Stolz und Vorurteil

Текст
Из серии: Klassiker bei Null Papier
Читать фрагмент
Отметить прочитанной
Как читать книгу после покупки
Шрифт:Меньше АаБольше Аа

7. KAPITEL

Mr. Ben­nets ge­sam­tes Ver­mö­gen be­stand fast aus­schließ­lich aus ei­nem Land­gut, das zwei­tau­send Pfund im Jah­re ab­warf. Da die Er­b­ord­nung nur männ­li­che Er­ben be­rück­sich­tig­te, fiel ein­mal der Be­sitz nicht an sei­ne Töch­ter, son­dern an einen ent­fern­ten Ver­wand­ten. Und das Ver­mö­gen sei­ner Frau war, wenn auch an sich nicht klein, doch nicht groß ge­nug, um die­sen Ver­lust aus­zu­glei­chen. Mrs. Ben­nets Va­ter war An­walt in Me­ry­ton ge­we­sen und hat­te ihr vier­tau­send Pfund ver­macht.

Ihre ein­zi­ge Schwes­ter war mit ei­nem Mr. Phi­lips ver­hei­ra­tet, der Rechts­bei­stand ih­res Va­ters ge­we­sen war und nach sei­nem Tode die Pra­xis über­nahm. Und ihr ein­zi­ger Bru­der leb­te in Lon­don als ver­mö­gen­der Kauf­mann.

Long­bourn lag nur eine Mei­le von Me­ry­ton ent­fernt; eine sehr be­que­me Ent­fer­nung für die jun­gen Mäd­chen, die we­nigs­tens drei- bis vier­mal in der Wo­che un­be­dingt hin­über muss­ten, um ihre Tan­te zu be­su­chen oder die Schnei­de­rin; die schräg ge­gen­über wohn­te. Die bei­den jüngs­ten, Ca­the­ri­ne und Ly­dia, emp­fan­den be­son­ders häu­fig das Be­dürf­nis zu ei­nem sol­chen Be­such; ihre Köp­fe hat­ten noch we­ni­ger Raum für Ge­dan­ken als die ih­rer Schwes­tern, und wenn sich nichts Bes­se­res fin­den ließ, bot im­mer der Spa­zier­gang nach Me­ry­ton einen Zeit­ver­treib für den Vor­mit­tag und ein Ge­sprächsthe­ma für den Abend; es moch­te noch so we­nig Er­wäh­nens­wer­tes in der en­ge­ren oder wei­te­ren Nach­bar­schaft vor­ge­kom­men sein, sie brach­ten es doch fer­tig, ir­gend­ei­ne Neu­ig­keit von ih­rer Tan­te mit nach Hau­se zu brin­gen. Und ge­gen­wär­tig bot sich eine be­son­ders rei­che Ern­te an Neu­ig­kei­ten al­ler Art und an Jung­mäd­chen-Glück­se­lig­keit dar; denn ein gan­zes Re­gi­ment war vor kur­z­em in die Nach­bar­schaft ge­legt wor­den, und Me­ry­ton be­her­berg­te das Haupt­quar­tier und da­mit die Of­fi­zie­re.

Die Be­su­che bei Mrs. Phi­lips wur­den jetzt zu ei­nem Quell stän­dig wech­seln­der und im­mer gleich­blei­bend span­nen­der Mit­tei­lun­gen. Kein Tag ver­ging, der ih­rem Wis­sen nicht einen neu­en Na­men, eine neue Wich­tig­keit aus dem Of­fi­ziers­korps hin­zu­ge­fügt hat­te. Wer bei wem wohn­te, blieb ih­nen nicht lan­ge ver­bor­gen, und bald lern­ten sie die Of­fi­zie­re auch selbst ken­nen. Mr. Phi­lips mach­te bei al­len einen Be­such, und dies er­öff­ne­te sei­nen Nich­ten Mög­lich­kei­ten, wie sie sie nie auch nur er­träumt hat­ten. »Of­fi­zier« wur­de ihr zwei­tes Wort. Mr. Bingleys großer Reich­tum, der ihre Mut­ter so sehr be­geis­tern konn­te, er­schi­en ih­nen im Ver­gleich mit ei­nem bun­ten Rock völ­lig un­be­deu­tend.

Nach­dem Mr. Ben­net sich ei­nes Mor­gens die Er­güs­se sei­ner bei­den jüngs­ten Töch­ter eine Wei­le hat­te mit an­hö­ren müs­sen, mein­te er: »So­weit ich nach eu­rem Ge­re­de schlie­ßen kann, dürf­tet ihr die bei­den dümms­ten Mäd­chen im gan­zen Land sein. Den Ver­dacht hat­te ich schon län­ge­re Zeit, aber jetzt weiß ich es mit al­ler Ge­wiss­heit.«

Ca­the­ri­ne wur­de ver­le­gen und ant­wor­te­te nichts dar­auf; Ly­dia da­ge­gen ließ sich kei­nes­wegs in ih­rem Ver­gnü­gen stö­ren, un­be­küm­mert wei­ter ih­rer Be­wun­de­rung für Haupt­mann Car­ter Aus­druck zu ge­ben, zu­gleich mit der Hoff­nung, ihn heu­te noch ein­mal zu tref­fen, da er mor­gen nach Lon­don fah­re.

