Peter Gabriel - Die exklusive Biografie

Текст
Автор:
0
Отзывы
Читать фрагмент
Отметить прочитанной
Как читать книгу после покупки
Шрифт:Меньше АаБольше Аа

„Wir hoffen, dass ihr es nicht humorlos oder prätentiös findet, weil wir weder das eine noch das andere beabsichtigt haben.“

– Peter Gabriel, 1969

Im Februar 1968, also im selben Monat, in dem die Beatles „Lady Madonna“ aufnahmen, brachten Genesis ihre Debütsingle, „The Silent Sun“ (mit „That’s Me“ auf der B-Seite), heraus. Der Name der Band fand sich nirgendwo auf der Hülle. Als Decca F12735 veröffentlicht, war die Single eine runde Sache inklusive Streichinstrumenten, die der routinierte Arthur Greenslade arrangiert hatte und die stark an den Song „Massachusetts“ der Bee Gees erinnerten. „That’s Me“ war eine treibendere, aggressivere Nummer, die sich durch das fabelhafte Gitarrenspiel von Phillips auszeichnete. Die Platte wurde am 3. März 1968 im NME besprochen: „Ich habe immer noch keine Ahnung, wovon die rätselhaften Lyrics handeln, aber ich nehme mal an: von einem Mädchen! Egal, es ist jedenfalls ein Song, der einen zum Nachdenken anregt, der einen durchgehend bei der Stange hält. Komplett von Genesis produziert, mit einem hübschen Arrangement für Geigen und Cellos. Eine Scheibe voller Facetten, die für durchschnittliche Hörer womöglich ein wenig zu komplex sein wird.“

Zum ersten Mal im Radio lief die Platte bei Kenny Everett auf BBC Radio One. Bei Radio Caroline lief sie sogar auf „heavy rotation“. Die Band machte sich pflichtbewusst auf den Weg, um sich Outfits für einen Auftritt bei Top Of The Pops zuzulegen. Allerdings war die Sache tatsächlich zu komplex für den durchschnittlichen Hörer und ein früher Erfolg wollte sich in Folge nicht einstellen. Radio Caroline stellte im März 1968 den Sendebetrieb ein, womit die Single nun überhaupt nicht mehr im Radio lief. Bei der BBC traf man jedenfalls mit Sicherheit keinen Nerv. Jonathan King hatte zu dieser Zeit eine Fernsehshow, die am Samstag zur Primetime auf ITV lief und Good Evening – I’m Jonathan King hieß. Es wurde angenommen, dass die Band dorthin eingeladen würde, aber auch das kam nicht zustande. Obwohl sich die Scheibe nicht verkaufte, bedrängte King Decca, eine zweite Single zu veröffentlichen. Gehorsam kam man seinem Ansinnen nach: „A Winter’s Tale“ und „One-Eyed Hound“ (Decca F12775) erschienen am 10. Mai 1968. „One-Eyed Hound“ war eine faszinierende Nummer, die ein wenig an den frühen David Bowie, mit dem sie sich schon bald wiederholt die Bühne teilen sollten, erinnerte. Der Song konnte mit einiger Aggressivität und Drum-Fills, die an Keith Moon denken ließen, aufwarten. Doch erneut konnte die Gruppe weder die Kritiker noch das Publikum von sich überzeugen.

Im Sommer 1968 entführte King die Band für zehn Tage während ihrer Schulferien ins Regent Sound Studio B in der Londoner Denmark Street, die die sagenumwobene „Tin Pan Alley“ Londons war. Dort sollten sie an einem Album arbeiten. In dieser Zeit wohnten sie bei ihrem alten Charterhouse-Kollegen – und ehemaligen Mitglied bei The Spoken Word – David Thomas in Bramham Gardens, Earls Court. Thomas begleitete die Gruppe im Studio als Hintergrundsänger. Gabriel hatte in diesem Sommer zuvor schon Unterkunft bei Thomas beantragt, als er das Davies Laing and Dick (DLD) College in Campden Hill, London, besuchte, um sich auf seine bevorstehenden Universitätseignungstests vorzubereiten. Er war nicht gerade ein Ass, was seine schulischen Leistungen betraf. „Peter war sehr still, bis er Davies Laing and Dick besuchte“, erinnert sich Rutherford. „Es war ein cooles College und es veränderte ihn insofern, als dass er danach mit Abstand der Coolste von uns war.“

