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Raunächte

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Dennis Frank

RAUNÄCHTE

Über den Autor

Dennis Frank wurde am 25. März 2002 in Baden-Baden (Deutschland) geboren. Aktuell lebt er in der Nähe von Karlsruhe und geht auf eine Gemeinschaftsschule. Sein erstes Buch „Raunächte“ veröffentlichte er im Dezember 2018.

DENNIS FRANK
RAUNÄCHTE
TRHILLER

1

Da saß ich also, in meinem 35 Quadratmeter großen Wohnzimmer, trank eine heiße Tasse Kamillentee und betrachtete die landschaftlichen Gemälde, die das Schwarzwälder Taubenmoos zeigten. Es war wunderschön, wie sich die Farben von grün und braun in einem idyllischen Stil vermischten und wie sich eine sanfte Nebelschicht über dem Boden bildete. Ich verstand zwar nicht viel von Kunst. Dennoch gefällt mir das Bild, denn es zeigte die Natur und dennoch zeigt es in gewissermaßen auch meine Heimat- den Schwarzwald. Ich setzte mich von meinem ledernen Sessel auf und begann damit die Post von dem kalten Dezember in die gemütliche und Warme Holzhütte zu bringen. Ich zog also meinen Mantel an, schlüpfte in meine braunen Wanderstiefel und öffnete die Tür. Direkt erwischte ein eiskalter Windzug mein Gesicht. Ich ging also meinen Vorgarten entlang in Richtung Briefkasten. Vorbei an den Christrosen, denen es sichtlich schwer fiel den Kopf aus dem schwerem Schnee zu stecken. Sie lugten wie Katzen in ihren Verstecken hervor, die Angriffslustig auf ihre Beute warteten. Nur noch wenige Schritte dann hatte ich den Briefkasten erreicht und konnte meine Post ins Warme retten. Im Hintergrund erkannte ich, wie sich riesige Schneemassen fast schon schützend wie Mützen über die Häuser der Nachbardächer legten. Endlich, ich hatte meinen selber aus Buchenholz gebauten Briefkasten mit der Aufschrift Thoma erreicht. Ich öffnete ihn und mir fiel direkt ein weißer Brief entgegen. Ich werde ihn in der Wohnung lesen und dabei meinen Kamillentee weiter trinken. Ich schloss die Tür auf, ging ins Haus, zog meinen Mantel und meine Schuhe und setzte mich wieder auf meinem Sessel im Wohnzimmer. Auf dem Briefumschlag stand groß der Name meines Arbeitgebers. „Mist“, dachte ich und bekam es plötzlich mit der Angst zu tun. Ich riss den Briefumschlag vorsichtig auf und zog das Schreiben heraus. Als Überschrift stand mit großen Buchstaben EINLADUNG ZUR DIESJÄHRIGEN WEIHNACHTSFEIER geschrieben. Ich seufzte erleichtert und sagte leise zu mir selber „Noch einmal Glück gehabt“. Ich hatte völlig vergessen dass mein Chef alle Mitarbeiter des Büros jedes Jahr im Dezember zu einem großen Weihnachtsessen in seinem Lieblingsrestaurant einlädt. Die Weihnachtsfeier würde am 26. Stattfinden- zweiter Weihnachtsfeiertag. Wie sollte ich das nur meiner Frau erklären, wo wir doch erst letztes Jahr den Besuch zu ihren Eltern aufgrund des Essens absagen mussten. Sie war jedenfalls ziemlich sauer auf mich und ich musste drei Tage auf der Couch schlafen bis sie sich wieder beruhigte und mich wenigstens wieder ansah. Ich musste mir also eine gute Ausrede einfallen lassen, denn mein Chef wird nicht sonderlich erfreut darüber sein wenn ich nicht komme. Ich lege den Brief zur Seite und schloss die Augen „Kann dieser Monat noch schlimmer werden?“ Was ich in dem Moment noch nicht wusste, war dass es noch viel schlimmer kommen wird. Noch sehr viel schlimmer…

2

Es ist Abend und die Dämmerung bricht herein. Jetzt sieht man nur noch die Konturen der Häuser, der Berge und der Bäume die von der Gemeinde schon weihnachtlich geschmückt wurden. Ich saß zusammen mit meiner Frauen am Esstisch und genoss den überaus schmackhaften Hackbraten. Sie hatte wunderschöne braune Haare und so zarte und rote Lippen wie Schneewittchen.

„Mathias“, fragte sie. „Gibt es irgendetwas, das du mir noch erzählen willst?“

Wollen ist gut. Müssen trifft es besser.