»Ich muss mich wun­dern, mein Lie­ber«, er­wi­der­te Mrs. Ben­net für ihre Töch­ter, »dass du so leicht­hin un­se­re Kin­der für dumm er­klärst. Wenn du schon von Kin­dern et­was Schlech­tes den­ken musst, warum fängst da dann bei dei­nen ei­ge­nen an?«

»Da mei­ne Kin­der aber nun ein­mal so be­schränkt sind, wür­de ich ja sel­ber dumm sein, wenn mir das nicht auf­fie­le.«

»Sehr wohl – aber zu­fäl­lig sind sie alle äu­ßerst klug!«

»Das wäre dann der ein­zi­ge Punkt, in dem wir nicht ei­ner Mei­nung sind. So sehr ich es wünsch­te, dass wir in je­der Klei­nig­keit über­ein­stimm­ten, ich muss in die­sem Fal­le auf mei­ner An­sicht be­ste­hen blei­ben, dass mei­ne bei­den jüngs­ten Töch­ter ganz un­ge­wöhn­lich al­bern und tö­richt sind.«

»Mein lie­ber Ben­net, du kannst nicht er­war­ten, dass Mäd­chen in die­sem Al­ter die Ver­nunft ih­res Va­ters oder ih­rer Mut­ter be­sit­zen. Wenn sie in un­ser Al­ter kom­men, dann wer­den sie schon eben­so­we­nig an Of­fi­zie­re den­ken wie wir. Ich kann mich noch sehr gut an die Zeit er­in­nern, als ich selbst für bun­te Rö­cke eine Schwä­che hat­te – und of­fen ge­stan­den, dar­an hat sich auch heu­te noch nichts ge­än­dert. Soll­te ein for­scher jun­ger Oberst mit fünf bis sechs­tau­send im Jahr um die Hand ei­ner mei­ner Töch­ter an­hal­ten, ich wür­de nicht nein sa­gen. Oberst Fors­ter sah doch neu­lich auf der Abend­ge­sell­schaft bei den Lu­cas sehr gut in sei­ner Uni­form aus.«

»Mut­ter«, rief Ly­dia, »Tan­te er­zähl­te uns, Oberst Fors­ter und Haupt­mann Car­ter sei­en nicht mehr so oft wie frü­her bei Miss Wat­son; sie hat die bei­den letzthin häu­fi­ger in der Buch­hand­lung von Clark ge­trof­fen.«

Be­vor Mrs. Ben­net hier­zu et­was er­wi­dern konn­te, be­trat ein Die­ner das Zim­mer und über­reich­te Jane ein Schrei­ben. Ein Bote von Ne­ther­field habe es ge­bracht und war­te drau­ßen auf eine Ant­wort. Mrs. Ben­nets Au­gen leuch­te­ten vor Ver­gnü­gen, und wäh­rend Jane das Pa­pier ent­fal­te­te, rief sie auf­ge­regt: »Nun, Jane, von wem ist es? Was steht dar­in? Was will er? Be­ei­le dich, Jane! Mach doch schnell, Lieb­ling!«

»Von Miss Bingley«, sag­te Jane und las dann vor:

»Lie­be Freun­din!

Wenn Sie ein mit­lei­di­ges Herz be­sit­zen, dann kom­men Sie und spei­sen mit mir und mei­ner Schwes­ter Loui­sa zu Abend; sonst lau­fen wir Ge­fahr, uns un­ser Le­ben lang zu has­sen; Sie wis­sen, wenn zwei Frau­en einen gan­zen Tag mit­ein­an­der ver­brin­gen, das muss zwangs­läu­fig mit ei­nem Streit en­den. Kom­men Sie, so­bald Sie kön­nen. Mein Bru­der und die bei­den Her­ren sind bei den Of­fi­zie­ren zu Gast.

Es be­grüßt Sie Ihre Ca­ro­li­ne Bingley«

»Bei den Of­fi­zie­ren?« rief Ly­dia er­staunt. »Merk­wür­dig, dass Tan­te uns das nicht er­zählt hat!«

»Die Her­ren sind ein­ge­la­den«, mein­te Mrs. Ben­net, »so ein Pech!«

»Kann ich den Wa­gen be­kom­men?« frag­te Jane.

»Nein, mei­ne Lie­be, ich fin­de, du rei­test bes­ser hin; es sieht nach Re­gen aus, und dann musst du dort über­nach­ten.«

»Eine groß­ar­ti­ge Idee«, sag­te Eli­sa­beth, »au­ßer wenn es den Bingleys ein­fal­len soll­te, sie in ih­rem Wa­gen nach Hau­se zu brin­gen.«

»Ach so – aber nein, die Her­ren wer­den ja in Mr. Bingley’s Wa­gen nach Me­ry­ton ge­fah­ren sein; und Mr. Hurst hat zwar einen Vier­spän­ner, aber kei­ne Pfer­de dazu.«

»Ich möch­te aber viel lie­ber dort­hin fah­ren, wenn es geht.«

»Un­mög­lich, Lieb­ling, dein Va­ter wird die Pfer­de be­stimmt nicht ent­beh­ren kön­nen. Sie wer­den doch bei der Feld­ar­beit be­nö­tigt, nicht wahr, Ben­net?«

»Ich brau­che sie dort sehr viel öf­ter, als ich sie von euch frei­be­kom­men kann.«