„Pete tat alles sehr langsam“, sagt Anthony Phillips. „Es war einfach rekordverdächtig. Er brachte seine Lösungen und Ideen bei Prüfungen einfach nicht schnell genug aufs Papier. Als Peter sich bei DLD auf seine Nachprüfung vorbereitete, lebte er in London bei David, wo auch Tony eine Weile lebte. Seine Wohnung wurde zu einem Treffpunkt, wo wir Ideen austauschen konnten – wir probten zwar nicht dort, aber spielten uns gegenseitig Sachen am Piano vor.“

„Peter schlug mir vor, dass ich, wenn ich mich mit David verstünde, ebenfalls einziehen sollte“, sagt Banks. „Ich war damals recht grob, musste mich also ziemlich zusammenreißen. Glücklicherweise war auch David einigermaßen ungehobelt, was hieß, dass wir gut miteinander auskamen; er ist seitdem einer meiner besten Freunde. Diese Wohnung in Earls Court wurde für eine Weile zu einem Zentrum von Genesis. Als wir From Genesis To Revelation aufnahmen, lebten ungefähr 25 Leute in seiner Wohnung mit zwei Schlafzimmern. Manche schliefen im Bad. Dann hatten wir zwei Tage Zeit und wollten so viel wie möglich daraus machen. Es war jedenfalls ein interessantes Haus.“

Chris Stewart, der später als Schriftsteller Erfolg haben sollte, verließ zu diesem Zeitpunkt die Band. Er wurde hinterm Schlagzeug von John Silver abgelöst. Stewart, der gut mit Gabriel und Phillips befreundet war, trat seine Rechte 1969 für 300 Pfund ab. 2007 schrieb er, dass es alles andere als weltbewegend ist, wenn ein trommelnder Schuljunge bei einer Band aussteigt. Aber für den betroffenen Schuljungen war es das sehr wohl. Das große Problem für Schlagzeuger von vornehmlich akustischen Bands war, dass es für sie im Studio relativ wenig zu tun gab. Und Genesis traten noch nicht live auf.

Gabriel hatte Silver bei DLD getroffen und die übrige Band war beeindruckt von seiner Energie und seiner Plattensammlung. Silver teilte mit Banks und Gabriel seine Vorliebe für die Beach Boys. Sie probten ihr Material im Haus von Silvers Eltern in Oxford.

Genesis arbeiteten fleißig und schnell und der tatsächliche Aufnahmeprozess war in ein paar Tagen abgeschlossen. Jonathan King produzierte das Album, obwohl er nur einen Teil der Zeit im Studio verbrachte. Als Tontechniker standen Brian Roberts und Tom Allom zur Verfügung. „King war ein richtiger Enthusiast“, erinnerte sich Gabriel. „Wenn er erst einmal heiß läuft und sich auf etwas stürzt, scheint plötzlich alles möglich.“ Allerdings verblieb das Album, nachdem es fertiggestellt war, fürs erste in den Kammern von Decca. Das Label wusste – so wie jene, die es aufgenommen hatten – nicht recht, wo es denn hinpassen würde. Die Phase zwischen den Aufnahmesessions und der Veröffentlichung verlief für die Band äußerst turbulent.