„Naja, Julia“, stotterte ich. „Ich habe etwas gelesen, trank dabei eine Tasse Tee und…“

„Was hast du sonst noch getan? “unterbrach sie mich.

„Du weißt schon, das Übliche. Ich räumte das Wohnzimmer auf und…“

„Und was genau hast du aufgeräumt?“, Unterbrach sie mich erneut, langsam ging mir das auf den Geist. „Oder besser gesagt was genau hast du weggeräumt?“

Jetzt war es mir klar was sie von mir wollte. Es ging um den Brief. Ich hatte ihn gut unter dem Couchtisch versteckt, während sie noch einkaufen war.

„Du weißt schon“, ich zögerte ein wenig. „Ich rückte die Kissen auf der Couch wieder gerade und brachte meine Tasse Tee weg und außerdem habe ich…“

„Außerdem hast du was?“ Fragte sie mich mit einem leicht gereizten Ton in ihrer Stimme.

„Außerdem bekam ich einen Brief.“ Die letzten Worte nuschelte ich so unverständlich, dass man es nicht einmal verstanden hätte, wenn ich es jemandem direkt ins Ohr gesagt hätte. Doch sie verstand es unglücklicherweise. Sie musste wahrhaftig die Ohren einer Eule haben.

„Soso“, gab sie sarkastisch von sich. „Einen Brief. Von wem war er denn?“

So langsam machte mir ihre Tonlage Angst.

„Ach, nichts Wichtiges“, sagte ich. „Nur ein Brief von der Firma“

„Ich weiß ganz genau was es war. Du konntest noch nie gut Dinge vor mir verstecken Mathias. Ich habe ihn gesehen und gelesen.“

„Das darfst du nicht das unterliegt dem Briefgeheimnis!“ rief ich demonstrativ ein.

„Wieso kannst du deinem Chef nicht einmal absagen? Wieso muss ich einen Korb bekommen?“, Fragte sie jetzt fast schon schreiend.

„Du verstehst das nicht. Ich kann meinen Chef nicht enttäuschen, weil es der gute Mann ist, der uns das Geld bringt mit dem wir unser Haus, unser Essen und deinen teuren Schmuck bezahlen!“ Jetzt schreie ich auch mit und bin sofort entsetzt darüber wie mich so etwas dermaßen schnell auf die Palme bringen kann.

„Weißt du was?“, fragte sie mich mit einer schlecht gespielten Traurigkeit. „ Es war gut, dass du dir die Couch zurechtgelegt hast. Dort wirst du nämlich eine Menge Zeit verbringen, Mathias. Und jetzt geh mir aus den Augen.“

„Fein!“, sagte ich mürrisch. „Ich gehe.“ Und das tat ich dann auch. Ich verließ das Esszimmer und machte mich auf den direkten Weg ins obere Schlafzimmer um schon einmal meine Sachen zu holen, als ich im Augenwinkel aus dem Fenster sah, wie sich eine feine grünliche Nebelschwade über den nassen Asphalt zog.

Wie konnte das möglich sein?

Hm, wahrscheinlich wurde er von irgendeinem Licht angestrahlt. Doch als ich etwas genauer aus dem Fenster sah, entdeckte ich bis auf unser warmweißes Hauslicht und die orangenes strahlenden Straßenlaternen keine Lichtquelle und schon gar keine, die ein grünes Licht von sich gab. Das war seltsam. Sehr seltsam.

3

Und so lag ich nun auf dem Couch, ließ mich von dem gegenüberliegendem Ofen wärmen und schloss die Augen. Es fiel mir schwer einzuschlafen, zum einen wegen der kleinen, harten und unbequemen Couch und zum anderen weil mich dieser Gedanke an den grünen Nebel auf der Straße nicht loslassen wollte. Sollte ich es Julia erzählen? Nein, definitiv nicht. Sie würde mich auslachen und denken ich sage das nur so als Ausrede für den Brief. Ich würde einfach in Zukunft aus dem Fenster schauen und beobachten, ob sich der grüne Nebel noch einmal zeigen würde. Es dauerte noch eine ganze Weile bis ich einschlief doch als es dann plötzlich nach langersehntem Beten doch klappte, schlief ich tief und fest ein.