»Aber wenn du sie aus­ge­rech­net heu­te brauchst«, sag­te Eli­sa­beth, »dann un­ter­stützt du doch nur Mut­ters Plan.«

Es stell­te sich dann aber her­aus, dass die Pfer­de schon auf den Äckern bei der Ar­beit wa­ren, und Jane blieb nichts an­de­res üb­rig, als das Reit­pferd zu neh­men. Ihre Mut­ter be­glei­te­te sie zur Tür und ver­ab­schie­de­te sich von ihr in der auf­ge­räum­tes­ten Lau­ne mit der Pro­phe­zei­ung, dass es be­stimmt bald an­fan­gen wer­de zu reg­nen. Ihre Er­war­tun­gen wur­den auch nicht ent­täuscht: Jane war noch nicht lan­ge un­ter­wegs, als es vom Him­mel her­ab zu gie­ßen be­gann. Die Schwes­tern wa­ren et­was in Sor­ge ih­ret­we­gen, aber Mrs. Ben­net strahl­te. Der Him­mel mach­te kei­ne An­stal­ten, freund­li­cher zu wer­den; Jane konn­te bei dem Wet­ter un­mög­lich nach Hau­se kom­men.

»Das war wirk­lich eine ganz vor­züg­li­che Idee von mir«, sag­te Mrs. Ben­net mehr als ein­mal im Lau­fe des Abends; als ob der Re­gen aus­schließ­lich ihr Werk sei.

Aber erst am nächs­ten Mor­gen durf­te sie alle Früch­te ih­rer wei­sen Vor­be­dacht ern­ten. Man hat­te ge­ra­de das Früh­stück be­en­det, als ein kur­z­es Schrei­ben von Ne­ther­field für Eli­sa­beth ge­bracht wur­de:

»Liebs­te Liz­zy!

Mir geht es heu­te Mor­gen gar nicht gut, wahr­schein­lich, weil ich ges­tern bis auf die Haut durch­nässt hier an­kam. Die lie­ben Freun­de hier wol­len von mei­ner Rück­kehr nichts hö­ren, bis ich mich nicht woh­ler füh­le. Sie ha­ben auch dar­auf be­stan­den, Dok­tor Jo­nes zu ho­len; be­un­ru­higt euch also nicht, wenn ihr hört, er habe mich un­ter­sucht; bis auf ein we­nig Hals- und Kopf­schmer­zen fehlt mir be­stimmt nichts.

Dei­ne Schwes­ter J.«

Eli­sa­beth fühl­te sich aber ernst­lich be­sorgt und war fest ent­schlos­sen, zu ih­rer Schwes­ter zu ge­hen, ob­gleich der Wa­gen nicht zur Ver­fü­gung stand; und da sie nicht rei­ten konn­te, hat­te sie kei­ne an­de­re Wahl, als den Weg zu Fuß zu ma­chen. Sie teil­te ih­rer Fa­mi­lie ih­ren Ent­schluss mit.

»Wie kannst du so tö­richt sein«, rief ihre Mut­ter aus, »bei die­sem schmut­zi­gen Wet­ter auch nur dar­an zu den­ken! Stell’ dir vor, wie du aus­schau­en wirst, wenn du dort an­langst! Du wirst dich nicht se­hen las­sen kön­nen!«

»Vor Jane wer­de ich es wohl kön­nen; und nur ih­ret­hal­ben gehe ich ja hin.«

»Das soll wohl ein Wink sein«, sag­te Mr. Ben­net, »dass ich ei­gent­lich die Pfer­de von der Ar­beit ho­len könn­te.«

»Nein, be­stimmt nicht, Va­ter! Ich ma­che gern den Weg. Es ist ja gar kei­ne Ent­fer­nung, nur drei Mei­len. Zum Es­sen bin ich si­cher wie­der zu­rück.«

 

»Ob­zwar ich dei­ner tat­kräf­ti­gen Nächs­ten­lie­be mei­ne Be­wun­de­rung nicht ver­sa­gen möch­te«, be­merk­te Mary, »so kann ich den­noch nicht bil­li­gen, dass du dei­ne Ge­füh­le dei­ner ge­sun­den Ver­nunft über­ord­nen willst. Mei­ner Mei­nung nach ist jede Hand­lung un­ge­recht­fer­tigt, wenn sie in ei­nem Miss­ver­hält­nis zum ge­wünsch­ten Er­geb­nis steht.«

Es stör­te Mary gar nicht, dass, wäh­rend sie noch do­zier­te, Ly­dia und Ca­the­ri­ne der äl­te­ren Schwes­ter ihre Beglei­tung bis Me­ry­ton an­ge­bo­ten hat­ten und dass die drei sich schon zum Ge­hen fer­tig mach­ten.

»Wenn wir uns ein we­nig be­ei­len«, mein­te Ly­dia, als sie auf­bra­chen, »tref­fen wir viel­leicht noch Cap­tain Car­ter, ehe er nach Lon­don fährt.«

In Me­ry­ton trenn­ten sich die Ge­schwis­ter; die bei­den jün­ge­ren be­such­ten eine der Of­fi­ziers­da­men, und Eli­sa­beth setz­te ih­ren Weg al­lein fort; ein Feld, eine Wie­se nach der an­de­ren muss­te sie über­que­ren, hier einen Zaun neh­men, da über eine Pfüt­ze sprin­gen, al­les in un­ge­dul­di­ger Eile, bald an ihr Ziel zu ge­lan­gen, bis sie end­lich mit mü­den Fü­ßen, be­schmutz­ten St­rümp­fen und er­hitz­tem, glü­hen­dem Ge­sicht vor Ne­ther­field an­lang­te.