Banks und Gabriel besuchten das Konzert von The Nice im Londoner Marquee Club, was ein weiterer Schlüsselmoment für die beiden werden sollte. „Es hatte eine tiefgehende Wirkung auf uns“, sagt Banks. „Ich bin mir nicht sicher, ob wir uns überhaupt Gedanken bezüglich Live-Auftritte gemacht hatten. Ich hatte Musik immer nur auf Platte gehört und wusste gar nicht, wie aufregend ein Konzert sein konnte. The Nice waren extrem gut. Keith Emerson war fantastisch. Es war so laut. Ich hatte so etwas noch nie in meinem Leben gehört. Als wir rauskamen, standen wir unter Strom. Ich weiß, dass heute viele Leute im Business auf Privatschulen waren, aber damals war das recht selten. Es war nicht das, was man wollte, das wir tun sollten. Mir wurde mein Weg ziemlich klar umrissen. Auf die Uni. Mike und Ant waren diejenigen, die Profis werden wollten. Wir schrieben nur ein paar Songs und schauten, was sich damit machen ließ. Vielleicht würde sie ja jemand covern. Wie man weiß, tat das aber keiner, also spielten wir sie selbst. Wir hatten ursprünglich nicht vor, live aufzutreten, aber Dinge wie dieses Konzert von The Nice änderten meine Einstellung dazu.“

Banks ging an die Sussex University, wo er zuerst Chemie und dann Philosophie und Physik studierte. Er verbrachte an den Wochenenden auch Zeit im Haus der Gabriels, um mit ihm an Musik zu arbeiten, die sie später bei Genesis verwendeten. „Ich hatte meinen Platz in Sussex“, sagt Banks. „Die Idee, die Musik zum Beruf zu machen, erschien mir wie eine Träumerei, an die ich noch nie gedacht hatte.“

Gabriel blühte während seiner letzten Tage an der Privatschule richtig auf. Phillips meint dazu: „Sobald wir uns damit abgefunden hatten, dass ich zwei Jahre jünger war als er, gingen wir zusammen zu Doppel-Dates. Ich war da 15 und er 17. Er machte eine seltsame Metamorphose durch. Er gehörte, was Musik und Sport anging, nicht so richtig zu den anderen Jungs. Er war keiner, der sich irgendwie hervortat. Ich war mir nicht sicher, ob er noch derselbe Typ wie früher war, weil er plötzlich schlank und sehr exzentrisch war. Die Mädchen beteten ihn an, da ihn eine leicht mysteriöse Aura umgab. Er war kein raubeiniger Macho, aber er hatte dieses Geheimnisvolle und Reservierte, auf das die Frauen abfuhren. Er war da schon mit Jill zusammen.“

Phillips meint Jill Moore, mit der Gabriel zu dieser Zeit eine Beziehung begann. Die Verbindung zwischen Moore und Gabriel sollte 20 Jahre andauern und ihn zu einigen seiner besten Arbeiten inspirieren.

***

Decca fand heraus, dass es noch eine andere amerikanische Band gab, die sich ebenfalls Genesis nannte, weshalb die Gruppe dazu gedrängt wurde, ihren Namen zu ändern. Jonathan King lehnte dies ab. Stattdessen beschloss er, die LP nicht unter dem Namen der Band, sondern unter dem Titel des Albums zu vermarkten – From Genesis To Revelation. Als es schließlich im März 1969 auf den Markt kam (Decca SKL 4990), steckte die Schallplatte in einer in Schwarz gehaltenen Hülle – möglicherweise eine Antwort auf das weithin als „Weiße Album“ der Beatles bekannte Album, das im November zuvor veröffentlicht worden war. Mit einer goldenen, altmodischen Schrift verziert, wirkte es wie ein Konzeptalbum. Auf der Rückseite befand sich eine ominöse Grußnote, in der Gabriel die Situation mit der amerikanischen Band gleichen Namens darlegte. Er schrieb: „Die Gruppe begann als Genesis vor biblischen Jahrhunderten“, und fuhr dann fort, „es sollte einfach sehr angenehm sein.“ Dann ergänzte er noch, wo sich die Band, mit 17 oder 18, selbst sah: „Diese Jahre zwischen 15 und 20. Nicht länger ein Junge oder ein Mädchen, noch kein Mann oder eine Frau. Verwirrt vom strahlenden Licht des Alters, voller Erinnerung an die vage Entspanntheit der Jugend. Jahre, in denen man versucht, zurückzukehren, vorwärts, aufwärts, abwärts. Niemals statisch, im Reinen mit dem Erwachsenwerden.“ Die Conclusio setzte eine ordentliche Portion Sixties-Chuzpe voraus, die sich in Gabriels anmutig untertriebene Abwiegelung mischte: „Lauscht und versetzt euren Verstand in das Klangspektrum. Hört, was ihr hört – lächelt und genießt, von Anfang bis Ende, von Genesis bis zur Offenbarung.“ Vielleicht sagte die folgende Zeile am meisten aus:

 

„Wir hoffen, dass ihr es nicht humorlos oder prätentiös findet, weil wir weder das eine noch das andere beabsichtigt haben.“

Das Album bleibt ein wunder Punkt in der Genesis-Diskografie. Es ist nicht humorlos, aber vielleicht schon ein wenig prätentiös. Es befindet sich ein wenig abseits des restlichen Katalogs der Band und wird zumeist als eine Art Jugendsünde abgetan. Zweifellos lässt das Album den Biss und das Gefühl der frühen Demos vermissen. Auch fehlt noch die typische Erhabenheit, die spätere Releases auszeichnen sollte. „Wir versuchten, ein zusammenhängendes Ding zu erschaffen“, erzählte Gabriel 1980 Armando Gallo. „King schlug vor, dass wir uns Gedanken zum Anfang der Welt machen sollten. Es war schrecklich hochtrabend, wenn ich mich daran zurückerinnere: Die Geschichte der Menschheit in zehn simplen Popsongs. Absurd, aber uns hat schon immer die biblische Bildwelt gefallen.“

Inspiriert von der orchestralen Begleitung, die ihre Kollegen bei Decca, The Moody Blues, einsetzten, nahm King die fragilen, skelettartigen Songs und holte erneut den weithin geschätzten Orchestermeister Greenslade ins Boot, um freimütig Streicher-Arrangements über die Tracks zu verteilen. Der in der Londoner Musikszene der Sixties sehr gefragte Arrangeur Greenslade hatte bereits mit so unterschiedlichen Acts wie Billy Fury, Them, Dusty Springfield und Shirley Bassey zusammengearbeitet. Trotzdem war die Band entsetzt, als sie ihre Songs mit den süßlichen Streichern hörte. Banks sah es noch relativ locker, da er es als Teil der Zusammenarbeit mit Plattenfirmen und erfahrenen Produzenten begriff. Rutherford war völlig perplex. Phillips hingegen war außer sich und stürmte sogar aus dem Studio. „Ich rannte hinaus und legte mich hin. Meine Freundin hatte mich gerade verlassen und ich dachte, dass das Leben gar nicht mehr schlimmer werden könnte. Kurz darauf bekam ich dann noch Pfeiffer’sches Drüsenfieber!“

Obwohl alle Songs ihre Qualitäten haben, stechen von den ursprünglichen zwölf Tracks ein paar heraus. „Where The Sour Turns To Sweet“ erhebt sich aus einer bluesigen Piano-Phrase und Fingerschnippen, bevor es sich in eine konventionellere Richtung à la Bee Gees bewegt. „In The Beginning“ und „Fireside Song“ sind simple, naive Nummern mit eingängigen Refrains. Das bluesige Zwischenspiel „The Serpent“ basiert auf „She Is Beautiful“, dem Song von Gabriel und Banks, der King ursprünglich so beeindruckt hatte. „Am I Very Wrong“ ist womöglich der schlechteste Track von allen, eine skurrile Komposition, bei der Banks und Phillips in den Refrain einstimmen. Andererseits klingt das Intro mit seinen gezupften Akustikgitarren und der Flöte nicht unähnlich der zukünftigen Genesis-Hymne „Supper’s Ready“. Nichts wurde hier verschwendet. Durch den Filter von Greenslades Streichern hindurch hört sich „In The Wilderness“ wie klassischer, feenhafter Sixties-Pop an. Bei diesem fröhlichen Refrain verwundert es ein wenig, dass sich dafür kein anderer Act finden lassen wollte. Der hätte einigen etablierten Sängern, die sich im Underground nach gutem Material umsahen, um ihre Karrieren zu verlängern, sicherlich gut zu Gesicht gestanden. Es ist nicht allzu schwer, sich vorzustellen, dass Matt Monro, Des O’Connor oder sogar Jonathan King selbst sich diesem rührenden Kleinod annehmen hätten können. Es war Banks Lieblingssong auf dem Album und es waren viele Anläufe nötig, bis es Gabriel schließlich gelang, den gewünschten Gesang beizusteuern. Zwischen den Takes nahm er Duschen, um so die bestmögliche Gesangsleistung abzurufen, was wohl ein Hinweis war auf die pingelige Exzentrik, auf die er sich zubewegen sollte.