Plötzlich wurde ich von einem lauten Knall aufgeweckt. Ich lag immer noch im Wohnzimmer und mein Radiowecker zeigte 03:27 Uhr an. Was war das? Es hörte sich an wie ein Schuss. Ja, ein Gewehrschuss. Doch wieso um Himmels Willen sollte irgendjemand um 03:27 Uhr mit einem Gewehr in einem idyllischen Dorf wie Ibach herumschießen? In diesem Moment hörte ich Schritte im Haus. Waren das Einbrecher? Ging es Julia gut? Haben sie ihr etwas getan? Die Schritte kamen näher und ich lugte von der Couch aus durch das Wohnzimmer, direkt zur Treppe diese anscheinend der Verursacher der Schrittgeräusche war. Plötzlich tauchten zwei schmal Beine auf dem oberen Treppenrand auf. Dann kam ein schlanker Bauch zum Vorschein, dann wurde die Gestalt immer mehr zu einer Frau.

„Moment mal“, dachte ich. „Wieso sollte eine Frau in einem Nachthemd mitten in der Nacht in ein Haus einbrechen?“

Und dann sah ich ihr Gesicht.

Es war Julia.

Sie hatte einen ängstlichen Gesichtsausdruck auf dem Gesicht und sah mich an.

„Hast du das auch gehört?“, fragte sie mich.

„Ja.“, antwortete ich.

„Was war das?“, fragte sie leicht verstört.

„Das hat sich angehört als würde jemand mit einem Gewehr schießen.“, sagte ich. Der Knall hörte sich an, als wäre er gerade einmal rund 50 Meter vom Haus entfernt gewesen. Doch wieso sollte jemand grundlos herumschießen?

„Ein Gewehr!“, schrie sie entsetzt. „Willst du mich auf den Arm nehmen? Wir leben in einer der harmlosesten Gegenden im ganzen Schwarzwald. Wer sollte da bitte mit einem Gewehr herumschießen!“

„Ein Jäger.“ Rutschte es mir hinaus. Natürlich machte sie diese Aussage noch hysterischer.

„Ich habe Angst Mathias. Können wir nicht diesen kleinen Streit von heute Abend vergessen? Es tut mir leid, dass ich deine Post gelesen habe. Kannst du mir verzeihen?“, sagte sie, ein wenig wie eine Schülerin, die ihrer Lehrerin erklärte wieso sie keine Hausaufgaben gemacht hatte.

„Natürlich, Julia. Mir tut es auch leid, dass ich gleich so laut wurde.“, gab ich zu.

„Kannst du heute Nacht vielleicht wieder bei mir im Schlafzimmer schlafen? Es ist so unheimlich dort oben, wenn ich weiß, dass draußen ein Jäger wild um sich schießt.“, die letzten Worte sagte sie so hilflos und verzweifelt, dass er Ja sagen musste.

 

„Liebend gerne.”, log ich und ging mit ihr die hölzerne Treppe hinauf ins Schlafzimmer, legten uns ins Bett, redeten noch ein wenig und fanden sogar einen Kompromiss wegen meiner Weihnachtsfeier. So schnell einigten wir uns sonst nie. Wir würden ihre Eltern einfach am Tag danach besuchen. Das würde zwar ziemlich stressig werden, da ihre Eltern im 400 Kilometer entfernten Nürnberg wohnten, doch irgendwie würden wir das schon schaffen. Nach den friedlichen Verhandlungen schlossen wir die Augen und schliefen sofort ein.

4

Es verging mittlerweile eine Woche seit dem nächtlichen Vorfall. Wir hatten uns auf Weihnachten vorbereitet, Einkäufe erledigt, ich musste wieder in die Arbeit ins Büro, meinem Chef mitteilen, dass ich kommen würde. Ganze sieben Tage vergingen ohne einen einzigen Vorfall, aber das sollte nicht so bleiben.

Heute ist der 24. Dezember- Weihnachten und ich konnte es kaum erwarten, endlich den leckeren selbst gemachten Gänsebraten auf dem Teller zu haben und ihn zu verspeisen. Meine Frau trug ihren alljährlichen Weihnachtspullover auf dem ein grüner Tannenbaum mit bunten Kugeln auf dunkelblauem Hintergrund gedruckt war. Ich selbst war auch Weihnachtlich angezogen, ich trug eine schwarze Anzugshose, ein Hemd, das ich in die Hose gesteckt hatte, eine Krawatte auf der ein Weihnachtsmann zu sehen war und darüber noch ein rotes Sakko. Nun war alles perfekt. Wir saßen also im Esszimmer und genossen das festlich angerichtete Weihnachtsessen. Dieses Jahr hat Julia sich wirklich selbst übertroffen. Im ganzen Haus roch es nach Zwiebeln, Kräutern, Gans und Bratensaft.

„Und es schmeckt dir wirklich?“, fragte Julia.