Ihr Er­schei­nen im Wohn­zim­mer, wo alle au­ßer Jane ver­sam­melt wa­ren, rief be­trächt­li­ches Er­stau­nen her­vor. Dass sie so früh am Tage, bei sol­chem Wet­ter und dazu noch al­lein den wei­ten Weg ge­macht ha­ben soll­te, kam Mrs. Hurst und Ca­ro­li­ne fast un­glaub­lich vor; und Eli­sa­beth merk­te, dass sie des­halb in der Ach­tung der bei­den Da­men ge­sun­ken war. Im­mer­hin, sie wur­de sehr höf­lich emp­fan­gen; und in der Art, wie Mr. Bingley sich um sie küm­mer­te, lag mehr als blo­ße Höf­lich­keit, la­gen Aner­ken­nung und Freund­lich­keit. Mr. Dar­cy sag­te sehr we­nig und Mr. Hurst gar nichts. Je­ner be­wun­der­te wohl die strah­len­de Fri­sche des jun­gen Ge­sichts, be­zwei­fel­te aber an­de­rer­seits die Not­wen­dig­keit, nur ei­ner er­käl­te­ten Schwes­ter we­gen al­lein einen so wei­ten Weg zu ma­chen, und er war sich nicht recht ei­nig, wel­cher Re­gung er den Vor­zug ge­ben soll­te. Mr. Hurst da­ge­gen dach­te aus­schließ­lich an sein Früh­stück.

Die Ant­wor­ten auf ihre Fra­gen nach Ja­nes Be­fin­den klan­gen nicht sehr be­ru­hi­gend. Miss Ben­net habe eine un­ru­hi­ge Nacht ver­bracht, sei jetzt zwar auf, füh­le sich aber fie­be­rig und nicht wohl ge­nug, um her­un­ter­zu­kom­men. Eli­sa­beth war es sehr recht, dass sie so­gleich hin­auf­ge­führt wur­de; und Jane, die nur aus Be­sorg­nis, ihre Fa­mi­lie kön­ne sich ängs­ti­gen, in ih­rem Brief nicht den Wunsch nach Be­such ge­äu­ßert hat­te, lä­chel­te der Ein­tre­ten­den hoch­er­freut ent­ge­gen. Spre­chen streng­te sie je­doch zu sehr an, so­dass sie, nach­dem Miss Bingley wie­der ge­gan­gen war, sich dar­auf be­schränk­te, lei­se für die große Freund­lich­keit zu dan­ken. Eli­sa­beth setz­te sich schwei­gend zu ihr.

Nach dem Früh­stück mach­ten die bei­den Gast­ge­be­rin­nen einen Be­such bei der Kran­ken. Eli­sa­beth fing an, ei­ni­ges Ge­fal­len an ih­nen zu fin­den, als sie sah, mit wel­cher Lie­be und Be­sorg­nis sie sich um Jane be­müh­ten. Spä­ter kam auch der Land­arzt und stell­te nach der Un­ter­su­chung, wie zu er­war­ten war, die Dia­gno­se auf eine schwe­re Er­käl­tung; er emp­fahl, al­les an­zu­wen­den, was zur Bes­se­rung bei­tra­ge. Vor al­len Din­gen müs­se sie das Bett hü­ten; eine Me­di­zin wer­de er schi­cken. Jane folg­te wil­lig sei­nem Rat; denn das Fie­ber hat­te zu­ge­nom­men, und ihr Kopf schmerz­te zum Zer­sprin­gen. Eli­sa­beth ver­ließ das Zim­mer nicht einen Au­gen­blick. Auch die bei­den Da­men wa­ren nicht oft ab­we­send; denn da die Her­ren aus­ge­rit­ten wa­ren, lang­weil­ten sie sich oh­ne­hin.

Als die Uhr drei schlug, er­klär­te Eli­sa­beth sehr wi­der­stre­bend, nun ge­hen zu müs­sen. Ca­ro­li­ne bot ihr den Wa­gen an, und sie hät­te das freund­li­che Aner­bie­ten auch gern an­ge­nom­men, aber Jane zeig­te sich so be­trübt über ihr Weg­ge­hen, dass Ca­ro­li­ne sich wohl oder übel dazu ent­schlie­ßen muss­te, ihr statt des Wa­gens die Gast­freund­schaft auf Ne­ther­field für ei­ni­ge Tage an­zu­bie­ten. Eli­sa­beth nahm voll Dank­bar­keit an, und ein Die­ner wur­de nach Long­bourn ge­schickt, um die Fa­mi­lie zu be­nach­rich­ti­gen und um ei­ni­ge Klei­dungs­stücke zu ho­len.

