" – Die Träume verschwebten; es war der Maler, der jene Worte gesprochen. "Unbegreifliches Wesen, warst du es denn selbst? an jenem unglücklichen Morgen in der Kapuzinerkirche zu B.? in der Reichsstadt? und nun?" – "Halt ein", unterbrach mich der Maler, "ich war es, der überall dir nahe war, um dich zu retten von Verderben und Schmach, aber dein Sinn blieb verschlossen! Das Werk, zu dem du erkoren, mußt du vollbringen zu deinem eignen Heil." – "Ach", rief ich voll Verzweiflung, "warum hieltst du nicht meinen Arm zurück, als ich in verruchtem Frevel jenen Jüngling… " "Das war mir nicht vergönnt", fiel der Maler ein, "frage nicht weiter! vermessen ist es, vorgreifen zu wollen dem, was die ewige Macht beschlossen… . Medardus! Du gehst deinem Ziel entgegen … Morgen!" – Ich erbebte in eiskaltem Schauer, denn ich glaubte, den Maler ganz zu verstehen. Er wußte und billigte den beschlossenen Selbstmord. Der Maler wankte mit leisem Tritt nach der Tür des Kerkers. "Wann, wann sehe ich dich wieder?" – "Am Ziele!" – rief er, sich noch einmal nach mir umwendend, feierlich und stark, daß das Gewölbe dröhnte – "Also morgen?" – Leise drehte sich die Türe in den Angeln, der Maler war verschwunden. Sowie der helle Tag nur angebrochen, erschien der Kerkermeister mit seinen Knechten, die mir die Fesseln von den wunden Armen und Füßen ablösten. Ich solle bald zum Verhör hinaufgeführt werden, hieß es. Tief in mich gekehrt, mit dem Gedanken des nahen Todes vertraut, schritt ich hinauf in den Gerichtssaal; mein Bekenntnis hatte ich im Innern so geordnet, daß ich dem Richter eine kurze, aber den kleinsten Umstand mit aufgreifende Erzählung zu machen hoffte. Der Richter kam mir schnell entgegen, ich mußte höchst entstellt aussehen, denn bei meinem Anblick verzog sich schnell das freudige Lächeln, das erst auf seinem Gesicht schwebte, zur Miene des tiefsten Mitleids. Er faßte meine beiden Hände und schob mich sanft in seinen Lehnstuhl. Dann mich starr anschauend, sagte er langsam und feierlich: "Herr von Krcszinski! ich habe Ihnen Frohes zu verkünden! Sie sind frei! Die Untersuchung ist auf Befehl des Fürsten niedergeschlagen worden. Man hat Sie mit einer ändern Person verwechselt, woran Ihre ganz unglaubliche Ähnlichkeit mit dieser Person schuld ist. Klar, ganz klar ist Ihre Schuldlosigkeit dargetan! … Sie sind frei!" – Es schwirrte und sauste und drehte sich alles um mich her. – Des Richters Gestalt blinkte, hundertfach vervielfältigt, durch den düstern Nebel, alles schwand in dicker Finsternis. – Ich fühlte endlich, daß man mir die Stirne mit starkem Wasser rieb, und erholte mich aus dem ohnmachtähnlichen Zustande, in den ich versunken. Der Richter las mir ein kurzes Protokoll vor, welches sagte, daß er mir die Niederschlagung des Prozesses bekannt gemacht und meine Entlassung aus dem Kerker bewirkt habe. Ich unterschrieb schweigend, keines Wortes war ich mächtig. Ein unbeschreibliches, mich im Innersten vernichtendes Gefühl ließ keine Freude aufkommen. Sowie mich der Richter mit recht in das Herz dringender Gutmütigkeit anblickte, war es mir, als müsse ich nun, da man an meine Unschuld glaubte und mich freilassen wollte, allen verruchten Frevel, den ich begangen, frei gestehen und dann mir das Messer in das Herz stoßen. – Ich wollte reden – der Richter schien meine Entfernung zu wünschen. Ich ging nach der Türe, da kam er mir nach und sagte leise: "Nun habe ich aufgehört, Richter zu sein; von dem ersten Augenblick, als ich Sie sah, interessierten Sie mich auf das höchste. So sehr, wie (Sie werden dies selbst zugeben müssen) der Schein wider Sie war, so wünschte ich doch gleich, daß Sie in der Tat nicht der abscheuliche, verbrecherische Mönch sein möchten, für den man Sie hielt. Jetzt darf ich Ihnen zutraulich sagen … Sie sind kein Pole. Sie sind nicht in Kwiecziczewo geboren. Sie heißen nicht Leonard von Krcszinski." – Mit Ruhe und Festigkeit antwortete ich: "Nein!" – "Und auch kein Geistlicher?" frug der Richter weiter, indem er die Augen niederschlug, wahrscheinlich um mir den Blick des Inquisitors zu ersparen. Es wallte auf in meinem Innern. – "So hören Sie denn", fuhr ich heraus – "Still", unterbrach mich der Richter, "was ich gleich anfangs geglaubt und noch glaube, bestätigt sich. Ich sehe, daß hier rätselhafte Umstände walten, und daß Sie selbst mit gewissen Personen des Hofes in ein geheimnisvolles Spiel des Schicksals verflochten sind. Es ist nicht mehr meines Berufs, tiefer einzudringen, und ich würde es für unziemlichen Vorwitz halten, Ihnen irgend etwas über Ihre Person, über Ihre wahrscheinlich ganz eigne Lebensverhältnisse entlocken zu wollen! – Doch, wie wäre es, wenn Sie, sich losreißend von allem Ihrer Ruhe Bedrohlichem, den Ort verließen. Nach dem, was geschehen, kann Ihnen ohnedies der Aufenthalt hier nicht wohltun." – Sowie der Richter dieses sprach, war es, als flöhen alle finstre Schatten, die sich drückend über mich gelegt hatten, schnell von hinnen. Das Leben war wiedergewonnen, und die Lebenslust stieg durch Nerv und Adern glühend in mir auf. Aurelie! sie dachte ich wieder, und ich sollte jetzt fort von dem Orte, fort von ihr? – Tief seufzte ich auf: "Und sie verlassen?" – Der Richter blickte mich im höchsten Erstaunen an und sagte dann schnell: "Ach! jetzt glaube ich klar zu sehen! Der Himmel gebe, Herr Leonard! daß eine sehr schlimme Ahnung, die mir eben jetzt recht deutlich wird, nicht in Erfüllung gehen möge." – Alles hatte sich in meinem Innern anders gestaltet. Hin war alle Reue, und wohl mochte es beinahe frevelnde Frechheit sein, daß ich den Richter mit erheuchelter Ruhe frug: "Und Sie halten mich doch für schuldig?" – "Erlauben Sie, mein Herr!" erwiderte der Richter sehr ernst, "daß ich meine Überzeugungen, die doch nur auf ein reges Gefühl gestützt scheinen, für mich behalte. Es ist ausgemittelt nach bester Form und Weise, daß Sie nicht der Mönch Medardus sein können, da eben dieser Medardus sich hier befindet und von dem Pater Cyrill, der sich durch Ihre ganz genaue Ähnlichkeit täuschen ließ, anerkannt wurde, ja auch selbst gar nicht leugnet, daß er jener Kapuziner sei. Damit ist nun alles geschehen, was geschehen konnte, um Sie von jedem Verdacht zu reinigen, und um so mehr muß ich glauben, daß Sie sich frei von jeder Schuld fühlen." – Ein Gerichtsdiener rief in diesem Augenblick den Richter ab, und so wurde ein Gespräch unterbrochen, als es eben begann, mich zu peinigen.