„Aber natürlich!“, antwortete ich mit vollem Mund. „Das ist das beste Weihnachtsessen, das wir je hatten!“

„Vielleicht kannst du mir nächstes Jahr ein bisschen helfen. Den Vogel zu braten ging ganz schön schwer.“, sie sagte die Wörter so, als würde sie ein Theaterstück mit dem Titel Das schwere Leben einer Köchin die Hauptrolle spielen. „Ach, ich bin doch in der Küche nicht zu gebrauchen, das weißt du doch.“, gab ich übertrieben zurück. „Das können wir ändern.“, sagte sie und gab mit einen Kuss auf die Wange. „Fröhliche Weihnachten, Mathias.“ „Fröhliche Weihnachten, Julia.“, sagte ich zurück und gab ihr ebenfalls einen Kuss auf die Wange. Nach dem festlichen Essen gab es dann schließlich die Bescherung und Julia bestand, darauf mir ihr Geschenk zuerst zu geben. Es war klein rechteckig und sehr flach. Sie hatte es mit rotem Geschenkpapier eingepackt und eine grüne Schleife drumgebunden. Ich traute mich zuerst gar nicht das schöne Papier einfach zu zerreißen. Doch schließlich packte mich die Neugier und ich fiel darüber her wie ein Löwe über seinen selbstgefangenen Büffel. Ich erkannte ein Bild. Es war in einen edlen Rahmen eingerahmt und zeigte mich und Julia auf unserer Hochzeit. Sie hatte tatsächlich das alte Hochzeitsfoto, das wir immer gesucht haben gefunden und restauriert. „Vielen Dank Julia. Ich hätte niemals gedacht, dass wir dieses Bild überhaupt noch haben. Ich dachte wir hätten es beim Umzug verloren.“, sagte ich begeistert. „Tja, falsch gedacht.“, sagte sie triumphierend. „Ich habe wirklich sehr lange suchen müssen. Es war im Keller in dieser Kiste mit den alten Erinnerungen. Aber die Kiste war eigentlich das Hauptproblem. Weißt du sie war ganz unten vom großen Stapel der alten Umzugskartons und stell dir vor ich habe sogar ein Buch von deinem Großvater gefunden. Elztäler Sagen von Willi Thoma.“ Und als sie dann schließlich fertig war, davon zu erzählen, was wir alles im Keller haben, übergab ich ihr mein Geschenk für sie. Es war ein Parfüm für stolze 45 Euro, aber sie war es mir Wert. Sie freute sich wie ein Kleinkind darüber und gab mir einen weiteren Kuss. Wir redeten noch eine ganze Weile miteinander bis ich auf die Uhr sah und bemerkte, dass es gleich 12 Uhr ist. „Sollen wir nach oben gehen?“, fragte ich sie. Sie bejahte es und wir gingen nach oben, um uns Bettfertig zu machen. Ich putzte meine Zähne, wusch mir die Hände und stieg neben ihr ins Bett. „Gute Nacht, Julia. Es war wie immer ein schönes Weihnachten mit dir.“, sagte ich halb gähnend. „Gute Nacht, Mathias. Ich fand es auch schön.“ Dann schaltete ich das Licht aus.

5

Kurz nachdem das Licht erlosch, schlug die Kirche 12 Uhr.