8. KAPITEL

Um fünf Uhr zo­gen sich Ca­ro­li­ne und ihre Schwes­ter zu­rück, um sich um­zu­klei­den, und um halb sie­ben rief der Gong Eli­sa­beth zu Tisch. Auf die höf­li­chen Nach­fra­gen, die sich über­stürz­ten und un­ter de­nen sie zu ih­rer Freu­de die auf­rich­ti­ge Be­sorg­nis Mr. Bingleys her­aus­zu­hö­ren ver­moch­te, konn­te sie kei­ne be­frie­di­gen­de Ant­wort ge­ben. Ja­nes Be­fin­den hat­te sich in kei­ner Wei­se ge­bes­sert. Die bei­den Schwes­tern ver­si­cher­ten hier­auf drei- oder vier­mal, wie sehr es sie be­küm­me­re, das zu hö­ren, wie scheuß­lich es sei, eine Er­käl­tung zu ha­ben, und wie un­gern sie sel­ber krank sei­en; und da­mit hat­te sich das The­ma für sie er­schöpft. Die­se Gleich­gül­tig­keit ge­gen Jane, so­bald sie sie nicht vor Au­gen hat­ten, er­laub­te Eli­sa­beth, ih­rer Ab­nei­gung, die sie von An­fang an ge­gen die bei­den Da­men emp­fun­den hat­te, wie­der un­ver­min­dert Raum zu ge­ben.

Mr. Bingley war tat­säch­lich der ein­zi­ge von der gan­zen Tisch­ge­sell­schaft, den sie mit freund­li­chen Au­gen be­trach­ten moch­te. Sei­ne Sor­ge um Jane war ganz of­fen­sicht­lich und sei­ne Auf­merk­sam­keit ihr selbst ge­gen­über äu­ßerst wohl­tu­end, zu­mal sie ihr dar­über hin­weg half, sich wie ein läs­ti­ger Ein­dring­ling vor­zu­kom­men, als den die an­de­ren – da­von war sie über­zeugt – sie be­trach­te­ten. Das heißt, man be­ach­te­te sie gar nicht. Ca­ro­li­ne hat­te nur Au­gen und Ohren für Dar­cy; ihre Schwes­ter, Mrs. Hurst, nicht we­ni­ger; und Mr. Hurst, ne­ben dem Eli­sa­beth saß, war ein stumpf­sin­ni­ger Mensch, der sich für nichts als Es­sen, Trin­ken und Kar­ten in­ter­es­sier­te; nach­dem er er­fah­ren hat­te, dass sie ge­wöhn­li­che Haus­manns­kost fran­zö­si­scher Kü­che vor­zog, wur­de zwi­schen ih­nen kein wei­te­res Wort mehr ge­wech­selt.

Nach dem Es­sen kehr­te sie so­gleich zu Jane zu­rück. Kaum hat­te sie das Zim­mer ver­las­sen, be­gann Ca­ro­li­ne sich höchst ab­fäl­lig über sie zu äu­ßern. Ihr Be­neh­men müs­se wirk­lich als sehr schlecht be­zeich­net wer­den, es sei eine Mi­schung von Hoch­mut und Un­ge­zo­gen­heit; sie ver­fü­ge we­der über Un­ter­hal­tungs­ga­be, noch über Ma­nie­ren oder Ge­schmack. Und schön sei sie auch nicht.

Mrs. Hurst war der­sel­ben Mei­nung und füg­te noch hin­zu: »Kurz ge­sagt; es fehlt ihr jede Ei­gen­schaft, die sie lie­bens­wert ma­chen könn­te, falls man nicht ihre Vor­lie­be für Fuß­mär­sche als eine sol­che be­zeich­nen will. Ich wer­de mein Le­ben lang nicht den An­blick von heu­te Mor­gen ver­ges­sen; sie sah aus wie eine Wil­de!«

»Ja, un­glaub­lich«, pflich­te­te ihr Ca­ro­li­ne bei. »Ich konn­te kaum an mich hal­ten, et­was zu sa­gen. Wie tö­richt von ihr, über­haupt her­zu­kom­men! Was braucht sie durch den Re­gen und Schmutz her­zu­wa­ten, bloß weil ihre Schwes­ter eine klei­ne Er­käl­tung hat? Wie ihr Haar aus­sah, zer­weht und un­or­dent­lich!«

»Ja, und erst ihr Rock! Den hast du doch ge­se­hen! Von oben bis un­ten ein­ge­schmutzt! Sie ver­such­te es mit ih­rem Man­tel zu ver­de­cken. Aber es ging nicht!«

»Dei­ne Be­schrei­bung mag sehr zu­tref­fend sein, Loui­sa«, sag­te Mr. Bingley, »aber mir ist das al­les gar nicht auf­ge­fal­len. Ich fand, Miss Ben­net sah un­ge­wöhn­lich nett aus, als sie heu­te Mor­gen hier her­ein­kam. Den schmut­zi­gen Rock habe ich über­haupt nicht be­merkt.«

»Aber Ih­nen ist er be­stimmt nicht ent­gan­gen; nicht wahr, Mr. Dar­cy?« sag­te Ca­ro­li­ne, »und ich glau­be, Sie wür­den Ihre Schwes­ter höchst un­gern in ei­nem sol­chen Auf­zug se­hen!«

»Al­ler­dings!«

»Zwei, drei Mei­len oder vier oder wie vie­le es nun sein mö­gen, knö­chel­tief im Matsch her­um­zu­lau­fen und dazu noch al­lein ganz al­lein! Was kann sie sich nur da­bei ge­dacht ha­ben! Ich kann es mir nur so er­klä­ren, dass sie ihre ein­ge­bil­de­te Selbst­stän­dig­keit zur Schau stel­len woll­te, die in Wirk­lich­keit nur einen bäu­er­li­chen Man­gel an An­stand be­weist!«

»Ich soll­te mei­nen, dass es eine große schwes­ter­li­che Zu­nei­gung be­weist«, mein­te Bingley.