 

Ich begab mich nach meiner Wohnung und fand alles so wieder, wie ich es verlassen. Meine Papiere hatte man in Beschlag genommen, in ein Paket gesiegelt, lagen sie auf meinem Schreibtische, nur Viktorins Brieftasche, Euphemiens Ring und den Kapuzinerstrick vermißte ich, meine Vermutungen im Gefängnisse waren daher richtig. Nicht lange dauerte es, so erschien ein fürstlicher Diener, der mit einem Handbillet des Fürsten mir eine goldene, mit kostbaren Steinen besetzte Dose überreichte. "Es ist Ihnen übel mitgespielt worden, Herr von Krcszinski", schrieb der Fürst, "aber weder ich noch meine Gerichte sind schuld daran. Sie sind einem sehr bösen Menschen auf ganz unglaubliche Weise ähnlich; alles ist aber nun zu Ihrem Besten aufgeklärt: Ich sende Ihnen ein Zeichen meines Wohlwollens und hoffe, Sie bald zu sehen." – Des Fürsten Gnade war mir ebenso gleichgültig als sein Geschenk; eine düstre Traurigkeit, die geisttötend mein Inneres durchschlich, war die Folge des strengen Gefängnisses; ich fühlte, daß mir körperlich aufgeholfen werden müsse, und lieb war es mir daher, als der Leibarzt erschien. Das Ärztliche war bald besprochen. "Ist es nicht", fing nun der Leibarzt an, "eine besondere Fügung des Schicksals, daß eben in dem Augenblick, als man davon überzeugt zu sein glaubt, daß Sie jener abscheuliche Mönch sind, der in der Familie des Barons von F. so viel Unheil anrichtete, dieser Mönch wirklich erscheint und Sie von jedem Verdacht rettet?"

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