Gong, Gong, Gong, Gong, Gong. Doch auf einmal verschwamm das weiche Gong der Kirchenglocke in einen etwas abgehackteren Ton, der sich wie mehrere Knalle anhörte. Ja, es klang wie… wie Schüsse! Ich merkte auch schon, wie Julia sich aufsetzte und mich mit einem völlig geschockten Gesichtsausdruck ansah. Bang, Bang, Bang, Bang. Ich stieg aus dem Bett, schaute aus dem Fenster und entdeckte… nichts. Nichts. Doch als ich das Fenster öffnete hörte ich, ein wenig entfernt, ein Pferd. Ich blickte nach links in Richtung Ortskern- nichts. Ich blickte nach rechts in Richtung Wald und tatsächlich. Rund 500 Meter von unserem Haus entfernt, ritt ein Mann auf einem Pferd in unsere Richtung. Plötzlich flackerte eine Laterne an der geradezu ausgestorbenen Straße. Dann fing eine Zweite an zu flackern, dann eine Dritte, eine Vierte, eine Fünfte, bis dann fast alle Straßenlaternen flackerten. Der Reiter war nun mittlerweile keine 50 Meter mehr von unserem Haus entfernt. Da legte sich auf einmal eine Hand auf meine Schulter und eine weiche Stimme flüsterte mir meinen Namen ins Ohr. „Mathias.“, es war Julia. „Was ist denn da draußen los?“ „Herr Gott Julia, musst du mich so erschrecken!“, fuhr ich sie an. „Sieh mal, da draußen reitet einer auf einem Pferd.“ „Auf einem Pferd!“, sie klang etwas hysterisch. Schließlich sah sie ihn auch, was mich etwas beruhigte. Der Reiter blieb wenige Meter vor unserem Haus stehen. Sein Gesicht war leicht durch einen Hut verdeckt und man konnte nur seinen dunklen Vollbart erkennen. Er sah in unsere Richtung und sagte: „Lasset die Raunächte beginnen!“ Dann zog er eine große Schrotflinte aus seiner Tasche und schoss damit mindestens fünf Mal in die Luft. Das hörten anscheinend auch die Nachbarn, denn man sah wie ein Licht nach dem anderen anging. Nach dieser Aktion steckte der Reiter seine Schrotflinte wieder ein. „Hüa, Jackson!“, schrie der Reiter und das Pferd sauste im Galopp zurück in Richtung Wald. Julia und ich sahen uns an als hätten wir einen Geist gesehen. War das der Mann, der uns vor einer Woche mit seinem Schuss aus dem Schlaf riss? Hatte er irgendetwas mit dem mysteriösen grünen Nebel zu tun? Erschrak er nur die Bewohner der kleinen Stadt Ibach? Diese und viele weitere Fragen gingen mir durch den Kopf. Aber zuerst einmal musste ich Julia beruhigen, denn sie war nervlich völlig am Ende. Ich schloss also das Fenster und führte Julia wieder zurück ins Bett. „Beruhige dich.“, sagte ich sanft zu ihr. „Er ist weg.“ Fragt sich nur für wie lange. „Ich versuche es ja!“, gab sie aufgewühlt zurück. „Aber so etwas passiert nicht gerade jeden Tag. Also habe ich ja das Recht etwas durch den Wind zu sein.“ „Aber natürlich. Du musst dich nur erst einmal wieder beruhigen und dann können wir darüber reden.“ Ich versuchte meine eigene Angst etwas zu unterdrücken, damit sie nicht noch panischer wurde. Ich sah aus dem Augenwinkel ein blaues Licht blinken. Anwohner hatten die Polizei gerufen. Ich ging wieder zum Fenster und sah das unsere Nachbarin Heike, mit ihrem kleinen Hund Rocky auf dem Arm, gerade den Polizisten die Sache zu erklärte. Einige andere Nachbarn aus der Straße kamen ihr zur Hilfe. Sie fuchtelten mit den Armen herum und versuchten einen Reiter und einen Luftschuss nachstellen. Die beiden Polizisten waren sichtlich überfordert mit der Sachlage und versuchten Ruhe ins Chaos zu bringen. Einer der beiden stieg in den Polizeiwagen und sprach etwas in sein Funkgerät. „Das ganze wird sicherlich noch eine halbe Stunde dauern. Soll ich dir noch einen Tee machen?“, fragte ich sie und ging weg vom Fenster. „Ja. Haben wir nicht noch einen Innere Ruhe Tee?“, antwortete sie. „Ich sehe mal nach.“, sagte ich und ging die Treppe hinunter. Die einzige Lichtquelle war nur das Licht des ausgeschalteten Fernsehers. Ich schaltete das Licht an und erschrak sofort als ich vor mir etwas stehen sah. Nach wenigen Sekunden erkannte ich aber, dass es nur die Garderobe war und mein Mantel so ungeschickt über meinen Stiefeln hing, dass es für den ersten Blick so aussah, als würde dort mein Doppelgänger stehen. „Jetzt werde nicht paranoid!“, schimpfte ich mit mir selbst. Ich ließ die Garderobe hinter mir und ging in die Küche. Nachdem ich fünf Minuten den kompletten Küchenschrank durchsuchte, fand ich endlich den Innere Ruhe Tee und schaltete den Wasserkocher ein. Nach wenigen Augenblicken pfiff er und ich goss das heiße Wasser in eine Tasse, legte den Teebeutel hinein und sah auf die Uhr, wie lange er ziehen musste. Nachdem ich alles sorgfältig wieder eingeräumt hatte, schaltete ich wieder alle Lichter aus und ging zurück ins Schlafzimmer.

6

Am nächsten Morgen schlief ich bis 10:26 Uhr. Julia war anscheinend schon früher wach, denn die Bettseite neben mir war leer. Ich machte das Bett, zog mich um, ging ins Bad, um mir die Zähne zu putzen und die Haare zu machen und ging anschließend runter ins Wohnzimmer wo ich mir erst einmal einen Kaffee kochte. Nur eins fehlte- Julia. Heute war der erste Weihnachtsfeiertag und die Geschäfte hatten geschlossen. Ich sah vom Fenster aus, dass das Auto noch da stand. Wo war sie bloß?