»Ich fürch­te«, wand­te sich Ca­ro­li­ne halb­laut an Dar­cy, »dass Ihre Be­wun­de­rung für ein Paar dunkle Au­gen jetzt doch et­was ge­lit­ten hat!«

»Im Ge­gen­teil«, er­wi­der­te er, »die Au­gen glänz­ten be­son­ders schön in dem er­hitz­ten Ge­sicht.«

Die­se Ant­wort kam so un­er­war­tet, dass die Ge­sell­schaft für kur­ze Zeit schwieg, bis Mrs. Hurst wie­der be­gann: »Ich mag Jane Ben­net wirk­lich un­ge­wöhn­lich gut lei­den; sie ist ein sehr lie­bes Mäd­chen, und ich wün­sche ihr von gan­zem Her­zen eine gute und glück­li­che Ehe. Aber mit dem Va­ter und mit der Mut­ter, ganz ab­ge­se­hen von der üb­ri­gen zwei­fel­haf­ten Ver­wandt­schaft, sehe ich gar kei­ne Mög­lich­kei­ten für sie.«

»Ich dach­te, du sag­test, ihr On­kel sei An­walt in Me­ry­ton.« »Das stimmt auch; aber sie hat noch einen, der ir­gend­wo mit­ten im Ge­schäfts­vier­tel von Lon­don wohnt.«

»Das ist doch fa­bel­haft«, füg­te ihre Schwes­ter hin­zu, und bei­de muss­ten herz­lich la­chen.

»Und wenn das gan­ze Ge­schäfts­vier­tel voll von ih­ren Ver­wand­ten wäre«, rief Bingley, »das sagt doch nichts ge­gen Jane und ihre Schwes­ter.«

»Nein, aber nüch­tern ge­se­hen, setzt es ihre Aus­sich­ten, einen auch nur ei­ni­ger­ma­ßen an­nehm­ba­ren Mann zu be­kom­men, er­heb­lich her­ab«, er­wi­der­te Dar­cy.

Bingley ant­wor­te­te nicht dar­auf; doch sei­ne Schwes­tern stimm­ten Dar­cy eif­rig bei und span­nen dann das er­hei­tern­de The­ma der Ben­net­schen Ver­wandt­schaft noch eine gan­ze Wei­le aus.

Sie ver­ga­ßen je­doch dar­über nicht ihre zärt­lich emp­fun­de­ne Freund­schaft zu ih­rem Gast und mach­ten Jane kurz vor dem Tee wie­der einen klei­nen Be­such. Es ging ihr im­mer noch nicht gut, und Eli­sa­beth blieb bei ihr, bis sie end­lich spät abends in einen ru­hi­gen Schlaf fiel; erst dann ent­schloss sich Eli­sa­beth, al­ler­dings mehr aus Höf­lich­keit, wie­der nach un­ten zu ge­hen, denn ir­gend­ein Ver­gnü­gen ver­sprach sie sich nicht da­von. Ihre Gast­ge­ber wa­ren beim Kar­ten­spiel, und sie wur­de so­gleich auf­ge­for­dert, sich zu be­tei­li­gen. Sie lehn­te es in­des­sen ab, da sie fürch­te­te, es kön­ne zu hoch ge­spielt wer­den, und bat, sich für die kur­ze Zeit, die sie ihre Schwes­ter al­lein las­sen woll­te, mit ei­nem Buch be­schäf­ti­gen zu dür­fen. Mr. Hurst blick­te sie mit un­ver­hoh­le­nem Er­stau­nen an.

»Zie­hen Sie etwa ein Buch ei­nem Kar­ten­spiel vor?« frag­te er. »Wie merk­wür­dig!«

»Miss Ben­net«, sag­te Ca­ro­li­ne, »mag die Kar­ten nicht. Sie ist eine große Bü­cher­freun­din und hat an et­was an­de­rem kei­nen Spaß.«

»Ich weiß nicht, ob das ein Lob oder ein Ta­del sein soll«, ant­wor­te­te Eli­sa­beth, »aber ich ver­die­ne bei­des nicht. Ich bin kein Bü­cher­wurm, und es gibt noch vie­le an­de­re Din­ge, die mir Ver­gnü­gen ma­chen!«

»Sie wer­den ge­wiss eine große Be­frie­di­gung dar­in fin­den, Ihre Schwes­ter zu pfle­gen«, sag­te Bingley freund­lich. »Ich hof­fe nur, dass Sie auch bald die Freu­de ha­ben wer­den, sie wie­der ge­sund und wohl­auf zu se­hen.«

Eli­sa­beth lä­chel­te ihm dank­bar zu und wand­te sich dann zu ei­nem Tisch, auf dem ein paar Bü­cher la­gen. Bingley er­bot sich so­gleich, ihr wei­te­re zu ho­len, sei­ne Biblio­thek ste­he ihr ganz zur Ver­fü­gung.

»Ich wünsch­te, mei­ne Samm­lung wäre voll­stän­di­ger; aber ich bin so faul, dass ich nicht ein­mal die we­ni­gen, die sie ent­hält, alle ge­le­sen habe.«

Eli­sa­beth ver­si­cher­te ihm, dass sie sehr wohl mit den Bän­den auf dem Tisch aus­kom­men kön­ne.