King erkundigte sich bei Silver, ob er auf „The Conqueror“ – jenem Song auf dem Album, der am ehesten nach herkömmlichen Rock klang – in der Art von Charlie Watts bei „Get Off Of My Cloud“ spielen könnte. Diese Ähnlichkeit lässt sich auch heute noch heraushören, obwohl sich der Song ansonsten auch reichlich bei Bob Dylan und Lou Reed bediente. Auch wenn vieles auf dem Album auf liebenswürdige Weise abgekupfert klingt, so war „In Hiding“ doch seiner Zeit voraus und erinnert ein wenig an Crosby, Stills & Nash, wohingegen „One Day“ möglicherweise der am meisten von den Beatles beeinflusste Track auf der Platte ist. „Window“ hatten Rutherford und Phillips im Herrenhaus der Eltern von David Thomas in Hampshire geschrieben, wo sie sich von der Schönheit der Gegend inspirieren ließen. „In Limbo“ hat ein bemerkenswertes Outro, bei dem Gabriel die Zeile „Peace is floating in Limbo“ gegen einen Chorgesang und Phillips verfuzztes Solo ansingt. Die Summe daraus deutete ganz klar auf die glorreiche Zukunft, die noch vor ihnen lag. „The Silent Sun“ wurde für das Album noch einmal aufgenommen und blieb dabei so lieblich wie beim ersten Mal. „A Place To Call My Own“ hat einen angenehmen und sanften Schlussteil, der gleichzeitig auch das Album abschließt.

From Genesis To Revelation wurde ein grandioser Flop, von dem sich nachweislich weniger als 1.000 Einheiten in Großbritannien verkauften. Banks sagte dazu: „Nach einem Jahr hatten wir 649 Stück verkauft – und wir kannten diese Leute alle persönlich. Es war kein sehr vielversprechender Beginn.“ Aber immerhin war es ein Beginn, den sie voll und ganz und für immer Jonathan King zu verdanken hatten. Wie Mike Rutherford 1985 sagte: „Er gab uns die Chance, ein ganzes Album einzuspielen. Wir waren ein Haufen Typen, die echte Amateure waren, nicht besonders gut spielen konnten – und trotzdem durften wir damals während dieser Sommerferien eine ganze Platte machen.“ In einem Interview von 1972 sagte Gabriel: „Ich habe mir das Album schon lange nicht mehr angehört, aber es hat sich scheinbar an den sonderbarsten Orten verkauft. Wir fanden Leute aus Italien und in L.A., die uns entweder anschrieben oder uns ansprachen, dass sie die Platte haben, aber zuletzt haben wir gehört, dass sich nur 600 Exemplare verkauft hätten.“

Eigentlich sprudelt das Album nur so vor Ideen. Es ist gut, wie es ist, und deutet auf ein großes Potenzial an. Es bekam eine verhalten positive Kritik von Mark Williams in der International Times, was die Band absolut verzückte: „Das Album schickt sich an, die Erinnerungen an die Jugendzeit in all ihrer Naivität heraufzubeschwören, was auch tadellos gelingt. Manchmal jedoch sind die Texte fast schon prätentiös, aber andererseits sind das die Texte von Teenagern oft.“ Chris Welch fand im Melody Maker nicht so freundliche Worte. Abgesehen von der schwachen Vermarktung war die Platte einfach nicht im Einklang mit der damaligen Zeit. Sie war nicht opulent genug, um sie auf eine Ebene mit dem LSD-Symphonie-Pop Moody Blues zu heben, noch entsprach sie dem damaligen Trend, sich zurück zu den Wurzeln zu begeben, wie das die Beatles, The Band, die Stones oder CCR taten. From Genesis To Revelation bot nicht den Sound für verschwitzte Clubs und permanente Live-Auftritte. Vielmehr lieferte es die manierlichen Klänge gut situierter Jugendlicher, die Glück genug gehabt hatten, eine Chance zu bekommen. Die musikalischen Übergänge zwischen den einzelnen Nummern, die das Album klingen lassen sollten wie ein durchgängiges Stück, deuteten eindeutig bereits an, wohin die Reise gehen würde, und unterstrich, dass noch etwas Tiefgründigeres in der Band steckte. Obwohl Banks den Frühstücks-DJ von Radio One, Tony Blackburn, auf der Straße belästigte, die letzte Single-Auskopplung aus dem Album, „When The Sour Turns To Sweet“ / „In Hiding“, die im Juni 1969 in die Läden kam, zu spielen, wurde das Album kein Hit.