„Julia!“, rief ich.

Keine Antwort.

„Juliaa!“

Immer noch keine Antwort.

Ich rief noch weitere fünf Mal ihren Namen, doch es war jedes Mal dasselbe Ergebnis- nichts. Da hörte ich wie ein Schlüssel in die Haustür gesteckt wurde und sie anschließend geöffnet wurde. Julia kam herein.

„Julia wo warst du denn?“, sagte ich vorwurfsvoll. „Ich habe mir schon sorgen gemacht.“

„Ich war bei unserer Nachbarin von gegenüber.“ Gab sie unschuldig zurück. „Heike ist gerade mit ihrem Hund Gassi gegangen und ich sah sie als ich den Müll herausgebracht habe. Wir redeten noch einmal über den Vorfall von gestern Nacht.“

„Was hat sie gesagt?“

Sie sagte mir, dass sie gerade eingeschlafen war und plötzlich hörte sie einen Mann schreien. Ihr Hund Rocky schlug ebenfalls an und bellte so laut er nur konnte. Kurz darauf hörte sie mehrere Schüsse und verständigte sofort die Polizei die zufällig gerade in der Gegend war. Als sie die Treppe herunterrannte, sagte sie, sah sie aus ihrem Küchenfenster einen grünlichen Nebel. Aber ich glaube da hat sie sich nur geirrt.“

Der letzte Satz war wie ein Schlag ins Gesicht. Sie hatte den grünen Nebel auch gesehen? Ich musste auf jeden Fall noch einmal selbst mit ihr sprechen.

„Dennoch hat sie der Polizei nichts davon erzählt.“, fuhr sie fort. „Sie dachte sie würden sie dann für Verrückt erklären.“ Jetzt lächelte sie sogar ein wenig.

„Ich verstehe.“, sagte ich abwesend.

„Ich habe ihr vorgeschlagen, dass sie doch heute Abend zum Resteessen kommen könnte.“

Na Prima!

„Und hat sie zugesagt?“, fragte ich.

„Ja, sie hat sich sogar sehr darüber gefreut.“, antwortete sie fröhlich.

„Schön.“, so glaubwürdig habe ich noch nie gelogen. Aber eigentlich war es gar nicht so schlecht, wenn sie kommen würde. Ich würde sie einfach kurz zur Seite nehmen und mit ihr über den Nebel sprechen. Dieses Argument verbesserte meine Laune wieder ein wenig. Doch sie verschlechterte sich wieder schlagartig, als mir einfiel, dass ich noch ein paar Dinge für die Arbeit erledigen musste.

„Also, ich muss dann noch ein paar Dinge fürs Büro erledigen.“, sagte ich.

„Kannst du das nicht einem anderen Tag machen?“, fragte sie mit einem bettelnden Dackelblick.

„Meinst du den Tag an dem ich zur Weihnachtsfeier gehe oder den an dem wir zehn Stunden bei deinen Eltern sind?“, gab ich sarkastisch zurück.

„Stimmt auch wieder.“, Gab sie zu.

„Also.“, sagte ich triumphierend und ging in mein Arbeitszimmer und sie wieder in die Küche.

Ich setzte mich auf meinen modernen Massagesessel und fuhr den Computer hoch. Während er hochfuhr und mir das Windows Logo präsentierte, holte ich schon einmal meine Unterlagen aus der Schublade. Nach circa einer Minute, stand dann endlich Passwort eingeben auf dem Bildschirm. Also tat ich was er sagte und gab mein viel zu langes Passwort ein. Es hatte mindestens 15 Zeichen darunter 4 Zahlen und 2 Sonderzeichen. Ich drückte auf Enter und mein Hintergrundbild erschien, es zeigte den Vättern See in Schweden. Es war der erste Urlaub, den ich mit Julia machte. Ich wachte wieder aus meinen Tagträumen auf und begann mit der Arbeit.

7

 

Gegen 18 Uhr kam wie erwartet, Heike, im Schlepptau ihr kleiner Terrier, an die Tür und klingelte. Ich öffnete die Tür und begrüßte sie herzlich. Sie trug eine schwarze Anzugshose, ein weißes Oberteil und darüber eine dünne graue Weste. Ich bat die beiden herein und Rocky beschnupperte erst einmal die ganze Wohnung. Kurz darauf erschien auch Julia, die fast genau das Gleiche trug wie Heike. Rocky kam wenige Sekunden später schwanzwedelnd auf Julia zu gerannt und schlapperte zufrieden ihre Hand ab. Selbst am zweiten Tag schafften wir es nicht die komplette Ganz zu essen und heute waren wir zu dritt. Nach dem Essen ging Julia in Begleitung mit Rocky in die Küche, um das schmutzige Geschirr zu spülen. Währenddessen bat ich Heike auf die Couch und setzte mich neben sie.