»Merk­wür­dig«, sag­te Ca­ro­li­ne, »dass un­ser Va­ter uns nicht eine grö­ße­re Biblio­thek hin­ter­las­sen hat, so eine wie Ihre, Mr. Dar­cy, auf Pem­ber­ley, das ist wirk­lich eine groß­ar­ti­ge Samm­lung!«

»Kein Wun­der!« er­wi­der­te er, »da ja Ge­ne­ra­tio­nen sich an dem Sam­meln und Zu­sam­men­tra­gen be­tei­ligt ha­ben.«

»Und Sie selbst set­zen die Ar­beit dar­an noch fort; Sie kau­fen doch stän­dig neue Wer­ke hin­zu.«

»Man darf eben einen sol­chen Fa­mi­li­en­schatz nicht ver­kom­men las­sen.«

»Ver­kom­men! Weiß Gott, dass Sie nichts un­ter­las­sen, was zur Ver­voll­komm­nung Ihres schö­nen al­ten Be­sitz­tums bei­tra­gen kann. Charles, wenn du dir erst dein Haus er­baust, kannst du froh sein, wenn es nur halb so groß­ar­tig wird wie Pem­ber­ley.«

 

»Si­cher wür­de ich froh sein!«

»Nein, wirk­lich, Charles, ich gebe dir den gu­ten Rat, ver­such dich in der Nähe von Pem­ber­ley an­zu­kau­fen und lass dein Haus nach die­sem Mus­ter bau­en. Au­ßer­dem ist Der­by­s­hi­re die schöns­te Land­schaft in ganz Eng­land.«

»Na­tür­lich will ich das tun, Ca­ro­li­ne, viel­leicht kann ich so­gar Pem­ber­ley selbst kau­fen!«

»Ich woll­te dir doch nur einen mög­li­chen Vor­schlag ma­chen!« »Mir er­scheint die Mög­lich­keit, Pem­ber­ley zu kau­fen, weitaus grö­ßer als die, es nach­zuah­men.«

Eli­sa­beths Auf­merk­sam­keit wur­de durch das leb­haft ge­führ­te Ge­spräch so stark in An­spruch ge­nom­men, dass für das Buch we­nig üb­rig blieb. Sie leg­te es bald ganz aus der Hand und nahm zwi­schen Bingley und sei­ner äl­te­ren Schwes­ter Platz, um dem Spiel zu­zu­schau­en.

»Ist Ihre Schwes­ter ei­gent­lich seit dem letz­ten Früh­jahr viel ge­wach­sen?« frag­te Ca­ro­li­ne zu Dar­cy ge­wandt. »Ob sie schon so groß ist wie ich?«

»Ich glau­be wohl. Sie wird jetzt etwa Miss Ben­nets Grö­ße ha­ben, viel­leicht so­gar noch ein we­nig mehr.«

»Wie ich mich dar­auf freue, sie wie­der­zu­se­hen! Ich bin noch nie ei­nem Men­schen be­geg­net, von dem ich gleich so ein­ge­nom­men war. In ih­rem Al­ter schon eine sol­che Hal­tung, ein so si­che­res Auf­tre­ten zu ha­ben – und dazu noch so viel zu kön­nen! Ihr Kla­vier­spiel ist wirk­lich ein Ge­nuss!«

»Mich wun­dert es im­mer wie­der«, sag­te Bingley, »dass die jun­gen Mäd­chen heut­zu­ta­ge die Zeit und die Ge­duld ha­ben, so viel zu ler­nen.«

»So viel zu ler­nen? Mein lie­ber Charles, was meinst du da­mit?«

»Nun ja, alle kön­nen sie doch ma­len, Lam­pen­schir­me bas­teln und Strick­sa­chen an­fer­ti­gen. Und da­mit fängt es erst an – man trifft doch kein jun­ges Mäd­chen mehr, ohne er­fah­ren zu müs­sen, was sie al­les kann und ge­lernt hat.«

»Und lei­der ge­nü­gen schon die paar Bei­spie­le, die du da eben auf­zähl­test, um für ge­bil­det zu gel­ten«, mein­te Dar­cy. »Nach all­ge­mei­ner Auf­fas­sung be­steht Bil­dung für Frau­en dar­in, eine Hand­ta­sche stri­cken zu kön­nen oder einen Lam­pen­schirm zu be­zie­hen. Aber ich schlie­ße mich ganz ent­schie­den von die­ser all­ge­mei­nen Auf­fas­sung aus. Ich ken­ne nicht ein hal­b­es Dut­zend Da­men in mei­ner gan­zen Be­kannt­schaft, de­nen ich die Be­zeich­nung ›ge­bil­det‹ zu­ge­ste­hen wür­de.«

»Weiß Gott, ich auch nicht«, be­stä­tig­te Ca­ro­li­ne.

»Dann muss nach Ih­rer An­sicht eine ge­bil­de­te Frau über sehr vie­le Fä­hig­kei­ten ver­fü­gen«, fiel Eli­sa­beth ein.