From Genesis To Revelation sollte, nachdem Genesis’ Karriere bereits in Gang gekommen war, mehrmals neu aufgelegt werden. 1974 wurde das Album unter dem Titel In The Beginning von Decca neuveröffentlicht. Dann 1976 als Rock Roots: Genesis. 2005 erstellte Edsel die umfassendste Version. Die Doppel-CD enthält neben dem Album auch Bonusmaterial in Form von Singles, Rohfassungen und Demos. Für ein Album, von dem sich ursprünglich weniger als 1.000 Stück verkauft hatten, hält es sich jedenfalls erstaunlich lange auf der Bildfläche.

In Anbetracht des relativen Misserfolgs der Schallplatte, zog es die Band damals ernsthaft in Erwägung, einen Schlussstrich zu ziehen, entschied sich im Sommer 1969 allerdings doch noch dafür, eine musikalische Karriere anzustreben. Auf gewisse Weise hatten sie nur wenig zu verlieren. Und wenn sie Erfolg gehabt hätten mit ihrem Album, das nicht wirklich repräsentativ für sie war, wären sie in einer Endlosschleife gesteckt, genau diesen Hit wiederholen zu müssen.

„Gott sei Dank, dass es nicht so war“, sagt Macphail. „Es wäre eine Katastrophe gewesen, wenn Genesis damals einen Hit gelandet hätten, weil sie einfach noch zu jung waren. Auch wenn es ein langsamer Prozess war, es war doch besser, so heranzuwachsen und sich zu entwickeln.“

Gabriel hatte sich an der London Film School beworben und Rutherford besuchte das Farnham Technical College. Trotzdem entschied sich die Band zu einem erneuten Anlauf. Banks verließ die Sussex University. Gabriel wurde von seinen Eltern unterstützt, obwohl sie Zweifel gegenüber seinem Berufswunsch hegten. 1986 erzählte er Musician: „Sie waren enttäuscht, dass ich nicht an die Uni ging. Und dann ging ich auch nicht an die Filmschule … Ihr Problem war nicht, dass mein Lebensstil sonderlich rebellisch gewesen wäre – obwohl wir auch die typischen Auseinandersetzungen wegen der Haarlänge und so weiter hatten –, sondern, dass sie sich sorgten, ich würde später keinen Job finden.“ Natürlich brachte seine Beharrlichkeit die Pläne seiner Eltern für seine Zukunft durcheinander. In seiner frühen Zeit als Teenager – so erzählte er Entertainment UK Mitte der Achtziger – hatten sie ihn einen Eignungstest machen lassen. „Das Ergebnis besagte, dass ich nur für Fotografie und Landschaftsgartenbau brauchbar wäre.“

Es war eine ziemlich ertraglose Zeit für Genesis, als sie versuchten, ihr Album uninteressierten Radioproduzenten schmackhaft zu machen. Jedoch hatten sie begonnen, eine hingebungsvolle Fanbase heranzuzüchten. Allerdings war sie klein. Sehr, sehr klein sogar.

Купите 3 книги одновременно и выберите четвёртую в подарок!

Чтобы воспользоваться акцией, добавьте нужные книги в корзину. Сделать это можно на странице каждой книги, либо в общем списке:

  1. Нажмите на многоточие
    рядом с книгой
  2. Выберите пункт
    «Добавить в корзину»