„Schön, dass Sie gekommen sind. Ich hoffe es hat Ihnen geschmeckt.“, begann ich.

„Danke, das Essen war perfekt.“, bedankte sie sich.

„Kann ich kurz mal mit Ihnen über vergangene Nacht sprechen?“, fragte ich sie direkt, weil ich nicht wusste wie lange Julia brauchen würde.

„Ähm, ja natürlich.“, sagte sie zögernd.

„Julia hat mir von ihrer Unterhaltung mir Ihnen erzählt und gesagt, Sie hätten einen grünen Nebel in ihrem Garten gesehen.“, sagte ich ernst.

„Ja, aber ich glaube ich habe mich nur geirrt. Sie wissen schon es war dunkel und ich…“

„Ich habe ihn auch gesehen.“, unterbrach ich sie.

„Tatsächlich? Sie haben ihn auch…“, fragte sie erstaunt.

„Ja, habe ich. Eine Woche zuvor. Nur war da auf der Straße und kurze Zeit später ertönte ein Knall.“, sagte ich.

„Genau wie gestern…“, sie brach ab, weil sie wahrscheinlich genau dasselbe dachte wie ich. Indem Moment kam Julia herein und sah uns fragend an.

„Was ist denn mit euch los?“, sagte sie verdutzt. „Ihr schaut ja so, als wäre jemand gestorben.“

Schlechter Scherz.

„Nichts, nichts.“, sagte Heike hastig und lenkte schnell vom Thema ab. „Wo haben Sie eigentlich das Rezept her? Also das muss ich unbedingt auch einmal ausprobieren.“

„Aus dem Internet.“, sagte Julia, die anscheinend nichts ahnte, stolz. „Ich kann es Ihnen gerne ausdrucken und rüberbringen.“

„Das kann doch auch ich tun.“ Sprang ich sofort ein und schielte kurz zu Heike hinüber.

„Okaaaay.“ Sagte Julia etwas misstrauisch.

„Ich gehe dann jetzt besser. Es ist schon nach acht. Vielen Dank für das Essen und noch einen schönen Abend.“, sagte Heike und ging zusammen mit Rocky hinaus.

Julia und ich räumten noch ein bisschen auf und machten uns schließlich bettfertig.