»Ganz rich­tig, über sehr vie­le.«

»Man kann doch nie­man­den wirk­lich mit Recht als ge­bil­det be­zeich­nen«, er­läu­ter­te sei­ne Se­kun­dan­tin, »der nicht be­deu­tend über dem Durch­schnitt steht. Eine Frau muss min­des­tens gut Kla­vier spie­len, sin­gen, zeich­nen und tan­zen kön­nen und dazu eine gründ­li­che Kennt­nis ver­schie­de­ner Spra­chen be­sit­zen, be­vor sie als ge­bil­det gel­ten darf. Und au­ßer­dem ge­hört na­tür­lich noch ein ge­wis­ses Et­was in ih­rem gan­zen Be­neh­men dazu, in der Art, wie sie geht, wie sie spricht, in der Wahl ih­rer Aus­drücke, oh, noch sehr vie­les ge­hört dazu – oder sie darf kei­ner­lei An­spruch auf Bil­dung er­he­ben!«

»Das al­les ge­hört dazu«, füg­te Dar­cy hin­zu, »und da­bei darf der Geist nicht ver­ges­sen wer­den, das Wis­sen, das durch man­nig­fal­ti­ge Lek­tü­re eine stän­di­ge Er­wei­te­rung er­fah­ren muss.«

»Jetzt wun­de­re ich mich nicht mehr dar­über, dass Sie kaum sechs ge­bil­de­te Frau­en ken­nen; eher, dass Sie über­haupt auch nur eine ein­zi­ge ken­nen.«

»Be­ur­tei­len Sie Ihre Ge­schlechts­ge­nos­sin­nen nicht all­zu streng?«

»Mir ist noch nie eine sol­che Frau vor Au­gen ge­kom­men. Ich habe noch nir­gends sol­che Fä­hig­kei­ten und sol­chen Ge­schmack und Ver­stand mit ei­nem sol­chen Ta­lent, wie Sie es for­dern, ver­eint ge­se­hen.«

Mrs. Hurst und Ca­ro­li­ne pro­tes­tier­ten laut ge­gen Eli­sa­beths un­be­rech­tig­ten Zwei­fel und er­bo­ten sich, eine Viel­zahl von Be­kann­ten zu nen­nen, die al­len For­de­run­gen ent­sprä­chen; aber Mr. Hurst un­ter­brach sie ent­rüs­tet und be­klag­te sich bit­ter­lich über die Unauf­merk­sam­keit, die das Spiel auf­hal­te. Da­mit fand die Dis­kus­si­on ihr Ende, und Eli­sa­beth zog sich bald dar­auf zu­rück.

»Liz­zy Ben­net«, be­gann Ca­ro­li­ne, so­bald die Tür sich ge­schlos­sen hat­te, »ge­hört zu den jun­gen Mäd­chen, die dem an­de­ren Ge­schlecht zu ge­fal­len ver­su­chen, in­dem sie ihr ei­ge­nes schlecht ma­chen; zwei­fel­los in vie­len Fäl­len eine er­folg­rei­che Metho­de, aber da­für nicht we­ni­ger ver­werf­lich und ver­ächt­lich!«

»An­de­rer­seits«, ent­geg­ne­te ihr Dar­cy, an den die­se Be­mer­kung haupt­säch­lich ge­rich­tet war, »sind al­le Metho­den, zu de­nen die Frau­en beim Män­ner­fang ihre Zuf­lucht neh­men, ver­werf­lich und ver­ächt­lich. Weil sie alle eine große Ähn­lich­keit mit ge­mei­ner Hin­ter­list ha­ben.«

Ca­ro­li­ne schi­en durch die­se Ant­wort nicht ganz so be­frie­digt, wie sie viel­leicht ge­hofft hat­te, und so ließ sie denn das The­ma fal­len.

Eli­sa­beth kam nach kur­z­er Zeit wie­der her­un­ter: der Zu­stand ih­rer Schwes­ter habe sich ver­schlim­mert, sie kön­ne sie nicht lan­ge al­lein las­sen. Bingley drang dar­auf, dass Dr. Jo­nes so­fort ge­holt wer­den sol­le, wäh­rend sei­ne Schwes­tern in der Über­zeu­gung, dass ein Land­arzt nicht viel tau­gen kön­ne, emp­fah­len, auf schnells­tem Wege einen Spe­zia­lis­ten aus Lon­don zu ru­fen. Doch da­von woll­te Eli­sa­beth nichts hö­ren; sie nahm aber dank­bar Bingleys Vor­schlag an, und man ent­schloss sich, Dr. Jo­nes am nächs­ten Mor­gen zu ho­len, falls es Jane dann nicht bes­ser ge­hen soll­te. Bingley war of­fen­sicht­lich be­un­ru­higt, und sei­ne Schwes­tern er­klär­ten, un­tröst­lich zu sein. Nach dem Es­sen be­müh­ten sie sich im­mer­hin, ih­ren Kum­mer durch Sin­gen zu be­schwich­ti­gen, wäh­rend ihr Bru­der sei­ner Be­sorg­nis kei­nen bes­se­ren Aus­druck zu ge­ben ver­moch­te, als die Wirt­schaf­te­rin stän­dig von Neu­em zu er­mah­nen, es der kran­ken Dame und ih­rer Schwes­ter ja an nichts feh­len zu las­sen.

Купите 3 книги одновременно и выберите четвёртую в подарок!

Чтобы воспользоваться акцией, добавьте нужные книги в корзину. Сделать это можно на странице каждой книги, либо в общем списке:

  1. Нажмите на многоточие
    рядом с книгой
  2. Выберите пункт
    «Добавить в корзину»