Am nächsten Morgen wollte ich noch vor meiner Weihnachtsfeier ins sieben Kilometer entferntes Sportstudio gehen, um noch einmal abschalten zu können. Mein Radiowecker zeigte 07:28 an. Julia schlief noch. Also zog ich mich leise um, machte mich fertig, packte meine Sporttasche, schrieb einen Zettel und ging aus dem Haus. Draußen war es wie immer Eiskalt. Ich stieg in mein Auto und schaltete die Heizung auf HI. Der Thermometer auf dem Armaturenbrett zeigte gerade einmal 1 Grad Celsius an. Ich legte den Gang ein und fuhr auf die Landstraße in Richtung Todtmoos. Die Straße war überraschend ruhig. Es dauerte nicht lange und ich erreichte das Ortschild von Todtmoos. Ich reduzierte die Geschwindigkeit auf 55 Stundenkilometer und fuhr in die kleine Einfahrt des Sportstudios ein. Als ich zum Stehen kam, zog ich die Handbremse an, schaltete den Motor aus, schnallte mich ab, stieg aus und ging zum Eingang. Ich traf direkt auf Thiel- den Besitzer des Studios. „Hallo Mathias, wie geht es dir?“, fragte Thiel fröhlich. „Ganz gut. Und selber?“, antwortete ich. „Ach ja, es muss.“ „Das mit deiner Frau wird bestimmt wieder.“, sagte ich ermutigend. „Ja, das hoffe ich auch.“, sagte er und suchte nach einem Schlüssel für die Spinde. „Hier bitte schön, Nummer 29.“ „Danke Thiel. Bin ich heute ganz alleine hier?“, fragte ich. „Ja, du bist der Erste.“, sagte er ganz stolz. Wir verabschiedeten uns und ich ging in die Umkleide. Es war ganz schön einsam, wenn man bis auf den Besitzer ganz allein morgens im Studio war. Ich zog mich um und ging in den Aufwärmbereich, stieg direkt auf das Laufband und stellte es auf 8 Stundenkilometer ein- meine Standartgeschwindigkeit seit zwei Jahren. Ich rannte was das Zeug hielt, zwei, vier, sechs bis zu zehn Minuten. Dann stieg ich ab, rieb die Haltegriffe mit einem desinfizierendem Feuchttuch ab und machte mich an meine erste Station- eine Übung für den Rücken. Ich stellte das Gewicht und die Sitzhöhe ein und begann. Heute hatte Thiel malwieder vergessen die Musikanlage einzuschalten, deswegen war es sehr still. Bis auf mein leises Stöhnen und das Quietschen des Gerätes, war nichts zu hören. Geschafft, 15 Stück. Jetzt machte ich 30 Sekunden Pause und begann dann mit der zweiten Wiederholung. Die 30 Sekunden waren um und ich wollte gerade weitermachen, als ich plötzlich ein Geräusch hörte. Wahrscheinlich war das nur Thiel, der etwas fallen ließ. Nein, es klang als käme es direkt von hier. Ein leichtes Quietschen ertönte und ich drehte mich nach rechts, wo anscheinend auch das Geräusch herkam. Neben mir befand sich ein anderes Gerät. Den sogenannten Butterfly. Die Bügel an beiden Seiten bewegten sich leicht nach vorne. Das war bloß der Wind wäre jetzt eine gute Erklärung gewesen. Aber erstens war es in der Halle komplett windstill und zweitens war das Gerät auf 45 Kilo eingestellt. Das war seltsam. Die Bügel gingen vor und zurück, vor und zurück, vor und zurück, vor und zurück immer wieder. Ich erschrak, als plötzlich neben mir eine 50 Kilo schwere Hantelscheibe hinunterfiel. Dann begann auch das Gerät links von mir, ein Stepper, selbstständig zu machen und sogar das Fahrrad fuhr von alleine. Nach kurzer Zeit begannen so gut wie jede Maschine ihre Übung selbst zu machen. Es machte einen Höllenkrach und es war mir als wäre es Hochbetrieb am Samstagnachmittag. Doch ich war der Einzigste hier. „Der einzigste Mensch.“, sprach mein Unterbewusstsein zu mir. Die Geräte die alle auf mindestens 50 Kilo eingestellt waren, bewegten sich einfach wie durch Geisterhand. Mir lief ein kalter Schauer über den Rücken und ich begann leicht zu zittern. „Wer ist da?“, fragte ich ängstlich, ohne die Hoffnung auf eine Antwort, doch sie kam. Von Thiel. „Hast du irgendetwas gesagt?“, brüllte er zu mir nach oben und versuchte dabei die vielen Geräte zu übertönen. „Nein!“, schrie ich zurück. Plötzlich sah ich etwas im Gitter vom Lüftungsschacht. GRÜNER NEBEL!!! Ich ließ einen Schrei fahren. So laut, dass Thiel von unten die Treppe hinaufgerannt kam, um nach mir zu sehen. In dem Moment als er die Treppe hinaufkam, hörten alle Geräte auf zu trainieren und alles war schlagartig ruhig. „Was ist denn hier oben los?“, fragte er mich. „Das hört sich ja an, als wären hier 15 Leute, die mir den Laden auseinandernehmen!“ „Ich weiß es nicht. Aber es war verdammt komisch.“

8

Zwei Uhr nachmittags klingelte es an der Tür. Es war die Polizei.

„Guten Tag Herr Thoma, mein Name ist Mayer und das ist mein Kollege Schneider. Können wir kurz reinkommen?“, fragte er ernst.

„Ja, na… na… natürlich.“ Ich begann zu stottern.

Ich bat die beiden Polizisten sich zu setzten und bot ihnen einen Kaffee an. Doch sie lehnten ab.

„Herr Thoma, wir kommen wegen dem Vorfall von vorletzter Nacht. Wir sind im Moment dabei die Zeugenaussagen aller Anwohner der Straße zu vernehmen und jetzt sind wir bei Ihrem Haus.“, sagte Herr Mayer.

„Ich verstehe.“, gab ich unsicher von mir.

„Gut. Was haben Sie vorgestern Nacht gegen Mitternacht getan?“, fragte er.

„Ich habe mit meiner Frau über Weihnachten geredet und dann sind wir ins Schlafzimmer gegangen und haben kurz darauf das Licht ausgeschaltet. Wenige Sekunden später, schlug dann die Kirchenglocke 12 Uhr. Doch dann…“, ich brach ab. Sollte ich ihnen von dem Glockenton erzählen, der sich immer mehr in Schüsse umwandelte? Nein.

„Doch dann?“, half mir Kommissar Schröder weiter.

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